Etablierung eines Atemwegs- management

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fortbildung
airwaymanagement
Etablierung eines Atemwegsmanagement-Konzepts für
Rettungsdienstpersonal
Autoren:
Markus Eitzer
Lehrrettungsassistent,
Johanniter-UnfallHilfe,
Regionalverband
Rhein-Neckar/
Franken,
Saarburger Ring 61,
68229 Mannheim,
markus.eitzer@
juh-bw.de
Dr. med.
Marcus Rudolph
Notarzt,
JUH-Regionalverband RheinNeckar/Franken
Dr. med.
Thorsten Finteis
Dr. med.
Harald Genzwürker
Notärzte,
Klinik für
Anästhesiologie
und Operative
Intensivmedizin,
Universitätsklinikum Mannheim,
Theodor-KutzerUfer 1-3,
68167 Mannheim
Abb. 1: Elementarer Bestandteil
der präklinischen
Notfalltherapie:
Atemwegsmanagement
Zum Thema
„Supraglottische
Alternativen“ bei
der Reanimation
(Advanced Life
Support)
siehe auch:
www.erc.edu
I 58 I
Maskenbeatmung und Intubation werden als Maßnahmen betrachtet, die Rettungsassistenten selbstständig durchführen sollen. Daten zur Erfolgsrate
von ärztlichem (1, 2), aber insbesondere nichtärztlichem Personal bei der präklinischen Intubation
(3, 4) und die Probleme der Maskenbeatmung im
Notfall (nicht nüchterner Patient, fallender ösophagealer Sphinkterdruck, Mageninsufflation) machen
die Vorhaltung von geeigneten Alternativen unabdingbar. Bisher ist die entsprechende Ausstattung
der notarztbesetzten Rettungsmittel nicht flächendeckend gewährleistet, über den Stand der Bestückung von RTW und KTW mit Airway-Alternativen im
deutschsprachigen Raum ist bisher nichts bekannt.
Larynx-Tubus
Der 1999 auf dem Deutschen Anästhesiekongress erstmals
vorgestellte Larynx-Tubus LT® (VBM Medizintechnik, Sulz
a.N.) stellt eine mögliche supraglottische Alternative für die
Beatmung auch im Notfall dar. Es handelt sich um einen
wieder verwendbaren Einlumentubus aus Silikon, der am
distalen Ende verschlossen ist. Ein großer proximaler Cuff
verschließt den Nasen-Rachen-Raum, ein kleinerer distaler
Cuff verschließt den Ösophaguseingang. Die Beatmung erfolgt über zwei vorne zwischen den beiden Cuffs gelegene
Öffnungen (Abb. 2).
Lange ungelöst war das Problem der Resterilisation von
präklinisch benutzten Larynx-Tuben. Seit November 2003
ist eine Einmalversion aus PVC – der LTD („Laryngeal Tube
Disposable“) – verfügbar, der sich neben dem niedrigeren
Stückpreis auch aufgrund der fehlenden Notwendigkeit
zur Aufbereitung besonders für den präklinischen Einsatz
anbietet (Abb. 3).
Eine weitere Variante des Larynx-Tubus, der LTS („Laryngeal Tube Suction“) erlaubt die zusätzliche Einführung einer
Magensonde. Die Einmalversion aus PVC ist seit dem Juni
2005 verfügbar.
Vor- und Nachteile supraglottischer Hilfsmittel
Im Vergleich zur Beatmung mit der Gesichtsmaske bieten
Hilfsmittel wie Larynxmaske und Larynx-Tubus Vorteile
hinsichtlich der besseren Abdichtung des Atemweges, der
Vermeidung einer Magenbeatmung und der Reduktion des
Aspirationsrisikos. Stone konnte beispielsweise in einer Untersuchung an 996 reanimierten Patienten zeigen, dass es
bei der Maskenbeatmung in 12,4% zur Regurgitation von
Mageninhalt kam, mit der Larynxmaske aber nur in 3,5% (6).
Ein viel wichtigeres Argument ist aber die Sicherstellung
einer besseren Oxygenierung im Vergleich zur Beatmung
mit der Gesichtsmaske – der Ausbildungsbedarf, um eine
Maskenbeatmung sicher zu beherrschen, wird dabei regelmäßig erheblich unterschätzt.
Die bessere Oxygenierung wird auch als wichtiges Argument für den Einsatz von supraglottischen Alternativen
anstelle eines Endotrachealtubus angeführt: Gerade weni-
airwaymanagement
fortbildung
Abb. 2: LarynxTubus in korrekter
Position
ger Geübten kann es so schneller gelingen, den Patienten
sicher zu beatmen, als es nach langwierigen Intubationsversuchen der Fall wäre. Denn die wichtigste und komplikationsreichste Hürde bei der endotrachealen Intubation
entfällt bei der Anwendung supraglottischer Atemwege:
die Laryngoskopie.
Abb. 3: LarynxTubus LTD aus
PVC für den
Einmalgebrauch
Von manchen wird der Endotrachealtubus als wichtiger
Applikationweg für Medikamente bei der Reanimation
genannt, weshalb supraglottische Alternativen gerade im
Notfall nicht geeignet seien. Hier wird übersehen, dass zum
einen die intravenöse Applikation den empfohlenen Weg
darstellt, zum anderen die Oxygenierung des Patienten
auch in der Reanimationssituation definitiv wichtiger für
die Prognose ist als die Medikamentengabe.
Welche Vorteile bietet dieses Hilfsmittel?
