Ein Experiment zur präzisen Messung von g

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Ein Experiment
zur präzisen Messung
von g-Faktoren an Blei
in einer Penningfalle
Diplomarbeit
vorgelegt von
Stefan Krause
Institut für Physik
an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
im August 2004
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Motivation
1
2 Aufbau und Theorie einer Penningfalle
2.1 Das elektrische und magnetische Feld . . . . . . . .
2.2 Die Bewegungsgleichungen in der Penningfalle . . .
2.2.1 Gleichungen für x(t) und y(t) ohne Reibung
2.2.2 Gleichungen für x(t) und y(t) mit Reibung .
2.3 Puffergaskühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Die Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Die reale Penningfalle . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Instabilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.1 Herleitung der Bedingungen . . . . . . . . .
2.5.2 Tripel für Instabilitäten . . . . . . . . . . .
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3 Simulationen
3.1 Beschreibung der Verfahren . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Das explizite Euler-Verfahren . . . . . . . . .
3.1.2 Das implizite Euler-Verfahren . . . . . . . . .
3.1.3 Das implizite Mittelpunktsverfahren . . . . . .
3.2 Beispiel: Anwendung auf die Kreisbahn . . . . . . . .
3.2.1 Lösung mit explizitem Euler-Verfahren . . . .
3.2.2 Lösung mit implizitem Euler-Verfahren . . . .
3.2.3 Lösung mit implizitem Mittelpunktsverfahren
3.3 Penningfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Bewegung in der xy-Ebene . . . . . . . . . . .
3.3.2 Bewegung in der z-Achse . . . . . . . . . . . .
3.4 Ergebnis der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Instabilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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iv
INHALTSVERZEICHNIS
4 Das
4.1
4.2
4.3
Element Blei
Vorkommen und Eigenschaften von Blei .
Die verschiedenen Bleiisotope . . . . . . .
Das Ion 208 Pb+ . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Normaler Zeeman-Effekt . . . . . .
4.3.2 Feinstruktur . . . . . . . . . . . . .
4.3.3 Anomaler Zeeman-Effekt . . . . . .
4.3.4 Termschema von 208 Pb+ . . . . . .
4.4 Das Ion 207 Pb+ . . . . . . . . . . . . . . .
4.4.1 Hyperfeinstruktur . . . . . . . . . .
4.4.2 Hyperfeinstruktur und Magnetfeld
4.4.3 Termschema von 207 Pb+ . . . . . .
5 Beschreibung des Experiments
5.1 Fallenapparatur und Magnet . . . . . .
5.1.1 Die Penningfalle . . . . . . . . .
5.1.2 Die Vakuumapparatur . . . . .
5.1.3 Bleiionen . . . . . . . . . . . .
5.1.4 Der Magnet . . . . . . . . . . .
5.2 Erzeugung und Nachweis der Bleiionen
5.3 Die Optik zur Anregung der Ionen . . .
5.3.1 Der Nd:YAG-Laser . . . . . . .
5.3.2 Frequenzverdopplung . . . . . .
5.3.3 Strahlaufweitung . . . . . . . .
5.3.4 Der Farbstofflaser . . . . . . . .
5.4 Fluoreszenz und Mikrowellen . . . . . .
5.4.1 Lichtführung aus der Falle . . .
5.4.2 Der Photomultiplier . . . . . .
5.4.3 Mikrowellen . . . . . . . . . . .
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6 Ansteuerung und Programmierung
6.1 Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Taktgeber: Laser oder PC? . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Computer als Taktgeber . . . . . . . . .
6.2.2 Laser als Taktgeber . . . . . . . . . . . .
6.3 Shutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Kommunikation via GPIB . . . . . . . . . . . .
6.4.1 Geräte und Leitungen . . . . . . . . . .
6.4.2 Handshaking und Interface Management
6.4.3 Programmierung mit Turbo Pascal . . .
6.5 GPIB-Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5.1 Mikrowellen-Synthesizer . . . . . . . . .
6.5.2 Farbstofflaser . . . . . . . . . . . . . . .
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v
INHALTSVERZEICHNIS
6.6 Vielkanalzählerkarte . . . .
6.7 Das Programm . . . . . . .
6.7.1 Signalhöhen-Messung
6.7.2 Lasersweep . . . . .
6.7.3 Andere Menüpunkte
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7 Zusammenfassung und Ausblick
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vi
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Einleitung und Motivation
Die vorliegende Diplomarbeit beschreibt die Vorarbeiten, die für ein Experiment
zur präzisen Messung der g-Faktoren an Blei in einer Penningfalle nötig waren. Im
Prinzip ist die Apparatur sehr ähnlich zu anderen, die in der Arbeitsgruppe bereits
für Messungen an Europium, Calcium und Barium eingesetzt wurden. Die Aufgabe
bestand deshalb darin, ein geeignetes Lasersystem aufzubauen und sich vor allem
die Kommunikation zwischen den Geräten zu überlegen und schließlich über einen
Computer zu steuern. Im Vergleich zu den anderen Elementen weist Blei einige
Unterschiede auf, die hier in der Einleitung kurz angerissen werden sollen. Zuvor
aber wollen wir eine Motivation für die Neubestimmung der Daten geben.
In den vergangenen Jahren wurde in einem Speicherring-Experiment an der
GSI die Hyperfeinstrukturaufspaltung des wasserstoffähnlichen 207 Pb81+ gemessen
[Kuh98]. Dies sollte als Test der Quantenelektrodynamik in gebundenen Zuständen
dienen. Die Ergebnisse zeigten jedoch eine unbefriedigende Übereinstimmung mit
theoretischen Rechnungen. Als ein möglicher Grund wurde angesehen, daß der Wert
des magnetischen Kernmoments nicht korrekt ist, der in einem Kernresonanzexperiment bestimmt wurde. Das Verfahren erfordert jedoch erhebliche Korrekturen,
z. B. durch chemische Verschiebungen in der Probe, und es bestehen Zweifel, ob
diese Korrekturen mit der erforderlichen Genauigkeit einberechnet wurden [Gus98].
Es ist daher wünschenswert, mit einer unabhängigen und von solchen Korrekturen
freien Methode eine Neubestimmung der Momente durchzuführen. In einem früheren Experiment [Mar98] in unserer Arbeitsgruppe wurde gezeigt, daß die Technik
der Ionenspeicherung in Penningfallen geeignet ist, magnetische Kernmomente mit
hoher Genauigkeit zu bestimmen.
Das Bleiion besitzt ein Elektron im 6p-Orbital, welches aufgrund der Feinstruktur in p1/2 und p3/2 aufspaltet. Da für den Übergang zwischen diesen Zuständen
∆ℓ = 0 gilt, liegt kein elektrischer, sondern ein magnetischer Dipolübergang vor,
so daß damit zu rechnen ist, daß viel Laserleistung zum Pumpen benötigt wird.
Andererseits hat dies zur Folge, daß die Lebensdauer des angeregten Zustands bei
vielen Millisekunden liegt, weil keine anderen unbesetzten Zustände existieren, die
energetisch zwischen p1/2 und p3/2 liegen.
1
2
KAPITEL 1. EINLEITUNG UND MOTIVATION
Das Problem der hohen Laserleistung haben wir versucht zu lösen, indem wir
ein gepulstes Lasersystem statt eines CW-Lasers verwenden. Dieses besteht aus
einem Nd:YAG-Laser und einem nachgeschalteten Farbstofflaser. Das Fehlen von
Zwischenzuständen im Termschema des Pb+ zwingt uns dazu, die Fluoreszenz auf
derselben Wellenlänge wie der des eingestrahlten Lichts zu messen. Dazu betreiben
wir zeitaufgelöste Spektroskopie, was die Verwendung einer gepulsten Lichtquelle
bestätigt.
Die beiden p-Zustände des Bleiions spalten unter Anwesenheit eines Magnetfeldes in zwei bzw. vier Zeeman-Linien auf. Unter Beachtung der Auswahlregel
∆mj ∈ {0, ±1} ergeben sich sechs Übergänge von einem unteren zu einem oberen
Feinstruktur-Niveau. Stimmt man die Wellenlänge des verwendeten Farbstofflasers
in diesem Bereich durch, so kann man diese sechs erlaubten Übergänge als Spektrum
messen. Läßt man nun den Laser fest auf einer der gemessenen Linien stehen, dann
füllt man einen der beiden Zeeman-Zustände von p1/2 auf Kosten des anderen auf,
weil die angeregten Elektronen statistisch in beide Zustände zurückfallen können,
aber nur in einem der beiden wieder Photonen absorbieren können.
Während der eine Zustand entvölkert wird, nimmt die Anzahl der pro Laserpuls
angeregten Ionen ab, so daß auch die Intensität der beobachteten Fluoreszenz mit
der Zeit geringer wird und irgendwann völlig verschwindet. Strahlt man nun in
dieses System Mikrowellen ein, deren Frequenz mit der Energiedifferenz der ZeemanAufspaltung im Grundzustand übereinstimmt, dann wird die Wahrscheinlichkeit,
mit der ein Elektron aus dem vollen in den leeren Zeeman-Zustand überwechselt,
sehr groß. Die Intensität der wieder einsetzenden Fluoreszenz hängt sehr stark von
der Mikrowellenfrequenz ab.
Aus der gemessenen Energiedifferenz der beiden Zeeman-Zustände läßt sich der
gj -Faktor bestimmen, wenn man das Magnetfeld kennt. Dieses wird gemessen, indem man die Spannungszuführung der Falle umpolt, Elektronen speichert und die
Zyklotronfrequenz ωc = eB/m dieser Elektronen bestimmt. Beim Magnetfeld spielen Kurzzeitschwankungen, Langzeitdrifts sowie die Homogenität eine große Rolle.
Für die Messung werden Mikrowellen eingestrahlt, deren Frequenz um die Zyklotronfrequenz der Elektronen herum durchgestimmt wird. Im Resonanzfall nehmen
die Elektronen Energie aus dem Mikrowellenfeld auf und verlassen den Käfig.
Die beschriebenen Meßmethoden sind allerdings noch Arbeit für die Zukunft,
da es leider nicht dazu kam, zumindest ein Spektrum mit den sechs Zeeman-Linien
aufzunehmen. Der Grund dafür sind in erster Linie die Schwierigkeiten, die beim
Betrieb des Farbstofflasers auftraten. Es nahm viel Zeit in Anspruch, den Oszillator
und die Verstärkerstufen, die sich nicht im Originalzustand des Herstellers befanden,
sowie die GPIB-Schnittstelle funktionstüchtig zu machen. Daher beschreibt diese
Diplomarbeit im wesentlichen die Ansteuerung der Geräte im Experiment zusammen
mit deren Programmierung und der Probleme, die es zu bewältigen galt. Außerdem
widme ich ein Kapitel der Simulation eines Ions in der Falle, die letztlich dazu dienen
sollte, bereits in der Arbeitsgruppe experimentell nachgewiesene Instabilitäten der
Ionen theoretisch zu bestätigen.
Kapitel 2
Aufbau und Theorie
einer Penningfalle
Die Eigenschaften von Penningfallen sind in der Literatur vielfach beschrieben, z. B.
in [Bra86]. Die folgende Darstellung dient daher als zusammenfassende Übersicht
der für die Diplomarbeit wichtigen Aspekte.
2.1
Das elektrische und magnetische Feld
Die Elektroden, die das elektrische Feld der Penningfalle erzeugen, sind so geformt,
daß sie im idealen Fall zu einem linearen Kraftgesetz führen. Das bedeutet, daß das
Potential (bis auf eine Konstante Φ0 ) wegen
~ r ) ∝ −~r
F~ (~r) = −q ∇Φ(~
quadratisch in den Koordinaten x, y und z, also von der Form
Φ(~r) = Φ0 + ax2 + by 2 + cz 2
(2.1)
sein muß. Mit der aus der Elektrodynamik bekannten Laplace-Gleichung
∆Φ = 0
im ladungsfreien Raum folgt für die Koeffizienten aus Ansatz (2.1) die Bedingung
2a + 2b + 2c = 0 .
(2.2)
Nun wählt man a = b, um ein zur z-Achse symmetrisches Feld zu erhalten. Dann
folgt mit den Gleichungen (2.2) und (2.1) die Beziehung
c = −2a
=⇒
Φ(~r) = Φ0 + a(x2 + y 2 − 2z 2 ) .
(2.3)
Dieser Feldverlauf wird von Rotationshyperboloiden erzeugt, und zwar von einer
Ringelektrode und zwei Endkappen. Alle drei Teile müßten theoretisch unendlich
3
4
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
Abbildung 2.1: Ringelektrode und Endkappen als Rotationshyperboloide
ausgedehnt sein, was in der Praxis natürlich nicht realisierbar ist. Um positive Ionen
zu speichern, legt man an die Endkappen ein positives Potential im Vergleich zum
geerdeten Ring an; diese Spannung nennt man üblicherweise U0 . Wir bekommen die
beiden Bedingungen
!
Φ(0, 0, ±z0 ) = Φ0 − 2az02 = U0 ,
!
Φ(̺0 cos ϕ, ̺0 sin ϕ, 0) = Φ0 + a̺20 = 0 .
Darin ist ̺0 bzw. z0 der minimale Abstand des Ringes bzw. der Endkappen zum
Fallenmittelpunkt. Daraus ergeben sich die Konstanten
a=−
In der Regel setzt man nun
U0
,
2
̺0 + 2z02
Φ0 =
U0 ̺20
.
̺20 + 2z02
̺0
z0 = √ ,
2
was mit der Gleichung (2.3) das Potential eindeutig festlegt zu
U0
x2 + y 2 − 2z 2
Φ(~r) =
.
1−
2
̺20
(2.4)
Wegen Gleichung (2.2) können a, b und c nicht alle dasselbe Vorzeichen haben,
was dazu führt, daß ein statisches elektrisches Feld nicht gleichzeitig entlang aller drei
Raumachsen rücktreibend sein kann. Daher benötigt man zusätzlich ein elektrisches
Wechselfeld mit geeigneter Frequenz oder ein statisches Magnetfeld in z-Richtung.
2.2. DIE BEWEGUNGSGLEICHUNGEN IN DER PENNINGFALLE
5
Die erste Variante nennt man Paulfalle, die zweite Penningfalle. Es werden allerdings
auch kombinierte Fallentypen in Experimenten eingesetzt.
Bei der Penningfalle wählt man das denkbar einfachste Magnetfeld, nämlich homogen und parallel zur z-Achse, d. h.
~ = B~ez .
B
2.2
(2.5)
Die Bewegungsgleichungen in der Penningfalle
Speichert man in einer Penningfalle Teilchen der Masse m und der Ladung q, so
ergibt sich mit Hilfe der Lorentzkraft die Bewegungsgleichung
~ + q~v × B
~ − k~v .
m~a = q E
Darin ist k der Reibungskoeffizient einer als geschwindigkeits-proportional angenommenen Reibung.
~ = −∇Φ
~
Setzt man die Felder aus (2.4) und (2.5) ein, so ergibt sich mit E
Mit den Abkürzungen
 
−x
qU0   qB ˙
k
¨
−y +
~r =
~r × ~ez − ~r˙ .
2
m̺0
m
m
2z
ωz2 :=
2qU0
,
m̺20
ωc :=
qB
,
m
δ :=
k
2m
ergibt sich für die drei Koordinaten separat
ẍ =
ωz2
x + ωc ẏ − 2δ ẋ ,
2
ÿ =
ωz2
y − ωc ẋ − 2δ ẏ ,
2
z̈ = −ωz2 z − 2δ ż .
(2.6)
Man sieht, daß die Gleichungen für die x- und die y-Koordinate gekoppelt sind und
daß die für die z-Koordinate unabhängig von den anderen beiden gelöst werden
kann.
Die Gleichung für die z-Koordinate ist eine harmonische Schwingung mit der
allgemeinen Lösung
z(t) = zb e−δt cos
p
ωz2 − δ 2 t + ϕz ,
worin zb die (Start-)Amplitude und ϕz eine relative Phase beschreiben.
6
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
2.2.1
Gleichungen für x(t) und y(t) ohne Reibung
Wir setzen zunächst einmal k = 0 =⇒ δ = 0 und betrachten das Ganze im Komplexen. Dann gilt mit den Gleichungen (2.6)
2
2
ωz
ωz
ωz2
ẍ + iÿ =
x + ωc ẏ + i
y − ωc ẋ =
(x + iy) + ωc (ẏ − iẋ) .
2
2
2
Mit der neuen Funktion w := x + iy folgt dann
ẅ =
ωc
ωz2
w + ẇ .
2
i
Der Ansatz w(t) = e−iωt liefert
2 −iωt
−ω e
ω2
= z e−iωt − ωc ωe−iωt
2
=⇒
ωz2 −iωt
2
e
= 0.
ω − ωc ω +
2
Wegen e−iωt 6= 0 muß die Klammer 0 sein; dies ergibt mit der pq-Formel
r
ω 2 ω 2
ωc
c
ω± =
±
− z .
2
2
2
(2.7)
Damit die Teilchenbahnen stabil bleiben, muß der Term unter der Wurzel größer
oder gleich Null sein, d. h. (ωc /2)2 − ωz2 /2 ≥ 0 oder, äquivalent dazu,
r
√
q
ωc
= ̺0 B
≥ 2.
(2.8)
ωz
2mU0
Unter der Voraussetzung, daß diese Stabilitätsbedingung erfüllt ist, erhält man
als Lösungen die Überlagerungen zweier Kreisbewegungen
x(t) = r− cos(−ω− t + ϕ− ) + r+ cos(−ω+ t + ϕ+ ) ,
y(t) = r− sin(−ω− t + ϕ− ) + r+ sin(−ω+ t + ϕ+ )
(2.9)
mit Konstanten r± und ϕ± . Die langsame Bewegung mit ω− nennt man die Magnetronbewegung, die schnelle mit ω+ die reduzierte Zyklotronbewegung. Da ω±
durch (2.7) bei gegebenem Aufbau für jede Teilchensorte festliegen, bewegen sich alle Teilchen mit derselben Winkelgeschwindigkeit. r± und ϕ± hingegen sind Integrationskonstanten und hängen von den Anfangsbedingungen jedes einzelnen Teilchens
ab.
2.2.2
Gleichungen für x(t) und y(t) mit Reibung
Wir reduzieren das Differentialgleichungssystem
ẍ =
ωz2
x + ωc ẏ − 2δ ẋ ,
2
ÿ =
ωz2
y − ωc ẋ − 2δ ẏ
2
2.3. PUFFERGASKÜHLEN
7
aus (2.6) von zwei Gleichungen zweiter Ordnung auf ein System von vier Gleichungen
erster Ordnung, und zwar
 


x
0
1
0
0


ωz2 /2 −2δ
d
ẋ
0
ω
c 
.
(2.10)
, ~u := 
~u = A~u , A := 



y
0
0
0
1
dt
ẏ
0
−ωc ωz2/2 −2δ
Funktionen der Form ~u(t) = ~u0 eλt sind genau dann Lösungen, wenn A~u0 = λ~u0
gilt, d. h. wenn λ ein Eigenwert von A mit Eigenvektor ~u0 ist. Das charakteristische
Polynom von A ist
ωz2
ωz2
+ aωc i a(a + 2δ) −
− aωc i .
fA (a) := det(aE − A) = a(a + 2δ) −
2
2
Mit der pq-Formel ergeben sich die Nullstellen λ von fA zu
r
ω 2 ω 2
ωc
c
λ1;2 = −δ − i ± δ 2 −
+ z + δωc i ,
2
2
2
r
ωc
ωc 2 ωz2
λ3;4 = −δ + i ± δ 2 −
+
− δωc i .
2
2
2
Für die beiden Quadratwurzeln aus einer komplexen Zahl z gilt
√
p
1 p
z = ±√
|z| + Re z + i sgn(Im z) |z| − Re z .
2
Damit kann man errechnen, daß der Realteil von λ1 wegen δ > 0 positiv ist. Schreibt
man λ1 als a1 + ib1 mit reellem a1 und b1 , so sieht man, daß die spezielle Lösung
~u1 (t) wegen
~u1 (t) = ~u0,1eλ1 t = k~u0,1k |ea1 t | |eib1t | = k~u0,1kea1 t
für t → ∞ nicht beschränkt bleibt, da a1 > 0 ist. Dieser Effekt wird um so größer,
je höher der Druck, d. h. je schlechter das Vakuum ist.
2.3
Puffergaskühlen
Der vorherigen Erkenntnis zufolge wird die Stabilität mit zunehmender Dichte an
Gas schlechter; dann überrascht es zunächst, daß man durch eine künstlich erzeugte
Puffergas-Atmosphäre, z. B. mit Stickstoff, bessere Bedingungen erzielen kann. Detailliertere Beschreibungen zum Puffergaskühlen finden sich in den Arbeiten [Bol85,
Bol90] von G. Bollen, der sich als erster mit dieser Technik beschäftigte.
8
2.3.1
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
Die Idee
Der als Reibung bezeichnete Effekt beruht auf inelastischen Stößen der Ionen mit
Restgasmolekülen in der Falle. Selbstverständlich führt die Reibung dazu, daß sowohl die Magnetron-, als auch die reduzierte Zyklotronbewegung gedämpft werden.
Wie auch die Simulationen zeigen, treten jedoch währenddessen bei den beiden Bewegungen unterschiedliche Effekte auf.
Zunächst einmal sind, wie wir aus der Lösung der DGls gesehen haben, die Frequenzen ω± konstant, so daß eine Zu- oder Abnahme der Energie eine Veränderung
des Bahnradius zur Folge haben muß. Die Energie der reduzierten Zyklotronbewe2
gung ist kinetisch, d. h. von der Form mω−
r− /2, weswegen der Bahnradius bei der
Dämpfung kleiner wird. Bei der Magnetronbewegung jedoch führt die Energieabnahme zu einer Vergrößerung des Bahnradius, weil es sich um eine potentielle Energie
handelt und das Potential an der Ringelektrode weit weg vom Fallenzentrum minimal ist.
Die Idee ist nun, die Magnetron- und reduzierte Zyklotronbewegung derart aneinander zu koppeln, daß die Energie der einen Bewegung auf Kosten der anderen
zunimmt. Dies erreicht man durch Einstrahlen einer geeigneten Wechselspannung,
die den zusätzlichen Effekt hat, daß sich das Ion insgesamt aufheizt. Damit der
durch Anregung erzielte Energiegewinn nicht die durch Reibung verlorene Energie
übersteigt, benötigt man deutlich höhere Drücke, d. h. eine Puffergas-Atmosphäre.
2.3.2
Realisierung
Um die Wechselspannung an die Falle anzulegen, fertigt man die Ringelektrode in
vier Sektoren an, d. h. alle 90◦ wird eine dünne Isolationsschicht eingefügt. Die jeweils gegenüberliegenden Elektrodenteile werden elektrisch miteinander verbunden,
und zwischen den Paaren wird der Generator angeschlossen. Die Frequenz ist eine
Linearkombination der beiden für die Ionenbewegung charakteristischen Frequenzen ω+ und ω− , und zwar die einfachstmögliche, nämlich ω+ + ω− . Setzt man die
Beziehungen für ω± aus der Gleichung (2.7) ein, so ergibt sich
ω+ + ω− = ωc =
qB
,
m
weil der Wurzelterm herausfällt.
Dieses Einstrahlen der Zyklotronfrequenz führt zu folgendem (zeitlich veränderlichen) Zusatzterm
ΦPGK = αxy cos(ωc t)
für das Potential, wobei der Proportionalitätsfaktor α von der z-Koordinate abhängt.
Die Ringelektrode besteht aus den Punkten mit x2 + y 2 − 2z 2 = ̺20 . Betrachten wir
x = y, also zwei gegenüberliegende Ringviertel, so erwarten wir dort die Spannung
V0 cos(ωc t), wobei V0 die Amplitude der angelegten Wechselspannung ist. Dann gilt
9
2.4. DIE REALE PENNINGFALLE
x = y =⇒ 2xy = x2 + y 2 = ̺20 + 2z 2 und damit
Φ(x = y, t = 0) =
α 2
!
(̺0 + 2z 2 ) = V0
2
=⇒
α=
̺20
2V0
+ 2z 2
Daraus ergibt sich schließlich die Beschleunigung
 
 
y
y
q ~
2qV0
1



x cos(ωc t) ≈ −β x cos(ωc t)
~aPGK = − α∇xy cos(ωc t) = −
m
m ̺20 + z 2
0
0
mit β = 2qV0 /m̺20 , wenn z ≪ ̺0 .
Diese Bedingung ist im Experiment gegeben, weil die Bewegung entlang der zAchse gedämpft wird. Damit erhalten wir die Gleichungen
ωz2
x + ωc ẏ − 2δ ẋ − βy cos(ωc t) ,
ẍ =
2
ωz2
ÿ =
y − ωc ẋ − 2δ ẏ − βx cos(ωc t)
2
bzw.
d
~u = A~u ,
dt
2.3.3

