Von Düsen und Flugzeugflügeln - Boote

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Von Düsen und Flugzeugflügeln
Aerodynamik nicht nur für Flieger
Dr. Ing. Joachim Pelka
Anlass diesen Beitrag zu schreiben war eine Diskussion über die sog. Düsentheorie, mit der vielfach versucht wird, das Zusammenwirken von Groß- und Vorsegel eines Segelbootes zu erklären. So plausibel diese Theorie auf den ersten Blick erscheint, so falsch ist sie auch. Der Autor
des vorliegenden Beitrags möchte daher in dem folgenden Beitrag die Theorie des Segelns einmal nach heutigen Erkenntnissen darstellen und dabei mit einigen althergebrachten Vorurteilen und unsinnigen Annahmen aufräumen. Der geneigte Leser braucht dabei aber keine Angst
vor mathematischen Abhandlungen oder schrecklichen Theorien zu haben. Die angesprochenen
Dinge werden praxisnah diskutiert und lassen sich im Zweifelsfall mit sehr geringem Aufwand
nicht nur auf dem Wasser experimentell nachvollziehen.
Der Flugzeugflügel
Das Wirken eines Segels auf Am-Wind-Kursen wird gern mit der Funktionsweise eines Flugzeugflügels verglichen. Wohl jeder kennt inzwischen die Aussage, dass der Auftrieb eines Flugzeugflügels
dadurch entsteht, dass die Luft auf der stärker gewölbten Oberseite schneller fließen muss als auf der
Unterseite, damit hinter dem Flügel kein Vakuum entsteht. Nach Bernoulli sinkt in der schnelleren
Strömung aber der Druck und so entsteht der Sog auf der Oberseite des Flugzeugflügel, der den Auftrieb liefert. Im Prinzip ist diese Darstellung sogar nicht einmal allzu falsch, aber - was hat das mit
unseren Segeln zu tun? Unsere Segel sind im Querschnitt dünne, gewölbte Flächen, also keine Spur
von dicken Profilen mit gewölbter Ober- und mehr oder weniger gerader Unterseite. Außerdem, wieso
kann ein Flugzeug auch auf dem Rücken fliegen, wieso gibt es auch symmetrische Flächenprofile und
wieso kann auch ein gerades Brett fliegen (zwar nur schlecht, aber es geht!) ? All das zeigt, dass es
mit dem Auftrieb einer Tragfläche und damit auch mit dem Vortrieb eines Segels wohl doch nicht
ganz so einfach ist.
Fliegen mit einer Platte - oder: Physik ist nicht immer trivial
Nein, hier geht es nicht um haarlose Piloten, auch ein simples Brett kann Auftrieb zum Segeln und
Fliegen liefern, wie eine simple Papierschwalbe schon zeigt. Aber, es gibt hier keinen Wegunterschied zwischen Ober- und Unterseite. Wo kommt also der Auftrieb her? Irgend etwas müssen die
Leute mit ihren sauberen, einfachen und plausiblen Erklärungen dann doch übersehen. Und schon
sind wir mitten drin in der richtigen Physik.
Das ganze Phänomen hat sehr viel damit zu
tun, dass viele Effekte nicht so ideal sind, wie
man es gern hätte. Hätte die Luft nur ideale
Staulinie
Eigenschaften würde das Fliegen mit einer
Platte tatsächlich nicht funktionieren, wie
Computersimulationen ganz schnell zeigen.
Nehmen wir einmal an, die Luft würde ideal
Abb.1 Ideale Umströmung einer Platte
um alles drum herum strömen, dann ergibt sich
für eine im Luftstrom angestellte Platte das in
Abb.1 dargestellte Strömungsbild. Das Bild ist absolut symmetrisch und die Luftströmungen vor und
hinter der Platte gehen in die gleiche Richtung. Das sind sichere Zeichen dafür, dass bis auf den
Strömungswiderstand keine resultierenden Kräfte entstehen.
