- Verein Kinderwunsch

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Juli 2005/1
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Kinderwunsch
Zukunftsorientiertes eigenes
Modell für die Kassenpflicht der
modernen Fortpflanzungsmedizin
unterstützte Fortpflanzungsmedizin offene Türen eingerannt. Sowohl dem Bundesamt für Gesundheit als auch den Fachärzten ist längst klar, dass gemäss dem
Krankenversicherungsgesetz (KVG) die Be-
Das ewig lange Warten auf die Kassenpflicht für die moderne Fort-
dingungen für die Kassenpflicht der In-
pflanzungsmedizin soll nun endlich ein Ende haben. Der Verein Kinder-
vitro-Fertilisation (IVF) schon längst erfüllt
wunsch hat ein eigenes, zukunftsorientiertes und ausgewogenes
sind. Niemand zweifelt ernsthaft mehr an
Modell für die Vergütung der Fortpflanzungsmedizin ausgearbeitet,
der Erfüllung der Voraussetzungen des
das nebst Mehrkosten auch beachtliche Einsparungen bringen soll.
KVG für die Kassenpflicht der IVF (Arti-
Auf der Basis dieser Zielvorgabe wird nun nach einer Vernehmlassung
kel 32): «Die Leistungen müssen wirksam,
bei den IVF-Zentren und den Fachgesellschaften der Fortpflanzungs-
zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die
mediziner eine eigene Eingabe des Vereins Kinderwunsch an das
Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen
Bundesamt für Sozialversicherung vorbereitet.
Methoden nachgewiesen sein.» Täglich
kommen in der Schweiz dank der unter-
«Enttäuscht und vor allem traurig für die
guter Erfolgschancen – auf die Erfüllung
stützten Fortpflanzungsmedizin zwei Babys
betroffenen Paare, die sich nur aus finan-
des Kinderwunsches verzichten müssen.
zur Welt. Die IVF-Erfolgsquoten liegen bei
ziellen Gründen den Kinderwunsch nicht
Doch woran liegt es, dass es nicht wirk-
den guten Kinderwunsch-Zentren über der
erfüllen konnten, mussten wir zur Kenntnis
lich vorwärts geht mit der Kassenpflicht?
«natürlichen» Fruchtbarkeit der Mutter
nehmen, dass wir bei der Kassenpflicht für
Conrad Engler, Sekretär des Vereins Kinder-
Natur. Die letzte Beurteilung mit einer ab-
die moderne Fortpflanzungsmedizin in
wunsch, hat sich an vorderster Front en-
lehnenden Stellungnahme zur Kassen-
den letzten Jahren zwar viel bewegt haben,
gagiert: «Der Leidensdruck liegt einseitig
pflicht für IVF basiert auf längst überhol-
den Durchbruch aber nicht geschafft ha-
nur bei den betroffenen Paaren, während
ten und veralteten Studien. Traurig, aber
ben,» stellt Ursula Tamburlini als Präsiden-
die privaten und öffentlichen Kinderwunsch-
wahr: Das Eidgenössische Versicherungsge-
tin des Vereins Kinderwunsch fest. Und
Zentren und auch die Industrie mit dem
richt stellt immer noch auf diese alten
für Brigitte Eichenberger, Betreuerin des
Status quo eigentlich recht bequem und
Studien und die damaligen Entscheide ab
Beratungsdienstes Infoline Kinderwunsch,
gut leben können. Die Angst vor Verän-
und schmettert Beschwerden von betroffe-
ist klar: «Nebst den enormen physischen
derungen ist grösser als der Wille zur
nen Kinderwunsch-Paaren kategorisch aus
und psychischen Belastungen, die Sterilitäts-
Nutzung der vielen Chancen.» Verständ-
formalen Gründen ab, ohne sich um die
abklärungen und -behandlungen mit sich
licherweise steigen die Krankenkassen, die
neusten Entwicklungen zu kümmern. Ganz
bringen, sind für viele betroffene Paare
später zahlen müssen, mit angezogener
anders gehen in den jüngsten Entschei-
die finanziellen Probleme enorm gross.»
