Modellbildung und Simulation

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Erklärungen, Zusätze und Abhandlungen begleitend zu den Vorlesungen und Übungen
aus dem Fach
Modellbildung und Simulation
im Diplomingenieur-Studiengang BMI
von
Assoc.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Michael Seger
c Michael Seger 2009 – 2012 – Stand: 23. Jänner 2012
UMIT – The Health and Life Sciences University
Institute of Electrical, Electronic and Bioengineering
Institute of Automation and Control Engineering
Eduard-Wallnöfer-Zentrum 1
A-6060 Hall in Tirol
Österreich/Austria
http://www.umit.at
Inhaltsverzeichnis
1 Freier Fall mit und ohne Luftreibung
1.1 Freier Fall ohne Luftreibung . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Freier Fall mit Luftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Luftreibung linear zur Fluggeschwindigkeit . . . .
1.2.2 Luftreibung quadratisch zur Fluggeschwindigkeit .
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1
2
3
5
7
2 Wärme-Diffusionsgleichung
12
3 Das Hodgkin-Huxley-Modell
3.1 Elektro- und biochemische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Die Nernst-Plank’sche Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.2 Die Nernst-Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.3 Goldman-Hodgkin-Katz-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Modellierung des Aktionspotentials eines Tintenfischaxons . . . . . . . .
3.2.1 Molekulare Grundlagen der Membranerregbarkeit . . . . . . . . .
3.2.2 Elektrische Grundlagen der Membranerregbarkeit . . . . . . . . .
3.2.3 Modellierung des Verhaltens der Kalium-Ionenleitfähigkeit der Zellmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.4 Modellierung des Verhaltens der Natrium-Ionenleitfähigkeit der
Zellmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Diskretisierung der Hodgkin-Huxley-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Berechnung der diskreten Werte für die n-, m- und h-Partikel . .
3.3.2 Berechnung der diskreten Werte für die GK -, GN a - und GL Leitfähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Berechnung der diskreten Werte für die kapazitive Stromdichte Im
3.3.4 Parameter und Konstant-Werte für das Hodgkin-Huxley-Modell .
3.4 Typischer Verlauf einer Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
15
17
21
22
23
23
26
4 Radialsymmetrisches Problem im R2
44
5 Finite Elemente Methode – FEM
5.1 Grundlagen – Startpunkt für die FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Die Methode von Galerkin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Generelle Beschreibung der FEM mit Fokus auf die Methode nach Galerkin
47
47
47
49
1
28
30
33
35
35
36
36
38
39
INHALTSVERZEICHNIS
5.4
FEM
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.4.4
– Ein Beispiel in R3 . . . . . . . . . . . . . .
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . .
Berechnung der Steifigkeits-Element-Matrix
Die Methode der konjugierten Gradienten .
2
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51
51
53
56
57
6 Formelsammlung
6.1 Logarithmus – Additionstheorem . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Wichtige
R in diesem Skript angewandte Integrale . . . . . . . .
6.2.1 R x1 dx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
6.2.2 R 1−x
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 dx
6.2.3
tanh x dx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Zur Herleitung des Laplace-Operators in Zylinderkoordinaten .
6.3.1 Konventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.2 Gradient in Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . . .
6.3.3 Divergenz in Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . .
6.3.4 Laplace-Operator in Zylinderkoordinaten . . . . . . . .
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62
62
63
64
64
66
67
69
Kapitel 1
Ergänzungen zur Herleitung der
mathematisch-analytischen Modelle
zum freien Fall mit und ohne
Luftreibung
Die grundlegenden Bewegungsgleichungen, die im folgenden in diesem Kapitel Anwendung finden, leiten sich aus den Newton’schen Axiomen (hier im Speziellen aus dem 2.
Axiom) her. Das 2. Newton’sche Axiom besagt in Worten, dass die Summe der auf einen
Körper einwirkenden Kräfte gleich seiner Masse mal der daraus resultierenden Beschleunigung sind:
X→
−
−
m·→
a =
Fi
(1.1)
i
in kartesischen Koordinaten ausgedrückt:


 d2 x 
Fi,x
X
dt2
2
 Fi,y 
m ·  ddt2y  =
2
d z
i
Fi,z
2
(1.2)
dt
→
−
−
wobei Fi alle auf einen (mechanischen) Körper einwirkenden Kräfte bezeichnet, →
a
die Beschleunigung des Gesamtsystems und m die zugehörige Masse darstellen. Beachten
→
−
−
Sie dabei, dass Fi sowie →
a vektorielle Größen darstellen und diese in Gleichung (1.2)
für kartesische Koordinaten angeschrieben sind.
Für den Fall, dass in Gleichungen (1.1) und (1.2) die linke Seite 0 gesetzt werden
kann, d.h. also, die auf einen Körper einwirkenden Kräfte führen in Summe zu keiner
Bewegung des Körpers, spricht man auch vom statischen Fall (Statik). Für die Modellierung des freien Falles jedoch erscheint es wohl allzu evident, nicht von einem statischen
Fall auszugehen.
Im Folgenden betrachten wir – für die Modellierung des freien Falles mit sowie ohne
Luftreibung – lediglich eine Koordinatenrichtung, die wir mit z bezeichnen und deren
1
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
2
Abbildung 1.1: Zur Erklärung des in diesem Kapitel verwendeten Koordinatensystems.
Der schwarze Kreis repräsentiert das fallende Objekt, die Koordinatenorientierung der
z-Achse ist rechts daneben dargestellt.
Orientierung aus Abbildung 1.1 ersichtlich ist. Nachem diese Einschränkung eingeführt
wird, degeneriert Gleichung (Gleichung (1.2) zu einer rein skalaren Differentialgleichung
mit der Koordinate z als abhängige und t als unabhängige Variable:
m·
1.1
d2 z X
=
Fi,z
dt2
i
(1.3)
Freier Fall ohne Luftreibung
Für den Fall, dass ein Körper einer Kraft ausgesetzt ist, deren Beschleunigungswert unabhängig von der Lage des Körpers ist, kann – unter Zugrundelegung der Gleichung (1.3)
sowie der skizzierten Verhältnisse in Abbildung 1.2 – folgende Bewegungsgleichung angesetzt werden:
d2 z
m · 2 = −Fg
dt
(1.4)
Beachten Sie, dass Fg nach obiger Definition negativ anzusetzen ist, nachdem die Beschleunigungskraft gegen die positive z-Richtung orientiert ist!
Sehr oft findet man – für Ableitungen der z-Koordinate (analog auch für die anderen)
=: ż. Daraus folgt:
nach der Zeit – auch noch die mathematische Schreibweise dz
dt
m · z̈ = −Fg
(1.5)
Dabei wird für Fg Folgendes eingesetzt:
Fg = m · g
(1.6)
mit g = 9, 81 sm2 , was dem Wert der Erdbeschleunigung in etwa auf Meereshöhenniveau
entspricht. Beachten Sie, dass dies bereits eine erste mögliche Fehlerquelle in einer Simulation (nebst anderen Aspekten) darstellen kann, wenn die Simulation lediglich auf diesem
konstanten Wert der Beschleunigung beruht, die Höhe über Grund jedoch (bezüglich der
dort wirkenden effektiven Schwerkraft) einen entsprechenden Wert übersteigt und nicht
adäquat in der Simulation Berücksichtigung findet!
Setzt man (1.6) in (1.5) ein, so erhält man:
m · z̈ = −m · g
(1.7)
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
3
Abbildung 1.2: Modellierte Verhältnisse für den freien Fall ohne Luftreibung.
oder aber – nach Division beider Seiten durch m:
dż
= −g
dt
(1.8)
Berechnung der Geschwindigkeit
Die Gleichung (1.8) ist mathematisch nicht weiter herausfordernd, nachdem auf der rechten Seite eine Konstante steht. Somit erhält man als Ergebnis für die Geschwindigkeit
˙ für eine beliebige Anfangsgeschwindigkeit ż0 zum Zeitpunkt t = 0:
z(t)
ż(t) = −g · t + ż0
(1.9)
Berechnung des zurückgelegten Weges
Nochmalige Integration – diesesmal der Gleichung (1.9) – ergibt den über die Zeit zurückgelegten Weg z(t), wobei z0 eine beliebige Konstante darstellt, die den Anfangswert des
Weges in z-Richtung repräsentiert, den der Körper zum Zeitpunkt t = 0 einnimmt:
g
z(t) = − · t2 + ż0 · t + z0
2
(1.10)
Das Ergebnis für eine bestimmte Wahl der Parameter ist in Abbildung 1.3 dargestellt.
1.2
Freier Fall mit Luftreibung
Für den freien Fall mit Luftreibung können grundsätzlich zwei unterschiedliche Fälle voneinander unterschieden werden, die im Allgemeinen mathematisch geschlossene Lösungen
besitzen: Freier Fall mit Reibungskraft, die
• linear bzw.
• quadratisch mit der Fallgeschwindigkeit
anwächst und der Orientierung der Geschwindigkeit entgegengesetzt ist.
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
4
Abbildung 1.3: Geschwindigkeit (links) sowie zurückgelegter Weg (rechts) für den freien
Fall ohne Berücksichtigung der Luftreibung. Die Parameter wurden wie folgt gewählt:
g = 9, 81 sm2 , ż0 = 0 ms , z0 = 0 m.
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
5
Abbildung 1.4: Modellierte Verhältnisse für den freien Fall mit Luftreibung, die sich linear
zur Fallgeschwindigkeit verhält.
1.2.1
Luftreibung linear zur Fluggeschwindigkeit
Hier nehmen wir die in Abbildung 1.4 dargestellte Verhältnisse an. Zusätzlich zur Erdbeschleunigungskraft kommt noch eine Kraft ins Spiel, die durch den Koeffizienten β mit
der Fallgeschwindigkeit ż in Bezug gebracht wird (Stoke’sche Reibungskraft):
m · z̈ = −m · g − β · ż
(1.11)
Berechnung der Geschwindigkeit
Es ist hilfreich, wenn in diesem Falle eine Variablensubstitution v = ż durchgeführt
wird, damit die Differentialgleichung zweiter auf eine Differentialgleichung erster Ordnung
zurückgeführt wird:
m·
dv
= −m · g − β · v
dt
(1.12)
Division durch m (wobei hier m 6= 0 vorausgesetzt wird) und Substitution von α =
ergibt
β
m
dv
= −g − α · v
(1.13)
dt
Nachem abhängige und unabhängige Variablen zumindest auf einer Seite gemeinsam auftreten, ist es sinnvoll, eine Separation der Variablen durchzuführen. Als Ergebnis erhält
man:
dv
= −dt
(1.14)
g+α·v
Durch geschickte Substitution im Nenner des Termes auf der linken Seite der Gleichung (1.14), nämlich:
a := g + α · v ⇒ da = α · dv ⇒ dv =
1
da
α
(1.15)
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
6
erhält man:
da
= −α · dt
(1.16)
a
Integration auf beiden Seiten der Gleichung (1.16) führt auf folgende Darstellung:
Z bt
Z ba
da
−α · dt
(1.17)
=
0
a0 a
Beachten Sie, dass es sich bei den Integralen auf beiden Seiten der Gleichung (1.16) um
bestimmte Integrale handelt. Integration beider Seiten ergibt (siehe auch (6.3):
ln |b
a| − ln |a0 | = −α · b
t
(1.18)
Beachtung der Rechenregel mit Logarithmen (siehe 6.2) sowie Resubstitution unter
Berücksichtigung der Gleichung (1.15) ergibt:
g + α · vb(b
t
)
t
(1.19)
ln = −α · b
g + α · v0 Daraus folgt weiters – nach Anwendung der Exponentialfunktion auf beiden Seiten:
b
g + α · vb(b
t) = (g + α · v0 ) · e−α·t
(1.20)
und weiters:
vb(b
t) =
i
1 h
b
· (g + α · v0 ) · e−α·t − g
α
(1.21)
oder:
g −αbt
b
b
vb(t) = · e
− 1 + v0 · e−αt
(1.22)
α
Mit Gleichung (1.22) kann die Geschwindigkeit vb(b
t) für beliebige Anfangsbedingungen v0
(v0 ist allerdings immer zum Zeitpunkt t = 0 vorgegeben; siehe dazu die Wahl der unteren
Integrationsgrenze a0 in Gleichung (1.17)) und beliebige Werte für b
t bestimmt werden.
Ebenso sind Simulationen zur Berechnung der Geschwindigkeit vb(b
t) durchführbar, in
β
) sowie g)
denen die übrigen Parameter (β, m (damit Parameter α; Erinnerung: α = m
variiert werden.
Um eine leichtere Assoziation mit Gleichung (1.9) herstellen zu können, ersetzt man
in Gleichung (1.22) b
t mit t, v0 mit ż0 und vb(b
t) mit ż(t) und erhält somit:
g
(1.23)
ż(t) = · e−αt − 1 + ż0 · e−αt
α
Nach Resubstitution erhält man folgende Gleichung für ż(t):
β
m·g −βt
m
ż(t) =
· e
− 1 + ż0 · e− m t
(1.24)
β
Nach Beobachtung erkennt man, dass durch Gleichung (1.24) eine Grenzgeschwindigkeit
v∞ für t → ∞ existiert:
m·g
v∞ = lim v(t) = lim ż(t) = −
(1.25)
t→∞
t→∞
β
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
7
Berechnung des zurückgelegten Weges
Der gesuchte Weg z(t) wird durch Integration der Gleichung (1.23) erhalten:
Z bt h
Z zb
i
g
dz =
· e−kt − 1 + ż0 · e−kt dt
α
0
z0
(1.26)
Umstellung und Substitution mit γ = αg + ż0 ergibt folgende zu lösende Integrale
Z bt h
Z zb
gi
dz =
γ e−kt −
dt
(1.27)
α
z0
0
Nach Durchführung der Integration erhält man:
h γ
g
g ibt
γ
b
zb(b
t) − z0 = − e−kt − t
1 − e−αt − t ⇒
=
α
α t=0 α
gα
γ
b
zb(b
t) =
1 − e−αt − t + z0
α
α
(1.28)
(1.29)
Rücksubstitution und Ersetzen von b
t mit t, zb mit z sowie die Rücksubstitution nach
β
g
ergibt sich für die Berechnung des Weges
Berücksichtigung von γ = α + ż0 und α = m
z(t)
m·g
β
m·g
m
−m
t
z(t) = ż0 +
1−e
t + z0
(1.30)
−
β
β
β
Das Ergebnis für eine bestimmte Wahl der Parameter ist in Abbildung 1.5 dargestellt.
1.2.2
Luftreibung quadratisch zur Fluggeschwindigkeit
Hier nehmen wir die in Abbildung 1.6 dargestellte Verhältnisse an. Zusätzlich zur Erdbeschleunigungskraft kommt noch eine Kraft ins Spiel, die durch den Koeffizienten k mit
dem Quadrat der Fallgeschwindigkeit ż in Bezug gebracht wird (Newton’sche Reibungskraft):
m · z̈ = −m · g + k · ż 2
(1.31)
Man beachte:
Diese Gleichung hat Gültigkeit, wenn die Fallgeschwindigkeit nach unten gerichtet ist, d.h.
ż ≤ 0. Ansonsten ist – nachdem die Reibungskraft quadratisch mit der Geschwindigkeit
in die Gleichung (1.31) eingeht – explizit eine Fallunterscheidung zu treffen und der
Koeffizient k durch −k für den Fall ż > 0 zu ersetzen. Im Folgenden betrachten wir
lediglich den Fall ż ≤ 0, also eine abwärts gerichtete Fallrichtung.
Berechnung der Geschwindigkeit
Ausgehend von Gleichung (1.31), die zunächst durch m auf beiden Seiten dividiert wird
k
(Voraussetzung: m 6= 0) und nach Substitution für δ = m
erhalten wir folgende Gleichung:
dż
= −(g − δ · ż 2 )
dt
(1.32)
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
8
Abbildung 1.5: Geschwindigkeit (links) sowie zurückgelegter Weg (rechts) für den freien
Fall mit Berücksichtigung der Luftreibung linear proportional zur Fluggeschwindigkeit.
Die Parameter wurden wie folgt gewählt: g = 9, 81 sm2 , m = 25 kg, β = 0, 35 kg
, ż0 = 0 ms ,
s
z0 = 0 m.
Abbildung 1.6: Modellierte Verhältnisse für den freien Fall mit Luftreibung, die sich
quadratisch zur Fallgeschwindigkeit verhält.
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
9
Separation der Variablen ergibt:
dż
dż
= −dt
= −dt ⇒
2
g − δ · ż
g (1 − gδ · ż 2 )
(1.33)
Eine sinnvolle Substitution der Variablen kann durch a2 := gδ ż 2 erzielt werden:
dż
= −g · dt
1 − a2
(1.34)
wobei folgende Beziehungen noch zu beachten und in Gleichung (1.34) zu berücksichtigen
sind:
s
s
r
δ
δ
δ
g
2
2
ż ⇒ da =
dż ⇒ dż =
da
(1.35)
a = ż ⇒ a =
g
g
g
δ
Daraus folgt nun:
Z
b
a
a0
da
=−
1 − a2
Z bt p
δ g· dt
(1.36)
0
Unter Berücksichtigung des Sub-Kapitels 6.2.2 zur Suche der Stammfunktion jenes
Termes, der sich in Gleichung (1.36) auf der linken Seite befindet, kann nun das Ergebnis
der Integration wie folgt geschrieben werden:
p
p
atanh b
a(b
t) − atanh a0 = − δ g b
t ⇒ atanh b
a(b
t) = − δ g b
t + atanh a0
(1.37)
q Entsprechende Äquivalenzumformung und Resubstitution (wir errinnern uns: a =
δ
ż) führt auf:
g
s
s
"
#
p
δ b
δ
ż(t) = tanh − δ · g b
t + atanh (
ż0 )
g
g
Ersetzt man b
t mit t so erhält man schließlich für die Geschwindigkeit ż(t):
s
"
#
r
p
g
δ
ż(t) =
tanh − δ · g t + atanh (
ż0 )
δ
g
(1.38)
(1.39)
mit ż0 der Anfangsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 0. Resubstitution führt somit zur
gesuchten Gleichung zur Bestimmung der Geschwindigkeit:
s
" r
#
r
m·g
k·g
k
ż(t) =
tanh −
t + atanh (
ż0 )
(1.40)
k
m
m·g
Nach Beobachtung erkennt man, dass durch Gleichung (1.40) eine Grenzgeschwindigkeit v∞ für t → ∞ existiert:
r
m·g
v∞ = lim v(t) = lim ż(t) = −
(1.41)
t→∞
t→∞
k
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
10
Abbildung 1.7: Geschwindigkeit (links) sowie zurückgelegter Weg (rechts) für den freien
Fall mit Berücksichtigung der Luftreibung proportional zum Quadrat der Fluggeschwin,
digkeit. Die Parameter wurden wie folgt gewählt: g = 9, 81 sm2 , m = 25 kg, k = 0, 006 kg
m
m
ż0 = 0 s , z0 = 0 m.
