Ulrich Ostermann Alternative Wasserquellen für die Feldberegnung Projekte zur Grundwassersubstitution - Beregnung in Nordostniedersachen Wasser in ausreichender Menge für die Trinkwasserversorgung und die Nahrungsmittelproduktion ist der entscheidende Faktor für die Erdbevölkerung. Unter dem Titel „Time for Solutions“ fand im März 2012 in Marseille das Weltwasserforum mit 20.000 Experten statt. Lösungen für die globalen Probleme des Klimawandels wurden diskutiert, das knappe Wasser muss besser verteilt werden, aber der Weg in die Praxis ist lang. Konkrete Projekte gibt es kaum. Deutschland, besonders Niedersachsen, ist reich an Grund- und Oberflächenwasser, dennoch gibt es in Nordostniedersachsen Grundwasserkörper deren Wasserhaushalt angespannt ist. 1. Einleitung Im Nordosten von Niedersachsen (Landkreise Gifhorn, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Uelzen) liegt das mit rd. 150.000 ha größte zusammenhängende Beregnungsgebiet Deutschlands (gesamt 500.000 ha). Für die Bestandsaufnahme zur EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wurden die Grundwasserkörper Ilmenau links und rechts, Jeetzel links und Ise links und rechts hinsichtlich ihres mengenmäßigen Zustandes detailliert untersucht, weil mehr als 10 % der Grundwasserneubildung entnommen werden. Davon entfallen auf den Landkreis Uelzen für die Landwirtschaft durchschnittlich 28 Mio. m³ Grundwasser pro Jahr (maximal 50 Mio. m³/a, Trinkwasser: 7 Mio. m³/a). Alle Grundwasserkörper wurden in den guten Zustand eingestuft. Der Grundwasserkörper Ilmenau rechts (1441 km²) weist dennoch einen kritischen Zustand in Hinblick auf seine zukünftige Entwicklung auf, weil er aufgrund der klimatischen Situation (geringe Niederschläge), der ungünstigen Bodenverhältnisse (Wasserhaltefähigkeit) und den daraus resultierenden großen Entnahmen für die landwirtschaftliche Zusatzberegnung besonders belastet ist. Wissenschaftlich fundierte Aussagen sind wegen der komplexen Zusammenhänge nur über eine hydrogeologische Modellierung möglich. Tabelle 1: Entwicklung der Feldberegnung im Landkreis Uelzen (Flächen in ha) In Nordostniedersachen hat sich der Witterungsverlauf in den letzten vier Jahrzehnten deutlich verändert. Die Vegetationsperiode ist durchschnittlich einen Monat länger und es gibt häufiger ausgeprägte Trockenphasen im Frühjahr. Die Klimaforschung prognostiziert erhöhte mittleren Jahrestemperaturen und gleichbleibende Jahresniederschläge, trockenere Sommer und mehr Niederschläge im Winter. Untersuchungen des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau Energie und Geologie (BEG) [1] haben für die Zukunft einen deutlich größeren Beregnungsbedarf ergeben. Deshalb ist es sinnvoll bereits heute mit Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushalts zu beginnen. Die Entwicklung der Beregnung in den letzten 6 Jahrzenten ist in der Tabelle 1 auf Seite 1 dargestellt. Nachfolgend sind Projekte und Maßnahmen im Landkreis Uelzen dargestellt. 