Handbremse in die Diskussion und freu-
den die Steuergerichte vor, die wie in ei-
Es gibt immer wieder Fälle, in denen Paa-
en sich über jede Verzögerung einer Leis-
nem Baselbieter Modellfall den Abzug der
re aus rein finanziellen Gründen – trotz
tungspflicht, die sie gemäss Gesetz eigent-
nicht kassenpflichtigen Leistungen für eine
lich erbringen müssten.
IVF-Behandlung als korrekt beurteilt haben
IMPRESSUM
Verein Kinderwunsch
Postfach 251
CH-8027 Zürich
Infoline 0848 86 86 80
www.kinderwunsch.ch
[email protected]
(siehe Artikel auf Seite 4).
Offene Türen beim Bund
Beim zuständigen Bundesamt für Sozial-
Leidensdruck nur bei Betroffenen
versicherungen ist der Verein Kinderwunsch
Die Vorstellungen unter den Kinderwunsch-
mit dem Anliegen Kassenpflicht für die
Zentren über die Ausgestaltung der Kas-
2
senpflicht liegen leider zum Teil weit aus-
im Schlussbericht aus dem Jahr 2004 nach-
einander. Die privaten und die öffentli-
zulesen: «Die Kosten für diese IVF-Behand-
chen IVF-Zentren ziehen nicht am glei-
lung werden von der sozialen Grundversi-
chen Strick, während die universitären
cherung nicht übernommen. Zu Unrecht –
Zentren wegen ihrer Rolle in Ausbildung
findet eine Mehrheit von Personen, die
und Forschung noch eine besondere Stel-
am Publifocus zur IVF teilgenommen haben.
lung einnehmen, respektive eine Sonder-
Ihrer Ansicht nach ist Unfruchtbarkeit ei-
Der Vorstand des Vereins Kinder-
behandlung wünschen. Es ist schwierig,
ne Krankheit und müsste entsprechend in
wunsch hat eingehend über die
eine Einigung zu erzielen, wenn an der
den Grundleistungskatalog der Krankenkas-
Rahmenbedingungen und die
«Front» um kinderlose Paare und ihre
sen aufgenommen werden. Andernfalls dro-
Beschränkungen für die Kassen-
Gunst «gekämpft» wird und hinter den
he eine 2-Klassen-Medizin, weil sich nur ver-
pflicht beraten und folgende
Kulissen um Tarife und Preise gefeilscht
mögensstarke Paare die IVF-Behandlung
Zielvorgaben als Diskussions-
werden muss. Der Status quo ist zu be-
überhaupt leisten können.» Die klare Aus-
basis und Dialogangebot verab-
quem als dass sich bei den Kinderwunsch-
sage gab den Befürwortern der Kassen-
schiedet:
Zentren etwas bewegt. Auch die Industrie
pflicht für die moderne Fortpflanzungsme-
■ Betroffene Paare mit unerfülltem Kin-
ist hin- und hergerissen zwischen den
dizin Rückenwind und sorgte auch im zu-
derwunsch lassen sich so rasch als mög-
privaten und öffentlichen Zentren und
ständigen Bundesamt für Sozialversiche-
lich bei ausgewiesenen Fachleuten oder
mag sich nicht exponieren, wenn es um
rung für eine positive Grundstimmung.
in Zentren für moderne Fortpflanzungsmedi-
die Kassenpflicht geht. Zu unterschiedlich
Der Verein Kinderwunsch hat nun eigene
zin richtig untersuchen und behandeln.
sind auch die Interessen der involvierten
Vorstellungen entwickelt mit einem Modell
■ Einsparungen bei heute kassenpflichti-
Pharmaunternehmen, die auch nicht alle
und klaren Zielvorgaben für die Kassen-
an einem Strick ziehen. Mit der heutigen
pflicht. Das Motto heisst «Geben und Neh-
Situation leben eigentlich alle mehr oder
men»: Es sollen auch Einsparungen erzielt
weniger gut, obwohl sie unhaltbar ist
und nicht nur Mehrkosten verursacht wer-
und nicht KVG-konform ist, ausser die
den. Generell wird ein mehrheitsfähiges
betroffenen Kinderwunsch-Paare.
