01 MZV MM 20070321 Prod-Nr 90271 Seite 16 20. 3. 2007 23:12:23

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Mittwoch, 21. März 2007
Münchner Merkur Nr. 67 | MM 16
„Metastasen sind
kein Todesurteil“
FRAGWÜRDIGES
?
Warum singen
die Vögel
im Frühling?
Fröhliches Gezwitscher und munteres
Geträller begleiten derzeit
jeden Spaziergänger. Der
Gesang der Vögel gilt als
Frühlingsbote. Denn sobald
die Tage wieder länger werden, gehen die Männchen
auf Partnersuche. Ihre Lieder sollen Weibchen anlocken. Je schöner die Melodie,
desto größer ist die Aussicht
auf Erfolg. Besonders lernfähige Vögel bauen darum
sogar Klingeltöne von Mobiltelefonen in ihren Gesang
ein. Damit sie trotz Straßenlärms auch in der Stadt gehört werden, singen die Vogelmännchen dort besonders
laut und in höheren Tonlagen, wie Forscher herausgefunden haben. Doch nicht
nur der Partnersuche dient
der Gesang: Mit ihrem Gezwitscher verteidigen die
Vogelmänner auch ihr Revier. Besonders geschickt
sind dabei die Kohlmeisen.
Mit bis zu acht verschiedenen Gesängen verwirren sie
den Eindringling. Im Glauben, das Revier sei stark umkämpft, fliegt der Eindringling seiner Wege. Erst im
Sommer verstummt der Gesang der meisten Vögel wieder. Denn dann sinkt die
Konzentration der männlichen Sexualhormone. 쮿 ae
WISSENSWERTES
Walzer statt
Lauftraining
Tanzen hält genauso fit wie
das Ausdauertraining im Fitnessstudio: Das fanden Forscher des Lancisi-Herzinstituts in Ancona heraus. In einer Studie verglichen sie den
Fitnesszustand von 110 Teilnehmern, die entweder acht
Wochen im Fitnessstudio
trainiert hatten oder zum
Walzer-Tanzen gingen. In
beiden Gruppen nahm die
Herz-Lungen-Frequenz der
Teilnehmer ähnlich stark zu.
Kondition und Sauerstoffaufnahme verbesserten sich
bei den Tänzern sogar stärker als bei den Sportlern, die
im Kraftraum trainiert hatten. 쮿 ae
Experte über Therapien bei Darmkrebs
Wer im Sommer wieder barfuß laufen möchte, sollte sich im Frühjahr ausgiebig um sein natürliches Schuhwerk kümmern.
Foto: dpa
Gesund zu Fuß in den Frühling
Nach Monaten in dicken Socken ist eine Ballenzehpflege angebracht
VON THORSTEN NAESER
Gerötete
Druckstellen,
Hornhaut oder juckende Ekzeme: Der lange Winter in
Stiefeln und dicken Socken
setzt den Füßen hart zu. Sie
brauchen jetzt ein intensives
Pflegeprogramm. „Desinfizierende Fußbäder sind besonders wohltuend“, rät der
Münchner Orthopäde Dr.
Steffen Zenta. Allerdings
sollte das Wasser nicht heißer sein als 37 Grad. Und
auch frische Luft tut den
Füßen gut. Man sollte also
leichtes und offenes Schuhwerk tragen.
Um die Muskeln zu unterstützen, empfiehlt der Orthopäde Einlagen: „Das entspannt die Muskeln, und
man ermüdet nicht so
schnell beim Laufen.“ Auch
Hornhaut sollte man entfernen, da die Haut an diesen
Stellen rissig und somit anfälliger für Infektionen ist.
Besonders wichtig ist die
umfassende Fußpflege für
Diabetiker: Da die Zerstörung von Nervenfasern frühzeitig einsetzen kann, besteht für sie ein erhöhtes Risiko: Die Haut wird trocken,
schuppig und rissig und
kann ihre natürliche Infektionsabwehr nicht mehr ausreichend erfüllen.
Weniger leicht lassen sich
Schäden beheben, die durch
jahrelange
Fehlstellungen
zustande gekommen sind.
„Dann ist der Besuch beim
Facharzt nötig“, sagt Zenta.
Besonders Frauen sind hier
betroffen. Viele leiden unter
dem sogenannten Ballenzeh,
in der Fachsprache als „hallux valgus“ bezeichnet. Einen Ballenzeh bekommt,
wer oft und ausgiebig in
hochhackigen Schuhen unterwegs ist: Der Großzehenballen vergrößert sich, und
die Großzehe dreht sich
nach außen. „Hochhackige
und zu enge Schuhe entsprechen nicht der Anatomie des
Fußes“, mahnt Zenta.
