© by-studio - Fotolia politik Fachgespräch zur Praxisbegehung „Die Infektionsrate ist der Goldstandard“ Sie sind ungeliebt, gehasst oder gefürchtet – nur gleichgültig sind sie keinem Zahnarzt: die Praxis­b egehungen. In einigen Bundesländern gehören sie bereits zum Alltag, in anderen ist ein Blitzschlag wahrscheinlicher als eine amtliche Begehung. Doch eines haben alle Begutachtungen gemein: Sie sind ein Riesenaufreger. Die Wogen schlagen hoch, die Empörung bricht sich Bahn, wenn über das Thema „Praxisbegehung“ gesprochen wird. Eine ganze Branche lebt inzwischen davon, Praxisinhaber zu informieren und zu indoktrinieren, wie die behördliche Begehung richtig vorbereitet wird. Die Schauergeschichten vom „Begeher“, der mutwillig Schränke aufreißt, mit dem Finger über Ablagen streift, teure Auflagen verhängt und mit der Schließung der Praxis droht, wenn er auch nur einen Mangel findet, sind allgegenwärtig. Zeit für ein fachliches Gespräch zwischen Kritikern der allgemeinen Praxisbegehungen, dem FVDZ-Bundesvorsitzenden Harald Schrader und DFZ-Chefredakteur Dr. Joachim Hüttmann, sowie dem studierten Mikrobiologen, Professor für Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Dresden und Vorsitzenden des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnheilkunde (DAHZ) sowie des Arbeitskreises Dentalinstrumente (AKDI) der Bundeszahnärztekammer, Professor Dr. Lutz Jatzwauk. Er hält Praxisbegehungen für sinnvoll und notwendig, denn an erster Stelle steht für ihn die Senkung des Infektionsrisikos für Patienten. Hüttmann: Die Anforderungen an die Hygiene in der Zahnarztpraxis sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Es hat sich für die niedergelassenen Kollegen vieles verändert und verschärft. In Schleswig-Holstein, wo ich meine Praxis habe, gibt es flächendeckende Praxisbegehungen. Aus „Kann“-Anweisungen sind auf Anweisung des Ministeriums „Muss“-Bestimmungen geworden. Gibt es einen konkreten Hinweis darauf, dass in Zahnarztpraxen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht? Jatzwauk: Die gibt es tatsächlich. Es gibt eine Publikation, in der 16 DFZ 01 ∙ 2017 gut begründet dargelegt wird, dass es zu Legionärskrankheit nach zahnärztlicher Behandlung gekommen ist. Das war in Italien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die ältere Dame, die dann verstorben ist, in der Zahnarztpraxis mit Legionellen infiziert hat. Man hat ja lange gesagt, man findet Legionellen in den Zahnarzteinheiten. Inzwischen gibt es diesen Fall. Das Risiko, dass Legionellen über das Betriebswasser von Dentaleinheiten übertragen werden, ist begründeter geworden. DFZ: Es gibt einen Fall! Rechtfertigt das, bereits von „erhöhtem Infektionsrisiko“ zu sprechen? Jatzwauk: In Deutschland gibt es jedes Jahr rund 5.000 gemeldete Neuerkrankungen von Hepatitis B und Hepatitis C. Davon sind mehr als ein Drittel ohne bekannte oder vermutete Infektionsquelle oder bestimmte Risikofaktoren. Und für diese Menschen ist es aller Wahrscheinlichkeit nach eine blutige Prozedur im Alltag, die diese Erreger überträgt. Und dafür gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten: Da haben Sie den Fußpfleger, die Kosmetikerin und den Zahnarzt – der Friseur hat ja kein Messer mehr. Also muss die Infektionsquelle wohl in diesen Bereichen liegen. DFZ: Gibt es da gesicherte Zahlen? Jatzwauk: Nein, bisher nicht. Aber es ist sehr erstaunlich: Seit sich die Bundeszahnärztekammer und die Landeszahnärztekammern mit dem Thema Hygiene vermehrt beschäftigt haben und das Thema Anfang des Jahrtausends so richtig losging, ist die Anzahl der Fälle an Hepatitis C deutlich zurückgegangen, obwohl es ja keine Schutzimpfung dafür gibt. Dem- © stockWERK / fotolia.com politik nach muss ein erheblicher Risikofaktor raus sein. Es lässt sich nicht beweisen, aber es ist zu vermuten, dass auch die bessere Hygiene in Zahnarztpraxen dazu beigetragen hat. Das ist ja positiv zu sehen. Hüttmann: Es gibt einen Streit darüber, was denn nun die bessere Aufbereitung der Instrumente ist, die maschinelle oder die manuelle. Es heißt, die Aufbereitung von Medizinprodukten muss in einem validierten Verfahren stattfinden, so dass es fast nur noch möglich ist, Instrumente maschinell aufzubereiten. Ist es fachlich gerechtfertigt, die maschinelle Aufbereitung als zwingend erforderlich anzusehen oder ist die manuelle Aufbereitung, rein fachlich gesehen, vertretbar? Jatzwauk: Bei kritischen Medizinprodukten, also denjenigen, die Wunden setzen und die Wunden berühren – mit anschließendem speicheldichtem Wundverschluss – ist es so, dass die Krinko-Empfehlungen (Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RobertKoch-Instituts, Anm. der Red.) lauten: „grundsätzlich maschinell“ – und das heißt: von wenigen Ausnahmen abgesehen, immer. Aber in der normalen Zahnarztpraxis sind das nicht viele. DFZ: Die darf man dann gar nicht mehr manuell aufbereiten? Jatzwauk: Da diese Krinko-Empfehlung Stand der Wissenschaft ist, wird dieser Weg begangen werden. Das heißt, nur die maschinelle Aufbereitung ist möglich. Bei semikritischen Instrumenten steht drin: „bevorzugt maschinell aufbereiten“ – und das heißt eben nicht immer. Das betrifft rund 90 Prozent des zahnärztlichen Instrumentariums. Ich habe dazu gemeinsam mit Kollegen in Schwerin eine Studie gemacht und nach meinem Ermessen ist die manuelle Aufbereitung bei „semikritisch“ auch möglich. Allerdings wird man sich daran gewöhnen müssen, dass man auch die manuelle Aufbereitung validieren muss. Es wäre ja auch paradox, dass ich eine teuer angeschaffte Maschine regelmäßig validieren und testen muss und den Menschen, der ein analoges Verfahren anwendet, nicht. DFZ: Wie funktioniert die Validierung der manuellen Aufbereitung? Ist eine Mitarbeiterin in der Zahnarztpraxis validierbar? Jatzwauk: In gewisser Weise schon. Es ist ja nicht die Maschine, die validiert wird, sondern der gesamte Prozess der Aufberei- tung. Es ist lange darüber gestritten geworden, ob sich die manuelle Aufbereitung überhaupt validieren lässt. Da es aber inzwischen Leitlinien zur manuellen Aufbereitung gibt, dürfte der Streit nun ausgestanden sein. Es gibt das Minimierungsgebot bei Gefahrstoffen, und das wird dazu führen, dass die maschinellen Verfahren immer mehr zunehmen. Es wird aber auch dazu führen, dass es nicht der Thermodesinfektor in der Zahnarztpraxis sein muss, sondern kleinere Geräte, die das schneller tun. Es muss definiert sein, wie viel Restprotein nach dem Prozess auf dem Instrument vorhanden sein darf. Und wenn das Ergebnis stimmt, dann ist der Prozess in Ordnung. Dann ist die manuelle Aufbereitung äquivalent zur maschinellen Instrumentenaufbereitung. DFZ: Aber ist die Validierung dieser Geräte nicht ein unnötiger – und kostenintensiver – Vorgang? Die Maschinen kontrollieren sich doch quasi immer selbst. Und wenn das Ergebnis nicht stimmt, gibt es eine Fehlermeldung. Jatzwauk: Ganz so einfach ist das