Modell angestrebt, das auch politisch tragfähig ist, vor allem durch die Beschränkung
Zielvorgaben
für die
Kassenpflicht
gen, aber unnötigen, teilweise kontraproduktiven Sterilitätsbehandlungen bei GynäkologInnen ohne Spezialausbildung und qualitativ schlechten Kinderwunsch-Zentren.
■ Zur Kassenpflicht aller Sterilitätsbehandlungen sind nur noch ÄrztInnen zugelassen mit einem anerkannten Fähigkeits-
Schon viel bewegt...
der Kassenpflicht unter anderem beim Al-
Vier Jahre ist’s her, seit die erste General-
ter und der Anzahl Kinder sowie dem
versammlung des Vereins Kinderwunsch
Wegfall von unnötigen oder kontrapro-
im Jahr 2001 eine Resolution für die Kassen-
duktiven Leistungen.
pflicht der modernen Fortpflanzungsme-
Der Vorstand des Vereins Kinderwunsch
dizin verabschiedet hat. Die damalige «Fa-
hat auch klare Vorstellungen entwickelt
milien- und Gesundheitsministerin» Ruth
über das weitere Vorgehen. In einem ersten
Dreifuss reagierte auf das Schreiben und
Schritt werden die Fachgesellschaften der
■ Wegfall jahrelanger Abklärungen und
die Resolution des Vereins Kinderwunsch
Reproduktionsmediziner um eine Stellung-
Behandlungen der Sterilität bei allgemein
und beauftragte das Zentrum für Technolo-
nahme gebeten sowie die Kinderwunsch-
praktizierenden Gynäkologen ohne die
giefolgen-Abschätzung TA-SWISS mit der
Zentren, die im IVF-Guide empfohlen wer-
dafür nötigen Fachkenntnisse.
Durchführung einem Publifocus-Mitwir-
den. Aufgrund des Feedbacks soll dann
■ Keine Anreize mehr für Gynäkologen,
kungsverfahren zum Thema In-vitro-Fertili-
eine Eingabe erarbeitet werden an das zu-
ohne Spezialausbildung einen Zusatzver-
sation. Laien und Betroffene sollten sich
ständige Bundesamt für Sozialversicherung,
dienst zu generieren bei der Direktabga-
einerseits zur Kassenpflicht für die IVF
unter Einbezug des Advisory Boards des
be von Medikamenten und Hormonpräpa-
und zur Präimplantationsdiagnostik äus-
Vereins Kinderwunsch für die medizinisch-
raten (Kantone mit Selbstdispensation).
sern. Die Kernaussage ist überraschend klar
wissenschaftlichen Bereiche.
ausweis oder der FMH-Zusatzausbildung
Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Inseminationen und IVF/ICSI werden
CE
nur vergütet, wenn sie von Fachpersonen
mit FMH-Titel Reproduktionsmedizin vorgenommen werden.
■ Reduktion der Zyklen mit Einsatz von
Clomifen auf maximal drei bis sechs kassenpflichtige Zyklen.
■ Reduktion der Zyklen mit Insemination
auf maximal drei bis sechs kassenpflichtige Inseminationen.
■ Reduktion der Mehrlingsschwangerschaften bei der Hormonbehandlung mit
gezielter Überwachung der Anzahl reifender Eizellen bei natürlicher Zeugung
Der lange
Leidensweg,
obwohl die
Voraussetzungen
für die
Kassenpflicht
längst erfüllt sind
geführten Abstimmungskampf wurde
die «Volksinitiative für menschenwürdige Fortpflanzung» wuchtig mit 72 Prozent Neinstimmen am 12. März 2000
abgelehnt und endete mit einer grossen
Niederlage der fundamentalen Gegner
der modernen Fortpflanzungsmedizin.
■ Das Fortpflanzungsmedizingesetz
wurde nach der Abfuhr der Volksinitiative für ein IVF-Verbot auf den 1. Januar
2001 in Kraft gesetzt.
■ Während der Auseinandersetzung um
in Utero durch Beschränkung der Kassenpflicht auf Ärztinnen und Ärzte mit
■ Drohendes IVF-Verbot: Aus Angst
die IVF-Verbots-Initiative und das Fort-
Fähigkeitsausweis.
und Respekt vor dem«Damoklesschwert»
pflanzungsmedizingesetz verstaubte das
■ Reduktion der Mehrlingsschwanger-
der Volksinitiative «für eine menschen-
Begehren um die Kassenpflicht in den
schaften bei IVF/ICSI durch ein neues
würdige Fortpflanzungsmedizin» mit ei-
Schubladen des zuständigen Bundes-
Vergütungsmodell gemäss belgischem
nem radikalen Verbot der In-vitro-Fertili-
amtes für Sozialversicherung (BSV).