2. Rückblick Die Substitution von Grundwasser durch Wasser aus anderen Quellen ist für den Raum Uelzen, wie auch für Teile der Landkreise Lüneburg und Gifhorn, kein neues Thema. Die Fließgewässer sind für direkte Wasserentnahmen nicht leistungsfähig genug oder es würden ökologische Nachteile entstehen. Deshalb wurden bereits bei der Planung des ElbeSeitenkanals (Fertigstellung 1975) Anla- Abbildung 1: Schiffshebewerk Scharnebeck mit Pumpwerk (links) gen zur Entnahme von Wasser für die Feldberegnung vorgesehen und dafür wasserrechtliche Regelungen zur Wasserbereitstellung aus der Elbe getroffen. Parallel zum Bau des Kanals sind 25 Bauwerke zur Entnahme von Beregnungswasser gebaut und die erforderlichen Pumpwerke an den Abstiegsbauwerken in Scharnebeck (Abbildung 1) und Esterholz errichtet worden. Damit stehen für die Feldberegnung insgesamt 5 m³/s aus dem Kanal zur Verfügung. Heute wird in einem Korridor von rd. 3 km westlich und östlich des Kanals eine Fläche von 11.250 ha mit durchschnittlich 7 Mio. m³ Wasser pro Jahr beregnet. Ein erster Wasserspeicher mit rd. 250.000 m³ Inhalt wurde bereits 1987 von der Zuckerfabrik Abbildung 2: Wasserspeicher Stöcken, Inhalt 750.000 m³, 13 ha Wasserfläche Uelzen für unbelastetes Produktionswasser erstellt. Das im Winter gespeicherte Wasser wird in den Sommermonaten für die Feldberegnung verwendet. Im Jahre 2003 hat der Bewässerungsverband Uelzen (2.500 ha Verbandsfläche) 8 km östlich von Uelzen einen weiteren Wasserspeicher (Abbildung 2) mit rd. 750.000 m³ Inhalt errichtet. Damit konnte die gesamte in der Zuckerfabrik Uelzen anfallende Wassermenge gespeichert und in der Vegetationsperiode für die Beregnung verwendet werden. Weil die insgesamt rd. 1 Mio. m³ Speicherraum nach einer Erhöhung der Rübenverarbeitungsmengen nicht mehr ausreichen, werden seit 2010 bis zu 500.000 m³/a behandeltes Abwasser in das Fließgewässer Ilmenau eingeleitet. 3. Anpassungsstrategien Für die Stabilisierung des Grundwasserhaushalts gibt es folgende grundlegende Maßnahmen: Erhöhung der Grundwasserneubildung, insbesondere durch Waldumbau, Verwendung von Klarwasser aus Kläranlagen und von Produktions(ab)wasser, Speicherung von erhöhten Abflüssen (Hochwasser, Starkregen) in der Fläche und Verwendung von Wasser aus Oberflächengewässern. In einer Arbeitsgruppe (Umweltministerium, Landwirtschaftsministerium, Landkreise und Fachbehörden, Fachverband Feldberegnung und Grundwassernutzer) ist über Maßnahmen zur Substitution von Grundwasser diskutiert und ein Leitprojekt (AquaRo) initiiert worden. Zur Absicherung der Entscheidungen wurden ab 2006 die hydrogeologischen Auswirkungen der Wasserentnahmen und die Effekte geplanten Substitutions- und Stabilisierungsmaßnahmen in zwei Projekten untersucht. Projekt „No Regret“ Das Projekt „No Regret“ – Genug Wasser für die Landwirtschaft [2] hat bestätigt, dass in Teilbereichen der Landkreise Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen Probleme hinsichtlich des mengenmäßigen Zustandes der Grundwasserkörper bestehen können. Schwerpunkt ist der Ostteil des Landkreises Uelzen mit teilweise signifikanten Grundwasserabsenkungen in den letzten Jahrzehnten. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Ansätze zur Stabilisierung des Wasserhaushalts diskutiert und für ein rd. 2.500 km² großes Gebiet modelltechnisch simuliert. In Ergebnis ist festzustellen, dass alle Veränderungen (größere Entnahmen, Verringerung der Grundwasserneubildung, Erhöhung des Laubwaldanteils usw.) Einfluss auf die Grundwasserstände und die Basisabflüsse in den Fließgewässern haben. Insbesondere die Wasserstandsänderungen konnten quantifiziert werden, sie liegen für Extremszenarien (z. B.: Klimaprognose 2100) bei mehreren Metern im Bereich der