Fachartikel für Farben und Lacke

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TECHNIK
·
Carbon Nanotubes
Ein Schild gegen Blitze
Nanomodifizierte Lacke für verbessertes Entladungsverhalten in Luftfahrt, Windkraft und Elektrotechnik
Christian Seidel, Andreas Hebestreit, Wilhelm Wulbrand, Manfred Suppa und Harald Oehler *
Im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Innovationsallianz Carbon
Nanotubes
(Inno.CNT)
modifizieren
die Partner des Projekts „CarboShield“
Lacke mit winzigen Röhrchen aus Kohlenstoff, um deren elektrische Eigenschaften zu verbessern.
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K
ohlenstoffnanoröhrchen (Carbon Nanotubes, CNT) sind mikroskopisch kleine
Röhrchen aus Kohlenstoff (Abb. 1), die
über besondere Eigenschaften verfügen:
Sie weisen z.B. eine höhere mechanische
Festigkeit auf als Stahl und sind leitfähiger als Kupfer. Werden sie in andere
Werkstoffe eingearbeitet, können sie deren
Materialeigenschaften erheblich verbessern. Zu den Anwendungsgebieten, die im
Rahmen von CarboShield untersucht werden, zählt zum einen der Blitzschutz für
faserverstärkte Kunststoffbauteile, z.B. in
der Luftfahrt- und Energieanlagenindustrie (Windkraftanlagen). Zum anderen werden Leitlacke und Beschichtungen für den
Potenzialausgleich in elektrotechnischen
Systemen (Elektrotechnik) sowie für elektrische Kontaktierungsanwendungen untersucht. Zum Projektteam zählen die Siemens AG, die Bayer MaterialScience AG,
die Peters Research GmbH & Co. KG, die
EADS Deutschland GmbH und das Deutsche Kunststoff-Institut.
Materialscreening und
Materialcharakterisierung
Im Rahmen von CarboShield werden sowohl Modifikationen von 2K-Polyurethanals auch von Epoxidharz-basierten Lacksystemen untersucht. Erstere kommen als
Decklack, Letztere als Grundierung oder
Leitlack zum Einsatz. Der ProjektpartKontakt:
Informationsbüro Inno.CNT
T +49 1805 133 422
[email protected]
FARBE
UND LACK
7 • 2012
118. Jahrgang
Abb. 1: CNTs (hier CNT-Agglomerate) sind winzige Röhrchen aus Kohlenstoff mit besonderen
Materialeigenschaften
ner Bayer MaterialScience befasst sich
mit den Polyurethan-basierten Systemen.
Es kommen umweltfreundliche, wasserbasierte Lacke zur Anwendung, sodass
der Einsatz von flüchtigen organischen
Lösemitteln auf ein Minimum reduziert
werden kann. Dabei besteht die Herausforderung zunächst in einer guten und
stabilen Dispergierung der CNTs in einer Phase (gleichmäßige Verteilung beispielsweise in Wasser), die sich mit den
Lackkomponenten mischen lässt. Diese
Aufgabe muss über eine Modifikation
der CNT-Oberfläche gelöst werden. Dafür
stehen verschiedene Möglichkeiten wie
Dispergierhilfsmittel, Tenside oder die
Funktionalisierung mit kovalenten Gruppen zur Verfügung. Anschließend müssen
umfangreiche
Rezepturentwicklungen
durchgeführt werden, um bestehende
Richtrezepturen für eine Modifizierung
mit den CNTs zu optimieren. Neben den
CNTs werden alternative Füllstoffe (z.B.
Leitruß Carbon Black oder C-Kurzfasern)
vergleichend bewertet. Die Dispergierung
von CNTs in Epoxidharzen wird von den
Projektpartnern Peters Research und Siemens wahrgenommen. Die entwickelten
Systeme werden auf entsprechenden Substraten (Metalle und Faserverbunde) appli-
ziert und je nach Zielsetzung bei den einzelnen Projektpartnern charakterisiert.