nicht. Die Validierung bezieht sich nicht ausschließlich auf das Gerät, sondern auf den Prozess der Instrumentenaufbereitung. In einer leeren Kammer wäre das Ergebnis immer gleich. Aber so arbeiten wir ja nicht. Der Prozess hängt davon ab, wie verschmutzt die Instrumente sind, wo sie in der Maschine platziert werden, wie sie platziert werden. Kurz: Validiert werden muss das Gerät und der menschliche Einfluss auf das Ergebnis. Das ist wie bei der Spülmaschine zu Hause. Das hängt das Spülergebnis auch davon ab, wo der dreckige Topf steht, wie er steht und vor allem, welche Speisereste dran kleben. Schrader: Wenn wir noch mal zurückgehen zu den Instrumenten und den verschiedenen kritischen Stufen. Der Begeher, der in meiner Praxis war, sagte, dass manche Anforderungen gar nicht erfüllbar seien, beispielsweise die Scharniere von Zangen könnten gar nicht keimfrei gemacht werden. Jatzwauk: Es ist schon seit einiger Zeit so, dass der Hersteller angeben und nachweisen muss, dass sein Produkt mit bestimmten Verfahren sauber, desinfiziert oder steril wird. Das können Sie nicht der Zahnarztpraxis anlasten. Das kann doch dort niemand beurteilen. Darauf, was der Hersteller angibt, muss sich der Zahnarzt dann verlassen können. Wenn ein solches Instru01 ∙ 2017 DFZ 17 politik ment im Verkehr ist, das nicht sauber oder keimfrei gemacht werden kann, und der Begeher dies feststellt, dann müsste das als sogenannte „Beinah-Komplikation“ angezeigt werden. Dann müsste man dem Hersteller das Inverkehrbringen dieses Produktes untersagen. Das ist der rechtlich richtige Weg. Es gibt eine ganze Menge Produkte, die schlechte Aufbereitungsvorschriften haben. Das sind vor allem diejenigen, die wir im Ausland einkaufen. Schrader: Wir werden dann aber mit solchen allgemeinen Aussagen von Begehern konfrontiert. Das schafft einige Unsicherheit im Berufsstand. Jatzwauk: Jedes in Verkehr gebrachte Medizinprodukt, das nicht als Einweg-Produkt klassifiziert ist, muss eine Vorschrift haben, wie ich es sauber, desinfiziert oder steril bekomme. Und darauf müssen Sie sich verlassen können. Punkt. Dem Zahnarzt allerdings kommt die Aufgabe zu, sich vor dem Kauf von Produkten mit den Vorschriften zu beschäftigen, ob er die geforderte Aufbereitung des Instrumentes leisten kann. Wenn ein Hersteller „ausschließlich maschinelle Aufbereitung“ angibt, dann muss es maschinell gemacht werden. DFZ: Haben Sie ein Beispiel? Jatzwauk: Beispiel Mundspiegel: Es gibt welche, die muss man auseinanderschrauben zur Reinigung, andere nicht. Wenn ich von vornherein weiß, dass die Schrauberei zu aufwändig in meiner Praxis ist, dann muss ich ein anderes Modell kaufen. Also der Appell an die Zahnärzte: Erst überlegen, was kann ich wie machen, bevor man irgendwas mal eben von der Messe mitbringt. Hüttmann: Was beim Thema Praxisbegehung auffällig ist, sind die extremen regionalen Unterschiede. Jatzwauk: Was wollen Sie machen? Es gibt Unterschiede im Schulsystem, im Gesundheitssystem… So ist der Föderalismus. Aber es gibt nur wenige Bundesländer, in denen es ganz extrem hakt. Das hat vielleicht auch ein bisschen damit zu tun, wie man insgesamt zusammenarbeitet zwischen Kammer und Behörden. Letztlich finde ich externe Praxisbegehungen gut. Man selbst wird ja auf die Dauer auch ein bisschen betriebsblind. An bestimmten Defekten gehen Sie in der eigenen Praxis einfach vorbei. Der Fremde sieht das. Aber die Überwachungsbehörden sollten bei allen Begehungen gut zwischen dem von der Krinko vorgegebenen und ihrer persönlichen Meinung zum Stand der Hygiene trennen. den muss, oder warum beklagt er jetzt überlagerte Papierspitzen? Jatzwauk: Eigentlich müsste der Zahnarzt dafür ein Bußgeldverfahren bekommen, wenn man es mal ganz genau nimmt. Wir reden hier von Paragraf 4 des Medizinproduktegesetzes. Auf den Papierspitzen steht ein Verfallsdatum. Wenn sie überlagert sind, dann ist das eine Ordnungswidrigkeit. So steht es im Gesetz. Auch wenn es manchmal nicht nachvollziehbar ist. Aber das ist wie in der Straßenverkehrsordnung. Wenn da steht, dass man dort nicht parken darf und es trotzdem tut, dann kriegt man einen Strafzettel. Schrader: Externe Begehungen gab es ja schon immer – auch anlassbezogen. Halten Sie es für möglich, dass der Berufsstand das selbst regelt? Durch die Kammern zum Beispiel. Jatzwauk: Einige Kammern tun das ja schon. Sachsen zum Beispiel. Aber ich bin in der Klinik gewohnt, mit unterschiedlichen Behörden zusammenzuarbeiten. Wenn sie das vernünftig machen, ist es eigentlich egal, ob der Begeher von der Kammer oder einer Behörde kommt. Krinko ist der Stand der Dinge. Im Infektionsschutzgesetz ist alles genau festgelegt. Es ist die Erfahrung und die Kunst des Begehers, dass er das in einer angenehmen Atmosphäre macht und trotzdem herauskriegt, wo die Schwachpunkte sind. Wenn es Kritikpunkte gibt, muss man das der Praxis sagen. Hüttmann: Man muss allerdings schon sagen, dass sich manche Begeher richtig aufführen. Da gibt es Extrembeispiele, in denen Mitarbeiter zusammengestaucht wurden… Jatzwauk: Es gab mal ein Lied von Reinhard Mey, darin hieß es: „Mein Verhältnis zu Behörden war nicht immer ungetrübt, was allein nur daran lag, dass man nicht kann, was man nicht übt.“ Und da ist was dran. Eigentlich kommen die viel zu selten. Beide Seiten wissen nicht, was sie voneinander zu halten haben. Beide Seiten sind gestresst. Beide gehen kritisch miteinander um. Es ist zu selten, und es ist neu. Der eine wird unfreundlich empfangen, der andere hat vielleicht Angst, dass wirklich was falsch sein könnte. Das führt dazu, dass es Berührungsängste gibt. „Der Umgang miteinander ist entscheidend“: Dr. Joachim Hüttmann „Alles wird an der Infektionsrate gemessen“: Prof. Dr. Lutz Jatzwauk © (3) Schmitt Schrader: Bei manchen Begehungen allerdings fragt man sich schon, reklamiert der Begeher da jetzt Kleinigkeiten, weil er irgendetwas fin- DFZ: Was ist zu tun, um diese Berührungsängste abzubauen? Jatzwauk: Im Grunde wollen doch beide Seiten das Gleiche: den Schutz der Patienten. Das Ziel der Zahnärzteschaft sollte nicht sein, Begehungen zu überstehen, sondern das Ziel sollte es sein, Infektionen bei Patienten und Personal zu vermeiden. Wenn ich wirklich Qualität haben möchte, dann müsste man Infektionen viel genauer überwachen. Dann müsste man bei den 3.000 Hepatitis-C-Fällen fragen: Waren Sie im letzten halben Jahr beim 18 DFZ 01 ∙ 2017 politik Neue Sichtweisen: Prof. Dr. Lutz Jatzwauk (re.) und der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader im Gespräch zur Praxishygiene Zahnarzt? Und dann anlassbezogen hingehen. Aber auch das ist schon wieder schwierig im föderalen System. In Sachsen sind etwa 60 unterschiedliche Infektionskrankheiten durch den Arzt meldepflichtig, in Brandenburg sind es weniger als 20. Die Infektion ist das Qualitätskriterium und nicht die zufriedene Behörde. ist logisch. Da müssten die medizinischen Fachgesellschaften etwas