0
1
0
0
 ωz2 /2
−2δ −β cos(ωc t) ωc 
,
A=

0
0
0
1 
−β cos(ωc t) −ωc
ωz2 /2
−2δ

 
x
ẋ

~u = 
y  . (2.11)
ẏ
Ergebnis
Simuliert man die Gleichung (2.11) am Computer, dann beobachtet man, wie die
Radien beider Bewegungen periodisch zu- und abnehmen, aber schließlich beide auf
0 gedämpft werden. Eine noch im wesentlichen offene Frage ist, wie der Mechanismus dieser Kühlung bei vielen Ionen in der Falle arbeitet. Die Simulation zeigt das
gewünschte Verhalten für ein Teilchen (mehr dazu im Kapitel 3 über die Simulationen). Die Theorie für viele Teilchen muß die gegenseitige Coulombwechselwirkung
mit einbeziehen, die Praxis jedoch bestätigt, daß die Technik auch für eine Ionenwolke geeignet ist.
2.4
Die reale Penningfalle
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf eine ideale Penningfalle, die in der
Theorie relativ leicht zu handhaben ist. Allerdings liegt es auf der Hand, daß man
im Experiment wegen
• der endlichen Ausdehnung der Elektroden,
• Fehljustierung der Elektroden,
10
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
• Ungenauigkeiten in der Oberfläche der Elektroden,
• Löchern in den Elektroden,
• Inhomogenitäten des Magnetfeldes und
• zeitlichen Veränderungen des Magnetfeldes (Kurz- und Langzeitdrifts)
mit mehr oder minder starken Abweichungen von idealen Bedingungen zu tun hat.
Ganz wesentlich ist bei den vielen simultan gespeicherten Teilchen deren Coulomb-Wechselwirkung untereinander, wobei jeweils jedes einzelne ein von den anderen abgeschirmtes Potential sieht. Streng genommen gilt die Laplace-Gleichung
∆Φ = 0 ja nur für ein einzelnes Teilchen; bei mehreren müßte sie durch ∆Φ = −̺/ε0
ersetzt werden, wobei ̺ die Ladungsdichte ist, die von den Teilchen erzeugt wird.
Zu beachten ist außerdem, daß Elektronen häufig, je nach Anfangsbedingungen,
relativistische Geschwindigkeiten erreichen. Nach Gleichung (2.8) gilt
r
q
ωc
= ̺0 B
.
ωz
2mU0
Daraus ergibt sich mit den möglichen Werten ̺0 = 5 mm, B = 1 T, U0 = −10 V
und q/m = −1,76 · 1011 C/kg die Beziehung ωc2 = 220 000ωz2 ≫ ωz2, so daß man für
Elektronen den Term ωz2 /2 in
r
ω 2 ω 2
ωc
c
ω+ =
+
− z
2
2
2
mit sehr guter Näherung weglassen und ω+ = ωc annehmen darf. Für die (reduzierte)
Zyklotronbewegung gilt klassisch die Bahngeschwindigkeit v+ = ω+ r+ = ωc r+ =
|q|Br+ /m = 3,52 · 108 m/s für r+ = 2 mm, was größer als die Lichtgeschwindigkeit
c ≈ 3·108 m/s wäre. Die Bleiionen jedoch sind von relativistischen Geschwindigkeiten
weit entfernt, weil deren Masse um den Faktor (Zmp + (A − Z)mn )/me ≈ 3,82 · 105
größer ist.
Um Feldfehler durch ungenaue Justage und unreine Elektrodenoberflächen zu
kompensieren, fügt man häufig zwischen Ring und Endkappe je eine ringförmige
Korrekturelektrode ein. An diese wird zunächst die Spannung U0 /2 angelegt. Da
man die Feldfehler natürlich nicht kennt, ist es schwierig, die richtige Spannung für
die beste Kompensation zu finden. Aber Ziel des Ganzen ist ja, das Speicherverhalten
der Falle zu optimieren, und das läßt sich anhand der Zeit, die das Teilchen in der
Falle verweilt, bevor es verloren geht, relativ einfach messen.
Selbstverständlich lassen sich die Feldfehler auch mathematisch beschreiben. Mit
einer Multipolentwicklung wird das rein quadratische Potential
U0
x2 + y 2 − 2z 2
Φ(~r) =
1−
2
̺20
2.5. INSTABILITÄTEN
11
aus (2.4) durch Anteile höheren Grades ergänzt, z. B. durch Oktupolterme der Form
2
x
2
2
(2.12)
Φ4 (~r) = x y A 2 = a11 x4 + a22 y 4 + 2a12 x2 y 2
y
mit einer symmetrischen 2 × 2-Matrix A = (aik ).
2.5
Instabilitäten
Experimente haben gezeigt, daß die Speicherfähigkeit der realen Falle bei bestimmten Verhältnissen ωc /ωz deutlich schlechter als im „Normalfall“ ist, was dadurch zu
beobachten ist, daß die Ionenanzahl reduziert ist. Bei der Bewegung der Ionen treten sog. Instabilitäten auf, die nach der Theorie dann zu erwarten sind, wenn die
Gleichung
ℓ+ ω + + ℓ− ω − + ℓz ω z = 0
mit ganzzahligen, nicht zu großen Koeffizienten ℓ+ , ℓ− und ℓz außer durch ℓ+ = ℓ− =
ℓz = 0 erfüllt ist. Anschaulich bedeutet das, daß die Frequenzen der Bewegung mit
ganzzahligen Vielfachen linear abhängig sind. Beobachtungen dieser Instabilitäten
finden sich in [Tom02].
2.5.1
Herleitung der Bedingungen
Mit Gleichung (2.7) ergibt sich
r
r
ω 2 ω 2 ω 2 ω 2 ωc
ω
c
c
c
z
ℓ+
+ ℓ−
+
−
−
− z + ℓz ω z = 0 .
2
2
2
2
2
2
Um die Frequenzen zu eliminieren, setzen wir C := ωc /ωz , d. h. ωc = Cωz . Multiplikation der Gleichung mit 2/ωz liefert dann
√
√
ℓ+ C + C 2 − 2 + ℓ− C − C 2 − 2 + 2ℓz = 0
√
⇐⇒ (ℓ+ − ℓ− ) C 2 − 2 + (ℓ+ + ℓ− )C + 2ℓz = 0 .
Im Falle ℓ+ = ℓ− =: ℓ± fällt der Wurzelterm heraus, und die Gleichung vereinfacht
sich zu
ℓz
2ℓ± C + 2ℓz = 0 ⇐⇒ C = − .
ℓ±
Instabilitäten treten
√ also auf für Tripel (ℓ+ , ℓ− , ℓz ) der Form (a, a, b), a 6= 0, wenn
−b/a = ωc /ωz > 2 ist.
Für ℓ+ 6= ℓ− fällt der Wurzelterm nicht heraus; in diesem Fall stellen wir nach
dieser Wurzel um und quadrieren, so daß
√
(ℓ+ − ℓ− ) C 2 − 2 = −(ℓ+ + ℓ− )C − 2ℓz
12
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
=⇒
(ℓ+ − ℓ− )2 (C 2 − 2) = (ℓ+ + ℓ− )2 C 2 + 4(ℓ+ + ℓ− )ℓz C + 4ℓ2z
⇐⇒ 4ℓ+ ℓ− C 2 + 4(ℓ+ + ℓ− )ℓz C + 2(ℓ+ − ℓ− )2 + 4ℓ2z = 0 .
Ist nun ℓ+ = 0 oder ℓ− = 0, dann bleibt nur eine lineare Gleichung übrig, aus der
man
(ℓ+ − ℓ− )2 + 2ℓ2z
−(ℓ2− + 2ℓ2z )/(2ℓ− ℓz ) für ℓ+ = 0
C=−
=
−(ℓ2+ + 2ℓ2z )/(2ℓ+ ℓz ) für ℓ− = 0
2(ℓ+ + ℓ− )ℓz
erhält. (Wenn ein Koeffizient 0 ist, müssen die anderen beiden zwingenderweise unterschiedliche Vorzeichen haben.) Einsetzen in die nichtquadrierte Gleichung liefert
die Bedingungen
ℓ2 − 2ℓ2z
ℓ+ ℓz
= +
für ℓ− = 0 .
|ℓ+ ℓz |
|ℓ2+ − 2ℓ2z |
√
Instabilitäten √
treten also hier auf für (0, a, b), wenn −a/b > 2, und
√ für (a, 0, b),
2
2
wenn −a/b < 2. In beiden Fällen muß −(a + 2b )/2ab = ωc /ωz > 2 gelten.
Seien schließlich ℓ+ , ℓ− , ℓz 6= 0 und ℓ+ 6= ℓ− . Dann muß die quadratische Gleichung
(ℓ+ − ℓ− )2 + 2ℓ2z
(ℓ+ + ℓ− )ℓz
2
C
+
=0
C +
ℓ+ ℓ−
2ℓ+ ℓ−
−1 =
ℓ2 − 2ℓ2z
ℓ− ℓz
= − 2−
für ℓ+ = 0 ,
|ℓ− ℓz |
|ℓ− − 2ℓ2z |
−1 =
gelöst werden. Mit der pq-Formel ergibt sich
s
2
(ℓ+ + ℓ− )ℓz
(ℓ+ − ℓ− )2 + 2ℓ2z
(ℓ+ + ℓ− )ℓz
C1;2 = −
±
−
2ℓ+ ℓ−
2ℓ+ ℓ−
2ℓ+ ℓ−
p
−(ℓ+ + ℓ− )ℓz ± (ℓ+ + ℓ− )2 ℓ2z − 2ℓ+ ℓ− (ℓ+ − ℓ− )2 − 4ℓ+ ℓ− ℓ2z
=
2ℓ ℓ
p + −
−(ℓ+ + ℓ− )ℓz ± |ℓ+ − ℓ− | ℓ2z − 2ℓ+ ℓ−
=
.
2ℓ+ ℓ−
Ob die Werte für C1 bzw. C2 die nichtquadrierte Gleichung tatsächlich lösen, muß
dann im Einzelfall jeweils getestet werden.
2.5.2
Tripel für Instabilitäten
Mit einem Computerprogramm, das alle Tripel (ℓ+ , ℓ− , ℓz ) bis zu einer gewissen
Größe ausprobiert, läßt sich leicht eine Tabelle erstellen. Tritt bei einem Tripel eine
Instabilität auf, dann natürlich ebenso bei dem Tripel, das entsteht, wenn man alle
Koeffizienten negiert. Man kann also ohne Einschränkung voraussetzen, daß der
erste nichtverschwindende Koeffizient positiv ist, d. h. daß entweder ℓ+ > 0 oder
ℓ+ = 0, ℓ− > 0 gilt. Ferner sollen die Koeffizienten teilerfremd sein.
Die folgende Tabelle enthält alle Tripel in aufsteigender Reihenfolge von L :=
|ℓ+ | + |ℓ− | + |ℓz | für alle 2 ≤ L ≤ 6.
13
2.5. INSTABILITÄTEN
L
2
3
3
3
3
4
4
4
4
4
4
5
5
5
5
5
5
5
5
5
5
5
5
5
5
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
6
ℓ+
1
0
1
1
1
0
1
1
1
1
2
0
0
1
1
1
1
1
1
1
1
2
2
2
2
0
1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
2
2
3
3
ℓ−
0
2
−2
−1
0
3
−3
−2
−1
0
−1
3
4
−4
−3
−3
−2
−1
0
1
2
−3
−2
−1
0
5
−5
−4
−4
−3
−2
−1
0
1
2
−3
−1
1
−2
−1
ℓz
−1
−1
0
−1
−2
−1
0
−1
−2
−3
−1
−2
−1
0
−1
1
−2
−3
−4
−3
−2
0
−1
−2
−3
−1
0
−1
1
−2
−3
−4
−5
−4
−3
−1
−3
−3
−1
−2
C = ωc /ωz
3/2
3/2
3/2
√
3
9/4
11/6
p
2 2/3
√
(3 5√+ 1)/4
6
19/6
√
(3 5 − 1)/4
17/12
9/4
√
5
√ 2/4
(2√7 + 1)/3
(2√7 − 1)/3
(3 2√+ 1)/2
11
33/8
3
3/2
√
5 3/6
√ 3/2
(3 2 − 1)/2
11/6
27/10
√
3 10/5
9/4
√ 3/2
2(√10 + 1)/3
3( 13√+ 1)/4
3 2
51/10
√ 4
(√ 5 + 9)/4
(5 √13 + 1)/12
3( 13√− 1)/4
(9
√ − 5)/4
(5 √13 − 1)/12
2( 10 − 1)/3
C≈
1,5000
1,5000
1,5000
1,7321
2,2500
1,8333
1,6330
1,9271
2,4495
3,1667
1,4271
1,4167
2,2500
1,7678
2,0972
1,4305
2,6213
3,3166
4,1250
3,0000
1,5000
1,4434
1,5000
1,6213
1,8333
2,7000
1,8974
2,2500
1,5000
2,7749
3,4542
4,2426
5,1000
4,0000
2,8090
15856
1,9542
1,6910
1,4190
1,4414
Tabelle 2.1: Tripel für die Instabilitäten
14
KAPITEL 2. AUFBAU UND THEORIE EINER PENNINGFALLE
Kapitel 3
Simulationen
Die Lösung der aus den physikalischen Gesetzen hergeleiteten Differentialgleichung
(2.10) kann mit numerischen Verfahren approximiert werden. Dazu stelle ich drei
einfache Iterationsverfahren vor, von denen das letzte in meinem Simulationsprogramm Verwendung fand.
3.1
Beschreibung der Verfahren
Allen Verfahren ist gemein, daß eine Zeit ∆t, die sog. Schrittweite, definiert wird,
die das infinitesimal kleine dt der Differentiation approximieren soll. Es ist zunächst
offensichtlich, daß eine Verkleinerung von ∆t den Fehler der Simulation verkleinern
wird, aber auch, daß dadurch die Rechenzeit in die Höhe getrieben wird.
3.1.1
Das explizite Euler-Verfahren
Dieses Verfahren ist dasjenige, welches man sich als erstes intuitiv überlegen würde. Beschreibt ~u den Ortsvektor eines Teilchens (Massepunkts), das der linearen
Differentialgleichung
d
~u = A~u
dt
mit einer konstanten (orts- und zeitunabhängigen) Matrix A genügt, so kann man
diese Beziehung durch
∆~u
= A~u
∆t
=⇒
∆~u = A~u ∆t
approximieren. Es ist hierbei nicht von Bedeutung, ob die Koordinaten von ~u tatsächlich alles „Orte“ sind. In unserer Anwendung wird es sich um einen Vektor ~u ∈ 4
handeln, der zwei Ortskoordinaten x und y und zwei Geschwindigkeitskoordinaten
ẋ und ẏ besitzt.
R
15
16
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
Ist nun ~u(0) ein Startvektor für das Teilchen, so ergibt sich der erste iterierte
Ortsvektor ~u(1) durch
~u(1) − ~u(0) = A~u(0) ∆t
=⇒
~u(1) = (E + A∆t)~u(0)
mit der Einheitsmatrix E. Daraus erhält man die allgemeine Iterationsvorschrift
~u(k+1) = (E + A∆t)~u(k)
3.1.2
für alle k ∈
N0 .
Das implizite Euler-Verfahren
In der Gleichung ~u(1) − ~u(0) = A~u(0) ∆t des expliziten Euler-Verfahrens ist A~u(0)
wegen der Differentialgleichung die Geschwindigkeit des Teilchens am Ort ~u(0) . Statt
dessen kann man auch die Geschwindigkeit A~u(1) vom (noch unbekannten) Ort ~u(1)
verwenden, d. h. die Iteration läuft nicht entlang der momentanen Geschwindigkeit,
sondern entlang der, die das Teilchen nach dem Schritt besitzt. Dies führt auf die
implizite Gleichung
~u(1) − ~u(0) = A~u(1) ∆t ,
die wir nach ~u(1) auflösen
~u(1) = (E − A∆t)−1~u(0)
3.1.3
=⇒
~u(k+1) = (E − A∆t)−1 ~u(k)
für alle k ∈
N0 .
Das implizite Mittelpunktsverfahren
Wie wir in den Anwendungen sehen werden, haben beide zuvor beschriebenden
Verfahren Nachteile. Diese umgeht man, indem man beim impliziten Mittelpunktsverfahren die Geschwindigkeit nimmt, die das Teilchen in der Mitte zwischen dem
Startpunkt ~u(0) und dem iterierten Punkt ~u(1) besitzt. Dazu setzt man das Verfahren aus zwei Iterationen mit Schrittweite ∆t/2 zusammen, und zwar zunächst einen
Halbschritt des impliziten Euler-Verfahrens
~u
(1/2)
−1
∆t
= E −A
~u(0)
2
gefolgt von einem Halbschritt des expliziten Euler-Verfahrens
∆t (1/2)
(1)
~u = E + A
~u
.
2
Zusammen ergibt sich also
~u
(k+1)
−1
∆t
∆t
E−A
~u(k)
= E+A
2
2
für alle k ∈
N0 .
3.2. BEISPIEL: ANWENDUNG AUF DIE KREISBAHN
3.2
17
Beispiel: Anwendung auf die Kreisbahn
Der Einfachheit halber betrachten wir zunächst nur die Kreisbahn. Wir nehmen
dazu unsere Matrix aus (2.10) und setzen δ = ωz = 0, so daß nur noch das statische
Magnetfeld wirkt. Dann hat A die Form


0 1 0 0
0 0 0 ωc 

A := 
0 0 0 1  .
0 −ωc 0 0
Diese Matrix besitzt das charakteristische Polynom
a −1 0 0 0 a 0 −ωc −ωc 2 2
2
2a
fA (a) = det(aE − A) = = a ωc a = a (a + ωc )
0
0
a
−1
0 ωc 0 a und daher die Eigenwerte
λ1;2 = 0 ,
λ3;4 = ±iωc .
Mit den Eigenvektoren ergibt sich das Fundamentalsystem

 
    
− cos ωc t
sin ωc t
0
1
0 0  ωc cos ωc t   ωc sin ωc t 

 
 , ,
0 1  cos ωc t  ,  sin ωc t 
ωc cos ωc t
−ωc sin ωc t
0
0
und aus der ersten und dritten Zeile die allgemeine Lösung für x und y
x
1
0
sin ωc t
− cos ωc t
x0 + r cos(−ωc t + ϕ)
= x0
+y0
+r1
+r2
=
.
y
0
1
cos ωc t
sin ωc t
y0 + r sin(−ωc t + ϕ)
(3.1)
Das ist die erwartete Lösung in einem statischen homogenen Magnetfeld.
Wir interessieren uns nun dafür, wie der erste iterierte Vektor ~u(1) bei geeignet
vorgegebenem ~u(0) in Abhängigkeit des verwendeten Verfahrens aussieht. In der
exakten Lösung (3.1) setzen wir −ωc t + ϕ =: α, die Terme für ẋ(0) und ẏ (0) ergeben
sich in natürlicher Weise durch Differentiation nach t zu


x0 + r cos α
 ωc r sin α 

~u(0) = 
 y0 + r sin α  .
−ωc r cos α
18
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
3.2.1
Lösung mit explizitem Euler-Verfahren
Für das explizite Euler-Verfahren lauten die Iterationsmatrix


1
∆t
0
0
0
1
0 ωc ∆t

S = E + A∆t = 
0
0
1 ∆t 
0 −ωc ∆t 0
1
und der erste iterierte Vektor
~u(1) = S~u(0)


x0 + r cos α + ωc r∆t sin α
 ωc r(sin α − ωc ∆t cos α) 

=
y0 + r sin α − ωc r∆t cos α  .
−ωc r(cos α + ωc ∆t sin α)
Der neue Abstand r ′ des Teilchens von (x0 , y0 ) lautet dann
(x(1) − x0 )2 + (y (1) − y0 )2 = (r cos α + ωc r∆t sin α)2 + (r sin α − ωc r∆t cos α)2
= r 2 + (ωc r∆t)2
p
=⇒ r ′ = r 1 + (ωc ∆t)2 > r ,
da ωc ∆t 6= 0. Der
p Radius der simulierten Kreisbahn nimmt also bei jeder Iteration
um den Faktor 1 + (ωc ∆t)2 > 1 zu. Ein Teilchen würde damit bei diesem Verfahren in einer Spiralbahn nach außen laufen. Dadurch, daß es eine tatsächlich stabile
Bahn instabil werden läßt, eignet es sich nicht, um unbekannte Bahnen auf deren
Stabilität zu testen.
3.2.2
Lösung mit implizitem Euler-Verfahren
Beim impliziten Euler-Verfahren sehen die Terme durch das Invertieren der Matrix
etwas komplizierter aus


1
γ∆t
0 γωc (∆t)2
0
γ
0 γωc ∆t 

S = (E − A∆t)−1 = 
0 −γωc (∆t)2 1
γ∆t 
0 −γωc ∆t 0
γ


x0 + r cos α + γωc r∆t(sin α − ωc ∆t cos α)


γωc r(sin α − ωc ∆t cos α)

~u(1) = S~u(0) = 
 y0 + r sin α − γωc r∆t(cos α + ωc ∆t sin α)  .
−γωc r(cos α + ωc ∆t sin α)
Darin ist
γ :=
1
.
1 + (ωc ∆t)2
19
3.2. BEISPIEL: ANWENDUNG AUF DIE KREISBAHN
Der neue Abstand r ′ des Teilchens von (x0 , y0 ) lautet dann
(x(1) − x0 )2 + (y (1) − y0 )2 = r cos α + γωc r∆t(sin α − ωc ∆t cos α)
=⇒
2
2
+ r sin α − γωc r∆t(cos α + ωc ∆t sin α)
2
= r 1 − γ(ωc ∆t)2 cos α + γωc r∆t sin α
2
+ r 1 − γ(ωc ∆t)2 sin α − γωc r∆t cos α
2
= r 2 1 − γ(ωc ∆t)2 + (γωc r∆t)2
= . . . = r2 · γ
r
r′ = p
< r,
1 + (ωc ∆t)2
da ωc ∆t 6= 0. Der
pRadius der simulierten Kreisbahn nimmt also bei jeder Iteration
um den Faktor 1 + (ωc ∆t)2 > 1 ab. Ein Teilchen würde damit bei diesem Verfahren in einer Spiralbahn nach innen laufen. Wenn man es auf unbekannte Bahnen
anwendet und dabei Instabilität beobachtet, dann ist man zumindest sicher, daß die
Bahn tatsächlich instabil ist; allerdings könnte eine stabile Simulation immer noch
über eine tatsächliche Instabilität hinwegtäuschen.
3.2.3
Lösung mit implizitem Mittelpunktsverfahren
Setzt man nun je ein Schritt des impliziten und ein Schritt des expliziten EulerVerfahrens zusammen, so wird ein gegebener Abstand r zuerst auf
r′ = p
r
1 + (ωc ∆t/2)2
verringert und dann wieder auf
r ′′ = r ′
p
1 + (ωc ∆t/2)2
vergrößert. Insgesamt gilt also r ′′ = r, d. h. wir erhalten: Das implizite Mittelpunktsverfahren simuliert Kreisbahnen exakt, und zwar unabhängig von der Zeitschrittweite ∆t. Damit ist das Verfahren bestens für Simulationen geeignet, bei denen man
kreisförmige Bahnen erwartet.
Man kann sich jetzt noch fragen, wie groß die Winkeländerung pro Iterationsschritt ist. Dazu wählen wir uns einen spezielleren Startvektor, nämlich das ~u(0) für
x0 = y0 = α = 0 und r = 1, d. h.


