MEDIZIN 10 Medical Tribune · 48. Jahrgang · Nr. 33/34 · 23. August 2013 Akupressur vertreibt Nausea Wie Sie den imperativen Harndrang bei alten Männern in den Griff bekommen bei Migräne Vorsicht mit der Diagnose „Prostata“! Internationaler Kopfschmerz-Kongress BOSTON – Akupressur wirkt bei Migräne der lästigen Übelkeit entgegen, wie eine Studie der Berolina Klinik in Löhne ergab. Deren 41 Teilnehmer litten innerhalb von drei Monaten im Mittel 33 Tage unter Migräne, die Intensität der begleitenden Übelkeit beurteilten sie mit 6,2 von 10 möglichen Punkten. Statt ein Antiemetikum einzunehmen, sollten sie während der Migräneattacke ein Band mit Akupressureffekt am Handgelenk tragen (Sea-Band). Die Übelkeit ging damit bei 83 % der Patienten zurück. Nach durchschnittlich 28 Minuten war eine Reduktion auf im Mittel 2,9 Punkte (von 10) erreicht. Fast alle (98 %) Kranken gaben an, das Band beim nächsten Migräneanfall wieder zu benutzen. Die Akupressur bietet eine medikamenten- und damit nebenwirkungsfreie Behandlungsmöglichkeit für die migräneassoziierte Übelkeit. Gleichzeitig umgeht man damit die Risiken von Wechselwirkungen mit den Migränemitteln, erklärte Dr. Zoltan Medgyessy von der Berolina Klinik auf dem International Headache Congress (IHC). SK Aus der Fachliteratur KASSEL – Wenn ältere Männer über imperativen Harndrang, abgeschwächten Strahl oder Nykturie klagen, fällt der Verdacht schnell auf die Prostata. Dabei werden andere Ursachen leicht übersehen, mahnt ein erfahrener Urologe. wie die BPH-bedingte Auslassobstruktion. Deshalb sollte die Indikation zur Prostataoperation beim alten Mann stets kritisch überprüft werden, fordert der ehemalige Direktor der Klinik für Urologie am Städtischen Klinikum Kassel. Lebensrhythmus an die Blase anpassen Auch Stoffwechselerkrankungen wie der Diabetes können Mikti- Wichtig ist es, bereits bei der Anaonsstörungen auslösen, ebenso mnese nach eingenommenen Meneuropsychiatrische Probleme (De- dikamenten und neurologischen pressionen, kognitive Störungen, Symptomen zu fragen. Ein ProstaSchlaganfall und Neuropathien), die takarzinom lässt sich meist schon nicht immer auf den ersten Blick er- anhand der digitalen rektalen Unterkennbar sind. Und zahlreiche Medi- suchung und des PSA-Spiegels weitkamente kommen ebenfalls als Ursa- gehend ausschließen. Patienten mit che vesikaler Symptome in Betracht suspektem Palpationsbefund, einem (s. Kasten), erinnert der Kasseler PSA-Wert > 3 ng/ml (oder Anstieg Urologe Professor Dr. Hansjörg gegenüber dem Vorbefund) sollten Melchior. Vor allem Antidepressi- fachärztlich abgeklärt werden, so va, Neuroleptika und Sedativa kön- Prof. Melchior. Gleiches gilt bei häunen den Detrusor lähmen – bis hin figen Harnwegsinfekten, Hämaturie zum Harnverhalt, eine Prostataope- oder auffälligen Sonographiebefunration hätte hier fatale Folgen. den von Niere bzw. Harnblase (TuInsgesamt sind Medikamenten- mor?), ebenso bei erhöhtem Kreatinebenwirkungen, Stoffwechselstö- nin oder Restharn über 50 ml. rungen und neuroloDer häufig beklagte gisch-psychiatrische imperative Harndrang Klettverschluss Erkrankungen fast so entsteht oft auch als hilft bei Folge der nachlashäufig die Ursache vesenden Hirnfunktion. sikaler Beschwerden Inkontinenz Die betroffenen