tun. Die müssten einen Warnschuss geben: Dieser Wert würde uns reichen. Und eines noch: Ordnung, Sauberkeit und Disziplin sind die Ordnungspfeiler in der Zahnmedizin. Die patientennahen Flächen müssen sauber sein. Schrader: Erlaubt die Krinko denn da so viele Spielräume in der Auslegung? Jatzwauk: Die Krinko macht unterschiedliche Empfehlungen, und in allen Empfehlungen gibt es unterschiedliche Kategorien IAoder IB-Empfehlungen sollten alle Gesundheitseinrichtungen umsetzen. Bei anderen, beispielsweise II- und II-Empfehlungen, kann man nach einer (zahn)ärztlichen Risikoanalyse selbst entscheiden. Also gibt es Kategorien, die sagen, das ist zwingend, das ist wichtig oder das kann man lassen. Evidenzbasierung hat man bei der Krinko bei der Empfehlung zur Medizinprodukteaufbereitung leider aufgegeben. Da gibt es Auslegungsmöglichkeiten. Und es wäre nun zutiefst unethisch, auszuprobieren, wo die Grenze ist. Also, grob gesagt: Eitert es oder tut es das nicht. In allen anderen Empfehlungen gibt es die Evidenzbasierung. DFZ: Da bleibt doch zu fragen, ob anlassbezogene Begehungen nicht doch ausreichen würden. Jatzwauk: Ja und nein. Die flächendeckende wie die zufällig generierte Begehung deckt sich mit dem Präventionsgedanken. Wenn es mich jederzeit treffen kann, halte ich Ordnung. Die anlassbezogene Begehung hat etwas mit „Leichen zählen“ zu tun. Aber es ist tatsächlich die Frage, ob man nicht beide Verfahren kombinieren kann. In einigen Gesundheitsämtern ist das wohl bereits Realität. Schrader: Aber eine eindeutige Klassifizierung würde die Sicherheit auch für die Zahnärzte erhöhen. Dann gäbe es eine eindeutige Aussage und keine interpretierbare. Jatzwauk: Völlig richtig. Es stellt sich da immer die Frage: Maschinelle Aufbereitung gegen manuelle Aufbereitung. Was ist äquivalent? Muss das Ergebnis gleich sein, oder muss das Verfahren gleich wirksam sein. Um diese Frage kümmern sich jetzt Juristen. Es ist schon die Frage, wie man auf bestimmte Zahlen zur Restverschmutzung eigentlich kommt. Wenn der Jurist nun einen Zahnarzt fragt: Wie viel Restschmutz darf denn dran sein an dem Mundspiegel, bevor ich den wieder benutze – also wir reden hier von Spuren im Mikrogrammbereich (ein Millionstel Gramm) – und der Zahnarzt sagt, das wisse er auch nicht, dann nutzt der Jurist die Aussagen der Hersteller, bis zu welchen Bereichen die Restverschmutzung zu reduzieren ist. Dass die deutlich niedriger sein kann als diejenige, die tatsächlich Schaden anrichten könnte, versteht sich. Da gelten für Implantate gleiche Grenzwerte wie für Mundspiegel. Das ist absurd. Und so lange die zahnmedizinische Wissenschaft nicht eigene Grenzwerte festlegt, sagt der Jurist: Dann gilt das Minimierungsgebot. Das Hüttmann: Da sind wir auch wieder bei der Frage von vorhin. Was will man eigentlich? Schuldige suchen, Behörden zufriedenstellen, Zahnärzte verunsichern oder Infektionen vermeiden? Jatzwauk: Am Ende muss man alles an der Infektionsrate messen – das ist der Goldstandard. Eigentlich müsste man Hygiene anhand der Infektionsraten messen, nur leider gibt es dazu keine Studien. Aussagen wie „kaum Infektionen“ sind einfach nicht wissenschaftlich. Da braucht man Statistik und Systematik. DFZ: Welche Entwicklung sehen Sie für die Zukunft? Jatzwauk: Also, wenn ich noch mal jung wäre, hätte ich eine prima Idee, um aus dem ganzen Kreislauf mit Thermosterilisator, Validierung und hohen Kosten rauszukommen. Es wäre doch eine gute Möglichkeit, den gesamten Prozess an einen externen Anbieter auszulagern. Im Idealfall haben Sie mit der Aufbereitung Ihrer Instrumente gar nichts mehr zu tun, sondern Sie leasen die Instrumente, benutzen sie und bekommen diese frisch aufbereitet aus der zentralen Sterilisation zurück. Der Dienstleister kauft die Instrumente, wartet und verleiht sie. Dann wäre der Zahnarzt aus der Sache der als „kritisch B“ eingestuften Instrumente raus, und das Ganze wäre ökonomisch. Hüttmann: Herr Jatzwauk, wir danken herzlich für das anregende Gespräch. Interview: Sabine Schmitt, Melanie Fügner 01 ∙ 2017 DFZ 19 politik Ärger mit Praxisbegehungen Spielwiese für persönliches Prüfergusto Als die Praxisbegehungen begannen, stellten sich ob des meist vorgefundenen Zustandes wenige Fragen nach der Rechtmäßigkeit oder Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen. Das schlägt sich in den veröffentlichten Entscheidungen nieder. Das Verwaltungsgericht (VG) Würzburg bestätigte in einer aktuellen Entscheidung (Az. W 6 S 16.993) eine zwangsweise Praxisbegehung bei einem Arzt, dessen Praxis in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen schwerwiegender Hygienemängel behördlich geschlossen worden war. Dagegen kann niemand ernsthaft Einwendungen erheben. Es gibt aber mittlerweile viele Hinweise, dass die mit Praxisbegehungen befassten Behörden ein Eigenleben entwickelt haben. Die Auslegung der rechtlichen Grundlagen scheint nach persönlichem Dafürhalten zu erfolgen. Dass es bisher nur wenig gerichtliche Kontrolle gibt, scheint Fehlentwicklungen zu begünstigen. Das geht so weit, dass in Anordnungen, über deren Rechtsqualität als Verwaltungsakte man sich streiten mag, Vorgaben zur Gestaltung der Praxishygiene gemacht werden, ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage angegeben wird oder ersichtlich ist. Nach wie vor scheint die Frage nach der Validierung eine beliebte Spielwiese für persönliches Prüfergusto zu sein. Dagegen muss man sich wehren. Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut (RKI), Krinko, erarbeitet. Das gilt auch für die 2006 veröffentliche Empfehlung zur „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ (Bundesgesundheitsblatt 2006, Nr. 49, S. 375–394). Zwar haben an der Ausarbeitung zahnärztliche Kliniker mitgearbeitet, aber es handelt sich im Wesentlichen eben Rechtsgrundlagen – eine Übersicht Rechtsgrundlage für die Praxisbegehungen sind das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und vor allem die auf der Basis von § 23 Abs. 8 IfSG erlassenen 16 Hygieneverordnungen der Bundesländer. Dabei folgt das Hygienerecht guter bundesdeutscher Föderalismustradition. Die Bundesländer halten es für sachgerecht, für ein und dieselbe Aufgabe divergierende Bezeichnungen zu finden und darunter auch Divergierendes zu verstehen. Als weitere Rechtsgrundlagen für Maßnahmen dienen: ▶Medizinproduktegesetz, insbesondere die auf dessen Grundlage erlassene Medizinproduktebetreiber-Verordnung (MPBetreibV), ▶Gefahrstoffverordnung, ▶Biostoffverordnung und die darauf fußende Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250: „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“, ▶Arbeitsschutzgesetz und die dafür geltenden Arbeitsstättenregeln, ▶Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), hier insbesondere die BGR 250, die der TRBA 250 entspricht. Für die behördliche Überwachung sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Behörden