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FORTBILDUNG
Die postoperative Handtherapie
der dupuytren’schen Kontraktur
Annika Moldenhauer
Bei der postoperativen Handtherapie der dupuytrenschen Kontraktur ist es
wichtig, den Patienten rechzeitig und gezielt zu behandeln. Lange Phasen der
Ruhigstellung, wie sie früher Standard waren, gelten mittlerweile als kontraindiziert. In der Behandlung sollte ein multimodales Konzept seine Anwendung
finden, welches die wichtigsten Therapieziele Ödemreduktion, optimale Wundheilung und Wiedererlangung aller Handfunktionen verfolgen muss.
Grundsätzlich ist, um dies umzusetzen, ein
solides Grundwissen des Therapeuten über
Indikation und Kontraindikation der verschiedenen therapeutischen Maßnahmen
unumgänglich.
Desweiteren sollten sich behandelnder
Arzt und Therapeut im Dialog befinden, um
durch gegenseitige Information schnellstmöglich ein optimales Therapieergebnis erzielen zu können und im Falle von auftretenden Komplikationen schnellst- und bestmöglich handeln zu können.
Auch bei bester chirurgischer Versorgung
und adäquater anschließender Handtherapie muss der Patient in besonderem Maße
aktiv in den Therapieprozess einbezogen
werden, damit er selbständig und mehrmals
am Tag ein Heimprogramm als Ergänzug zur
therapeutischen Intervention durchführen
kann und somit Komplikationen und Verzögerungen im Heilungsverlauf umgangen
werden können.
1. Die dupuytren’sche Kontraktur
Der französische Anatom und Chirurg Guillaume Baron de Dupuytren (1777-1835), beschrieb erstmals um 1830 eine Fibromatose im Bereich der Palmaraponeurose als sogenannten „Morbus Dupuytren“. Diese Fibromatose ist eine gutartige Bindegewebswucherung, die zu strangartigen Verhärtungen an der Palmaraponeurose (der bindegewebigen, dreiecksförmigen Faserplatte im Bereich der Hohlhand) führt, in deren
Folge es zu einer zunehmenden fixierten
Beugestellung der Finger kommt, der „Dupuytren´schen Kontraktur“.
Postoperative Schienenversorgung von palmar
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Foto: Cornelia Paries
2. Ärztliche Behandlung und operative
Therapie
Sobald Kontrakturen von mehr als 45° auftreten, ist eine Operationsindikation gegeben. Konservative Therapieversuche beispielsweise über Röntgenbestrahlung, Cortison- und Steroidinjektionen konnten bisher
keine befriedigenden Langzeitergebnisse
erzielen.„Seit Frühjahr 2011 steht in Europa
mit der Kollagenase (…) ein medikamentöses Verfahren zur enzymatischen Andauung
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des Dupuytren-Kontrakturstranges zur Verfügung“ (Spanholtz und Holzbach 2011).
Hierbei wird das Enzym Kollagenase direkt
in den Kontrakturstrang injiziert, wodurch
ein Rückgang der Fibromatose erzielt werden kann. Aufgrund fehlender Langzeitstudien kann hier jedoch noch keine Aussage
bezüglich einer Rezidivrate getroffen werden.
Daher ist die operative Versorgung der
dupuytren’schen Kontraktur in Deutschland
auch weiterhin Standard der ärztlichen Behandlung. Hierzu gibt es verschiedene Techniken mit zahlreichen Variationen:
■ Die perkutane Nadelfasziotomie:
Mittels einer Nadel wird durch die Haut
hindurch der Kollagenstrang perforiert
und hinterher passiv gestreckt, was zu
einem Zerreißen der Fasern (sogenanntes„Cordbreaking“) führt. Die Rezidivrate ist hierbei hoch, da die Kontrakturstränge unter der Haut lediglich
durchtrennt werden, ohne hierbei
Gewebe zu entfernen.. Dieser Eingriff
wird häufig bei jüngeren Patienten
durchgeführt, um eine größere
Operation hinauszögern.
■ Die partielle Exzision: Das befallene
Gewebe wird operativ entfernt.
Hierbei kommt es häufig zu Rezidiven.
■ Die Fasziektomie (partiell oder total):
Bei diesen Eingriffen wird, um Rezidiven vorzubeugen, neben dem erkrankten auch das angrenzende
gesunde Aponeurosengewebe
entfernt. Nachteil dieser Operation ist
eine starke Narbenbildung und ein
dadurch bedingt längerer Heilungsverlauf.