Patienten verlernen, ihre Blase schon im nicht voll gefüllten Zustand prophylaktisch zu entleeren. Deshalb werden sie später vom Harndrang „überfallen“ und können diesen dann nicht mehr unterdrücken, bis sie eine Toilette erreichen. Die klassischen Symptome der „Altersblase“ (imperativer Harndrang und nächtliches Einnässen) lassen sich weder operativ noch medikamentös behandeln, betont Prof. Melchior. Stattdessen müssen die Patienten ihr Leben dem Blasenrhythmus anpassen (Toilettentraining). Damit dies gelingt, sollten sie zunächst über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen ein Miktionsprotokoll führen, in dem Zeiten und Mengen sowohl für die Flüssigkeitsaufnahme als auch für die Entleerung genau eingetragen werden. Bei kleinen Miktionsvolumina (< 200 ml) bzw. -Intervallen (unter drei Stunden) kann man die Blasenkapazität mit Antimuskarinika wie Oxybutynin oder Tolterodin vergrößern (Restharnkontrolle). Anschließend wird dann ein entsprechend angepasster neuer Entleerungsrhythmus trainiert (ggf. Kleidung mit Klettverschlüssen, die sich leicht öffnen lassen). Antispasmodika verzögern den Harndrang Allerdings ändert die antispasmodische Therapie nichts am Phänomen des imperativen Harndrangs, dieser tritt nur etwas später auf. Deshalb berichten viele Patienten, dass ihnen diese Medikamente nicht helfen. Dr. Dorothea Ranft Hansjörg Melchior, Hessisches Ärzteblatt 2013, 7: 551-553 Medikamente mit Einfluss auf die Blase ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika, Antidepressiva, Neuroleptika, Kalziumantagonisten, Digitalis, Alpharezeptorenblocker Anticholinergika Analgetika Antiemetika, Antazida Antiepileptika, Antiparkinsonmittel Antihistaminika Cholinergika Prostaglandininhibitoren Sedativa aus "Medical Tribune" Nr. 33-34/2013, S. 10 Folge 3 PRAXISWORKSHOP HERZINSUFFIZIENZ Evidenzbasierte Phytotherapie bei nachlassender Herzleistung im Alter Dyspnoe und Herzstolpern im Griff: Zurück aufs Mountainbike Weißdorn-Spezialextrakt WS® 1442 komplettiert kardiale Standardtherapie und verbessert Herzfunktion und Befinden Der Fall: Frau mit Belastungsdyspnoe n Patientendaten n n n n n 51 Jahre, keine Vorerkrankungen, verheiratet, zwei Kinder, sehr sportliche Familie, Montainbiking Anamnese CrataegusKraftfutter Dyspnoe, Schwindel und Herzrhythmusstörungen während Radfahrurlaub. Klinikeinweisung, Herzinsuffizienz NYHA II nach vermuteter Myokarditis Untersuchungsbefunde in der Klinik BNP 677 pg/ml, CK 366 U/l, Trop I erhöht, Rö-Thorax: kardiale Stauung, EF 40 %, keine KHK im Herzkatheter, LZ-EKG: 3300 SVES, 763 monomorphe VES, Sinusbradykardie 51/min Therapie ACE-Hemmer, Diuretikum, niedrig dosierter Betablocker, Reha-Aufenthalt Aktuelle Beschwerden und Befunde Weiterhin Belastungsdyspnoe und Herzrhythmusstörungen, EF 45 %, Herzfrequenz 51/min, 968 SVES, 389 VES Therapie und Verlauf Weißdorn-Spezialextrakt WS® 1442 450 mg zweimal täglich, innerhalb von zwei Monaten Besserung der Rhythmusstörung (LZ-EKG: 130 SVES, 67 VES), deutliche Besserung der Dyspnoe und der körperlichen Belastbarkeit, subjektives Wohlbefinden Die sportliche Frau fährt leidenschaftlich Mountainbike, trainiert viermal pro Woche und unternimmt regelmäßig Radfahrurlaube mit ihrem Mann und den zwei erwachsenen