1
 0 

~u(0) = 
 0 .
−ωc
20
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
Dann ergibt sich
~u(1) = S~u(0)
mit


1 − 2γ(ωc ∆t/2)2
−1
 −2γωc (ωc ∆t/2) 
∆t
∆t

= E +A
E−A
~u(0) = 


−2γ(ωc ∆t/2)
2
2
2
−ωc + 2γωc (ωc ∆t/2)
γ :=
1
.
1 + (ωc ∆t/2)2
Daraus folgt für die Winkeländerung α bei der Iteration
y (1)
−2γ(ωc ∆t/2)
ωc ∆t
= arctan
= − arctan
(1)
2
x
1 − 2γ(ωc ∆t/2)
1 − (ωc ∆t/2)2
1
= −ωc ∆t + (ωc ∆t)3 + O (ωc ∆t)5 .
12
α = arctan
Die Winkeländerung der exakten Lösung ist −ωc ∆t, d. h. eine Iteration des Verfahrens dreht um den Winkel
1
∆α ≈ (ωc ∆t)3
12
zu wenig. Multipliziert man diesen Fehler mit der Anzahl N = 2π/ωc ∆t der Iterationen, die bei der exakten Lösung eine Umdrehung bedeuten würden, so ergibt sich
der Winkelfehler
π
N∆α ≈ (ωc ∆t)2 .
6
Der Winkelfehler für eine volle Rotation nimmt also mit ∆t quadratisch ab.
3.3
3.3.1
Penningfalle
Bewegung in der xy-Ebene
Nun gilt es, das implizite Mittelpunktsverfahren auf die Penningfalle mit der Matrix


0
1
0
0
 ωz2 /2
−2δ −β cos(ωc t) ωc 

A=

0
0
0
1 
−β cos(ωc t) −ωc
ωz2 /2
−2δ
aus Gleichung (2.11) anzuwenden. Die sich ergebende Matrix
S=
∆t
E+A
2
−1
∆t
E−A
2
21
3.3. PENNINGFALLE
wird dabei sehr kompliziert, so daß wir sie wie folgt aufteilen
S=
S0 + S1 β cos(ωc t) + S2 β 2 cos2 (ωc t)
,
a0 + a1 β cos(ωc t) + a2 β 2 cos2 (ωc t)
wobei die Matrizen S0 , S1 , S2 und die Zahlen a0 , a1 , a2 nun zeitunabhängig sind.
Die Berechnung mit dem Computeralgebrasystem Maple ergibt

1 + (4δ + (4δ 2 + ωc2 − ωz4 τ 2 /4)τ )τ
2(1 + (2δ − ωz2 τ /2)τ )τ

ωz2 (1 + (2δ − ωz2 τ /2)τ )τ
1 + (−ωc2 − 4δ 2 + ωz2 (2δ − ωz2 τ /4)τ )τ 2
S0 = 
2
3

−ωc ωz τ
−2ωc τ 2
−ωc ωz2 τ 2
−2ωc τ

ωc ωz2 τ 3
2ωc τ 2

ωc ωz2 τ 2
2ωc τ
,
2
2
4 2
2

1 + (4δ + (4δ + ωc − ωz τ /4)τ )τ
2(1 + (2δ − ωz τ /2)τ )τ
ωz2(1 + (2δ − ωz2τ /2)τ )τ
1 + (−ωc2 − 4δ 2 + ωz2 (2δ − ωz2 τ /4)τ )τ 2