Mehrere Faktoren entscheiden über die Eignung eines supraglottischen Hilfsmittels für den Einsatz im Notfall: die
Güte der Abdichtung, die Erfolgsraten bei der Platzierung
und der Zeitbedarf, einfaches Handling und, nicht zuletzt,
auch die Akzeptanz beim Personal.
Beatmungsdruck, bei dem eine Undichtigkeit auftrat, als
Parameter herangezogen (Abb. 4).
Mehrere klinische Studien konnten zeigen, dass die Abdichtung des Atemweges mit dem Larynx-Tubus die Dichtigkeit, die mit der Larynxmaske erreicht wird, übersteigt.
Dabei wurde der so genannte „Leckagedruck“, also der
Mehrere Untersuchungen fanden hohe Erfolgsraten für die Platzierung des Larynx-Tubus,
gerade auch bei Anwendern mit geringer
Vorerfahrung (12-15).
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*
■ Larynx-Tubus
■ Larynxmaske
*
*
Konzept an den Notarztstandorten
Auf den NEF in Mannheim wird der Larynx-Tubus in den
Kindergrößen 0 bis 2 und der LTS in den Größen 3 bis 5
mitgeführt. Abgerundet werden die Sets „Atemwegsmanagement“ durch Notkoniotomiesets für Kinder und
Erwachsene (17). Hinterlegt ist ein Algorithmus für das
Atemwegsmanagement, der allen eingesetzten Mitarbeitern geläufig sein soll (Abb. 5).
20
Ausbildungskonzept Rettungsdienstpersonal
15
10
Miller 2001
Abb. 4: Leckagedruck (cm H2O)
mit Larynx-Tubus
und Larynxmaske bei 5
vergleichenden
Studien (7-11);
* = signifikanter
Unterschied
Asai 2002 Ocker 2002 Cook 2003 Wrobel 2004
Kurola konnte in seiner Untersuchung mit Rettungsdienstpersonal demonstrieren, dass der Zeitbedarf zur
Platzierung eines Larynx-Tubus signifikant kürzer gegenüber der Intubation war, sodass eine Beatmung früher
erfolgen konnte (13). Im Vergleich zu anderen supraglottischen Atemwegen fanden sich keine klinisch relevanten
Unterschiede in einer Studie mit 86 Rettungsassistenten
(14).
Die Handhabung des Larynx-Tubus wird bei entsprechenden Befragungen mehrheitlich als sehr einfach oder
einfach eingestuft (14). In einer vergleichenden Untersuchung mit der Larynxmaske bewerteten 93% der beteiligten japanischen Paramedics die Anwendung des LarynxTubus als einfacher, der Rest als vergleichbar – keiner der
Teilnehmer bevorzugte die Larynxmaske (15).
Abb. 5:
Algorithmus für
das präklinische
Atemwegsmanagement
Die hohe Akzeptanz beim Personal war ein wichtiges Argument am eigenen Standort. Bereits nach der Teilnahme an
einer Studie hatten viele Mitarbeiter für die Einführung des
Larynx-Tubus plädiert (14). Die hohe Anwenderakzeptanz
findet sich aber auch in Arbeiten aus anderen Ländern wie
Japan und Italien (15, 16).
Alle Rettungsmittel der Johanniter-Unfall-Hilfe Mannheim
(RTW, KTW) erhielten im Januar 2005 eine Grundausstattung für das Atemwegsmanagement: Der LTD in Größe
4 und 5 sowie die passende farbcodierte Blockerspritze
wurden in die Notfallrucksäcke aufgenommen. So sollte es
den Mitarbeitern ermöglicht werden, Konzepte des Atemwegsmanagements bei den Patienten umzusetzen, die den
Großteil der Einsätze ausmachen. Für Kinder muss derzeit
noch auf die Vorhaltung der NEF zurückgegriffen werden.
Im Rahmen der Einführung wurden die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes in zwei
Unterrichtseinheiten in die Anwendung des Larynx-Tubus
theoretisch eingewiesen. Es schloss sich eine praktische
Übungsphase (zwei Unterrichtseinheiten) am Modell in
Kleingruppen an, bei der nicht nur die Anwendung des
Larynx-Tubus, sondern auch die Integration in verschiedene Einsatzabläufe (Reanimation, eingeklemmter Patient)
geübt werden konnte. Dieser Unterrichtsblock „Atemwegsmanagement“ wurde in die regelmäßigen jährlichen Rettungsdienstfortbildungen integriert.
Der Einsatz des Larynx-Tubus kann nach Einweisung neben
der Anwendung bei Problemen mit Maskenbeatmung und
Intubation auch als unmittelbarer Ansatz zur Sicherung des
Atemweges bei der Reanimation erfolgen.
Alle Anwendungen werden dokumentiert und von den
ärztlichen Projektleitern ausgewertet, um Probleme oder
zusätzlichen Schulungsbedarf erkennen zu können. Erste
Erfahrungen zum Einsatz bei fünfzehn Reanimationen waren positiv, die Akzeptanz des Larynx-Tubus beim Rettungsdienstpersonal ist hoch.
Zusammenfassung
Die Vorhaltung von Alternativen zu Maskenbeatmung und
Intubation muss im Rettungsdienst als Standard betrachtet werden. Der Larynx-Tubus für den Einmalgebrauch
ermöglicht die Umsetzung eines Konzepts für das Atemwegsmanagement auch durch Rettungsdienstpersonal mit
■
vertretbarem Ausbildungsaufwand.
�
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