Kindern. Sechs Wochen nach einem solchen Radfahrurlaub in Südtirol kommt die 51-Jährige in die Praxis und berichtet von einem Zwischenfall, der sie während des Urlaubs in die Klinik brachte. Die Frau erzählt, dass sie sich schon etwas länger nicht mehr so fit fühle und das körperliche Training ihr zunehmend schwer gefallen sei. Im Radfahrurlaub in Südtirol bekam die Frau immer schlechter Luft. Als zusätzlich Schwindel und ein unregelmäßiger Herzschlag auftraten, brachte sie der Ehemann in die Klinik. Sinusbradykardie limitiert den Betablocker Dort wurde nach einem zweiwöchigen Aufenthalt eine Herzinsuffizienz NYHA II diagnostiziert. Die Kollegen führten dies auf eine mögliche Myokarditis zurück, die jedoch histologisch nicht gesichert werden konnte. Es wurde eine medikamentöse Therapie mit einem ACE-Hemmer und einem Diuretikum eingeleitet. Die Patientin erhielt zusätzlich einen Betablocker, der aufgrund der Sinusbradykardie jedoch nur niedrig dosiert Dr. Luitpold Kistler niedergelassener Allgemeinmediziner in Mainburg Foto: MT-Archiv verabreicht werden konnte. Nach einem Reha-Aufenthalt stellte sich die Patientin in der Praxis vor, weil sie nach wie vor an Belastungsdyspnoe und Herzrhythmusstörungen litt. Herz-Medikation ausgeschöpft – was bewirkt Weißdorn? Eine erneute kardiologische Untersuchung ergab eine EF von 45 % und im Langzeit-EKG die bekannte Sinusbradykardie sowie 968 supraventrikuläre und 389 ventrikuläre Extrasystolen. Eine Erhöhung des Betablockers war aufgrund der niedrigen Herzfrequenz nicht möglich, die sonstige kardiologische Therapie war bereits ausgeschöpft. Daraufhin fiel die Entscheidung, eine Behandlung mit Weißdorn-Spezialextrakt WS® 1442 (Crataegutt® novo 450 mg) zu beginnen. Bei einer Langzeit-EKG-Kontrolle zwei Monate später hatten sich die supraventrikulären Extrasystolen auf 130 und die ventrikulären Extrasystolen auf Beste dokumentierte klinische Wirksamkeit: Weißdorn-Spezialextrakt WS® 1442 n Zwei große Analysen mit mehr als 1500 Patienten – darunter ein Cochrane Review – dokumentieren die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit von Weißdorn (Eggeling T. et al., Phytomedicine 18, [14], 214–1219; Pittler MH et al., Cochrane Database of Systematic Reviews 2008). n Eine Vielzahl klinischer Studien bestätigt, dass Crataegus-Spezialextrakt WS® 1442 (Crataegutt® novo 450 mg) die körperliche Belastbarkeit und Lebensqualität bei Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA II bessern kann (Eggeling T., EHK 61, 2012; 133–139). n Der Weißdorn-Spezialextrakt WS® 1442 weist die am besten dokumentierte klinische Wirksamkeit unter den Weißdornpräparaten auf. 67 reduziert, die Auswurffraktion war unverändert. Die Patientin gab freudig an, es gehe ihr viel besser, ihr Herz schlage nicht mehr so unruhig und sie habe wieder Luft beim Radfahren. Die Frau nimmt den Weißdornextrakt weiter regelmäßig ein. Sie trainiert wieder mit dem Mountainbike und plant aktuell den nächsten Radfahrurlaub mit ihrer Familie. Impressum | Idee und Konzeption: Inter Medical Sonderpublikationen · Redaktion: Christine Vetter · Chef vom Dienst: Hannelore Schell · Mit freundlicher Unterstützung der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe · Medical Tribune 33-34/2013 – 24540_3