zuständig. Die Hauptschwierigkeiten in der Praxis liegen nach wie vor darin, dass die meisten Vorschriften für den Krankenhausbetrieb entwickelt wurden, und es nur wenige Normen gibt, die dezidiert die Bedingungen niedergelassener Tätigkeit regeln. Die 1998 veröffentlichten „Anforderungen an die Hygiene in der Zahnmedizin“ (Bundesgesundheitsblatt 1998, Nr. 41, S. 363– 369) wurden von der Kommission für Krankenhaushygiene und 20 DFZ 01 ∙ 2017 © freshidea / Fotolia Schwierigkeiten in der Praxis politik um die Arbeit von Klinikern. Die Frage, ob und inwieweit diese Empfehlungen – sinnvollerweise – in den Zahnarztpraxen umgesetzt werden sollten, wird von den einzelnen Zahnärztekammern unterschiedlich beantwortet. RKI spricht Empfehlungen aus Bei den Stellungnahmen des RKI handelt es sich um Empfehlungen. Die Nichtbefolgung dieser Empfehlungen ist nicht zwingend verboten. § 4 Abs. 2 MPBetreibV stellt nur eine Vermutungsregel für eine ordnungsgemäße Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten auf, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RKI und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. Es handelt sich bei der Empfehlung zur „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ aus dem Jahr 2006 nicht um eine solche gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RKI und des BfArM. Das wird leider regel- haft übersehen, wenn es um die Frage der Einhaltung dieser Empfehlung geht. Als Folge dieser Unklarheiten kommt es zu durchaus seltsamen Vorgängen. Sterilisatoren werden beispielsweise in Baden-Württemberg durch das Gesundheitsamt mit Sporenproben überprüft. Die Regierungspräsidien verlangen bei Begehungen dagegen für denselben Sterilisator eine Validierung durch den Hersteller. Überwachung von Zahnarztpraxen Die infektionshygienische Überwachung von Zahnarztpraxen durch die Gesundheitsämter erfolgt in der Regel anlassbezogen (§ 36 Abs. 2 IfSG: Kann-Überwachung). Überwacht werden: ▶die Einhaltung der baulich-funktionellen Voraussetzungen, ▶Vorhandensein und Zustand der (erforderlichen) technischen Ausstattung, ▶die Erfüllung der organisatorischen Voraussetzungen, ▶das Vorliegen eines Qualitätsmanagementsystems, ▶die Beschäftigung ausreichend qualifizierten Personals, ▶der Instrumentenkreislauf, und es werden ▶Stichproben aufbereiteter Instrumente genommen. Als häufigste Beanstandungen werden genannt: ▶fehlende Validierung der maschinellen Prozesse, ▶fehlende oder unzureichende Arbeitsanweisungen, ▶falsch angewendete Desinfektionsmittel, ▶nicht ausreichende Sachkenntnis des Praxispersonals/der Praxisinhaber. Mit der „nicht ausreichenden Sachkenntnis“ hat es so eine Bewandtnis. Verlangt wird in der Regel die Absolvierung eines 40 Stunden-Theorie-Kurses bei der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung e.V. (DGSV), die allerdings selber für einen verbindlichen 120-Stunden-Kurs eintritt (Pressemitteilung vom Oktober 2014). Da bleiben Fragen offen. Umsetzung der Medizinhygieneverordnungen Die Medizinhygieneverordnungen (MedHygVO) gelten – mit den vier Ausnahmen Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – im Grundsatz unterschiedslos für Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Arztund Zahnarztpraxen und andere dort aufgeführte Gesundheitsbetriebe. Aus der nebeneinander erfolgenden Erwähnung von Einrichtungen für ambulantes Operieren und Arzt- und Zahnarztpraxen z. B. in § 23 Abs. 3 IfSG ist zu folgern, dass Arzt- und Zahnarztpraxen grundsätzlich keine Einrichtungen für ambulantes Operieren im Sinne des IfSG sind, sondern darunter lediglich die z. B. von vielen Anästhesisten, aber auch von Kliniken vorgehaltenen ambulanten Operatinoszentren fallen sollen. Unter den Begriff der Einrichtungen für ambulantes Operieren werden aber auch alle Praxen subsumiert, für die die Qualitätssicherungsvereinbarung ambulantes Operieren nach § 135 Abs. 2 SGB V anwendbar ist. Das dürfte im zahnärztlichen Bereich derzeit nur MKG-Chirurgen betreffen. Allgemeine Forderungen der MedHygVO sind die Einhaltung der Hygiene in den Einrichtungen, Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen sowie die Pflicht, einen Hygieneplan zu erstellen. Der Hygieneplan ist für alle ver01 ∙ 2017 DFZ 21 politik bindlich, auch für Zahnarztpraxen, während die übrigen Maßnahmen in der Regel für Praxen, die nicht unter den Begriff der Einrichtungen für ambulantes Operieren fallen, nicht gelten. Für Zahnarztpraxen besteht dagegen keine Pflicht, sich durch Hygienefachkräfte beraten zu lassen oder gar einen Arzt als Hygienebeauftragten zu bestellen. Die Bundeszahnärztekammer beispielsweise hat im Internet einen vielseitigen Musterhygieneplan veröffentlicht. Hygieneplan – Beispiel Handwaschbecken Offenbar bieten die Handwaschbecken bei den Praxisbegehungen Anlass für regelmäßige Beanstandungen. Eine Publikation des VAH vom 29.01.2015 wird mit folgender Frage eingeleitet: „Wir finden bei der Begehung von Arztpraxen und ambulant operierenden Einrichtungen regelmäßig, dass die Handwaschplätze nicht gemäß bestehenden Vorgaben ausgestattet sind, das heißt, der Händedesinfektionsmittelspender hängt, aber statt eines entsprechenden Waschlotionsspenders gibt es dann die Seifenpumpflasche vom Drogeriemarkt. Welche Daten beziehungsweise Literatur würden unsere Argumentation, dass „medizinische“ Waschlotion zu verwenden ist, stützen (bisher haben wir mit dem Zusatz von Konservierungsstoffen bei letzteren argumentiert)?“ Dies lenkt das Augenmerk auf einen wichtigen Aspekt. Für vieles, was in Praxisbegehungen gefordert oder beanstandet wird, gibt es vermutlich keine valide Rechts- noch Datenbasis. Dabei gibt es klare Vorgaben für den Handwaschplatz – doch die Auslegungen gehen auseinander. In der Praxis lassen sich viele Ärzte und Zahnärzte hier „ins Bockshorn“ jagen und folgen zähneknirschend entsprechenden Anmerkungen bei Praxisbegehungen. Aber müssen sie das auch? Angst vor den Folgen von Begehungen Die Praxishygiene hat sich – auch bedingt durch die Angst vor den Begehungen – zu einem Bereich entwickelt, der in den Pra- © fot om 22 ek ot /f o li a.c om DFZ 01 ∙ 2017 xen viel Arbeitskraft bindet, auch durch den Dokumentationsaufwand, ohne dass es viel Evidenz für einen Zusatznutzen gibt. Die Anzahl der sogenannten nosokomialen Infektionen in Deutschland ist nicht bekannt. Die Schätzungen variieren stark, wobei man den Eindruck hat, als würde die Schätzung der jährlichen Todesfälle von den verschiedenen Institutionen nicht ohne Hintersinn erfolgen. Daten aus den USA belegen, dass für nosokomiale Infektionen Gefäßzugänge, wie etwa zentrale Venenkatheter, die Hauptrolle spielen. Da die menschliche Haut nur bedingt keimfrei zu bekommen ist, und die Übertragungswege kaum abzustellen sind, wenn man Patienten nicht vollständig isolieren will, stellt sich die – heutzutage fast schon ketzerische – Frage, ob man sich mit dem wohl schon seit Langem bestehenden und keineswegs