Berechnung des zurückgelegten Weges
Integration der Gleichung (1.40) führt zum gesuchten Weg z(t):
s
" r
#
Z zb
Z bt r
mg
k·g
k
dz =
tanh −
t + atanh (
ż0 ) dt
k
m
m·g
z0
0
(1.42)
Unter Bedachtnahme auf Gleichung (6.9) und Substitution von b
t mit t und zb mit z
führt dies zu folgendem Ergebnis:
s
"
"
##
m
k
z(t) =
ln cosh atanh (
ż0 )
k
m·g
s
"
" r
##
m
k·g
k
−
ln cosh −
t + atanh (
ż0 ) + z0
(1.43)
k
m
m·g
Umgeformt und unter Beachtung des Additionstheorems für Logarithmen (siehe (6.2))
KAPITEL 1. FREIER FALL MIT UND OHNE LUFTREIBUNG
11
ergibt sich somit für den Weg z(t):
h
i
q
k
cosh
atanh
(
ż
)
0
m·g
m
q
+ z0
ln
z(t) =
q
k
k·g
k
cosh − m t + atanh ( m·g ż0 )
Das Ergebnis für eine bestimmte Wahl der Parameter ist in Abbildung 1.7 dargestellt.
Kapitel 2
Ergänzungen zur Herleitung des
mathematisch-analytischen Modells
zur Wärme-Diffusionsgleichung
Zur die Herleitung der Wärme-Diffusionsgleichung wird davon ausgegangen, dass – wie in
Abbildung 2.1 ersichtlich – eine Heizleistung P ab dem Zeitpunkt t = 0 (Anfangswertproblem) auf einen rechteckig geformten Kühlkörper bestehend aus Metall (also einem guten
Wärmeleiter) eingebracht wird. Dabei speichert der Kühlkörper einerseits Wärmeenergie
gemäß
Pkap = C ·
dϑ
dt
(2.1)
wobei C ([ KJ ]) die zugehörige Wärmekapazität des Kühlkörpers darstellt. Zudem wird jener Anteil der Wärmeleistung, die durch den Kühlkörper, der die Temperatur ϑ aufweist,
an die Umgebung (Umgebungstemperatur sei konstant ϑ0 ) abgegeben wird, mathematisch modelliert:
Pkon = α · A · (ϑ − ϑ0 )
(2.2)
wobei A die Oberfläche des Kühlkörpers repräsentiert, α ist ein (in diesem Falle konstanW
ter) Koeffizient mit der Dimension [ K·m
2 ].
Eine Bilanzierung der in diesem Modell auftretenden Leistungen ergibt die zu lösende
Bestimmungsgleichung für die gesuchte Temperatur ϑ:
P = Pkap + Pkon ⇒ P = C ·
dϑ
+ α · A · (ϑ − ϑ0 )
dt
(2.3)
Umstellen der Gleichung (2.3) führt auf
dϑ
1
= · [P − α · A · (ϑ − ϑ0 )]
dt
C
(2.4)
Separation der Variablen angewandt auf Gleichung (2.4) ergibt:
dϑ
dt
=
P − α · A · (ϑ − ϑ0 )
C
12
(2.5)
KAPITEL 2. WÄRME-DIFFUSIONSGLEICHUNG
13
Abbildung 2.1: Modellierungsansatz zur Herleitung der Wärme-Diffusionsgleichung. Ein
aus Metall bestehender rechteckiger Kühlkörper wird mit einer Heizleistung P ab dem
Zeitpunkt t = 0 erwärmt. Dabei speichert der Kühlkörper einerseits aufgrund seiner
nicht verschwindenden Wärmekapazität C Wärmeenergie, andererseits gibt er – aufgrund
einer vorherrschenden Termperaturdifferenz ϑ − ϑ0 (ϑ · · · Temperatur des Kühlkörpers;
ϑ0 · · · Temperatur der den Kühlkörper umgebenden Luft) – Wärmeleistung an die ihn
umgebende Luft proportional zu seiner Oberfläche A und proportional zu einer Konstante
α ab.
Eine sinnvolle Variablensubstitution kann vermittels a := P − α · A · (ϑ − ϑ0 ) (und daraus
−1
da) durchgeführt werden:
folgernd: da = −α · A · dϑ ⇒ dϑ = α·A
dt
da
α·A
−1 da
·
=
⇒
=−
· dt
α·A a
C
a
C
(2.6)
Integration der beiden Seiten der Gleichung (2.6) ergibt – unter Bedachtnahme auf die
zugehörigen Anfangswerte (a0 bzw. a, sowie t0 = 0 und t)
ln a − ln a0 = −
α·A
·t
C
(2.7)
Rücksubstituiert, Berücksichtigung der Anfangswertbedingung (ϑ(t = 0) = ϑ0 ) sowie
Anwendung des Additionstheorems für Logarithmen (siehe (6.2)) ergibt sich aus Gleichung (2.7)
ln
P − α · A · (ϑ − ϑ0 )
α·A
=−
·t
P
C
(2.8)
Anwendung der Umkehrfunktion zu ln, damit die gesuchte Funktion ϑ(t) gewonnen werden kann, ergibt:
α·A
P − α · A · (ϑ − ϑ0 )
= e− C ·t
P
(2.9)
Schließlich kann mittels Äquivalenzumformung aus Gleichung (2.9) die gesuchte Funktion
ϑ(t) ermittelt werden:
α·A
t
P ϑ(t) =
1 − e− C ·t + ϑ0 = ∆ϑ∞ 1 − e− τ + ϑ0
(2.10)
α·A
KAPITEL 2. WÄRME-DIFFUSIONSGLEICHUNG
14
P
C
wobei ∆ϑ∞ = α·A
den Temperaturhub für t → ∞ beschreibt und τ = α·A
die Zeitkonstante bzw. Systemkonstante des Modells darstellt. Ein einfacher Plausibilitätscheck
(Extremwertüberlegung: Was passiert bei t → 0 bzw. bei t → ∞) bzw. einfache Kontrolle, ob der Exponent in Gleichung (2.10) tatsächlich dimensionslos ist, gibt zumindest
eine einfache Kontrollmöglichkeit, ob das erhaltene Resultat (plausibel) richtig sein kann:
· t] =
Dimension im Exponenten: [ α·A
C
W
·m2
m2 K
J
K
·s=
W
J
· s = 1.
Nachdem der Ausdruck in den runden Klammern in Gleichung (2.10) dimensionslos ist,
P
ebenfalls die
die Temperatur jedoch die Dmension K aufweist, muss somit der Term α·A
W
P
Dimension K aufweisen: [ α·A ] = W ·m2 = K.
m2 K
Für t → 0 erhalten wir als Ergebnis ϑ(t = 0) = ϑ0 (e−x → 1 für x → 0), was unserer Forderung für den Anfangswert bei der Wahl der Integrationsgrenzen entspricht. Für
t → ∞ erhalten wir (nachdem e−x → 0 für x → ∞) ϑ(t → ∞) = ∆ϑ∞ + ϑ0 , also existiert
P
sowie von ϑ0
für dieses Problem ein Grenzwert, der wesentlich vom Term ∆ϑ∞ = α·A
abhängt.
Kapitel 3
Das Hodgkin-Huxley-Modell
Die mathematisch-physikalische Beschreibung für den zeitlichen Verlauf des Aktionspotentials (Transmembranpotentials) eines Tintenfisch-Axons erfolgt mit Hilfe des
Hodgkin-Huxley-Modells. An dieser Stelle sei auf entsprechende Literatur zur Herleitung
des Modells sowie auf die im folgenden Sub-Kapitel angeführten zugehörigen Grundlagen
der Elektrotechnik und Biochemie verwiesen:
Malmivuo J. and Plonsey R.: Bioelectromagnetism - Principles and Applications of
Bioelectric and Biomagnetic Fields, Oxford University Press, New York, 1995.
Baumgartner C.: Allgemeine Elektrotechnik (Institut für Elektrotechnik, Elektronik und
Bioengineering; für den Studiengang Bakkalaureat Mechatronik), http://iebe.umit.at –
Submenü Teaching.
Die Ausführungen und Abbildungen in diesem Kapitel sind zu einem großen Teil aus
dem Buch von Malmivuo und Plonsey entnommen.
Zunächst wird auf die für die Modellbildung benötigten elektrotechnischen bzw. biochemischen Grundlagen eingegangen, danach erfolgt die Herleitung des Hodgkin-HuxleyModells zur Beschreibung der Aktionspotentialform (in Abhängigkeit von der Änderung
des anliegenden Transmembranpotentials) über die Zeit.
3.1
Elektro- und biochemische Grundlagen
Um sinnvoll eine Aktionspotentialform modellieren und simulieren zu können, ist es
notwendig, die zugehörigen Verhältnisse biochemischer und elektrotechnischer Natur
mathematisch-physikalisch zu beschreiben. Dabei geht man von der Betrachtung aus,
dass eine Nervenzelle betrachtet wird, deren Intrazellulärraum durch eine Doppel-LipidSchicht (= Zellmembran) vom sie umgebenden Extrazellulärraum getrennt wird. Das
Zytoplasma im Zellinneren sowie die Flüssigkeit im Extrazellulärraum können dabei als
Lösungsmittel angesehen werden. Das bedeutet, dass Moleküle, die mit diesen Fluüssigkeiten in Berührung kommen, zu Ionen dissoziieren. Daher ist eine Elektrolytlösung in
der Lage, elektrischen Strom zu leiten, wenn eine äußere elektrische Spannung angelegt
wird.
Die Dimension, die zur Beschreibung der elektrischen Spannung U herangezogen wird,
15
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
16
ist das Volt:
U=
[We ]
Nm
J
We
; [U ] =
=V =
=
⇒W =U ·Q
Q
[Q]
C
As
(3.1)
Dabei beschreibt ein Volt die elektrische Arbeit We (J oder N m), die pro Ladung
(C oder As) verrichtet wird. Gleichzeitig ist die elektrische Spannung definiert als die
Differenz zweier elektrischer Potentiale ϕi , ϕa :
U = ϕi − ϕa ⇒ We = (ϕi − ϕa ) · Q
(3.2)
Aus dieser Definition folgt konsequenterweise eigentlich, dass die Bezeichnung
Aktions- oder Transmembranpotential streng physikalisch gesehen falsch ist; vielmehr
müßte es Aktions- oder Transmembranspannung heißen.
Bezieht man Gleichung (3.2) – wie in der Elektrophysiologie üblich – auf die Stoffmenge
1 mol, so erhält man – unter Anwendung der Avogadro’schen Konstanten (6, 0225 · 1023 )
We,mol = z · F · (ϕi − ϕa )
(3.3)
C
; ergibt sich aus der Tatsache,
mit F der Faraday’schen Konstanten (F = 9, 649 · 104 mol
dass die Einheitsladung pro Ladungsträger auf genau die Anzahl der Ionen pro mol
aufgerechnet wird) und z der Valenz der Ionensorte (z.B. für eine einfach negativ geladene
Ionensorte ist z = −1, für eine zweifach positiv geladene Ionensorte ist z = 2). Man
J
beachte, dass die Einheit von We,mol mol
ist.
N
V
Das elektrische Feld ([ m ] = [ C ]) wird durch jene Kraft definiert, die an einer Einheitsladung ausgeübt wird. Wird nun eine solche Einheitsladung Q von einem Referenzpunkt
→
−
−
−
ri zu einem nahen Punkt ra bewegt (Verschiebungsvektor ist in diesem Falle ds = →
ra − →
ri ),
so ergibt sich für die Verschiebungsarbeit auf Basis der Gesetze der Mechanik
→
→
− −
dW
= − E · ds
Q
(3.4)
Gemäß Gleichung (3.2) kann somit der infinitesimal kleine Arbeitsbetrag dW auch geschrieben werden als
→
→
− −
dW
= ϕi − ϕa = − E · ds
Q
(3.5)
Die örtliche Ableitung des Potentialfeldes ϕ mittels des Differentialoperators ∇ (bezeichnet wird dieser Operator als Nabla; analoge Schreibweise anstelle von ∇ ist auch grad )
entspricht als Proportionalitätsfaktor jener (infinitesimal kleinen) Arbeit, die für die Ver→
−
schiebung vom Ort a zum Ort i einer Einheitsladung im elektrischen Feld E aufgebracht
→
−
werden muss: E = −∇ϕ):
−
→
ϕi − ϕa = ∇ϕ · ds
(3.6)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
17
Hierbei ist vorausgesetzt, dass – im Falle des kartesischen Koordinatensystems – der
Operator ∇ folgende Gestalt annimmt:
 ∂ 
∇ = grad = 
∂x
∂
∂y
∂
∂z
(3.7)

beziehungsweise, wenn der Differentialoperator auf eine skalare Funktion f (x, y, z) angewendet wird:
 ∂f 
∇ f (x, y, z) = grad (f (x, y, z)) = 
∂x
∂f
∂y
∂f
∂z

(3.8)
Zusammenfassend festzuhalten in diesem Zusammenhang ist, dass die Anwendung des
Differentialoperators ∇ auf eine skalare Größe (Funktion f (x, y, z)) in einer vektoriellen
→
− →
−
Größe E ( E = −∇ ϕ = −∇ f (x, y, z)) resultiert.
3.1.1
Die Nernst-Plank’sche Gleichung
Für die mathematisch-physikalische Modellierung der Ruhespannung einer Zelle ist es
notwendig, sich näher mit den über die Zellmembran vollziehenden Stofftransportmechanismen (beschränkt auf den Transport von Ionen) auseinander zu setzen. Vorausgesetzt
wird, dass sowohl der Intra- als auch Extrazellulärraum aus Flüssigkeit (= Lösungsmittel)
bestehen und Moleküle, die mit diesen Fluüssigkeiten in Berührung kommen, in Lösung
gehen und somit ihre elektrisch neutralen Eigenschaften ablegen und als Ionen (= Elektrolyten) in den Flüssigkeiten auftreten.
Es werden die folgenden zwei wesentlichen Transportprozesse bezogen auf eine Ionensorte
k betrachtet:
• Ionenfluss aufgrund der Wirkung einer anliegenden elektrischen Potentialdifferenz
zwischen intra- und extrazellulärem Raum
• Ionenfluss aufgrund von Konzentrationsunterschieden einer Ionensorte zwischen
Intra- und Extrazellulärraum
Die zugehörigen Verhältnisse, wie sie zur Beschreibung der Membranruhespannung
herangezogen werden, sind schematisch in Abbildung 3.1 dargestellt. Der Intrazellulärraum wird durch die Zellmembran vom Extrazellulärraum getrennt. Diese Membran ist mit einer unterschiedlichen Anzahl ionenselektiver Kanäle durchsetzt, die spezifisich Ionen einer Sorte durchlassen können (Kanal ist offen) bzw. den Durchgang sperren
(Kanal ist geschlossen). Für die Modellierung der Ruhemembranspannung wird dieser
Unterschied (Kanal offen oder geschlossen) nicht explizit berücksichtigt (wird in der weiteren Abhandlung noch zu sehen sein). Sehr wohl wird jedoch der Unterschied, ob eine
relative Anzahl an Kanälen offen oder geschlossen ist, für die Herleitung des Hodgkin→
−
Huxley-Modells von Bedeutung sein. Die elektrische Ladungs-Flussdichte J (gewöhnlich
mA
als Stromdichte bezeichnet; [ cm
2 ] im Falle der Betrachtung des Hodgkin-Huxley-Modells,
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
18
Abbildung 3.1: Darstellung der Verhältnisse zur Herleitung der Membranruhespannung.
Einerseits wird der Ionentransport aufgrund einer zwischen dem intra- und dem extrazellulärem Zellraum angelegten Potentialdifferenz ∆φ = φi −φe (= Spannung U ) modelliert,
andererseits der Ionentransport resultierend aus einer Differenz zwischen intra- und extrazellulärer Konzentration ∆c = ci − ce einer Ionensorte.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
19
→
−
ansonsten allgemein [ mA2 ] = [ mC2 ·s ]) kann – nach Maßgabe der elektrischen Feldstärke E
– mittels der elektrischen Leitfähigkeit σ [ mS
] durch
cm
→
−
→
−
J =σ E
(3.9)
berechnet werden. Beachten Sie, dass es sich bei der Stromdichte um einen Ladungstransport handelt, während es sich bei den im Folgenden betrachteten Ionenflüssen
um Stoff transportmechanismen handelt.
Ionentransport aufgrund einer zwischen Intra- und Extrazellulärraum angelegten elektrischen Spannung
→
−
Der Ionentransport j ke einer Ionensorte k – bedingt durch eine von außen aufgezwungene
Potentialdifferenz (= elektrische Spannung) – wird durch folgende Gleichung beschrieben:
→
−
zk
ck ∇φ
(3.10)
j ke = −uk
|zk |
mit den
→
− Größen
mol
j ke = Flussdichte der Ionensorte k [ cm
2 ·s ]
(aufgrund eines elektrischen Feldes (e))
2
uk
= Ionenbeweglichkeit [ cm
] (abhängig von der Viskosität
V ·s
des Elektrolyten, der Größe und Ladung der Ionensorte k)
zk
= Valenz der Ionensorte k [-] (z.B. einfach positiv geladen: zk = 1,
zweifach negativ geladene Ionensorte zk = −2)
zk
beschreibt
die Richtung der Ionenflussdichte [-]
|zk |
mol
ck
= Ionenkonzentration der Ionensorte k [ cm
3]
V
∇φ = Gradient des Potentialfeldes [ cm ] (= Elektrische Feldstärke)
(angewandt auf Hodgkin-Huxley: Potentialdifferenz zwischen Intra- und
Extazellulärraum dividiert durch die Breite der Zellmembran)
Bemerkung 1:
Beachten Sie, dass die hier angegebenen Einheiten auf die Problemstellung für das
Hodgkin-Huxley-Modell angepasst sind. So wird beispielsweise die Fläche nicht in m2 ,
sondern in cm2 angegeben.