Hochdurchsatzlabor für
Lackprüfungen
Aufgrund der Vielzahl der möglichen
Variablen (Lackkomponenten, CNTs und
deren Modifikationen, benötigte CNTKonzentrationen,
CNT-Dispergierung,
Additive als Rezepturhilfsstoffe) bei der
oben beschriebenen Rezepturentwicklung kommt bei Bayer MaterialScience das
Hochdurchsatzlabor für Lackprüfungen
(HTE, High Throughput Experimentation) zum Einsatz. In diesem Labor kann
durch die Automatisierung von Anlagen
und Prüfmethoden der Durchsatz bei Untersuchungen mit hoher Probenanzahl
* Weitere Autoren
Weitere Autoren sind Priv.-Doz. Dr. Ingo
Alig und Dr. Dirk Lellinger, Deutsches
Kunststoff-Institut, Darmstadt, sowie
Dr. Christian Karch und Dr. Jürgen
Steinwandel, EADS Deutschland GmbH,
München.
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gesteigert werden. Die Vergleichbarkeit
von Ergebnissen wird durch eine Parallelisierung der Abläufe erhöht. Dies wird in
vielen Fällen durch eine Miniaturisierung
der Proben und ein Zusammenfassen von
Einzelproben zu Matrizen erreicht, was
dann die parallele Bearbeitung unter identischen Versuchsbedingungen ermöglicht.
Als Beispiele seien hier eine vollautomatische Dosieranlage und ein Parallelrührwerk für 24er Matrizen genannt (Abb. 2
und 3). Ähnliche Systeme stehen für die
Charakterisierung von Eigenschaften solcher Proben bereit.
Anwendungsspezifische
Untersuchungen
Zur Anwendung kommen die modifizierten Lacksysteme unter anderem im
Flugzeugbau. Denn hier werden metallische Außenhäute zunehmend durch Faserverbundstrukturen substituiert, wie das
Beispiel des Airbus A350 (Abb. 4) belegt.
In Bezug auf die elektrische Funktionalität
dieser Leichtbauweisen ergeben sich allerdings Nachteile, die aus ihrer im Vergleich
zu Metallen reduzierten elektrischen
Leitfähigkeit resultieren. Faserverbundstrukturen müssen deswegen vor einer unerwünschten Schädigung durch Blitzeinschläge geschützt werden. Standardmäßig
werden diese Bauweisen hierzu auf der Außenseite mit metallischen Schutzschichten
in Form von Drahtgeflechten (Mesh) oder
geschlitzten metallischen Folien versehen.
Auf diese Weise lassen sich unvermeidbare Schäden auf ein akzeptables Maß reduzieren. Es verbleibt jedoch der Aufwand
für die Reparatur nach einem Blitzschlag
Ergebnisse auf einen Blick
• Im Rahmen der BMBF-geförderten Innovationsallianz Carbon Nanotubes modifizieren die
Partner des Projekts „CarboShield“ Lacke mit
Kohlenstoffnanoröhrchen, um deren elektrische Eigenschaften zu verbessern.
• Es werden sowohl Modifikationen von 2K-Polyurethan- als auch von Epoxidharz-basierten
Lacksystemen untersucht.
• Die Durchschlagfestigkeit der Lacke soll durch
Zusatz elektrisch leitender Füllstoffe wie Kohlenstoffnanoröhrchen reduziert werden, um
Faserverbundstrukturen besser vor einer Schädigung durch Blitzeinschläge zu schützen.
• Anwendungsbereiche sind vor allem der
Flugzeugbau und Rotorblätter von Windkraftanlagen.
• Außerdem sollen Lacke mit verbesserten elektrischen und mechanischen Eigenschaften für die
Elektronik und Elektrotechnik entwickelt werden.
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Abb. 2: Aufgrund der Vielzahl von Variablen kommt bei Bayer MaterialScience das Hochdurchsatzlabor für Lackprüfungen zum Einsatz. Im Bild: die vollautomatische Dosieranlage
und eine erhebliche zusätzliche Gewichtsbelastung durch diese Maßnahmen.
Mehr noch: Blitz-induzierte Schäden
werden durch konventionelle Lacke signifikant verstärkt. Dieser Effekt wird auf zwei
unterschiedliche Ursachen zurückgeführt.
Die Durchschlagfestigkeit herkömmlicher
Lacke behindert die Entstehung von Streamern, d.h. kleinen Plasmakanälen, die sich
im elektrischen Feld des sich nähernden
Leitblitzes ausbilden. Infolge dieses Effektes kommt es zu einer Einschnürung des
Blitzkanals im Bereich seines Fußpunktes
und somit zu einer Konzentration des Energieeintrages, die ihrerseits die lokale Schädigung der Struktur intensiviert (Abb. 5).