hohen Infektionsniveau möglicherweise einfach abfinden muss. Jedenfalls ist nicht alles, was sich auf dem Papier als Verbesserung liest, auch fachlich und damit rechtlich geboten. Die Begehungsprotokolle dienen der Information, stellen aber keine Verwaltungsakte dar. Sie sollten sorgfältig gelesen werden. Stimmen sie in Teilen nicht mit der eigenen Wahrnehmung überein, sollte das der Behörde mitgeteilt werden. Es hilft überhaupt, bei der Begehung einen Praxismitarbeiter zu bitten, ebenfalls Protokoll zu führen. Bedenken, dass dies bei den Praxisbegehern nicht gut ankommen könnte, kann man haben. Aber: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt! Sachlichkeit und Souveränität als Praxisinhaber zeigen sich auch und gerade im Umgang mit Behörden. Man sollte sich – was wir leider immer wieder erleben – nur nicht als in Sache Praxishygiene völlig ahnungslos gerieren. Die von allen Zahnärztekammern erlassenen Hygieneleitfäden sind nun mal schon Pflichtlektüre, nicht nur für die Aufbereitung zuständigen Praxismitarbeiter, sondern auch für die Chefs. Nicht einfach nur abarbeiten Ehe man den Praxisbegehern Änderungen an der Praxiseinrichtung oder der Handhabungsweise zusagt, sollte man sich genau und am besten schriftlich erklären lassen, auf welcher Rechtsgrundlage diese erforderlich sind. Die stets übersandten Begehungsprotokolle sind nicht einfach abzuarbeiten, da sie keine Verwaltungsakte sind. Wenn beispielsweise das Gesundheitsamt eine Änderung haben will, dann soll es einen Bescheid, versehen mit Rechtsbehelfsbelehrung, schicken. Aus diesem Bescheid muss sich auch die Rechtsgrundlage ergeben. Es ist in der Praxis offenbar gar nicht so selten, dass die Behörden sich nicht an diese Vorgaben des allgemeinen Verwaltungsrechts halten. Die Begehungsprotokolle allerdings einfach zu ignorieren, ist auch keine Lösung. Sie bedürfen sorgfältiger Prüfung. Das meiste, was in ihnen vermerkt wird, ist zumeist durchaus vernünftig. Außerdem kommt es nach Erstbeanstandungen zu einer Zweitbegehung. Gegebenenfalls ist zu überlegen, die Zweitbegehung mit rechtlicher Begleitung, sei es Anwalt oder spezialisiertem Kammer-/ KZV-Mitarbeiter durchzustehen. Beharrliche Verstöße gegen die Praxishygienevorschriften können zum Verlust der vertragszahnärztlichen Zulassung und sogar zum Verlust der Approbation führen. Prof. Dr. Thomas Ratajczak Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht © by-studio / Fotolia politik Skeptische Zahnärzte „Dann kann ich ja nur noch zwei Patienten am Tag behandeln“ Die Stimmung kommt schnell in Fahrt, denn das Thema brennt den Kollegen spürbar unter den Nägeln. Und so dauert es auch nicht lange, bis die Wogen bei einer Berliner Fortbildungsveranstaltung zum Thema Praxisbegehungen hoch schlagen. Die Referentin vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) hat keinen leichten Stand. Samstag in Berlin Mitte: Rund 30 Zahnärztinnen und Zahnärzte sitzen bei schönstem Wetter in einem Raum, um mehr Infos über etwas zu erfahren, das bundesweit für reichlich Aufregung sorgt und Ängste schürt. Claudia Aklé, die in der Hauptstadt mit vier weiteren Kollegen Praxisbegehungen durchführt, beginnt ihr Referat zum Thema „Inspektion zur Medizinproduktevertreiberverordnung durch das LaGeSo Berlin“ sehr sachlich mit rechtlichen Grundlagen für die ungeliebten Kontrollbesuche. Aklé weiß, dass sie hier mit viel Gegenwind rechnen muss, aber dennoch ist sie am Wochenende gekommen, um aufzuklären. Sie liefert zunächst Basisinformationen und berichtet beispielsweise, dass das Medizinprodukterecht seine Grundlage im europäischen Recht hat und dass die Medizinproduktebetreiberverordnung auf Empfehlungen von Fachgesellschaften fußt sowie dem aktuellen Stand der Wissenschaft und der Technik entspricht. Die Verordnung und mit ihr die vorgeschriebene Instandhaltung von Medizinprodukten seien also keine Erfindungen der Behörden, betont sie. „Wir müssen nur die Einhaltung der Vorschriften überprüfen.“ Trotz bundesweiter Unterschiede Behörden der Länder tauschen sich aus Obwohl die Praxisbegehungen bundesweit sehr unterschiedlich ausfallen, sind die zuständigen Behörden der Bundesländer im Dialog. Es finden abseits der Ministerialebene regelmäßige Treffen von Mitarbeitern statt, die aus der Inspektionspraxis kommen. „Wir können konkret Probleme lösen. Wenn zum Beispiel Medizinprodukte nicht gut sind, sprechen wir eine Empfehlung aus“, berichtet Claudia Aklé vom LaGeSo Berlin. Aber sie räumt auch ein, dass die Begeher „das große Ganze nicht lösen können“. Die verwaltungsrechtlichen Verfahren und die Zuständigkeiten in den Behörden seien in den Bundesländern extrem verschieden. Das Medizinproduktegesetz gelte zwar bundesweit, aber andere Gesetze unterschieden sich enorm. Was die bundesweiten Unterschiede bei Praxisbegehungen betrifft, hat Aklé keine großen Hoffnungen, dass sich daran etwas ändert. „Es gibt zwar seit Jahren Bestrebungen zu vereinheitlichen, allerdings nur inhaltlich. Da sehe ich schon Fortschritte“, sagt sie, „aber das Vorgehen der Behörden ist reine Ländersache.“mf Die Verantwortung trägt der Praxisinhaber Die ersten Zwischenrufe werden laut: Warum müssen wir überprüft werden? Misstraut man den Zahnärzten? Und was ist eigentlich, wenn ein Hersteller keine Angaben zur Wartung des Gerätes macht? Die Themen vermischen sich. Doch die LaGeSo-Mitarbeiterin antwortet ruhig auf die letzte Frage: „Die Angaben des Herstellers sind verbindlich. Wenn der Hersteller aber keine konkreten Angaben zur Überwachung des Gerätes macht, dann sind Sie als Betreiber gefordert, sich Gedanken zu machen.“ Das bedeute, dass der Zahnarzt nach bestem Wissen und Gewissen Wartungsintervalle festlege. Die Verantwortung trage grundsätzlich der Betreiber, also der Praxisinhaber. Es laufen viele Zwiegespräche in den Reihen. Darin lassen die Zahnärzte ihrem Ärger freien Lauf. Eine Kollegin um die 50 wählt krasse Worte: „Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.“ Auch ist zu hören: „Diese ganze Warterei und Dokumentationspflicht und Kontrolle sind gar nicht nötig. Wenn ein Gerät funktioniert, dann funktioniert es doch.“ Und ein anderer flüstert seinem Nachbarn zu: „Dann kaufen wir uns keinen Thermodesinfektor, wenn die Handhabung und Validierung so kompliziert und umfangreich ist.“ Alle Kritikpunkte zeigen deutlich, wie sehr sich die Zahnärzte durch die mannigfaltigen Vorschriften in ihrer eigentlichen Arbeit als Zahnmediziner eingeschränkt sehen. Ein Mann bringt es auf den Punkt: „Dann kann ich ja nur noch zwei Patienten am Tag behandeln.“ Und ein anderer ergänzt: „Wie viele Mitarbeiter soll ich denn da haben, damit ich die Aufbereitung meiner Instrumente und die Wartung der Geräte korrekt erledige?