Vorbild durch Verknüpfung der Kassen-
sation war die ganze Diskussion um die
■ Ein neuer Anlauf sorgte erneut für Hoff-
pflicht mit der Reduktion der Mehrlings-
Kassenpflicht und patientenfreundliche
nung. Die Eidgenössische Leistungskom-
schwangerschaften mit vorgeschriebe-
Lösungen blockiert. Das im Januar 1994
mission des BSV befürwortete im Jahr
ner, altersabhängiger Anzahl der einzu-
eingereichte Volksbegehren eines ultra-
2000 in einem Grundsatzentscheid die
setzenden Embryonen, abgestuft nach
konservativen Komitees verlangte ein
Kassenpflicht für IVF/ICSI. Das Departement
der Anzahl der Zyklen.
radikales Verbot der Zeugung ausserhalb
des Innern schloss sich dieser Beurteilung
■ Vergütung aller von der Swissmedic
des Körpers der Frau, wollte also die In-
an, der Antrag von Bundesrätin Dreifuss
zugelassenen Medikamente (urinäre und
vitro-Fertilisation für unzulässig erklären,
scheiterte jedoch im Gesamtbundesrat.
rekombinante Produkte) und Applikations-
so der Initiativtext.
■ Resolution: Nach diesem Rückschlag
formen (Sticks).
■ Restriktives Fortpflanzungsmedi-
griff der frisch gegründete Verein Kin-
■ Beschränkung der Kassenpflicht IVF/ICSI
zingesetz: Als indirekter Gegenvor-
derwunsch in die Diskussion ein. An der
durch Alterslimite von 40 Jahren bei der
schlag wurde ein neues Fortpflanzungs-
ersten Generalversammlung verabschie-
Frau für Beginn der Behandlung und ei-
medizingesetz ausgearbeitet, das vom
dete der Verein eine Resolution und for-
ner Limite von 42 Jahren für den Abschluss.
Parlament Mitte Dezember 1998 in der
derte die Kassenpflicht für die Un-
■ Beschränkung der Kassenpflicht IVF/ICSI
Schlussabstimmung verabschiedet wur-
fruchtbarkeitsbehandlung mit den mo-
und Inseminationen durch Alterslimite
de. Die damals noch hängige IVF-Verbots-
dernen Methoden der Fortpflanzungs-
von maximal 45 Jahren beim Mann.
Initiative sorgte für ein politisches Klima,
medizin. Bundesrätin Dreifuss wurde
■ Kassenpflicht für alle anerkannten
in dem restriktive Lösungen Mehrheiten
aufgerufen, die Sterilität als Krankheit
Sterilitätsabklärungen und -behandlun-
fanden. Unter anderem enthält das Ge-
anzuerkennen und damit in der Schweiz
gen durch ÄrztInnen mit FMH-Titel.
setz ein Verbot der Eispende und ver-
nachzuvollziehen, was die Weltgesund-
■ Vergütung von 4 Zyklen IVF/ICSI für
bietet auch die Präimplantationsdia-
heitsorganisation WHO längst getan
ein erstes und zweites Kind.
gnostik. Nach der Verabschiedung des
hat. Mit der Zulassung der modernen
■ Vergütung in den staatlichen/kantona-
Fortpflanzungsmedizingesetzes war der
Fortpflanzungsmedizin zur Kassenpflicht
len, universitären und in den privaten
Weg frei für die Abstimmung über die
könne der stossenden Zweiklassen-Medi-
Kinderwunsch-Zentren, die Mitglied der
Volksinitiative.
zin in diesem Therapiebereich ein Riegel
Fivnat sind.
■ Wuchtige Ablehung der IVF-Ver-
geschoben werden. Das Hinauszögern
bots-Initiative: Nach einem emotional
des längst fälligen Entscheids für die
3
Kassenpflicht steht in krassem Wider-
Dreifuss, IVF und ICSI der Kassenpflicht
Sterilitätsbehandlungen
und IVF sind abzugsfähige Krankheitskosten
zu erstellen.