Grundwas- serhochlagen (Wasserscheiden). Die großen Grundwasserentnahmen haben in der Vergangenheit nachweislich auch zu geringeren Basisabflüssen in den Gewässern geführt. Projekt „Aquarius“ Im Projekt „Aquarius“ [3] wurden für ein rd. 200 km² großes Teilgebiet des „No RegretProjektgebietes“ detaillierte hydrogeologische Untersuchungen durchgeführt. Besondere Berücksichtigung fanden dabei die Basisabflüsse der Fließgewässer im Projektgebiet. Diese Projekte und ihre Ergebnisse sind im Beitrag von Elisabeth Schulz (Landwirtschaftskammer Niedersachsen) in dieser Ausgabe von Wasser und Abfall dargestellt. 4. Projekte und Maßnahmen Die Ideen für die nachfolgend beschriebenen Projekte und Maßnahmen wurden in der Diskussion mit den verschiedenen Akteuren in den begleitenden Arbeitskreisen zu den Projekten „No Regret“ und „Aquarius“ und anderer Projekte zur Klimafolgenforschung (KLIMZUG [4]) entwickelt. Großer Wert wurde darauf gelegt, dass die Maßnahmen unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung des Klimas und des mengenmäßigen Zustands des Grundwassers eine positive Wirkung auf die nachhaltige Nutzung des Grundwassers haben. Neben den Einzelprojekten ist der großflächige Umbau von Nadelwald zu laubbaumdominierten Mischwäldern ein wesentlicher Baustein zur Erhöhung der Grundwasserneubildung. Der lateinische Name für Wasser spiegelt den Kern der Projekte und ist auch das Akronym für „Alternative Quellen anzapfen“. Träger dieser Projekte ist der Kreisverband der Wasserund Bodenverbände Uelzen oder einer seiner 45 Mitgliedsverbände. Die Projekte „AquariusDalldorf“ und „Aquarius-Gr. Thondorf“ sind von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Rahmen des Aquarius-Projektes initiiert worden. Die nachfolgend dargestellten Projekte liegen im Landkreis Uelzen. Sie haben unterschiedliche Entwicklungsstände, die von der Projektidee bis zur umgesetzten Maßnahme reichen. 4.1 Konzepte und Studien „AQuaSewi“ Bei diesem Projekt geht es um die Nutzung von Wasser aus dem Binnenpolder „Seewiesen“ bei Bad Bodenteich für die Feldberegnung. Für das Projekt soll eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, um aus der Idee, mit grob abgeschätzten Rahmendaten, ein konkretes Vorhaben zu entwickeln. Der Binnenpolder (Abbildung 3) hat eine Größe von rd. 600 ha und wird als Grünland genutzt. Das bestehende Schöpfwerk hebt das Wasser rd. 1,5 m um Abbildung 3: Poldergebiet Seewiesen (Topographische Karte, Quelle: LGLN) die Vorflut des Gebietes sicherzustellen. Nach überschlägigen Ermittlungen werden über das Schöpfwerk im Sommer monatlich mindestens 60.000 m³ und im Jahr bis zu 1,5 Mio. m³ abgeleitet. Die Ableitung des erwärmten und nährstoffreichen Wassers hat in den Sommermonaten negative Auswirkungen auf die Gewässergüte im Fließgewässersystem der Stederau. Große Teile des Poldergebietes sind naturschutzfachlich hochwertig und gesetzlich geschützt, deshalb dürfen sich die Wasserstände in den Seewiesen durch die Entnahme gegenüber dem bisherigen Schwankungs- Abbildung 4: Karte des Poldergebietes und der Beregnungsflächen Abbildung 5: Förderleistung Schöpfwerk Bodenteich 2003 bis 2012 bereich nicht verändern. Abbildung 4 zeigt das Projektgebiet, mit den in Blau hervorgehobenen bestehenden Beregnungsflächen und Abbildung 5 den jahreszeitlichen Verlauf der Wasserförderung aus dem Polder. In Mit