“ Mit diesen Bemerkungen wird schnell klar, dass Theorie und Praxis offenbar weit auseinanderklaffen. Dokumentation und Aufbereitungsraum im Fokus Aber zurück zur eigentlichen Frage des Tages: Wie läuft denn so eine Praxisbegehung genau ab? Die Referentin berichtet zunächst von standardisierten Anschreiben, Terminvereinbarungen, Anforderungen von Unterlagen zur Inspektionsvorbereitung und einer Stichprobenprobenkontrolle von Dokumenten. Die Praxisbegehung selbst beschreibt sie als unspektakulär. Große Unannehmlichkeiten hätten Zahnärzte dadurch nicht, 01 ∙ 2017 DFZ 23 politik versucht Aklé die Anwesenden zu beruhigen. „Die Praxis muss während einer Begehung nicht geschlossen werden, der Praxisbetrieb kann weitergehen“, sagt sie. Doch das sehen die Teilnehmer der Fortbildung anders, einige lachen. Auch dann, als die LaGeSo-Mitarbeiterin erzählt, dass sie bei Inspektionen in der Regel nicht in die Behandlungsräume geht, es sei denn, es gebe einen begründeten Anlass, wenn zum Beispiel ein Medizinprodukt kein Medizinproduktebuch hat. Das Hauptaugenmerk der Behörden liegt Aklés Angaben zufolge auf der Überprüfung der Dokumentationspflichten und der Aufbereitungsräume. Zur Dokumentation gehören unter anderem die namentliche Nennung des Personals in Verbindung mit einzelnen Aufbereitungsschritten sowie ein Bestandsverzeichnis aller Geräte in der Praxis (inklusive Kaffeemaschine!) und deren Wartungsfristen. „Es reicht nicht, wenn geschrieben wird, dass eine erfolgreiche Sterilisation stattgefunden hat. Die einzelnen Schritte müssen belegt werden“, erläutert die Inspektorin. Und wenn Fristen abgelaufen seien, nehme das Amt das Gerät außer Betrieb.“ Dafür erntet sie wieder negative Kommentare. Aklé weist darauf hin, dass der Betreiber von Medizinprodukten grundsätzlich in der Pflicht ist, ob er nun kontrolliert wird oder nicht. „Der Betreiber ist nicht aus der Nummer raus, nur weil er keine Praxisbegehung hat.“ Die Eigenverantwortlichkeit sei ihm vom Gesetzgeber vorgeschrieben worden, sagt die Inspektorin. „Das kann man trefflich in Frage stellen, aber es gibt kein zurück mehr. Es wird eher mehr werden.“ Melanie Fügner Hygienebegehung in der Zahnarztpraxis Gute Vorbereitung ist die halbe Miete Einer Praxisbegehung durch das jeweilige Gesundheitsamt oder durch die zugehörige Zahnärztekammer/Bezirksregierung kann sich der Betreiber einer Zahnarztpraxis nicht entziehen – viel mehr ist er zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet. Kontrollen wie diese sind meist zeitintensiv und mit vielen Unsicherheiten im Vorfeld belastet. Ein Erfahrungsbericht. Bei der Begehung unserer Praxis, einer Zahnarztpraxis mit integrierter oralchirurgischer Überweiserpraxis, hat uns ein gut etabliertes Hygienekonzept geholfen. Dies erleichtert zum einen den Praxisalltag, zum anderen führt es zu einer lückenlosen Dokumentation von Aufbereitungsprozessen und Arbeitsabläufen. Das freut die Behörden. Ankündigung und Vorbereitung Je nach Behörde wird die anstehende Hygienebegehung ein bis drei Monate im Voraus angekündigt. Hierzu erhält man, wie in unserem Fall, von Zahnärztekammer Nordrhein einen 15-seitigen standardisierten Fragebogen. Vom Gesundheitsamt gibt es einen achtseitigen Bogen. Drei Wochen vor der Begehung müssen diese ausgefüllt an die zuständige ZÄK bzw. das Gesundheitsamt zurückgeschickt werden. Die Fragen beziehen sich unter anderem auf Hygienevorschriften, Richtlinien des Robert-Koch-Instituts, Arbeitsschutzgesetze und Biostoffverordnungen, aber auch auf Aufstellungslisten für aktive Medizinprodukte (MPVertriebV), Risikobewertung und Einstufung von Medizinprodukten (unkritisch, semikritisch A und B, kritisch A und B), Qualitätsmanagementsystem (individualisierte Standardarbeitsanweisungen, Dokumentationsnachweise, Herstellerliste der Medizinprodukte), Hygieneplan und auf die Sachkenntnisse des Personals (Urkunden, Fortbildungsnachweise) – also jede Menge Bürokratie. In unserem Fall war von Vorteil, dass wir uns bei der Praxisübernahme schon früh mit dem Thema der Hygienerichtlinien und deren Umsetzung beschäftigt haben. Neben den baulichen Anforderungen und den geforderten technischen Endgeräten stützt sich unsere elektronische Hygienedokumentation auf eine gute Abrechnungs- und Managementsoftware und eine Dokumentationssoftware für Instrumentenaufbereitung. Unterstüt- 24 DFZ 01 ∙ 2017 zung bieten auch die jeweiligen Zahnärztekammern an, beispielsweise für aktuelle Hygienevorschriften, Vordrucke oder Schulungsangebote. Externe Berater können bei einer simulierten Praxisbegehung zur Aufdeckung möglicher Beanstandungen durch die Behörden hilfreich sein. Hierfür können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sogar staatliche Zuschüsse für die Beratung beantragt werden. Praxisbegehung Ist der Tag der Praxisbegehung gekommen, sollte neben dem Praxisinhaber auch die schriftlich benannte Hygienebeauftragte (Sachkunde Hygiene) der Praxis anwesend sein, um etwaige Fragen zu beantworten und Abläufe erläutern zu können. Nach der Klärung von allgemeinen Fragen zur Praxisgröße, Anzahl der Behandlungsräume und Mitarbeiter und der Sichtung des individuellen Hygieneleitfadens beginnt die eigentliche Begehung der Praxisräume. Dass alle Räume und Flächen tipptopp sein müssen, versteht sich von selbst (siehe Kasten). Die Vorbereitung könnte wie folgt aussehen: ▶Sachgerechte Vorreinigung mittels verschließbarer Desinfektionswanne/Ultraschallgerät (Alufolientest) und Timer zur Kontrolle der Einwirkungszeit ▶Reinigung, Desinfektion, Spülung und Trocknung durch den Thermodesinfektor/RDG unter Kontrolle von Wartungs-, Validierungsund Revalidierungsprotokollen und Prozessdokumentation ▶Pflege und Funktionsprüfung über die Lupenkontrolle am Freigabeplatz zur frühzeitigen Erkennung und Behebung von Rost, Funktionsdefekte und Anschmutzungen etc. ▶Versiegeln des Sterilguts (Schutzkappen) über das validierbare Siegelgerät (Seal- und Peel-Check) ▶Sterilisation (Sterilisator, Vakuum- und Helixtest) sowie thermische Desinfektion (DAC [Teststreifen]) der Instrumente mit elektronischer Chargendokumentation (Wartungs-, Validierungs- und Revalidierungsprotokolle) ▶Freigabe der Medizinprodukte (Etikettierung) durch die freigabeberechtigten Mitarbeiter (aktueller Hygieneschein) Begehungsschwerpunkte Sachverständige der ZÄK legen insbesondere auf die vorschriftsgemäße Aufbereitung der Medizinprodukte ihr Augenmerk. Kontrolliert werden dabei die geforderten Aufbereitungsprozesse (Vorbehandlung, Reinigung/Desinfektion, Pflege, Versiegelung, Sterilisation) und deren lückenlose Dokumentation (Freigabe und Sterilgutlagerung). Zudem sollte der Praxisbetreiber die geforderten Wartungs- und Validierungs-/Revalidierungsprotokolle der benötigten Endgeräte zur hygienischen Aufbereitung vorlegen können. Abgeglichen werden auch die Listen der geprüften STK/DGUV3-Geräte mit denen der aktiven Medizinprodukte in der Praxis. Bei der Begehung durch das Gesundheitsamt liegt der Fokus mehr auf der Infektionsprävention für das Praxisteam und der Patienten sowie die Einhaltung von Rechtsvorschriften. Die Kontrolle