Das Steuergericht Baselland hat einen wegweisenden Entscheid
■ Als Reaktion auf diesen Brief beauf-
gefällt für einen Steuerabzug von Krankheitskosten für eine medi-
tragte Ruth Dreifuss das Bundesamt für
zinisch indizierte In-vitro-Fertilisation. St. Gallen hat auch so ent-
Gesundheit und das Bundesamt für
schieden – doch die Betroffenen und die Steuerbehörden wissen
Sozialversicherung, eine Technologiefol-
nichts oder kaum davon.
spruch zu den Zielen des Krankenversicherungsgesetzes.
■ Nach der einstimmigen Verabschiedung
der Resolution verlangte der Verein Kinderwunsch in einem Brief an Bundesrätin
geabschätzung mit Publifocus zum The-
4
ma Kassenpflicht zu organisieren.
Ohne grosses Aufsehen hat das Steuer-
Rechtsprechung gilt die Sterilität daher als
■ Das Resultat des von TA Swiss, Schwei-
gericht Baselland mit dem Entscheid Nr.
Krankheit, die zu Pflichtleistungen der Kran-
zer Zentrum für Technologiefolgeab-
12/2003 vom 7.3.2003 einen Meilenstein
kenkasse Anlass gibt. (...) Es besteht kei-
schätzung, durchgeführten Publifocus:
gesetzt mit Signalwirkung. Im Entscheid
ne Veranlassung, den Krankheitsbegriff
Laien und Betroffene sprachen sich
und der Begründung wird auch klarge-
im Steuerrecht ohne sachlichen Grund
mehrheitlich für Kassenpflicht und
stellt, dass es sich bei der Sterilität und
anders als im Sinn des Krankenversiche-
Präimplantationsdiagnostik bei schwe-
deren Behandlung um eine Krankheit
rungsrecht zu definieren.»
ren Erbleiden aus. Ihrer Ansicht nach ist
handelt im Sinne des Krankenversicherungs-
Für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit
Unfruchtbarkeit eine Krankheit und
gesetzes. Im Kanton St. Gallen hat die Ver-
von Kosten im Zusammenhang mit einer
müsste entsprechend in den Grundleis-
waltungsrekurskommission mit dem Ent-
IVF-Behandlung ist laut dem Urteil des
tungskatalog der Krankenkassen aufge-
scheid vom 26.02.2004 ebenfalls entschie-
Steuergerichts Baselland aus steuerrecht-
nommen werden. Andernfalls drohe
den, dass die Auslagen für die Behand-
licher Sicht nicht massgebend, ob die
eine Zwei-Klassen-Medizin, weil sich
lung der Unfruchtbarkeit durch In-vitro-
angewandte Behandlung den Anforde-
nur vermögensstarke Paare die IVF-
Fertilisation mit Embryotransfer als Krank-
rungen für die Kassenpflicht gemäss
Behandlung überhaupt leisten können.
heitskosten abzugsberechtigt sind.
Krankenversicherungesetz (KVG) ent-
■ Das BAG und das BSV nahmen Kontakt
Damit herrscht mindestens in zwei Kanto-
spricht: «Massgebend ist einzig, ob eine
auf mit den Interessengruppierungen
nen Klarheit, dass solange die Kranken-
legale, ärztliche Behandlung medizinisch
im Bereich Fortpflanzungsmedizin und
kassen die Kosten für IVF und ICSI nicht
indiziert ist und zur Beseitigung oder Lin-
regten ein Mediationsverfahren für einen
bezahlen die Betroffenen diese Beträge
derung des Krankheitszustands bzw. zu
Konsens über die Kassenpflicht an.
in der Steuererklärung abziehen können.
dessen Überwindung führt. Die IVF ist
■ In einem ersten Anlauf scheiterte das
Im Kontakt mit vielen Patientinnen haben
ein im Rahmen des Bundesgesetzes über
Vorhaben dann jedoch an den zu unter-
wir aber erfahren, dass viele Betroffe-
die medizinisch unterstützte Fortpflan-
schiedlichen Interessen der privaten und
ne dies nicht wissen und – noch schlim-
zung erlaubtes Fortpflanzungsverfahren.»
