B˛rsen-Zeitung - Bundesverband deutscher Banken

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B˛rsen-Zeitung
Zeitung fˇr die Finanzmärkte
Ausgabe
191 vom 07.10.2015, Seite B22
Verlagsbeilage: Bankenstandort Dˇsseldorf
Vorteile der Filial- und der Online-Welt
verbinden und intelligent verzahnen
Nordrhein-Westfalen und die ,,Bankenhauptstadt‘‘ Dˇsseldorf vor Herausforderungen
Von Martin Renker
Vorsitzender Bankenverband Nordrhein-Westfalen, und Vorsitzender
der Regionalen Geschäftsleitung
West Deutsche Bank, Dˇsseldorf
D
ie Zukunft regionaler Bankplätze ist in den vergangenen
Jahrzehnten immer wieder kritisch
hinterfragt worden. Dabei ging es
um die Frage, ob Standorte wie Dˇsseldorf im Wettbewerb mit der Finanzmetropole Frankfurt ˇberhaupt
eine Zukunftschance hätten. Längst
jedoch haben Dˇsseldorf und andere
regionale Plätze eindrucksvoll unter
Beweis gestellt, dass sie sehr wohl
eine wichtige Stellung einnehmen.
Dazu hat – so paradox dies klingen
mag – auch die Banken- und Finanzkrise beigetragen. Diese hat den traditionellen Kern des Bankgeschäfts,
der vielleicht bei manchen Anbietern in den Hintergrund getreten
war, wieder deutlich gemacht: die
Ausrichtung des Geschäftsmodells
auf Kunden in der sogenannten
Realwirtschaft. Das bedeutet nicht,
dass die Rˇckbesinnung auf das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft
das allein erfolgversprechende Geschäftsmodell wäre. Die Kreditinstitute mˇssen vielmehr den sich stetig
wandelnden Wˇnschen ihrer Kunden Rechnung tragen.
Was bedeutet dies im Detail? Im Geschäft mit Unternehmen umfasst die
von den Kunden geforderte Produktpalette heute wesentlich mehr als
Standardl˛sungen im Kreditgeschäft
oder im Zahlungsverkehr. Zur Finanzierung realwirtschaftlicher Investitionen geh˛rt heute zum Beispiel
die Absicherung von Zins-, Währungs- und Rohstoffpreisrisiken. Sie
kann Konsortialfinanzierungen, Anleihen,
Commercial-Paper-Programme oder Schuldscheindarlehen
einbeziehen. Diese strukturierten Finanzierungen sind mehr als eine
Beigabe. Oft entscheidet genau die
Fähigkeit, m˛glichst viele unterschiedliche Finanzierungsalternativen parat zu haben, darˇber, ob eine
Bank den Zuschlag erhält oder nicht.
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Anspruchsvoll sind auch die Wˇnsche der Privatkunden. Sie fordern
mehr als Bankeinlagen und Bausparverträge. In ein modernes Anlageportfolio geh˛ren gerade in Zeiten
niedriger Zinsen auch Aktien beziehungsweise Fonds, da diese langfristig h˛here Erträge erm˛glichen und
damit ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge sind. Natˇrlich
ist gerade angesichts der neu durchlebten Schwankungen der Märkte
eine diversifizierte Anlage unumgänglich.
Deutschland hat auf dem Feld der
Kapitalmarktprodukte fˇr Privatkunden noch deutlichen Nachholbedarf. Verbraucherpolitische Regulierungen nach dem Ausbruch der Finanzmarktkrise, aber auch zunehmende Rechtsrisiken haben das Angebot an entsprechenden Produkten
fˇr die Kreditinstitute erschwert.
Diese wachsenden Anforderungen
der Privat- und Firmenkunden zeigen bereits, warum Nordrhein-Westfalen (NRW) mit Dˇsseldorf fˇr die
privaten Banken einen so hohen
Stellenwert hat. Denn unsere Wirtschaft mit ihrer Mischung aus leistungsfähigen
Großunternehmen
und vielen mittleren und kleineren
Firmen unterschiedlicher Branchen
– darunter viele ,,Hidden Champions‘‘ – bietet hervorragende M˛glichkeiten fˇr Geschäftsbeziehungen
aller Art. So ist NRW wegen seiner
hohen Bev˛lkerungsdichte ein hervorragender Standort sowohl fˇr
das breite Privatkundengeschäft als
auch fˇr das Geschäft mit verm˛genden Privatkunden und institutionellen Kunden.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum
ˇberraschend, dass unser Bundesland ˇber eine bedeutende Bankenlandschaft verfˇgt: Ende 2014 hatten an Rhein und Ruhr mehr als
330 Institute ihren Sitz. Hinzu kommen viele Niederlassungen von Häusern, deren Hauptsitz außerhalb
Nordrhein-Westfalens liegt. Insgesamt sind im bev˛lkerungsreichsten
Bundesland 136 000 Menschen in
Kreditinstituten beschäftigt. Zu den
vertretenen Instituten geh˛ren private Groß- und Regionalbanken, Privatbankiers, Spezial- und Auslandsbanken ebenso wie genossenschaftliche Institute, Sparkassen und Landesbanken. Abgerundet wird dieses
umfassende Angebot durch die
zweitgr˛ßte F˛rderbank Deutschlands, die NRW.Bank, sowie die
Bˇrgschaftsbank Nordrhein-Westfalen und die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen. An
den letztgenannten Instituten halten
die privaten Banken eine Beteiligung
– auch dies unterstreicht ihr Engagement fˇr die mittelständische Wirtschaft hierzulande.