■ Die Arthrolyse: Zusätzlich zu den
genannten Methoden ist es bei länger
bestehender Beugekontraktur auch
nötig, eine Gelenkskontraktur
(aufgrund von kapsulär bedingten
Verwachsungen) operativ zu behandeln. Hierbei werden kapsuläre
Verwachsungen/ Verklebungen gelöst
bzw. die Gelenkkapsel chirurgisch
erweitert.
Generell sollte der Chirurg bei Operationen im Bereich der Hohlhand auf die
gewählte Schnittführung besonderes Augenmerk legen. Narben schrumpfen im normalen Wundheilungsverlauf in Längsrichtung, so dass senkrecht zu Beugefalten der
Hand verlaufende Narben durch ihr
Schrumpfen wiederum die Streckfähigkeit
der benachbarten Gelenke behindern könn-
ten. Daher sollten Nähte im Bereich der Finger zick-zack-förmig bzw. in der Hohlhand
Y-förmig angelegt werden.
Um eine spannungsfreie Wundheilung zu
erzielen, führen Chirurgen die totale Fasziektomie in manchen Fällen auch in der
„open-palm“-Technik durch. Hierbei wird die
Operationswunde in der Hohlhand offen gelassen, und die Heilung erfolgt unter einem
feuchten Verband. Dies ist besonders den
Patienten zu empfehlen, bei denen es durch
den vorangegangenen Krankheitsverlauf zu
Hautatrophien im Bereich der Hohlhand gekommen ist, weshalb ein einfaches Vernähen des Wundgebietes sich limitierend
auf die Streckfähigkeit der Finger auswirken
würde. Vorteil ist, dass es hierbei weniger zu
Narbenkontrakturen und postoperativen
Ödemen kommt. Jedoch ist hierbei das Infektionsrisiko als Nachteil zu bedenken.
3. Handtherapeutische Behandlung
Egal, welcher Art der operative Eingriff war,
bedarf es postoperativer handtherapeutischer Versorgung. Dabei besteht zwischen
den Autoren gängiger Fachliteratur Uneinigkeit, wann mit therapeutischen Interventionen zu beginnen ist. Früher galt „eine ungestörte Wundheilung (als) ausschlaggebend für ein gutes Ergebnis“ (Presber und de Néve 1997). Heute geht der
Trend zu bereits präoperativer Therapie (vgl.
Waldner-Nilsson 2009). Ziel ist in jedem Fall
das Verhindern von Adhäsionen der Naht
mit den darunter liegenden Strukturen und
das Wiedererlangen des vollen Bewegungsausmaßes der betroffenen Hand und
ihrer Finger.
3.1. Befundeinheit
Um eine optimale Compliance in der
postoperativen Therapie von Seiten des Patienten zu erzielen, ist es erfahrungsgemäß
sinnvoll, den therapeutische Erstkontakt bereits vor der Operation durchzuführen. In
dieser Therapieeinheit sollte der Patient eingehend über das optimale Verhalten direkt
nach dem chirurgischen Eingriff sowie über
Sinn und Bedeutung der konsequenten
Nachbehandlung informiert werden.
Während dieser Einheit ist es zudem im
Sinne des Clinical Reasoning und der evidenzbasierten Therapie unumgänglich, einen handtherapeutischen Befund durchzuführen.
So sollte bereits zu diesem Zeitpunkt die
Anamnese (Krankheitsanamnese mit histo-
ria morbi und status präsens, Familien- und
Sozialanamnese) durchgeführt werden. Insbesondere sind hier Einschränkungen im
Rahmen von Aktivitäten des täglichen Lebens von Interesse. Als sinnvolles Instrument
zur Erfassung dieser Einschränkungen bietet
sich (insbesondere aufgrund der schnellen
und unkomplizierten Durchführung) der
DASH-Fragebogen (disabilities of the arm,
shoulder and hand questionnaire) an.
Zudem ist es im Rahmen der Anamnese
wichtig, andere Erkrankungen (beispielsweise Diabetes mellitus, Leberpathologien
oder andere Stoffwechsel- oder Durchblutungsstörungen) als Risikofaktoren für eine
Wundheilungsstörung zu erfassen.
