Wie bekommt man 14 Fabriken unter einen Hut? Wie bekommt man

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Porsche Consulting – DAS MAGAZIN
Wie bekommt man
14 Fabriken
unter einen Hut?
Lipetsk Cooling
(Russland)
Yate
Lipetsk Washing
(Russland)
(grossbritannien)
Melano
(Italien)
Manisa
(Türkei)
Albacina
(Italien)
Radomsko
Dishwashing
Comunanza
(Italien)
(Polen)
Teverola
Radomsko
Washing
(Italien)
(Polen)
None
Łód ź
Cooking
(Polen)
(Italien)
Łód ź
Cooling
Carinaro
(Italien)
fotos_indesit
(Polen)
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Porsche Consulting – DAS MAGAZIN
Veränderungsprozesse brauchen
eine solide und realistische Struktur
_ Dagmar Deckstein
Der italienische Haushaltsgerätehersteller Indesit Company bringt alle seine Prozesse
auf den Prüfstand. 16 000 Mitarbeiter sollen umdenken – und zwar gleichzeitig in
unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Sieben Schlüsselfaktoren ebnen den Weg zum Ziel.
aller 14 Indesit-Werke, die in fünf Ländern an­
gesteigert werden, wenn die gesamte Produk­
gesiedelt sind, auf den Prüfstand gestellt wer­
tionsanlage mit einer Plattformstrategie neu
den. Der vielfach bewährte Einstieg in die
konfiguriert würde. Aber das ist eben Zukunft.
Exzellenz­offensive ist eine verschlankte und
Oder, wie Josef Nierling von Porsche Consul­
verschwendungsarme Produktion.
ting Italia sagt: „Solch ein Transformationspro­
zess dauert mindestens fünf Jahre, eher zehn.“
W Belingheri hat nicht nur die Zukunft fest im
Der Porsche-Geschäftsbereichsleiter betreut
Blick, gern präsentiert er auch die produk­
das Indesit-Projekt von Anfang an, also seit
tionstechnisch schon optimierte Gegenwart
2009. Nicht nur in Albacina unterstützt er mit
in Albacina. Mit seiner rechten Hand holt er
seinem Projektteam die Exzellenzoffensive von
weit aus und deutet auf die meterlangen Hoch­
Indesit. Auch in den 13 anderen Werken in Ita­
regallager, in denen ein paar Hundert silber­
lien, Großbritannien, Russland, Polen und der
folienumwickelte Ofenröhren, das Kernstück
Türkei müssen die insgesamt 16 000 Mitarbei­
jedes Herdes, auf ihren Transport an die Mon­
ter weiter angespornt werden, den kontinuier­
erkleiter Claudio Be­
tagebänder warten. „Früher hatten wir 7 000
lichen Verbesserungsprozess mit voranzutrei­
lingheri steckt mitten
Stück davon auf Lager, mit denen man eine
ben. Doch wie funktioniert das? Wie lässt sich
im Veränderungspro­
ganze Werkhalle füllen konnte. Inzwischen ha­
die komplexe Aufgabe bewerkstelligen, dass
zess und ist vor Ta­
ben wir mehr als 50 Prozent an Platz gespart.“
so viele Menschen aus unterschiedlichen Kul­
tendrang kaum zu
Er strebt weiter zu den Montagebändern. Im
turen gemeinsam an einem IME-Strang ziehen?
bremsen: „Im Grunde
Gegensatz zu früher sind sämtliche Einbauteile
bräuchten wir einen ganz neuen Grundriss
– Schrauben, Leuchten, Spulen, Kabel, Stecker,
der Produktionsanlagen, und ich hoffe sehr,
Schalter – für die immerhin 90 verschiedenen
ren gemeinsamen Erfahrungen die nachfol­
dass unser Management zustimmt.“ Belin­
Herdmodelle vorsortiert. So können sie „just
gend beschriebenen sieben Schlüsselfaktoren
Porsche Consulting und Indesit haben aus ih­
gheri ist Chef in der ältesten Fabrik des ita­
in time“ in kleinen Holzgestellen ans Band be­
abgeleitet, die für den Erfolg dieses komple­
lienischen Haushaltsgeräteherstellers Indesit
fördert werden.
xen, länder- und kulturübergreifenden Verände­
rungsprozesses ausschlaggebend sind.
Company, die bereits 1957 in Albacina, 60
Kilo­meter westlich von Ancona, in Betrieb ging.