Nach der Erstberührung zwischen Blitzkanal und Flugzeug bewegt sich der Fußpunkt
des Kanals über die Flugzeugoberfläche.
Während diese Bewegung im Falle einer
unlackierten Oberfläche nahezu kontinuierlich erfolgt, kommt es durch den Lack zu
einer sprunghaften Bewegung, bei der der
Fußpunkt für einen gewissen Zeitraum, die
so genannte Verweildauer (dwell time), an
einem festen Punkt auf der Oberfläche verharrt. Diese Verweildauer wächst proportional zur Durchschlagfestigkeit des Lackes.
Die lokale Schädigung wird daher maßgeblich auch durch die Verweildauer bestimmt.
Vergleichbare Fragestellungen treten bei
der Ausrüstung der Rotorblätter von Windkraftanlagen auf. Ein entsprechend verbesserter Blitzschutz kann zu einer längeren Lebensdauer der Rotorblätter führen,
die besonders häufig von Blitzeinschlägen
betroffen sind.
Die Ziele beim Blitzschutz bestehen darin, das Gewicht des metallischen Schutzsystems zu verringern, den Aufwand für
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Abb. 3: Dank Parallelrührwerk für 24er
Matrizen können Einzelproben für Lackprüfungen zusammengefasst werden
Reparaturen zu mindern bzw. die Lebensdauer der Rotorblätter zu steigern.
Veränderung der Lackeigenschaften
Um die genannten nachteiligen Effekte
von Lacken auf die Schädigung von Faserverbundstrukturen durch Blitzeinschläge
zu reduzieren, wird eine Veränderung der
Lackeigenschaften, speziell eine Reduktion seiner Durchschlagfestigkeit, angestrebt. Diese Zielsetzung lässt sich durch
den Einsatz von elektrisch leitenden Füllstoffen realisieren, die als „Zündelemente“
einen elektrischen Durchschlag des Lackes und damit die Bildung von Streamern
begünstigen. Für diesen Zweck sind Kohlenstoffnanoröhrchen in hervorragender
Weise geeignet. Sie weisen die erforderliche elektrische Leitfähigkeit und die ideale
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geometrische Gestalt auf, sie sind umweltbeständig und leicht und seit Kurzem im
industriellen Maßstab gut verfügbar.
Versuche mit herkömmlichen Leitlacken haben sich als nicht erfolgreich erwiesen. Einerseits reichen die erzielbaren
elektrischen Leitfähigkeiten nicht aus, um
die Wärmeentwicklung durch Joulesche
Wärme ausreichend zu reduzieren, und
andererseits lassen sich mit praktisch angemessenen Schichtdicken keine hinreichend
kleinen Flächenwiderstände realisieren.
Erste vielversprechende Ergebnisse zur
Reduktion der Durchschlagfestigkeit von
EP- und PU-basierten Lacken, die aus dem
Einsatz von CNT-Füllstoffen resultieren,
liegen vor: Mit nur einem Gewichtsprozent CNT als Füllstoff lässt sich die Durchschlagfestigkeit des PU-basierten Lackes
um fast eine Größenordnung reduzieren.
Mit einem halben Gewichtsprozent CNT
im EP-basierten Lack fällt der Effekt etwa
halb so groß aus. Es wird erwartet, dass
sich die Durchschlagfestigkeit der Lacke
mit zunehmendem CNT-Gehalt entsprechend weiter senken lässt. Die Prüfung des
Einflusses von systematischen Variationen
der Schichtdicken und Füllstoffgehalte sowie von mehrschichtigen Lackaufbauten
steht derzeit noch aus. Bereits jetzt lässt
sich feststellen, dass die lokale Verweildauer des Blitzkanalfußpunktes an einem
Berührungspunkt mit der Flugzeugoberfläche um zirka eine Größenordnung von
derzeit 50 ms auf mindestens 5 ms gesenkt
werden kann. Die Blitzstrombelastung
wird auf diese Weise deutlich reduziert.