Im Rahmen der Inspektion sollten die
Hautverhältnisse im OP-Gebiet beurteilt
werden. Ist die Haut hier trocken und rissig,
sollte sie vor der Operation mit fettreicher
Creme vorbehandelt werden, um ausreichende Elastizität zu bieten (Waldner-Nilsson
2009).
Diese präoperative Therapieeinheit endet
mit der gemeinsamen Therapiezielvereinbarung zwischen dem Therapeuten und
dem Patienten.
Im ersten postoperativen Kontakt sollte
der bereits erstellte Befund noch um das Ergebnis der Wundinspektion (Lage/ Größe
des Wundgebietes, Wundverschluss, eventuelle Rötung als Entzündungszeichen, Ausmaß der Schwellung) und der aktiven und
passiven Funktionsuntersuchung der operierten Hand ergänzt werden.
3.2. Zielsetzung
Jede therapeutische Intervention sollte zielgerichtet erfolgen. Koesling und Bollinger
Herzka (2008) formulieren folgende Ziele
für die postoperative Behandlung der dupuytren’schen Kontraktur:
■ Verhinderung/ Verminderung von
Ödemen, Wundheilungsstörungen,
Narbenkontrakturen
■ Erhalt der in der Operation erreichten
Extension der Fingergelenke
■ Wiederherstellung normaler Sensibilität
und Schmerzfreiheit
■ Wiederherstellung der Gelenkbeweglichkeit und der Kraft
■ Normale Handmobilität und Greiffunktionen bei alltäglichen Verrichtungen unter Einsatz der jeweils
notwendigen Muskelkraft
■ Partizipation bzgl. normaler Handlungs6|15
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und Arbeitsfähigkeit im privaten/
familiären Alltag, Beruf und Freizeit
Diese Ziele sind in der Regel mit den
geäußerten Bedürfnissen des Patienten
deckungsgleich und entsprechen der definierten Zielsetzung von Ergo- und Physiotherapie gleichermaßen. Individuelle Bedürfnisse von Seiten des Patienten müssen
jedoch unbedingt berücksichtigt werden.
3.3. Maßnahmen zur Ödemreduktion
Zur Ödemreduktion sollte direkt nach der
OP eine Wundkompression erfolgen. Der Patient sollte schon im Vorgespräch instruiert
werden, nach der OP die betroffene Hand
konsequent hochzulagern, um den lymphatischen Abfluss durch die Schwerkraft
zu unterstützen (Grundsatz: Die Hand immer höher als der Ellenbogen und der Ellenbogen höher als das Herz). Desweiteren
sollte der Patient stündlich die Hand über
Kopfhöhe bringen und aktiv alle Finger
strecken und beugen zur Aktivierung der
Muskelpumpe (je 10 Wiederholungen im
schmerzfreien Bewegungsausmaß).
Von therapeutischer Seite aus gibt es weitere Maßnahmen, die zur Ödemreduktion
beitragen (wobei Kontraindikationen
grundsätzlich zu beachten sind):
■ Ausstreichen der betroffenen Extremität
von distal nach proximal oder der Einsatz
von manueller Lymphdrainage
■ Applikation einer„heißen Rolle nach
Dr. Mammele“
■ Einsatz eines„Lymphtapes“
3.4. Maßnahmen zur Mobilisation
Je nach Dauer und erreichtem Stadium der
Erkrankung können Bewegungseinschränkungen durch kontrakte Weichteile (Sehnen,
Bänder, Kapselapparat) oder aufgrund des
langen Nichtgebrauches auch durch neurophysiologische Veränderungen im Sinne
verlernter Bewegung bedingt sein (Koesling
und Bollinger Herzka 2008).
Ist die Funktionsuntersuchung sowohl aktiv als auch passiv schmerzhaft, so kann davon ausgegangen werden, dass es Veränderungen der Gelenkstrukturen gibt
(kapsuläre und/oder bandhafte Veränderungen). Diese lassen sich mittels manueller Therapie gut behandeln.
Der Patient soll, wann immer es möglich
ist, die Hand im Alltag einsetzen, jedoch sollte er „lange statische Trage- oder Haltearbeit in Flexion der Finger“ (Ziem 2008) ver226
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Strangbildung bei Morbus Dupuytren
meiden und auf schmerzfreies Bewegen
und nötige Ruhephasen für die betroffene
Hand achten.
Ist lediglich die aktive, nicht aber die passive Funktionsuntersuchung schmerzhaft,
so deutet dies eher auf ein Problem im Bereich kontraktiler Strukturen hin. Hier sollte
mit Weichteiltechniken gearbeitet werden.