Das Werk Albacina hat nach drei Jahren eine
Die Indesit Company ist der zweitgrößte Her­
zehn Prozent höhere Produktivität erreicht.
steller seiner Branche in Europa und vertreibt
„Möglich war dies nur, weil die Veränderungen
seine Produkte vor allem unter den Marken­
von Anfang an von den 400 Mitarbeitern mitge­
namen Indesit, Hotpoint und Scholtès. Vor
tragen und umgesetzt wurden“, sagt Belingheri.
drei Jahren hat bei dem Weißwarenproduzen­
Das Management leistete viel Überzeugungsar­
lien und Russland auf ihre Einsparpotenzi­
ten eine ganz neue Zeit Einzug gehalten: mit
beit, um die Belegschaft für die neuen Ideen
ale untersucht. Wie und wo werden Arbeits­
„Indesit Manufacturing Excellence“. IME ist ein
zu begeistern. So soll es weitergehen: Zum
kraft, Material, Raum und Zeit vergeudet? Wie
Exzellenzprojekt, bei dem sämtliche Prozesse
Beispiel könnte die Produktivität noch weiter
kann diese Ressourcenverschwendung
1. Kostenanalyse
Zunächst wurden alle 14 Werke zwischen Ita­
p
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Porsche Consulting – DAS MAGAZIN
Radomsko, Polen:
4. Solide Kommunikationsstrategie
Das Exzellenz-Projekt
ist für alle Mitarbeiter
Moderne, digitale Kommunikationstechniken
sichtbar – auf Postern
erleichtern die länder- und kulturübergreifende
und in der Praxis.
Zusammenarbeit im IME-Projekt. Da Produk­
tionsmitarbeiter jedoch nur eingeschränkt über
einen Rechnerzugang verfügen, wurden in al­
len Werkshallen Intranet-Säulen errichtet. So
können alle 16 000 Beschäftigten im IndesitIntranet in ihren jeweiligen Landessprachen
aktuelle Informationen zu IME abrufen und
Best-Practice-Beispiele aus allen 14 Fabriken
studieren. Derzeit befinden sich die Mitarbei­
ter des erst 2008 eröffneten Waschmaschi­
nenwerks im polnischen Radomsko, südlich
von Łód ź, mit 100 Verbesserungsvorschlägen
an der Spitze der Innovationsbewegung. Im­
mer im Fokus: die Ergonomie der Mitarbeiter,
unter anderem mit dieser pfiffigen Idee: Frü­
her mussten die Mitarbeiter den Maschinen
die Gebrauchsanweisungen mit der Hand bei­
legen und diese mit einem Handscanner prü­
fen. Heute übernimmt dies eine Apparatur mit
feststehendem Lesegerät. „Das spart Zeit und
vermieden werden? Dabei, so Projektmana­
änderungen und fördern das Training und die
Muskelkraft“, sagt der Werkleiter von Łód ź
ger Claudio Brusatori von Porsche Consulting
Vernetzung der IME-Beauftragten. Sie ermög­
Cooling, Franco Mazzuccato. Ebenfalls aus Ra­
Italia, ergaben sich regional unterschiedliche
lichen den Austausch von Best Practices so­
domsko stammt der Einfall, die zur Gerätemon­
Schwerpunkte. In Russland etwa drückten eine
wie regelmäßige Schulungen für die Mitarbei­
tage benötigten Bauteile am Band nicht mehr
komplizierte Logistik und überbordende Büro­
ter. Stufe 3: Die IME-Trainer arbeiten täglich
von oben aus Pappkartons fischen zu müssen.
kratie auf die Profitabilität. In den italienischen
im Schulterschluss mit den Werkleitern der
Die Polen gestalteten stattdessen eine schräg
Werken hingegen erwiesen sich überdimensio­
14 Fabriken, um die Veränderungen Schritt für
aufgestellte, blaue Plastikbox, in die die Monta­
nierte Lagerhaltung, ein arbeitskraftverschlei­
Schritt umzusetzen.
gearbeiter viel bequemer greifen können.
in Sachen Produktivität.
3. Verankerung der Ziele in
den Budgetplänen aller Werke
5. jeder mitarbeiter
erkennt die vorteile
2. Kontinuierliche
Verbesserung auf drei Stufen
Werk für Werk werden konkrete und mess­
Best Practices hin oder her, entscheidend für
bare Jahres-Einsparziele verankert. So ist si­
die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungs­
cher, dass das Exzellenzprojekt nicht zwischen
prozessen ist es, den tausenden Mitarbeitern
ßendes Layout der Montagebänder und die
überbordende Modellvielfalt als „Dickmacher“
„Zur bestmöglichen Unterstützung des IME-
unterschiedlichen Interessen der verschiede­
die Vorteile für ihr persönliches Engagement
Projektes braucht es die richtige Organisa­
nen Fabriken in unterschiedlichen Ländern
vor Augen zu halten und sie zu ermutigen, an
tionsstruktur“, sagt Gary Osler, IME-Trainer
versandet. Die Ziele hängen jeweils von den
einem Strang zu ziehen. Auch dabei spielt das
aus England. „Nur so können die Veränderun­
„werks­individuell“ festgestellten Kosten-, bzw.