ωc τ 2
0 (1 + 2δτ )τ τ 2

ωc τ
0
1 + 2δτ
τ
,
S1 = −2τ 
2
2
(1 + 2δτ )τ τ
−ωc τ
0
1 + 2δτ
τ
−ωc τ
0


τ 0 0 0

2 τ 0 0

S2 = τ 3 
0 0 τ 0 ;
0 0 2 τ
a0 = 1 + 4δ + −ωz2 + 4δ 2 + ωc2 + ωz2 (−2δ + ωz2 τ /4)τ τ τ ,
a1 = 0 ,
a2 = −τ 4 .
Darin ist zur Abkürzung τ := ∆t/2 gesetzt worden.
Ein wesentlicher Aspekt für die Implementierung des Verfahrens ist nun, daß
diese Matrizen und Zahlen für jeden Iterationsschritt dieselben sind und daher nur
einmal zu Beginn der Simulation berechnet werden müssen.
3.3.2
Bewegung in der z-Achse
Natürlich muß auch noch die z-Koordinate simuliert werden, auch wenn sie für
das Verhalten als Reaktion auf die Puffergaskühlung irrelevant ist. Die bekannte
Schwingungs-DGl z̈ = −ωz2 z − 2δ ż schreiben wir als System erster Ordnung
d
dt
z
0
1
z
z
=
=: A
,
ż
−ωz2 −2δ
ż
ż
22
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
woraus sich mit Maple
−1
∆t
∆t
S = E+A
E−A
2
2
1
1 + 2δτ − (ωz τ )2
2τ
=
−2ωz2 τ
1 − 2δτ − (ωz τ )2
1 + 2δτ + (ωz τ )2
ergibt.
3.4
Ergebnis der Simulation
Die Implementation der oben beschriebenen Verfahren in einem Programm für Turbo Pascal hat die folgenden Ergebnisse visualisiert. Dazu wurde ein 208 Pb+ -Ion
verwendet, für das q = e = 1,602 · 10−19 C und m = 208 u = 3,455 · 10−25 kg
gilt. Der Fallenradius beträgt ̺0 = 12,7 mm. Als Anfangsbedingungen seien immer
x(0) = 4 mm und y (0) = z (0) = ẋ(0) = ż (0) = 0 vorgegeben.
• Ein reines homogenes Magnetfeld ohne elektrisches Feld und Reibung führt zu
einer Kreisbahn, deren Frequenz gleich ωc ist und deren Mittelpunkt und Radius durch die Anfangsbedingungen gegeben sind. Der Kreismittelpunkt liegt
i. a. nicht im Fallenmittelpunkt, da dieser für das Ion keinen ausgezeichneten
Punkt mehr darstellt.
Aus B = 2,87 T folgt ωc = qB/m = 1,331 · 106 s−1 = 2π · 211,9 kHz. Eine Anfangsgeschwindigkeit von z. B. ẏ (0) = 5 km/s liefert eine stationäre Kreisbahn.
• Bei Hinzunahme einer Reibung wird die Zyklotronbewegung gedämpft, wodurch ihr Radius abnimmt. Es entsteht eine Spiralbahn nach innen.
Mit den vorherigen Werten und einem Reibungskoeffizient von z. B. k = 3 ·
10−22 Ns/m sieht man, wie das Teilchen nach innen läuft.
• Für ein Magnetfeld und elektrisches Feld ohne Reibung, d. h. für die ideale
Penningfalle, entsteht die Überlagerung aus Magnetron- und reduzierter Zyklotronbewegung. Diese Bewegung verläuft immer um den Fallenmittelpunkt,
~ = ~0 ausgezeichnet ist. Unterschiedliche Anfangsbedinda dieser jetzt durch E
gungen führen zu verschiedenen Verhältnissen r+ /r− der beiden Radien der
Bewegungen.
Mit den vorherigen Werten für B und ωc ergeben sich mit U0 = 52 V die
Frequenzen ωz = 5,469 · 105 s−1 = 2π · 87,04 kHz, ω+ = 1,207 · 106 s−1 =
2π · 192,1 kHz und ω− = 1,239 · 105 s−1 = 2π · 19,71 kHz. Wegen ωc /ω− ≈ 10
muß auch die Anfangsgeschwindigkeit grob auf ein Zehntel reduziert werden,
d. h. ẏ (0) = 500 m/s.
23
3.4. ERGEBNIS DER SIMULATION
• Bei Hinzunahme einer Reibung wird die reduzierte Zyklotronbewegung gedämpft, wodurch ihr Radius abnimmt, die Magnetronbewegung hingegen weitet sich auf, bis das Ion auf die Elektroden trifft und verloren geht.
Mit den Frequenzen von zuvor und der Reibung k = 3 · 10−22 Ns/m kann man
dies deutlich beobachten. Dabei stellt man fest, daß Abnahme des Zyklotronradius relativ schnell abläuft, wohingegen das Aufweiten der Magnetronbahn
deutlich langsamer stattfindet.
• Strahlt man nun zum Puffergaskühlen die Frequenz ωc = ω+ + ω− ein, dann
verkleinert sich die Magnetronbahn deutlich schneller als es die Zyklotronbewegung tut, so daß die Zyklotronbahn nach einiger Zeit den Fallenmittelpunkt
umschlingt. Der Magnetronradius wird schließlich sogar 0, währenddessen der
große Zyklotronradius gedämpft wird; danach setzt die Magnetronbewegung
wieder ein und r+ nimmt auf 0 ab, was sich fortan periodisch wiederholt.
Um ein solches Verhalten zu sehen, muß man allerdings ein wenig mit den
Parametern, im wesentlichen mit k und V0 , der Kopplungsamplitude, experimentieren. In vielen Fällen wird nämlich der Magnetronradius nicht schneller
kleiner als der der Zyklotronbahn, so daß man keine Oszillationen sieht. Die
vorherigen Einstellungen mit V0 = 2 V jedoch liefern eine Bewegung, wie sie
oben beschrieben ist.
Eigentlich sollte man erwarten, daß man den Wert für k bei der Puffergaskühlung
deutlich erhöhen muß. Offensichtlich ist aber der Wert k = 3 · 10−22 Ns/m schon
ein geeigneter Druck für eine solche Puffergas-Atmosphäre, was bedeutet, daß die
Simulation ohne Einstrahlung von ωc mit viel zu hohem Druck stattgefunden hat.
Die Verweilzeit des Ions in der Falle war dort nur etwa T ≈ 10 ms, was im Vergleich
zum UHV im Experiment natürlich mehrere Größenordnungen zu wenig ist.
Läßt man die Simulation ohne Kopplungsfrequenz mit verschiedenen Werten
von k laufen, so erhält man für die Verweildauer T des Ions in der Falle die in
der Tabelle angegebenen Daten. Da die letzte Simulation bereits 15 Minuten bis
zum Verlorengehen des Ions lief, ist es nicht weiter sinnvoll, die Reibung k um eine
weitere Größenordnung zu reduzieren. Vielmehr spiegeln die Daten mit sehr guter
Genauigkeit den Zusammenhang k · T = const. wider.
Aus dem experimentell realistischen Wert T = 1000 s folgt durch Extrapolation
kUHV ≈ 3 · 10−27 Ns/m; das ist um fünf Größenordnungen weniger als das k, das mit
k in Ns/m
3 · 10−21
3 · 10−22
3 · 10−23
3 · 10−24
T in ms
0,955
9,552
95,51
955,1
Tabelle 3.1: Zusammenhang zwischen Reibung k und Verweildauer T
24
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
Puffergaskühlen eine sinnvolle Simulation erzielte. Das stimmt mit der Erfahrung
überein, daß das UHV im Bereich von 10−9 mbar liegt und die Puffergaskühlung bei
10−4 bis 10−5 mbar gut funktioniert. Eine grundsätzliche Schwierigkeit bei derartigen Simulationen ist es, den Reibungskoeffizienten k über den gemessenen Druck p
abzuschätzen. Der Vergleich von Simulation und Experiment liefert hier eine Proportionalität k ∝ p mit k ≈ 3 · 10−27 Ns/m =
b p ≈ 10−9 mbar.
3.5
Instabilitäten
Die Matrix A der xy-Bewegung besteht aus vier Beiträgen, nämlich ωc für das homogene Magnetfeld B, ωz2 /2 für die Gleichspannung U0 , 2δ für die Reibung und
β cos(ωc t) für die Wechselspannung V0 des Puffergaskühlens. Um jedoch die Instabilitäten in der realen Falle simulieren zu können, muß man die entsprechenden
Zusatzterme betrachten.
Die eine Variante ist, die Quadrupolterme aus Gleichung (2.12) zu berücksichtigen, mit denen alle Arten von unpräziser Montage in erster Näherung beschrieben
werden. Das elektrische Potential sieht dann wie folgt aus
U0
x2 + y 2 − 2z 2
2V0
Φ=
1−
+ 2 xy cos(ωc t) + α11 x4 + α22 y 4 + 2α12 x2 y 2 .
2
2
̺0
̺0
Das typische Vorgehen, nämlich den Gradienten von Φ und damit die Kraft durch
eine Taylorentwicklung erster Ordnung zu linearisieren, führt hier natürlich nicht
zum Ziel, weil dann genau die gewünschten Terme wieder herausfallen. Man müßte
daher auf Verfahren ausweichen, die nicht nur lineare Systeme der Form dr(t)/dt =
Ar(t), sondern nichtlineare lösen können. Dazu gehören z. B. das mehrdimensionale
Newton-Verfahren, dessen Implementation allerdings wieder deutlich mehr Aufwand
erfordert. Außerdem müßte man sehen, ob dieser Algorithmus dann auch wieder für
die stabilen Bahnen (k = 0) stabil bleibt.
Die andere Variante ist das Simulieren mehrerer Teilchen gleichzeitig. Bei n Ionen
sähe das i-te Ion, 1 ≤ i ≤ n, das Potential
n
x2i + yi2 − 2zi2
2V0
1 X
U0
1
1−
+ 2 xi yi cos(ωc t) +
Φi =
,
2
2
̺0
̺0
4πε0 j=1 |~ri − ~rj |
j6=i
zu welchem ebenfalls eine nichtlineare Kraft gehört. Hier tritt also einerseits dasselbe
Problem wie in der ersten Variante auf, hinzu kommt aber noch, daß möglicherweise
sehr viele Ionen (n ≫ 10) parallel simuliert werden müssen, damit sichtbare Effekte
auftreten. Wie viele Ionen man tatsächlich betrachten muß, ist von vornherein nicht
leicht abzuschätzen.
Aufgrund der oben beschriebenen Schwierigkeiten wurden in der Simulation noch
keine Instabilitäten beobachtet. Das Programm ist jedoch soweit fertiggestellt, daß
3.5. INSTABILITÄTEN
25
ein numerisches Verfahren zur Approximation der Lösung eines nichtlinearen Differentialgleichungssystems implementiert werden kann. Dieses kann dann nicht mehr
als du(t)/dt = Au(t) mit einer Matrix A formuliert werden, sondern nur noch als
du(t)/dt = F (u(t)) mit nichtlinearem F . Um ein implizites Verfahren darauf anwenden zu können, ist man gezwungen, das Newton-Verfahren zu implementieren.
Näheres dazu in [Han02].
26
KAPITEL 3. SIMULATIONEN
Kapitel 4
Das Element Blei
4.1
Vorkommen und Eigenschaften von Blei
Blei ist ein glänzendes, silbergraues, weiches Schwermetall, das in der Natur im
wesentlichen als Bleiglanz vorkommt, einem Erz aus kubischen grauen Kristallen
von Blei(II)-sulfid (PbS). Mit 0,0018 % Massenanteil in der Erdhülle steht Blei auf
Platz 35 in der Liste der häufigsten Elemente. Aus seinem Sulfid wird es durch das
Röstreduktionsverfahren gewonnen
PbS +
PbO +
3
2
O2
CO
−→
−→
PbO + SO2 ,
Pb + CO2 .
Diese Reaktionen laufen in einem Schachtofen bei 1000 ◦ C ab.
Der deutsche Name „Blei“ geht auf das indogermanische Wort „bhlei“ (glänzen,
leuchten) zurück. Entdeckt wurde Blei schon etwa 7000 v. Chr.; erst im Jahre 1814
schlug J. J. Berzelius das chemische Symbol „Pb“ von lateinisch „plumbum“ vor. Verwendung findet Blei heutzutage in Akkumulatoren, Lagern und Buchdruckplatten,
Ordnungszahl:
Atomgewicht:
Dichte (bei 20 ◦ C):
Kristallstruktur:
Schmelztemperatur:
Siedetemperatur:
Härte (nach Mohs):
Atomradius:
Oxidationszahlen:
Elektronegativität (nach Pauling):
Elektronenkonfiguration:
erste Ionisationsenergie:
82
207,2 u
11,35 g/cm3
kubisch flächenzentriert
327,5 ◦ C
1740 ◦ C
1,2
1,75 Å
2 und 4
1,8
[Xe] 4f14 5d10 6s2 6p2
7,42 eV
Tabelle 4.1: Eigenschaften von natürlichem Blei
27
28
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Pb
Pb
207
Pb
208
Pb
204
206
1,4 %
24,1 %
22,1 %
52,4 %
I
I
I
I
=0
=0
= 1/2
=0
Tabelle 4.2: stabile Bleiisotope
aber auch in Kabelummantelungen, Isolierungen, Dichtungen und Rohrleitungen
sowie zum Abschirmen gefährlicher radioaktiver Strahlung.
Die Eigenschaften das natürlich vorkommenden Bleigemischs (bestehend aus
mehreren Isotopen) sind in der Tabelle angegeben. Blei steht im Periodensystem
der Elemente in der vierten Hauptgruppe, was insbesondere die (allerdings seltenere) Oxidationszahl 4 erklärt. An der Luft oxidiert Blei zu PbO und reagiert dann mit
deren Wasserdampf zu Pb(OH)2 . Dieses reagiert mit Kohlendioxid unter Abspaltung
von Wasser zu PbCO3 , was schließlich eine weitere Oxidation verhindert.
4.2
Die verschiedenen Bleiisotope
In der Natur kommen vier verschiedene Bleiisotope vor, und zwar mit in der Tabelle
angegebenen Häufigkeiten und Kernspins I. Bis auf das leichteste Isotop sind sie
die Endprodukte von α-Zerfallsketten, entweder von 235 U bzw. 238 U (Uran) oder
von 232 Th (Thorium). Die Bleiatome sind ziemlich stabil, da ihre Protonenzahl 82
magisch ist. Der Kern von 208 Pb ist mit 126 Neutronen sogar doppelt magisch.
Neben diesen stabilen Isotopen des Bleis gibt es noch viele radioaktive, nämlich
mit in der Tabelle angegebenen Halbwertszeiten T1/2 , Zerfallsarten und Kernspins
I. Darin stehen wie gewohnt α für α-Zerfall, β für β-Zerfall und ε für Elektroneneinfang.
Pb:
Pb:
202
Pb:
203
Pb:
205
Pb:
209
Pb:
210
Pb:
211
Pb:
212
Pb:
213
Pb:
214
Pb:
200
201
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
T1/2
= 21,5 h
= 9,33 h
= 5,25 · 104 a
= 2,16 d
= 1,53 · 107 a
= 3,25 h
= 22,3 a
= 36,1 min
= 10,64 h
= 10,2 min
= 26,8 min
ε
ε
ε (auch α)
ε
ε
β
β (auch α)
β
β
β
β
Tabelle 4.3: instabile Bleiisotope
I
I
I
I
I
I
I
I
I
I
I
=0
= 5/2
=0
= 5/2
= 5/2
= 9/2
=0
= 9/2
=0
= 9/2
=0
4.3. DAS ION
4.3
208
PB+
Das Ion
29
208
Pb+
Das einfach ionisierte Bleiion
guration
208
Pb+ besitzt im Grundzustand die Elektronenkonfi-
1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 4s2 3d10 4p6 5s2 4d10 5p6 6s2 4f14 5d10 6p1 ,
von der im Experiment nur das energiereichste Elektron im 6p-Orbital von Interesse
ist. Das Energieniveau dieses Elektrons unterliegt der Feinstrukturaufspaltung und
dem anomalen Zeeman-Effekt, was im folgenden näher betrachtet werden soll.
4.3.1
Normaler Zeeman-Effekt
Wir betrachten das Modell, bei dem die Bewegung des Elektrons als Kreisbahn in
der xy-Ebene um den Atomkern beschrieben wird. Mit der Umlaufdauer T ergeben
sich Strom I und magnetisches Moment ~µe zu
ev
−e
~ = Iπr 2~ez = − evr ~ez .
=−
, ~µe = I A
I=
T
2πr
2
Vergleicht man diese Gleichung mit dem Bahndrehimpuls ~ℓ gegeben durch
~ℓ = ~r × p~ = me rv~ez ,
so folgt
~µe = −
e ~
ℓ.
2me
~ erhält man für die potentielle Energie E eines
In einem äußeren Magnetfeld B
magnetischen Dipols die Beziehung
~ = e ~ℓ · B
~.
E = −~µe · B
2me
~ = Bz ~ez , dann folgt mit der
Ist das Magnetfeld parallel zur z-Achse gerichtet, d. h. B
Drehimpulsquantisierung ℓz = mℓ ~
E=
e~
mℓ Bz = µB mℓ Bz
2me
mit dem Bohrschen Magneton
µB =
e~
J
= 9.27402 · 10−24 .
2me
T
Die ohne äußeres Magnetfeld entarteten 2ℓ + 1 Zustände für die Quantenzahlen
(n, ℓ) spalten in einem Magnetfeld äquidistant in 2ℓ + 1 Zeeman-Komponenten mit
dem von n und ℓ unabhängigen Energieunterschied
∆E = µB Bz
auf. Diesen Effekt bezeichnet man als normalen Zeeman-Effekt.
30
4.3.2
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Feinstruktur
Die Experimente von Otto Stern, Walter Gerlach und Wander Johannes de Haas
zeigten, daß das Elektron mehr als ein Punkt mit Masse und Ladung ist. Seitdem
wird dem Elektron ein Spin s = 1/2 zugeschrieben, der wie ~ℓ als Drehimpulsvektor
aufgefaßt werden kann. Daher gehört auch zu ~s ein magnetisches Moment µ
~ s , und
die Frage
|~µℓ |
µB
|~µs |
γℓ =
=
, γs =
=?
(4.1)
~
|~s |
|~ℓ |
nach dem gyromagnetischen Verhältnis γs beantwortete de Haas mit γs = 2γℓ , d. h.
das Verhältnis von magnetischem Moment zu mechanischem Drehimpuls ist beim
Elektronenspin doppelt so groß wie beim Bahndrehimpuls. Der Faktor ge ≈ 2 in
~µs = −ge
µB
~s
~
(4.2)
heißt der Landé-Faktor.
Die Feinstruktur ist der Effekt, der Energieniveaus mit ℓ ≥ 1 in zwei Spektrallinien aufspaltet. Die Ursache ist, daß sich das magnetische Moment des Elektronenspins im vom Bahndrehimpuls erzeugten Magnetfeld bewegt, ähnlich wie sich beim
normalen Zeeman-Effekt das magnetische Moment des Bahndrehimpulses in einem
äußeren Magnetfeld bewegt hat. Dazu muß zunächst das von ~µℓ erzeugte Magnetfeld
~ ℓ berechnet werden. Für das Koordinatensystem, in dem das Elektron im Ursprung
B
ruht, ergibt sich mit dem Gesetz von Biot-Savart
~ ℓ = µ0 Ze ~ℓ .
B
4πr 3 me
Mit der Gleichung (4.2) folgt dann
2
~ ℓ = ge µ0 Ze ~s · ~ℓ .
−~µs · B
8πm2e r 3
Die Lorentzrücktransformation ins Schwerpunktsystem liefert einen zusätzlichen sog.
Thomas-Faktor 1/2, so daß gilt
2
1
~ ℓ = ge µ0 Ze ~s · ~ℓ .
∆E = − µ
~s · B
2
16πm2e r 3
Bildet man die Vektorsumme ~ = ~ℓ + ~s als Gesamthüllendrehimpuls, dann kann
man das Skalarprodukt ~ℓ · ~s schreiben als
~ℓ · ~s = 1 2~ℓ · ~s = 1 ~ℓ + ~s 2 − ~ℓ 2 − ~s 2 = 1 ~ 2 − ~ℓ 2 − ~s 2 .
(4.3)
2
2
2
Mit den quantisierten Beträgen der Drehimpulse
p
p
|~ℓ | = ℓ(ℓ + 1) ~ , |~s | = s(s + 1) ~ ,
|~ | =
p
j(j + 1) ~
4.3. DAS ION
208
PB+
31
ergibt sich für die Energien
En,ℓ,j = En +
a
j(j + 1) − ℓ(ℓ + 1) − s(s + 1)
2
mit der Spin-Bahn-Kopplungskonstanten
a=
ge µ0 Ze2
.
16πm2e r 3
Selbstverständlich ist der Abstand r des Elektrons vom Kern quantenmechanisch
nicht bekannt; vielmehr muß mit Hilfe der Wellenfunktionen der Erwartungswert
Z
1
ge µ0 Ze2
∗
ψn,ℓ,m
ψn,ℓ,mℓ d3 x
hai =
ℓ 3
2
16πme
r
berechnet werden. Führt man dieses Integral mit den Wasserstoffwellenfunktionen
ψ aus, so ergibt sich
Z 2 α2
hai = |En |
nℓ(ℓ + 1/2)(ℓ + 1)
mit der Sommerfeldschen Feinstrukturkonstanten
α=
4.3.3
1
µ0 ce2
≈
.
4π~
137
Anomaler Zeeman-Effekt
Bei Berücksichtigung des magnetischen Spinmoments ~µs des Elektrons ist die Aufspaltung der Energiezustände durch ein äußeres Magnetfeld meist anders als beim
normalen Zeeman-Effekt.
Letzterer tritt dann auf, wenn mehrere Elektronen zu ei~ = P ~si = ~0 koppeln. Ohne äußeres Magnetfeld bleiben ~ und µ
nem Gesamtspin S
~j
i
im elektrischen Zentralkraftfeld des Kerns zeitlich konstant. In einem äußeren Ma~ = Bz ~ez jedoch präzidieren beide wegen des auftretenden Drehmoments
gnetfeld B
~
~ um die z-Achse. Auch hier gilt die Quantenbedingung jz = mj ~ mit
D = ~µj × B
−j ≤ mj ≤ j.
Aus
µB
ge µB
~µℓ = − ~ℓ , ~µs = −
~s
~
~
folgt für das magnetische Gesamtmoment
~µj = ~µℓ + ~µs = −
µB ~
ℓ + ge~s .
~
~ j präzidiert auf einem Kegelmantel um −~ als Achse. Als Mittelwert ergibt sich die
µ
Projektion
~µj · ~
µB
~ℓ · ~ + ge~s · ~ .
h~µj i =
= −p
|~ |
j(j + 1) ~2
32
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Wie in Gleichung (4.3) ergeben sich die beiden Skalarprodukte zu
~ℓ · ~ = 1 ~ 2 + ~ℓ 2 − ~s 2 ,
2
Mit ge ≈ 2 folgt weiter
~s · ~ =
1 2 ~2
~ − ℓ + ~s 2 .
2
j(j + 1) + ℓ(ℓ + 1) − s(s + 1) + 2j(j + 1) − 2ℓ(ℓ + 1) + 2s(s + 1)
p
µB
2 j(j + 1)
µB
3j(j + 1) − ℓ(ℓ + 1) + s(s + 1) µB
~ = −gj ~
=−
2j(j + 1)
~
~
h~µj i = −
mit dem gj -Faktor
gj = 1 +
j(j + 1) − ℓ(ℓ + 1) + s(s + 1)
.
2j(j + 1)
(4.4)
Mit jz = mj ~ ist die z-Komponente des magnetischen Moments
h~µj iz = −mj gj µB ,
~ = Bz ~ez gilt
und für die Energieverschiebung bei Anwesenheit des Magnetfeldes B
∆Emj = −h~µj iz Bz = mj gj µB Bz .
Die Energiedifferenz zweier Zeeman-Linien beträgt also gj µB Bz und hängt von den
Quantenzahlen j und ℓ ab. Die Aufspaltung ist daher komplizierter als beim normalen Zeeman-Effekt und trägt den Namen anomaler Zeeman-Effekt.
4.3.4
Termschema von
208
Pb+
Beim Ion 208 Pb+ befindet sich ein Elektron im 62 p1/2 -Zustand; durch ein Photon
entsprechender Energie kann es entlang des magnetischen Dipolübergangs in 62 p3/2
angeregt werden. Der Index 1/2 bzw. 3/2 beschreibt die Quantenzahl j, der Exponent die Spinmultiplizität 2S + 1 = 2. Letztere ist immer 2, da es sich nur um ein
Elektron handelt, so daß S = s = 1/2 gilt. Die Wellenlänge des Übergangs beträgt
λ = 710 nm, liegt also im roten Bereich des sichtbaren Lichts.
In einem Magnetfeld von B = 2,87 T spalten durch den anomalen Zeeman-Effekt
beide Feinstrukturniveaus in Zeeman-Komponenten auf, und zwar für j = 1/2 in
zwei und für j = 3/2 in vier Linien. Diese liegen äquidistant und sollten nach
Abschnitt 4.3.3 den Abstand ∆E = gj µB B haben. Mit Gleichung (4.4) ergibt sich
gj = 2/3 und gj∗ = 4/3 für den Grund- und angeregten Zustand. Diesen Werten
zufolge besitzen die Zeeman-Linien im Grundzustand theoretisch einen Abstand
von
∆E = 1,774 · 10−23 J =⇒ ν = 26,78 GHz
4.3. DAS ION
208
PB+
62 p3/2
.
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2
.
33
gj = 4/3
6
6p
6 p1/2
710 nm
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+3/2
6
6 6
gj = 2/3
+1/2
53,3 GHz
?
6 6
π
σ−
....
.....
.....
......
.....
.
.
.
.
....
..........
......
.....
.....
......
.....
.....
..
Abbildung 4.1: Termschema von
−1/2
−3/2
6
σ+
?
6
mj
6
+1/2
26,7 GHz
?
208 Pb+
−1/2
34
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
und im angeregten Zustand den doppelten Wert
∆E = 3,548 · 10−23 J
=⇒
ν = 53,56 GHz .
Obwohl die hergeleitete Formel streng nur für das Wasserstoffatom gilt, stimmen
die Werte doch erstaunlich gut mit den experimentellen Daten überein.
Im Diagramm sind sechs Übergänge mj → m∗j eingezeichnet, jeweils zwei mit
∆mj = −1 (σ − -Licht), ∆mj = 0 (π-Licht) und ∆mj = +1 (σ + -Licht). Die beiden
anderen besitzen ∆mj = −2 bzw. ∆mj = +2 und sind daher verboten. Von den
kombinatorisch acht möglichen Übergängen können also nur sechs angeregt werden.
4.4
Das Ion
207
Pb+
Das Ion 207 Pb+ hat eine ungerade Anzahl an Nukleonen und damit einen nichtverschwindenden Kernspin. Deshalb tritt ein weiterer Effekt im Spektrum auf, den wir
kurz diskutieren wollen.
4.4.1
Hyperfeinstruktur
Protonen und Neutronen sind wie das Elektron Fermionen und besitzen einen Spin
von 1/2. Je nachdem, wie die Spins der Nukleonen koppeln, bleibt ein resultierender
Kernspin I~ übrig, insbesondere dann, wenn deren Anzahl ungerade ist. Analog zum
Hüllendrehimpuls ~ kann er als quantenmechanischer Drehimpuls aufgefaßt werden,
und mit der Kernspinquantenzahl I gilt die Beziehung
p
|I~ | = I(I + 1) ~ .
Die Projektion Iz auf die z-Achse kann die 2I + 1 verschiedenen Werte Iz = mI ~ für
−I ≤ mI ≤ I annehmen.
Auch der Kern besitzt ein magnetisches Moment
~µI = gI
µK ~
I,
~
wobei das Kernmagneton durch
µK =
e~
me
J
=
µB = 5.05079 · 10−27
2mp
mp
T
definiert ist. Der dimensionslose Faktor gI heißt der Kern-g-Faktor. Wie in (4.1)
spricht man auch hier vom gyromagnetischen Verhältnis γI = |~µI |/|I~ | = gI µK /~ als
Quotient zwischen magnetischem Moment und Drehimpuls.
~ das Magnetfeld, das das Elektron mit Gesamtdrehimpuls ~ am Ort des
Ist B
Kerns erzeugt, dann gilt für die Energieverschiebung
~ = −|~µI |B cos ∢(~, I~ ) .
∆E = −~µI · B
4.4. DAS ION
207
PB+
35
Mit der Vektorsumme F~ = ~ + I~ erhält man analog zu Gleichung (4.3)
~ · I~ =
und daraus mit |F~ | =
p
F (F + 1) ~
1 ~2
F − ~ 2 − I~ 2
2
~ · I~
F (F + 1) − j(j + 1) − I(I + 1)
p
=
cos ∢(~, I~ ) =
.
2 j(j + 1)I(I + 1)
|~ | |I~ |
Schließlich ergibt sich damit
F (F + 1) − j(j + 1) − I(I + 1)
gI µK p
p
I(I + 1) ~ · B ·
~
2 j(j + 1)I(I + 1)
A
F (F + 1) − j(j + 1) − I(I + 1)
=
2
∆E = −
mit der Hyperfein-Kopplungskonstanten
gI µK B
A= p
.
j(j + 1)
Die Berechnung von A gestaltet sich häufig äußerst mühsam, da das auf den Kern