öffentlichen Kinderwunsch-Zentren.
mer – dass auch viele Veranlagungsbe-
Damit sei klar, dass es sich um abzugs-
■ Darauf hin schlug der Verein Kinder-
hörden keine Ahnung haben.
fähige Krankheitskosten handle.
wunsch eine komplette Neugestaltung
Das Steuergericht Baselland stellt in den
Die St. Galler Verwaltungsrekurskommis-
der Kassenpflicht für die Sterilitätsbe-
Erwägungen fest: «Das Eidgenössische
sion kam rund ein Jahr später zur glei-
handlung mit Einsparungen und Mehraus-
Versicherungsgericht erwog, dass der Steri-
chen Beurteilung: «Es gibt medizinisch
gaben vor als Diskussionsbasis für die
lität in der Regel Störungen zugrunde lie-
anerkannte Massnahmen, mit denen die
Entwicklung einer zukunftsgerichteten
gen, die durch pathologische Vorgänge
ansonsten nicht stattfindende natürliche
und patientenfreundlichen Lösung.
verursacht worden sind. Nach ständiger
Befruchtung gezielt begünstigt oder künst-
lich vorgenommen werden kann. Die Aufwendungen dafür stehen mit der Erkrankung in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang. Ob es letztlich tatsächlich zu einer Schwangerschaft und
Präimplantationsdiagnostik
erlauben und regeln
Geburt eines Kindes kommt, spielt dabei
Embryonen sollen künftig auf Krankheiten untersucht werden dür-
keine Rolle. Es rechtfertigt sich daher, so-
fen, bevor sie bei der künstlichen Befruchtung einer Mutter einge-
wohl die künstliche Insemination als auch
setzt werden. Der Nationalrat hat in der Sommersession mit deutli-
die IVF unter die Massnahmen zur Wieder-
chem Mehr eine Motion gutgeheissen, die vom Bundesrat eine
herstellung der Gesundheit zu subsumie-
Aufhebung des geltenden Verbots der Präimplantationsdiagnostik
ren und die Kosten dafür gemäss Steuer-
(PID) und eine strenge Regelung verlangt.
gesetz (Art. 46 lit. a) grundsätzlich zum
Abzug zuzulassen.» Das St. Galler Paar
Die Präimplantationsdiagnostik erlaubt
sagte Christine Egerszegi (FDP, Aargau).
konnte demnach die Kosten für zwei
es, bei durch In-vitro-Fertilisation erzeug-
Missbräuche müssten durch klare Leitplan-
IVF-Behandlungen vom steuerbaren Ein-
ten Embryonen im Acht- oder 16-Zell-Sta-
ken verhindert werden. Mehrmals erwähnt
kommen abziehen. Der Staat übernahm
dium eine Zelle herauszulösen und diese
wurde auch die positive Stellungnahme
die Verfahrenskosten und erstattete den
hinsichtlich ihrer genetischen Eigenschaften
der Nationalen Ethikkommission zur PID.
Kostenvorschuss für das Verfahren zurück.
zu untersuchen, wie Kommissionsspre-
Auch Bundesrat Pascal Couchepin stellte
cher Johannes Randegger (FDP, Basel-
sich hinter eine Aufhebung.
Stadt) erklärte. Mit dem Verbot der PID
Die Gegner kritisierten, das Verbot sei bei
stehe die Schweiz in Europa und auch
der Abstimmung im Jahr 2000 ein ent-
weltweit isoliert da, zusammen mit Deutsch-
scheidendes Argument gegen die restrik-
land und Italien. In elf europäischen Län-
tive Volksinitiative «für eine menschen-
dern werde die PID zugelassen, und welt-
würdige Fortpflanzung» gewesen. Nur
weit seien Tausende von Kindern nach PID
knapp vier Jahre nach der Inkraftsetzung
gesund geboren worden.
des Gesetzes solle das Ganze schon wie-
Steuerabzug vornehmen
und sich wehren
Für betroffene Paare gilt: Ziehen sie die
Behandlungskosten in der Steuererklärung ab. Weisen Sie im Falle von Problemen die Steuerbehörden auf die Entscheide in den Kantonen St. Gallen und Baselland hin. Der behandelnde Arzt kann zu
der geändert werden, obwohl es keine
Handen der Steuerbehörde summarisch
festhalten, dass es sich um eine krankheitsbedingte IVF-Behandlung handelte.
