Klima- und Umweltschutz: Welchen Beitrag können Güterverkehr und Logistik leisten? Redner/in: MinDir. Dr. habil Uwe Lahl Anlass: Umweltworkshop zum Masterplan Güterverkehr und Logistik Kaiserbahnhof, Potsdam, 22.05.2007 Sehr geehrte Damen und Herren, grundlegendes Ziel einer modernen Verkehrs- und Umweltpolitik muss es sein, die gesellschaftlich notwendige Mobilität möglichst umweltverträglich zu gestalten. Daher müssen Strategien und Konzepte entwickelt werden, mit denen die Mobilitätsbedürfnisse so befriedigt werden, dass sie mit den Anforderungen an eine nachhaltige also auf Dauer tragfähige Entwicklung vereinbar sind. Dazu muss und wird der Masterplan Güterverkehr und Logistik einen Beitrag liefern. Die wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr hohen Bedeutung des Verkehrs auf der einen Seite und die teilweise erheblichen Umweltwirkungen auf der anderen führen zu einem vermeintlichen Dilemma, welches von der Verkehrs- und Umweltpolitik schon seit Jahrzehnten sehr ernst genommen wird. Zahllose Gesetze und Verordnungen haben im Einklang mit der europäischen Gesetzgebung dafür gesorgt, dass die Fahrzeuge immer umweltverträglicher und ihr spezifischer Schadstoffausstoß immer geringer wurde. Viele finanzielle Anreize, sei es über die Besteuerung der Kraftstoffe, der Fahrzeuge oder auch einer nach den Fahrzeugemissionen differenzierte LKW-Maut haben dafür gesorgt, dass die europäischen Vorschläge in Deutschland besonders schnell umgesetzt wurden. Dennoch muss sich eine aktive Verkehrs- und Umweltpolitik nicht nur daran messen lassen, was sie erreicht hat, sondern auch daran, was noch zu tun ist. Trotz der oben beschriebenen Erfolge bedeutete Wachstum im Verkehr in der Vergangenheit immer auch eine steigende Umweltbelastung. Wir haben die Hoffnung, dass dieser Zusammenhang durch Maßnahmen wie einen steigenden Anteil an erneuerbaren Energien, Effizienzsteigerungen oder durch technische Innovationen gebrochen werden kann. Spätestens seit dem erscheinen der IPCC Berichte muss allen klar sein, dass menschliches Handeln große Auswirkungen auf das Klima hat. In der Regierungserklärung zum Klimaschutz hat Minister Gabriel am 26.04.2007 bereits wichtige Akzente gesetzt, die auch bei unserem Workshop heute diskutiert werden. So wird die Bundesregierung noch in diesem Jahr mit einem neuen Klimaschutzprogramm ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen, mit dem die Beschlüsse der EU zum Klimaschutz umgesetzt werden sollen. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2020 um 40 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Gegenüber dem Niveau von 2006 bedeutet dies eine Senkung von 270 Mio. t CO2. Dazu wird auch der Verkehrssektor einen signifikanten Beitrag liefern müssen. Prognose CO2 Emissionen Aktuelle Berechnungen zur Entwicklung des CO2 Ausstoßes im Güterverkehr bis 2020 stimmen dabei nicht hoffnungsvoll. Selbst unter der Annahme der erwarteten – und sehr ambitionierten Effizienzsteigerung von 18 % im Bereich von Logistik und Fahrzeugtechnik wird der CO2 Ausstoß des Güterverkehrs aufgrund des Mengenwachstums bis zum Jahre 2020 auf gleichem Niveau wie heute bleiben. Damit wird der Güterverkehr keinen C02-Reduktionsbeitrag bringen können. (Quelle Tremod). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was getan werden muss, um den Beitrag des Güterverkehrs und der Logistik für den Klima- und Umweltschutz zu erhöhen? Eine erste Antwort liegt für mich auf der Hand: Wir müssen noch massiver auf innovative und effiziente Technologien und Konzepte setzen als in der Vergangenheit. Damit sind in der Regel nicht nur ökonomische sondern auch ökologische Vorteile verbunden. Umweltbilanz der Verkehrsträger Ein wichtiger Baustein zur Reduzierung der Umweltfolgen des Verkehrs ist natürlich auch die Zusammensetzung des Modal Splits im Güterverkehrs. Ohne an dieser Stelle alte Grundsatzdebatte einleiten zu wollen halte ich es für zwangsläufig dass die Verkehrsträger gestärkt werden müssen, die entsprechend der jeweiligen logistischen Anforderung, die beste Umweltbilanz aufweisen. Das kann dann auch der effiziente LKW sein – aber auf vielen langen Relationen wird der Umweltvorteil des Schienenverkehrs nicht zu schlagen sein. Im Jahr 2005 verursachen Bahn und Schiff je Tonnenkilometer jeweils nur ein Drittel der CO2-Emissionen des Lkw-Verkehrs. Weitere Effizienzsteigerungen bei den schweren Nutzfahrzeugen werden zwar dazu führen, dass die spezifischen CO2 Emissionen pro Tonnenkilometer von ca. 160 g/tkm in 1990 auf unter 80 g/tkm in 2025 deutlich zurückgehen werden (Tremod). Die ständig steigenden Entfernungen die über diesen Verkehrsträger abgewickelt