Denn der Ballenzeh ist kei-
nesfalls nur ein ästhetisches
Problem. Die Folgen können
Zehen-Deformationen wie
Krallen- oder
Hammerzehen sein, die
mit empfindlichen
Schmerzen
einhergehen.
In diesen Fällen hilft meist
nur noch eine
Operation:
Dr. Zenta
Mit Schrauben oder Stiften wird der
Fuß wieder in die richtige
Ausgangslage gebracht. Die
jüngste Patientin mit einem
GESUNDER RAT
Fußpflege im Alltag
쮿 Regelmäßiges Barfußlaufen
fühlt sich nicht nur gut an,
sondern ist auch gesund, weil
es die Durchblutung anregt.
Wer barfuß über Gras oder
Sand geht, stimuliert die Reflexzonen in den Fußsohlen
und sorgt für Entspannung
der Fußmuskulatur.
쮿 Schon morgens unter der
Dusche kann man sich eine
Fußmassage gönnen: Stellen
Sie sich auf eine spezielle FußMassagematte mit Gummi-
Noppen. Das stimuliert die
Fußreflexzonen und fördert
die Durchblutung.
쮿 Einfache Fußgymnastik ist
leicht in den Tagesablauf zu
integrieren. Die Beweglichkeit
der Zehen- und Fußmuskulatur kann man durch Greifübungen – mit Murmeln oder
einem Tuch – trainieren. Im
Büro hilft ein Massageroller
oder Igelball. Das kurbelt die
Durchblutung an und entspannt. 쮿 thn
solchen Krankheitsbild, die
Zenta behandelt hat, war 14
Jahre alt. In den meisten
Fällen taucht der Ballenzeh
im Alter von 40 bis 50 Jahren auf. Dann werden die
Füße breiter, und das Körpergewicht nimmt zu. Da
dafür auch die Gene Verantwortung tragen, sind Männer hierbei ebenfalls betroffen. Ein weiteres häufiges
Überlastungsproblem ist der
sogenannte
Fersensporn.
„Das fühlt sich an, als ob
man auf einen Reißnagel treten würde“, erklärt Zenta.
Auslöser ist ein zu starker
Fersenauftritt, der aber
durch Einlagen oder eine
Stoßwellentherapie behoben
werden kann.
Wer vorbeugen möchte,
sollte laut Zenta auf die
richtige Durchblutung der
Füße achten – hier helfen regelmäßige Massagen oder
Gymnastik. Patienten, die
fürchten, unter einer Fehlstellung zu leiden, sollten
rasch einen Orthopäden aufsuchen. Je früher die Diagnose vorliegt umso besser
kann behandelt werden.
Einen letzten Tipp richtet
Zenta an alle Liebhaberinnen von hohen Schuhen:
„Gönnen Sie Ihren Füßen
auch einfach mal eine Pause
und verbringen Sie einen
warmen Frühlingstag in flachen, bequemen Schuhen.“
Mit Wärme-Sensor auf Beutefang
Münchner Wissenschaftler: Warum Klapperschlangen auch blind erfolgreich jagen
Tanzen hält das Herz gesund.
Foto: ddp
Neuer Urintest
erkennt Krebs
Forscher der Universität Hannover haben einen neuen
Test entwickelt, um Prostatakrebs zu erkennen. Bislang
wird zur Früherkennung von
Prostata-Krebs der sogenannte PSA-Test verwendet.
Dieser ist zwar sehr empfindlich, zeigt aber oft Krebs an,
obwohl der Patient nicht
krank ist. Jedes Jahr lassen
daher tausende Männer in
Deutschland eine unnötige
Biopsie vornehmen. Der neue
Test erkennt krankheitsspezifisch veränderte Eiweiße im
Urin. In einer ersten Studie
zeigte er den Krebs in beinahe 90 Prozent der Fälle
richtig an. Der Test ist bereits
marktreif und könnte bald
den bislang gängigen PSATest ergänzen. 쮿 sog
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Redaktion Wissenschaft
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VON THORSTEN NAESER
Gespannt beobachten die
Forscher, was im Terrarium
vor sich geht: Ein Wissenschaftler setzt eine weiße
Ratte vor den beiden Klapperschlangen aus, die reglos
im weißen Sand liegen. Eine
der Schlangen schlägt blitzartig zu. Sie hat die Ratte gezielt in den Nacken gebissen
– obwohl sie nichts sehen
konnte.
Die Augen der beiden
Reptilien sind verbunden.