Dass Nordrhein-Westfalen fˇr die
privaten Banken ein bedeutender
Standort ist, steht fest. Die beiden
Großbanken Deutsche Bank und
Commerzbank mit ihrem Stammsitz
in Frankfurt sind gemessen an der
Zahl der Beschäftigten die gr˛ßten
Kreditinstitute. Der untere Teil der
Tabelle zeigt weiterhin, dass unser
Bundesland der Sitz von privaten
Banken mit einer Bedeutung ist, die
weit ˇber NRW hinausreicht.
Gemessen am Kreditvolumen haben
die privaten Banken hier einen
Marktanteil von 27 %, bei den Einlagen sind es 32 % (jeweils Ende
2014). In einer Untersuchung unseres Bundesverbandes ˇber die Bedeutung der privaten Banken fˇr
die Volkswirtschaft aus dem Jahr
2013 wurde die fˇhrende Stellung
unserer Institute in wichtigen Teilmärkten deutlich. Auch wenn sich
die Angaben auf den deutschen
Markt insgesamt beziehen, so lassen
sie sich auf Nordrhein-Westfalen
ˇbertragen:
j
Mehr als 80 % der Exporte nordrhein-westfälischer Unternehmen
werden ˇber private Banken finanziert.
j
Private Banken haben den gr˛ßten Marktanteil bei der Exportfi-
nanzierung der am stärksten exportorientierten Industrien und
der Industrien mit dem h˛chsten
Exportwachstum.
j
Im Privatkundengeschäft sind sie
Marktfˇhrer bei Wertpapieranlagen und bei Ratenkrediten.
Veränderungen sind ein ständiger
Prozess in der Bankenlandschaft –
auch in Nordrhein-Westfalen. Da
gibt es den intensiven Wettbewerb,
die immens gestiegenen regulatorischen Anforderungen und natˇrlich
das Niedrigzinsumfeld. Zunehmend
rˇckt die Frage nach den Konsequenzen der Digitalisierung in den
Blick. Tatsächlich wandelt sich unsere Welt tiefgreifend. Die Digitalisierung des Bankgeschäftes und anderer Industrien birgt sowohl fˇr die
Privat- und Firmenkunden als auch
fˇr die Banken selbst viele Chancen.
Dies sollte alle Beteiligten ermutigen.
Wirkte sich der bisherige informationstechnische Fortschritt in einem
Wandel der Vertriebsstrukturen und
dem Aufkommen von Direktbanken
als neuen Wettbewerbern aus, so
bringt der neue Technologieschub
durch Digitalisierung die M˛glichkeit, dass Internet-Unternehmen
Aufgaben innerhalb der Wertsch˛p-
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fungskette von Banken ˇbernehmen. Dies wird bei vielen Kreditinstituten zweifellos zu Änderungen
im Geschäftsmodell und zu Anpassungen fˇhren.
Auch bei der Finanzierung der Industrie 4.0 mˇssen sich Banken und ihre Firmenkunden auf neue Anforderungen einstellen. Zentral sind unter
anderem die zunehmende
Bedeutung von Kooperationen entlang der Wertsch˛pfungskette, ein
geänderter Investitionsbegriff und
lange Projektlaufzeiten. Fˇr die Finanzierung bedeutet dies die Einbeziehung mehrerer Partner, eine stärkere Einbeziehung ,,weicher‘‘ Kosten
in den Investitionsbegriff und L˛sungen fˇr einen längeren Zeitraum
mit einem fortwährenden Finanzierungsbedarf. Nicht zuletzt geh˛rt
dazu eine F˛rderpolitik, die diesen
geänderten Bedingungen Rechnung
trägt.
Entgegen manch anders lautenden
Meinungen von Unternehmensberatern und einiger Medien haben Kreditinstitute gute Chancen, diesen
Umbruch erfolgreich zu gestalten –
wenn sie ihre Chancen nutzen. Diese
liegen in ihrem umfassenden Produktangebot, der Diskretion und
dem Datenschutz, der Sicherheit, ih-
rer seit langem bewährten Intermediärfunktion und ihrer großen Kundenbasis. Die Konturen der Bankenlandschaft werden sich aber wandeln – und damit auch das Gesicht
der Finanzplätze. Fˇr mich steht
fest: Die Digitalisierung ist fˇr die
Banken eine große Chance und
bringt fˇr den Bankkunden einen
Zugewinn an Sicherheit und Komfort. Es geht darum, ˇberall dort präsent zu sein, wo sich die Kunden informieren und ihre Entscheidungen
fällen.
Die Privat- und Firmenkunden treffen ihre Wahl bewusst fˇr jene Banken, die ihnen ˇber alle Kanäle hinweg das volle Angebot bieten. Dazu
geh˛rt auch in Zukunft eine pers˛nliche, gute und individuelle Beratung, etwa bei Altersvorsorge, Verm˛gensaufbau und Zahlungsverkehr. Die Digitalisierung wird weder
in der Unternehmensfinanzierung
noch im Privatkundengeschäft die
Relevanz des pers˛nlichen Kontakts
vollständig aufheben. Gewinner
werden am Ende jene Banken sein,
die es schaffen, die Vorteile der Filialwelt mit den Vorteilen der Online-Welt zum Wohle der Kunden zu
verbinden und intelligent zu verzahnen – auch in Nordrhein-Westfalen.
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