~ i. a. nicht leicht zugänglich ist.
wirkende Magnetfeld B
4.4.2
Hyperfeinstruktur und Magnetfeld
Befindet sich ein Atom, das Hyperfeinstrukturaufspaltung zeigt, in einem äußeren
Magnetfeld, dann unterliegen nicht die Feinstrukturkomponenten, sondern die Hyperfeinstrukturkomponenten der Zeeman-Aufspaltung. Da j keine gute Quantenzahl
~ sondern durch
mehr ist, werden die Energieverschiebungen nicht mehr durch ~µj · B,
~ bestimmt. Allerdings muß man zwischen schwachen und starken Feldern un~µF · B
terscheiden.
In schwachen Feldern tritt genau der gerade beschriebene Fall ein. Das äußere
Magnetfeld koppelt an das Gesamtmoment ~µF = ~µj + ~µI , und eine Hyperfeinstrukturkomponente mit der Quantenzahl F spaltet in 2F +1 äquidistante Zeeman-Linien
auf. Analog zu mj führt man mF mit −F ≤ mF ≤ F ein. Die Liste der Energieniveaus besteht aus Paketen, die durch F charakterisiert sind, und innerhalb jedes
Pakets nimmt die Energie mit steigendem mF zu.
Ist das äußere Magnetfeld jedoch stark, d. h. ist die Wechselwirkung von µ
~ j bzw.
~
~
~µI mit B stärker als die von ~ und I untereinander, dann beobachtet man den
sog. Paschen-Back-Effekt für die Hyperfeinstrukturaufspaltung. Die Drehimpulskopplung von ~ und I~ zu F~ wird aufgehoben; statt dessen werden j und I wieder
gute Quantenzahlen. Damit wirkt im Prinzip auf j und I separat der Zeeman-Effekt.
36
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Anschaulich bedeutet das, daß die Zeeman-Aufspaltung zunächst genauso aussieht
wie bei einem Atom ohne Hyperfeinstruktur. Die dort auftretenden Zeeman-Linien
der Feinstruktur spalten dann zusätzlich unabhängig von mj in 2I + 1 Unterniveaus
mit −I ≤ mI ≤ I auf. Man kann also sagen, daß bei starken Feldern der ZeemanEffekt der Hyperfeinstruktur zur Hyperfeinstruktur des Zeeman-Effekts wird. (Der
Paschen-Back-Effekt tritt bei noch stärkeren Feldern auch bei der Feinstruktur auf,
wo er dann ~ℓ und ~s entkoppelt.)
Der Übergang vom „schwachen“ zum „starken“ Feld verläuft natürlich nicht
sprunghaft; vielmehr gibt es einen komplizierten Übergangsbereich zwischen den
beiden diskutierten Extremfällen. Für einen speziellen Fall, nämlich für j = 1/2,
läßt sich dieser Bereich jedoch analytisch beschreiben. Dies geschieht mit der sog.
Breit-Rabi-Formel
r
4mF
1
A
∆E0
∆E B, F = I ± , mF = − + mF gI µK B ±
x + x2
1+
2
4
2
2I + 1
gj µB − gI µK
1
mit x =
,
B , ∆E0 = A I +
∆E0
2
die wir hier ohne Herleitung angeben wollen.
4.4.3
Termschema von
207
Pb+
Das Termschema von 207 Pb+ ist auf der nächsten Seite schematisch dargestellt.
Ganz links und ganz rechts befindet sich (dasselbe) 6p-Orbital, das in die beiden
Feinstrukturkomponenten mit j = ℓ − s = 1/2 (unten) und j = ℓ + s = 3/2 (oben)
aufspaltet.
Die links gezeigte weitere Aufspaltung ist nun die im schwachen Magnetfeld, in
dem die Kopplung von ~ und I~ zu F~ erhalten bleibt. Da 207 Pb+ einen Kernspin von
I = 1/2 besitzt, spalten beide Feinstrukturniveaus je in zwei Hyperfeinlinien mit
F = j ± I auf. Für j = 1/2 ist der A-Faktor der Hyperfeinstruktur sehr präzise von
X. Feng im Jahre 1993 in einer Paulfalle gemessen worden, siehe dazu [Fen93]. Das
Experiment ergab
A = 12 968 180 604.61 (22) Hz ,
der relative Fehler ist also im Bereich von 10−11 . Jedes Hyperfeinniveau mit Quantenzahl F unterliegt schließlich noch dem Zeeman-Effekt, wodurch jeweils 2F + 1
durch mF charakterisierte, äquidistante Zeeman-Linien entstehen.
Die rechte Hälfte zeigt das Termschema im starken Magnetfeld. Hier tritt der
Paschen-Back-Effekt der Hyperfeinstruktur auf, der die Kopplung von I~ und ~ zu
F~ aufhebt. Statt dessen beobachtet man wie beim 208 Pb+ -Ion, daß die durch j charakterisierten Feinstrukturniveaus direkt der Zeeman-Aufspaltung unterliegen. Für
jedes mj entstehen dann zwei weitere Linien, die auf dem Zeeman-Effekt vom Kernmoment beruhen; ein Niveau für mI = +1/2 und eines für mI = −1/2. Deren
4.4. DAS ION
207
PB+
37
+2
2
3/2
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+1
0
−1
−2
+1
1
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0
−1
j
F
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+1/2 ..
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+3/2 ..
−1/2
+1/2 ...... +1/2
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−1/2
−1/2 ......
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−1/2
+1/2
−1/2 ..
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...........................
3/2
−3/2
+1/2
mF
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mI
mj
j
+1
1
1/2
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0
−1
0
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0
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.....................
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.............................
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.................................
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..............
.......................
+1/2 ...... +1/2
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..........
−1/2
−1/2 ......
..........
........
..........
..........
+1/2
Abbildung 4.2: Termschema von
207 Pb+
−1/2
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1/2
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38
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Abstände werden u. a. durch den gI -Faktor bestimmt. Wesentlich ist, daß für negative Werte von mj die Energie für mI = +1/2 kleiner als die für mI = −1/2
ist.
Selbstverständlich kann die Gesamtanzahl der Niveaus links und rechts nicht unterschiedlich sein, d. h. zu jedem Tripel (j, F, mF ) links muß es genau ein zugehöriges
Tripel (j, mj , mI ) rechts geben. Auch wenn mF im Paschen-Back-Bereich keine gute
Quantenzahl ist, muß jedoch trotzdem mF = mj + mI gelten. Unter Beachtung dieser Übereinstimmung lassen sich die korrespondierenden Linien leicht finden, wie es
im mittleren Bereich des Diagramms geschehen ist. Dabei fällt auf, daß sich einige
Linien kreuzen, d. h. daß es Niveaus E1 , E2 gibt, für die im Zeeman-Bereich E1 < E2
und im Paschen-Back-Bereich E1 > E2 gilt.
Wesentlich ist, daß für die niederenergetische Feinstrukturlinie j = 1/2 gilt,
so daß der Einfluß des Magnetfelds auf die Energieniveaus durch die Breit-RabiFormel beschrieben werden kann. Ferner stellt man fest, daß es in der Gleichung
eine Vorzeichenungenauigkeit gibt. Für F = I + 1/2 = 1 und mF = −F = −1 ergibt
sich nämlich
A
∆E0 √
∆E0
A
∆E(B) = − − gI µK B +
|1 − x| .
1 − 2x + x2 = − − gI µK B +
4
2
4
2
Da x ≥ 0 linear von B abhängt, beschreibt der letzte Term (für x ≤ 1) eine Gerade.
Steigt das Magnetfeld weiter, d. h. wird x > 1, so gilt |1 − x| = x − 1, und die
Gerade macht einen Knick nach oben. Das kann aber nicht sein, weil die Linie für
mF = −1 von F = 1 zu der Linie von F = 0 herunterlaufen muß. Das wird auch im
folgenden Diagramm deutlich. Darin sind auf der y-Achse die Energieverschiebungen
∆E in Gigahertz gegen das Magnetfeld B in Tesla auf der x-Achse aufgetragen. Um
Abbildung 4.3: Visualisierung der Breit-Rabi-Formel
4.4. DAS ION
207
PB+
39
die Abhängigkeit deutlich zu machen, sind für gI = 0 durchgezogene, für gI = 50
gestrichelte Linien gezeichnet. Dies ist die korrigierte Version, in der für mF = −F
vor der Wurzel in der Breit-Rabi-Formel ein geeigneter Vorzeichenwechsel für x > 1
eingefügt wurde.
40
KAPITEL 4. DAS ELEMENT BLEI
Kapitel 5
Beschreibung des Experiments
Das Herzstück des Experiments ist eine Penningfalle, die sich innerhalb einer Vakuumapparatur in einem supraleitenden Magneten befindet. Mit Hilfe eines Lasersystems und geeigneter Optik werden Laserpulse durch das Fallenzentrum geschossen.
Die dort befindlichen Bleiionen senden Fluoreszenzlicht aus, das von einem Photomultiplier gemessen wird. Die Steuerung der Geräte und die Aufnahme der Daten
werden von einem Computer übernommen.
5.1
Fallenapparatur und Magnet
Ein grundsätzliches Problem bei solchen Experimenten besteht in der Verwendbarkeit von Werkstoffen. Die Tatsache, daß sich die Apparatur zumindest zu einem Teil
Abbildung 5.1: vollständiger Aufbau des Experiments
41
42
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
Abbildung 5.2: Detailansicht der Falle
in einem starken Magnetfeld befindet, verlangt nach kleinen Suszeptibilitäten, um
das Feld so wenig wie möglich zu verzerren; Ferromagnetika wie Eisen sind natürlich selbst in kleinsten Mengen nicht einzusetzen. Zusätzlich befindet sich die Falle
in einem UHV, so daß man keine Materialien verwenden kann, die bei niedrigen
Drücken ausgasen. Diese würden dauerhaft das Vakuum verschlechtern und sich
möglicherweise in der Fall ablagern.
5.1.1
Die Penningfalle
Die Penningfalle besteht aus acht präzise angefertigten Teilen aus sauerstofffreiem
Kupfer. Dies sind die obere und untere Kalotte, eine obere und untere Korrekturelektrode und die Ringelektrode, die wegen der Puffergaskühlung aus vier Segmenten besteht. Der Abstand der beiden Kalotten voneinander beträgt 2z0 mit
√ z0 = 9 mm, der
Durchmesser der Ringelektrode im Fallenzentrum 2̺0 mit ̺0 = 2 z0 = 12,7 mm.
Die obere Kalotte ist als Drahtgitternetz gefertigt, um die von den Bleiionen ausgesandte Fluoreszenz aus der Falle herauszulassen. Das Netz besitzt eine Durchlässigkeit von etwa 72 %.
Zusammengehalten werden die Fallenteile von acht Gewindestangen aus einer
speziellen Kupfer-Beryllium-Legierung, die besonders stabil, aber elastisch ist. Die
Stangen sind parallel zur z-Achse und am Rand angeordnet. Zwischen den Elektrodenteilen (Kalotte, Korrekturelektrode, Ringsegment, Korrekturelektrode, Kalotte)
befinden sich jeweils durchlöcherte Kügelchen aus Oxidkeramik, die zum einen den
Abstand festlegen und zum anderen die Teile gegeneinander isolieren. Muttern aus
5.1. FALLENAPPARATUR UND MAGNET
43
Kupfer-Beryllium halten schließlich die Teile auf den Stangen fest.
Zwei einander gegenüberliegende Ringsegmente besitzen je ein Loch, so daß die
Gerade durch beide Löcher durch den Fallenmittelpunkt verläuft. Vor einem Loch
ist ein Spiegel derart angebracht, daß er einen Laserstrahl, der parallel zur z-Achse
an der Falle vorbei verläuft, um 90◦ ablenkt und durch den Fallenmittelpunkt laufen
läßt. Der Strahl fällt dann auf einen zweiten Spiegel, der vor dem anderen Loch befestigt ist und der ihn in sich selbst zurückreflektiert; danach trifft er erneut auf den
90◦ -Spiegel und verläßt die Falle wieder parallel zur z-Achse. Hinter dem Gitternetz
der oberen Kalotte befinden sich zwei dicke plankonvexe Linsen aus Kronglas mit
einem Durchmesser von 50 mm. Ihre optische Achse fällt mit der Fallenachse zusammen; ihre beiden gewölbten Flächen berühren einander. Das System der beiden
Linsen hat eine Brennweite von 24 mm und ist so justiert, daß der Brennpunkt im
Fallenzentrum liegt. Ein von dort emittiertes Fluoreszenzphoton verläuft hinter den
Linsen daher parallel zur z-Achse.
5.1.2
Die Vakuumapparatur
Die Apparatur besteht aus mehreren miteinander verflanschten Edelstahlrohren. An
einer Seite ist mit Hilfe eines speziellen Glas-Metall-Übergangs ein 60 cm langes,
am Ende verschlossenes Glasrohr mit einem Durchmesser von 100 mm befestigt,
der sog. Rüssel der Apparatur. Fast an dessen Ende befindet sich im Innern die
Penningfalle, die durch ein Aluminiumrohr an ihrer Stelle gehalten wird. Die z-Achse
der Falle ist nicht senkrecht zum Laborboden, sondern fällt mit der Symmetrieachse
des Glasrohrs zusammen.
Die elektrischen Zuführungen für die Falle sind um das Aluminiumrohr herum
angeordnete Stangen und bestehen ebenfalls aus einer Kupfer-Beryllium-Legierung.
Über ihre gesamte Länge sind sie von isolierenden Hülsen aus Oxidkeramik umgeben. Die Verbindung zwischen diesen Stangen und den Kupferelektroden des Käfigs
geschieht über flexible Kupferdrähte, die ihrerseits durch Hülsen aus Macor isoliert
werden. Das Aluminiumrohr mit den Durchführungen ist im Edelstahlkörper befestigt. In einem großen Flansch an dessen Oberseite werden die Leitungen in kreisförmiger Anordnung als BNC-Stecker herausgeführt. Dadurch können die Spannungen
direkt über BNC-Kabel an die Apparatur angelegt werden, was einen guten Kontakt
sicherstellt. Für Zwecke, die mehr Strom benötigen, sind Bananenbuchsen herausgeführt.
Am Aufbau befinden sich noch mehr Flansche, die jeweils einen anderen Zweck
erfüllen. An einem ist ein etwa 20 cm langer Mikrowellenhohlleiter angebracht, in
dem Atmosphärendruck herrscht. Den Übergang zum UHV im Innern bildet ein
Glimmerfenster, und von dort an wird der Hohlleiter bis zu einem Loch in der Ringelektrode weitergeführt, um die Mikrowellen direkt einzuspeisen. Der zweite Flansch
nimmt ein Dosierventil zum Einlassen von Puffergas zur Puffergaskühlung auf, ein
weiterer einen Ionisationsmeßkopf für ein Druckmeßgerät und der letzte ein Eckventil zum Anschließen einer Turbomolekularpumpe. Eine solche Pumpe dient zusam-
44
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
men mit einer Vorpumpe zum Aufbauen des UHVs, eine unten an der Apparatur
hängende, ständig laufende Ionengetterpumpe zum Aufrechterhalten desselben.
Damit ein UHV von der Größenordnung 10−9 mbar erreicht werden kann, muß
die Apparatur ein paar Tage ausgeheizt werden, insbesondere dann, wenn sie zu
Montagearbeiten geöffnet wurde. Zur Wärmeisolierung wird ein mit entsprechenden
seitlichen Ausschnitten versehener Stahlkasten über den Aufbau gestülpt. Hindurchgefädelte Heizstäbe und -bänder sorgen dann für eine Erwärmung aller Teile auf etwa
200 ◦ C, was langsam in mehreren Schritten passiert, um nicht durch ruckartige Wärmeausdehnung die Verschraubungen und den Glas-Metall-Übergang zu gefährden.
Aus demselben Grund wird die Temperatur nicht weiter erhöht, obwohl dies den
Ausheizvorgang beschleunigen würde. Nach dem Abkühlen wird die ebenfalls mit
ausgeheizte Getterpumpe wieder in Betrieb genommen.
5.1.3
Bleiionen
Einige Zentimeter außerhalb der Falle sind zwei Filamente aus Rhenium befestigt,
die durch Stromfluß beheizbar sind. Dieses Trägermetall hat den Vorteil, daß es
bei den benötigten Temperaturen unverändert bleibt und keine Atome oder Ionen
absondert. Der Trick besteht nun darin, das Blei in geeigneter Form auf das Rheniumfilament aufzubringen. Die Probleme bei den ersten Experimenten an Blei waren,
daß zu viele Bleiionen auf einmal in die Falle geschleudert wurden, so daß einerseits
die Falle zu voll war und daß sich andererseits Ionen auf den Elektroden festgesetzt
und sie somit verunreinigt haben.
Eine zuvor angewandte Methode waren keramische Heizöfen, in denen metallisches Blei verdampft wurde. Ein glühender Draht in der Nähe des Ofens hat Elektronen freigesetzt, die die verdampften Bleiatome ionisiert haben. Als statistischer
Prozeß ist dies natürlich nicht sehr effektiv, und es ist nur schwer abzuschätzen,
wie stark Blei und Draht erhitzt werden müssen, damit ein maximaler Anteil der
freigesetzten Bleiatome tatsächlich zu Pb+ oxidiert wird. Ein zusätzliches Problem
besteht darin, daß die noch nicht ionisierten Bleiatome natürlich nicht von der Falle
gespeichert werden und daher nicht viel Zeit besteht, um mit einem Elektron zu
wechselwirken.
Statt dessen ist es zwar von der Herstellung ein bißchen komplizierter, aber im
Endeffekt besser, die Filamente zu verwenden. Die Idee besteht nun darin, das Blei
in ionischer Form auf das Filament aufzutragen, allerdings derart, daß eben nicht
beim ersten Erhitzen ein großer Teil der Ionen freigesetzt wird. Dabei bot es sich
an, eine Technik zu verwenden, die seit über 30 Jahren ein Standardverfahren in der
Bleispektrometrie darstellt. Dazu wird elementares Blei unter Erwärmen in 6n HCl
aufgelöst, bei stärkerem Erhitzen zu PbCl2 abgedampft und anschließend wieder zur
weiteren Verwendung in Perchlorsäure (HClO4 ) gelöst.
Löst man ein Silicat wie z. B. Natriumsilicat (Na4 SiO4 ) in Wasser und säuert
die Lösung an, dann entsteht in größerer Menge Monokieselsäure (H4 SiO4 ). Diese
wandelt sich unter Abspaltung von Wasser zunächst in das Anhydrid Dikieselsäu-
5.1. FALLENAPPARATUR UND MAGNET
45
re (H6 Si2 O7 ) um und polymerisiert dann weiter zu Polykieselsäure. Daraus entsteht
eine gallertartige Masse, die man Kieselgel bzw. Silicagel nennt. Getrocknetes Silicagel ist eine verkettete Modifikation von SiO2 (Quarz), die durch die eingeschlossenen
Hohlräume sehr porös ist und ein hohes Adsorptionsvermögen bestitzt. Neben einigen gebundenen OH-Gruppen, die noch von der Säure stammen und das Ende der
Kette markieren, sind Wassermoleküle ungleichmäßig auf das Molekül verteilt.
Gibt man nun die PbCl2 -Lösung und das Silicagel zu gleichen Teilen zusammen,
dann lagern sich die Bleiionen in den verknäuelten Strukturen der SiO2 -Ketten an.
Mit einer Pipette werden nun einige Tropfen dieser Lösung auf das Rheniumfilament
geträufelt. Nach Abdampfen der Flüssigkeit erstarrt das Silicagel zu einer kristallinen
Matrix, die in ihrem Innern die Bleiionen gefangen hält. Wird dieses Band nun in
der Apparatur erhitzt, dann brechen immer kleine Stücke der Matrix auf und lassen
dadurch einige wenige Ionen frei, die schließlich in die Falle gelangen, ohne diese
dabei unnötig voll zu machen.
5.1.4
Der Magnet
Die Falle muß einem starken Magnetfeld ausgesetzt werden. Dazu wird ein supraleitender Magnet verwendet, dessen Spulen sich in einem Bad aus flüssigem Helium
befinden. Um das Helium herum ist ein Stahlmantel mit flüssigem Stickstoff angebracht, um den sich eine weitere Außenwand befindet, die zu Isolierungszwecken
evakuiert ist. Da die Wärmeisolierung nicht perfekt ist, verdampfen Stickstoff und
Helium mit der Zeit. Während der Stickstoff einfach in die Luft abgelassen wird,
wird das wesentlich teurere Helium über ein Leitungssystem zu einem Sammelbehälter im Keller zurückgeführt. Der Verbrauch liegt bei etwa 100 Litern Stickstoff
und 8 Litern Helium pro Woche.
Der Magnet besitzt eine Raumtemperaturbohrung mit einem Durchmesser von
90 mm und einer Länge von 870 mm. Sie ist parallel zum Boden, weil auch die
Feldlinien waagerecht verlaufen, und definiert damit die z-Achse des Experiments.
Um den Rüssel gut in die Bohrung einführen zu können, befindet sich ein Schienensystem auf dem Laborboden. Die Apparatur selbst ist auf einem Wagen montiert,
der in den Schienen gleiten kann. Um die Falle in den Magneten zu bringen, muß
man daher nur den Wagen in die Schienen stellen und soweit hineinschieben, daß
sich die Falle an der richtigen Stelle im Magnetfeld befindet. Dazu eignet sich die
Position am besten, an der die Abweichungen von der Homogenität minimal sind;
um diese Position leicht wiederzufinden, wurde mit einem Filzstift eine Markierung
am Rüssel angebracht.
In diesem Experiment mit Bleiionen wird mit einem Magnetfeld von 2.87 T
gearbeitet, bei vorherigen Experimenten an Calciumionen hatte es nur eine Stärke
von etwa 1.43 T. Die maximal mögliche Flußdichte des Magneten liegt bei etwa 7 T.
Nach Angaben und Messungen von G. Tommaseo liegt der relative zeitliche Drift
bei weniger als 10−10 /h und die Inhomogenität bei weniger als 10−7 /cm3 für das
Volumen der Ionenwolke im Fallenzentrum.
46
5.2
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
Erzeugung und Nachweis der Bleiionen
Die Erzeugung der Bleiionen geschieht, indem die Silicagel-Matrix aufgeheizt wird.
Dies wird dadurch erreicht, daß das Rheniumfilament über die in der Apparatur verlaufenden Durchführungen mit zwei Kabeln an eine Spannungsquelle angeschlossen
wird. Der Strom, der durch das Filament fließen darf, ohne dabei etwas zu zerstören,
unterliegt aus zwei Gründen einer Obergrenze. Ein Schmelzen des Rheniums ist bei
einem Schmelzpunkt von 3180 ◦ C sicher nicht zu befürchten. Statt dessen wirkt auf
das 5 mm lange und nur 15 µm dünne Band eine starke Lorentzkraft, wenn es vom
Heizstrom durchflossen wird. Pro I = 1 A Strom wirkt auf das Band eine Kraft,
die dem Gewicht einer Masse m = IBℓ/g = 1,46 g entspricht. Andererseits wird die
Silicagel-Matrix oberhalb von 1650 ◦ C zerstört, so daß doch wieder alle Bleiionen
auf einmal freigesetzt werden würden.
Der Nachweis der Ionen erfolgt elektronisch mit Hilfe eines Schwingkreises, der
zwischen den beiden Endkappen der Falle angeschlossen ist. Dabei wirkt die Falle im
Prinzip als zusätzliche, parallel geschaltete Kapazität. Wird das System Schwingkreis/Falle von einem Funktionsgenerator in seiner Eigenfrequenz sinusförmig erregt,
dann beobachtet man wegen der hohen Güte (etwa 50–80) eine starke Resonanzüberhöhung. Dazu muß man natürlich nicht die Eigenfrequenz aufwendig vorher messen
oder ausrechnen; statt dessen verändert man erst in größeren, dann in kleineren
Schritten die Anregungsfrequenz so lange, bis das Amplitudenmaximum gefunden
ist. Die Elektronik beinhaltet neben dem Schwingkreis noch empfindliche Verstärker und außerdem einen Gleichrichter, der ein demoduliertes Ausgangssignal zur
Verfügung stellt, an dem das Amplitudenmaximum leichter zu identifizieren ist.
Treten die Ionen in der Falle mit dem Schwingkreis in Wechselwirkung, dann
verschlechtert sich die Güte des Systems drastisch, was zu einer deutlichen Abnahme der Resonanzüberhöhung führt. Dort, wo zuvor die Amplitude sehr groß
war, wird sie jetzt aufgrund der Wechselwirkung deutlich kleiner. Bedingt durch die
Art und Weise, wie Falle und Schwingkreis miteinander verbunden sind, tritt die