der individualisierten Arbeitsanweisungen, der jährlichen Einweisung in die Geräte und Richtlinien sowie die aktuellen Aushänge der Raumhygienepläne stehen im Vordergrund, ebenso die Vorführung der gelebten Hygiene im Alltag. Inspektionsbericht Nach der Begehung der Räume und der Aufnahme des Ist-Zustands der Praxis folgt die Abschlussbesprechung mit den Prüfern vor Ort. Etwaige Mängel werden in einem Abschlussbericht aufgelistet und mit einer Nachfrist zur Behebung versehen. Hierbei erfolgt eine Einteilung in kritische Mängel (Behebung innerhalb von 24 h), schwerwiegende Mängel (Behebung innerhalb von drei Monaten) und sonstige Mängel (Behebung innerhalb von sechs Monaten). Die Beseitigung der offenen Mängel muss bis zum Ende der jeweiligen Frist mit einer Stellungnahme und Nachweisen erbracht werden. Die Nichtbehebung von Mängeln kann mit Bußgeldern belegt werden, im schlimmsten Fall droht die Schließung der Praxis. Schlussfolgerung Auf Basis der gesetzlichen Grundlagen sollen in der Zukunft alle Praxen hygienetechnisch inspiziert werden. Durch eine sorgfältige Vorbereitung und Planung anhand der Fragebögen ist eine reibungslose und überraschungsarme Begehung möglich. In unseren Augen sollte eine Praxisbegehung weniger als lästiges Übel, sondern vielmehr als Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung der eigenen Praxis angesehen werden. Ein gut etabliertes Hygienemanagement unterstützt den Praxisinhaber und dessen Team bei der Umsetzung wesentlicher Maßnahmen zum Patienten- und Personalschutz, insbesondere im Sinne der Infektionsprävention. Die Anhebung von Hygienestandards und deren Kontrolle führen zu einer höheren Sicherheit in den Praxen und dienen letztlich der verbesserten Absicherung gegenüber Patientenansprüchen. Zur Vorbereitung einer Praxisbegehung siehe auch die Checklisten auf Seite 26. Dr. Markus Fandel Fachzahnarztpraxis für Oralchirurgie und Zahnmedizin, Bonn, www.dr-fandel.de Lutz Florian Weber Steuerberater und Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e.V.), www.dhpg.de © Okea - Fotolia politik Standards für Praxisräume Nicht nur sauber, sondern rein - das gilt fast überall Wartezimmer Das Wartezimmer sollte sich, wie die gesamte Praxis, in einem aufgeräumten und hygienisch sauberen Zustand präsentieren. Die Sitzgelegenheiten müssen desinfektionsmittelbeständig und abwaschbar sein, wie auch das Spielzeug der Kinder oder die Bücher/Zeitschriften im Wartebereich. Toiletten Eine strikte Trennung zwischen der Personaltoilette und der Patiententoilette ist in der Praxis anzustreben, da die Anforderungen grundverschieden sind. Während die Personaltoilette über einen berührungsarmen/berührungslosen Seifenspender und Desinfektionsspender sowie eine berührungsarme Armatur verfügen muss, sind für die Patiententoilette lediglich der Seifenspender und eine berührungsarme Armatur gefordert. In beiden Bereichen ist der Einsatz von Mülleimern mit Tretdeckeln angebracht, ebenso wie der Gebrauch von Einmalhandtüchern. Des Weiteren sollte die Patiententoilette den baulichen Anforderungen einer behindertengerechten Toilette entsprechen. Röntgenraum Der Röntgenraum muss von außen klar gekennzeichnet sein: „Kein Zutritt. Röntgen“. Es gelten die gleichen hygienischen Bestimmungen wie in den Behandlungsräumen. Glatte und leicht zu desinfizierende Oberflächen, ein berührungsarmer/berührungsloser Desinfektionsspender und ein Mülleimer mit Tretdeckel erleichtern die täglichen Arbeitsabläufe. Behandlungsräume Die Oberflächen in den Behandlungsräumen sollten glatt, wischdesinfizierbar und frei von unnötigen Gegenständen sein. Neben der sinnvollen Strukturierung der Räume und den staubdichten Schubladen mit Einlegeböden helfen Hygienehängeschränke mit integrierten Infrarotspendern bei der übersichtlichen Anordnung von Hygieneprodukten. Die jeweilige Behandlungseinheit sollte regelmäßig inspiziert (Wartung, STK/DGUV3) und täglich mehrfach gereinigt werden (Wischdesinfektion intakter Oberflächen, Desinfektion der wasserführenden Systeme). Zudem sollten die jährlichen mikrobiellen Untersuchungen des Betriebswassers jeder Einheit in den Ordnern des Qualitätsmanagements aufbewahrt werden. Jede Flasche und Tube sollte nach Anbruch mit einer Etikettierung (Anbruch- und Ablaufdatum, Mitarbeiterkürzel) versehen werden. Der Bohrerständer muss auf Sauberkeit geprüft und frei von korrodierten und verbrauchten Schleifern sein. Generell empfiehlt sich hier eine VorlegePinzette zur Vermeidung unnötiger Kontamination weiterer Instrumente in den Schubladen. Aufenthaltsraum Der Aufenthaltsraum dient als Rückzugsort für das Personal und sollte auch als solcher genutzt werden. Hier kann ggf. kontrolliert werden, ob der vorhandene Kühlschrank neben Lebensmitteln auch zur Aufbewahrung von Medikamenten zweckentfremdet wird. Sterilisationsraum Der Sterilisationsraum bedarf ebenfalls der klaren Beschriftung: „Kein Zutritt. Sterilisationsraum“. Die Aufteilung des Aufbereitungsraums erfolgt durch eine räumliche Trennung in zwei Arbeitsbereiche oder sofern nicht möglich, durch eine Plexiglas-Trennwand auf der einseitigen Aufbereitungszeile. Ein klar strukturierter Aufbereitungsablauf mit den geforderten Endgeräten muss erkennbar sein. Oberflächen Die in den Räumlichkeiten befindlichen Oberflächen sollten hygienisch leicht zu desinfizieren sein (PVC-Boden, Latexfarbe, freie und glatte Oberflächen) und der Transport der kontaminierten Instrumente sicher in Transportboxen erfolgen. 01 ∙ 2017 DFZ 25 © Peter Atkins - Fotolia politik Hilfsmittel im Praxisalltag Checkliste Praxisbegehungen Diese Übersicht stellt einen notwendigen Minimalstandard dar und hilft zur Überprüfung der bestehenden Anforderungen. Von Thomas Heinze, Berater im Gesundheitswesen, QM-Auditor-TüV, www.neoqm.de Medizinprodukte Gemäß der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) ist eine Vielzahl von Anforderungen zu berücksichtigen, die von Zahnarztpraxen zu erfüllen sind. Medizinprodukte Inhalt Grundlage Verzeichnis aller elektrisch betriebenen (aktiven) Medizingeräte (Medizinprodukte) § 8 MPBetreibV ☐ Hinweis: Erstellen Sie eine Tabelle mit folgenden Inhalten: 1. Bezeichnung, Art und Typ, Loscode oder die Seriennummer 2. Anschaffungsjahr des Medizinproduktes 3. Name oder Firma und die Anschrift des Herstellers 4. die der CE-Kennzeichnung hinzugefügte Kennnummer (vierstellige Nummer) 5. soweit vorhanden, betriebliche Identifikationsnummer 6. Standort und betriebliche Zuordnung 7. die vom Hersteller angegebene Frist für die sicherheitstechnische Kontrolle Medizinproduktebücher zu Geräten der Anlage 1 und 2 der MPBetreibV § 7 MPBetreibV ☐ Hinweis: In der Zahnarztpraxis betrifft dies insbesondere folgende Geräte: Defibrillator (sofern kein AED), Hochfrequenz-Chirurgiegerät, Laser (Klasse 3R, 3B, 4). Grundsätzlich sollten diese und ähnlich risikoreiche Geräte in der Anwendung von befugten Personen des