Intranet eine Rolle: Mitarbeiterinnen und Mit­
arbeiter aus verschiedenen Werken führen in
gen reibungslos und solide umgesetzt werden.“
Verschwendungsanalysen ab. Jedes Jahr prü­
Stufe 1: Die Unternehmenszentrale in Fabriano
fen die Werkleiter und IME-Trainer mit den Por­
Kurzvideos vor, wie viel leichter ihnen nach
unterstützt das Exzellenzprojekt vorbehaltlos.
sche-Beratern, welche Fortschritte in jeder ein­
den ersten Verbesserungsschritten die Arbeit
Sie fördert Synergien sowie die Kommunika­
zelnen Fabrik erzielt wurden. Dabei hilft eine
von der Hand geht. Spätestens dann wird klar,
dass es bei IME nicht um abgehobene Manage­
tion zwischen den Standorten und kümmert
IME-Audit-Checkliste mit den hundert wichtigs­
sich um den Aufbau von Best Practices und
ten Maßnahmen. Die Drei-Jahres-Gesamtbilanz
ment- und Beratertheorien geht, sondern da­
Standards. Sie bindet alle unterschiedlichen
seit Beginn des IME-Projekts weist bereits sehr
rum, jeden Tag ein Stückchen besser zu wer­
Funktionen (z. B. die Produktentwicklung) mit
gute Ergebnisse auf: 17 Prozent Produktivitäts­
den. Das zahlt sich übrigens nicht nur für das
ein. Stufe 2: Die IME-Teams in den einzelnen
verbesserung sowie 36 Prozent weniger Auf­
Unternehmen monetär aus, sondern macht
Ländern koordinieren die Umsetzung der Ver­
wand an Material und Lagerhaltung.
sich auch im Portemonnaie der Mitarbeiter be­
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Porsche Consulting – DAS MAGAZIN
merkbar: Erfüllte Einsparziele belohnt Indesit
mer wussten nicht, wer er war, sagt Nierling.
men diskutiert, um weitere Verbesserungen zu
mit jährlichen Bonuszahlungen. Für besonders
„Aber sie haben eine Grafik an die Wand gewor­
erzielen. Das hat mich riesig gefreut: Die
engagierte und innovative Mitarbeiter ist auch
fen, die ich ganz zu Anfang einmal erstellt
Indesit-Leute treiben die Veränderungen weiter
einmal ein öffentliches Lob oder ein Gutschein
hatte. Sie haben begeistert Ideen und Maßnah­
voran.“
f
für Indesit-Haushaltsgeräte drin.
6. Workshops mit lokalen Mitgliedern
Beratungskunden aus allen Branchen lernen
in der Porsche Akademie die Wurzeln der Pro­
zessverschwendung kennen, indem sie Spiel­
Indesit Company – Zahlen, Daten, Fakten
zeug-Lastwagen an einem kleinen Montage­
band zusammenschrauben. Irgendwo stockt
der Prozess immer – ein Aha-Erlebnis. Für In­
desit wurde in Fabriano eine eigene Akademie
eingerichtet, in der Italiener, Engländer, Rus­
sen, Türken und Polen in ihrer Landessprache
geschult werden. Anstelle von Lkws werden
bei Indesit Spielzeug-Geschirrspülmaschinen
zusammengebaut. Begleitet werden die Mit­
arbeiter von den Mailänder Beratern und den
bisher 20 europaweit ausgebildeten Trainern.
„Dies öffnet den Mitarbeitern die Augen“, sagt
Josef Nierling.
7. Austausch zwischen den Teams
Um im ständigen Verbesserungsprozess von­
einander zu profitieren treffen sich die 20 Trai­
ner – es sollen in den nächsten Jahren noch
mehr werden – alle zwei Wochen zu gemeinsa­
men Telefonkonferenzen. Sie tauschen Erfah­
rungen aus, sprechen über erreichte Ziele oder
unvermutet aufgetauchte Probleme. „Wichtig
ist, dass wir im ständigen Dialog stehen“, sagt
Francesco Celentano. Er koordiniert das IME-
Die Indesit Company ist einer der führenden Hersteller von
elektrischen Haushaltsgeräten in Europa (Waschmaschinen, Trockner,
Spülmaschinen, Kühl- und Gefrierschränke, Herde, Abzugshauben,
Backofen und Kochplatten). In Italien, Großbritannien und Russland
ist der Weißwarenhersteller Marktführer. Die Indesit Company wurde
1975 gegründet. Ihre Aktie wird seit 1987 an der Mailänder Börse
gehandelt. Im Jahr 2011 hat das Unternehmen 2,8 Milliarden Euro
umgesetzt. In den 14 Werken in Italien, Polen, Großbritannien,
Russland und der Türkei arbeiten 16 000 Mitarbeiter. Zu den
bekanntesten Marken zählen Indesit, Hotpoint und Scholtès.
Projekt weltweit und arbeitet bereits seit zehn
Jahren bei Indesit. Und was ist mit den Sprach­
problemen? „Kein Thema“, meint Celentano in
fließendem Englisch. Öfters werde unter den
Werkleitern und Trainern neben Englisch aber
auch Italienisch gesprochen. Denn der Erfah­
rungsaustausch sieht vor, dass sie regelmä­
ßig durch die verschiedenen Werke in den fünf
Ländern rotieren.
Dass das IME-Projekt weiter auf einem vielver­
sprechenden Weg ist, macht Josef Nierling an
einem kleinen Randerlebnis fest. Er arbeitete
kürzlich im Werk Albacina an seiner AuditCheckliste, und nebenan fand gerade ein
werksinterner IME-Workshop statt. Die Teilneh­
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