Das Forum für fachliche Meinungsbildung SONDERDRUCK DM 5/2010, S. 16–20 Provisorische Sofortversorgung DR. ORCAN YÜKSEL, DR. KRIS CHMIELEWSKI Nachdruck — auch auszugsweise —, Vervielfältigung, Mikrokopie, Einspeicherung in elektronische Datenbanken und Übersetzung nur mit Genehmigung der Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, 50832 Köln, Postfach 40 02 65 DENTAL MAGAZIN [ 1 ] Yüksel Provisorische Sofortversorgung Ein auf die temporäre Sofortversorgung abgestimmtes Implantatsystem ermöglicht ein einzeitiges Vorgehen auch im Frontzahnbereich. Provisorische Kronen lassen sich in wenigen Minuten direkt am Behandlungsstuhl fertigen und einsetzen. DR. ORCAN YÜKSEL, DR. KRIS CHMIELEWSKI Ein vollständiges und gut aussehendes Gebiss hat einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Für viele Patienten sind heutzutage Defekte an den Zähnen oder Zahnlücken ein nicht oder nur schwer zu akzeptierender Zustand. Dies ist bei der Behandlungsplanung zu berücksichtigen. Nach der Extraktion eines einzelnen Zahns in einer ansonsten geschlossenen Zahnreihe erwartet der Patient, die Praxis nicht „zahnlos“ verlassen zu müssen. Die Insertion eines Implantats in die frische Extraktionswunde (Sofortimplantation) zeigte zur Spätversorgung vergleichbare Erfolge [Literatur 1 und 3-7]. Dieses Vorgehen bietet eine Reihe von Vorteilen [Literatur 2]. So ist nur ein operativer Eingriff erforderlich, das Knochenvolumen und die funktionellen Reize während der Knochenregeneration bleiben erhalten. Spätestens mit der Insertion stellt sich die Frage, wann und wie das Implantat belastet werden soll. Konsequent, im Hinblick auf den oben genannten Patientenwunsch, ist nach der Sofortimplantation die Sofortbelastung. Das setzt natürlich voraus, dass die dafür notwendigen Bedingungen vorliegen. Primärstabilität Der wichtigste Faktor für die Sofortbelastung ist eine ausreichende Primärstabilität. In der Phase der Osseointegration – dem Übergang von der Primär- in die Sekundärstabilität – ist eine provisorische Versorgung erforderlich, die ohne funktionelle Belastung ist. Das bedeutet, durch die Bewegungen bei der dynamischen Okklusion werden keine bzw. nur geringe Kräfte auf das Implantat übertragen. Lediglich in [ 2 ] der statischen Okklusion kommt es über das Implantat zur Kraftableitung in den Knochen. Diese moderate Belastung dient als Knochentraining. Zu vermeiden sind Belastungen, die zu einer Auslenkung (Mikrobewegungen) des Implantats von mehr als 150 µm führen. Für die funktionelle und kosmetische Regeneration bzw. Wiederherstellung mit Langzeitwirkung spielt neben dem Knochen auch das Weichgewebe eine wichtige Rolle. Der Übergang zwischen der natürlichen Zahnkrone und dem Zahnhals ist oval, triangulär, aber niemals rotationssymetrisch (rund) wie bei den Implantaten. Um für den Zahnersatz ein kosmetisches Optimum zu erreichen, ist es erforderlich, das natürliche Durchtrittsprofil, das Emergenzprofil, zu imitieren. Während der Einheilungsphase regeneriert sich nicht nur der Knochen, sondern auch das periimplantäre Weichgewebe. Es passt sich an die Form der entsprechenden Grenzstrukturen (Implantathals, Abutment oder Provisorium) an und ist wesentlicher Teil des Emergenzprofils. Im Interesse eines gewebeschonenden Vorgehens ist es ratsam, dass die Gingiva schon während der Einheilphase in das später gewünschte Profil ausgeformt wird. Durch die Modellation der zervikalen Bereiche des Provisoriums lässt sich dies