Eidg. Volkswirtschaftsdepartement EVD Forschungsanstalt Reclkenholz-Tänikon ART Forschungsgruppe Lufthygiene/Klima DV SGPV-FSPC, Kerzers, 13. November 2012 Risiken des Klimawandels für die Schweizer Landwirtschaft und die InlandVersorgung Prof. Dr. J. Fuhrer, Lufthygiene/Klima, Agroscope ART, Zürich ([email protected]) 1. Klima und Klimatrend Das Klima verändert sich weltweit unter dem Einfluss verschiedener Faktoren; der Einfluss der anthropogenen Treibhausgasemissionen ist für die weitere Entwicklung besonders wichtig und bereits spürbar. In der Schweiz zeigen die Temperaturmittel seit den 60iger Jahren einen stark positiven Trend, während sich die jährlichen Niederschlagsmengen kaum verändert haben. Während die Anzahl der Hitzetage und die Länge von Trockenperioden in vielen Regionen zugenommen haben, sank die Zahl der Frosttage kontinuierlich. Klimaprojektionen 2. Klimaprojektionen werden mit Hilfe von globalen und regionalen Klimamodellen und aufgrund von Annahmen bezüglich der künftigen (bis 2100) Treibhausgasemissionen hergeleitet. Im kürzlich abgeschlossenen Projekt CH2011 wurden für die Schweiz die neusten, regionalen Projektionen für Temperatur und Niederschlag geliefert: Bis 2050 wird mit durchschnittlich 2-3oC höheren Durchschnittstemperaturen und im Sommer mit 10-20% weniger Niederschlag gerechnet. Allerdings ist die Unsicherheit beim Niederschlag gross, insbesondere die kleinräumige Verteilung der Änderung im Alpenraum. 3. Mögliche Folgen des Klimatrends o Wachstumsphasen verschieben sich; die Entwicklung setzt früher ein und ist beschleunigt o Die Jahr-zu-Jahr Schwankung der Witterung nimmt zu und vermindert die Ertragsstabilität im Acker- und Futterbau o Der Bewässerungsbedarf steigt o Das Ertragspotential von heutigen Ackerkulturen/-sorten sinkt, je nach Standort o Die Verteilung der Klimaeignung für Ackerkulturen ändert o Neue Krankheiten und Schädlinge werden begünstigt 4. Klimaextreme Mit der Erwärmung nehmen Klimaextreme zu, d.h. die Wiederkehrzeiten für Hitze- und Trockenperioden oder die Häufigkeit von Starniederschlägen sinkt. Ein Ereignis, das heute einmal in 20 Jahren auftritt, könnte gegen Ende des 21. Jhdts in jedem 2. Jahr auftreten. Dadurch nehmen u.a., folgende Risiken zu: o Hitzeschäden beim Zusammentreffen mit empfindlichen Entwicklungsstadien o Dürreschäden, sofern keine Bewässerungsmöglichkeit besteht; in einzelnen Einzugsgebieten entstehen Wassernutzungskonflikte o Bodenabtrag (Erosion), sofern kein genügender Schutz der Bodenoberfläche besteht 2 5. Globale Situation Der Klimawandel führt zu Ertragseinbussen, besonders in südlichen Ländern, aber auch in Hauptproduktionsgebieten der USA, China, Brasilien etc. Folgen für die Inlandversorgung: o Bei weiter wachsender Bevölkerungszahl und gleich bleibender Inlandproduktion steigt der Importbedarf für landwirtschaftliche Güter; o Protektionismus in von Extremereignissen betroffenen Ländern nimmt zu; o Ertragsausfälle in wichtigen Produktionsregionen werden häufiger, die Preisvolatiliät steigt; o Importierte Güter werden teurer; o Erhaltung der Inlandproduktion wird wichtiger. 6. Konsequenzen Anpassung bei Sorten, Bewirtschaftung und Standortwahl. Anpassung im Pflanzenschutz bei zunehmendem Schädlingsdruck; Beobachtung wird wichtiger. Schutz vor Witterungsextremen wie Hitze oder Starkniederschläge (Erosion) etc. wird zunehmend wichtig. Vorsorgliche Massnahmen zur Minderung von Trockenheitsrisiken, möglichst ohne übermässige Wasserentnahmen und Bewässerung, werden nötig (angepasste Bodenbearbeitung, Standortwahl, Diversifizierung etc.) Neue, zusätzliche Versicherungen gegen Witterungsrisiken sollten in Betracht gezogen werden Fazit 7. Bedarf für eine ressourcenschonende, an den Klimawandel angepasste landwirtschaftliche Produktion nimmt zu! Produzentinnen und Produzenten werden sich immer weniger auf ihre Erfahrung und auf die Lehrbücher verlassen können. Aber: die Unsicherheit bezüglich der Klimaentwicklung bleibt bestehen und erfordert eine vorsorgliche und flexible landwirtschaftliche Praxis.