Nun ist Luft ebenso wie Wasser kein ideales Medium. Die Gase und Flüssigkeiten sind zähflüssig
oder viskos, wie der Fachbegriff dafür lautet. Es gibt in ihnen Reibung, d.h. die Strömung wird an
umströmten Oberflächen gebremst. Direkt an der Oberfläche von Platte, Tragfläche oder Segel bleiben die Luftmoleküle durch Reibung quasi kleben. Die nächste Teilchenschicht wird nur an den unteren Luftmolekülen gebremst und ist damit schon ein wenig schneller. Die nächste Schicht ist noch ein
wenig schneller, usw.. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo das umgebende Medium mit der
vollen Geschwindigkeit strömt. Die bis dahin mehr oder weniger gebremste Schicht bezeichnet man
auch als Grenzschicht und sie ist es denn auch, die den Vortrieb eines Segels erst möglich macht.
Schaut man sich das Strömungsbild der ideal
umströmten Platte einmal genauer an, so entdeckt man, dass auch im Idealfall die sog. Staulinen, das sind die Trennlinien zwischen den
Staulinie
Strömungen auf der Plattenober- bzw. Unterseite, nicht genau auf die Plattenkante treffen sondern aus der Fläche in Randnähe austritt. (Dies
muss der Leser jetzt einfach glauben, das sagt
die Physik der reibungsfreien PotentialströAbb. 2 Reibungsfreie Potentialströmung
mung, Abb. 2.) An der Vorderseite, wo die
strömende Luft auftrifft, macht das vom Verständnis her noch keine großen Probleme. Aber
was passiert an der Hinterkante? Dort müsste
eigentlich die Luft „um die Ecke“ fließen, was
ihre Viskosität, also ihre Zähflüssigkeit aber
verhindert. Es kommt zur Strömungsablösung,
Anfahrwirbel
d.h. die Luft folgt nicht mehr der Plattenoberfläche. Sie fliegt sozusagen aus der Kurve. Der
Abb.3 Der Anfahrwirbel
dadurch entstehende luftleere Raum muss aber
aufgefüllt werden, was zunächst zur Ausbildung
eines Wirbels führt (Abb. 3). Dieser Wirbel allein vermag aber den luftleeren Raum nicht zu füllen,
die sog. Unterströmung kommt von der Unterseite der Platte halt einfach zu schlecht um die Ecke, so
dass zusätzlich die Oberströmung zum Auffüllen herhalten muss. Damit ist aber auf der Oberseite
zusätzliche Luft erforderlich, die nur aus einer Änderung der Strömungsverhältnisse auf der Plattenvorderseite gewonnen werden kann. Als Resultat wird durch die sich ablösende Grenzschicht an der
Hinterkante der Platte die Oberströmung beschleunigt und die Unterströmung verringert. Wir haben
wieder die Verhältnisse am Flugzeugflügel, diesmal aber ganz ohne Profil.
Schaut man sich das resultierende Strömungsbild an, so
erkennt man den entscheidenden Unterschied. Statt einer
Strömung, die vor und hinter der Platte in die gleiche Richtung gehen, hat die Strömung hinter der Platten jetzt die
Sta
Richtung geändert (Abb.4). Damit hat die Platte eine
uli
nie
Kraftwirkung auf die Strömung ausgeübt und nach dem
physikalischen Prinzip „Aktion gleich Reaktion“ erfährt die
Platte eine Kraft, die wir als Kombination aus Widerstand
und Auftrieb kennen. Gleichzeitig ist der Wirbel an der
Abb. 4 Die reale Umströmung einer Platte
Plattenhinterkante verschwunden. Er entsteht nur zu Beginn
der Beschleunigung und schwimmt dann auf der Strömung davon. Er wird daher auch als Anfahrwirbel bezeichnet.
Die resultierende Kraftwirkung, die so ungefähr senkrecht zur Platte wirkt, lässt sich in zwei Komponenten zerlegen. Der Widerstand, die Bremskraft, ist die Kraftkomponente, die auch in einer idealen
Strömung in Bewegungsrichtung bzw. Strömungsrichtung überwunden werden muss. Die Komponente senkrecht dazu bezeichnet man als Auftrieb. Dies ist die eigentlich Nutzkraft, mit der ein Flugzeug
fliegt und ein Segelboot segelt.
Ein Segel in der Badewanne - Ein wenig Experimentalphysik
Mancher Leser wird jetzt sicher denken „Was soll dieser ganze theoretische Unsinn?“ Machen wir
daher einen kleinen experimentellen Exkurs. Das im folgenden beschriebene Experiment wurde von
Arvel Gentry, einem Aerodynamiker der Fa. Boeing und selbst Segler, veröffentlicht.