Um verkürzte Strukturen aufzudehnen, stehen diverse Techniken zur Verfügung. Hierbei beachten:„Anhaltende milde Dehnung
bringt mehr Erfolge als ein kurzer kräftiger
Zug“ (Presber und de Néve 1997).
Weiterhin können auch Massagen mit
Querdehnungen zur Detonisierung verkürzter Muskeln beitragen.
Als aktive Maßnahme zum Dehnen verkürzter Strukturen bietet sich die„isometrische Muskelanspannung der Antagonisten
zur Dehnung der verkürzten Agonisten“
Foto: Annika Moldenhauer
(Koesling und Bollinger Herzka 2008) an. Das
heißt, um eine Dehnung der verkürzten Beugemuskulatur zu erreichen, soll der Patient
gegen einen nicht zu überwindenden Widerstand seine Streckmuskulatur anspannen. Dies kann auch unter Zuhilfenahme
von Therapiemedien wie Therapieknetmasse, des Power-Webs, des Handmasters,
einer Streckzange oder eines weichen Therabandes erfolgen. Mit zunehmender Gewebsstabilität sollten ab der dritten postoperativen Woche kräftigende Übungen mit
den o.g. Therapiemedien in das Konzept integriert werden (Waldner-Nilsson 2009).
Bei allen Maßnahmen muss zudem beachtet werden, dass die Intensität in Abhängigkeit zur Wundheilungsphase angepasst und im fortschreitenden Heilungsverlauf stets gesteigert wird.
Ein Heimprogramm zur Mobilisation sollte mit dem Patienten erarbeitet werden und
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muss in jeder Therapieeinheit daraufhin
überprüft werden, ob die gewählten Maßnahmen korrekt durchgeführt werden bzw.
ob Übungen aufgrund des Heilungsverlaufes verändert oder ausgetauscht werden
müssen.
3.5. Schienenbehandlung
Das Thema Schienenbehandlung nach Dupuytren-OP wird sowohl in der Literatur als
auch innerhalb der Ärzteschaft kontrovers
diskutiert. Die Behandlung ist daher individuell in Abhängigkeit zur Schwere der Erkrankung und zur gewählten Operationstechnik anzupassen (Waldner-Nilsson 2009).
„Indiziert sind Schienen postoperativ zur
Prophylaxe von Narbenschrumpfungen und
daraus resultierenden erneuten Bewegungseinschränkungen“ (Knaus 2011).
Noch im Operationssaal wird der Patient
mit einer palmaren Gipsschiene versorgt,
welche in der Regel am fünften postoperativen Tag entfernt wird (Towfigh et al. 2011).
Je nach Funktionseinschränkung sollte
danach eine statische oder ggf. auch eine
statisch progressive Extensionsschiene oder
später auch ein Flexionshandschuh ggf. in
Kombination mit einer Unterarmschiene
eingesetzt werden. „Eine redressierende
Schiene kommt frühestens 4-6 Wochen
postoperativ und nur dann zur Anwendung,
3.6. Narbenbehandlung und Therapie
in Abhängigkeit zu den Wundheilungsphasen
Die untenstehende Tabelle zeigt die Behandlungsinhalte in Bezug zu den Wundheilungsphasen der Haut auf.
Postoperative Schienenversorgung
dorso-palmar
Foto: Cornelia Paries
wenn kontrakte Strukturen eine freie Extension stark einschränken“ (Koesling und
Bollinger Herzka 2008).
Gute Erfahrungen konnten mit elastischen Tape-Zügeln von 2,5 cm Breite erzielt
werden, welche unter der Fingerbeere fixiert
und dann mit starkem Zug dorsal über den
extendierten Finger appliziert werden . Diese Tapeanlage ist vor allem ab dem 14. Tag
post OP für die Nacht zu empfehlen, da hierdurch das erste morgendliche Strecken der
Finger deutlich erleichtert wird. Dies ist
sonst für die Patienten in der Regel mit
Schmerzen verbunden, da die Hand nachts
aufgrund eines physiologisch bedingt hohen Beugetonus automatisch in Beugung
gehalten werden würde, wodurch nachts
Verklebungen in der Gelenkkapsel und im
Wundareal sich ausbilden können, welche
beim ersten morgendlichen Streckversuch
zu schmerzhaften Mikrozerreißungen in den
betreffenden Geweben führen würden.
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