der im Sommer vorhandenen Wassermenge kann eine Fläche von 200 bis 300 ha beregnet werden. Zusätzlich zur lokalen Verwendung des Wassers ist auch die Speicherung des im Winter anfallenden Wassers (> 1 Mio. m³/a) oder seine Überleitung in andere Gebiete denkbar, derzeit jedoch aus finanziellen Gründen nicht zu verwirklichen. „AQuaVia“ Das Projekt „AQuaVia“ beinhaltet die Erweiterung der Beregnung aus dem ElbeSeitenkanal (ESK). Die insgesamt durch die bestehenden technischen Anlagen zu Verfügung gestellte Wassermenge (5 m³/s) wird durch die vergebenen Wasserrechte nicht vollständig ausgenutzt. Es steht noch eine Restmenge von rd. 1,2 m³/s, also rd. 4.300 m³/h, zur Verfügung, mit der sich nach heutigen Maßstäben (1,5 m³/ha*h) etwa 2.900 ha zusätzliche Beregnungsfläche aus dem Elbe-Seitenkanal erschließen Abbildung 6: Ampelkarte zur Identifizierung potentieller ESK-Beregnungsflächen lassen, ohne dass die an den Abstiegsbauwerken vorhandenen Pumpwerke erweitert werden müssen. Die Versorgung von landwirtschaftlichen Nutzflächen über den bisherigen 3 km-Korridor hinaus führt zu höheren Baukosten und größeren Betriebskosten als bei der bestehenden Versorgung dieser Flächen aus dem Grundwasser. Die Akzeptanz für die alternative Wasserversorgung aus dem Kanal ist deshalb davon abhängig, ob sie finanziell tragbar und administrativ durch die unteren Wasserbehörden durchsetzbar ist. Vorteile für die Landwirte bei der Wasserentnahme aus dem Elbe-Seitenkanal ergeben sich aus der höheren Temperatur des Wassers (in den Sommermonaten ca. 20° C) und der gegenüber den Grundwasserentnahmen höheren erlaubten Zusatzregenmenge in Höhe von 1.000 m³/ha*a (100 mm/a). Das Projekt „AQuaVia“ wird in zwei Abschnitten im Gebiet des Landkreises Uelzen ("AQuaVia Uelzen“) [5] und in einem Teilgebiet des Landkreises Lüneburg („AQuaVia Ostheide“) umgesetzt. Dabei geht es zunächst um die technische Machbarkeit der Versorgung von zusätzlichen Flächen aus dem Kanal. Die Entfernungen, die geodä- Abbildung 7: Kostenverteilung im Mittel aller untersuchten Teilprojekte tischen Höhenunterschiede und der Wasserbedarf in der Fläche spielen dabei die entscheidende Rolle für die Kosten. Eine „Ampelkarte“ (Abbildung 6) verdeutlicht für einen insgesamt 20 km breiten Korridor, welche Bereiche noch sinnvoll aus dem Kanal versorgt werden können und wo im Enzelfall (gelb) abzuwägen ist. Für die rot gekennzeichneten Bereiche wird ggf. noch eine weitere Differenzierung erforderlich. Mit dem noch aus dem Kanal zur Verfügung stehenden Wasser ist die Substitution von Grundwasser in einer Größenordnung bis zu 2 Mio. m³/a (durchschnittlicher Bedarf 700 m³/ha*a) möglich. Die Grafik auf dieser Seite (Abbildung 7) zeigt die mittleren Kostenanteile für die verschiedenen untersuchten Projekte. Auffällig ist dabei, dass die Transportleitungen vom Kanal zu den Beregnungsflächen den größten Anteil der Kosten ausmachen. Die ermittelten Kosten für die verschiedenen Teilprojete liegen zwischen 2.000 und 8.000 €/ha. Die Machbarkeitsstudie dient den Wassernutzern und den zuständigen Behörden als Entscheidungsgrundlage. Projekt BV Borne-Wrestedt Die Karte (Abbildung 8) auf der folgenden Seite zeigt exemplarisch das Teilprojekt „Beregnungsverband Borne-Wrestedt“ mit folgenden Daten: Beregnungsfläche: 760 ha Pumpenleistung: 1.100 m³/h Geländehöhe: 45 mNN, Entfernung zum