Wechselwirkung dann ein, wenn die axiale Frequenz ωz und die Anregungsfrequenz
übereinstimmen.
Da die Eigenfrequenz des Schwingkreises nicht kontinuierlich durchstimmbar ist,
muß man ωz in einem gewissen Bereich variieren können. Wegen der Abhängigkeit
s
2qU0
ωz =
m̺20
ist dies nur durch Verändern von U0 möglich, da m und q von Pb+ festliegen und ̺0
durch die Geometrie der Falle bestimmt ist. Diese Gleichspannung für das Fallenpotential läßt sich leicht verändern, und es gibt einen hinreichend großen Bereich,
in dem die Ionen gespeichert werden. Die Gleichung (2.8) verlangt lediglich, daß
r
√
q
̺2 B 2 q
̺0 B
≥ 2 ⇐⇒ U0 ≤ 0
= 154 V
2mU0
4m
5.3. DIE OPTIK ZUR ANREGUNG DER IONEN
47
erfüllt ist.
Die Spannungsquelle liefert eine Spannung zwischen etwa 30 V und 80 V. Man
muß daher sicherstellen, daß die Eigenfrequenz des Nachweisschwingkreises einen
Wert besitzt, der auch von der Axialfrequenz der Ionen mit einer Speicherspannung
in diesem Bereich angenommen werden kann. Durch Variieren von U0 schaut man
sich an, ob man die Resonanzüberhöhung beobachten kann. Wenn nicht, dann muß
die Schwingkreisfrequenz durch Parallelschalten von hochwertigen, d. h. möglichst
verlustfreien Kondensatoren modifiziert werden; dies kann relativ grob geschehen, da
es auf den genauen Wert nicht ankommt. Im Experiment besitzt der Schwingkreis die
Eigenfrequenz ν = 87 043 Hz, die von den Ionen bei U0 = 52 V angenommen wird.
Die Quelle wird nun so eingestellt, daß sie eine sich nur sehr langsam (gegenüber ν)
verändernde Spannung in Dreiecksform mit einer Frequenz in der Größenordnung
Hertz erzeugt. Die minimale und maximale Speicherspannung Umin < 52 V und
Umax > 52 V können natürlich eingestellt werden.
Mit z. B. Umin = 40 V und Umax = 70 V betrachtet man nun auf dem Oszilloskop
zum einen das Dreieckssignal U0 (t) und zum anderen den demodulierten Ausgang
des Schwingkreises. Ohne Ionen in der Falle bleibt die Schwingkreisamplitude für
jedes U0 auf ihrem maximalen Wert. Dreht man nun den Heizstrom für das Rheniumfilament langsam hoch, dann stellt man etwa ab 5 A fest, daß die Amplitude
während der auf- und absteigenden Flanke der Rampenspannung jeweils einmal
einbricht. Dieses Signal ist noch ziemlich klein und breit, d. h. kein scharfer Peak.
Dreht man den Erzeugungsstrom wieder auf 0 herunter, dann bildet sich innerhalb
von wenigen Sekunden ein scharfer Peak aus. Offensichtlich haben einerseits das
ständig neue Hinzukommen von Bleiionen und andererseits der elektrische Strom
durch das Filament den empfindlichen Nachweis gestört. Anhand der Spannung, bei
der der Peak auftritt, läßt sich das Massen-Ladung-Verhältnis des gespeicherten Ions
bestimmen und das Ion hoffentlich als Pb+ identifizieren.
5.3
Die Optik zur Anregung der Ionen
Der optische Aufbau des Experiments beginnt mit einem gepulsten Nd:YAG-Laser,
dessen Photonen durch eine Strahlaufweitung in einen Farbstofflaser geleitet werden.
Dieser erzeugt dann rote Lichtpulse, die über ein System von Spiegeln in die Falle
geleitet werden.
5.3.1
Der Nd:YAG-Laser
Ein Laser besteht grundsätzlich aus einem aktiven Medium, einem optischen Resonator und einer Energiepumpe. Der Nd:YAG-Laser ist nach seinem aktiven Medium
benannt, das aus Nd+++ -Ionen (Neodym) in einem Yttrium-Aluminium-GranatKristall (Y3 Al5 O12 ) besteht. Als Energiepumpe dient eine Quecksilberdampflampe,
die durch eine kurze energiereiche Blitzentladung eine Besetzungsinversion im ak-
48
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
tiven Medium erzeugt. Dabei wird entgegen der thermischen Besetzungsverteilung
der Energieniveaus durch die Elektronen ein Zustand E2 zu Lasten eines anderen
E1 < E2 stärker bevölkert. Die Energie der Photonen der Blitzlampe ist allerdings
größer als der Abstand E2 − E1 , so daß die Elektronen zunächst auf ein drittes Niveau E3 angehoben werden, aus dem sie spontan in E2 zerfallen. Man spricht hierbei
von einem Dreiniveaulaser.
Durch diese Besetzungsinversion wird die Wahrscheinlichkeit der induzierten
Emission deutlich größer als die der spontanen Emission. Bewegt sich also ein Photon mit der Frequenz ν = (E2 − E1 )/h durch das aktive Medium, dann fallen einige
Elektronen in ihren Grundzustand E1 zurück und setzen dabei Photonen derselben
Frequenz frei, die dieselbe Phase wie das Photon haben, das die induzierte Emission
hervorgerufen hat. Erreicht man nun mit zwei hochreflektierenden Spiegeln, daß die
sich derart vermehrenden Photonen immer wieder durch das aktive Medium fliegen,
dann entsteht eine hohe Zahl an Photonen mit derselben Frequenz und Phase, also
ein kohärenter Lichtpuls. Dazu muß aber eine sog. Schwellenbedingung erfüllt sein,
die besagt, daß die Zunahme der Lichtintensität im aktiven Medium alle auftretenden Verluste überkompensieren muß. Solche Verluste treten an den Spiegeln, aber
auch an den Luftmolekülen und durch Beugung auf. Man wirkt den Verlusten entgegen, indem man die Strecke, die die Photonen im aktiven Medium durchlaufen,
hinreichend groß wählt.
Der verwendete Nd:YAG-Laser besitzt einen sog. Q-Switch, der die Reflektivität des einen Resonatorspiegels drastisch reduziert und damit die „gespeicherten“
Photonen als Lichtpuls aus dem Laser herausläßt. Die Zeitdauer zwischen der Blitzlampenentladung und dem Freisetzen des Lichtpulses kann als Q-Switch Delay im
Menü eingestellt werden. Der vom Hersteller angegebene, für die Laserleitung optimale Wert liegt bei 192 µs. Erhöht man diesen Wert deutlich auf 300 oder 400 µs,
dann nimmt die emittierte Leistung stark ab. Mit dieser reduzierten Intensität lassen
sich z. B. Justagearbeiten sehr viel leichter durchführen.
Schaltet man die Blitzlampe ein, so erzeugt sie alle 100 ms einen Lichtblitz, der
die Besetzungsinversion im aktiven Medium erzeugt. Nach dem Synchronisationsprozeß von 50 Schüssen ist der Laser bereit, den Q-Switch zu öffnen. Drückt man auf
Single Shot, dann wird der Resonatorspiegel nach der nächsten Anregung, verzögert um die eingestellte Zeitspanne, durchsichtig gemacht, um einen Puls abzugeben.
Betätigt man statt dessen die Taste für den Dauerpuls, dann erhält man Pulse mit
einer Repetitionsrate von 10 Hz.
5.3.2
Frequenzverdopplung
Die für den Nd:YAG-Laser typische Wellenlänge ist 1064 nm und liegt im infraroten Bereich des Spektrums. Diese Wellenlänge ist allerdings zu groß, um später den
Farbstofflaser damit zu pumpen; für die Ionen wird ja ein roter Strahl benötigt, der
eine höhere Energie als der infrarote besitzt. Dazu stellt der Hersteller des Lasers
einen Frequenzverdoppler zur Verfügung, der einen grünen Strahl mit einer Wel-
5.3. DIE OPTIK ZUR ANREGUNG DER IONEN
49
lenlänge von 532 nm erzeugt. Die Verdopplung beruht auf nichtlinearen Effekten,
die bei hohen Feldstärken auftreten. Statt dem üblichen linearen Zusammenhang
~ zwischen Polarisation und elektrischem Feld müssen quadratische Terme
P~ = ε0 χE
berücksichtigt werden, d. h.
!
X
(1)
(2)
Pi = ε0 χi Ei +
χik Ei Ek + . . . , i ∈ {x, y, z} .
k∈{x,y,z}
Dabei entstehen wegen cos2 (ωt) = (1 + cos(2ωt))/2 Wellen mit doppelter Frequenz.
Wegen der Dispersion des Mediums gilt i. a. n(ω) 6= n(2ω), so daß die in den einzelnen Schichten entstehenden Oberwellen eine andere Phasengeschwindigkeit als
die Grundwelle besitzen und daher nicht konstruktiv überlagern können. Verwendet
man jedoch anisotrope Medien, bei denen die Brechungsindices nx , ny , nz entlang der
Koordinatenachsen verschieden sind, dann läßt sich unter einem geeigneten Winkel
zur optischen Achse die Phasenanpassungsbedingung erfüllen. Die Phasengeschwindigkeiten für ω und 2ω stimmen für diesen Winkel überein, und es entsteht eine
makroskopische Oberwelle mit der doppelten Frequenz.
Der doppelbrechende Kristall, der bei 1064 nm z. B. aus Kaliumtitanylphosphat
(KTiOPO4 ), Lithiumiodat (LiIO3 ) oder β-Bleiborat (Pb3 (BO3 )4 ) bestehen kann,
befindet sich in einem Modul mit dem Namen „SHG“ für „Secondary Harmonic
Generator“. Dieses kann mit Schrauben direkt am Ausgang des Lasers befestigt
werden, was den richtigen Winkel zwischen Strahl und Kristall sicherstellt. Eine
Stellschraube bietet zusätzlich die Möglichkeit, durch Verdrehen des Kristalls den
Winkel und damit die Leistung zu optimieren. Selbstverständlich geht nicht sämtliche Energie in den grünen Strahl über; vielmehr bleibt ein nicht vernachlässigbarer infraroter Reststrahl, der mit dem grünen überlagert den Kristall verläßt. Nun
sorgt ein dichroitischer Spiegel für die Trennung der beiden Strahlen, indem er den
grünen weitestgehend ungehindert hindurchläßt und den infraroten senkrecht dazu
herausreflektiert. Während der grüne den Laser verläßt, wird der infrarote durch ein
schwarzes Metallstück mit Kühlkörper geblockt.
5.3.3
Strahlaufweitung
Zwischen dem isolierten grünen Laserstrahl und dem Farbstofflaser müssen noch
zwei zusätzliche Dinge geschehen. Zum einen muß der Strahl aufgeweitet werden,
da er nur einen Durchmesser von 6 mm besitzt, die Pumpoptik des Farbstofflasers
jedoch für 10–12 mm ausgelegt ist. Zum anderen sollte ein von uns unabhängiges Experiment betrieben werden, das allerdings einen UV-Strahl benötigte. Diesen erhält
man, indem man mit einem weiteren Frequenzverdoppler, dem sog. „QHG“-Modul
(„Quadruple Harmonic Generator“), die 532 nm ein weiteres Mal zu ultravioletten
266 nm verdoppelt.
Die gleichzeitige Verwendung der verdoppelten und vervierfachten Frequenz ist
vom Hersteller des Lasers nicht vorgesehen. Um das ultraviolette Licht verwenden
50
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
zu können, darf nur der dichroitische Spiegel des QHG-Moduls eingesetzt, der des
SHG-Moduls hingegen muß ausgebaut werden. Das bedeutet, daß zwar der höchstfrequente Strahl den Laser in reiner Form verläßt, daß aber der infrarote und grüne
Anteil nur gemischt vorliegen. Die Trennung dieser beiden Strahlen geschieht dann
außerhalb des Lasers mit dem bisher nicht verwendeten dichroitischen Spiegel des
SHG-Moduls, wonach der nichtbenötigte langwellige Strahl geblockt wird.
Der nun reine grüne Strahl wird schließlich durch eine geeignete Optik aufgeweitet. Die zum Justieren einfache Variante aus zwei Sammellinsen, von denen die
hintere die doppelte Brennweite der vorderen besitzt, funktioniert hier nicht. Im
gemeinsamen Brennpunkt der beiden Linsen wird der Strahl so stark gebündelt und
damit die Energiedichte so hoch, daß die Luftmoleküle ionisiert werden. Dies geschieht mit lautstarken Verpuffungen, was diese Art, den Strahl aufzuweiten, selbstverständlich ausschließt.
Die zweite Möglichkeit ist das Verwenden einer konkaven und einer konvexen
Linse. Auch hier müssen die Brennpunkte der beiden Linsen aufeinanderfallen, allerdings liegt er jetzt nicht mehr zwischen den beiden Linsen, sondern vom Laser
aus gesehen vor der konkaven Linse. Wie zuvor besitzt die hintere Linse die doppelte Brennweite der vorderen, allerdings ist der Abstand der beiden Linsen wesentlich kleiner. Während bei der Version mit den zwei Sammellinsen deren Abstand
f + 2f = 3f sein müßte, stehen die beiden Linsen hier nur im Abstand 2f − f = f
voneinander, wenn f die Brennweite der vorderen Linse bezeichnet. Dies spart viel
Raum beim optischen Aufbau bzw. erlaubt das Verwenden von dünneren Linsen, die
weniger Verzerrungen verursachen. Allerdings ist das Justieren der Linsen deutlich
schwieriger, weil der Brennpunkt der konkaven Linse nicht ohne weiteres sichtbar
gemacht werden kann.
Im Experiment werden eine plankonkave Linse mit einer Brennweite von 150 mm
und eine plankonvexe mit einer Brennweite von 300 mm verwendet. Beide Linsen
haben einen Durchmesser von 25 mm. Um Rückreflexionen zurück in den Laser zu
vermeiden, richten wir die Zerstreuungslinse so aus, daß die runde Seite dem Laser
zugewandt ist. Die gewölbte Seite der Sammellinse ist dem Farbstofflaser zugewandt,
was durch die zweimalige Brechnung die Verzerrungen reduziert. Der aufgeweitete
Strahl von etwa 12 mm Durchmesser wird über zwei speziell für hohe Leistungen
beschichtete Spiegel in den Farbstofflaser geleitet.
5.3.4
Der Farbstofflaser
Der Farbstofflaser besteht aus einem Resonator, einem Vor- und einem Hauptverstärker. Eine geeignete Optik erzeugt über zwei Strahlteiler drei Teilstrahlen des
grünen Pumpstrahls, die jeweils den drei genannten Laserabschnitten zugeführt werden. Zum Justieren des einfallenden Strahls ist im Gehäuse ein Helium-Neon-Laser
montiert, dessen Strahl die Pumpstrahlachse markiert. Man stellt das Spiegelpaar
zwischen Aufweitungsoptik und Farbstofflaser so ein, daß sich der grüne Pumpstrahl
und der entgegengesetzt gerichtete Justierstrahl überlagern. Dann kann man sicher
5.3. DIE OPTIK ZUR ANREGUNG DER IONEN
51
sein, daß der Pumpstrahl im richtigen Winkel in den Laser gelangt.
Der Resonator besteht im wesentlichen aus einem Gitter, zwei Spiegeln und einer
Küvette. Die gelösten Farbstoffmoleküle in der Küvette stellen das aktive Medium
dar, in dem von einem der drei Pump-Teilstrahlen die Besetzungsinversion hergestellt wird. Da zur Lichtverstärkung im Resonator nur angeregte Farbstoffmoleküle
in der Nähe der optischen Achse beitragen können, muß der grüne Strahl aus Effizienzgründen möglichst dort am intensivsten sein. Die Strahlformung geschieht mit
einer Linse, die in Richtung der optischen Achse den Strahl von 12 mm Durchmesser auf etwa 20 mm aufweitet und senkrecht dazu fokussierend wirkt. Das runde
Strahlprofil wird daher zu einer Linie verformt, deren Position durch Verschieben
der Linse quer zur optischen Achse verändert werden kann. Dabei gibt es zwei Dinge
zu beachten: Wenn einerseits die Energiedichte zu groß ist, kann es passieren, daß
die Farbstoffmoleküle nicht angeregt, sondern teilweise sogar in ihrer chemischen
Struktur zerstört und damit unbrauchbar werden. Andererseits hat man dafür Sorge zu tragen, daß der Strahl nicht auf die Glaswand der Küvette fokussiert wird, da
diese sonst platzen kann.
Das rechte Ende des Resonators bildet ein Spiegel, der die Einstellungen „IR“,
„Vis“ und „UV“ besitzt. Für die von uns benötigten 710 nm ist die Einstellung „Vis“
für sichtbares Licht die richtige. Am linken Ende des Resonators befindet sich ein
Spiegel mit einem Gitter. Durch den komplizierten Aufbau der Farbstoffmoleküle
besitzen sie kein scharfes Spektrum; statt dessen sind die Linien zu kontinuierlichen Frequenzbereichen verschmiert. Von diesen vielen Frequenzen kann aber nur
eine kohärent verstärkt werden, nämlich diejenige, für die das Verhältnis λ/L von
Wellenlänge zu Spiegelabstand ganzzahlig ist. Durch die Beugung am Gitter wird in
Abhängigkeit des eingestellten Winkels eine Wellenlänge aus der n-ten Beugungsordnung ausgewählt. Dies erlaubt es, aus dem kontinuierlichen Spektrum des Farbstoffs
durch Kippen des Gitters eine Wellenlänge auszuwählen.
Als Laserfarbstoff für 710 nm eignet sich Pyridin 1, auch bekannt unter der Bezeichnung LDS 698. Der chemikalisch offizielle Name ist 2-(4-(4-Dimethylaminophenyl)-1,3-butadienyl)-1-ethylpyridinium-Monoperchlorat. Die vereinfachte Strukturformel ist (H3 C)2 N−C6 H4 −CH=CH−CH=CH−(H3 C−CH2 −)C5 H3 N⊕ H ⊖ OClO3 ,
die Summenformel lautet C19 H23 N2 O4 Cl. Pyridin 1 bildet dunkelviolette nadelförmige Kristalle, die sich in Wasser nur geringfügig, in Methanol allerdings gut lösen.
Diese rötlich violette Flüssigkeit wird mit einem Pumpstand und zwei Kunststoffschläuchen durch die Küvette gepumpt. Das ist notwendig, weil sich einerseits die
Flüssigkeit aufwärmt, aber auch weil die Farbstoffmoleküle andererseits eine gewisse
Relaxationszeit benötigen, bevor sie wieder für die Anregung zur Verfügung stehen.
Der Vorverstärker verwendet dieselbe Küvette wie der Resonator. Durch einen
zweiten grünen Pumpstrahl, der genauso wie der für den Resonator mit einer entsprechenden Linse aufgeweitet wird, wird der entstandene rote Laserstrahl verstärkt.
Um die beiden grünen Strahlen des Resonators und Vorverstärkers zu justieren,
steht eine Schablone mit zwei Strichen zur Verfügung, die statt der Küvette an deren Position gehalten werden kann. Das richtige Einstellen der Linsen gestaltete sich
52
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
problematisch, weil sich weder die Halterung der Linsen noch die der Küvette im
Originalzustand befanden. Eine ähnliche Schwierigkeit offenbarte der Hauptverstärker, der im wesentlichen aus einer zweiten Küvette auf der optischen Achse weiter
rechts im Laser besteht. Dort war es die Küvette selbst, die nicht dem Standard
entsprach und nicht einwandfrei von der Halterung geführt werden konnte. Es steht
nun aber eine Originalküvette mit passendem Dichtungsring zur Verfügung.
Der rote Laserstrahl wird über zwei Spiegel in die Vakuumapparatur eingefädelt.
Den Übergang vom UHV zum Atmosphärendruck stellt ein Brewsterfenster her, das
das Ende eines dünneren Glasrohrs darstellt, das an der Apparatur gegenüber des
Glasrohrs für die Falle angebracht ist. Der Brewsterwinkel verhindert unerwünschte
Reflexionen; deshalb ist es wichtig, daß das Glas dort besonders sauber ist, damit
nicht Schmutzteilchen diesen Effekt zunichte machen. Schließlich fällt der Strahl auf
die in 5.1.1 beschriebenen Spiegel an der Falle.
5.4
5.4.1
Fluoreszenz und Mikrowellen
Lichtführung aus der Falle
Die Fluoreszenz, die durch die auf der z-Achse befindlichen Linsen nahezu parallelisiert wird, muß schließlich zum Photomultiplier gelangen. Da die Ionen die Photonen
isotrop emittieren, können die Linsen aufgrund ihres begrenzten Öffnungswinkels nur
einen Bruchteil der Fluoreszenz einfangen. Für den Raumwinkel Ω, der von einem
Kegel mit halbem Öffnungswinkel α ausgeschnitten wird, gilt Ω = 2π(1 − cos α).
Wegen des Linsendurchmessers von 50 mm und des Abstands vom Fallenmittelpunkt
von 24 mm folgt tan α = 25/24 und damit
Ω
1 − cos α
=
= 15,4 % .
4π
2
Die Transmission des Kalottengitters von 72 % reduzieren den Anteil auf 11,1 %.
Bezieht man noch die 4 % ein, die jeweils an einer der vier Linsenflächen reflektiert
werden, so erhält man, daß ein Anteil von
p ≈ 9,4 %
der emittierten Photonen die zweite Linse passieren.
Weil das Magnetfeld in der Nähe des Magneten zu stark für den Betrieb des Photomultipliers ist, müssen die Fluoreszenzphotonen, die das Linsensystem verlassen
haben, weiter nach außen geleitet werden. Dies geschieht mit einem Plexiglasstab,
der wie die Linsen einen Durchmesser von 50 mm besitzt. Er befindet sich in einem Kunststoffmantel, der direkt am Magneten befestigt wird; die Naht wird mit
schwarzem Stoff abgedeckt, um zusätzliches Streulicht fernzuhalten. Der Glasstab
wirkt als Lichtleiter insbesondere für nicht ganz parallelisierte Photonenbahnen, die
durch Totalreflexion an der Mantelfläche im Innern geführt werden. Eine weitere
5.4. FLUORESZENZ UND MIKROWELLEN
53
Linse am Ende des Lichtleiters fokussiert die Fluoreszenz auf die lichtempfindliche
Fläche des Photomultipliers, die durch einen Shutter vor Licht geschützt ist, wenn
das Experiment nicht in Betrieb ist.
Eine Schwierigkeit des Experiments besteht darin, daß die Fluoreszenz dieselbe
Wellenlänge wie das anregende Laserlicht besitzt, da es unterhalb des Niveaus 6p3/2
nur das Grundzustandsniveau 6p1/2 gibt. Es ist daher nicht – wie z. B. bei früheren
Experimenten an Calcium – möglich, einen Farbfilter zu verwenden, um zu verhindern, daß zu viel Streulicht vom Laser in den Photomultiplier gelangt und diesen
möglicherweise für eine zu lange Zeit blind macht. Ein anderes Problem ist, daß der
atomare Übergang, der vom Laser induziert werden soll, in erster Näherung verboten
ist, da ∆ℓ = 1 − 1 = 0 gilt; es handelt sich also um einen magnetischen Dipolübergang. Dies führt dazu, daß einerseits der Zustand 6p3/2 eine lange Lebensdauer von
etwa 40 ms besitzt und daß man andererseits erwarten muß, daß viel Laserleistung
zum Induzieren des Übergangs nötig sein wird.
Beide Tatsachen sprechen für zeitaufgelöste Laserspektroskopie. Die Verwendung
eines gepulsten Lasers verspricht eine höhere Leistung als sie ein CW-Laser erreichen würde und ermöglicht eine zeitliche Trennung von Laserlicht und zu messender
Fluoreszenz. Um den Photomultiplier vor Streulicht während des Laserpulses zu
schützen, wurde ein weiterer Shutter zwischen Linse und lichtempfindliche Fläche
montiert. Dieser Shutter kann elektronisch über ein Steuersignal betrieben werden.
Es muß dafür gesorgt werden, daß er während des Laserpulses geschlossen bleibt und
direkt danach geöffnet wird, um nicht zu viel Fluroreszenz zu blockieren. Welches
die optimale Verzögerung zwischen Laserpuls und Öffnen des Shutters sein wird,
muß eine Messung der Signalhöhe ergeben. Dazu wäre es möglich, ohne Bleiionen
in der Falle das detektierte Streulicht in Abhängigkeit von dieser Verzögerung zu
messen und mit der Dunkelzählrate zu vergleichen.
5.4.2
Der Photomultiplier
Der Photomultiplier setzt die einfallenden Fluoreszenzphotonen in elektrische Signale um. Im Vergleich zum Lichtleiterdurchmesser von 50 mm ist seine lichtempfindliche Schicht sehr klein, so daß man ihn so ausrichten muß, daß sie sich im Brennpunkt
der Linse befindet. Damit ist sichergestellt, daß zumindest ein großer Teil der nahezu parallel geführten Photonen auch registriert werden. Mit dieser weiteren Linse
sinkt die Wahrscheinlichkeit, ein ausgesandtes Fluoreszenzphoton zu detektieren,
