Bein: Koordinationseinheit Kniegelenk 155 dünn zieht er über zwei Gelenke, dreht die Hüfte nach außen und gleichzeitig das Knie nach innen. Seine Aufgabe ist, das Bein in der Bewegung zu koordinieren, indem er Ober- und Unterschenkel rotiert. Bedingt durch seinen kleinen Querschnitt entwickelt er wenig Kraft. Koordination ist mehr von der richtigen Richtung abhängig als von Kraft. Der vordere Schienbeinmuskel hebt den Fuß und unterstützt die Inversion des Rückfußes. Exzentrisch sorgt der Peroneus für die Pronation des Vorfußes und verhindert eine Adduktion (vergleichbar mit einer Sichelfußstellung). Die orthograde Orientierung des Fußes und die Verschraubung sind durch das Zusammenspiel vom M. tibialis anterior (konzentrisch) und dem M. peroneus longus (exzentrisch) sichergestellt (Abb. 1.174). Leitmuskeln der Triple-Extension: Der Gesäßmuskel streckt die Hüfte und stabilisiert die Außenrotation des Oberschenkels. Der M. tensor fascie latae wirkt während des Abstoßes als Strecker und Außenrotator, sofern das Becken wirklich aufgerichtet ist. Bei guter Extension der Hüfte bewegt sich das Hüftbein während der Standbeinphase Abb. 1.173 Lange schräg verlaufende mehrgelenkige Muskeln koordinieren die Drehrichtungen im Bein dreidimensionale Muskelzügel die Bewegungskoordination des Beines. Leitmuskeln der Triple-Flexion: Der M. iliopsoas beugt die Hüfte und hält den Femur in Außenrotation. Der M. sartorius leitet die Flexion und Außenrotation weiter und beugt gleichzeitig das Knie mit Innenrotation. Der Schneidermuskel ist das Musterbeispiel eines Leitmuskels. Lang und Abb. 1.174 Die Leitmuskeln für die Spielbeinphase: der Sartorius koordiniert die Drehrichtungen von Ober– und Unterschenkel bei der Flexion Hüter-Becker, Band 1: Bewegungssystem (ISBN 3131301422), 䊚 2006 Georg Thieme Verlag KG 156 1 Das Bewegungssystem – Ein Wirkort stellt sich vor spiralförmig nach hinten-unten-außen entsprechend einer Extension, Abduktion und Innenrotation von proximal im Hüftgelenk. Der Ursprung des M. tensor fascie latae bildet nun mit dem Verlauf des Traktus des gestreckten Beines eine Linie. Er wirkt zusammen mit dem glutaeus medius als kräftiger Abduktor, drückt den Femurkopf in die Pfanne und verhindert ein Absinken der Spielbeinseitigen Beckenseite. In der Endstreckung bildet der Muskel mit dem Traktus einen nach hinten offenen Winkel. Nun unterstützt er die Streckung und Außenrotation. Der lange Wadenbeinmuskel streckt den Fuß im oberen Sprunggelenk nach dorsal und drückt den Großzehenballen kräftig zu Boden. Beim Abstoßen dreht er den Unterschenkel im Kniegelenk nach innen. Während der Extension helfen die Beuger mit, die grundlegende Verschraubung des Beines aufrecht zu erhalten. Die Beuger können dies mit ihrer stark ausgeprägten Rotationskomponente viel besser als die Strecker, die eher axial verlaufen. So strahlt der M. sartorius im Kniegelenk in den Pes anserinus ein und unterstützt aktiv das innere Seitenband. Einerseits hält er die Innenrotationsstellung des Unterschenkels aufrecht und bremst somit die Schlussrotation, andererseits verhindert er in der Belastungsphase des gestreckten Beines, dass das Kniegelenk nach medial einknickt. Der Sartorius wird in der Triple-Extension sowohl im Knie als auch in der Hüfte gedehnt und funktioniert in diesem Moment ähnlich einem straff gespannten Band. Der vordere Schienbeinmuskel wird durch die plantare Streckung des Sprunggelenkes ebenso gedehnt und hält damit die Innenrotation der Tibia (Abb. 1.175). Das Bewegungssystem wahrnehmen Anatomie-Übung: Beinmuskeln Ziel: Die Funktionsweise der Beinmuskeln im Zusammenspiel der dreidimensionalen Verschraubung der Beinachse und der optimalen Kraftentfaltung verstehen. Hilfsmittel: Beinskelett, Gummibänder und Anatomiebuch. Aktion: Nehmen Sie ein Gummiband und legen Sie am Skelett erst die Leitmuskeln und dann je einen Vertreter der zweigelenkigen Beuger und Strecker an. Untersuchen Sie die oben beschriebenen Zusammenhänge. Kontrolle: Vergleichen Sie das Modell mit einem Anatomiebuch. Abb. 1.175 beinphase 1.8.3 Die Leitmuskeln des Beines in der Stand- Dreidimensionale Analyse und Koordination Status Was sind eigentlich gerade Beine? Das Markenzeichen gerader Beine sind gleich lange Innenund Außenlinien. X-Beine und O-Beine hingegen weisen durch die Winkelstellung immer eine längere und eine kürzere Linie auf. Die Kniescheibe steht bei der koordinierten Beinachse in der Mitte und die Füße sind orthograd nach vorne gerichtet. Mit Hilfe der Referenzpunkte lässt sich die koordinierte Beinachsenstellung gut beschreiben (Abb 1.176): 앫 Das Fersenbein ist vertikal aufgerichtet. 앫 Der Fuß ist gerade nach vorne gerichtet. 앫 Die mediale und laterale Begrenzung des Beines wirken gleich lang. 앫 Die Tuberositas tibiae steht zentriert und genau in der Mitte. 앫 Die Kniescheibe steht vertikal und schaut gerade nach vorne. 앫 Die Kondylenachse des Femurs verläuft transversal. 앫 Die Leiste wirkt offen. Hüter-Becker, Band 1: Bewegungssystem (ISBN 3131301422), 䊚 2006 Georg Thieme Verlag KG