Jugendstrafrecht u. Sanktionenrecht Sachverhalt HS12

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Jugendstrafrecht/Sanktionenrecht
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Teil 1 Jugendstrafrecht (10 Punkte)
1) Welche Begriffe bzw. Prinzipien charakterisieren das Jugendstrafrecht? (1 P.)
a. Tatstrafrecht
b. Sonderstrafrecht
c. Spezialprävention
d. Gemeinsame strafrechtliche Verantwortung von Eltern und Jugendlichen
2) Beurteilen Sie die folgenden Aussagen zum JStG/JStPO (1 P.)
a) Im Jugendstrafrecht sind die Rechtfertigungsgründe des StGB anwendbar.
b) Ob das JStG anwendbar ist, hängt davon ab, welche Tatbestände dem beschuldigten
Jugendlichen vorgeworfen werden.
c) Der Grundsatz der Einheitlichkeit leitet sich aus dem rechtsstaatlichen Modell des
Jugendstrafprozesses ab.
d) Aus dem Prinzip der Einheitlichkeit ergibt sich, dass sämtliche Delikte des
Jugendlichen in demselben Verfahren zu beurteilen sind.
3) Welche der folgenden Aussagen treffen zu? (1 P.)
a) KORJUS ist eine im Kanton Zürich angewandte Methodik, mit welcher unter anderem
die Wirksamkeit der verfügten Schutzmassnahmen evaluiert wird.
b) Die Jugendanwaltschaft kann privatrechtliche Verträge über die Unterbringung von
Jugendlichen mit Privaten Einrichtungen abschliessen.
c) Sven (21) wird vorgeworfen, vor sechs Jahren die damals 13-jährige Tanja zu
sexuellen Handlungen genötigt zu haben. Die Verfolgungsverjährung ist eingetreten.
d) Urteilsfähige Jugendliche können auch gegen den Willen ihrer gesetzlichen
Vertretung Rechtsmittel ergreifen.
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4) Sind die folgenden Aussagen zur Anordnung von Strafen oder Schutzmassnahmen
zutreffend? (1 P.)
a) Jugendliche können zu bedingten Bussen verurteilt werden.
b) Wenn sämtliche Delikte nach Jugendstrafrecht zu beurteilen sind, kann eine
Gesamtstrafe gemäss Art. 34 Abs. 1 JStG vier Jahre übersteigen.
c) Wenn eine Mediation erfolgreich war, können Untersuchungsbehörden und Gerichte
auf die Anordnung von Schutzmassnahmen verzichten.
d) Wurde eine Tat von einem Kind unter zehn Jahren begangen, kann der Jugendanwalt
anstelle von Strafen Schutzmassnahmen anordnen.
5) Beurteilen Sie die folgenden Aussagen zur Anordnung von Schutzmassnahmen (1 P.)
a) Wenn die ambulante Behandlung eines Jugendlichen angeordnet wurde, liegt es im
pflichtgemässen Ermessen der urteilenden Behörde, ob ebenfalls angeordneter
Freiheitsentzug aufgeschoben wird.
b) Zivilrechtliche Behörden für Kindesschutz können von der Jugendstrafbehörde
angeordnete Strafen durch entsprechende Schutzmassnahmen ersetzen, wenn die
Persönlichkeitsentwicklung des Jugendlichen dies erfordert.
c) Schutzmassnahmen können nachträglich in andere Schutzmassnahmen umgewandelt
werden.
d) Die gleichzeitige Anordnung mehrerer Schutzmassnahmen ist möglich.
6) Kurzfall
Otto (14) lebt mit seinen Eltern in geordneten Verhältnissen. Während eines Sportlagers im
Tessin geht ihm jedoch das Taschengeld aus, woraufhin er eine Tube Zahnpasta und
Süssigkeiten (Gesamtwert CHF 8.50) im Dorfladen stiehlt.
Als Ottos Lagerleiter davon erfährt, lässt er ihn 15 Klimmzüge machen und schickt ihn
vorzeitig nach Hause.
Sind die diese Aussagen zum vorliegenden Sachverhalt richtig? (1 P.)
a) Otto ist von den unmittelbaren Folgen seiner Tat derart betroffen, dass eine
Bestrafung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d unangemessen wäre.
b) Die 15 Klimmzüge können als Wiedergutmachungshandlung gemäss Art. 21 Abs. 1 lit.
c JStG gelten.
c) Weil Otto vorzeitig das Sportlager verlassen musste, wurde er im Sinne von Art. 21
Abs. 1 lit. e JStG von Lagerleiter bereits genug bestraft.
d) Wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung nicht erfüllt sind, könnte ein Verweis
erteilt werden.