Bemerkung 2:
→
−
mol
Beachten Sie, dass die Einheit für den Ionentransport [ j ke ] = cm
2 ·s ist, nachdem hier
wirklich nur die Anzahl mol pro Ionensorte, die durch die Fläche in der Sekunde durchtreten, eine Rolle spielt. In Gleichung (3.9) hingegen tritt – ebenfalls eine Flußdichte,
→
−
allerdings eine elektrische – jedoch die Dimension cmC2 ·s für [ J ] auf!
Ionentransport aufgrund einer Konzentrationsdifferenz zwischen Intra- und
Extrazellulärraum
→
−
Der Ionentransport j kD einer Ionensorte k – bedingt durch einen Konzentrationsunterschied zwischen intrazellulärer cki und extrazellulärer Konzentration cke ein und derselben
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
betrachteten Ionensorte k – wird durch folgende Gleichung beschrieben:
→
−
j kD = −Dk ∇ck
20
(3.11)
mit den
→
− Größen
mol
j kD = Flussdichte der Ionensorte k [ cm
2 ·s ]
(aufgrund eines Konzentrationsunterschiedes (Diffusion D))
2
Dk
= Diffusionskonstante [ cms ]
mol
∇ck = Gradient der Ionenkonzentrationen der Ionensorte k [ cm
4]
(angewandt auf Hodgkin-Huxley: Konzentrationsdifferenz zwischen
Intra- und Extazellulärraum dividiert durch die Breite der Zellmembran)
Bemerkung 1:
Beachten Sie, dass die hier angegebenen Einheiten auf die Problemstellung für das
Hodgkin-Huxley-Modell angepasst sind. So wird beispielsweise die Fläche nicht in m2 ,
sondern in cm2 angegeben.
Bemerkung 2:
→
−
mol
Beachten Sie, dass die Einheit für den Ionentransport [ j kD ] = cm
2 ·s ist, nachdem hier
wirklich nur die Anzahl mol pro Ionensorte, die durch die Fläche in der Sekunde durchtreten, eine Rolle spielt. In Gleichung (3.9) hingegen tritt – ebenfalls eine Flußdichte,
→
−
allerdings eine elektrische – jedoch die Dimension cmC2 ·s für [ J ] auf!
Bemerkung 3:
Vergleicht man Gleichung (3.10) mit (3.11), so erkennt man eine Analogie zwischen diesen beiden Gleichungen. Nernst (1889) und Einstein (1905) konnten in der Tat einen
Zusammenhang zwischen der Ionenbeweglichkeit uk (definiert in Gleichung (3.10)) und
der Diffusionskonstante Dk (definiert in Gleichung (3.11)) feststellen und mathematisch
herleiten:
uk RT
(3.12)
Dk =
|zk |F
wobei T die absolute Temperatur ([T ] = K; 273, 16 K ≈ 0 ◦ C; eine Temperaturdifferenz von ∆T = 1 K entspricht einer Temperaturdifferenz von ∆T = 1 ◦ C) und R die
J
allgemeine Gaskonstante (R = 8, 314 mol·K
) bezeichnen.
Ionentransport aufgrund einer angelegten Potentialdifferenz und aufgrund einer Konzentrationsdifferenz zwischen Intra- und Extrazellulärraum
Fasst man nun Gleichungen (3.10) und (3.11) zusammen, so kann die gesamte über die
→
−
Zellmembran stattfindende Ionenflussdichte j ausgedrückt werden durch:
→
−
→
−
→
−
ck zk F
j = j kD + j ke = −Dk ∇ck +
∇Φ
(3.13)
RT
Gleichung (3.13) ist unter dem Namen Nernst-Planck-Gleichung bekannt. Will man nun
basierend auf der Nernst-Planck-Gleichung (3.13) – die die gesamte Ionenflussdichte über
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
21
mol
C
die Zellmembran in cm
2 ·s angibt – die elektrische Flussdichte (in cm2 ·s ) berechnen, so
muss die Nernst-Planck-Gleichung mit zk F multipliziert werden (also mit jenem Faktor,
der angibt, wieviel elektrische Ladung ein mol einer Ionensorte transportiert; siehe zur
Erklärung Gleichung (3.3)) und man erhält
→
−
ck zk F
∇Φ
(3.14)
J = −zk F Dk ∇ck +
RT
Bemerkung:
→
−
Beachten Sie, dass die Ionenflussdichte mit dem Kleinbuchstaben j , die (elektrische)
→
−
Stromdichte jedoch mit einem Grobuchstaben J bezeichnet wird!
3.1.2
Die Nernst-Spannung
Für den Fall, dass sich eine Zelle mit ihrer Umwelt (= Extrazellulärraum) in Ruhe befin→
−
det, liegt es nahe, die in Gleichung (3.14) definierte Stromdichte J Null zu setzen, d.h.,
die makroskopisch sichtbare Gesamtstromdichte über die Zellmembran verschwindet:
→
−
ck zk F
ck zk F
J = 0 = −zk F Dk ∇ck +
∇Φ ⇒ ∇ck +
∇Φ = 0
(3.15)
RT
RT
Daraus folgt wiederum, dass
∇ck = −
ck zk F
∇Φ
RT
(3.16)
sein muss.
Betrachtet man sich Gleichung (3.16) und beachtet man die Tatsache, dass die Zellmembran als sehr dünn angesehen werden kann, so ist es möglich, den Gradienten in
nur einer Koordinate (x-Koordinate: zwischen Intrazellulärraum–Membraninnenseite–
Membranaußenseite–Extrazellulärraum) auszudrücken:
ck zk F dΦ
dck
=−
dx
RT dx
(3.17)
Separation der Variablen und adäquate Behandlung des Termes dx auf der linken und
rechten Seite der Gleichung führt auf:
dck
zk F
=−
dΦ
ck
RT
(3.18)
Führt man die Integration vom intrazellulären Raum (i) bis zum extrazellulären Raum
(e) durch, so gilt es, folgendes Integral zu lösen:
Z
i
e
dck
=−
ck
Z
i
e
zk F
dΦ ⇒
RT
Z
i
e
dck
zk F
=
ck
RT
Z
i
dΦ
e
(3.19)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
22
Unter Beachtung der Integrationsregel (6.3), unter Berücksichtigung der Tatsache, dass
die Transmembranspannung V definiert ist als V = Φi −Φe , folgt nun für Gleichung (3.19)
ln
cke
zk F
RT
cki
=
(Φi − Φe ) ⇒ V = −
ln
cki
RT
zk F cke
(3.20)
mit
V
=
R
zk
F
cki
cke
=
=
=
=
=
Gleichgewichtsspannung bezogen auf die Ionensorte k [mV ]
(V = Φi − Φe ; auch als Nernst-Spannung bezeichnet)
J
]
Allgemeine Gaskonstante R = 8, 314 [ mol·K
Valenz der Ionensorte k [−]
C
Faraday’sche Konstante F = 9, 649 · 104 [ mol
]
intrazelluläre Konzentration der Ionensorte k [ mol
]
m3
]
extrazelluläre Konzentration der Ionensorte k [ mol
m3
Gleichung (3.20) wird als Nernst-Gleichung bezeichnet (benannt nach Walther Hermann Nernst, 1888). Setzt man in dieser Gleichung T = 37 ◦ C (T = 273, 16 K + 37 K =
300, 16 K), z = 1 und ersetzt den Logarithmus Naturalis durch den Dekadischen Logarithmus, so erhält man die Nernst-Gleichung für eine einwertig-positive Kationensorte
V = −61 · log10
ci
[mV ]
co
(3.21)
Bei Raumtemperatur von T = 20 ◦ C ist anstelle des Koeffizienten 61 in Gleichung (3.21)
58 einzusetzen, bei Meereswassertemperatur (T = 6 ◦ C vor allem für Hodgkin-Huxley
(Tintenfischaxon) von Bedeutung) ist der Koeffizient mit dem Wert 55 zu besetzen.
3.1.3
Goldman-Hodgkin-Katz-Gleichung
Mit Hilfe der Gleichung (3.20) ist man somit in der Lage, jene Spannung (= Ruhe- bzw.
Nernstspannung) berechnen zu können, die als Potentialdifferenz zwischen intra- und
extrazellulären Raum anzulegen ist, damit die elektrische Stromdichte bezogen auf eine
spezifische Ionensorte über die Zellmembran verschwindet.
Ohne nähere Herleitung und der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle die GoldmanHodgkin-Katz-Gleichung erwähnt, durch die die Ruhemembranspannung zwischen intraund extrazellulärem Raum beschrieben und berechnet wird, wenn mehrere Ionensorten
mit jeweils unterschiedlicher Konzentration intra- und extrazellulär vorliegen:
Vm = −
mit
PK · cK i + PN a · cN a i + PCl · cCl e
RT
ln
F
PK · cK e + PN a · cN a e + PCl · cCl i
(3.22)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
Ionensorte
K+
N a+
Cl−
extrazelluläre
Konzentration ce
4,5 mmol
145 mmol
100 mmol
intrazelluläre
Konzentration ci
160 mmol
15 mmol
5 mmol
23
NernstSpannung
-94 mV
60 mV
-80 mV
Tabelle 3.1: Extra- und intrazelluläre Konzentrationen wichtiger Ionensorten und zugehörige Nernst-Spannungen an einer Nervenzellmembran.
Vm
=
R
F
PX
cX i
cX e
(X
=
=
=
=
=
=
Ruhetransmembranspannung [mV ]
(Vm = Φi − Φe )
J
Allgemeine Gaskonstante R = 8, 314 [ mol·K
]
C
4
Faraday’sche Konstante F = 9, 649 · 10 [ mol ]
Permeabilität der Ionensorte X [ mS
]
cm
intrazelluläre Konzentration der Ionensorte X [ mol
]
m3
mol
extrazelluläre Konzentration der Ionensorte X [ m3 ]
Platzhalter für Natrium- (Na), Kalium- (K) oder Chloridionen (Cl))
Diese Gleichung ermöglicht es, die Transmembran-Ruhespannung bei Vorhandensein
einer Konzentrationsdifferenz zwischen intra- und extrazellulären Raum von mehr als nur
einer Ionensorte zu bestimmen. In Tabelle 3.1 sind die unterschiedlichen extra- und intrazellulären Konzentrationen sowie die zugehörigen Nernst-Spannungen der wichtigsten
Ionensorten für ein Tintenfischaxon angeführt.
3.2
Modellierung des Aktionspotentials eines Tintenfischaxons
Hodgkin und Huxley bemerkten nach genauen Analysen des Verlaufs eines Aktionspotentials am Riesenaxon eines Tintenfisches, dass die Ruhtemembranspannung dieser Nervenzelle nahe der K + -Nernstspannung lag, während die Spitze der Transmembranspannung (während der Depolarisation) ungefähr der N a+ -Gleichgewichtsspannung entsprach.
Darüber hinaus konnten sie zeigen, dass man die Ruhespannung durch eine Veränderung der extrazellulären Konzentration für Kalium-, die Aktionspotentialamplitude jedoch durch die Konzentration für Natriumionen verändern konnte.
Gleichzeitig wußte man, dass der Gesamt-Widerstand über die Membran während eines
Aktionspotentials dramatisch abnahm (= Zunahme der Gesamt-Leitfähigkeit).
Diese Erkenntnisse führten Hodgkin, Huxley und Katz zur Aufstellung der Hypothese, dass die Erregungsvorgänge in der Nervenmembran durch Änderung der Membranleitfähigkeiten für spezifische Ionen hervorgerufen werden müßten.
3.2.1
Molekulare Grundlagen der Membranerregbarkeit
Mit der Ionentheorie der Erregung ließ sich Entstehung und Ausbreitung des Aktionspotentials und auch die synaptische Übertragung erklären. Es fehlte jedoch eine Erklärung
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
24
für die Ursache der Leitfähigkeitsänderungen, die an sich zu schnell und zu groß für
einen klassischen Transportmechanismus waren.
Hypothese von Hodgkin, Huxley und Katz (1952):
Die Leitfähigkeitsänderungen bei erregbaren Zellen sind molekular durch das Öffnen und
Schließen von Poren bedingt, die auf äußere Reize reagieren können, z.B. auf Spannung,
Neurotransmitter, mechanische Reize (⇒ Gated Ion Channels)
Der messtechnische Nachweis jedoch war schwierig, da man einzelne Kanäle in der
Membran hätte messen können. Durch indirekte Messungen konnte man in den 70iger
Jahren auf deren Existenz rückschließen.
Neher und Sakmann (1976):
Erstmaliger direkter Beweis für die Ionenkanäle in der Muskelzellmembran. Sie konnten
– mit Hilfe einer neuen Messmethode, des Patch-Clamp-Verfahrens – Stromfluktuationen
durch einzelne Acetylcholinrezeptoren messen. (1991 Nobelpreis)
Ionenkanäle sind in die Membran eingelagerte Proteine, die eine Pore durch die Membran bilden, durch die Substanzen praktisch ungehindert vom intra- in den extrazellulären
Raum (und vice-versa) diffundieren können. Die Eigenschaften der Pore bestimmen, welche Ionen bzw. Moleküle durch einen Kanal diffundieren können (= Selektivitätsfilter).
Diese Selektivität kann dabei sehr stark ausgeprägt sein. N a+ -Kanäle im Axon haben
z.B. für N a+ -Ionen eine mehr als 1000-mal höhere Durchlässigkeit (= Permeabilität bzw.
Leitfähigkeit) als für die – sehr ähnlichen! – K + -Ionen. Auf Basis ihrer Selektivität werden
daher Ionenkanäle nach dem unter physiologischen Bedingungen überwiegend permeablen
Ion benannt. In Nerven- als auch Muskelzellen findet man beispielsweise
• N a+ -Kanäle
• K + -Kanäle
• Ca++ -Kanäle
• Cl− -Kanäle
Die Steuerung der Permeabilität erfolgt über Öffnen und Schließen der Pore, was sich in
der Regel über nur zwei erlaubte Zustände widerspiegelt: offen (= leitend) und geschlossen (= nicht leitend).
Messungen des Stromflusses durch einzelne Ionenkanäle zeigen typischerweise einen Verlauf wie in Abbildung 3.2 dargestellt: Der Stromfluß durch einzelne Ionenkanäle hat das
Aussehen eines Rechteckimpulses gleicher Amplitude, aber zufälliger Dauer. Die beobachtbaren Stromverläufe über eine bestimmte Membranfläche ergeben sich aus der Überlagerung vieler solcher Einzelkanalströme.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
25
Abbildung 3.2: Stromverläufe aus einem (oberste Abbildung) und mehreren Ionenkanälen
(untere Abbildungen) als Ergebnis aus Patch-Clamp-Versuchen an einer Zellmembran.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
3.2.2
26
Elektrische Grundlagen der Membranerregbarkeit
Hodgkin und Huxley modellierten die gesamte elektrische Stromdichte, die während der
elektrischen Aktivierung der Zelle durch die Zellmembran fließt, als eine aus voneinander
unabhängigen bestehenden Einzel-Ionen-Stromflüssen zusammengesetzte Komponente.
Die einzelnen Stromdichten bestehen dabei aus folgenden Komponenten:
1. Stromdichte resultierend aus dem Transport von Natrium-Ionen (N a+ ) durch die
Zellmembran
2. Stromdichte resultierend aus dem Transport von Kalium-Ionen (K + ) durch die
Zellmembran
3. Stromdichte resultierend aus dem Transport anderer Ionensorten (auch bezeichnet
als Leakage current, hauptsächlich durch Chlorid-Ionen (Cl− ) bestimmt) durch die
Zellmembran
4. Stromdichte resultierend aus kapazitiven Effekten der Zellmembran selbst
Diese Verhältnisse sind im zugehörigen elektrischen Ersatzschaltbild in Abbildung 3.3
dargestellt.
Da die Zellmembran aus einem Nichtleiter – der Lipiddoppelschicht, die zwischen zwei
elektrolytischen Leitern (dem intrazellulärem Zytoplasma einerseits und dem extrazellulärem Medium andererseits) lokalisiert ist – besteht, wird die Zellmembran aus elektrotechnischer Sicht als Kapazität modelliert. Das erklärt, warum eine kapazitive Stromdichte bei der Modellierung des Transmembranspannungsverlaufes mit berücksichtigt werden
muss.
Dem Ohm’schen Gesetz folgend kann nun für die jeweilige ionenspezifische auf die
Oberfläche bezogene Leitfähigkeit geschrieben werden:
IN a
Vm − VN a
IK
=
Vm − VK
IL
=
Vm − VL
GN a =
GK
GL
(3.23)
mit
GN a , GK , GL
IN a , IK , IL
VN a , VK , VL
Vm
=
Zellmembranleitfähigkeit bezogen auf die
mS
Oberfläche für Natrium, Kalium und andere Ionensorten [ cm
2]
= elektrische Stromdichte verursacht durch Natrium-, KaliummA
und andere Ionen (Leakage Current) pro Flächeneinheit [ cm
2]
= Nernstspannung für Natrium, Kalium und
andere Ionensorten [mV ]
= Transmembranspannung [mV ]
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
27
Abbildung 3.3: Elektrisches Ersatzschaltbild zur Herleitung der Nachbildung des zeitlimA
chen Verlaufes der Transmembranspannung. Im ([ cm
2 ]) bezeichnet die Gesamtstromdichte, die durch die Zellmembran fließt und in die einzelnen Zweige Ic , IN a , IK und IL
aufgeteilt wird, Vm ([mV ]) ist dabei die Transmembran-Ruhespannung (PotentialdiffeµF
renz zwischen intrazellulärem Potential Φi und extrazellulärem Potential Φo ), Cm ([ cm
2 ])
mS
repräsentiert die auf die Oberfläche bezogene Membrankapazität, GN a und GK ([ cm2 ])
sind die (variablen) auf die Oberfläche bezogenen Leitfähigkeiten für Natrium- und KalimS
umionen, GL ([ cm
2 ]) bezeichnet die (konstante) auf die Oberfläche bezogene Leitfähigkeit
des Leakage-Ionen-Kanals. VN a , VK sowie VL ([mV ]) sind die Nernst-Spannungen (Ruhespannungen) der jeweiligen Ionensorten N a, K und Cl (L).