ESK: 3,5 km 3 Transportleitungen DN 300, 4 km lang Wasserentnahme: Neues Entnahmebauwerk bei Kanalkilometer 61,7 Projektkosten: 2.180.000 € (2.868 €/ha) Betriebskosten: 0,13 €/m³ Abbildung 8: Projekt AQuaVia – Borne-Wrestedt „AQuaWip“ Das Projekt „AQuaWip“ bezieht sich auf den Oberlauf der Wipperau (Nebengewässer der Ilmenau) im Raum Suhlendorf, der Ende des 19. Jahrhunderts und dann noch einmal Mitte des 20. Jahrhunderts für die Entwässerung ausgebaut worden ist. Dabei ist das Gewässer um mehrere Kilometer in den Oberlauf hinein verlängert worden. Der Wipperauoberlauf hat deshalb keinen Fließgewässercharakter und fällt in den Sommermonaten trocken. Wertbestimmende Tierarten sind nicht vorhanden und es bestehen auch keine naturschutzfachlich hochwertigen Saumbiotope am Gewässer. Das Wasser soll durch einfache Stauanlagen (Abbildung 9) um einige Dezimeter angestaut und so zeitweise zurückzuhalten werden. Der Abstand der Stauanlagen ist abhängig von den Gefälleverhältnissen und liegt zwischen 500 und 1.500 m. Die Regulierung der Was- Abbildung 9: Stauanlage (Beispiel aus der Lucie, Wendland) serstände durch die Landwirte ermöglicht sowohl die Bewirtschaftung der anliegenden Flächen als auch einen Rückhalt von Wasser. Die zurückgehaltenen Wassermengen sind relativ gering. Der wichtigere Effekt ist, dass der Grundwasserspiegel durch den Aufstau auch in den angrenzenden Ackerflächen entsprechend höher gehalten wird und so die Pflanzenwurzeln über einen längeren Zeitraum Grundwasseranschluss haben. Das Projekt soll als Pilotprojekt zeigen, dass auch kleinräumige Maßnahmen möglich sind und einen wasserwirtschaftlichen Effekt erzielen. „Aquarius-Dalldorf“ Beim Projekt „Aquarius-Dalldorf“ geht es um die Entnahme von Wasser aus dem Mittellauf der Wipperau in der Phase der erhöhten winterlichen Abflüsse. Über einen Zeitraum von rd. 60 Tagen pro Jahr kann eine Wassermenge von rd. 10 l/sec schadlos aus der Wipperau in einen Wasserspeicher mit einem Volumen von rd. 50.000 m³ gepumpt werden. Vorgesehen ist die Errichtung windgetriebener Pumpen mit einer Förderhöhe von rd. 4 m. In der Beregnungssaison soll das Wasser aus dem Wasserspeicher dann über eine Unterwassermotorpumpe in das vorhandene Beregnungsnetz eingespeist werden. Das Projekt beruht auf einer Idee von Landwirten. Es ist praktisch umsetzbar, kann momentan aber aufgrund fehlender Fördermittel nicht realisiert werden. 4.2 Konkrete Vorhaben „AQuaRo“ Im Projekt „AQuaRo“ geht es um die Stabilisierung des Grundwasserhaushalts im östlichen Kreis Uelzen. Ziel des Projektes ist es, Wasser aus der Kläranlage Rosche (Abbildung 10, blaues Kreuz) und überschüssiges Produktionswasser der Zuckerfabrik Uelzen für die Anreicherung des Grundwassers (Versickerung) bzw. die landwirtschaftliche Feldberegnung (Speicherung) zu nutzen. In einer Machbarkeitsstudie [6] sind die entscheidenden Randbedingungen für die Realisierung des Projektes untersucht und dargestellt worden. Ein Ergebnis ist, dass aufgrund der EHEC-Diskussion die Idee der Verwendung von gereinigtem Kommunalabwasser für die Beregnung zunächst nicht weiter verfolgt wird. Dieses Wasser, rd. 370.000 m³/a, soll auf Waldflächen bzw. in Kurzumtriebsplantagen versickert werden (Bild 6, gelb markierte Flächen) und so der Grundwasseranreicherung dienen. Als Wasserquellen für einen Wasserspeicher sind Überschusswassermengen