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7) Und wie sind die folgenden Aussagen zum Sachverhalt aus Aufgabe 6 zu beurteilen? (1
P.)
a) Wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung vorliegen und keine
Schutzmassnahmen anzuordnen sind, muss von der Strafverfolgung abgesehen
werden.
b) Otto kann während der Strafuntersuchung den Lagerleiter als Vertrauensperson
beiziehen.
c) Der Lagerleiter hat Parteistellung.
d) Für die Untersuchung und Beurteilung von Ottos Ladendiebstahl sind die Behörden
an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig.
8) Ist die jeweils handelnde Behörde zuständig? (1 P.)
a) Die Untersuchungsbehörde oder das Jugendgericht ordnet eine ambulante
Behandlung an.
b) Über die Verlängerung der Untersuchungshaft von Jugendlichen entscheidet die
Untersuchungsbehörde.
c) Die Vollzugsbehörde prüft, ob der zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilte
Jugendliche nach der Hälfte der Strafe bedingt entlassen werden kann.
d) Die Untersuchungsbehörde ordnet für Jugendliche Untersuchungshaft an.
9) Kurzfall (1 P.)
Hans (17) ersticht seine Grossmutter (Vorsätzliche Tötung i.S.v. Art. 111 StGB). Als Hans zwei
wenige Tage später mit derselben Tatwaffe einen Kundendienstmitarbeiter seines
Internetanbieters verletzt (einfache Körperverletzung i. S. v. Art. 123 StGB), wird eine
Strafuntersuchung wegen beider Delikte eingeleitet.
Sind die folgenden Aussagen zum vorliegenden Sachverhalt richtig?
a)
b)
c)
d)
Hans kann zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt werden.
Das Strafverfahren bestimmt sich nach der StPO.
Es kann eine Unterbringung angeordnet werden.
Die Verfolgungsverjährung für die vorsätzliche Tötung tritt fünf Jahre nach der Tat
ein.
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10) Wie sind die folgenden Aussagen zum Jugendstrafverfahren zu beurteilen? (1 P.)
a) Die gesetzliche Vertretung kann gegen den Willen des beschuldigten Jugendlichen
einen Wahlverteidiger bestellen, der die Interessen der gesetzlichen Vertretung im
Jugendstrafverfahren vertritt.
b) Im Strafbefehlsverfahren kann die Privatklägerschaft gegen den Strafpunkt
Einsprache erheben.
c) Wenn der beschuldigte Jugendliche Einsprache gegen den Strafbefehl erhebt und die
Untersuchungsbehörde am Strafbefehl festhält, ist das Jugendgericht zur Beurteilung
zuständig.
d) Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafprozessrecht wird im Jugendstrafprozess das
Opfer hinsichtlich seiner Verfahrensrechte besser gestellt.
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Teil 2 Sanktionenrecht (10 Punkte)
11) Sind die folgenden Aussagen richtig? (1 P.)
a) Das Ziel von positiver Spezialprävention ist die Resozialisierung des Täters.
b) Absolute Straftheorien bezwecken den Schutz der Gesellschaft vor
gemeingefährlichen Tätern.
c) Zweispurige Sanktionensysteme sehen Strafen und Massnahmen vor.
d) Massnahmen bezwecken die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Delikt.
12) Kurzfall (1 P.)
Heinrich wird wegen einem Raub und versuchtem Mord verurteilt. Welche Sanktionen sind
möglich?
a)
b)
c)
d)
Lebenslängliche Freiheitsstrafe
Acht Jahre unbedingte Freiheitsstrafe
120 Tagessätze Geldstrafe
Die Einziehung des Küchenmessers, mit welchem Heinrich den Mord verüben wollte
13) Sind die folgenden Aussagen zur Strafbemessung richtig? (1 P.)
a) Wenn Strafmilderungsgründe vorliegen, kann die angedrohte Mindeststrafe
unterschritten werden.
b) Echte Konkurrenz stellt einen Strafschärfungsgrund dar.
c) Das Asperationsprinzip ist bei retrospektiver Konkurrenz nicht zu berücksichtigen.
d) Als Straferhöhung gilt als Anheben der Strafe innerhalb des ordentlichen
Strafrahmens.