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
28
(Zur Berechnung der Nernstspannungen siehe Kapitel 3.1.2.)
Somit kann zur Berechnung der über die Zellmembran fließenden gesamten Stromdichte (die sich aus den einzelnen Stromdichten wie oben beschrieben zusammensetzt
und die durch entsprechende Umformung aus Gleichung (3.23) resultieren) bezogen auf
die Einheitsfläche folgende grundlegende Modellgleichung angeschrieben werden:
Im = Cm
dVm
+ (Vm − VN a ) · GN a + (Vm − VK ) · GK + (Vm − VL ) · GL
dt
(3.24)
Aufgrund ihrer extensiven Versuche kamen Hodgkin und Huxley zu der Erkenntnis,
dass der Mechanismus, der der variablen Ionenleitfähigkeit zugrunde liegt, von der
Verteilung geladener Partikel abhängt, die nicht als Träger im herkömmlichen Sinne,
sondern als Vermittler in der Membran fungieren. Ionen können die Membran nur
dann passieren, wenn diese Partikel bestimmte Örtlichkeiten innerhalb der Membran
besetzen. (Anm.: Der Aufenthaltsort der Partikel innerhalb der Membran beeinflußt
die jeweilige ionenspezifische Leitfähigkeit.) So betrachtet bestimmt die Bewegungsrate
der aktivierenden Partikel jenen zeitlichen Verlauf, mit der sich die Natrium- und
Kaliumleitfähigkeiten ihrem Maximum annähern. Diese Bewegungsrate jedoch hat einen
geringen Einfluß auf die Höhe der maximalen Leitfähigkeit. (Hodgkin und Huxley, 1952,
(frei) übersetzt.)
Hodgkin und Huxley stellten keine Vermutungen über die Beschaffenheit oder Struktur dieser Partikel in chemischer oder anatomischer Hinsicht an. Nachdem jedoch das
Wesentliche der Partikel – nämlich festzustellen, wieviele Ionenkanäle relativ gesehen sich
im Status offen (also für die zugehörige Ionensorte durchlässig) befinden – ist, genügt es,
Größen für diese Partikel einzuführen, die die Wahrscheinlichkeit beschreiben, wieviele
der Ionenkanäle sich in relativen Zahlen ausgedrückt im Zustand offen befinden.
3.2.3
Modellierung des Verhaltens der Kalium-Ionenleitfähigkeit der Zellmembran
Die K + -Ionen können die Zellmembran zwischen intra- und extrazellulärem Raum durch
die K + -ionenselektive Kanäle passieren. Hodgkin und Huxley vermuteten, dass das Öffnen und Schließen dieser Kanäle durch elektrisch geladene Teilchen gesteuert wird, die sie
als n-Partikel bezeichneten. Diese können sich im Status durchlässig (solch ein Partikel
wird in der Modellvorstellung als innerhalb der Membran an der Innenseite lokalisiert gesehen) oder im Status nicht durchlässig (solch ein Partikel wird in der Modellvorstellung
als nicht an der Membraninnenseite lokalisiert gesehen) befinden. Die n-Partikel können
ihren Zustand zwischen diesen beiden Phasen gemäß einer Kinematik erster Ordnung
verändern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein n-Partikel sich im Zustand offen befindet,
wird mit Hilfe des Parameters n beschrieben, befindet sich ein n-Partikel im Zustand
geschlossen, so wird dies durch den Parameter n − 1 (0 ≤ n ≤ 1) festgehalten.
Somit – wenn die Transmembranspannung verändert wird – wird die Veränderung der
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
29
Verteilung der n-Partikel durch eine Wahrscheinlichkeit beschrieben, mit der sich n exponentiell auf den neuen Wert zubewegt.
Mathematisch kann dieser spannungs- und zeitabhängige Übergang der n-Partikel zwischen dem offenen und geschlossenen Zustand durch Veränderung des Parameters n mit
den spannungsabhängigen Austauschkoeffizienten αn und βn beschrieben werden:
βn
α
n (n − 1) ⇒ n → (n − 1) und n ←n (n − 1)
(3.25)
Gleichung (3.25) kann als stöchiometrische Gleichung im chemischen Sinne aufgefasst
werden, wobei αn und βn die Rolle der reaktionskinetischen Parameter einnehmen. Basierend auf dieser Analogie kann nun folgende Differentialgleichung zur Beschreibung des
zeitlichen Verlaufes von n und (1 − n) aufgestellt werden:
dn
= αn · (1 − n) − βn · n
dt
(3.26)
Dabei ist zu beachten, dass die Koeffizienten αn sowie βn im Allgemeinen von der gerade
anliegenden Transmembranspannung Vm abhängig sind:
dn(Vm )
= αn (Vm ) · (1 − n) − βn (Vm ) · n
dt
(3.27)
Nachdem es sich hierbei um ein typisches Anfangswertproblem handelt, gilt es, die Werte
für n zum Zeitpunkt t = 0 berechnen zu können. Der Anfangswert für n0 wird mittels
n(t = 0) = n0 =
αn (0)
αn (0) + βn (0)
(3.28)
bestimmt, die Werte αn (0) und βn (0) ergeben sich in Abhängigkeit von der gewählten
Transmembranspannung Vm zum Zeitpunkt t = 0 (siehe hierzu auch Kapitel 3.3.4).
Für die Berechnung der zum aktuellen Zeitpunkt vorliegenden K + -Leitfähigkeit gingen Hodgkin und Huxley von folgender Modellvorstellung aus (siehe dazu auch Abbildung 3.4):
Der Zahlenwert für n (man erinnere sich: 0 ≤ n ≤ 1) repräsentiert dabei jene relative
Anzahl an n-Partikel, die sich an der Innenseite der Zellmembran aufhalten, die Anzahl
1 − n spiegelt daher jene relative Anzahl an n-Partikel wider, die sich an der Außenseite
der Zellmembran befinden.
Damit ein K + -Kanal als geöffnet gilt (man erinnere sich, es gibt lediglich die beiden
Möglichkeiten für einen einzelnen Kanal: offen oder geschlossen), müssen sich bei diesem
Kanal 4 n-Partikel an der Membraninnenseite gleichzeitig aufhalten. Sobald diese Bedingung nicht erfüllt ist, gilt dieser Kanal als geschlossen (= nicht leitfähig).
Nachdem nun die Zahl n die relative Anzahl aller n-Partikel bezeichnet, die sich an der
Membraninnenseite befinden, man jedoch wissen möchte, wieviel Prozent der gesamten
Kanäle als geöffnet betrachtet werden können, sind die Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung hierfür heranzuziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei n Stück n-Partikel,
die sich an der Membraninnenseite befinden, genau 4 n-Partikel an einem Kanal aufhalten, beträgt somit: n4 .
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
30
Die daraus resultierende Leitfähigkeit für die Kaliumkanäle – wenn GK,max jene Leitfähigkeit bezeichnet, die (bestenfalls) erreicht werden kann, wenn sich alle K + -Kanäle in der
Zellmembran im Status offen befinden – berechnet sich somit zu:
GK = GK,max · n4
(3.29)
Allgemeiner formuliert (nachdem n nach Gleichung (3.27) von Vm abhängt):
GK (Vm ) = GK,max · n(Vm )4
3.2.4
(3.30)
Modellierung des Verhaltens der Natrium-Ionenleitfähigkeit der Zellmembran
Die N a+ -Ionen können die Zellmembran zwischen intra- und extrazellulärem Raum durch
die N a+ -ionenselektive Kanäle passieren. Hodgkin und Huxley vermuteten, dass das Öffnen und Schließen dieser Kanäle durch zwei Sorten elektrisch geladene Teilchen gesteuert
wird, die sie als m-Partikel und h-Partikel bezeichneten. Die m-Partikel können sich im
Status durchlässig (solch ein Partikel wird in der Modellvorstellung als innerhalb der
Membran an der Innenseite lokalisiert gesehen) oder im Status nicht durchlässig (solch
ein Partikel wird in der Modellvorstellung als nicht an der Membraninnenseite lokalisiert
gesehen) befinden. Umgekehrt verhält es sich bei den h-Partikeln: Ein h-Partikel kann
sich im Status durchlässig (solch ein Partikel wird in der Modellvorstellung als an der
Membranaußenseite lokalisiert gesehen) oder im Status nicht durchlässig (solch ein Partikel wird in der Modellvorstellung an der Innenseite der Membran lokalisiert gesehen)
befinden. Somit wird einem h-Partikel eine auf die Leitfähigkeit bezogen gesehene inhibierende Rolle (bei Anwesenheit an der Membraninnenseite) zugeschrieben.
Die m-Partikel können ihren Zustand zwischen diesen beiden Phasen gemäß einer Kinematik erster Ordnung verändern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein m-Partikel sich im
Zustand offen befindet, wird mit Hilfe des Parameters m beschrieben, befindet sich ein
m-Partikel im Zustand geschlossen, so wird dies durch den Parameter m − 1 (0 ≤ m ≤ 1)
festgehalten.
Die h-Partikel können ihren Zustand zwischen offen (nicht an der Zellmembraninnenseite) und geschlossen (Zellmembraninnenseite) gemäß einer Kinematik erster Ordnung
verändern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein h-Partikel sich im Zustand offen befindet,
wird mit Hilfe des Parameters h beschrieben, befindet sich ein h-Partikel im Zustand
geschlossen, so wird dies durch den Parameter h − 1 (0 ≤ h ≤ 1) festgehalten.
Somit – wenn die Transmembranspannung verändert wird – wird die Veränderung der
Verteilung der m- und h-Partikel durch eine Wahrscheinlichkeit beschrieben, mit der sich
m und h exponentiell auf ihre neuen Werte zubewegen.
Mathematisch kann dieser spannungs- und zeitabhängige Übergang der m- und h-Partikel
zwischen dem offenen und geschlossenen Zustand durch Veränderung des Parameters m
bzw. h mit den spannungsabhängigen Austauschkoeffizienten αm und βm bzw. αh und βh
beschrieben werden:
βm
m (m − 1) ⇒ m → (m − 1)
β
h
h (h − 1) ⇒ h →
(h − 1)
α
und
m
m←
(m − 1)
und
h ←h (h − 1)
α
(3.31)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
31
Abbildung 3.4: Abbildung zur Erklärung der Wirkungsweise der n-Partikel, mit deren Hilfe die von der Transmembranspannung abhängige K + -Kanal-Leitfähigkeit makroskopisch
modelliert wird. Die relative Anzahl der n-Partikel, die sich an der Membraninnenseite
befinden, wird durch die Zahl n, die relative Anzahl der n-Partikel, die sich an der Membranaußenseite befinden, durch die Zahl 1 − n beschrieben. Ein K + -Kanal befindet sich
im Zustand leitfähig, wenn gleichzeitig vier n-Partikel an der Membraninnenseite anwesend sind. Die Richtung sowie die jeweilige Größe der Transferkoeffizienten αn und βn
sind aufgrund der Pfeilorientierung bzw. qualitativ aufgrund der Pfeilgröße beschrieben.
A: (Zustand während Ruhemembranspannungsphase:) Keiner der beiden hier abgebildeten K + -Kanäle befindet sich im Status offen, nachdem bei keinem Kanal gleichzeitig vier
n-Partikel auf der Innenseite der Membran anwesend sind.
B: (Zustand kurz nach Beginn der Depolarisation:) Der obere Kanal ist geöffnet, hier
befinden sich vier n-Partikel an der Membraninnenseite.
C: (Zustand kurz vor Ende der Depolarisationsphase:) Bei beiden Kanälen befinden sich
jeweils 4 n-Partikel, damit sind beide Kanäle geöffnet (= elektrisch leitfähig).
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
32
Gleichung (3.31) kann als stöchiometrische Gleichung im chemischen Sinne aufgefasst
werden, wobei αm und βm bzw. αh und βh die Rolle der reaktionskinetischen Parameter
einnehmen. Basierend auf dieser Analogie kann nun folgende Differentialgleichung zur
Beschreibung des zeitlichen Verlaufes von m (h) und (1 − m) [(1 − h)] aufgestellt werden:
dm
= αm · (1 − m) − βm · m
dt
dh
= αh · (1 − h) − βh · h
dt
(3.32)
Dabei ist zu beachten, dass die Koeffizienten αm , βm sowie αh und βh im Allgemeinen
von der gerade anliegenden Transmembranspannung Vm abhängig sind:
dm(Vm )
= αm (Vm ) · (1 − m) − βm (Vm ) · m
dt
dh(Vm )
= αh (Vm ) · (1 − h) − βh (Vm ) · h
dt
(3.33)
Nachdem es sich hierbei um ein typisches Anfangswertproblem handelt, gilt es, die Werte
für m und h zum Zeitpunkt t = 0 berechnen zu können. Der Anfangswert für m0 und h0
wird mittels
αm (0)
αm (0) + βm (0)
αh (0)
h(t = 0) = h0 =
αh (0) + βh (0)
m(t = 0) = m0 =
(3.34)
bestimmt, die Werte αm (0), βm (0) und αh (0), βh (0) ergeben sich in Abhängigkeit von
der gewählten Transmembranspannung Vm zum Zeitpunkt t = 0 (siehe hierzu auch
Kapitel 3.3.4).
Für die Berechnung der zum aktuellen Zeitpunkt vorliegenden N a+ -Leitfähigkeit gingen Hodgkin und Huxley von folgender Modellvorstellung aus (siehe dazu auch Abbildung 3.5):
Der Zahlenwert für m (man erinnere sich: 0 ≤ m ≤ 1) repräsentiert dabei jene relative
Anzahl an m-Partikel, die sich an der Innenseite der Zellmembran (aktivierend) aufhalten, die Anzahl 1 − m spiegelt daher jene relative Anzahl an m-Partikel wider, die sich
an der Außenseite der Zellmembran (inhibierend) befinden.
Nachdem die h-Partikel inhibierende Wirkung (bei Anwesenheit an der Zellmembraninnenseite) aufweisen, verhält es sich bei diesem Partikel-Typ wie folgt:
Der Zahlenwert für h (man erinnere sich: 0 ≤ h ≤ 1) repräsentiert dabei jene relative Anzahl an h-Partikel, die sich an der Außenseite der Zellmembran (aktivierend) aufhalten,
die Anzahl 1 − h spiegelt daher jene relative Anzahl an h-Partikel wider, die sich an der
Innenseite der Zellmembran (inhibierend) befinden.
Damit ein N a+ -Kanal als geöffnet gilt (man erinnere sich, es gibt lediglich die beiden
Möglichkeiten für einen einzelnen Kanal: offen oder geschlossen), müssen sich bei diesem
Kanal 3 m-Partikel sowie kein h-Partikel gleichzeitig an der Membraninnenseite aufhalten. Sobald diese Bedingung nicht erfüllt ist, gilt dieser Kanal als geschlossen (= nicht
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
33
leitfähig).
Nachdem nun die Zahl m die relative Anzahl aller m-Partikel bezeichnet, die sich an
der Membraninnenseite befinden, man jedoch wissen möchte, wieviel Prozent der gesamten Kanäle als geöffnet betrachtet werden können, sind die Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung hierfür heranzuziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei m Stück
m-Partikel, die sich an der Membraninnenseite befinden, genau 3 m-Partikel an einem
Kanal aufhalten, beträgt somit: m3 .
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei h Stück h-Partikel, die sich an der Membranaußenseite
befinden, genau 1 h-Partikel an einem Kanal aufhält, beträgt somit: h. Die daraus resultierende Leitfähigkeit für die Kaliumkanäle – wenn GN a,max jene Leitfähigkeit bezeichnet,
die (bestenfalls) erreicht werden kann, wenn sich alle N a+ -Kanäle in der Zellmembran im
Status offen befinden – berechnet sich – nach Berücksichtigung der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsbetrachtung zweier voneinander unabhängiger Ereignisse (bezogen auf die
m- und h-Partikel) – zu:
GN a = GN a,max · m3 · h
(3.35)
Allgemeiner formuliert (nachdem m sowie h nach Gleichung (3.33) von Vm abhängen):
GN a (Vm ) = GN a,max · m(Vm )3 · h(Vm )
3.3
Diskretisierung
Gleichungen
der
(3.36)
Hodgkin-Huxley-
Um die (kontinuierlichen) Gleichungssysteme des Hodgkin-Huxley-Modells mittels rechnergestützter Methoden lösen zu können, muß eine Diskretisierung der Gleichungen sowie
die Festlegung der zugehörigen im Modell definierten konstanten Größen vorgenommen
werden.
Es sei dazu folgende Notation eingeführt:
Ein diskreter Wert einer kontinuierlichen Größe X gültig zum Zeitpunkt t sei mit X (t) ,
ein diskreter Wert einer kontinuierlichen Größe X gültig zum Zeitpunkt t + 1 mit X (t+1)
dargestellt.
Dazu werden im ersten Schritt die n-, m- und h-Partikel mit Hilfe deren Transferkoeffizienten (αn , βn ; αm , βm ; αh , βh ) bestimmt, nachdem diese – in Abhängigkeit von
der gerade (= zum Zeitpunkt t) anliegenden Transmembranspannung – die zugehörigen
Leitfähigkeiten der ionenspezifischen Kanäle bestimmen (siehe dazu Gleichungen (3.30)
und (3.36)).
Im nächsten Schritt erfolgt die Berechnung der Transmembranspannung für den Zeitschritt t + 1 mit Hilfe des elektrischen Ersatzschaltbildes und der daraus resultierenden
Gleichung (3.24).
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
34
Abbildung 3.5: Abbildung zur Erklärung der Wirkungsweise der m- und h-Partikel, mit
deren Hilfe die von der Transmembranspannung abhängige N a+ -Kanal-Leitfähigkeit makroskopisch modelliert wird. Die relative Anzahl der m-Partikel, die sich an der Membraninnenseite befinden, wird durch die Zahl m, die relative Anzahl der m-Partikel, die
sich an der Membranaußenseite befinden, durch die Zahl 1 − m beschrieben. Genau umgekehrt verhält es sich mit den h-Partikeln: Die relative Anzahl der h-Partikel, die sich
an der Membranaußenseite befinden, wird durch die Zahl h, die relative Anzahl der hPartikel, die sich an der Membraninnenseite befinden, durch die Zahl 1 − h beschrieben.