Hören und riechen können
sie ebenfalls nicht. Um das
Terrarium herum haben sich
zahlreiche Wissenschaftler
versammelt. Unter ihnen
auch Professor Leo van
Hemmen und seine beiden
Doktoranden Andreas Siechert und Paul Friedel vom
Physik-Department
der
Technischen
Universität
München.
„Die Reptilien wussten
genau, was um sie herum
passiert“, sagt Leo van Hemmen. Möglich wird dies
durch ein kleines Organ, das
bei Klapperschlangen vor
den Augen angebracht ist,
dem sogenannten Grubenorgan. Über diese Einstülpung
in der Haut analysieren die
Reptilien die Wärmeverhältnisse ihrer Umgebung: Bis
zu einem Tausendstel Grad
Prof. Hemmen erklärt die Temperatur-Schablone. Fotos: ddp/Naeser
Celsius können die Tiere
unterscheiden. „Mit diesem
Sensor spüren die Schlangen
auch in völliger Dunkelheit
hervorragend Beute auf“,
erklärt van Hemmen. Unklar war jedoch, wie dieses
Organ die Wärmeinformationen aufnimmt und sie
in Sekundenbruchteilen
ans Gehirn weiterleitet.
Um dies zu klären, haben die Münchner Wissenschaftler nun ein sogenanntes neuronales Modell
entwickelt. Das Grubenorgan verfügt über rund 2000
Sensoren, die auf einer
Membran angeordnet sind.
Diese Membran haben die
Forscher am Rechner simuliert. „Wir haben herausge-
funden,
dass die Schlange zunächst
nur ein unscharfes Muster
über die Wärmeverteilung
ihrer Umgebung erhält“, so
van Hemmen. „Im Gehirn
bauen die Reptilien dann ein
scharfes Bild der Beute und
ihrer Umgebung auf. Das alles geschieht innerhalb einer
fünfzigtausendstel Sekunde.“
Wie das Gehirn die unscharfen Wärmeinformationen zusammensetzt? Die
Münchner Physiker sind dazu auf eine Art Schablone im
Gehirn der Reptilien gestoßen. Diese Schablone, die am
Computer aus mathematischen Formeln besteht, bildet sich bei den Schlangen
aufgrund jahrelanger Erfahrung: Die Tiere lernen, wie
die
Temperaturverteilung
um sie herum wirkt und wie
sie eine Beute erkennen. „Eine Ratte hat zum Beispiel einen sehr warmen Schwanz,
weil er keine Haare hat, aber
auch einen warmen Nacken,
da dieser gut durchblutet
ist“, erklärt van Hemmen.
Je größer also die Erfahrungswerte, umso
erfolgreicher die
Jagd. „Bei
Beutetieren wie der Ratte ist
der gezielte Biss enorm
wichtig“, so van Hemmen.
Ansonsten könnten die Nager heftig zurückbeißen.
„Und das sollte einer
Schlange nicht zu oft passieren.“
70 000 Menschen erkranken
jedes Jahr daran, davon sterben 28 000: Darmkrebs gilt
als die häufigste Krebsart in
Deutschland. Wir sprachen
mit Prof. Volker Heinemann
vom Klinikum Großhadern.
Wie entsteht Darmkrebs?
Prof. Heinemann: Ein Großteil der Tumoren entsteht aus
Adenomen im Darm, auch
Darmpolypen genannt. Diese
Wucherungen können spontan entstehen, sind aber nicht
immer bösartig. Allerdings
besteht das Risiko, dass sie
entarten. Damit sich aus dieser Vorstufe erst gar kein Tumor entwickelt, ist es wichtig,
sie so früh wie möglich zu entdecken und zu entfernen.
Welche Methoden der
Früherkennung gibt es?
Prof. Heinemann: Tumoren
im Darm sondern oft etwas
Blut ab, mit bloßem Auge
meist nicht zu sehen. Mit dem
sogenannten
HämoccultTest kann man dieses verborgene Blut in einer Stuhlprobe
nachweisen. Ist der Test positiv, macht man zusätzlich
eine Koloskopie, also eine
Darmspiegelung.
Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?
Prof. Heinemann: Die Krankenkassen erstatten den Hämoccult-Test ab dem 50. Lebensjahr einmal jährlich. Ab
55 übernehmen sie zudem die
Kosten für eine Darmspiegelung, die bei
unaufälligem
Befund nach
zehn Jahren
wiederholt
werden sollte.
Bei erblicher
Vorbelastung
oder bei Patienten
mit
Prof. Heinemann chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen bezahlen die
Kassen die Untersuchung
aufgrund des höheren Risikos
auch schon früher
Welche Therapien gibt es?