noch einmal um den Faktor 0,962 , d. h. auf
p ≈ 8,7 % .
Das Photon, das auf die lichtempfindliche Schicht des Photomultipliers trifft, löst
dort ein Elektron heraus, das durch die hohe Spannung im Innern zu einer Elektrode
beschleunigt wird. Durch die hohe Geschwindigkeit d. h. kinetische Energie setzt es
beim Auftreffen auf die Elektrode einige Elektronen aus dieser Elektrode frei, die
54
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
wieder entlang des starken elektrischen Feldes zu einer nächsten Elektrode beschleunigt werden. Dort löst dann jedes auftreffende Elektron seinerseits viele Elektronen
heraus, und dieser Vorgang wiederholt sich an z. B. zehn Elektroden, bis am Ende ein großer Elektronenschauer entstanden ist. Diese Ladung wird schließlich in
ein elektrisches Signal umgesetzt. Die Tatsache, daß die Funktionsweise auf vielen
geladenen Teilchen mit hoher Geschwindigkeit beruht, erklärt, daß der Photomultiplier nicht in einem zu starken Magnetfeld funktioniert. Die Hochspannung erhält er
von einer Hochspannungsquelle, im Experiment sind es zwischen 1700 und 1750 V.
Zur Reduktion des Untergrundes wird der Photomultiplier mit flüssigem Stickstoff
gekühlt und zur Lichtisolation mit schwarzem Stoff abgedeckt.
Da wir eine niedrige Zählrate von < 10 kHz erwarten, kann jedes Photon einzeln detektiert werden. Ein spezieller, sensibler, hochohmiger Verstärker erzeugt
zunächst ein deutlich größeres Signal, das von weiteren elektrischen Geräten leicht
zu verarbeiten ist. In einem Diskriminator werden die Pulse, deren Höhe unterhalb
der eingestellten Schwelle liegt, ignoriert und die anderen auf eine konstante Höhe gebracht. Letztlich wird die Pulsfolge in ein TTL-Signal umgewandelt und die
Frequenz auf einem Frequenzzähler angezeigt. Statt dessen kann das Signal jedoch
auch mit der Vielkanalzählerkarte im PC ausgelesen werden. Diese erhält dazu vom
Computer den Befehl, über eine gewisse Zeit die Pulse zu zählen und dann deren
Anzahl zurückzugeben. Mehr dazu in Abschnitt 6.6.
Das erste Ziel des Experiments, die sechs Linien zwischen den Zeeman-Niveaus
anzuregen und aufzunehmen, konnte noch nicht erreicht werden. Nach Abschnitt
4.3.4 gilt gj∗ = 2gj und daher ∆E ∗ = 2∆E, wenn die gesternten Größen diejenigen
des Zustands p3/2 bezeichnen. Ist E0 die Energie zwischen den beiden Feinstrukturniveaus ohne Magnetfeld, dann gilt für den Abstand zweier Zeeman-Linien in
Abhängigkeit von mj und m∗j
E(mj , m∗j ) = E0 + m∗j ∆E ∗ − mj ∆E = E0 + (2m∗j − mj )∆E .
Sortiert man die sechs Übergänge aufsteigend nach ihren Energien, so ergibt sich die
angegebene Tabelle. Somit liegen die sechs Linien äquidistant mit einem Abstand
von ∆E.
Nr.
1
2
3
4
5
6
mj
− 23
− 21
− 21
+ 12
+ 12
+ 32
m∗j
− 12
+ 12
− 12
+ 12
− 12
+ 12
E(mj , m∗j )
E0 − 25 ∆E
E0 − 23 ∆E
E0 − 21 ∆E
E0 + 21 ∆E
E0 + 23 ∆E
E0 + 25 ∆E
Tabelle 5.1: Energien der sechs Übergänge
5.4. FLUORESZENZ UND MIKROWELLEN
55
Der Energiedifferenz ∆E entspricht ein Frequenzunterschied ∆ν = 26,7 GHz.
Die Linien im Spektrum haben also einen Abstand von
∆λ = 0,04484 nm
zueinander. Numeriert man die Linien gemäß obiger Tabelle nach steigender Energie
sortiert durch, so ergibt sich für 1 ≤ i ≤ 6
λi = λ0 + (3,5 − i)∆λ ,
worin λ0 ≈ 710 nm der Abstand der Feinstrukturniveaus ohne Magnetfeld ist.
5.4.3
Mikrowellen
Läßt man den Farbstofflaser fest bei einer Wellenlänge stehen, bei der man ein Maximum der Fluoreszenz beobachtet hat, d. h. dort, wo sich ein Übergang von einer
Zeeman-Linie zu einer anderen befindet, dann läßt diese Fluoreszenz mit der Zeit
nach. Die Photonen können nur von den Elektronen im Grundzustand absorbiert
werden, die sich in der richtigen Zeeman-Linie befinden; für die anderen gibt es
keinen Übergang mit der eingestrahlten Energie. Allerdings fallen die Elektronen
vom angeregten Zustand nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder zurück
in das Zeeman-Niveau, aus dem sie angehoben wurden. Die anderen emittieren ein
Photon mit einer etwas größeren bzw. kleineren Frequenz und befinden sich danach
im anderen Zeeman-Zustand, in dem sie nicht mehr angeregt werden. Mit jedem
Laserpuls werden also Elektroden in ein Niveau gepumpt, von dem aus sie keine
Photonen mehr absorbieren können, so daß die beobachtete Fluoreszenz verschwindet. Natürlich funktioniert dies nur, wenn man sich von den sechs Übergängen nicht
denjenigen mit kleinster oder größter Wellenlänge ausgesucht hat.
Ein Ion sei im Zustand Z+ bzw. Z− , wenn sich sein 6p-Elektron in der ZeemanLinie mit mj = +1/2 bzw. mj = −1/2 befindet. Die Anzahl der Ionen in diesen
Zuständen sei N+ bzw. N− , die Gesamtanzahl der Ionen in der Falle N = N+ + N− .
Wir nehmen an, daß bei einem Laserpuls jedes Ion aus Z+ mit der Wahrscheinlichkeit
pabs ein Photon absorbiert. Ferner falle jedes Ion aus dem angeregten Zustand jeweils
mit der Wahrscheinlichkeit pem wieder in Z+ zurück. Befinden sich nach dem i-ten
(i)
Laserpuls N+ Ionen im Zustand Z+ , dann sind es nach dem (i + 1)-ten Puls
(i)
(i+1)
(i)
(i)
N+
= (1 − pabs )N+ + pem pabs N+ = 1 − pabs (1 − pem ) N+
(i+1)
(i)
Ionen. Der Quotient N+ /N+ ist damit konstant und liegt zwischen 0 und 1. Die
Anzahl der Ionen im Zustand Z+ klingt daher exponentiell ab.
Ermöglicht man nun den Ionen, vom Zustand Z− in den entvölkerten Zustand
Z+ überzugehen, dann gibt es wieder viele Ionen, die angeregt werden können. Diese senden beim Zurückfallen in Z+ oder Z− Photonen aus, d. h. die Fluoreszenz
setzt wieder ein. Die Energiedifferenz zwischen den beiden Zeeman-Linien beträgt
56
KAPITEL 5. BESCHREIBUNG DES EXPERIMENTS
26,7 GHz; das entspricht einer Wellenlänge von 11,24 mm. Man benötigt also Mikrowellen, um den Übergang zwischen den beiden Niveaus zu induzieren.
Dazu wird der Systron Donner 1720 B Mikrowellen-Synthesizer eingesetzt, der
ein Klystron ansteuert. Das Klystron erzeugt Mikrowellen mit hoher Leistung, die
schließlich über einen Abschwächer mit Hohlleitern zur Falle gefühtt werden. Der
Ausgang des Klystrons wird über eine Mischerdiode mit dem vom Synthesizer erzeugten Referenzsignal verglichen. Das dabei entstehende Differenzsignal wird zum
Synthesizer zurückgeführt, wodurch das System einen Regelkreis bildet. Während
die Frequenz schrittweise verändert wird, muß auch die Strom- und Spannungsversorgung für das Klystron nachgeregelt werden, was nicht automatisch, sondern manuell geschieht. Diese Regelung erfolgt aufgrund zweier Analoganzeigen, von denen
das eine die Leistung anzeigt und das andere ein Maß dafür, wie gut das Klystron
auf die gewünschte Frequenz gelockt ist. Regelt man nicht rechtzeitig nach oder sind
die Schritte der Frequenzänderung vom Synthesizer zu groß, dann kann das Klystron
aus dem Lock fallen, wodurch die Leistung auf ein Minimum absinkt.
Kapitel 6
Ansteuerung und Programmierung
6.1
Schnittstellen
In diesem Experiment ist es nötig, daß verschiedene Geräte einschließlich des PCs
miteinander kommunizieren. Einerseits muß man deshalb verschiedene Ausführungen von Schnittstellen, d. h. Stecker- und Buchsentypen miteinander verbinden, andererseits hat jedes Gerät seine eigenen Befehle oder Signalpegel, die es versteht
bzw. auf die es reagiert.
Der Nd:YAG-Laser hat vier BNC-Anschlüsse, davon sind zwei Ausgänge („Flashlamp Out“ und „Q-Switch Out“) und zwei Eingänge („Flashlamp In“ und „Q-Switch
In“). An den Ausgängen werden jeweils synchron zur Blitzlampe bzw. zum Q-Switch
Pulse erzeugt, Signale an den Eingängen triggern bei entsprechender Einstellung die
Pulse des Lasers.
Farbstofflaser und Mikrowellensynthesizer verfügen über einen GPIB-Anschluß.
Ein geeigneter Buscontroller befindet sich auch im PC. Über das GPIB-Netzwerk
können Befehle zu den Geräten gesandt und Daten angefordert werden.
Zur Aufnahme der Pulse des Photomultipliers ist eine Vielkanalzählerkarte vorgesehen, wie sie auch im F-Praktikum am Experiment „Paulsche Ionenfalle“ eingesetzt
wird. Diese Karte wurde vor einiger Zeit von Ehemaligen der Arbeitsgruppe selbst
entwickelt.
Im Experiment wird seit einiger Zeit zusätzlich noch die parallele Druckerschnittstelle des PCs benutzt. Ihre Verwendung wird im nächsten Abschnitt erklärt.
6.2
Taktgeber: Laser oder PC?
Beim Schreiben des Steuerungsprogramms trat folgende, grundlegende Frage für
die Kommunikation auf: Welches Gerät gibt den zeitlichen Ablauf der Messung
vor? Darauf gibt es zwei mögliche Antworten: Entweder der Computer steuert alle
angeschlossenen Geräte und übernimmt damit die volle Kontrolle, oder der Laser,
der mit seinem internen Zeitgeber alle 100 ms einen Lichtpuls emittiert, triggert den
57
58
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
Computer und damit das Experiment. Aus Erfahrung wählte ich zunächst die erste
Alternative, und zwar aus folgenden Gründen:
Der Vorteil ist zunächst, daß nur ein Gerät aktiv den Zeitablauf steuert und
alle anderen Geräte lediglich auf die entsprechenden Signale warten müssen. Das
führt dazu, daß man den Laser nur einmal auf „bereit“ einstellen müßte und der
PC dann automatisch dem Laser den Befehl für einen Lichtpuls geben könnte. Nach
Beendigung des Experiments würde kein Laserlicht mehr sinnlos in die Umgebung
gestrahlt, was einen Sicherheitsaspekt darstellt.
Ich habe mich dazu entschieden, das Progamm in Borland Turbo Pascal 7.0 unter
DOS zu schreiben. Erstens ist mir leider mangels ausreichender Dokumentation nicht
bekannt, ob die oben erwähnte Vielkanalzählerkarte unter Windows anzusprechen
ist, und zweitens war auf dem Laborcomputer keine geeignete Programmiersprache
unter Windows vorhanden.
6.2.1
Computer als Taktgeber
Ich versuchte als erstes ein Programm zu schreiben, das den Laser veranlaßt, Pulse
mit der Frequenz 10 Hz abzugeben. Dazu diente ein Ausgang der Vielkanalzählerkarte, der über ein serielles Kabel mit einem NIM-Einschub verbunden werden kann,
der schließlich acht digitale Leitungen zur Vefügung stellt. Ich habe eine dieser Leitungen verwendet und mit einem BNC-Kabel an den Eingang „Flashlamp In“ des
Nd:YAG-Lasers angeschlossen. Damit der Laser auf dieses Signal reagiert, muß er
im Flashlamp-Menü auf „external“ gestellt werden. Den Q-Switch habe ich allerdings auf „internal“ gelassen, um den PC nicht mit der zusätzlichen Steuerung der
Laserleistung zu belasten.
Das hat zwar gut funktioniert, jedoch fällt der Laser bei einer kurzzeitig zu kleinen Frequenz, z. B. 110 ms statt 100 ms zwischen zwei Pulsen, sofort aus dem Lock
und meldet „Frequency low“. Dieser Effekt wird dann zum Problem, wenn zwischen
dem Erzeugen zweier Pulse andere Dinge vom Computer gemacht werden müssen,
insbesondere solche Aktionen, von denen nicht klar ist, wieviel Zeit sie in Anspruch
nehmen. Eine solche Aktion ist das Verstellen des Gitters am Farbstofflaser. Es hat
sich herausgestellt, daß die Dauer des entsprechenden GPIB-Befehls um mehrere
Millisekunden schwanken kann, was bei mehreren Schritten zwischen zwei Laserpulsen den Nd:YAG-Laser bereits aus dem Lock wirft.
Unter Windows hätte man mit seiner Multitasking-Fähigkeit zumindest die Möglichkeit, das Generieren dieser Pulse in einen separaten Thread des Programms auszulagern. Damit müßte sich das Programm selbst nicht mehr darum kümmern, daß
der Laser seine Signale erhält.
6.2.2
Laser als Taktgeber
Aufgrund der zuvor genannten Effekte, die immer wieder Probleme gemacht hätten,
habe ich mich entschlossen, den Laser zurück auf seinen internen Zeitgeber zu stellen.
6.3. SHUTTER
59
Da der Computer natürlich trotzdem noch benötigt wird, um die anderen Geräte zu
steuern und vor allem am Ende auch die Daten aufzunehmen, muß er mit dem Laser
synchronisiert werden. Dazu dient der Ausgang „Flashlamp Out“, der in geeigneter
Art und Weise vom PC abgefragt werden muß.
Da der Ausgang TTL-kompatibel ist, liegt es nahe, die sehr einfach zu programmierende parallele Druckerschnittstelle (die ebenso TTL-Pegel verwendet) zu
benutzen. Dazu verbindet man den Außenleiter des BNC-Kabels, welcher die Masse
darstellt, mit einem Massepin der Schnittstelle (Pins 19–25) und den Innenleiter mit
einem Eingang. Ich habe mich für den Eingang „Paper Out“ (Pin 12) entschieden,
was aber prinzipiell nicht von Bedeutung ist. Diese Leitung findet man softwaremäßig auf Basisadresse+1 am Bit 5 wieder. Der Quelltext für das Warten auf den
Laserpuls besteht dann aus den folgenden Assemblerzeilen:
mov dx, 0379h
@PulsLoop1:
in al, dx
and al, 32
jz @PulsLoop1
@PulsLoop2:
in al, dx
and al, 32
jnz @PulsLoop2
Darin ist 0379h die um eins erhöhte Basisadresse 0378h der ersten parallelen Schnittstelle und 32 = 25 die Bitwertigkeit von „Paper Out“. Meine Wahl fiel auf Assembler,
weil dies die schnellste und einfachste Möglichkeit bietet, die Schnittstelle abzufragen. Ferner lassen sich kurze Assembler-Fragmente leicht in den Quelltext von Pascal
einbetten.
Diese einfache Beschaltung mit nur einem Verbindungskabel reichte allerdings
noch nicht aus, weil das Signal, das der Laser ausgibt, viel zu kurz ist, um vom
PC detektiert zu werden. Das ist der Grund, warum wir einen Pulsverlängerer dazwischenschalten, der vom Laser getriggert wird und seinen Ausgang an den PC
weitergibt.
6.3
Shutter
Die Ansteuerung des Shutters haben wir direkt gelöst, ohne daß der Computer etwas
davon mitbekommt. Der maßgebliche Grund dafür war, daß das Steuergerät für
den Shutter genügend Einstellmöglichkeiten besitzt, die den Computer überflüssig
machen. So kann man erst einmal wählen, ob man ihn in einem Einzelmodus oder
in einem periodischen Modus betreiben möchte. Für das Experiment ist natürlich
nur der Einzelmodus geeignet, da ein periodischer Modus mit 10 Hz nicht vernünftig
mit dem Laser synchronisiert werden kann und nach einer gewissen Zeit auch wieder
asynchron laufen würde.
60
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
Das Steuergerät bietet die Möglichkeit, den Shutter standardmäßig offen oder
geschlossen zu halten, wobei bei uns geschlossen die sinnvolle Wahl ist. Kommt nun
vom Laser-Ausgang „Q-Switch Out“ das Signal an, dann wird es im Steuergerät des
Shutters um eine einstellbare Zeit verzögert, dann wird der Schutter geöffnet, und
nach einer ebenfalls einstellbaren Zeit schließt er wieder. Beide Zeiten lassen sich
sehr einfach mit einer Genauigkeit von 0,1 ms festlegen.
Für den Photomultiplier kann der Shutter im Ernstfall lebensrettend sein; es ist
allerdings nicht klar und nicht ohne weiteres festzustellen, wieviel Streulicht tatsächlich während des Laserpulses in seine Richtung gelangt. Allerdings stellt die
Steuerung, die unabhängig vom PC ist, mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit
sicher, daß der Shutter während der Laseraktivität tatsächlich geschlossen ist. Ein
weiterer Vorteil ist auch, daß die beiden Zeiten „Delay Time“ und „Exposure Time“
sehr leicht – auch während das Experiment läuft – verstellt und somit optimiert
werden können. Es wird sich noch zeigen müssen, wie lange man warten muß, bis
das Streulicht abgeklungen ist, ohne dabei zu viel von der Fluoreszenz zu verlieren,
die ja kurz nach der Anregung am stärksten ist.
6.4
Kommunikation via GPIB
GPIB ist die Abkürzung für „General Purpose Interface Bus“. Der ursprüngliche Name HP-IB („Hewlett Packard Interface Bus“) des Standards, der von der gleichnamigen Firma entwickelt wurde, ist vom IEEE („Institute of Electrical and Electronical
Engineers“) in GPIB abgeändert worden und heutzutage unter dem Kürzel IEEE488 bekannt.
Da es große Probleme gab, den Farbstofflaser via GPIB anzusteuern, und ich
selbst keine Erfahrung mit dieser Schnittstelle hatte, mußte ich mich selbst darüber
informieren, was ich im Folgenden erläutern möchte.
6.4.1
Geräte und Leitungen
Der GPIB-Standard sieht keine Regelung für die Art der Befehle vor, sondern nur,
wie die Geräte miteinander kommunizieren. Das erlaubt es, im Prinzip Geräte aller Art mit einem solchen Interface auszustatten, unabhängig von der Funktion des
Geräts. Natürlich benötigen ein Mikrowellensynthesizer und ein Farbstofflaser unterschiedliche Befehle für ihre Funktion, aber diese festzulegen und zu dokumentieren
ist dann Sache des Herstellers.
Ein GPIB-Netzwerk benötigt mindestens ein Gerät, das als Controller fungiert;
in einem Experiment wird dies in der Regel die GPIB-Karte im Computer sein.
Alle anderen Geräte sind jeweils entweder Talker, die etwas auf den Bus „sprechen“,
oder Listener, die ihn „abhören“. Wesentlich ist, daß es sowohl möglich ist, Befehle
an alle angeschlossenen Geräte gleichzeitig zu senden, als auch einen Befehl an ein
definiertes einzelnes Gerät zu schicken.
6.4. KOMMUNIKATION VIA GPIB
61
Das GPIB-Kabel besteht aus 24 Leitungen, von denen 16 zum Übertragen von
Informationen und acht als Masse dienen. Acht der 16 Datenleitungen tragen die
Namen DIO1 bis DIO8 und repräsentieren je ein Bit eines auf dem Bus liegenden Datenbytes, also parallel wie bei der Druckerschnittstelle. Jede dieser Datenleitungen
besitzt eine eigene Masseleitung (nämlich die oben genannten), mit der sie verdrillt
im Kabel liegt. Dies garantiert eine hohe Datensicherheit, weil die Gefahren des
Übersprechens einer Leitung auf eine andere sowie der Störungen von außen minimiert werden. Ganz allgemein setzt der GPIB-Standard auf größtmöglichen Schutz
vor Fehlübertragungen, was auch noch bei der Art und Weise, wie die Übermittlung
der Daten geschieht, deutlich werden wird.
Von den restlichen acht Datenleitungen dienen drei dem sogenannten Handshaking, mit dem die Geräte anzeigen, daß gültige Daten auf dem Bus bereit liegen
bzw. daß die Daten korrekt empfangen und verarbeitet wurden. Die fünf anderen
Leitungen dienen dem Interface Management, die aber bis auf eine für meine Programmierung wenig von Bedeutung sind.
6.4.2
Handshaking und Interface Management
Die drei Handshake-Leitungen tragen die Namen NRFD („Not Ready For Data“),
NDAC („Not Data Accepted“) und DAV („Data Valid“). Diese Leitungen sind alle
„active low“, d. h. ihr logischer Pegel ist gegenüber ihrer Bedeutung invertiert, z. B.
bedeutet DAV auf logisch 1, daß die Daten nicht gültig sind. Auf die Leitung DAV
haben immer der Talker bzw. Controller, auf NRFD und NDAC immer die Listener
Zugriff.
Wenn nun ein Talker ein Byte übertragen möchte, dann setzt er zunächst DAV
auf 1, um anzuzeigen, daß die momentan auf dem Bus liegenden Daten nicht gültig
sind. In diesem Moment sind die Leitungen NRFD aller Listener logisch 1 (bereit)
und deren NDAC-Leitungen alle 0 (nicht akzeptiert). Dann legt der Talker die Bits
des zu übertragenden Bytes auf die Leitungen DIO1 bis DIO8 und setzt DAV zurück
auf 0. Alle Listener drehen nun je beide Bits (NRFD und NDAC) um und zeigen
damit an, daß sie die Daten empfangen haben, aber noch nicht bereit für neue Daten
sind. Ist dies geschehen, setzt der Talker DAV wieder auf 1, um anzuzeigen, daß die
Daten nicht länger gültig sind. Das vermeidet insbesondere, daß ein Gerät ein Byte
zweimal als gültig akzeptiert. Nun ist es Sache der Listener, das empfangene Byte zu
verarbeiten und schließlich NRFD zurück auf 1 und NDAC zurück auf 0 zu setzen.
Von den fünf Interface Management-Leitungen tragen zwei die Namen IFC („Interface Clear“) und REN („Remote Enable“). Die erste wird nur verwendet, um das
gesamte GPIB-Netzwerk in einen definierten Anfangszustand zurückzusetzen. Dies
ist beim Programmstart und evtl. nach Fehlübertragungen notwendig. Erhält ein
Gerät vom Controller das REN-Kommando, dann wird es in einen Zustand versetzt, in dem es auf Busbefehle reagieren kann und in der Regel keine Befehle mehr
von den Bedienelementen akzeptiert. Erst nach erfolgter Datenübertragung wird
REN zurückgesetzt, und das Gerät reagiert wieder auf lokale Einstellungen.
62
6.4.3
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
Programmierung mit Turbo Pascal
AxiomTek, der Hersteller der von uns verwendeten GPIB-Controllerkarte AX5448,
stellt für Turbo Pascal die beiden Dateien itf488tp.obj und itf488tp.inc zur
Verfügung. Dabei enthält die erste Datei den aus einem Assemblerquelltext erzeugten Maschinencode für die Kommunikation mit dem Controller und die zweite die
für Pascal notwendigen Deklarationen, um die Maschinencode-Routinen ansprechen
zu können.
In einem GPIB-Netzwerk können maximal 16 Geräte zusammengeschlossen werden. Da ein Gerät den Controller darstellt, sind es dann tatsächlich nur 15. Jedes
dieser Geräte – auch der Controller selbst – benötigt eine eindeutige GPIB-Adresse,
die zwischen 0 und 15 liegt. Wenn ein Gerät einen Befehl ausführen soll, dann ist
der Controller der Talker und das Gerät der einzige Listener. Darauf sind die Routinen, die in Pascal verfügbar sind, ausgelegt, denn sie bekommen in der Regel als
Parameter die Adresse des anzusprechenden Geräts. Die Routine übernimmt dabei
selbständig das notwendige Interface Management, um z. B. dem Gerät den ListenerStatus zuzuweisen. Auch sendet sie automatisch alle Bytes des benötigten Befehls
nacheinander, jeweils unter Beachtung des zuvor beschriebenen Handshakings.
In der Datei itf488tp.inc befinden sich u. a. die folgenden Routinen:
function IBInit(IOPort, CtrlAddr, Config: Integer): Word; external;
function IBIfc: Byte; external;
function IBEol(Addr, OutEol: Integer; var OutEolStr: string; InEol, InEolb:
Integer): Byte; external;