Ein N a+ -Kanal befindet sich im Zustand leitfähig, wenn gleichzeitig drei m-Partikel und
zugleich kein h-Partikel an der Membraninnenseite anwesend sind. Die Richtung sowie
die jeweilige Größe der Transferkoeffizienten αm , βm , αh und βh sind aufgrund der Pfeilorientierung bzw. qualitativ aufgrund der Pfeilgröße beschrieben.
A: (Zustand während Ruhemembranspannungsphase:) Keiner der beiden hier abgebildeten N a+ -Kanäle befindet sich im Status offen, nachdem bei keinem Kanal gleichzeitig
drei m-Partikel auf der Innenseite der Membran anwesend sind.
B: (Zustand kurz nach Beginn der Depolarisation:) Der untere Kanal ist geöffnet, hier
befinden sich drei m-Partikel (und kein h-Partikel) an der Membraninnenseite.
C: (Zustand kurz vor Ende der Depolarisationsphase:) Bei beiden Kanälen befinden sich
jeweils 3 m-Partikel, aber auch jeweils ein h-Partikel, damit sind beide Kanäle geschlossen
(= elektrisch nicht leitfähig).
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
3.3.1
35
Berechnung der diskreten Werte für die n-, m- und hPartikel
Basierend auf der kontinuierlichen Gleichung (3.27)
dn(Vm )
= αn (Vm ) · (1 − n) − βn (Vm ) · n
dt
(3.37)
kann nun folgende zeitliche Diskretisierung vorgenommen werden:
m)
in Gleichung (3.37) durch die approximierMan ersetze den Differentialquotienten dn(V
dt
∆n
te diskrete Form, den Differenzenquotienten ∆t . Wenn der vordere Differenzenquotient
(t+1) −n(t)
betrachtet werden soll, so kann dieser Differenzenquotient mit n t+1−t
beschrieben werden. Wenn von einer äquidistanten zeitlichen Diskretisierung ((t + i + 1) − (t + i) = ∆t,
für i = 0, . . . , (N − 1), wenn N (N ∈ N und N > 1) die Anzahl an gesamten zu diskretisierenden Zeitschritten beschreibt) ausgegangen wird, kann folgende diskrete Gleichung
angesetzt werden:
n(t+1) − n(t)
= αn(t) (Vm(t) ) · (1 − n(t) ) − βn(t) (Vm(t) ) · n(t)
∆t
(3.38)
Zu bemerken ist, dass hierbei von einer expliziten Form der Diskretisierung (explizites
Euler-Schema) ausgegangen wurde. Das ist für eine sinnvolle Wahl von ∆t in der jeweils
konkreten Fragestellung (z.B. Voltage-Clamp mit hohen oder niedrigen Werten von Vm )
zu berücksichtigen, da ansonsten numerische Instabilitäten auftreten können!
Entsprechende äquivalente Umformung und Umstellung der Gleichung (3.38) führt auf
den für den nächsten Zeitschritt gesuchten Wert n(t+1) :
n(t+1) = αn(t) (Vm(t) ) · (1 − n(t) ) − βn(t) (Vm(t) ) · n(t) · ∆t + n(t)
(3.39)
Das gleiche Prinzip auf Gleichung (3.33) angewandt, führt zu
m(t+1) =
h(t+1)
3.3.2
(t)
(t)
αm
(Vm(t) ) · (1 − m(t) ) − βm
(Vm(t) ) · m(t) · ∆t + m(t)
(t)
(t)
(t)
(t)
(t)
(t)
= αh (Vm ) · (1 − h ) − βh (Vm ) · h
· ∆t + h(t)
(3.40)
Berechnung der diskreten Werte für die GK -, GN a - und
GL -Leitfähigkeiten
Die zeit-diskreten Werte für die Kaliumleitfähigkeiten ergibt sich durch Einsetzen der
bereits bekannten Werte aus Gleichung (3.39) in Gleichung (3.30):
(t+1)
GK
= GK,max · (n(t+1) )4
(3.41)
Gleiches gilt für die zeit-diskrete Bestimmung der N a-Leitfähigkeit:
(t+1)
GN a
(t+1)
Die Berechnung von GL
= GN a,max · (m(t+1) )3 · h(t+1)
(3.42)
ist trivial, nachdem GL nicht von Vm abhängig ist:
(t+1)
GL
(t)
= GL
(3.43)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
3.3.3
36
Berechnung der diskreten Werte für die kapazitive Stromdichte Im
Nach erfolgter Berechnung der Leitfähigkeiten für den Zeitschritt t + 1 muss noch die
Stromdichte Im , die durch die Membrankapazität Cm bedingt ist, gemäß Gleichung (3.24)
bestimmt werden. Die Vorgehensweise zur Diskretisierung wird analog zu dem Weg, der
in Kapitel 3.3.1 gezeigt wurde, gewählt (explizites Euler-Schema). Damit erhält man –
ausgehend von der kontinuierlichen Gleichung (3.24)
Im = Cm
dVm
+ (Vm − VN a ) · GN a + (Vm − VK ) · GK + (Vm − VL ) · GL
dt
nach Diskretisierung und entsprechender Umformung
1 (t+1)
(t+1)
(t+1)
Vm(t+1) =
Im − (Vm(t) − VN a ) · GN a − (Vm(t) − VK ) · GK
· ∆t
Cm
1 (t)
(t+1)
−
· ∆t + Vm(t)
(Vm − VL ) · GL
Cm
(3.44)
(3.45)
mit
(t+1)
Vm
Cm
(t+1)
Im
VN a , VK , VL
(t+1)
(t+1)
(t+1)
GN a , GK , GL
∆t
(t)
Vm
3.3.4
= Zellmembranspannung zum Zeitpunkt t + 1 [mV ]
µF
= Zellmembrankapazität [ cm
2]
mA
= (eingeprägte) Stromdichte zum Zeitpunkt t + 1 [ cm
2 ],
über die Zellmembran (= ist 0, wenn
kein externer Stimulus erfolgt)
= Nernst-Spannungen der N a+ -, K + - und Cl− -Ionen [mV ]
= Leitfähigkeiten der NatriumKaliumionen sowie des Leakage-Current-Zweiges
= Integrationszeitschritt
= Zellmembranspannung zum Zeitpunkt t [mV ]
Parameter und Konstant-Werte für das Hodgkin-HuxleyModell
Konstanten
Cm
Vr
VN a
VK
VL
µF
=
1 cm
2
=
−65 mV
=
50 mV
=
−77 mV
= −54, 387 mV
GN a,max
GK,max
GL
=
=
=
120
36
0, 3
mS
cm2
mS
cm2
mS
cm2
Membrankapazität
Ruhe-Transmembranspannung
Nernst-Spannung N a+ -Ionen
Nernst-Spannung K + -Ionen
Nernst-Spannung Leakage-Ionen
(hauptsächlich bedingt durch Cl− -Ionen)
Maximale Leitfähigkeit für den N a-Kanal
Maximale Leitfähigkeit für den K-Kanal
Leitfähigkeit für den Leakage-Current-Kanal
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
37
Transferraten
0
Vorausgesetzt wird im Folgenden, dass V = Vm − Vr ist.
0
αn =
βn =
αm =
βm =
αh =
βh =
0, 1 − 0, 01 · V
0
e(1−0,1·V ) − 1
0, 125
0
e0,0125·V
0
2, 5 − 0, 1 · V
0
e(2,5−0,1·V ) − 1
4
0
V
e /18
0, 07
0
e0,05·V
1
0
e(3−0,1·V ) + 1
(3.46)
Anfangswerte n-, m- und h-Partikel
αn (0)
αn (0) + βn (0)
αm (0)
m0 = m(t = 0) =
αm (0) + βm (0)
αh (0)
h0 = h(t = 0) =
αh (0) + βh (0)
n0 = n(t = 0) =
(3.47)
Leitfähigkeiten N a- und K-Kanäle
GK = GK,max · n4
GN a = GN a,max · m3 · h
(3.48)
Berechnung der Stromdichten in den N a-, K- und Leakage-Current-Kanälen
IK = GK · (Vm − VK ) = GK,max · n4 · (Vm − VK )
IN a = GN a · (Vm − VN a ) = GN a,max · m3 · h · (Vm − VN a )
IL = GL · (Vm − VL )
(3.49)
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
3.4
38
Typischer Verlauf einer Simulation
Der Simulationsvorgang zur Berechnung eines Aktionspotentialverlaufs aufgrund der
Zuführung eines Stromdichteimpulses von endlicher Dauer besteht im Allgemeinen aus
folgenden Schritten:
1. Berechnung der Anfangswerte für Vm = Vr (für t < 0 ms):
(a) Initialisierung der Anfangswerte für die n-, m- und h-Partikel :
Hierbei wird davon ausgegangen, dass vor Simulationsbeginn sich die
Nervenzelle in Ruhe befand, d.h., die Transmembranspannung weist die
Transmembran-Ruhespannung auf. Die daraus resultierenden Werte für die
relative Anzahl an n-, m-Partikel, die sich an der Membraninnenseite befinden, berechnen sich aus erster und zweiter Gleichung (3.47). Die Anzahl an
h-Partikel, die sich an der Membranaußenseite vor Beginn der Simulation befinden, werden durch die letzte Gleichung in (3.47) bestimmt. Die zugehörigen
Werte für die Transferkoeffizienten zum Zeitpunkt t < 0 ms berechnen sich
0
durch Gleichung (3.46), wobei V = 0 mV zu setzen ist.
(b) Berechnung der Leitfähigkeiten:
Die N a- und K-Leitfähigkeiten berechnen sich für t < 0 ms gemäß Gleichung (3.48). Die Leakage-Kanal-Leitfähigkeit ist konstant und weder von der
Transmembranspannung Vm noch von der Zeit t abhängig.
(c) Berechnung der Stromdichten:
Die N a-, K- und Leakage-Kanal-Stromdichten berechnen sich für t < 0 ms
gemäß Gleichung (3.49). Die Stromdichte bedingt durch die Membrankapazität
(siehe dazu Abbildung 3.3) entfällt in diesem Falle, nachdem keine zeitliche
Änderung der Transmembranspannung vorliegt.
2. Berechnung der Wirkung eines Stromdichteimpulses mit endlicher Dauer für t ≥
0 ms:
(a) Berechnung der Werte für die Transferkoeffizienten:
Die (neuen) Werte für die Transferkoeffizienten erfolgt gemäß der Gleichung (3.46) in Abhängigkeit der gerade anliegenden Transmembranspannung
0
Vm mit V = Vm − Vr .
(b) Berechnung der Werte für die n-, m- und h-Partikel :
Diese werden gemäß den Gleichungen (3.39) und (3.40) berechnet.
(c) Berechnung der Leitfähigkeiten:
Die N a- und K-Leitfähigkeiten berechnen sich gemäß Gleichung (3.48). Die
Leakage-Kanal-Leitfähigkeit ist konstant und weder von der Transmembranspannung Vm noch von der Zeit t abhängig.
(d) Berechnung der Stromdichten:
Die N a-, K- und Leakage-Kanal-Stromdichten berechnen sich gemäß Gleichung (3.49).
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
39
(e) Berechnung der Transmembranspannung für den nächsten diskreten Zeitschritt:
Nach Gleichung (3.45) kann nun – nach Maßgabe des Wertes für Im , der applizierten Stromdichte – die Veränderung der Transmembranspannung Vm für
den nächstfolgenden diskreten Zeitschritt berechnet werden.
Danach wiederholt sich das Szenario bei 2. (a), bis ein entsprechendes Kriterium
erfüllt wird (z.B.: Erreichen der voreingestellten Simulationsdauer).
3.5
Simulationsergebnisse
In diesem Kapitel sollen stellvertretend für das breite Einsatzspektrum des HodgkinHuxley-Modells Ergebnisse aus den Simulationen für die Szenarien
1. unterschwellige Reizung und
2. für Überschreiten jener Reizschwelle, um ein Aktionspotential auszulösen
gezeigt werden.
In Abbildung 3.6 sind die Transmembranspannungsverläufe sowie die Leitfähigkeiten der K + - und N a+ -Kanäle, in Abbildung 3.7 die Stromdichteverläufe über die Zeit
mA
nach Applizieren eines Stromdichteimpulses mit ganzzahligen Impulshöhen von 1 – 6 cm
2
für eine Impulsdauer von jeweils 1 ms dargestellt. Die daraus resultierende eingeprägte
Stromdichte ist für diese Fälle nicht ausreichend, um ein Aktionspotential auszulösen.
In Abbildung 3.8 ist der Aktionspotentialverlauf sowie die Leitfähigkeiten der K + - und
N a+ -Kanäle, in Abbildung 3.9 die Stromdichteverläufe über die Zeit nach Applizieren
mA
eines Stromdichteimpulses von 7 cm
2 für eine Impulsdauer von tpuls = 1 ms dargestellt.
Die daraus resultierende eingeprägte Stromdichte ist für diesen Fall ausreichend, um ein
Aktionspotential auszulösen.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
40
Abbildung 3.6: Zeitlicher Verlauf der Transmembranspannung (obere Abbildung; xAchse: Zeit in ms, y-Achse: Transmembranspannung in mV ) sowie zeitlicher Verlauf
der Leitfähigkeiten des K + -Kanals (untere Abbildung rot) und des N a+ -Kanals (unmA
tere Abbildung blau) für Stromdichteimpulse von 1, 2, 3, 4, 5 und 6 cm
2 mit jeweils
einer Impulsdauer von 1 ms (x-Achse: Zeit in ms, y-Achse: Leitfähigkeit normiert auf
mS
die Fläche in cm
2 ). Der Stromdichteimpuls wird zum Zeitpunkt t = 1 ms (schwarze
senkrechte Linie) appliziert. Je höher der applizierte Stromdichteimpuls ist, desto höher
sind die Transmembranpotential-Amplituden gleich nach Beginn des Stimulus sowie die
Amplituden der Leitfähigkeiten der beiden Ionenkanäle.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
41
Abbildung 3.7: Zeitlicher Verlauf der Stromdichte durch den K + -Kanal (oberste Abbildung), durch den N a+ -Kanal (mittlere Abbildung) sowie durch den Leakage-Zweig (unterste Abbildung) für das selbe Szenario wie in Abbildung 3.6 beschrieben. Die x-Achse
mA
repräsentiert den zeitlichen Verlauf in ms, die y-Achse jeweils die Stromdichte in cm
2
(beachten Sie die unterschiedliche Skalierung der y-Achsen in den einzelnen Abbildungen). Der Stromdichteimpuls wird jeweils zum Zeitpunkt t = 1 ms (mit der Impulsdauer
von 1 ms) appliziert. Je höher der applizierte Stromdichteimpuls ist, desto höher sind
die absolut gesehenen Amplituden der Stromdichten gleich nach Beginn des Stimulus.
Positive Stromdichte-Werte stehen dabei für einen Stromdichtefluss vom intra- in den
extrazellulären Raum, negative Werte für einen Stromdichtefluss vom Extra- in den Intrazellulärraum.
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
42
Abbildung 3.8: Zeitlicher Verlauf der Transmembranspannung (obere Abbildung; xAchse: Zeit in ms, y-Achse: Transmembranspannung in mV ) sowie zeitlicher Verlauf
der Leitfähigkeiten des K + -Kanals (untere Abbildung rot) und des N a+ -Kanals (untere
mA
Abbildung blau) für einen Stromdichteimpuls von 7 cm
2 mit einer Impulsdauer von 1 ms
mS
(x-Achse: Zeit in ms, y-Achse: Leitfähigkeit normiert auf die Fläche in cm
2 ). Der Stromdichteimpuls wird zum Zeitpunkt t = 1 ms (schwarze senkrechte Linie) appliziert. In
diesem Falle ist der applizierte Stromdichteimpuls ausreichend, um die Antwort der Zelle
in Form eines Aktionspotentials hervorzurufen. Bitte beachten Sie die unterschiedliche
Skalierung der y-Achsen, wenn Sie diese Abbildung mit Abbildung 3.6 vergleichen!
KAPITEL 3. DAS HODGKIN-HUXLEY-MODELL
43
Abbildung 3.9: Zeitlicher Verlauf der Stromdichte durch den K + -Kanal (oberste Abbildung), durch den N a+ -Kanal (mittlere Abbildung) sowie durch den Leakage-Zweig (unterste Abbildung) für das selbe Szenario wie in Abbildung 3.8 beschrieben. Die x-Achse
mA
repräsentiert den zeitlichen Verlauf in ms, die y-Achse jeweils die Stromdichte in cm
2 (beachten Sie die unterschiedliche Skalierung der y-Achsen in den einzelnen Abbildungen).
Der Stromdichteimpuls wird zum Zeitpunkt t = 1 ms (mit der Impulsdauer von 1 ms)
appliziert. Positive Stromdichte-Werte stehen dabei für einen Stromdichtefluss vom intrain den extrazellulären Raum, negative Werte für einen Stromdichtefluss vom Extra- in
den Intrazellulärraum. Bitte beachten Sie die unterschiedliche Skalierung der y-Achsen,
wenn Sie diese Abbildung mit Abbildung 3.7 vergleichen!
Kapitel 4
Analytische Lösung eines
radialsymmetrischen Problems im R2
In diesem Kapitel soll die Lösung eines radialsymmetrischen Problems der Form
2
∂ u ∂ 2u
c · ∆u = q ⇔ c∇ · ∇u = q ⇔ c
+
=q
∂x2 ∂y 2
(4.1)
für die gesuchte Größe u = u(x, y) im R2 (c, q ∈ R) bestimmt werden. Diese Problemstellung tritt beispielsweise auf, wenn die Durchbiegung einer kreisförmige Membran (mit
Radius R) mit Steifigkeit c, auf die die Gewichstkraft q einwirkt, zu bestimmen ist. Die
Skizze für diesen Fall ist in Abbildung 4.1 dargestellt. Für die folgende
Abhandlung wird
√
2
davon ausgegangen,
dass die Membran an den Stellen √
(x = x, y = R − x2 ) eingespannt
√
wird (u(x, R2 − x2 ) = 0 (für 0 ≤ x ≤ R und y = R2 − x2 )), d.h., an diesen Stellen
die Durchbiegung Null beträgt.