Die Quantifizierung des Effektes hinsichtlich der Schadensminderung erfolgt in der
Folgephase des Projektes auf Basis entsprechender Hochstromtests. Das Projekt
CarboShield beinhaltet darüber hinaus die
physikalische Modellierung und Simulation Blitz-induzierter Schäden an Kohlefaser-verstärkten Verbundstrukturen.
Abb. 4: Beim A350 wurden metallische Außenhäute durch Faserverbundstrukturen substituiert
Nanomodifizierte Lacke für die
Elektronik und Elektrotechnik
Eine vergleichbare Technologie soll weiterhin eingesetzt werden, um für die Elektronik
und Elektrotechnik Lacke mit verbesserten
elektrischen und mechanischen Eigenschaften zu realisieren (Siemens, Peters Research,
Deutsches Kunststoff-Institut). Es wird erwartet, dass der Einsatz der Nanotechnologie hier ebenfalls zu leistungsstärkeren und
robusteren Systemen führt. Für diese Fragestellung ist es wichtig, das elektrische Perkolationsverhalten der CNT-modifizierten
Lacksysteme kennen und einstellen zu lernen. Es ist sowohl für Thermoplaste als auch
für Duromere bekannt, dass die Struktur des
leitfähigen Füllstoffnetzwerkes die für einen
gegebenen Füllgrad erreichbare elektrische
Leitfähigkeit bestimmt. Zudem wird die
Struktur des Füllstoffnetzwerkes, und damit
die elektrische Leitfähigkeit, durch die chemische Natur der Lackmatrix sowie durch
die Verarbeitungsbedingungen beeinflusst.
Auf Basis dieser Erkenntnisse erfolgt im weiteren Verlauf des Projektes eine gezielte Abstimmung von Füllstoff- und Lackmatrixeigenschaften. Hierzu werden beispielsweise
rheoelektrische Untersuchungen während
Abb. 5: Aufgrund der Durchschlagsfestigkeit herkömmlicher
Lacke kommt es zu einer Konzentration des Energieeintrags, die
die lokale Schädigung der Struktur intensiviert
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der Härtung sowie Leitfähigkeitsmessungen
an Filmen mit verschiedenen Misch- und
Applikationsbedingungen durchgeführt.
Zum Verständnis der bei der Trocknung
und Härtung auftretenden Phänomene wurden beispielsweise zeitabhängige Messungen der elektrischen Leitfähigkeit an CNTgefüllten, wässrigen Acrylatdis-persionen
mit und ohne Härter (Isocyanat) am Deutschen Kunststoff-Institut durchgeführt. Die
CNT-Konzentration der getrockneten Filme
lag bei 3,7 Gew.-%. Bei der Trocknung der
Acrylatdispersion ohne Härter (Abb. 6,
blaue Kurve) wird eine geringfügig ansteigende Leitfähigkeit festgestellt. Das sich
hierbei ausbildende CNT-Netzwerk führt
zu einer höheren elektrischen Leitfähigkeit
als die ursprüngliche Ionenleitfähigkeit in
der wässrigen Dispersion. Dies wird durch
die eine TEM-Aufnahme des getrockneten
Films verdeutlicht (Abb. 6): Es ist weitgehend homogene Verteilung der CNTs mit
schwacher Agglomeration festzustellen. Interessanterweise zeigt der Lack mit Härter
(Abb. 6, rote Kurve) eine während der Filmbildung und Härtung abnehmende elektrische Leitfähigkeit. Wie die TEM-Aufnahme
verdeutlicht, bilden sich CNT-arme und
CNT-reiche Bereiche aus. Die so veränderte
Abb. 6: Elektrische Leitfähigkeit CNT-gefüllter wässriger Acrylatdispersionen mit und ohne Härter (Isocyanat) während der Trocknung/Härtung (TEM-Aufnahmen Bayer Technology Services)
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Morphologie führt dazu, dass sich bei gegebener Konzentration kein durchgängiger
leitfähiger Pfad ausbilden kann. Es scheint,
dass das Isocyanat zu einer reaktionsinduzierten Phasentrennung führt. Alle bisher
im Projekt untersuchten CNT-gefüllten Dispersionen, die sich in der Art der Stabilisierung der CNTs unterscheiden, zeigen
ein ähnliches Verhalten. Dies wurde durch
Messungen der Gleichstromleitfähigkeit
und dielektrische Spektroskopie bestätigt.