werden, führen allerdings zu einer gleich bleibenden Umweltbelastung durch den Straßengüterverkehr in den Jahren 2005-2025. Aber auch die – aus Umweltsicht – noch so günstigen Verkehrsträger werden die steigenden Güterverkehrsmengen nicht allein bewältigen können. Vielmehr sind integrative Lösungsansätze über alle Verkehrsträger gefragt. Es gilt diese spezifischen Vorteile für ein effizientes Gesamtsystem zu nutzen. Damit rücken insbesondere die Schnittstellen und die logistischen Knoten in den Mittelpunkt der Betrachtung. Risk Management Klima und Umweltschutz können nicht mehr nur als gesellschaftliche Aufgabe betrachten werden, sondern wirken sich auch unmittelbar auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse aus. Ein positives Image im Umweltbereich, siehe Toyota (Hybridantrieb) oder Peugeot (Dieselrussfilter) wirkt sich unmittelbar in positiven Verkaufszahlen aus. Es geht hier aber natürlich nicht (nur) um das Image eines Unternehmens. Klima und Umweltschutz werden in Wirtschaftsunternehmen zunehmend als Risikofaktoren für betriebliche Abläufe und letztlich für das Betriebsergebnis gesehen. Einige Unternehmen der Transport und Logistikbranche reagieren mit einem entsprechenden Risk Management auf die neuen Herausforderungen. Was heißt das konkret? Einige Beispiele: Im Finanzsektor zeigt sich, dass Unternehmen mit signifikant hohen klimaschädlichen Emissionen, die sich nicht auf den Klimawandel einrichten und entsprechende Maßnahmen z.B. zur CO2 Reduktion umsetzen, von vielen Investoren mit einem höheren Risiko Bewertet werden. Damit erhöht sich natürlich auch der Zins den diese Unternehmen zu entrichten haben. Marktrisiken können sich, ausgelöst durch veränderte Rahmenbedingungen verändern. Die Einführung von Umweltzonen in einigen deutschen Städten wird für einige Firmen eine gewaltige Herausforderung darstellen. Auch die zu erwartende Umstellung im Automobilbereich auf Hybrid/Elektrotraktion kann m.E. so eine Umbruchsituation darstellen. Solche Innovationssprünge, resultierend aus neuen Umweltstandards oder Ressourcenknappheit, können zu massiven Verlusten bzw. Umstellungskosten aber auch zu Wettbewerbsvorteilen bei den technologischen Pionieren führen. Darauf werden alle Marktteilnehmer reagieren müssen. Wirtschaftsunternehmen und gerade auch deutsche Unternehmen sollten diese Herausforderungen durch den Klima und Umweltschutz als positiven Anreiz sehen und möglichst pro-aktiv den zu erwartenden Veränderungen voranschreiten. BMU- Forschungsvorhaben Der Masterplan Güterverkehr wird vom BMU durch das Forschungsprojekt "Nachhaltige Mobilität durch Innovationen im Güterverkehr" begleitet. Im Rahmen dieses Projektes wurden eine Reihe von Experteninterviews mit Entscheidern und Fachleuten aus dem Verkehrssektor durchgeführt. Zukünftig wird, so die Einschätzung der Experten, der Güterverkehr – insbesondere grenzüberschreitend (z.B. Ost-West-Verkehre) und im Seehafenhinterlandverkehr – weiter zunehmen. Welche Verkehrsträger davon am meisten profitieren werden, sei heute noch nicht absehbar. Entscheidend ist, wie die einzelnen Verkehrsträger, möglichst schnell der notwendigen Anforderungen (z. B. Kapazitäten) gerecht werden und damit am Wachstum partizipieren können. Hier liegt für einen umweltfreundlichen Güterverkehr großer Gestaltungsspielraum. Größter Hinderungsgrund für die Umsetzung und Realisierung von Innovationen werden in den Kosten gesehen. Begründet wird dies mit den geringen Margen im Transportgewerbe und den kurzen Vertragslaufzeiten (z. B. bei Kontraktlogistikprojekten). Die Unternehmen seien aufgrund der Wettbewerbssituation auf kurzfristige Gewinnmitnahmen angewiesen, ihnen fehlt damit der Mut zu langfristigen Investitionen. Als großes Problem wurde aber auch gesehen, dass viele Unternehmen gar keine Kosten-Nutzen-Betrachtungen durchführen, der Kostenaspekt daher oftmals auch ein vorgeschobenes Argument ist. Hilfreich wäre es oft schon, wenn Best-Practice-Beispiele für ökologisch und ökonomisch effizienten Güterverkehr besser in der Branche kommuniziert würden. Und besonders interessant: Systeminnovationen (z. B. getaktetes Systemverkehrsnetz) und Vernetzung von Innovationen haben für einen ökologisch und ökonomisch effizienten Güterverkehr höhere Bedeutung als technologische Einzelinnovationen (z. B. Umschlag ohne Portalkran oder GigaLiner) Mit diesen wenigen Hinweisen entlasse ich Sie in eine hoffentlich spannende und zugleich ergebnisreiche Diskussion in den Arbeitsgruppen und bedanke mit bereits jetzt für ihr Engagement im Rahmen des Masterplans Güterverkehr und Logistik. Herzlichen Dank! © Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)