Für die Behandlung dieses Problems ist es sinnvoll, die Beschreibung der Gleichung (4.1)
in Polarkoordinaten anzugeben (siehe zur Herleitung des Laplace-Operators in Polarkoordinaten Kapitel 6.3):
1 ∂
∂u
1 ∂ 2u
c·
·
r·
+ 2·
= q,
(4.2)
r ∂r
∂r
r ∂ϕ2
wobei die Funktion u = u(r, ϕ) in Polarkoordinaten zur Unterscheidung von der skalaren
Größe u = u(x, y) in kartesischen Koordinaten gewählt wird. Die Transformation zwischen diesen beiden Größen wird durch die Gleichungen (6.10) und (6.11) beschrieben.
Aufgrund der Tatsache, dass es sich in dieser Problemformulierung um ein radialsymmetrisches Problem (welches damit nicht von ϕ abhängt) handelt, kann u(r, ϕ) auf eine zu
berechnende Funktion u(r) reduziert werden. Somit folgt für die Problemformulierung
ausgehend von Gleichung (4.2):
1 d
du
d
du
q
c·
·
r·
=q⇔
r·
= · r.
(4.3)
r dr
dr
dr
dr
c
44
KAPITEL 4. RADIALSYMMETRISCHES PROBLEM IM R2
45
Abbildung 4.1: Radialsymmetrisch aufgespannte Membran, deren Durchbiegung zu berechnen ist, wenn diese an den Außenrändern eingespannt ist. Die Abbildung hier stellt
eine Approximation der wahren Verhältnisse dar (die Randkanten approximieren den
wahren kreisförmigen Verlauf). Die Knoten- und Elementenummerierung spielt bei der
analytischen Lösung keine Rolle.
KAPITEL 4. RADIALSYMMETRISCHES PROBLEM IM R2
46
Gleichung (4.3) ist eine inhomogene gewöhnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung
und kann somit mit den Methoden zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen behandelt werden.
Integration von Gleichung (4.3) nach r ergibt:
r·
q r2
q r
du
du
= ·
+ k1 ⇔
= · + k1 .
dr
c 2
dr
c 2
(4.4)
Die Integrationskonstante k1 kann bestimmt werden, indem man berücksichtigt, dass
die Steigung der Membrandurchbiegung du
bei einem radialsymmetrischen Problem mit
dr
konstanter eingespannter Membran an der Stelle r = R im Koordinatenursprung 0 sein
muss. Daraus folgt, dass k1 = 0 gesetzt werden kann. Für den nächstfolgenden Integrationsschritt von Gleichung (4.4) nach r und für k1 = 0 erhält man:
u(r) =
q r2
·
+ k2 .
c 4
(4.5)
Die Bestimmung der Integrationskonstanten k2 erfolgt für das in dieser Aufgabenstellung
zu berücksichtigende homogene Dirichlet’sche Randwertproblem mit u(R) = 0:
u(R) = 0 =
q R2
q R2
·
+ k2 ⇒ k2 = − ·
.
c 4
c 4
(4.6)
Somit erhält man die analytische Lösung dieses Randwertproblems:
q r 2 q R2
q
q
·
− ·
⇔
· r 2 − R2 =
· x2 + y 2 − R 2
c 4 c 4
4 ·c
4·c
q · R2
x2 + y 2
=
·
−1 .
4·c
R2
u(r) =
(4.7)
Zuletzt noch ein Dimensions-Check : Die Einheiten sind für [q] = N/m2 , [c] =N/m,
[R] =m. Daraus folgt für Gleichung (4.7):
2
N/m2 · m2
m
·
= m,
N/m
m2
was der Dimension der Durchbiegung [u] = m entspricht und somit eine plausible Lösung
rein von der Betrachtung der Einheiten her liefert.
Kapitel 5
Finite Elemente Methode – FEM
Hinweis und Bemerkung:
Die Ausführungen in diesem Kapitel stellen einen alternativen Blick im Vergleich zu den
Vorlesungs–Handouts auf die Methode der Finiten Elemente – im speziellen auf den Ansatz von Galerkin – dar und orientieren und lehnen sich stark an das empfehlenswerte
Buch Methode der finiten Elemente von H. R. Schwarz (Teubner Studienbücher Mathematik, B. G. Teubner Stuttgart 1991) an.
Die in den folgenden Abschnitten dargestellte Abhandlungen beziehen sich vornehmlich
auf das Verfahren nach Galerkin, auf lineare Dreieckselemente und auf lineare Tetraederelemente. All jene, die sich für eine weitergehende und tiefgründigere Abhandlung der
Finiten Elemente Methode interessieren, seien unter anderem auf das oben beschriebene
Buch verwiesen.
5.1
Grundlagen – Startpunkt für die FEM
Die Lösungsfunktion zu Aufgaben aus der Physik oder Technik wird gewöhnlicherweise
durch eine Differentialgleichung in Verbindung mit Rand- und Anfangsbedingungen charakterisiert. (Nicht nur) in all jenen Fällen, in denen kein sogenanntes Extremalprinzip
(Variationsrechnung; speziell in der FEM als Ritz’scher Ansatz bezeichnet) existiert bzw.
hergeleitet werden kann, müssen notwendigerweise die aus physikalischen Überlegungen
hergeleiteten, das Problem beschreibenden Differentialgleichungen den Ausgangspunkt
für eine weitere Vorgehensweise bilden. Sie werden durch geeignete Ansätze näherungsweise so zu lösen versucht, dass der resultierende Fehler beim Einsetzen der Näherungslösung
in die Differentialgleichungen in einem zu präzisierenden Sinn möglichst klein wird. Dies
ist die Idee der sogenannten Residuenmethoden und führt zu den Gleichungen von Galerkin.
5.2
Die Methode von Galerkin
Für all jene Klassen von Problemen, für welche keine echten Extremalprinzipien existieren, ist von den das Problem bestimmenden Differentialgleichungen und den zugehörigen
Rand- und eventuell Anfangsbedingungen auszugehen. Das Verfahren nach Galerkin kann
47
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
48
– im Vergleich zum Verfahren nach Ritz, das von einem exisitierenden Extremalprinzip
ausgeht – daher auf einen großen Problemkreis angewandt werden und wird somit zu
einem recht universellen Werkzeug. Das Vorgehen wird jedoch auch sehr häufig dann angewendet, wenn für das betreffende Problem an sich ein Extremalprinzip zur Verfügung
steht. Dies liegt daran, dass die klassische Idee der Methode von Galerkin recht einfach
zu verstehen ist und zudem in diesen Fällen zu denselben Bestimmungsgleichungen führt.
Die Methode von Galerkin – oder allgemeiner die Methode der gewichteten Residuen –
läßt sich ganz generell wie folgt beschreiben:
Die gesuchte Funktion u des Problems soll mit Hilfe von geeignet gewählten Funktionen
ϕ0 , ϕ1 , ϕ2 , ..., ϕm angenähert werden in der Form
u = ϕ0 +
m
X
ck ϕk ,
(5.1)
k=1
wobei ϕ0 eventuelle inhomogene Randbedingungen erfülle und die übrigen Funktionen
ϕk die entsprechenden homogenen Randbedingungen. Damit erfüllt u für beliebige ck
die Randbedingungen. Wird nun dieser Ansatz in die Differentialgleichung eingesetzt, so
wird sie in den wenigsten Fällen erfüllt sein, vielmehr resultiert ein sogenanntes Residuum. Dieses Residuum soll nun im Inneren des Problemgebietes möglichst klein werden.
Dazu verlangt man, dass das Integral des Residuums, gewichtet mit gewissen Gewichstfunktionen Wi , ber das Grundgebiet verschwindet. Das heißt mit anderen Worten, daß
das Residuum im Mittel bezüglich der Gewichtsfunktionen im Gebiet verschwindet. Da
der Ansatz (5.1) für die gesuchte Funktion m Parameter c1 , c2 , ..., cm enthält, kann die
Bedingung für m voneinander linear unabhängige Gewichtsfunktionen formuliert werden,
sodaß m Gleichungen resultieren, aus denen die Parameter zu bestimmen sind. In dieser
allgemeinen Formulierung entspricht dies dem Verfahren der gewichteten Residuen.
In der Methode von Galerkin werden die m Gewichtsfunktionen der Reihe nach gleich
den gewählten Funktionen ϕ1 , ϕ2 , ..., ϕm gewählt, welche ja die Bedingung der linearen
Unabhängigkeit erfüllen. Mit dieser Wahl der Gewichtsfunktionen erreicht man, dass die
Residuenfunktion orthogonal zum Funktionsunterraum ist, der durch ϕ1 , ϕ2 , ..., ϕm aufgespannt ist. Diese Tatsache rechtfertigt das Vorgehen, indem die resultierende Näherungslösung in diesem Sinn die bestmögliche im Raum der Ansatzfunktionen darstellt.
Führt man die Idee von Galerkin in der eben geschilderten Art durch, so enthalten
die Integranden ebenso hohe Ableitungen der gesuchten Funktion wie die Differentialgleichung. In der klassischen Ausführung der Methode stellt dies kaum ein Problem dar. Im
Hinblick auf ihre Anwendung in der Methode der finiten Elemente ergeben sich jedoch
gewisse Schwierigkeiten, da schärfere Anforderungen an die Stetigkeit von höheren Ableitungen der verwendeten Funktionen zu erfüllen sind. Die Variationsintegrale enthalten
aber stets nur Ableitungen niedrigerer Ordnung als die zugehörigen Euler’schen Differentialgleichungen. Die höheren Ableitungen lassen sich in der Regel mit Hilfe von partieller
Integration bzw. durch die Anwendung von Gauß’schen und Green’schen Integralsätzen
eliminieren, sodass die erwähnte Schwierigkeit behoben werden kann.
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
5.3
49
Generelle Beschreibung der FEM mit Fokus auf
die Methode nach Galerkin
1. Die gegebene Aufgabe wird diskretisiert, indem ganz allgemein das Grundgebiet
in einfache Teilgebiete – den sogenannten Elementen – zerlegt wird. Bei gewissen
Aufgabenstellungen ist die Aufteilung in Elemente durch das Problem bereits weitestgehend vorgegeben.
Im Fall von zweidimensionalen Feldproblemen oder elastomechanischen Aufgaben
wird das Grundgebiet G in Dreiecke, Parallelogramme, krummlinige Dreiecke oder
Vierecke eingeteilt. Selbst wenn nur geradlinige Elemente verwendet werden, erreicht man mit einer entsprechend feinen Diskretisierung eine recht gute Approximation des Grundgebietes. Krummlinige Elemente erhöhen selbstverständlich die
Güte der Annäherung des Grundgebietes. Jedenfalls erlaubt diese Diskretisierung
eine äußerst flexible und auch dem Problem angepaßte Erfassung des Grundgebietes. Allerdings muß unbedingt darauf geachtet werden, dass Paare von allzu spitzen
und damit allzu stumpfe Winkel in den Elementen vermieden werden, um numerische Schwierigkeiten zu vermeiden. Dann wird das gegebene Gebiet durch die Fläche
der approximierenden Elemente ersetzt.
Bei räumlichen Problemen erfolgt eine Diskretisierung des dreidimensionalen Gebietes in Tetraederelemente, Quaderelemente oder anderen dem Problem angepaßten –
möglicherweise auch krummflächig berandeten – Elementen.
2. In jedem der Elemente wird für die gesuchte Funktion, bzw. allgemeiner für die
das Problem beschreibenden Funktionen, ein problemgerechter Ansatz gewählt. Im
besonderen eignen sich dazu ganz rationale Funktionen in den unabhängigen Raumkoordinaten. Für eindimensionale Elemente (z.B. Stäbe, Balken) kommen Polynome
ersten, zweiten, dritten und gelegentlich sogar höheren Grades in Frage. Bei zweidimensionalen Problemen finden lineare, quadratische und höhergradige Polynome
der Form
u(x, y) = c1 + c2 x + c3 y,
u(x, y) = c1 + c2 x + c3 y + c4 x2 + c5 xy + c6 y 2 ,
(5.2)
oder etwa bilineare Ansaätze
u(x, y) = c1 + c2 x + c3 y + c4 xy
(5.3)
Verwendung.
Die Art des Ansatzes hängt dabei einerseits von der Form des Elementes ab und
andererseits kann auch das zu behandelnde Problem den zu wählenden Ansatz
beeinflussen. Denn die Ansatzfunktionen müssen beim Übergang von einem Element ins benachbarte ganz bestimmte problemabhängige Stetigkeitsbedingungen
erfüllen. Die Stetigkeitsanforderungen sind häufig aus physikalischen Gründen offensichtlich. Sie sind aus mathematischen Gründen auch erforderlich, damit die
Menge der Ansatzfunktionen eine für das Extremalprinzip oder die Galerkin’sche
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
50
Methode zulässige Funktionsklasse bilden. Hat etwa u(x, y) die Bedeutung der Verschiebung eines kontinuierlichen Mediums in z-Richtung, so muß diese Funktion
offenbar beim Übergang von einem Element zum anderen stetig sein, um die Kontinuität des Materials zu gewährleisten. Im Fall der Balken- oder Plattenbiegung
sind die Stetigkeitsanforderungen höher, indem dort aus analogen physikalischen
Gründen sogar die Stetigkeit der ersten Ableitung bzw. der beiden ersten partiellen Ableitungen gefordert werden muß. Elemente mit Ansatzfunktionen, welche den
Stetigkeitsbedingungen genügen, heißen konform.
Eigentlich sind vom mathematischen Standpunkt aus nur konforme Elemente
zulässig. Insbesondere im Fall der Plattenbiegung sind die Stetigkeitsanforderungen
aber nur mit recht großem Aufwand zu erfüllen, weshalb man hier die Bedingungen
etwas lockert und meistens mit nicht-konformen Elementen arbeitet. Obwohl das
Vorgehen mathematisch unhaltbar scheint, rechtfertigen die erzielten Ergebnisse
das Vorgehen.
Abgesehen von den Stetigkeitsanforderungen an die Ansätze sollten die verwendeten Polynomfunktionen bei linearen Transformationen von einem kartesischen
Koordinatensystem in ein anderes ihre Form unverändert beibehalten. Nach einer
solchen Drehung des Koordinatensystems soll die approximierende Funktion auch
noch dem Problem angepaßt sein. Diese plausible Forderung an den Ansatz wird
dadurch erreicht, dass er entweder vollständig ist, d.h., sämtliche Potenzen bis zu
einem bestimmten Grad enthält wie Gleichungen (5.2), oder wenigstens die zueinander symmetrischen Terme enthält wie Gleichung (5.3). Solche geometrisch isotropen
Ansätze besitzen die Eigenschaft, dass sie für festes x oder y stets ein vollständiges
Polynom in der anderen Variablen sind, was für die Erfüllung der Stetigkeit von
Bedeutung ist.
Um nun die Stetigkeitsanforderungen tatsächlich zu erfüllen, eignen sich die Ansätze
mit den Koeffizienten ck in Gleichung (5.1) nicht. Vielmehr ist der Funktionsverlauf
im Element durch Funktionswerte und eventuell auch durch Werte von (partiellen)
Ableitungen in bestimmten Punkten des Elements, den sogenannten Knotenpunkten auszudrücken. Die in den Knotenpunkten benützten Funktionswerte und Werte
von Ableitungen nennt man die Knotenvariablen des Elementes. Mit Hilfe dieser
Knotenvariablen stellt sich die Ansatzfunktion als Linearkombination von sogenannten Formfunktionen mit den Knotenvariablen als Koeffizienten dar. Nehmen
(e)
wir konkret den Fall an, dass in den Knotenpunkten i nur Funktionswerte ui (im
Element (e)) als Knotenvariable auftreten, dann erhält die Ansatzfunktion für ein
zweidimensionales Element mit p Knotenpunkten die Darstellung
u(e) (x, y) =
p
X
(e)
(e)
ui Ni (x, y).
(5.4)
i=1
(e)
Da die Darstellung (5.4) für beliebige Knotenvariable ui gültig sein muß, so hat
(e)
die Formfunktion Ni (x, y) notwendigerweise die Interpolationseigenschaft aufzu(e)
(e) (e)
weisen, im Knotenpunkt Pi mit den Koordinaten (xi , yi ) gleich Eins zu sein
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
und in den anderen Knotenpunkten des Elementes zu verschwinden:
1 für j = i
(e) (e) (e)
Ni (xj , yj ) =
0 für j 6= i.
51
(5.5)
Der Ansatz (5.4) gilt für ein bestimmtes Element, was mit dem oberen Index e
präzisierend angedeutet ist.
Um an dieser Stelle die Grundlage für die Anwendung des Galerkin-Verfahrens im
Sinne der Methode der finiten Elemente vorzubereiten, betrachten wir die globale
Darstellung der gesuchten Funktion u(x, y) im ganzen Grundgebiet, bestehend aus
der Vereinigungsmenge der Elemente. Der Ansatz für u(x, y) setzt sich stückweise
zusammen aus den einzelnen Ansätzen u(e) (x, y, ) aller Elemente und ist damit
selbst gewissermaßen dei Vereinigung der Ansätze (5.4) über alle Elemente. Wenn
wir sämtliche Knotenvariablen fortlaufend von 1 bis n durchnummerieren, dann läßt
sich das Ergebnis der Zusammensetzung formulieren als
u(x, y) =
n
X
uk Nk (x, y).
(5.6)
k=1
Darin bedeutet jetzt Nk (x, y) die Zusammensetzung (Vereinigung) jener Element(e)
formfunktionen Ni (x, y), welche im Knotenpunkt Pk (mit der in diesem Punkt
zugehörgen Knotenvariablen uk ) den Wert Eins besitzen. Daraus wird einmal ersichtlich, dass die globalen Formfunktionen Nk (x, y) nur in denjenigen Elementen
von Null verschieden sind, welche den Knotenpunkt Pk gemeinsam haben, sodass
also die Funktionen Nk (x, y) nur in einem sehr beschränkten Teilgebiet von Null
verschieden sind. Zudem lassen sich mit dem Ansatz (5.6) durch Vorgabe der entsprechenden Werte für die betreffenden Knotenvariablen geometrische Randbedingungen auf einfachste Weise berücksichtigen.
