Rotation bringt Tropfen in

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12.12.2008
Rotation bringt Tropfen in Form
11-12-2008
In der Schwerelosigkeit sind rotierende Wassertropfen auch schon mal mehreckig.
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Der englische Dichter William Blake sah in einem Sandkorn eine ganze Welt beschlossen („To see a world in a grain of
sand…“). Von einem einzelnen Wassertropfen, der frei schwebend rotiert, lässt sich immerhin einiges über das Verhalten
von Atomkernen, Planeten, Sternen und Schwarzen Löchern lernen. Zwei britische Forscher haben jetzt die
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Sekunde um eine feste Achse dreht.
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Abb.: Aufnahmen des Wassertropfens bei verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten (Bild: Hill, Eaves)
Richard Hill und Laurence Eaves von der University of Nottingham brachten einzelne Wassertropfen mit einem supraleitenden Magneten zum
Schweben. Das senkrecht orientierte Magnetfeld übte eine abstoßende Kraft auf die diamagnetischen Tropfen aus, die der Schwerkraft die
Waage hielt. Um einen schwebenden Tropfen in Drehung zu versetzen, brachten sie ihn mit zwei feinen Golddrähten in Kontakt, zwischen
denen eine veränderbare elektrische Spannung lag. Der elektrische Strom, der durch den Wassertropfen floss, verursachte eine Lorentz-Kraft.
Sie übte ein Drehmoment auf den Tropfen aus, der daraufhin um einen der beiden Drähte rotierte, während der andere exzentrisch den Kontakt
mit dem Tropfen hielt. Mit Hilfe der Spannung konnte man die Rotationsgeschwindigkeit regulieren.
Während die Forscher den Tropfen immer schneller rotieren ließen, beobachteten sie sein Aussehen. Der anfangs kugelförmige Tropfen plattete
sich zunächst erwartungsgemäß an den Polen ab. Doch dann wurde er in einer Richtung in der Äquatorebene in die Länge gezogen, sodass er
wie ein Rugbyball aussah und seine Äquatorlinie die Form einer Ellipse hatte. Diese Ellipse drehte sich jedoch nicht, obwohl die Flüssigkeit im
Tropfen sichtbar rotierte. Es hatte sich also eine periodisch um den Tropfen laufende Welle gebildet, die zwei Wellenberge besaß und so schnell
umlief, dass sie im Laborsystem stillstand. Wurde der Tropfen noch schneller gedreht, so setzte sich die Welle in Bewegung. Der elliptische
Umriss des Tropfens rotierte dann ebenfalls.
Doch plötzlich nahm der Tropfenumriss die Form eines gleichseitigen Dreiecks mit abgerundeten Ecken an, das im Laborsystem stillstand.
Nach kurzer Zeit setzte sich dieses Dreieck in Bewegung und rotierte mit der Tropfenflüssigkeit. Der Theorie zufolge sollte die Dreiecksform
instabil sein und gar nicht auftreten können. Stattdessen sollte sich der Rugbytropfen in der Mitte einschnüren und die Form einer Erdnuss
annehmen. Dass der Dreieckstropfen stabil war, führen die Forscher auf die Wirkung des exzentrischen Drahtes zurück, der Oberflächenwellen
auf dem Tropfen anregte. Die Rotationsgeschwindigkeiten, bei der der Rugby- bzw. der Dreieckstropfen auftraten, wurden indes von der
Theorie richtig vorhergesagt.
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12-12-2008 14:27
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Abb.: Schematische Darstellung des schwebenden Wassertropfens mit den darauf wirkenden Kräften. Der Pfeil am unteren Bildrand zeigt die Kameraposition. (Bild:
Hill, Eaves)
In einem zweiten Experiment änderten die Forscher die Rotationsgeschwindigkeit des Tropfens schrittweise, wobei sie sich bemühten,
möglichst viele verschiedene Tropfenformen anzuregen. Tatsächlich sahen sie neben dreieckigen Tropfen auch noch vier- und fünfeckige, wie
man sie noch nie zuvor beobachtet hatte. Schließlich wandelte sich der fünfeckige Tropfen innerhalb von zwei Sekunden in einen
erdnussförmigen Tropfen um. Die klassische Theorie rotierender Flüssigkeitstropfen kann nur beschreiben, unter welchen Bedingungen die
einfacheren Tropfenformen auftreten. Es gibt jedoch noch keine Erklärung für das Auftreten und Verhalten der vier- und fünfeckigen Tropfen.
Hier können die Experimente wichtige Hinweise geben.
Ein rotierender Tropfen, der von der Oberflächenspannung zusammen gehalten wird, ist ein Modell für viele rotierende Objekte, in denen
Kohäsionskräfte wirken. So hat man Hinweise darauf, dass auch Atomkerne Rugbyform annehmen können, wenn sie sich hinreichend schnell
um ihre Achse drehen. Das gilt auch für schnell rotierende Objekte im Kuiper-Gürtel unseres Sonnensystems. Auch der Ereignishorizont eines
Schwarze Löcher verhält sich in gewisser Weise wie eine Flüssigkeitsoberfläche. Deshalb lässt sich das Verhalten von rotierenden Schwarzen
Löchern (in unterschiedlichen Raumdimensionen) mit Hilfe des Tröpfchenmodells besser verstehen. Die Tropfenexperimente können wertvolle
Hinweise geben, welche Formen dabei auftreten.
RAINER SCHARF
Weitere Infos:
Originalveröffentlichung:
R. J. A. Hill and L. Eaves, Nonaxisymmetric Shapes of a Magnetically Levitated and Spinning Water Droplet. Phys. Rev. Lett. 101, 234501
(2008)
http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.101.234501 (mit Videos)
http://physics.aps.org/pdf/10.1103/PhysRevLett.101.234501.pdf (frei)
Gruppe von Laurence Eaves in Nottingham:
http://www.nottingham.ac.uk/~ppzlev/
Weitere Literatur:
Vitor Cardoso: The many shapes of spinning drops. Physics 1, 38 (2008)
http://physics.aps.org/articles/v1/38 (frei!)
E. Beaugnon et al.: Dynamics of magnetically levitated droplets. Physica 294B–295B, 715 (2001)
http://dx.doi.org/10.1016/S0921-4526(00)00750-X
R. A. Brown and L. E. Scriven: The Shape and Stability of Rotating Liquid Drops. Proc. R. Soc. A 371, 331 (1980)
http://dx.doi.org/10.1098/rspa.1980.0084 (frei!)
Pedro Lacerda and David C. Jewitt: Densities of Solar System Objects from Their Rotational Light Curves. Astron. J. 133, 1393 (2007)
http://dx.doi.org/10.1086/511772
http://arxiv.org/abs/astro-ph/0612237
Vitor Cardoso, Leonardo Gualtieri: Equilibrium configurations of fluids and their stability in higher dimensions. Classical Quantum Gravity
23, 7151 (2006)
http://dx.doi.org/10.1088/0264-9381/23/24/001
http://arxiv.org/abs/hep-th/0610004
Vitor Cardoso, Oscar J. C. Dias, Leonardo Gualtieri: The return of the membrane paradigm? Black holes and strings in the water tap. Int. J.
Mod. Phys. D 17, 505 (2008)
http://arxiv.org/abs/0705.2777
AL
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