1.
2.
Upwash
3.
Zirkulation
Anfahrwirbel
Abb.5 Ein einfaches Experiment macht die wichtigsten Strömungseffekte sichtbar
Man fülle eine Badewanne ca. 20 cm hoch mit
Wasser und lasse dieses vollständig zur Ruhe
kommen. Die Wasseroberfläche bestreue man
dann gleichmäßig mit feinem Sägemehl, Talkum
oder Pfeffer. Ein ca. 10x15 cm großes Stück aus
einer Milchtüte wird längs der Schmalseite gebogen wie ein Segelprofil und vorsichtig mit
einem Anstellwinkel von etwa 12-15° zur
Längsachse in die Wanne getaucht (Achtung,
die Finger draußen lassen!). Wenn sich das
Wasser wieder beruhigt hat, wird das „Segelprofil“ gleichmäßig in unveränderter Stellung durch
die Wanne gezogen und ca. 30 cm vor dem
Wannenende abrupt aus dem Wasser gehoben.
Das erste, was zu beobachten ist, ist der Anfahrwirbel (Abb. 5.1), dessen Entstehung im letzten Kapitel erläutert wurde. Dieser Wirbel bleibt
ortsfest, d.h. er löst sich tatsächlich von der Hinterkante des „Segels“ ab und schwimmt aus der Sicht
des Segels mit der Strömung davon. Weiterhin ist zu beobachten, dass sich das Wasser deutlich vor(!)
unserem „Segel“ schon bewegt und dort eine Aufwärtsströmung („Upwash“, Abb.5.2)) in Gang
kommt. Das Wasser merkt offensichtlich, dass das Segel kommt und bereitet sich auf die benötigte
schnellere Oberströmung vor.
Wenn zum Schluss das Segel abrupt senkrecht nach oben aus dem Wasser gezogen wird, beobachten
wir einen dritten Effekt, über den alle populären Theorien nichts sagen. Es bleibt dort wieder ein Wirbel zurück, der aber so groß ist, dass er das ganze Segelprofil umströmt haben muss (Abb. 5.3). Die
Strömung im Wirbel bewegt sich auf der Unterseite des Segels nach vorn und auf der Oberseite nach
hinten.
Zirkulation und Auftrieb
Dieser Wirbel erklärt nun endlich richtig, was eigentlich mit der Strömung am Segel passiert. Unser kleiner
Anfahrwirbel ist nämlich der Auslöser dafür. Wie ein
Motorritzel das nachfolgende (größere) Getriebezahnrad in Bewegung setzt, so setzt der Anfahrwirbel beim
Beschleunigen eine Zirkulationsströmung um Platte,
Tragfläche oder Segel in Gang, die auf der Oberseite
die Strömungsgeschwindigkeit des umgebenden Mediums beschleunigt und sie auf der Unterseite bremst
(Abb. 6). Die Strömungsgeschwindigkeit der Zirkulation stellt sich dabei gerade so ein, dass das strömende
Medium von der Hinterkante glatt abfließen kann, so
lange die Viskosität dies zulässt.
+
-
Sta
ul i
nie
Zirkulationsströmung
Abb. 6 Die Zirkulationsströmung
Hier sehen wir auch das erste Mal, dass der Anstellwinkel (die Segelstellung), der ja in gewissen
Grenzen variiert werden kann, ohne dass die Strömung abreißt, die Zirkulation und damit auch den
Auftrieb entscheidet beeinflusst. Kleiner Anstellwinkel bedeutet geringer Einfluss der Viskosität und
damit geringe Zirkulation und auch geringer Auftrieb, ein größerer Anstellwinkel erfordert entspre-
chend mehr Zirkulation und liefert auch mehr Auftrieb. Übertreibt man es aber, reicht die Zirkulation
nicht mehr aus und die Strömung an der Hinterkante des Segels reißt ab. Der Strömungswiderstand
des Segels steigt stark an, der Auftrieb bricht zusammen und es entsteht statt einer anliegenden Oberströmung eine turbulente Strömung mit einer Vielzahl von durcheinander laufenden Wirbeln. Ein
kleiner Test mit dem Badewannenexperiment macht das schnell sichtbar. Dies sind die Verhältnisse
am Segel, die wir beim Segeln vor dem Wind erreichen. Da ist von Auftrieb nicht mehr die Rede, man
segelt nur noch mit dem Strömungswiderstand.