3. Zur praktischen Durchführung des Galerkin’schen Verfahrens wird für die gesuchte
(oder die gesuchten) Funktion(en) ein Ansatz der Form (5.6) verwendet. Hier spielen die globalen Formfunktionen Nk (x, y) die Rolle der Ansatzfunktionen, welche
in den Galerkin’schen Gleichungen auch wieder als Gewichtsfunktionen auftreten.
Entsprechend dem allgemein geschilderten Vorgehen in Kapitel 5.2 sind schließlich
Gebiets- und Randintegrale auszuwerten, die wiederum als Summe von entsprechenden Integralen über die Elemente berechnet werden. Die Koeffizientenmatrix
der resultierenden Bedingungsgleichungen und der Konstantenvektor werden durch
Aufsummation der Beiträge der einzelnen Elemente gebildet.
5.4
5.4.1
FEM – Ein Beispiel in R3
Überblick
Die Problem-/Aufgabenstellung Für die folgenden Ausführungen wird von einer
geometrischen Diskretsierung des Problemgebietes Ω im dreidimensionalen Raum (Ω ⊂
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
52
R3 ) mit Hilfe linearer Tetraederelemente ausgegangen. Die im Gebiet Ω allgemein gültige
problembeschreibende Differentialgleichung laute auf
div [κ grad (ϕ)] = s
⇔ ∇ · [κ ∇ (ϕ)] = s.
(5.7)
Der Tensor κ kann dabei physikalisch beispielsweise als elektrischer Leitfähigkeits- oder
als Wärmeleitfähigkeitstensor interpretiert werden, die gesuchte skalare Funktion ϕ könnte dabei die Rolle als elektrisches Potential oder als Temperaturfeld einnehmen. Die Funktion s (sie sei für dieses Beispiel – um allgemeinere Verhältnisse zu modellieren – von der
Zeit abhängig, d.h., s = s(t)) stellt den inhomogenen Term der problembeschreibenden
Differentialgleichung dar und sorgt somit dafür, dass es sich bei dieser Differentialgleichung um eine Poissongleichung handelt.
Ansatz nach Galerkin Nachdem gemäß des Ansatzes nach Galerkin gefordert wird,
dass das gewichtete Mittel des Residuums im Problemgebiet Ω verschwinden soll, erhält
man allgemein für die in diesem Kapitel verwendete problembeschreibende Differentialgleichung (5.7) und nach Umformung und Verwendung der Gauß’schen und Green’schen
Integralsätze
Z
Z
[grad(nj (~r))] · [κgrad(ϕ(~r))] dΩ = nj (~r)s(~r) dΩ,
Ω
Ω
j = 1, . . . , N
(5.8)
unter der Berücksichtigung von
ϕ(~r) ∼
=
N
X
i=1
ni (~r)ϕi
und s(~r) ∼
=
N
X
ni (~r)si .
i=1
Die Zahl N stellt die Anzahl der gewählten Ansatzfunktionen im Problemgebiet Ω dar
und wird zu einem späteren Zeitpunkt – nach erfolgter geometrischer Diskretisierung –
eine leicht einzusehende Bedeutung erlangen.
Nachdem im Ansatz für die gesuchte Funktion ϕ lediglich die Ansatzfunktionen ni vom
Ort abhängig sind, können sowohl ϕi als auch si aus dem Gradienten als multiplikative
Koeffizienten herausgehoben werden:





Z

Z
nj (~r)ni (~r) dΩ si ,
[grad(nj (~r))] · [κgrad (ni (~r))] dΩ ϕi =




Ω
Ω
i = 1, . . . , N
j = 1, . . . , N
(5.9)
Geometrische Diskretisierung Ausgehend von der Galerkin’schen Gleichung (5.9)
kann man unter Berücksichtigung des mittels Tetraederelemente diskretisierten Grund-
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
53
gebietes beispielhaft für ein Tetraederelement schreiben:



Z
Z
M
M
X
 X
(gradNj ) · (κgradNi ) dΩTet  =
si
ϕi
k=1
k=1
ΩTet,k


Nj Ni dΩTet .
(5.10)
ΩTet,k
ΩTet,k bezeichnet das Volumen des Tetraeders k, M die Zahl der Tetraederelemente im
gesamten Problemgebiet Ω.
Die Funktionen Ni bzw. Nj treten dabei innerhalb eines Tetraederelementes an die Stelle
der Ansatzfunktionen ni bzw. nj und werden in dieser Rolle als Form- bzw. Interpolationsfunktionen bezeichnet. Die zugehörige Herleitung und nähere Betrachung dieser
Formfunktionen für diskrete Tetraederelemente erfolgt im Abschitt 5.4.2.
Das resultierende lineare Gleichungssystem Das nach Anwendung des Verfahrens
nach Galerkin resultierende lineare algebraische Gleichungssystem lautet
e =S
RΦ
(5.11)
e (linke Steifheitsmatrix; m × m Einträge, wobei m die Anzahl an
mit den Matrizen R
Tetraederknoten des diskretisierten Problemgebietes Ω entspricht) und S (rechte Steifheitsmatrix; m × t Einträge; die Zahl t repräsentiert die gewählten Zeitschritte für die
diskretisierte zeitliche Approximation der Störgröße s aus der problembeschreibenden
Differentialgleichung (5.7)) sowie der Matrix Φ (m × t Einträge), die die gesuchten Knotenwerte beinhaltet.
Für die Berechnung der gesuchten Knotenvariablen Φ muss eine Invertierung der
e durchgeführt werden
linken Steifheitsmatrix R
−1
e S,
Φ=R
(5.12)
e 6= 0 eine notwendige Voraussetzung darstellt.
wobei für eine erfolgreiche Inversion det(R)
Nachdem im weiteren davon ausgegangen wird, dass alle notwendigen Voraussetzungen
zur Anwendung des konjugierten Gradientenverfahrens erfüllt sind, wird die Matrixinversion mit Hilfe dieses Verfahrens im Abschnitt 5.4.4 näher beleuchtet.
Für einen Überblick und Details sowohl zu anderen iterativen als auch direkten
Lösungsverfahren, zu möglichen Vorkonditionierungsmethoden und weitere für die Finite Elemente Methode interessante und wichtige Aspekte sei auf das Buch Methode der
finiten Elemente von H. R. Schwarz (Teubner Studienbücher Mathematik, B. G. Teubner
Stuttgart 1991) verwiesen.
5.4.2
Diskretisierung
Für die numerische Berechnung muß das Volumen des Grundgebietes (Problemgebietes)
in einfache Teilgebiete (Elemente) zerlegt werden. Für dieses Beispiel werden Tetraeder
als Elemente verwendet. Die Gesamtheit der Elemente, die für die Näherung an das
eigentliche Grundgebiet verwendet werden, bezeichnet man als Diskretisierung oder Mesh.
Dieses Mesh wird nun als Grundlage für die weitere Vorgangsweise herangezogen.
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
54
Abbildung 5.1: Zuordnung von Formfunktionen und Knotenvariablen in einem Tetraederelement
Jedem Tetraederknoten (Eckpunkt eines Tetraeders) wird nun die Knotenvariable ϕi
zugeschrieben. Damit ein stetiger Übergang der Knotenvariablen innerhalb eines Tetraeders und von einem Element ins nächste gewährleistet ist, fordert man, daß die gewählten
Ansatzfunktionen diesem Stetigkeitsanspruch genügen. Die Ansatzfunktionen, die innerhalb eines Elementes verwendet werden, werden als Formfunktionen Ni bezeichnet.
Die Formfunktionen Wie in Abbildung 5.1 dargestellt, wird innerhalb eines Tetraeders jedem Knoten die Variable ϕ1 , ϕ2 , ϕ3 und ϕ4 zugeordnet. Um den gesuchten Wert
innerhalb eines einzelnen Elementes berechnen zu können, stellt man den zu berechnenden Knotenwert als Linearkombination von den Knotenvariablen und Formfunktionen
dar:
4
X
ϕ(x, y, z) =
Ni (x, y, z) ϕi .
(5.13)
i=1
An die Formfunktionen Ni (zur Erinnerung: in diesem Beispiel werden lineare Tetraederelemente verwendet, daher läuft der Summationsindex i von 1 bis 4) werden folgende
Forderungen gestellt:
(
4
P
1 für j = i
Ni (xj , yj , zj ) =
und
(5.14)
Ni (x, y, z) = 1,
0 für j 6= i
i=1
gültig innerhalb eines Elementes.
Betrachtet man nun die globale Darstellung der gesuchten Funktion ϕ(x, y, z) im gesamten Grundgebiet, das sich aus der Vereinigungsmenge aller Elemente zusammensetzt,
und setzt man eine fortlaufende Knotennummerierung (von 1 bis n) der Tetraederele-
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
55
Abbildung 5.2: Tetraeder in allgemeiner Lage und Abbildung als Einheitstetraeder
mente voraus, so kann man Gleichung (5.13) als
ϕ(x, y, z) =
n
X
nk (x, y, z) ϕk
(5.15)
k=1
anschreiben. Darin sind die nk (x, y, z) die Ansatzfunktionen oder globalen Formfunktionen, die nun die Vereinigungsmenge der Interpolationsfunktionen Ni (x, y, z) der einzelnen Elemente darstellt. Man erkennt, daß die Formfunktionen lediglich in jenen Bereichen
von Null verschieden sind, in denen der entsprechende Knoten am Aufbau der Elemente
beteiligt ist. Somit ist ein Zusammenhang zwischen jedem einzelnen lokalen Tetraederelement und den globalen Ansatzfunktionen hergestellt, und man braucht sich bei der
Implementierung im Programm lediglich um die Berechnung der Formfunktionen der
einzelnen Elemente zu kümmern, die dann zu den Ansatzfunktionen assembliert werden.
Lokale Koordinaten eines Tetraeders Um den Algorithmus zur Berechnung der
Steifigkeits-Element-Matrix auf Tetraeder beliebiger Lage und Form zu verallgemeinern,
ist es zweckmäßig, die lokalen Koordinaten ξ, η und ζ einzuführen. Ein Tetraeder in
beliebiger, allgemeiner Lage kann damit bijektiv und eindeutig einem Einheitstetraeder
zugeordnet werden (siehe Abbildung 5.2). Die dabei vorzunehmende lineare Transformation ist:
x
y
z
0
=
=
=
≤
x1 + (x2 − x1 )ξ + (x3 − x1 )η + (x4 − x1 )ζ
y1 + (y2 − y1 )ξ + (y3 − y1 )η + (y4 − y1 )ζ
z1 + (z2 − z1 )ξ + (z3 − z1 )η + (z4 − z1 )ζ
(ξ, η, ζ) ≤ 1.
(5.16)
Es wird ein in allgemeiner Lage befindliches Tetraeder in ein Tetraeder, das von drei
in der Fläche gleich großen gleichschenkligen Dreieicken P1 P2 P3 , P1 P2 P4 , P1 P3 P4 und einem gleichschenkligen Dreieck P2 P3 P4 umrandet wird, abgebildet. Dabei entsprechen sich
gleich indizierte Eckpunkte. Somit kann nun das Volumsintegral (5.10) auf ein einfacheres
Integral zurückgeführt werden. Dabei ist die Transformationsvorschrift aus den Regeln
der Analysis anzuwenden, wobei J die Determinante der Jacobi-Matrix J darstellt, die
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
56
dem Sechsfachen des Volumens des Tetraeders entspricht:
dΩ = dx dy dz = J dξ dη dζ.
(5.17)
Die Jakobi-Matrix berechnet sich aus

 

∂y
∂x
∂z
(x2 − x1 ) (y2 − y1 ) (z2 − z1 )
∂ξ
∂ξ
∂ξ

y, z)
∂y
∂z 
(x3 − x1 ) (y3 − y1 ) (z3 − z1 ) .
J = ∂(x,
=  ∂x
∂η
∂η
∂η  =
∂(ξ, η, ζ)
∂y
∂x
∂z
(x4 − x1 ) (y4 − y1 ) (z4 − z1 )
∂ζ
∂ζ
∂ζ
(5.18)
Für die Formfunktionen Ni (ξ, η, ζ) und Nj (ξ, η, ζ) kann ein linearer Ansatz gewählt
werden, nachdem lediglich erste Ableitungen im Integral (5.10) vorkommen und somit die
Stetigkeit von einem Tetraederelement ins nächste gewährleistet ist. Hält man sich die
Voraussetzungen für Formfunktionen - wie im Kapitel zuvor besprochen - vor Augen, so
kommt man für die Formfunktionen eines Tetraeders nach der Darstellung in Abbildung
5.2 zu folgendem Ansatz:
N1 (ξ,
N2 (ξ,
N3 (ξ,
N4 (ξ,
η,
η,
η,
η,
ζ)
ζ)
ζ)
ζ)
=
=
=
=
1−ξ−η−ζ
ξ
η
ζ.
(5.19)
Damit ist gewährleistet, daß die Werte der Formfunktionen in den jeweiligen Eckpunkten,
denen sie zugehören, gleich 1 ist, in allen anderen 0. Abbildung 5.3 zeigt beispielhaft die
Interpolationseigenschaft der linearen Formfunktion N1 = 1 − ξ − η für den zweidimensionalen Fall in einem Dreieck.
5.4.3
Berechnung der Steifigkeits-Element-Matrix
Betrachtet man die Ableitung der Formfunktionen nach den lokalen Koordinaten, so kann
man schreiben

 

∂N1
∂N2
∂N3
∂N4
−1 1 0 0
∂ξ
∂ξ
∂ξ
∂ξ
∂(Ni )
 1 ∂N2 ∂N3 ∂N4  
−1 0 1 0 .
=  ∂N
(5.20)
∂η
∂η
∂η
∂η  =
∂(ξ, η, ζ)
∂N1
∂N2
∂N3
∂N4
−1 0 0 1
∂ζ
∂ζ
∂ζ
∂ζ
Berücksichtigt man, daß
J
−1
=
∂(ξ, η, ζ)
∂(x, y, z)
und
gradNi (x, y, z) = J −1
(5.21)
∂(Ni )
∂(ξ, η, ζ)
(5.22)
ist (J −1 stellt die Inverse der Jakobi-Matrix dar) ist, erhält man für ein EinheitsTetraeder-Element mit dem Volumen Ω̃Tet unter Betrachtung der linken Seite der Gleichung (5.10) folgendes Integral:
Z1 Z1 Z1 ϕi
ξ=0 η=0 ζ=0
J
−1
∂(Nj )
∂(ξ, η, ζ)
T · κ J −1
∂(Ni )
∂(ξ, η, ζ)
J dξ dη dζ.
(5.23)
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
57
Abbildung 5.3: Beispiel für die Darstellung der Interpolationseigenschaft der Formfunktion
N1 = 1 − ξ − η in einem Dreieck
Die Indizes i bzw. j durchlaufen dabei die Nummern jener Knoten, die am Aufbau des
entsprechenden Tetraederelements beteiligt sind. Somit ist die Berechnung der JakobiMatrix, der Inversen der Jakobi-Matrix und der Determinanten für jedes Element auszuführen.
Man beachte, dass in diesem Beispiel der allgemein mögliche Fall, Anisotropie, berücksichtigt wird (die Leitfähigkeit κ wird als Tensor angeschrieben). Zur Berechnung von κ
benötigt man – für den Fall, dass es sich bei κ um einen elektrischen Leitfähigkeitstensor handelt – die Faserrichtungsvektoren (Angabe für bevorzugte Richtung der höheren
Leitfähigkeit) in jedem Knoten des Elements, sowie die zugehörigen absoluten Werte der
elektrischen Längs- und Querleitfähigkeit pro Kompartment.
Sind jedoch problemstellungsbezogen ausschließlich isotrope Verhältnisse zu berücksichtigen, so ist der Skalar κ anstelle des Tensors κ zu setzen.
5.4.4
Die Methode der konjugierten Gradienten
Das nach Anwendung des Verfahrens nach Galerkin auf Gleichung (5.7) resultierende
lineare algebraische Gleichungssystem lautet
e =S
RΦ
(5.24)
e (linke Steifheitsmatrix) und S (rechte Steifheitsmatrix) sowie der
mit den Matrizen R
Matrix Φ, die die gesuchten Knotenwerte beinhaltet.
Für die Berechnung der gesuchten Knotenvariablen Φ muss eine Invertierung der
e durchgeführt werden
linken Steifheitsmatrix R
e −1 S,
Φ=R
(5.25)
wobei für die Konvergenz des Verfahrens der konjugierten Gradienten die notwendige
e positive Definitheit
Voraussetzung erfüllt werden muss, dass die zu invertierende Matrix R
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
58
e repräsentieren) aufweist. Daraus
(d.h.: λi > 0, wobei λi die Eigenwerte der Matrix R
folgt konsequenterweise, dass auch die Determinante der Matrix ungleich Null ist (bei
positiver Definitheit ist die Determinante echt größer Null). Somit ist die Forderung, dass
eine Matrixinversion nur durchführbar ist, wenn die Determinante der zu invertierenden
Matrix ungleich Null ist, durch positive Definitheit implizit erfüllt.
e −1 S aus Gleichung (5.25) mit X
Für die folgende Abhandlung substituieren wir R
Φ=X
(5.26)
was gleichbedeutend ist mit
−1
R̃X − S = 0 ⇐⇒ X = R̃ S.