14) Und wie sind diese Aussagen zu beurteilen? (1 P.)
a) Sind mehrere Übertretungen zu beurteilen, kommt das Absorptionsprinzip zur
Anwendung.
b) Bussen und Geldstrafen sind gleichartige Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB.
c) Wer zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wird, kann frühestens nach zehn
Jahren bedingt aus dem Strafvollzug entlassen werden.
d) Kommt eine bedingte Strafe in Frage, so besteht bei Tätern ohne Vorstrafen die
Vermutung, dass eine günstige Prognose vorliegt.
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15) Beurteilen Sie die folgenden Aussagen zur Anordnung von Massnahmen (1 P.)
a) Die Einziehung wird durch ein Gericht angeordnet.
b) Die Verwahrung gemäss Art. 64 Abs. 1 wird im Gegensatz zur lebenslänglichen
Verwahrung befristet angeordnet.
c) Die Anordnung von Massnahmen gemäss Art. 56 ff. StGB setzt voraus, dass das Delikt
tatbestandsmässig und rechtswidrig begangen wurde.
d) Massnahmen können auch angeordnet werden, wenn keine Strafe ausgefällt wird.
16) Kurzfall (1 P.)
Cornelia wird wegen Totschlages verurteilt. Das Gericht berücksichtigt bei der
Strafbemessung, dass Strafmilderungsgründe gemäss Art 48 StGB vorliegen.
Welche Strafen kann das Gericht theoretisch ausfällen?
a)
b)
c)
d)
Ein Jahr bedingte Freiheitsstrafe in Verbindung mit einer Busse von CHF 2000.
60 Stunden gemeinnützige Arbeit.
Eine bedingte Geldstrafe von 480 Tagessätzen à CHF 40.
Teilbedingte Geldstrafe von 360 Tagessätzen à CHF 40, wovon 120 Tagessätze
unbedingt ausgesprochen werden.
17) Wie sind diese Aussagen zu beurteilen? ( 1 P.)
a) Lebenslänglich Verwahrte können bedingt entlassen werden, wenn sie aufgrund
schwerer Krankheit keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellen.
b) Wurde eine unbedingte Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Behandlung
aufgeschoben, so wird die Freiheitsstrafe nach erfolgreichem Abschluss der
ambulanten Behandlung nicht mehr vollzogen.
c) Für einen Drogensüchtigen kann eine ambulante Behandlung angeordnet werden.
d) Psychisch nicht gestörte Täter können lebenslänglich verwahrt werden.
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18) Kurzfall (1 P.)
Thomas wird am 1. November 2012 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 18
Monaten bedingt verurteilt.
Nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils wird bekannt, dass Thomas im April 2011 eine
schwere Körperverletzung beging.
Wie kann das Gericht vorgehen, wenn es für das spätere Delikt eine Strafe bestimmt?
a) Die bedingte Freiheitsstrafe wegen des Diebstahls wird zugunsten einer unbedingten
Gesamtstrafe aufgehoben.
b) Das Gericht spricht als Zusatzstrafe ein Jahr unbedingte Freiheitsstrafe aus.
c) Die Verurteilung wegen des Diebstahls darf bei der Strafzumessung für die
Körperverletzung nicht berücksichtigt werden, weil das erste Verfahren rechtskräftig
abgeschlossen wurde.
d) Falls Thomas zu einer Geldstrafe verurteilt würde, hinge die Anzahl der Tagessätze
von seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ab.
19) Sind die folgenden Strafen möglich? (1 P.)
a) Eineinhalbmal lebenslänglich für mehrfachen Mord.
b) 15 Jahre Freiheitsstrafe bei einer Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung
(Art. 122 StGB) und Zechprellerei (Art. 149 StGB).
c) Teilbedingte Freiheitsstrafe, wovon zwei Jahre bedingt und zwei Jahre unbedingt zu
vollziehen sind.
d) Gemeinnützige Arbeit bei Übertretungen.
20) Beurteilen Sie die folgenden Aussagen zur Anordnung von Massanahmen (1 P.)
a) Eine stationäre therapeutische Massnahme zur Behandlung von psychischen
Störungen gemäss Art. 59 StGB könnte, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind,
beliebig oft verlängert werden.
b) Sind mehrere Massnahmen gleichermassen geeignet, aber nur eine notwendig, so
ordnet das Gericht diejenige an, welche dem Verschulden des Täters entspricht.
c) Wenn ein Strafurteil rechtskräftig geworden ist, können für diese Straftat
nachträglich keine zusätzlichen Massnahmen mehr angeordnet werden.
d) Stationäre therapeutische Massnahmen gemäss Art. 59 StGB können auch in
Strafanstalten durchgeführt werden.
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