Prof. Heinemann: In einer
Operation wird der Tumor
entfernt, zusammen mit einem größeren Stück des
Darms und den angrenzenden Lymphknoten. Sind diese bereits befallen, muss der
Patient zur Chemotherapie.
Liegt der Tumor im unteren
Abschnitt des Darms, wird
zudem schon vor der Operation eine Strahlentherapie
durchgeführt. Daneben gibt
es die Antikörper-Therapie
zusätzlich zur Chemotherapie, wenn der Tumor bereits
Metastasen, also Absiedelungen des Tumors, gebildet hat.
Durch Einsatz dieser modernen Therapien leben die Patienten heute im Schnitt viel
länger.
Helfen auch Misteltherapie oder Spezial-Diäten?
Prof. Heinemann: Die Misteltherapie hat sich in Studien
nicht als eindeutig wirksam
erwiesen. Es gibt auch keine
spezielle Krebsdiät.
Warum kann auch noch
nach Jahren ein neuer Tu-
Darm zum Anfassen: ein begehbares Modell.
Fotos (4): fkn
mor wachsen?
Prof. Heinemann: Haben
sich Tumorzellen im Körper
verbreitet, entwickeln sich
nicht alle zu Metastasen. Einige schlafen, entfalten ihre
bösartigen
Eigenschaften
erst nach einer längeren
krankheitsfreien
Zeit.
Kommt es zu einem Rückfall,
dann meist innerhalb der
ersten drei Jahre. Darum
sind regelmäßige NachsorgeUntersuchungen sehr wichtig. Zudem bedeuten Metastasen, im Gegensatz zu vielen
anderen Krebsarten, nicht
unbedingt das Todesurteil.
Gerade einzelne Lungenoder Lebermetastasen kann
man chirurgisch entfernen.
Schützt gesunde Ernährung?
Prof. Heinemann: Übergewichtige erkranken häufiger
an Darmkrebs. Wir empfehlen daher eine gesunde Ernährung, die reich an Obst,
Gemüse und Ballaststoffen
ist. Rotes und verarbeitetes
Fleisch sollte man dagegen
nicht täglich essen. Sein Risiko kann man aber auch
durch regelmäßige körperliche Aktivität reduzieren.
Rauchen ist dagegen mit einem erhöhten Risiko verbunden.
쮿 Das Interview führte
Andrea Eppner.
Telefonaktion
Darmkrebs
Leserfragen zum Thema
Darmkrebs beantworten Experten heute bei unserer
Merkur-Telefonaktion. Von
14 bis 15.30 Uhr erreichen Sie
Prof. Volker Heinemann, Klinikum
Großhadern
(089/54 37 00 97), PD Dr. Peter Bojko (089/54 37 00 98)
und Dr. Wolfgang Abenhardt
(089/54 37 00 79), beide vom
Medizinischen Versorgungszentrum Elisenhof in München.
Dr. Abenhardt Dr. Bojko
STIMMT
STIMMT NICHT
„Wer abnehmen will, muss
viel trinken“
„Alkoholfreies Bier enthält
keinen Alkohol“
„Wer viel Wasser trinkt, nimmt
schneller ab“, raten viele Diätbücher. Eine Studie der Berliner
Charité und des Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam bestätigt diesen Rat. Nicht
nur der Sättigungseffekt des
Wassers hilft demnach beim
Kalorien-Sparen. Der Körper
braucht auch mehr Energie,
um seine Temperatur konstant
zu halten: Schon 1,5 bis 2 Liter
reichen, um täglich rund 100
Kilokalorien einzusparen, fanden die Forscher heraus. Das
sind bis zu 36 000 Kilokalorien
oder fünf Kilo Fett im Jahr. Am
besten geeignet sei kühles Leitungswasser, so die Wissenschaftler. Denn ein hoher Gehalt
an
Mineralstoffen
schwächt den Effekt ab. 쮿 ae
Während sich die einen in der
Fastenzeit das höherprozentige Starkbier gönnen, üben die
anderen Verzicht – alkoholfreie
Biere sind dazu allerdings wenig geeignet: Denn auch diese
enthalten meist Alkohol. Laut
Gesetz darf Bier mit einem Alkoholgehalt unter 0,5 Prozent
als alkoholfrei deklariert werden. Um seine Gesundheit
muss allerdings niemand
fürchten: Der Alkoholgehalt
dieser Sorten ist so gering, dass
man riesige Mengen trinken
müsste, um sich zu schaden.
Weil Darmbakterien selbst Alkohol produzieren, ist der Körper zudem an geringe Konzentrationen gewöhnt. Aufpassen
sollten aber trockene Alkoholiker: Ein Rückfall droht. 쮿 ae
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