realisieren. Somit erreicht man schon in der Phase der Einheilung ein Emergenzprofil, das für die perfekte Ästhetik der späteren definitiven Versorgung eine wichtige Rolle spielt. Unmittelbar nach der Insertion sollte man so wenig wie möglich am Implantat manipulieren, außerdem sollten keine Fremdkörper in die Wunde gelangen. Im Hinblick auf die Herstellung des Provisoriums bedeutet dies: DENTAL MAGAZIN Durchdachtes System REFLEKTIEREN & MOTIVIEREN Fallbeispiel 1: Abb. 1: Ein XiVE 3,8 Implantat wurde unmittelbar nach der Extraktion des ersten Prämolaren inseriert. Abb. 2: Für die Anfertigung eines Provisoriums kann je nach Platzverhältnissen die laterale Retention der TempBase Cap entfernt werden. Abb. 3: Die TempBase Cap passt exakt auf den Einbringpfosten (TempBase). Abb. 4: Das fertig ausgearbeitete Provisorium hat keine dynamischen Okklusionskontakte. Es dient zur Ausformung des Weichgewebes. kein Wechsel des Abutments, sofort eine gute Passung des Provisoriums erreichen, den Einsatz von Zementen zur Befestigung vermeiden. einfaches Aufklipsen schafft man die Basis für ein hochwertiges implantatgetragenes Provisorium, das direkt am Stuhl angefertigt werden kann. Drei Patientenfälle veranschaulichen das Vorgehen. Bei Einsatz von XiVE Implantaten (Dentsply Friadent) lassen sich diese Anforderungen leicht erfüllen. Fallbeispiele Perfekte Basis Die XiVE Implantate werden mit der vormontierten TempBase ausgeliefert. Dieses temporäre Abutment dient nicht nur als Einbringpfosten, sondern kann gleichzeitig auch als provisorischer Aufbau für die temporäre Versorgung und als Pfosten für die Indexregistrierung dienen. Die letzten beiden Funktionen sind möglich ohne den Wechsel von Bauteilen – also ohne zusätzliches Risiko – bei Sofortversorgung und nicht funktioneller Sofortbelastung. Für die Herstellung des Provisoriums stehen die TempBase Caps zur Verfügung. Diese Kunststoffteile sind auf die jeweilige TempBase abgestimmt und passen dadurch exakt. Eine Befestigung mit Zement ist nicht erforderlich, da die Caps Verankerung in der Retentionsrille der TempBase (Abb. 1) finden. Durch DENTAL MAGAZIN Unmittelbar nach der Extraktion wird das Implantat inseriert (Abb. 1 und 5). Bei eingeschränktem Platz kann die laterale Retention der TempBase Cap mit einem Skalpell abgeschnitten Dr. Orcan Yüksel studierte Zahnmedizin in Frankfurt am Main und in Istanbul. Seit 1993 ist er niedergelassen in eigener Praxis in Frankfurt a. M. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Implantologie. Unter anderem hat er sich auf innovative Augmentationsverfahren wie die Knochenringtechnik spezialisiert. Kontakt: [email protected] [ 3 ] REFLEKTIEREN & MOTIVIEREN Durchdachtes System Fallbeispiel 2: Abb. 5: Zum sofortigen Ersatz eines Eckzahns wurde ein XiVE Implantat (Durchmesser 4,5 mm) inseriert. Abb. 7: Bei der Sofortimplantation sollen die Provisorien nicht durch dynamische Okklusionskontakte belastet werden. Insofern sind Kompromisse bei der Form erforderlich. Abb. 8: Mithilfe des Provisoriums wird das periimplantäre Weichgewebe ausgeformt und somit werden beste Voraussetzungen für ein hochwertiges ästhetisches Ergebnis der definitiven Versorgung geschaffen. [ 4 ] Abb. 6: Die TempBase Cap in situ werden (Abb. 2). Steht hingegen viel Platz zur Verfügung, dienen diese „Ärmchen“ noch als zusätzliche Verankerung zwischen der TempBase Cap und dem Provisorium. Die TempBase Cap sitzt durch die exakte Passung und die Verankerung in der