Die Kunst des Segelmachens und des Segeltrimms besteht also darin, Segelprofil und Segelstellung so
einzustellen, dass immer ein für den jeweiligen Kurs optimales Verhältnis von Auftrieb und Widerstand erreicht wird.
Wie ist das denn nun mit der Düse?
Bislang haben wir ja nur über eine Platte, ein Segel oder eine Tragfläche gesprochen. Bei den meisten
Segelbooten finden wir aber mehrere Segel, die zusammenwirken. Die Slup-Takelung mit einem
Groß- und nur einem Vorsegel ist sicher der einfachste Vertreter dieser Gattung, trotzdem aber nicht
so ganz leicht aus dem Handgelenk heraus zu verstehen, wie die Vertreter der Düsentheorie glauben
machen wollen. Deren Düsentheorie besagt nämlich, dass die Eintrittsöffnung des Vorsegeldreiecks
zwischen Vorstag, Mast und Deck eine gewisse Luftmenge hereinlässt, die durch den schmalen Spalt
zwischen Groß- und Vorsegel wieder heraus muss. Dazu wird die Luft beschleunigt und so auch die
Oberströmung des Großsegels, so dass die Segel in Kombination besser Ziehen als eines allein. Klingt
erst einmal bestechend einfach, oder? Daraus lassen sich jetzt alle möglichen Schlüsse über das Verhältnis zwischen Groß- und Vorsegeln für unterschiedliche Windbedingungen ziehen, die z.T. im
deutlichen Widerspruch zu Erfahrungen aus der praktischen Segelei stehen. Was stimmt also daran
nicht?
Abb. 7 Fock und Großsegel bilden jeweils ein eigenes Strömungssystem,
deren Effekte sich überlagern
Gehen wir daher noch einmal zurück zu unserer Zirkulation, die Sie
alle gerade in Ihrer Badewanne beobachtet haben. In der Physik ist es
eine bekannte Tatsache, dass sich
Eigenschaften von unterschiedlichen Systemen, wenn sie nur nahe
genug zusammenkommen, gegenseitig beeinflussen. Dieser wechselseitige Einfluss lässt sich in der Regel
durch eine Überlagerung der Einzeleffekte erklären.
So auch beim Segelboot. Wir wissen jetzt, dass ein Segel eine Zirkulationsströmung aufweist. Das gilt
für die Fock genauso, wie für das Großsegel. Nähern wir beide Segel aneinander an, so überlagern
sich ihre Strömungsfelder (Abb. 7). Das führt sofort zu zwei Effekten. Die Fock gerät in den Upwash
des Großsegels, d.h. in die vor dem Großsegel entstehende Aufwärtsströmung. Sie wird auf einmal
voller angeströmt. Die Zirkulationen von Großsegel und Vorsegel sind zwischen den Segeln entgegengesetzt und heben sich weitgehend auf. Die Strömung zwischen den Segeln wird dabei sogar etwas
reduziert - genau das Gegenteil des sog. Düseneffekts. Gleichzeitig wird durch die Zirkulation der
Fock auch die Anströmung des Großsegels geändert. Dies betrifft insbesondere den Vorderteil des
Großsegels, wo die Strömungsgeschwindigkeit durch die Überlagerung der Zirkulationsströmungen
reduziert wird. Das Großsegel kann dichter genommen, d.h. mit größerem Anstellwinkel zum Wind
gefahren werden, da es im kritischen vorderen, stark gerundeten Bereich des Segels durch die geringere Strömungsgeschwindigkeit nicht mehr so leicht zu einer Strömungsablösung kommt. Im Endeffekt
kann ein Segelboot mit Sluptakelung dadurch höher an den Wind gehen als ein cat-getakeltes Boot.
Statt eines Düseneffekts entsteht eine gemeinsame Oberströmung für beide Segel. Computersimulationen zeigen, dass die Kombination aus Groß- und Vorsegel durch die resultierende, gemeinsame Zirkulation eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit am Vorsegel-Achterliek um ca. 30% bewirkt.
