Lineare Algebra Prof. Richard Pink D-MATH, FS 2015 Lösung zu Serie 14 1. [Aufgabe] Wir betrachten den euklidischen Vektorraum R[x] mit Skalarprodukt Z ∞ hp, qi = p(t)q(t)e−t dt. 0 a) Zeige, dass es eine eindeutige Orthonormalbasis p0 , p1 , p2 , . . . von R[x] gibt, so dass deg(pn ) = n ist und der Leitkoeffizient von pn positiv ist. b) Gib p0 , p1 , p2 explizit an. 1. [Lösung] a) Sei qk = xk ∈ R[x]; dann bilden q0 , q1 , q2 , . . . eine Basis von R[x]. Seien p0 , p1 , p2 , . . . die Vektoren, die man durch Anwendung der Gram-SchmidtOrthonormalisierung auf q0 , q1 , q2 , . . . erhält. Tatsächlich bilden diese Vektoren eine Orthonormalbasis von R[x]. Im k-ten Schritt des Gram-SchmidtVerfahrens erhält man die Vektoren k−1 X p̃k = x − hxk , pj ipj , k j=1 pk = 1 p̃k . |p̃k | Per Induktion zeigt man dann, dass deg(pk ) = deg(p̃k ) = k ist, da deg(xk ) = k ist und deg(pj ) = j < k für 1 ≤ j ≤ k − 1. Ferner ist der Leitkoeffizient von pk gleich 1/|p̃k |, also positiv. Sei p00 , p01 , p02 , . . . eine weitere Orthonormalbasis mit den geforderten Eigenschaften. Dann zeigt man p0k = pk für k ≥ 0 per Induktion nach k. Man sieht leicht, dass p00 = p0 , da p00 eine positive Konstante sein muss. Seien nun p0j = pj für 0 ≤ j ≤ k − 1. Laut Voraussetzung liegt p0k im (k + 1)-dimensionalen Raum R[x]≤k der Polynome vom Grad höchstens k. Dann spannen die Vektoren p00 , . . . , p0k−1 den Raum R[x]≤k−1 der Dimension k auf. Also liegt p0k im eindimensionalen orthogonalen Komplement von R[x]≤k−1 in R[x]≤k . Da es zusätzlich noch Norm 1 hat, gibt es also genau zwei Wahlmöglichkeiten für p0k . Wir wissen bereits, dass pk eine davon ist, die andere ist −pk . Da aber −pk einen negativen Leitkoeffizienten hat, gilt also p0k = pk . b) Zunächst stellen Berechnung des Skalarprodukts fest: Für jedes Pn wir zur i Polynom p = i=0 ai x ∈ R[x] ergibt sich mit wiederholter partieller Integration, dass Z ∞ n X p(t)e−t dt = i! · ai . 0 i=0 (Natürlich genügt es für diese Aufgabe, die Formel für n = 4 zu verifizieren.) Wie oben setze q0 = 1, q1 = x und q2 = x2 . Die Orthonormalbasis p0 , p1 , p2 erhalten wir folgendermassen: Z ∞ 2 e−t dt = 1 |q0 | = 0 p0 p̃1 |p̃1 |2 1 q0 = 1 = |q0 | = q1 − hq1 , p0 ip0 = x − 1 Z ∞ = (t − 1)2 e−t dt = 1 0 1 p̃1 = x − 1 |p̃1 | = q2 − hq2 , p1 ip0 − hq2 , p1 ip1 = x2 − 2 − 4(x − 1) = x2 − 4x + 2 Z ∞ (t2 − 4t + 2)2 e−t dt = 4 = p1 = p̃2 |p̃2 |2 0 p2 = 1 1 p̃2 = x2 − 2x + 1 |p̃2 | 2 2. [Aufgabe] Ein Unterraum U von R3 mit dem Standardskalarprodukt sei aufgespannt von den beiden Vektoren v1 = (1, 1, 1)T und v2 = (0, 2, 1)T . a) Bestimme je eine Orthonormalbasis von U und von U ⊥ . b) Gib die Darstellungsmatrizen der Orthogonalprojektionen R3 → U und R3 → U ⊥ an bezüglich der Standardbasis von R3 und der jeweiligen Basis aus a). 