Retensionsrille der TempBase ausreichend fest (Abb. 3 und 6). Für die Herstellung des Provisoriums gibt es durch die TempBase Caps keine Einschränkungen. Somit stehen alle Wege offen. Egal, ob man die provisorische Krone mithilfe einer vorgefertigten Formhilfe (z. B. Frasaco-Krone), einer Tiefziehschablone oder einer Vorabformung herstellt (Abb. 10). Entscheidet man sich für eines der beiden letztgenannten Verfahren, ist es ratsam, vor der Applikation des Kunststoffs stark unter sich gehende Unterwölbungsgebiete in den Interdentalräumen auszublocken. Die TempBase Cap sichert ein leichtes Entfernen des Rohlings vom frisch inserierten Implantat (Abb. 11). Bei der Ausarbeitung ist viel Wert auf die Gestaltung der zervikalen Anteile zu legen (Abb. 4, 7, 12 und 13). Keinesfalls darf die Papille oder der marginale Saum gequetscht werden. Das Provisorium für die Sofortversorgung sollte nicht durch dynamische Okklusionskontakte belastet werden. Insbesondere beim Ersatz von oberen Eckzähnen und ersten Prämolaren kann dies Kompromisse bei der Kronenform bedeuten (Abb. 4 und 7). Über diese Notwendigkeit ist der Patient aufzuklären. Das fertig ausgearbeitete Provisorium (Abb. 12) ist zu polieren. Für die Befestigung und den sicheren Halt des Provisoriums in der Funktionsperiode benötigt man keinen Zement (Abb. 4, 7 und 13). Ist das periimplantäre Weichgewebe leicht angegriffen, kann aus prophylaktischen Gründen das Provisorium mit einer antiphlogistischen/antibakteriellen Paste (z. B. Ledermix) eingesetzt werden. Der Aufwand für ein exakt ausgearbeitetes Provisorium lohnt sich, wie die Abbildung 8 zeigt. Für die definitive Versorgung steht ein perfekt ausgeformtes Weichgewebe zur Verfügung. Man beachte den Erhalt des Marginalsaums und der Papillen. Dies sind beste Voraussetzungen, um eine hohe ästhetische Wirkung der definitiven Versorgung zu erreichen. Dem Provisorium kommt somit eine große Bedeutung bei der sehr anspruchsvollen Versorgung mit implantatgetragenen Einzelkronen zu. DENTAL MAGAZIN Durchdachtes System REFLEKTIEREN & MOTIVIEREN Fallbeispiel 3: Abb. 9: Mithilfe der TempBase Cap kann auch ein kombiniertes Provisorium angefertigt werden. Abb. 11: Das Provisorium vor der Ausarbeitung. Die TempBase Cap ist spaltfrei mit dem Kunststoff des Provisoriums verbunden. Abb. 10: Das Provisorium unmittelbar nach dem Entfernen der Formhilfe Abb. 12: Bei der Ausarbeitung des Provisoriums ist besondere Sorgfalt auf die Gestaltung der zervikalen Anteile zu legen. Abb. 13: Das fertig ausgearbeitete Provisorium in situ. Zu beachten ist die gute Anpassung der Gingiva und insbesondere der Raum für die Papille. [Alle Bilder: Yüksel] Fazit Base Konzept die Möglichkeit, schnell ein festsitzendes, ästhetisch anspruchsvolles Provisorium herzustellen. Die TempBase Caps sind nicht nur hilfreich für den Ersatz einzelner Zähne, sie haben sich auch bei komplexen Versorgun[] gen wie Verblockungen bewährt. Das Provisorium muss funktionellen, kosmetischen und phonetischen Ansprüchen genügen. Im Zusammenhang mit der Sofortversorgung nach Sofortimplantation ist noch ein weiteres Kriterium zu erfüllen: das Ausformen des Weichgewebes durch eine entsprechende Gestaltung des Provisoriums im zervikalen Bereich. Das Herstellen des Provisoriums soll aber auch effizient sein. Hierfür bietet XiVE mit dem Temp- DENTAL MAGAZIN Auf www.dentalmagazin.de stellen wir Ihnen die Literaturliste zur Verfügung. 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