Wenn die Steuerbehörde nicht einsichtig
ist, wehren sie sich dagegen. Wenden
Sie sich für juristische Beratung an die lokalen Patientenstellen, welche die kantonalen Bestimmungen kennen sollten. Der
Verein Kinderwunsch hat für den Kanton
Baselland, wo die rechtliche Situation klar
ist, ein Musterschreiben erarbeitet in
Zusammenarbeit mit den IVF-Zentren im
Einzugsgebiet.
Bis die Kassenpflicht für IVF kommt,
haben die betroffenen Paare wenigstens
durch den Steuerabzug nicht noch eine
«Bestrafung», sondern eine Linderung.
Unlogische Gesetzgebung
grundlegend neue Situation gebe.
Die heutige Gesetzgebung sei unlogisch,
Die PID sei ein Einfallstor für eugenische
sagte Felix Gutzwiller (FDP, Zürich), der die
Überlegungen, sagte Brigitte Häberli-
Forderung nach einer Aufhebung des Ver-
Koller (CVP, Thurgau). Mit der Aufhe-
bots eingebracht hatte. Es sei nämlich
bung würde Tür und Tor für Missbräuche
nicht einsichtig, warum die Pränataldia-
geöffnet. Es gebe kein Recht auf ein ge-
gnostik in der zwölften Schwangerschafts-
sundes Kind, und auf ein massgeschnei-
woche zulässig sein solle, die Präimplan-
dertes Kind schon gar nicht. Damit wür-
tationsdiagnostik am Embryo in vitro aber
de menschliches Leben unter Vorbehalt
nicht.
erzeugt und einer vorsätzlichen Qualitäts-
In der Nationalratsdebatte verlief der Gra-
kontrolle unterzogen, doppelte Hans
ben zwischen Befürwortern und Gegnern
Widmer (SP, Luzern) nach. Alexander
quer durch die Parteien. Hinter die Aufhe-
Baumann (SVP, Thurgau) befürchtet, dass
bung des Verbots stellten sich die FDP,
«zum ersten Mal seit braunen Zeiten»
eine Mehrheit der SVP sowie Minderhei-
zwischen lebenswertem und -unwertem
ten der SP und der Grünen. Es gehe nicht
Leben unterschieden werde. Die Hemm-
darum, die Tür zur Eugenik zu öffnen,
schwelle für eine Selektion dürfe nicht
5
Die PID sei eine Ohrfeige für alle Behinderten, hiess es bei der EDU/EVP-Fraktion.
Streng regeln, Missbräuche verhindern
Ethikkommission für
Präimplantationsdiagnostik
Aber auch Befürworter argumentierten
Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK hat
mit der Menschenwürde. «Man sollte an
sich in einem offenen Brief an das Parlament klar und unmissver-
die Kinder denken», sagte Anne-Catherine
ständlich für die Aufhebung des Verbots der Präimplantationsdia-
Menétrey-Savary (Grüne/VD). Auch sie
gnostik ausgesprochen.
hätten Anrecht auf ein schönes Leben.
6
Und Luc Recordon (Grüne/VD) ergänzte,
Eine Woche vor dem Entscheid des Natio-
wäre. Gewichtige Gründe für die Zulas-
Eltern müssten alles tun, damit ihre Kin-
nalrates über die Motion der zuständigen
sung der PID liegen aber auch vor, wenn
der gute Chancen im Leben hätten –
Nationalratskommission für eine Rege-
im Falle einer Sterilitätsbehandlung eine
dazu könne auch PID gehören.
lung der Präimplantationsdiagnostik (PID)
In-Vitro-Befruchtung vorgenommen
Für alle war klar, dass eine Bewilligung
veröffentlichte die Nationale Ethikkom-
wird, insbesondere wenn wegen des
klare Schranken setzen müsse. PID müs-
mission im Bereich Humanmedizin einen
Alters der Frau erhöhte Risiken für die
se zwingend an Krankheiten gebunden
Offenen Brief an das Parlament mit bri-
Gesundheit des Kindes bestehen.» In
bleiben, sagte Christine Egerszegi (FDP/AG).