der Zuckerfabrik Uelzen, Wasser aus den winterlichen Hochwasserabflüssen der Wipperau (vgl. Aquarius-Dalldorf) und auch zusätzliches Wasser aus dem Elbe-Seitenkanal identifiziert worden. Insgesamt würden Wassermengen zur Speicherung in einer Größenordnung Abbildung 10: Projektskizze AquaRo; Kartengrundlage Quelle: LGLN bis zu 1 Mio. m³/a zur Verfügung stehen. Begrenzende Faktoren für die Verwendung des Wassers sind die technischen Randbedingungen für die Wasserverteilung, die Finanzierung eines Wasserspeichers mit den zugehörigen Anlagen und die sich später aus dem Betrieb ergebenden laufenden Kosten. Realistisch ist ein Wasserspeicher mit rd. 400.000 m³ Inhalt und einem zugehörigen Verbandsgebiet von etwa 1.000 ha. Der Wasserspeicher (Abbildung 10, roter Kreis) trägt die Grundlast der Feldberegnung. Die darüber hinaus erforderlichen Wassermengen werden in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf aus den vorhandenen Brunnen entnommen. Für den Wasserspeicher sind mehrere Standorte identifiziert worden und das Abbildung 11: Tropfschlauch zugehörige Beregnungsgebiet ist grob umrissen. Die Entwurfsplanung und Realisierung des Projektes wird durch einen Arbeitskreis aus Landwirten und Fachinstitutionen begleitet. Der Wasserspeicher, die zugehörigen Anlagen (Rohrleitungsnetze, Pumpwerke usw.) sollen 2014 fertiggestellt werden. Die für die Versickerung des Klarwassers erforderlichen Anlagen wurden bereits im Jahre 2013 auf einer Waldfläche von rd. 35 ha fertiggestellt und in Betrieb genommen. Die Wasserverteilung erfolgt über Tropfschläuche (Abbildung 11), die oberflächlich in den Waldparzellen verlegt wurden. Für diese Grundwasseranreicherung erfolgt ein umfassendes Monitoring (Boden, Wasserqualität, Sickerraten usw.) durch 3 Hochschulen. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rd. 5,2 Mio. €. 4.3 Umgesetzte Projekte „AQuaVia Uelzen R1“ Im Vorgriff auf die konzeptionellen Planungen des Projektes AQuaVia wurde bereits im Frühjahr 2012 eine erste Maßnahme (Abbildung 12) nordöstlich der Stadt Uelzen auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rd. 640 ha umgesetzt. Die neu an den Elbe-Seitenkanal angeschlossenen Flächen liegen in einer Entfernung von bis zu 4.500 m (Luftlinie) vom Kanal. Das Pumpwerk am Kanal ist mit 4 Pumpen Abbildung 12: Leitungsverlegung im Verbandsgebiet Molzen-Masendorf-Heidtbrak ausgerüstet und hat eine Leistung von 1000 m³/h. Die Gesamtlänge des Leitungsnetzes (DN 125 bis 300) beträgt rd. 26 km. Die Baukosten in Höhe von rd. 1,3 Mio. € werden von den beteiligten Landwirten getragen. Durch das Projekt werden Grundwasserentnahmen in einer Größenordnung von rd. 200.000 m³/a für eine Fläche von rd. 300 ha ersetzt, die bisher aus dem Grundwasser beregnet wurden. „Aquarius-Gr. Thondorf“ Das Projekt „Aquarius-Gr. Thondorf“ ist von der Landwirtschaftskammer Uelzen und Landwirten aus Gr. Thondorf initiiert worden. Es gehört zu den „Rain-Harvesting“ Projekten des Forschungsprojektes KLIMZUG-Nord [4]. Bei diesem Projekt wird Drainagewasser über Versickerungsanlagen wieder dem Grundwasser zugeführt und nicht mehr direkt in Vorfluter abgeleitet. Für zwei jeweils rd. 10 ha große Drainagebereiche sind die Vorflutverhältnisse so geändert worden, dass das Wasser in einen vorhandenen Sickerteich bzw. in ein neu angelegtes Becken (Abbildung 13) geleitet wird. Es werden insgesamt rd. 20.000 m³ Wasser pro Jahr versickert und so dem Grundwasser- Abbildung 13: Sickerbecken bei Gr. Thondorf leiter kleinräumig wieder zugeführt. Das Projekt ist bereits im Winter 2011/12 vollständig umgesetzt worden. Die Finanzierung der Baukosten von rd. 10.000 € erfolgte über Fördermittel (Bingo-Stiftung) und Eigenleistungen der Landwirte. 