Das ist der echte Effekt der Kombination aus beiden Segeln. Es erklärt auch, warum in der Kombination das Vorsegel das wirkungsvollere der beiden Segel ist; eine Erfahrung aus der Praxis, die sich
durch die Düsentheorie nicht erklären lässt.
Konsequenzen für die Praxis
Beide Segel müssen auch beim Segeln als Einheit zusammen betrachtet werden, will man optimalen
Vortrieb erreichen. Theoretisch bedeutet dies, dass die Staulinien der Strömungsfelder jeweils genau
auf die Vorlieken der Segel führen sollen. Holt man die Fock nur wenige Grad zu dicht, wird das
Großsegel matt gesetzt, es trägt nicht mehr oder nur noch teilweise zum Vortrieb bei. Am Auftreten
eines Gegenbauchs im vorderen Segeldrittel oder gar am Flattern des ganzen Segels ist dies deutlich
zu beobachten. Gleichzeitig steht die Fock zu dicht, was ihre Widerstandskomponente zu Lasten des
Auftriebs vergrößert und zur Leegierigkeit führt. Der Vortrieb wird empfindlich gestört und der Gegner fährt davon.
Sind beide Segel zu dicht genommen, auch hier geht es um wenige Grad, verstärkt das Großsegel den
Effekt einer zu dicht genommenen Fock dramatisch. Es kommt schon im Bereich des Fock-Vorlieks
zu einer Strömungsablösung, was praktisch die gesamte Oberströmung des Segelsystems zerstört.
Holt man nur das Großsegel zu dicht, sind die Auswirkungen weniger dramatisch. Trotz Vergrößerung der „Düse“ steigt der Auftrieb des Großsegels zunächst noch, die Fock wird durch die ausgelöste
Änderung im Upwash aber nicht mehr optimal angeströmt. Das Steuern wird schwieriger, da die Luvgierigkeit zunimmt und es leichter zu einer Strömungsablösung am Vorliek der Fock kommen kann.
Ein guter Steuermann kann die Auswirkungen eines etwas zu dicht genommenen Großsegels aber in
Grenzen halten.
Aerodynamik auch unter Wasser ?
Bislang haben wir nur auf den Wind und das Segel geschaut. Bei modernen Segelbooten bilden Kiel
und Ruderblatt unter Wasser ein ähnliches System, wie Vor- und Großsegel über Wasser. Die richtige
Lage von Segel- und Lateraldruckpunkt zueinander bestimmen dabei ganz wesentlich die Anströmung
von Kiel und Ruderblatt. Bei richtigem Trimm passiert unter Wasser das Gleiche, wie in den Segeln.
Bei leichter Luvgierigkeit ist das Ruderblatt auf geradem Kurs 3-5° gegenüber dem Kiel nach Lee
angestellt. Der Anstellwinkel des Ruders führt zu einem Upwash und damit zu mehr Auftrieb am Kiel.
Auftrieb am Kiel verringert aber die Abdrift. Moderne Segelyachten sind so durchaus in der Lage auf
der Kreuz ohne messbare Abdrift, teilweise sogar mit negativer Abdrift, also mit zusätzlichem Weggewinn nach Luv zu segeln.
Schlußbemerkungen
Dieser Beitrag erhebt nicht den Anspruch einer erschöpfenden Darstellung der Segeltheorie. Das wäre
für unser Hobby sicher mit Kanonen nach Spatzen geschossen. Trotzdem ist ein gewisses Grundverständnis über das Zusammenspiel von Segeln, Kiel und Ruderblatt für die Praxis recht hilfreich.
Im Bereich der Segelliteratur gibt es eine Reihe von Büchern mit deren Hilfe man die hier dargestellten Zusammenhänge vertiefen kann. Empfohlen sei hier besonders das bei Delius Klasing erschienene
Buch „Das Segel“ von Tom Whidden, das dem Autor als Grundlage für diesen Beitrag diente. Aber
Vorsicht, es gibt immer noch Werke, deren Autoren sich ausgiebig über die Düsentheorie auslassen.
Derartige Bücher sollte man im Regal stehen lassen.
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