santem Inhalt. Noch bevor der Schluss-
einem Interview mit der Basler Zeitung
Missbräuche dürfe es keine geben.
bericht der Ethikkommission
erklärte Christoph Rehmann-
Gesundheitsminister Pascal Couchepin
vorliegt, äussert sie sich klar
Sutter, Präsident der Natio-
pflichtete bei. Er versprach, in eine allfäl-
für eine Aufhebung des im
nalen Ethikkommission, die
lige Gesetzesvorlage strenge Richtlinien
Fortpflanzungsmedizingesetz
Gründe, die für eine Zulas-
einzubauen.
verankerten Verbots der Prä-
sung der PID sprechen, wie
implantationsdiagnostik. Im
folgt: «Es gibt verschiedene
Nun Ständerat am Ball
Offenen Brief wird festgehal-
Situationen, in denen Betrof-
Nach zweieinhalbstündiger Debatte über-
ten: «Nach unserer Plenarsit-
fene sich eine solche Dia-
wies der Nationalrat dann aber mit 92 zu
zung vom 8. Juni 2005 möch-
gnostik wünschen könnten.
63 Stimmen bei sieben Enthaltungen
ten wir bereits heute folgen-
Zum Beispiel, wenn ein RisiChristoph Rehmann-Sutter,
eine Motion seiner Wissenschaftskom-
den grundsätzlichen Punkt
mission, die den Bundesrat beauftragt,
festhalten und Ihnen zur
Ethikkommission: «Das
erblichen Krankheit auf das
eine Regelung vorzulegen, welche die
Kenntnis bringen: Es gibt aus
Verbot der PID durch eine
Kind besteht. Heute kommt
Präimplantationsdiagnostik ermöglicht
der Sicht der Kommissions-
differenzierte Regelung
es in diesen Fällen zu einer
und deren Rahmenbedingungen festlegt.
mehrheit überwiegende ethi-
Die Motion muss nun noch vom Ständerat
sche Gründe, das Verbot der Präimplan-
das heisst, die Frau lässt eine vorgeburt-
behandelt werden, der sich bei der frü-
tationsdiagnostik aufzuheben. Voraus-
liche Diagnose durchführen, nachdem
heren Behandlung von Vorstössen zu
setzung aber ist, dass das Verbot durch
sie schwanger geworden ist. Bei einem
diesem Thema schon für die Präimplan-
eine differenzierte Regelung ersetzt wird.
entsprechenden Befund lässt sie abtrei-
tationsdiagnostik ausgesprochen hatte.
Gründe, die für eine Zulassung sprechen,
ben. Dies ist eine sehr belastende Situa-
Der Verein Kinderwunsch und die
erkennt die Kommission vor allem dann,
tion. Eine PID würde es erlauben, den
Schweizerische Huntington Vereinigung
wenn mit der Übertragung einer erbli-
Embryo vor der Schwangerschaft auf
hatten sich als Patienten- und Betrof-
chen Krankheit auf das Kind zu rechnen
dieses Krankheitsmerkmal zu untersu-
fenen-Organisationen für die Zulassung
ist und die Alternative zur PID eine
chen, was viel weniger gravierend ist.
der Präimplantationsdiagnostik enga-
Schwangerschaft auf Probe mit einem
Ein Verbot ist in diesem Fall schwer zu
giert.
eventuellen Schwangerschaftsabbruch
vertreten.»
Präsident der Nationalen
ersetzen.»
ko zur Übertragung einer
Schwangerschaft auf Probe,
Infos über Mitgliedschaft: Werden Sie Mitglied oder Gönner des Vereins Kinderwunsch. Sie können sich schriftlich oder per E-Mail anmelden: Verein Kinderwunsch, Postfach 251, 8027 Zürich oder [email protected].
Der Mitgliederbeitrag beträgt 30.– Franken für Einzelmitglieder und 50.– für Paare. Gönnerbeiträge und Spenden werden dankbar entgegengenommen (PC Verein Kinderwunsch: 87-82362-8).
verschoben werden, forderten die Grünen.
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