function IBRen(Addr: Integer): Byte; external;
function IBLocal(Addr: Integer): Byte; external;
function IBWrt(Addr: Integer; var Wrt: string): Byte; external;
function IBRd(Addr: Integer; var Rd: string): Byte; external;
In der angegebenen Reihenfolge initialisieren sie den Bus, führen einen Interface
Clear durch, definieren die Befehlsterminierung (dazu später mehr), veranlassen ein
Gerät, in den Remote Control-Modus zu gehen, veranlassen ein Gerät, den Remote
Control-Modus wieder zu verlassen, schreiben Daten auf den Bus bzw. lesen Daten
vom Bus. Alle Routinen mit einer genaueren Beschreibung findet man im PDF
„AX5488 GPIB Interface Card User’s Manual“ von AxiomTek.
6.5
6.5.1
GPIB-Geräte
Mikrowellen-Synthesizer
Der Systron Donner 1720 B Mikrowellen-Synthesizer war das erste Gerät, das zum
Testen des GPIB-Netzwerks dienen sollte. Diese Entscheidung traf ich aufgrund
der Tatsache, daß dieses Gerät bereits früher bei anderen Experimenten von anderen Programmen angesteuert worden war und problemlos funktioniert hatte. Das
6.5. GPIB-GERÄTE
63
Phänomen jedoch, daß der Synthesizer nur mit der GBIP-Adresse 13 einwandfrei
betrieben werden kann, konnte ich auch später nicht lösen.
Um die Frequenz der ausgestrahlten Mikrowellen zu verändern, dient laut Handbuch der Befehl „FREQxxx“, wobei „xxx“ für die einzustellende Frequenz steht. Der
Befehl an sich funktionierte von Anfang an einwandfrei, allerdings verhielt sich der
Synthesizer ein bißchen anders als erwartet. Er benötigt nämlich vor dem Befehl
kein REN-Kommando, sondern hört das GPIB-Netzwerk dauerhaft ab. Unmittelbar
nach dem Befehl zeigt eine LED in einem Schalter an, daß das Gerät ein GPIBKommando empfangen hat und nicht mehr auf die Bedienelemente reagiert. Drückt
man auf diesen Schalter mit der Beschriftung „Go to local“, dann erlischt die LED
und die Bedienelemente werden wieder aktiv.
Verwendet man als Variablentyp für die Frequenz den kleinsten Fließkommatyp
Single, so stellt man fest, daß am Synthesizer nicht die exakte Frequenz eingestellt
wird. Bei 15 GHz wird z. B. 15000000512.0, bei 13 GHz hingegen 12999999488.0
angezeigt; dies wird durch die zu geringe Genauigkeit des verwendeten Datentyps
verursacht. Um diesen Problemen von vornherein aus dem Weg zu gehen, benutze
ich im Programm den Datentyp Extended. Dieser belegt 10 Byte im Speicher, im
Gegensatz zu 4 Byte von Single.
6.5.2
Farbstofflaser
Die Ansteuerung des Farbstofflasers gestaltete sich deutlich problematischer; das
einzige, was problemlos sofort funktionierte, war das Betreten und Verlassen des
Remote Control-Modus. Ein vom Computer gegebenes REN-Kommando bewirkte,
daß die Fernbedienung „Remote Control“ anzeigte und sämtliche Tasten des Bedienfeldes sperrte. Dieser Modus ließ sich durch einen Aufruf der Pascal-Prozedur
IBLocal wieder wie gewöhnlich verlassen.
Hatte man jedoch dazwischen einen Befehl gegeben, der z. B. das Gitter um
einen Schritt verstellt, dann konnte man den Remote Control-Modus nicht wieder
beenden. Statt dessen reagierte die Schnittstelle auf gar keine Befehle mehr, auch das
Interface Clear-Kommando schaffte keine Abhilfe. Man konnte den Laser erst dann
wieder ansprechen, wenn man den Strom komplett aus- und wieder einschaltete.
Eine andere GPIB-Adresse brachte auch keine Besserung; im Gegensatz zu dem
Phänomen, das beim Mikrowellen-Synthesizer auftritt.
Das Programm tat dasselbe wie das Programmierbeispiel im Farbstofflaser-Handbuch von Lambda Physik. Zwar war das Ganze mit einem GPIB-Controller eines
anderen Herstellers realisiert, aber wegen der Standardisierung des Busses sollte das
Problem dort nicht zu suchen sein. Wegen des anderen Controllers war es jedoch
auch nicht möglich, das Beispielprogramm zu verwenden, um die Kommunikation
zu testen. AxiomTek zufolge wurde der Treibersupport für die von uns verwendete
Karte seit einiger Zeit eingestellt, mit einem neuen Controller sollte es allerdings
klappen. Das war aber eine nicht zufrieden stellende Lösung, auch wenn Lambda
Physik nicht mehr Informationen als im Handbuch zur Verfügung stellen konnte.
64
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
Das Seltsame war, daß der Laser einen Befehl z. B. zum Verstellen des Gitters
um einen Schritt empfangen hat, was daran zu erkennen war, daß er ihn ausführte,
allerdings danach nie mehr etwas anderes akzeptierte. Es schien also, als ob er nach
einem Befehl nicht mehr in den Zustand, in dem er Befehle empfangen kann, zurückversetzt werden würde. Nach langwierigem Testen war es dann offensichtlich, daß es
doch etwas damit zu tun haben mußte, daß wir einen anderen GPIB-Controller als
in den Beispielprogrammen verwenden.
Um das Ende eines Befehls zu markieren, dienen i. a. die Zeichen CR („Carriage
return“) und LF („Line feed“), die ihren Ursprung in der Ansteuerung von Druckern
haben. CR besitzt den ASCII-Code #13 und befördert den Druckkopf zum linken
Rand, LF ist mit #10 codiert und bewegt das Papier um eine Zeile nach oben. In
Abhängigkeit des Geräts, das angesteuert werden soll, ändert sich die Konvention,
wie ein Befehl terminiert, d. h. abgeschlossen wird; dies kann #10, #13 oder auch
#13#10 sein, einige Geräte akzeptieren aber auch mehrere Alternativen.
Mit einem anderen GPIB-Controller ändert sich aber evtl. auch, wie die Befehle
standardmäßig terminiert werden. Nach ein paar Versuchen stellte sich heraus, daß
der Farbstofflaser einen Befehl als terminiert erkennt, wenn ein #13 am Ende steht.
Man muß also dafür sorgen, daß man am Anfang des Programms einmal die Routine
function IBEol(Addr, OutEol: Integer; var OutEolStr: string; InEol, InEolb:
Integer): Byte; external;
mit Ein- und Ausgabemodus 0 (für OutEol bzw. InEol), der hier nicht weiter interessant ist, und mit Terminierung #13 bzw. 13 (für OutEolStr bzw. InEolb) aufruft.
Diese Terminierung kann natürlich für die verschiedenen Geräte unterschiedlich gesetzt werden; daher muß in Addr die GPIB-Adresse übergeben werden.
6.6
Vielkanalzählerkarte
Die Vielkanalzählerkarte ist in der Lage, die elektronisch aufbereiteten Pulse des
Photomultipliers während eines vorgegebenen Zeitintervalls zu zählen. Zur Ansteuerung wird die Datei TpuMcs.obj verwendet, die im wesentlichen die beiden Routinen
procedure Mcs(TimeBase, DwellTime: Word; OutRate: Integer;
NumberOfChannels, NumberOfSweeps1, NumberOfSweeps2: Word; ClockIntern:
Boolean; var Daten: DatenArray; ActionOnClock, ClockTooFast,
ActionBeforeSweep, ActionAfterSweep, SweepsTooFast: Pointer); far;
external;
procedure StartSweep; far; external;
zur Verfügung stellt. Um eine Messung durchzuführen, d. h. um nach einem Laserpuls die Fluoreszenz aufzunehmen, muß je einmal Mcs mit geeigneten Parametern
aufgerufen werden.
6.7. DAS PROGRAMM
65
Zunächst erlaubt die Karte mehrere gleichartige Durchläufe (Sweeps) hintereinander; da wir nur einen Durchlauf (pro Laserpuls) benötigen, setzen wir NumberOfSweeps1 und NumberOfSweeps2 jeweils auf 1. Diese beiden Werte werden intern multipliziert und ergeben damit die Gesamtanzahl der Durchläufe, in unserem Fall natürlich 1. Vor bzw. nach jedem Durchlauf wird die übergebene Prozedur
ActionBeforeSweep bzw. ActionAfterSweep aufgerufen. Während ActionBeforeSweep bei uns nur aus dem Aufruf StartSweep besteht, um einen Durchlauf zu
starten, nimmt ActionAfterSweep die Daten des gerade beendeten Durchlaufs und
speichert sie an einer anderen Stelle zur Anzeige auf dem Bildschirm zwischen.
Für jeden Durchlauf adressiert die Karte nacheinander mehrere Zählregister,
auch Kanäle (Channels) genannt. Dabei verweilt sie in jedem Kanal so lange, wie
die übergebenen Parameter TimeBase und DwellTime angeben. Diese beiden Werte
werden intern multipliziert und als Verweilzeit in Mikrosekunden interpretiert. Die
Variable NumberOfChannels gibt die Anzahl der Kanäle an. Ein Durchlauf dauert
dann also NumberOfChannels · TimeBase · DwellTime Mikrosekunden. Jeder Kanal
wird durch einen 16 Bit-Zähler repräsentiert, d. h. er kann maximal 65 535 Pulse
zählen; ein weiterer läßt ihn wieder bei 0 beginnen. Wenn man solche Überläufe
üblicherweise vermeiden will, muß man durch die geeignete Wahl von Dwelltime
sicherstellen, daß die Verweilzeit τ pro Kanal hinreichend klein ist. Die mittlere
Frequenz der Pulse darf dann allerhöchstens 65 535/τ betragen.
Die Zählerkarte besitzt außerdem die Möglichkeit, von außen getriggert und gesteuert zu werden. Da wir das nicht benötigen, setzen wir die dafür vorgesehenen
Parameter OutRate auf 0 und ClockIntern auf True. Ebenso wird die Prozedur
ActionOnClock nicht benötigt; sie ist deshalb leer. Die Prozeduren ClockTooFast
und SweepsTooFast werden aufgerufen, wenn die entsprechenden Fehler aufgetreten sind; die erste insbesondere auch dann, wenn die Pulse zu schnell hintereinander
auftreten.
Im Programm wird nun der folgende Aufruf verwendet:
Mcs(1000, 5, 0, 12, 1, 1, True, Daten, @ActionOnClock, @ClockTooFast,
@ActionBeforeSweep, @ActionAfterSweep, @SweepsTooFast);
Es gibt also insgesamt zwölf Kanäle, die Verweilzeit pro Kanal beträgt 1000 · 5 µs =
5 ms, die Messung dauert daher 60 ms. Inwieweit dieser Wert günstig ist, wird
sich zeigen müssen, wenn das erste Spektrum tatsächlich aufgenommen werden
wird. Daten ist der Speicherbereich, in dem die Karte ihre Meßdaten ablegt. Dieser
wird aber nicht weiterverwendet, da die Daten schon – wie oben beschrieben – bei
ActionAfterSweep ausgelesen werden.
6.7
Das Programm
Die wesentlichen Teile der Oberfläche und Bedienung das Programms stammen von
dem Programm, das im Sommer 2003 für das Experiment „Paulsche Ionenfalle“ des
66
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
F-Praktikums entstanden ist. Es ist so konzipiert, daß einerseits die Menüpunkte
leicht abgeändert werden können und daß andererseits die Ansteuerung der Hardware vom Hauptprogramm abgekapselt ist. Auch jedes Untermenü befindet sich in
einer gesonderten Quelltextdatei.
Innerhalb des Kommentars am Anfang von Pb.pas befindet sich die Dateienliste:
Pb.pas
Pb.exe
General.inc
Communic.inc
Graphics.inc
SigHgt.inc
DyeSweep.inc
ViewDia.inc
UserOpt.inc
AdminOpt.inc
TpuMcs.obj
Pc2TpDrv.obj
Graph.tpu
Ax5488.tpu
EgaVga.bgi
6.7.1
(diese Datei hier - das Hauptprogramm)
(die ausführbare Datei zu Pb.pas)
(Include-Datei für allgemeines)
(Include-Datei für die Ansteuerung der Geräte)
(Include-Datei für die Graphikausgabe)
(Include-Datei für die Signalhöhen-Messung)
(Include-Datei für den Farbstofflaser-Sweep)
(Include-Datei für das Anzeigen der Diagramme)
(Include-Datei für die Benutzer-Einstellungen)
(Include-Datei für die Administrator-Einstellungen)
(Object-Datei für Vielkanalzählerkarte)
(Object-Datei für GPIB-Controller-Karte)
(Turbo-Pascal-Standard-Unit)
(Turbo-Pascal-Unit für AxiomTek 5488 GPIB-Controller)
(zum Ausführen des Programms notwendig)
Signalhöhen-Messung
Mit der Taste F1 gelangt man vom Hauptmenü zur Signalhöhen-Messung. Dort
kann man lediglich mit F1 die Anzahl der Datenpunkte N, die aufgenommen werden
sollen, einstellen. Daraus wird die Gesamtmeßzeit als N · 100 ms angezeigt, weil die
Zeit zwischen zwei Laserpulsen gerade 100 ms beträgt. Mit F9 kann die Messung
gestartet werden.
Der Benutzer wird darauf hingewiesen, den Nd:YAG-Laser einzuschalten und
dessen Snychronisationspulse abzuwarten, bevor er eine Taste zum eigentlichen Start
der Messung drücken soll. Dann fragt das Programm die parallele Schnittstelle auf
den Triggerimpuls des Lasers ab, wartet danach eine kurze Zeit und gibt schließlich
das Mcs-Kommando an die Vielkanalzählerkarte. Die Routine kehrt nach z. B. 60 ms
wieder zum Programm zurück, wonach der Meßpunkt im Diagramm angezeigt wird
und der Zyklus mit der Abfrage des Laserpulses von neuem beginnt.
Während der Messung kann der Benutzer jederzeit die Skalierung der y-Achse
vergrößern, verkleinern oder automatisch festlegen lassen sowie die Messung abbrechen. Nach einem solchen Abbruch bzw. nach regulärer Beendigung der Messung
wird der Benutzer darauf aufmerksam gemacht, den Laser wieder auszuschalten. Automatisch werden die Meßdaten in einer Datei gespeichert, wobei die Dateinamen
eine fortlaufende Numerierung tragen.
6.7. DAS PROGRAMM
6.7.2
67
Lasersweep
Mit der Taste F2 erreicht man das Lasersweep-Menü. Dort kann man eine minimale und eine maximale Wellenlänge einstellen, zwischen denen der Sweep durchgeführt werden soll. Ferner kann man angeben, wie viele Gitterschritte s bei jeder Wellenlängenänderung des Farbstofflasers gemacht werden sollen. Diese Angabe wird in eine Wellenlängenschrittweite ∆λ umgerechnet und angezeigt. Die Eichung beruht darauf, daß 1000 Schritte die Wellenlänge um 0,787 nm verstellen,
d. h. ∆λ = 0,000787 nm · s.
Eine weitere Option ist die Anzahl n der Messungen, die bei jeweils derselben
Wellenlänge durchgeführt werden. Hat man die Messung mit F9 gestartet, dann
wird der Farbstofflaser zunächst auf die minimale Wellenlänge eingestellt und fährt
nach n Messungen um s Gitterschritte nach oben. Die n Meßdaten für die minimale
Wellenlänge werden gemittelt und als ein Datenpunkt im Diagramm angezeigt, wobei auf der x-Achse die Wellenlänge aufgetragen ist. Dasselbe geschieht mit den n
Meßwerten für die nächsthöhere Wellenlänge, usw. Die sonstige Bedienung stimmt
mit der der Signalhöhen-Messung überein.
6.7.3
Andere Menüpunkte
Mit F6 gelangt man zur Anzeige der Diagramme. Dort kann man alle bisher aufgenommenen Meßdaten als Graph anschauen, unabhängig von der Art der Messung,
mit der sie erstellt wurden. Zwischen den Dateien der Signalhöhen-Messungen und
der Lasersweeps wird grundsätzlich nicht unterschieden; statt dessen werden in den
ersten Zeilen der Textdatei Art der Messung und Einstellungen protokolliert.
Mit F8 erreicht man das Menü für die Benutzereinstellungen. Dort hat man
lediglich die Möglichkeit, einen Ordnernamen für die Messungen zu wählen und
ein Zeichen für die Dezimaltrennung (in der Regel „.“ oder „ ,“) einzugeben. Der
Ordnername stammt vom F-Praktikum her, damit jede Gruppe von Studierenden
ihren eigenen Platz für die Meßdaten erhält.
Über Strg-F8 kommt man zum Administrations-Menü. Dort werden mit weiterer
Entwicklung des Programms diejenigen Einstellungen hineinkommen, die einmalig
vorgenommen und von Messung zu Messung nicht verändert werden müssen. Dazu gehören z. B. die GPIB-Adressen der Geräte. Auch dieser Menüpunkt stammt
vom F-Praktikum, weil die Studierenden nicht auf alle Einstellmöglichkeiten des
Programms Zugriff haben sollen.
68
KAPITEL 6. ANSTEUERUNG UND PROGRAMMIERUNG
Kapitel 7
Zusammenfassung und Ausblick
Das Experiment ist soweit fertiggestellt, daß das Spektrum mit den sechs Zeeman-Linien der Feinstrukturaufspaltung gemessen werden kann. Die Messung ist allerdings
noch nicht durchgeführt worden, weil zu diesem Zeitpunkt der Farbstofflaser für einige Monate an ein anderes Institut übergeben werden mußte. Auch der Nd:YAGLaser wurde gerade an eine andere Arbeitsgruppe verliehen, so daß beide Laser neu
aufgebaut werden müssen, sobald sie wieder zurückgekommen sind. Dann muß der
rote Laserstrahl wieder in die Apparatur eingefädelt werden, so daß er so genau
wie möglich durch den Fallenmittelpunkt verläuft. Die Falle selbst war – wegen des
unvollständigen Versuchsaufbaus – lange Zeit nicht in Benutzung, so daß man überprüfen muß, ob insbesondere das Rheniumfilament mit der Bleiionenmatrix noch
intakt ist, d. h. ob eine Speicherung von Bleiionen möglich ist.
Beim Aufbau des Experiments traten folgende Fragen auf, die in der nächsten
Zeit zu klären sind:
• Ist die Laserleistung ausreichend?
Die Leistung des Farbstofflaserstrahls wurde bisher nicht mit zufriedenstellendem Ergebnis gemessen, was vermutlich daran lag, daß die verwendeten
Meßgeräte für derart hohe Energien pro Puls nicht geeignet waren. Auch ließ
das Strahlprofil noch zu wünschen übrig, sowohl was die Form als auch die
Intensitätsverteilung betrifft. Dies ist jedoch bei erneutem Aufbau des Lasers
nochmals zu betrachten.
• Stimmt die Wellenlänge?
Dadurch, daß an dem Laser undokumentierte Veränderungen vorgenommen
worden waren, bevor wir ihn erhalten haben, ist nicht sichergestellt, daß die
Wellenlänge auf dem Display mit der tatsächlich emittierten übereinstimmt.
Zwei verschiedene Spektrometer zeigten bei einer eingestellten Wellenlänge
von 710 nm Werte an, die um 3 nm differierten. Dies ist nicht tragbar, weil der
Abstand zweier Linien im Spektrum kleiner als 0,05 nm ist. Das verläßlichere der beiden Wellenlängenmeßgeräte, das beim Helium-Neon-Laser 633 nm
anzeigte, ergab 710–711 nm für den Farbstofflaser.
69
70
KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
• Ist der Laserpuls hinreichend schmalbandig?
Für das Spektrum müssen Wellenlängen mit einem Abstand kleiner 0,05 nm
aufgelöst werden. Zwar bietet die Anzeige drei Nachkommastellen für Nanometer, aber diese Zahl sagt ja nichts darüber aus, wie breit der ausgesandte
Puls wirklich ist. Zwischen Vor- und Hauptverstärker befand sich ein Etalon,
das aber schon beschädigt und sicher nicht für unsere Wellenlänge brauchbar
war. Möglicherweise ist ein Etalon dieser Art notwendig, um im Spektrum die
sechs Einzellinien zu beobachten.
• Funktioniert der Photomultiplier?
Die Ausgangssignale des Photomultipliers schwankten stark, was Probleme
beim Einstellen der Schwelle bereitete; ferner schien ein Massefehler in der
Elektronik vorzuliegen, der aber bereits behoben sein sollte. Das Hintergrundrauschen war selbst im völlig abgedunkelten Labor mal sehr niedrig, mal im
Kilohertzbereich.
• Wie ist der Shutter einzustellen?
Es ist schwierig abzuschätzen, wieviel Streulicht in den Lichtleiter und damit
zum Photomultiplier gelangt und wie lange dieses nach dem Laserpuls noch
anhält. Deshalb muß mit dem Wert für die Verzögerung zwischen Triggerung
und tatsächlichem Öffnen des Shutters experimentiert werden. Auf der einen
Seite möchte man gar kein Laserlicht direkt messen, auf der anderen Seite so
wenig Fluoreszenz wie möglich verlieren.
Hat man das Spektrum mit genügend hoher Auflösung gemessen, dann läßt man
den Farbstofflaser auf einer der sechs Linien stehen und strahlt Mikrowellen ein.
Wenn deren Frequenz mit dem Abstand der beiden Zeeman-Linien des Feinstrukturniveaus 6p1/2 übereinstimmt, setzt die Fluoreszenz wieder ein. Die Mikrowellenfrequenz, bei der dieser Effekt maximal wird, liefert schließlich die Energiedifferenz
der beiden Linien.
Das Programm für die Ansteuerung des Experiments ist prinzipiell fertiggestellt.
Es kann die Signalhöhe messen und diese in einem Koordinatensystem anzeigen.
Währenddessen kann die Frequenz des Farbstofflasers manuell beliebig verändert
werden. Der andere Menüpunkt erlaubt es, einen Bereich mit minimaler und maximaler Wellenlänge sowie eine Schrittweite einzugeben, über den dann ein Wellenlängensweep durchgeführt wird. Sobald eine Messung mit sechs Peaks vorliegt, muß
ein weiteres Untermenü programmiert werden, in dem ähnliche Daten für einen Mikrowellensweep eingegeben werden können. Da die Ansteuerung des MikrowellenSynthesizers via GPIB keine Schwierigkeit darstellte, sind die benötigten Routinen
bereits implementiert.
Ist νmax die Mikrowellenfrequenz, bei der die Fluoreszenz maximal wird, dann
folgt
hνmax
hνmax = ∆E = gj µB B =⇒ gj =
.
µB B
71
Ist bei der Messung dieses gj -Faktors eine genügend hohe Genauigkeit erzielt worden,
dann kann die Falle schließlich mit 207 Pb+ -Ionen gefüllt werden, um den gI -Faktor
mit Hilfe der Breit-Rabi-Formel zu messen.
72
KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
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Ca+ und Untersuchung des Speicherverhaltens von Elektronen in einem
Penningkäfig“, Dissertation am Institut für Physik an der Universität
Mainz, Juli 2002.
Danksagung
Mein Dank geht an dieser Stelle an Carmen Angelescu, die das Experiment schon
vor Beginn meiner Arbeit betreut hat, aber auch an Peter Paasche und Dr. Giovanni
Tommaseo, die mir beide vor allem auch noch nach Fertigstellung ihrer Arbeiten mit
viel Zeit zur Seite standen.
Danken möchte ich auch Alexandros Drakoudis, Heiko Leuthner und Martin
Söllner vom Nachbarlabor, die immer ein Ohr auch für die einfachsten physikalischen
Fragen offen hatten, die sich während der Diskussionen als überhaupt nicht mehr
trivial herausstellten.
I want to thank Dr. Sharath Ananthamurthy from Bangalore, India, whose daily
attendance during his visit to the university I appreciated very much. It was he who
inspired me to deal with the theory on how instabilities in traps can occur.
Unproblematisch gestaltete sich auch die Arbeit mit Herrn Becker und Herrn
Felzer, die als Leiter der mechanischen Werkstätten immer weiterhalfen, ob es sich
nun um vier Schrauben oder größere Aufträge handelte.
Auch danken möchte ich dem Praktikanten Heinrich Hartmann, der uns sicher
viel Zeit gekostet hat, aber vor allem auch mir mit Fragen, die ich mir selbst nie
zuvor gestellt hatte, viele Tage abwechslungsreicher gestaltet hat.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Günter Werth für die Themenstellung und die Aufnahme in die Gruppe, sein Interesse für den Fortgang am teilweise
schwierigen Experiment und seiner stetigen Bereitschaft, Probleme in klärenden Diskussionen zu beseitigen.
75
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