Um die Ursachen der sich ausbildenden
Füllstoffmorphologie und der sich ergebenden Eigenschaften hinsichtlich Blitzschutz und Elektrotechnik zu klären, sind
Rezepturvariationen sowie elektrische,
rheologische und Strukturuntersuchungen
vorgesehen.
Zusammenfassung und Ausblick
Im Rahmen der bisherigen Arbeiten wurden die Projektpartner mit diversen Lackrohstoffen, CNTs, wässrigen CNT-Dispersionen und anderen Füllstoffdispersionen
bemustert. Des Weiteren wurden Harzformulierungen von Peters Research mit diversen Füllstoffen versetzt, als Grundlage
für eigene Versuche bei den Partnern. Bei
Bayer MaterialScience lag der Fokus auf
der Formulierung von Lackrohstoffen und
2K-Polyurethanlacken mit CNTs. Erste Versuche bezüglich einer Direktdispergierung
der CNTs in die Poly-olkomponente (Acrylatdispersion) des 2K-Systemes führten
trotz Zugabe diverser Dispergierhilfsmittel
zu qualitativ nicht akzeptablen Ergebnis-
• Dr. Christian Seidel
ist Projektleiter von CarboShield und Mitarbeiter der Abteilung Corporate Research bei der Siemens AG.
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• Andreas Hebestreit
leitet seit 2006 das Hochdurchsatzlabor für Lackprüfungen bei der
Bayer MaterialScience AG.
• Dr. Wilhelm Wulbrand
forscht bei EADS in den Bereichen Stealth-Technologie, elektromagnetisches Design von Radomen und Blitzschutz von Flugzeugen.
sen mit unvollständiger Dispergierung und
nicht homogener CNT-Verteilung.
Deshalb lag der Fokus bei den nachfolgenden Arbeiten auf der Herstellung
wässriger CNT-Dispersionen. Durch den
Einsatz entsprechender Dispergierhilfsmittel gelang es, stabile, wässrige CNTDispersionen herzustellen, welche in Kombination mit einer Polyolkomponente zu
wässrigen Dispersionen mit homogener
CNT-Verteilung führten. Wurden diese
CNT-modifizierten Polyole mit einem Isocyanat gemischt, beobachtete man teilweise nach der Vernetzung der Lackkomponenten Bereiche mit unterschiedlicher
CNT-Konzentration. Es bildeten sich Domänen mit niedrigerer CNT-Konzentration
aus, wodurch vermutlich das Perkolationsnetzwerk derart gestört wurde, dass die
ursprünglich vorhandene elektrische Leitfähigkeit verloren ging.
Da aber eine homogene Verteilung nicht
zwangsläufig der optimale Zustand für
ein verbessertes Blitzschutzverhalten sein
muss, wurden CNTs als Füllstoff (und Ruß
als Benchmark) in die Polymermatrizes
(2K-Polyurethan und Epoxid) eingearbeitet und anschließend die Lackierungen mit
Hochspannungstests untersucht, um erste
Rückschlüsse auf das Blitzschutzverhalten
ziehen zu können. Dazu wurden bei Bayer
MaterialScience diverse Substrate mit den
unterschiedlichsten Lacken beschichtet
und seitens EADS mittels Hochspannungstests charakterisiert. Zur Charakterisierung der Effekte wurden von Bayer MaterialScience Aufnahmen zur Morphologie
der Lackierungen zur Verfügung gestellt,
die mittels Transmissionselektronenmikroskopie erzeugt wurden.
Das weitere Vorgehen besteht nun in
der Bearbeitung der oben beschriebenen
Variationsmöglichkeiten. Dabei muss zusätzlich ein weiterer Parameter betrachtet
werden: die Ausbildung der CNT-Strukturen in Abhängigkeit des Lack-Applikationszeitpunktes nach Mischen der zwei
Komponenten. Dabei könnte beispielsweise durch Katalyse oder beschleunigte
Härtung versucht werden, bestimmte Verteilungszustände gezielt „einzufrieren“.
• Dr. Manfred Suppa
leitet seit Juni 1998 die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der
Lackwerke Peters GmbH + Co KG.
• Harald Oehler
forscht am DKI in den Bereichen Lack- und Klebstoffhärtung, Alterung,
Bewitterung und Methodenentwicklung.
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