Herstellers oder im Einvernehmen des Herstellers eingewiesen werden. Protokolle der sicherheitstechnischen Kontrollen nach Herstellervorgabe § 6 MPBetreibV Abs. 3 Nachweise der Prüfung der elektr. Sicherheit der Medizinprodukte gemäß DGUV V3 § 2 MPBetreibV 26 DFZ 01 ∙ 2017 Erledigt? ☐ ☐ Instrumentenaufbereitung In § 4 der Medizinproduktebetreiberverordnung wird auf die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufberei- tung von Medizinprodukten verwiesen. Somit stellt diese RKIEmpfehlung die rechtliche Grundlage für die Instrumentenaufbereitung dar. Die Tabellen sollen auf der Grundlage der RKI-Empfehlung eine Vielzahl von Notwendigkeiten verständlich darstellen. Instrumentenaufbereitung Inhalt Erledigt? Baulich-funktionale Gestaltung des Aufbereitungsbereichs: separater Aufbereitungsraum in der Praxis, Bereichstrennung in unrein, rein und Lagerung. ☐ Mitarbeiterqualifikation Die Mitarbeiter der Aufbereitung müssen eine abgeschlossene Ausbildung im Medizinalberuf haben mit entsprechendem Inhalt zur Instrumentenaufbereitung im Rahmenlehrplan z. B. ZMF. Sachkundelehrgänge/Fortbildungen z. B. der DGSV sollten für Mitarbeiter erfolgen, die keine Medizinausbildung besitzen oder keine aktuellen Kompetenzen zur Aufbereitung innehaben. Persönliche Schutzausrüstung In den Schritten der Instrumentenaufbereitung sind geeignete Schutzausrüstungen zu tragen. ☐ ☐ Unreine Tätigkeiten • Schutzkleidung (z. B. flüssigkeitsdichte Schürze) • Schutzbrille (insbesondere bei manueller Reinigung und Ansetzen von Lösungen) • Geeignete Handschuhe Reine Tätigkeiten • Schutzkleidung • Einmalhandschuhe • Instrumentenentnahme aus Desinfektionswanne oder RDG mit Einmalhandschuhen ausreichend Risikoeinstufung der Instrumente Legen Sie eine Übersicht Ihrer Instrumente an, um diese wie folgt zu klassifizieren: • Unkritisch Nur Kontakt mit intakter Haut, • Semikritisch A (massive Instrumente) Kontakt mit Schleimhaut oder krankhafter Haut • Semikritisch B (Instrumente mit erhöhten Anforderungen z. B. Hohlkörpern) Kontakt mit Schleimhaut oder krankhafter Haut • Kritisch A (massive Instrumente) Kontakt mit inneren Geweben, Blut und Wunden • Kritisch B (Instrumente mit erhöhten Anforderungen z. B. Hohlkörper) Kontakt mit inneren Geweben, Blut und Wunden Arbeitsanweisungen zu allen Prozessschritten der Aufbereitung Folgende Aufbereitungsschritte sind, soweit zutreffend, mindestens zu beschreiben: • Vorbehandeln, • Sammeln, • Vorreinigen, • Zerlegen, • Reinigung, ggf. Zwischenspülung, Desinfektion, • Spülung, Trocknung, • Prüfung auf Sauberkeit/Unversehrtheit, • Pflege, Instandsetzung, • Funktionsprüfung, • Verpackung, • Sterilisation, • Kennzeichnung, • Dokumentierte Freigabe • Schnittstellenregelung (Vorgaben Reinigung und Desinfektion, Übergabe, Transport, Lagerung) • Umgang mit Abweichungen/Fehlern ☐ ☐ 01 ∙ 2017 DFZ 27 Instrumentenaufbereitung Inhalt Wartungen entsprechend der Herstellervorgabe (Gebrauchsanleitungen) der Geräte. Validierungen Die Validierung setzt sich aus Installationsqualifikation, Betriebsqualifikation und Leistungsqualifikation zusammen. Die Validierung wird mit einem Validierungsbericht nachgewiesen. Nach Erstvalidierungen erfolgen wiederkehrende Leistungsqualifizierungen. Bei Reinigungs-/Desinfektionsgeräten sind wiederkehrende Leistungsqualifizierungen jährlich umzusetzen. Bei Sterilisatoren ist kein Intervall normativ festgelegt. Somit kann behördlich eine jährliche oder 2-jährliche Einforderung bestehen. Wir empfehlen die Abklärung mit dem Validierer. Qualitätssicherung in der Routine bei Anwendung eines Reinigungs-/Desinfektionsgeräts Folgende Routinekontrollen sind bei Einsatz eines Reinigungs-/Desinfektionsgeräts zu berücksichtigen bzw. entsprechend des Validierungsberichts durchzuführen: Erledigt? ☐ ☐ ☐ ☐ Arbeitstägliche Prüfungen: • Sichtprüfungen (z. B. Kammer, Spülarme, Konnektoren, Dichtungen, Siebe) • Funktionsprüfungen • Füllungszustand Chemikalienbehälter, täglicher Verbrauch Chargenbezogene Prüfungen: • Chargenprotokoll und Freigabeprotokoll mit Leistungsdaten des RDG (z. B. Ausdruck, EDV-Dokumentation) • Dokumentation zur Sichtprüfung (Sauberkeit, ggf. unter Bezug Reinigungsindikator, Unversehrtheit, Trocknung, Restfeuchte) • Reinigungsindikatoren nach Vorgabe des Validierers Qualitätssicherung in der Routine bei Anwendung eines Sterilisators Folgende Routinekontrollen sind bei Einsatz eines Sterilisators zu berücksichtigen bzw. entsprechend des Validierungsberichts durchzuführen: ☐ Arbeitstägliche Prüfungen: • Sichtprüfungen (z. B. Kammer und Dichtungen, Speisewasserbehälter, Speisewasser, ggf. Kühlwasser) • Funktionsprüfungen (ggf. Vakuumtest [Herstellervorgabe], ggf. Dampfdurchdringungstest [entsprechend Validierungsbericht]) Chargenbezogene Prüfungen: • Prüfung und Dokumentation des Ergebnisses der Behandlungsindikatoren • Prüfung und Dokumentation der Prozessparameter (Messwerte der Verfahrensparameter, ggf. Prozessbeurteilungssystem) • Prüfung und Dokumentation des Ergebnisses des Prozessindikators (beiliegender Chemoindikator). Bei Instrumenten der Klasse kritisch A einen Chemoindikator Klasse 5 verwenden Bei Instrumenten der Klasse kritisch B einen Chemoindikator in einem PCD z. B. Helixtest (Kl. 2) verwenden. Unterweisungen in die Bedienung Mitarbeiter, die die maschinelle Reinigung und Desinfektion sowie die Sterilisation durchführen, sind regelmäßig zur Prozessdurchführung zu unterweisen. Eine jährliche Unterweisung sollte mindestens erfolgen. Kennzeichnung der Sterilgutverpackung • Bezeichnung des Instruments, sofern nicht unmittelbar erkennbar • Mitarbeiterkennung des Freigebenden • Chargenbezeichnung der erfolgten Sterilisation • Sterilisierdatum • Verfalldatum Qualitätssicherung zu Heißsiegelgeräten für Sterilgutverpackungen Protokolle/Nachweise für folgende Kontrollen sind nachzuweisen: Täglich Peelcheck (Peelbarkeit) Wöchentlich Sealcheck Jährlich Siegelnahtfestigkeit (Abstimmung mit Validierer) Lagerhaltung Sterilgutverpackungen sind entsprechend zu lagern: • trocken • staubarm • lichtgeschützt • geschützt vor Beschädigung • geschützt vor mechanischen Einflüssen • geschützt vor extremen Temperaturschwankungen • getrennt von unsterilen Produkten Lagerungsdauer: Ungeschützte Lagerhaltung z. B. in Regalen oder auf Arbeitsflächen der Sterilgüter bis maximal 48 Stunden. Geschützte Lagerhaltung z. B. in geschlossenen Schränken und Schubladen bis maximal 6 Monate. 28 DFZ 01 ∙ 2017 ☐ ☐ ☐ ☐ politik springer.com SpringerPlus Die Open Access-Plattform Ihrer Wahl für Forschungsergebnisse aus allen Fachbereichen! • • • • • Unkompliziertes Einreichen der Artikel Strenges Peer Review Klare, transparente und schnelle redaktionelle Abläufe Open Access Erfüllt alle Anforderungen an Open Access-Publikationen Indizierung in den wichtigsten Datenbanken wie Web of Science, Scopus und PubMed Central Weitere Informationen unter springerplus.com A19900 01 ∙ 2017 DFZ 29