IKB-Kapitalmarkt-News – Mögliche Abwertung des Renminbi: die konjunkturelle Entwicklung Chinas ist entscheidend 10. September 2015 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] Die chinesische Regierung möchte ihre Währung als globale Ankerwährung platzieren. Der Renminbi soll nach ihren Plänen neben US-Dollar, Euro, Britischem Pfund und japanischem Yen in den Währungskorb des IWF aufgenommen werden, der die Grundlage für Sonderziehungsrechte darstellt. Als globale Referenzwährung würde die Nachfrage nach der chinesischen Währung steigen, da Länder die Zusammenstellung ihrer Devisenreserven anpassen würden. Dies wiederum würde die Nachfrage nach chinesischen Staatsanleihen erhöhen, da Fremdwährungsreserven primär in Staatsanleihen investiert werden. Der IWF agiert jedoch eher zurückhaltend, da der Preis des Renminbi nicht frei durch den Markt bestimmt wird, sondern sich immer noch am US-Dollar orientiert. Eine Geldpolitik, die die Wechselkursbindung sicherstellen will, verhindert oftmals moderate und notwendige Währungsanpassungen, was wiederum zu deutlichen Wechselkurskorrekturen und Überreaktionen auf den Märkten führen kann. Die Diskrepanz zwischen dem offiziellen Kurs und dem frei gehandelten Renminbi (Quotierung des Offshore-Renminbi in Hong Kong) deutet bereits auf einen zunehmenden Abwertungsdruck hin, obwohl die chinesische Notenbank durch Devisenverkäufe versucht, den Renminbi zu stützen. Der Druck hat sich aufgebaut, weil die chinesische Notenbank nach den deutlichen Aufwertungen über die letzten Jahre vor kurzem eine moderate Abwertung vorgenommen hat. Aufgrund der schwachen Konjunkturzahlen erwartet der Markt nun weitere Abwertungen des Renminbi. XXX Abb. 1: Tägliche Differenzen zwischen Off- und Onshore Wecheselkurs zum US-Dollar 0.15 0.12 0.09 0.06 0.03 0.00 -0.03 -0.06 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Bloomberg; IKB Die chinesische Regierung hingegen hat beim letzten G20 Treffen erneut bekräftigt, dass sie keine weitere Abwertung ihrer Währung verfolgt. Doch wie glaubwürdig ist diese Aussage? Die Geschichte ist voll von Beispielen, bei denen Notenbanken den Märkten zugesichert haben, keine Abwertung zuzulassen. Und oft musste die jeweilige Notenbank am Ende einlenken und dem Druck der Märkte nachgeben. Notenbanken haben generell nicht genügend Devisenreserven, um der Markterwartung einer Abwertung nachhaltig entgegenzutreten. Genauso wenig glaubwürdig ist der Versuch, die Zinsen anzuheben, da dies mit negativen volkswirtschaftlichen Konsequenzen einhergeht und somit marktseitig als nicht nachhaltig eingeschätzt wird. China hat weltweit die höchsten Devisenreserven. Doch die chinesische Notenbank hat in den letzten Monaten großvolumig Devisen verkauft, sodass deren Wert inzwischen um über 10 % gefallen ist. Das Volumen der FX-Märkte sowie die Erwartungen können selbst die größten Devisenreserven wie einen Eisberg in der Sonne schmelzen lassen – vor allem, wenn es fundamentale Gründe gibt, warum eine Währung abwerten sollte. Deshalb ist die aktuelle Politik der chinesischen Notenbank nicht nachhaltig und wird den Abwertungsdruck nicht stoppen können, insbesondere, wenn eine anhaltende konjunkturelle Eintrübung in China eine Abwertung des Renminbi bzw. niedrigere Zinsen sinnvoll erscheinen lassen. Kapitalmarkt News Weder die britische Notenbank konnte ihr Pfund 1992 durch Zusagen und Zinsanhebungen stützen, noch die Russen ihren Rubel in 2014 oder die Türkei ihre Lira in 2013, um nur einige Beispiele zu nennen. Wann immer die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine fundamentale Abwertung erfordern, haben sich jegliche Interventionen von Regierungen als sinnlos herausgestellt. Auch Zinsanhebungen helfen nicht. Im Gegenteil, sie belasten die Volkswirtschaft zusätzlich. Abb. 2: Währungsreserven der PBoC , in Mrd $ 4,500 4,000 3,500 3,000 2,500 2,000 1,500 1,000 500 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Bloomberg; IKB Dies ist in China nicht anders. Eine Abwertung wird erwartet, weil es der Wirtschaft und vor allem der chinesischen Industrie nach Jahren der Aufwertung helfen würde. Im Gegensatz zu den oben genannten Ländern kann die chinesische Regierung im aktuellen Umfeld von konjunktureller Schwäche und Aktienmarktkorrekturen auch nicht die Zinsen anheben. Die Stabilität des Renminbi ist in erster Linie von der volkswirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Warum gibt die chinesische Regierung nicht einfach nach? Befürchtungen, bei einer Abwertung des Renminbi würde ein Abwertungswettlauf entstehen, sind zwar aus globaler Perspektive nachvollziehbar. Doch wenn die chinesische Notenbank dem Ansatz der Fed folgen würde, wäre die globale Entwicklung eher von zweitrangiger Bedeutung: Die Fed verfolgt schon seit Jahren eine Geldmengenausweitung, die anderen Ländern Probleme bereitet. Zu Anfang gab es einen deutlichen Aufwertungsdruck bei den Schwellenländern bzw. im Falle Chinas eine deutliche Geldmengenausweitung als Folge von Devisenaufkäufen. Inzwischen stehen viele Schwellenländer unter erhöhtem