5. Zusammenfassung In Nordostniedersachen hat die Landwirtschaft eine entscheidende wirtschaftliche und strukturelle Bedeutung. Wegen der klimatischen Bedingungen sind große Wassermengen für die Feldberegnung erforderlich, um Qualität und Erträge der landwirtschaftlichen Produkte zu sichern. Zu der ohnehin schwierigen hydrogeologischen Situation des Grundwasserkörpers Ilmenau kommt deshalb eine Belastung des Grundwasserhaushalts durch große Entnahmen für die Feldberegnung, insbesondere in Trockenjahren. Da diese Thematik bei allen Protagonisten bekannt ist, gibt es auch einen entsprechenden Ideenreichtum für die Bewältigung der bekannten Probleme. Die beschriebenen Vorhaben machen die Spanne der Möglichkeiten deutlich. Die Verwirklichung der beschriebenen Vorhaben ist neben der Akzeptanz und Finanzierung auch von vielfältigen rechtlichen Vorschriften (Wasser-, Naturschutz- und Baurecht, Schutzgebiete, Artenschutz usw.) abhängig. Darauf soll hier nicht näher eingegangen werden. In der Praxis wirken alle beteiligten Behörden und Institutionen aktiv an der Umsetzung der Projekte mit, so dass keine unnötigen rechtlichen Hindernisse entstehen. Tabelle 2: Zusammenfassung der Projekte Neben den bereits realisierten Maßnahmen zur Grundwassersubstitution, insbesondere den Speicherbecken bei Uelzen mit rd. 1 Mio. m³ Inhalt und den bestehenden Entnahmen aus dem Elbe-Seitenkanal (im Mittel 7 Mio. m³/a, max. 12 Mio. m³/a), sind weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Grundwasserhaushalts und zur unmittelbaren Substitution von Grundwasser möglich. Mit den wichtigsten Projekten (Tab. 2) kann mittelfristig Grundwasser in einer Größenordnung von 1,5 bis 2 Mio. m³/a einspart werden. Damit lassen sich in der östlichen Hälfte des Landkreises Uelzen, im Grundwasserkörper Ilmenau rechts, mehr als 13 % der heute erlaubten Grundwasserentnahmen durch Wasser aus anderen Quellen substituieren. Dazu kommen noch die positiven Effekte der Maßnahmen zur Grundwasseranreicherung und zum Rückhalt in der Fläche, die sich noch nicht quantifizieren lassen. Autor Dipl.-Ing. Ulrich Ostermann Kreisverband der Wasser- und Bodenverbände Meilereiweg 101 29525 Uelzen E-Mail: [email protected] Hinweis: Dieses Skript basiert auf meiner Veröffentlichung in Wasser und Abfall 12/2012. Literatur [1] Müller, U., Engel, N., Heidt, L., Schäfer, W., Kunkel, R., Wendland, F., Röhm, H. & Elbracht, J. (2012): Klimawandel und Bodenwasserhaushalt. - GeoBerichte 20: 107 S., 61 Abb., 41 Tab., 1 Anh.; Hannover (LBEG). [2] LWK Niedersachsen (LWK), (2008): No Regret – Genug Wasser für die Landwirtschaft?! [3] LWK Niedersachsen (LWK), (2012): AQARIUS – Dem Wasser kluge Wege ebnen! [4] KLIMZUG Teilprojekte T 3.3 und T 3.5: http://klimzug-nord.de/index.php/page/2009-0330-Zukunftsfaehige-Kulturlandschaften [5] Martens, J., Welzin, H. (2012): AQuaVia Uelzen – Machbarkeitsstudie; Uelzen (unveröffentlicht) [6] Martens, J. (2012): AQuaRo – Machbarkeitsstudie; Uelzen (unveröffentlicht)