(5.27)
Sei nun im folgenden sj der Vektor mit den Einträgen der Spalte j der Matrix S und xj der
Vektor mit den Einträgen der Spalte j der gesuchten Lösungsmatrix X. (Beachten Sie in
diesem Zusammenhang, dass Vektoren in Kleinbuchstaben, Matrizen in Großbuchstaben
angeschrieben sind.) Dann kann gezeigt werden, daß die Lösung der Gleichung (5.27)
äquivalent der Aufgabe ist, das Minimum des Funktionals
F (xj ) =
1 T
x R̃xj − sTj xj
2 j
(5.28)
zu bestimmen. Gemäß der Philosophie des Steepest-Descent-Verfahrens wird das Minimum von F (xj ) iterativ bestimmt, indem in jedem Teilschritt von der Richtung des
Gradienten Gebrauch gemacht wird. Dieser ist gegeben durch
gradF (xj,(i) ) = R̃xj,(i) − sj = res(i)
(5.29)
und entspricht dem Residuenvektor res(i) zum Vektor xj,(i) . Dabei stellt der Index (i)
die Nummer des gerade durchgeführten Iterationsschritts dar. Es ist nun naheliegend,
das Minimum in der entgegengesetzten Richtung des Gradienten zu suchen, nachdem der
Gradient der Funktion gradF (xj,(i) ) in die Richtung der lokal stärksten Zunahme der zu
minimierenden Funktion F (xj,(i) ) weist.
Zur Initialisierung wählt man xj,(0) beliebig (z. B. xj,(0) = 0). Um das Minimum in
Richtung des negativen Gradienten auffinden zu können, muß
xj,(1) = xj,(0) − qres(0)
(5.30)
in Gleichung (5.28) eingesetzt, nach dem Faktor q differentiert und Null gesetzt werden
( einfacher Gradienten-Solver“). Es läßt sich daraus
”
resT(0) res(0)
(5.31)
q=
resT(0) R̃res(0)
berechnen. Im dreidimensionalen Raum betrachtet würde das so erhaltene Minimum auf
einem Punkt liegen, der Teil des Ellipsoids F (xj,(1) ) = const ist. Die Gerade mit der
Richtung res(0) berührt dieses Ellipsoid im Punkt xj,(1) . Es wird nun in den weiteren Iterationsschritten (i ≥ 2) die Richtung, entlang welcher das Minimum gesucht wird, nicht
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
59
Abbildung 5.4: Darstellung zur Erklärung der Methode der konjugierten Gradienten; Blick auf
die Ellipse F (xj,(i−1) ) = const
allein durch den negativen Gradienten der Funktion F (xj,(i) ) im Punkt xj,(i) bestimmt.
Die gesuchte Richtung c(i) setzt sich aus der vorhergehenden Richtung c(i−1) (im ersten
Iterationsschritt wird c(0) = −res(0) gewählt) und der zu dem Gradienten im Punkt
xj,(i) konjugierten Richtung bezüglich des Mittelpunktes der Schnittellipse (siehe Abbildung 5.4) zusammen. Die Ebene E, in welcher die Schnittellipse liegt, wird durch die
Richtungen der Tangente c(i−1) und des Gradienten res(i−1) aufgespannt. Somit ergibt
sich
resT(i−1) res(i−1)
c(i−1) .
(5.32)
c(i) = res(i−1) +
resT(i−2) res(i−2)
Der Term
resT
res(i−1)
(i−1)
resT
res(i−2)
(i−2)
ergibt sich aus der Bedingung der Konjugiertheit von c(i−1) und
c(i) und aus der Tatsache, daß der Residuenvektor res(i) orthogonal auf die Ebene steht,
die von res(i−1) und c(i) aufgespannt werden. Somit kann nun das zu bestimmende Minimum mittels
x(i) = x(i−1) − qc(i)
(5.33)
gesucht werden. Der Faktor q ergibt sich wiederum durch Einsetzen in Gleichung (5.28),
Differentiation nach q und Nullsetzen des resultierenden Ausdrucks. Man erhält
q=
Die Faktoren
resT
res(i−1)
(i−1)
resT
res(i−1)
(i−1)
resT(i−1) res(i−1)
cT(i−1) R̃c(i−1)
.
(5.34)
und q sind aufgrund der vorausgesetzten positiven Definitheit
der Matrix R̃ immer positiv, solange res(i−1) 6= 0 ist, also der Vektor x(i−1) nicht die
Lösung des Gleichungssystems darstellt. Um festzustellen, ob die Iteration abgebrochen
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
60
werden kann, wird die euklidische Norm des Residuenvektors mit einem vorgegebenen
Wert ε verglichen:
resT(i) res(i)
< ε.
(5.35)
sTj sj
Trifft Bedingung (5.35) zu, so stellt der Vektor xj,(i) die Lösung des Gleichungssystems
dar. Um Gleichung (5.27) zu lösen, muß dieser Iterationsalgorithmus über alle Spalten
j der Matrix S durchgeführt werden. Die Lösungsmatrix X wird somit durch die jeweils in einem gesamten Iterationsdurchlauf als Ergebnis erhaltenen Spaltenvektoren xj
aufgebaut.
Bei jedem Iterationsschritt muß die Matrix-Multiplikation R̃c(i) durchgeführt werden,
wobei die spärliche Besetzung der Matrix R̃ ausgenützt und somit die Berechnungszeit
klein gehalten werden kann. Dabei wird der Residuenvektor res(i) zur Verminderung des
Rechenaufwandes rekursiv mittels der Beziehung
res(i) = R̃xj,(i) − sj = res(i−1) + q(R̃c(i) )
(5.36)
berechnet.
Der schematische Ablauf des Verfahrens ist im Blockbild der Abbildung 5.5 dargestellt.
KAPITEL 5. FINITE ELEMENTE METHODE – FEM
61
Abbildung 5.5: Blockdiagramm des iterativen Lösungsverfahrens der konjugierten Gradienten
Kapitel 6
Formelsammlung
6.1
Logarithmus – Additionstheorem
ln x + ln y = ln (x · y)
ln x − ln y = ln
6.2
6.2.1
x
y
(6.1)
(6.2)
Wichtige in diesem Skript angewandte Integrale
R
1
x
dx
Z
Z
1
dx
dx =
= ln |x| + C
(6.3)
x
x
Bemerkung: Steht im Zähler die Ableitung des Nenners, so ist das resultierende Integral
der Logarithmus naturalis des Nenners.
6.2.2
R
1
1−x2
dx
Z
1
dx = atanh x + C
(6.4)
1 − x2
wobei atanhx der Areatangens-Hyperbolicus von x ist. Dieses Integrationsergebnis läßt
sich inform der Ableitung von x = tanh y herleiten:
d sinh y
d
(6.5)
tanh y =
dy
dy cosh y
0
0
)
Nach Anwendung der Quotientenregel ( uv ) = (u ·v)−(u·v
ergibt sich aus Gleichung (6.5)
v2
d sinh y
(cosh y)2 − (sinh y)2
=
= 1 − (tanh y)2 = 1 − x2
(6.6)
dy cosh y
(cosh y)2
0
62
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
63
Unter Beachtung des Umstandes, dass
dy
1
= dx
dx
dy
(6.7)
(wobei y(x) = f −1 (x(y)), mit f −1 der Umkehrfunktion zu f ) ist, kann nun obiges Ergebnis
aus Gleichung (6.6) interpretiert werden als:
d
1
atanh x =
dx
1 − x2
6.2.3
R
(6.8)
tanh x dx
Z
Z
tanh x dx =
sinh x
dx =
cosh x
Z
0
(cosh x)
dx =
cosh x
Z
d(cosh x)
= ln (cosh x) + C
cosh x
(6.9)
Bemerkung: Siehe zur Auswertung dieses Integrals auch Gleichung (6.3). Nachdem der
Wertebereich für den cosh x für −∞ ≤ x ≤ ∞ stets größer als 0 ist, ist es nicht erforderlich, das Argument des Logarithmus naturalis in der Stammfunktion absolut nehmen zu
müssen.
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
6.3
6.3.1
64
Zur Herleitung des Laplace-Operators in Zylinderkoordinaten
Konventionen
Zur Herleitung des Laplace-Operators in kartesischen und Zylinderkoordinaten sollen
in diesem Kapitel folgende formale Beziehungen herangezogen werden (skalare Größen
werden einfach kursiv, vektorielle Größen grundsätzlich fett angeschrieben):
ex , ey , ez
Einheitsvektoren in x, y, z-Richtung (|ex | = |ey | = |ez | = 1), die ein
rechtsdrehendes Koordinatensystem aufspannen:
ex ×ey = ez
ey ×ez = ex
ez ×ex = ey
x, y, z
kartesische Koordinaten
r = xex + yey + zez Ortsvektor in kartesischen Koordinaten
er , eϕ , ez
Einheitsvektoren in r, ϕ, z-Richtung (|er | = |eϕ | = |ez | = 1), die ein
rechtsdrehendes Koordinatensystem aufspannen:
er ×eϕ = ez
eϕ ×ez = er
ez ×er = eϕ
r, ϕ, z
Zylinderkoordinaten
r = rer + ϕeϕ + zez Ortsvektor in Zylinderkoordinaten
f = f (x, y, z)
Skalare Funktion definiert in kartesischen Koordinaten
f (x, y, z) =
fx ex + fy ey + fz ez
Vektorielle Funktion definiert in kartesischen Koordinaten
f = f (r, ϕ, z)
Skalare Funktion definiert in Zylinderkoordinaten
f (r, ϕ, z) =
f r er + f ϕ eϕ + f z ez Vektorielle Funktion definiert in Zylinderkoordinaten
Der Zusammenhang zwischen den Zylinder- und kartesischen Koordinaten ist graphisch
in Abbildung 6.1 dargestellt. Es können folgende grundlegende Beziehungen zwischen
diesen beiden Koordinatensystemen hergestellt werden:
p
r =
x2 + y 2
y
ϕ = atan( )
x
z = z
(6.10)
für den Ortsvektor definiert im Zylinderkoordinatensystem r = rer + zez beziehungsweise
x = r · cos(ϕ)
y = r · sin(ϕ)
z = z
(6.11)
für den Ortsvektor definiert im kartesischen Koordinatensystem r = xex + yey + zez .
Die Zusammenhänge zwischen er , eϕ und ex bzw. ey sind wie folgt definiert (siehe dazu
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
65
Abbildung 6.1: Zusammenhang zwischen Zylinder- und kartesischen Koordinaten. Der zu beschreibende Punkt befinde sich an der Spitze des Vektors r, der zugehörige Winkel zwischen
der positiv orientierten x-Achse und dem Vektor r sei ϕ. Die Einheitsvektoren in Zylinderkoordinaten er , eϕ sowie ez sind im geometrisch zu beschreibenden Punkt dargestellt.
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
66
Abbildung 6.1 für die geometrische Begründung):
xex + yey
,
r
−yex + xey
=
,
r
er =
eϕ
(6.12)
die Beziehung für den Einheitsvektor in z-Richtung ist trivial: ez = ez .
6.3.2
Gradient in Zylinderkoordinaten
Der Gradient wirkend auf eine skalare Größe f (x, y, z) ist in kartesischen Koordinaten
definiert als
∇f =
∂f
∂f
∂f
ex +
ey +
ez .
∂x
∂y
∂z
(6.13)
Zur Darstellung des Gradienten-Operators in Zylinderkoordinaten – nach Ersetzen von
f mit f – ist es zweckmäßig, durch Anwendung der Kettenregel auf Gleichung 6.13 zu
folgender Form zu gelangen:
∂f ∂r
∂f ∂ϕ
·
+
·
∇f =
ex
∂r ∂x ∂ϕ ∂x
∂f ∂r ∂f ∂ϕ
·
+
·
ey
+
∂r ∂y ∂ϕ ∂y
∂f
+ ez .
(6.14)
∂z
Unter Beachtung der Beziehungen in (6.10) können nun folgende Berechnungen durchgeführt werden:
x
x
∂r
=
=p
2
2
∂x
r
x +y
y
− x2
∂ϕ
y
1 y
=
=
−
·
y 2 = − 2
∂x
1 + (x)
x + y2
r r
y
y
∂r
=p
=
2
2
∂y
r
x +y
1
∂ϕ
x
1 x
x
= · .
=
y 2 = 2
2
∂y
1 + (x)
x +y
r r
(6.15)
Setzt man die aus (6.15) erhaltenen Beziehungen in (6.14) ein, so erhält man:
∂f
∂r
∂f
+
∂r
∇f =
x
· ex −
r
y
· ey +
r
1y
ex
rr
1x
·
ey
rr
∂f
+ ez .
∂z
∂f
∂ϕ
∂f
∂ϕ
·
(6.16)
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
67
Umordnen der Terme ergibt:
∂f x
y ex + ey
∇f =
r ∂r r
∂f
1y
1x
+
− ex +
ey
∂ϕ
rr
rr
∂f
+ ez .
∂z
(6.17)
Unter Berücksichtigung von Gleichung (6.12) erhält man somit:
∇f =
∂f
1 ∂f
∂f
er +
eϕ +
ez ,
∂r
r ∂ϕ
∂z
(6.18)
1 ∂
∂
∂
er +
eϕ + ez ,
∂r
r ∂ϕ
∂z
(6.19)
oder allgemein
∇zyl :=
was gerade der Darstellung des Gradienten in Zylinderkoordinaten (deshalb auch der
Index zyl in obiger Gleichung zur Unterscheidung des Gradienten definiert in anderen
Koordinatensystemen) entspricht.
6.3.3
Divergenz in Zylinderkoordinaten
Die Divergenz wirkend auf eine vektorielle Größe f (x, y, z) = fx ex + fy ey + fz ez ist in
kartesischen Koordinaten definiert als
∇·f =
∂fx ∂fy ∂fz
+
+
.
∂x
∂y
∂z
(6.20)
Die Berechnung der Divergenz in Zylinderkoordinaten erfolgt in ähnlicher Weise wie die
Berechnung des Gradienten in vorhergehender Sektion, allerdings erst durch an dieser
Stelle noch ’geplantes’ Ersetzen der vektorwertigen Funktion f mit f und Beachten der
entsprechenden Variablen-Transformationen (die die Kettenregel zur weiteren Behandlung erforderlich machen):
∂fx ∂r ∂fx ∂ϕ
·
+
·
∇·f =
∂r ∂x
∂ϕ ∂x
∂fy ∂r ∂fy ∂ϕ
+
·
+
·
∂r ∂y
∂ϕ ∂y
∂fz
+
.
(6.21)
∂z
Die jeweiligen partiellen Ableitungen nach x und y wurden bereits in Gleichung (6.15)
behandelt und hergeleitet. Zwischen den Komponenten des Vektors f (definiert in kartesischen Koordinaten als f = fx ex + fy ey + fz ez ) ausgehend von einem Vektor f =
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
68
f r er + f ϕ eϕ + f z ez , der allgemein in Zylinderkoordinaten definiert ist, lassen sich folgende Beziehungen herstellen:
fx = f · ex ,
fy = f · ey ,
fz = f · ez .
(6.22)
Die Berechnung der Komponente fx sei hier als Beispiel angeführt (analog ist die Berechnung von fy durchzuführen; die Berechnung von fz ist aufgrund der Beziehung ez = ez
trivial):
fx = f · ex = f r er · ex + f ϕ eϕ · ex + f z ez · ex
= f r [cos(ϕ)ex + sin(ϕ)ey ] · ex + f ϕ [−sin(ϕ)ex + cos(ϕ)ey ] · ex + f z · 0
= f r cos(ϕ) − f ϕ sin(ϕ),
fy = f · ey = f r er · ey + f ϕ eϕ · ey + f z ez · ey = f r sin(ϕ) + f ϕ cos(ϕ).
(6.23)
Setzt man oben in (6.23) gewonnene Erkenntnise in Gleichung (6.21) unter Bedachtnahme
auf Gleichung (6.15) ein, so erhält man
1
∂ ∂ f r cos(ϕ) − f ϕ sin(ϕ) · cos(ϕ) −
f r cos(ϕ) − f ϕ sin(ϕ) · sin(ϕ)
∂r
∂ϕ
r
1
∂ ∂ +
f sin(ϕ) + f ϕ cos(ϕ) · sin(ϕ) +
f sin(ϕ) + f ϕ cos(ϕ) · cos(ϕ)
∂r r
∂ϕ r
r
∂f z
.
(6.24)
+
∂z
∇·f =
Man erhält durch Differenzieren
∇·f =
−
+
+
+
∂f ϕ
∂f r 2
cos (ϕ) −
sin(ϕ) · cos(ϕ)
∂r
∂r
1 ∂f r
1 ∂f ϕ 2
1
1
·
cos(ϕ) · sin(ϕ) + ·
sin (ϕ) + · f r sin2 (ϕ) + · f ϕ cos(ϕ) · sin(ϕ)
r ∂ϕ
r ∂ϕ
r
r
∂f ϕ
∂f r 2
sin (ϕ) +
cos(ϕ) · sin(ϕ)
∂r
∂r
1 ∂f r
1 ∂f ϕ 2
1
1
·
sin(ϕ) · cos(ϕ) + ·
cos (ϕ) + · f r cos2 (ϕ) − · f ϕ sin(ϕ) · cos(ϕ)
r ∂ϕ
r ∂ϕ
r
r
∂f z
.
(6.25)
∂z
Nach entsprechendem Zusammenfassen der Terme in Gleichung (6.25) erhält man
schließlich folgenden Ausdruck für die Divergenz in Zylinderkoordinaten:
∇·f =
∂f r 1
1 ∂f ϕ ∂f z
+ · fr +
+
.
∂r
r
r ∂ϕ
∂z
(6.26)
KAPITEL 6. FORMELSAMMLUNG
6.3.4
69
Laplace-Operator in Zylinderkoordinaten
Der Laplace-Operator wirkend auf eine skalare Größe f (x, y, z) ist in kartesischen Koordinaten definiert als
∆f = ∇ · ∇f =
∂ 2f
∂ 2f
∂ 2f
+
+
.
∂x2
∂y 2
∂z 2
(6.27)
Führt man die Vorschrift ∇ · ∇f unter Anwendung der Gleichungen (6.19) und (6.26)
für Zylinderkoordinaten aus und erstetzt die skalare Größe f mit f , so erhält man den
Laplace-Operator in Zylinderkoordinaten in der Form
1 ∂
∂ 2f
1 ∂ 2f
∂f
1 ∂ 2f
1 ∂f
∂ 2f
∂ 2f
∆zyl f = 2 + ·
=
(6.28)
+ 2·
·
r
·
+
+
·
+
∂r
r ∂r r ∂ϕ2 ∂z 2
r ∂r
∂r
r2 ∂ϕ2 ∂z 2
bzw. allgemein
∂2
1 ∂
1 ∂2
∂2
∆zyl f = 2 + ·
+
·
+
.
∂r
r ∂r r2 ∂ϕ2 ∂z 2
(6.29)
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