2. [Lösung] a) Eine einfache Möglichkeit, die Orthonormalbasen von U und U ⊥ gleichzeitig zu bestimmen, ist die Anwendung der Gram-Schmidt-Orthonormalisierung auf die Vektoren v1 , v2 sowie einen zusätzlichen Vektor v3 ∈ R3 , der die beiden zu einer Basis ergänzt, beispielsweise v3 = (1, 0, 0)T . Man erhält 1 −1 1 1 1 1 1 1 1 w1 = √ w2 = √ w3 = √ 3 1 2 6 −2 0 Die gesuchte Orthonormalbasis für U ist dann w1 , w2 während w3 eine Orthonormalbasis von U T bildet. Alternativ ermittelt man zunächst mit Gram-Schmidt die Orthonormalbasis w1 , w2 von U und löst unabhängig davon das Gleichungssystem 1 1 1 0 x= 0 2 1 0 um das orthogonale Komplement von U T zu bestimmen. Dann führt man auf der erhaltenen Basis von U T eine weitere Gram-Schmidt-Orthonormalisierung durch. b) Die orthogonale Projektion von R3 auf U ist gegeben durch v 7→ hv, w1 iw1 + hv, w2 iw2 . Also ist die darstellende Matrix bezüglich der Standardbasis e1 , e2 , e3 von R3 und der Basis w1 , w2 gegeben durch √ √ √ 1/ √3 1/√3 1/ 3 . (hej , wi i) 1≤i≤2 = −1/ 2 1/ 2 0 1≤j≤3 Analog erhält man für die Orthogonalprojektion von R3 auf U ⊥ die Matrix √ √ √ 1/ 6 1/ 6 −2/ 6 . 3. [Aufgabe] Berechne eine Zerlegung A = QR der Matrix −1 1 −1 A= 2 0 1 −2 1 0 in eine orthogonale Matrix Q und eine rechte obere Dreiecksmatrix R. Verwende diese Zerlegung, um das lineare Gleichungssystem Ax = b für b = (0, 3, −3)T zu lösen. 3. [Lösung] Die gesuchten Matrizen sind −1/3 2/3 −2/3 Q = 2/3 2/3 1/3 , −2/3 1/3 2/3 3 −1 1 R = 0 1 0 . 0 0 1 Durch Multiplikation der Gleichung Ax = QRx = b von links mit der invertierbaren Matrix Q−1 = QT erhält man das äquivalente Gleichungssystem Rx = QT b = (4, 1, −1)T . Da R obere Dreiecksgestalt hat, erhält man hieraus schnell die Lösung x = (2, 1, −1)T . 4. [Aufgabe] Sei A ∈ Matn×n (R). a) Zeige, dass AT A positiv definit ist, falls A invertierbar ist. b) Zeige, dass Rang(A) = Rang(AT A) ist. 4. [Lösung] a) Sei A invertierbar und v ∈ Rn \ {0}. Dann ist Av 6= 0 und somi v T · (AT A) · v = (v T AT ) · Av = (Av)T Av = kAvk2 > 0. Also ist AT A positiv definit. b) Behauptung: Kern(LA ) = Kern(LAT A ). Eine Inklusion folgt direkt: Für alle v ∈ Rn mit Av = 0 gilt natürlich auch AT Av = AT 0 = 0. Umgekehrt sei AT Av = 0, dann gilt kAvk2 = (Av)T Av = (v T AT ) · Av = v T · (AT A) · v = v T 0 = 0. Da die euklidische Norm positiv definit ist, gilt also Av = 0, also v ∈ Kern(LA ). Somit gilt die Behauptung. Aus der Behauptung schliesslich folgt Rang(A) = dim Bild(LA ) = n − dim Kern(LA ) = n − dim Kern(LAT A ) = dim Bild(LAT A ) = Rang(AT A). 5. [Aufgabe] Sei A ∈ On (R). Zeige, dass es einen eindeutigen Unterraum U ⊂ Rn gibt, so dass A|U = idU und A(U ⊥ ) ⊂ U ⊥ ist und A|U ⊥ keine Fixpunkte ausser 0 ∈ U ⊥ hat. 5. [Lösung] Sei U der Eigenraum von A zum Eigenwert 1 (insbesondere U = {0} falls 1 kein Eigenwert von A ist). Dann erfüllt U die Behauptungen. In der Tat gilt per Definition dass A|U = idU ist. Sei nun w ∈ U ⊥ , also hu, wi = 0 für alle u ∈ U , wobei h, i das euklidische Skalarprodukt von Rn ist. Dann gilt aber 0 = hu, wi = hAu, Awi = hu, Awi, da A orthogonal ist und u laut Voraussetzung invariant unter A. Da dies für alle u ∈ U gilt, folgt also Aw ∈ U ⊥ , dh. A(U ⊥ ) ⊂ U ⊥ . Wäre nun w ∈ U ⊥ \ {0} ein Fixpunkt, dh. Aw = w, dann wäre es ein Eigenvektor zum Eigenwert 1, dh. w ∈ U . Das ist ein Widerspruch da U ∩ U ⊥ = {0} ist. Nehmen wir nun an wir hätten einen weiteren Teilraum W mit den Eigenschaften aus der Aufgabe. Die Bedingung A|W = idW ist äquivalent dazu, dass W im Eigenraum von A zum Eigenwert 1 enthalten ist, also W ⊂ U . Wäre W ein echter Teilraum von U so gäbe es einen Vektor 0 6= w ∈ U senkrecht zu W . Dann ist w ein Fixpunkt von A, der in W ⊥ \ {0} enthalten ist, ein Widerspruch.