Abwertungsdruck gegenüber dem US-Dollar, verbunden mit hoher Währungsvolatilität. Sofern die Fed die globale Finanzlage aufgrund der Entwicklungen in China stützen will, dürfte sie ihre Leitzinsen nicht anheben, um eine weitere Aufwertung von US-Dollar und Renminbi zu verhindern. Hebt die Fed allerdings die Zinsen an und der US-Dollar wertet auf, erhöht sie den Druck auf die chinesische Notenbank und ihre Devisenreserven – vor allem wenn die Konjunktur weiterhin nicht überzeugt. Über Jahre hat die chinesische Regierung dem Aufkaufprogramm der Fed durch Devisenankäufe gegengesteuert, um die Bindung zum US-Dollar aufrecht zu halten und um größere Aufwertungen des US-Dollar zu verhindern. Nun ist das Gegenteil notwendig, damit die Bindung bestehen bleibt. Allerdings ging die Anhäufung von Devisen mit der boomenden Wirtschaft Chinas einher, was das Konfliktpotenzial minimierte. Die Situation hat sich aber umgekehrt. Die Fed scheint sich wenig an den globalen Implikation ihrer Politik zu stören. Der Fokus der Fed liegt weiterhin auf dem USWachstum. Und auch das Aufkaufprogramm der EZB hat bei den aktuell niedrigen Zinsen nur einen effektiven Einfluss auf die Wirtschaft: die Abwertung des Euro soll Inflation und Wachstumsprozess stützen. Würde also die chinesische Notenbank die US-Geldpolitik als Richtlinie nehmen, so müsste sie im aktuellem konjunkturellen Umfeld die Zinsen deutlich senken, was zur Abwertung bzw. Lockerung der Bindung zum US-Dollar führen würde. Kapitalmarkt News exchange rate Abb.3: Effektiver Wechselkurs Renminbi,Effective 2010=100 130 120 110 100 90 80 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Bloomberg; BIS; IKB Der IWF plädiert für Preise, die von freien Märkten bestimmt werden und setzt sich für die Liberalisierung der Devisenmärkte ein. Auf der anderen Seite rät er Ländern oftmals, ihre Währung durch Zinsanhebungen und Devisenverkäufe zu stützen. In seiner jüngsten Artikel-4-Konsultation betont der IWF, dass der aufwertende Renminbi den großen chinesischen Leistungsbilanzüberschuss verringert hat und somit aktuell deutlich näher an seinem Fundamentalwert liegt als in früheren Jahren, als der Leistungsbilanzüberschuss über 10 % des BIP erreichte. Die Euro-Zone erfährt allerdings ebenfalls einen ausweitenden Leistungsbilanzüberschuss. Die Notwendigkeit eines schwachen Euro wird dennoch weiter betont. Der IWF beurteilt das aktuelle Niveau des Renminbi aufgrund der chinesischen Leistungsbilanz als fundamental richtig. Mit zunehmendem Konsum – und fallender Sparquote – ist allerdings mit einer weiteren Verschlechterung der Leistungsbilanz zu rechnen. Doch es sind nicht Gleichgewichtswerte, sondern sinnvolle Veränderungen in wichtigen Preisen, die Märkte und Politik treiben. Wächst China unerwartet langsam, so steigt der Abwertungsdruck, auch wenn die externe Bilanz ausgeglichen ist. Das gleiche Bild ergab sich in der Euro-Zone. Somit ist die Aussage, das Wechselkursniveau sei aktuell fundamental sinnvoll, aufgrund der konjunkturellen Eintrübung nicht nachvollziehbar. Fazit: Die Bindung des Renminbi an den US-Dollar macht die chinesische Notenbank zum Spielball der Märkte und der FedPolitik. Die exzessive Geldmengenausweitung der Fed hat die chinesische Notenbank in den letzten Jahren genötigt, gigantische Devisenreserven aufzubauen und die eigene Geldmenge auszuweiten, um die Kursbindung zum US-Dollar aufrecht zu halten. Nun, da die Fed voraussichtlich eine Zinswende vollzieht, muss die chinesische Notenbank erneut agieren. Deshalb sinken die chinesischen Devisenreserven seit Monaten deutlich. Doch die Politik der chinesischen Notenbank steht mehr und mehr im Gegensatz zur konjunkturellen Entwicklung Chinas, die niedrigere Zinsen und eine Abwertung des Renminbi benötigt. Die Märkte erwarten eine Korrektur in der Geldpolitik, denn anhaltende Deviseninterventionen würden bei einer weiteren konjunkturellen Eintrübung die Glaubwürdigkeit der chinesischen Notenbank erschüttern. Sie würde gegen den Markt arbeiten, was deutliche Wechselkursanpassungen zur Folge hätte. Das Argument des IWF, der Renminbi habe aufgrund eines rückläufigen und aktuell eher überschaubaren Leistungsbilanzüberschusses ein fundamental nachvollziehbares Niveau erreicht, dürfte in den Erwartungen der Märkte keine Rolle spielen. Kapitalmarkt News Disclaimer: Diese Unterlage und die darin enthaltenen Informationen begründen weder einen Vertrag noch irgendeine Verpflichtung und sind von der IKB Deutsche Industriebank AG ausschließlich für (potenzielle) Kunden mit Sitz und Aufenthaltsort in Deutschland bestimmt, die auf Grund ihres Berufes/ Aufgabenstellung mit Finanzinstrumenten vertraut sind und über gewisse Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um unter Berücksichtigung der Informationen der IKB Deutsche Industriebank AG ihre Anlage- und Wertpapier(neben)dienstleistungsentscheidungen zu treffen und die damit verbundenen Risiken unter Berücksichtigung der Hinweise der IKB Deutsche Industriebank AG angemessen beurteilen zu können. 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