TGA-FTIR-Kopplung zur Untersuchung von Dichtungsringen Dr. Frank P. Hoffmann; METTLER TOLEDO GmbH, Giessen Die thermogravimetrische Analyse (TGA) ist in der Qualitätssicherung und -kontrolle eine etablierte Methode zur Charakterisierung des thermischen Verhaltens von verschiedensten Stoffklassen. Aussagen zur Zusammensetzung der freigesetzten gasförmigen Komponenten sind mittels TGA allein jedoch nicht möglich. Die gekoppelte online Fourier-Transformations-InfrarotSpektroskopie (FTIR) ermöglicht eine simultane Bestimmung quantitativer (TGA) und qualitativer (FTIR) Ergebnisse. Das erlaubt die Zuordnung der jeweils abgegebenen Stoffe zu den in der TGA detektierten Gewichtsstufen. Mit dieser Methode lassen sich die freigesetzten Komponenten identifizieren. Methodik der Kopplung Das Messmodul TGA/SDTA851e von METTLER TOLEDO wird mit einem FTIRSpektrometer (Nexus oder Protege 460 von Nicolet Analytical Instruments) gekoppelt. Die Kopplung erfolgt mittels einer thermostatierten Gastransferleitung, durch die das Spülgas und die aus der Probe austretenden Gase in die thermostatierte Gaszelle des Spektrometers geleitet wird. Die IR-Absorption des Gases wird im mittleren Infrarotbereich gemessen. Für die Messung wird nur ein geringes Gasvolumen benötigt. Dadurch ist eine hohe Nachweisempfindlichkeit des Spektrometers und eine gute zeitliche Übereinstimmung zwischen dem TGA- und dem IR-Signal garantiert. Neben der Analyse des gesamten IR-Spektrums können auch charakteristische Wellenzahlbereiche ausgewählt werden [1,2], deren Änderungen als Funktion der Zeit oder Temperatur beobachtet werden können. Mit dieser Methode kann das entweichende Gasgemisch selektiv nach verschiedenen Komponenten untersucht werden. Im Ergebnis erhält man relative Konzentrationsprofile der Einzelkomponenten (Chemigramme). Mit dem Messmodul TGA/SDTA851e ist eine grosse Variation des Spülgasstroms möglich. Dadurch kann eine Optimierung der 6 Kopplung zwischen den beiden Messgeräten erfolgen. Durch die Wahl einer geeigneten Durchflussrate kann eine genügende Produktkonzentration bei kurzen Verweilzeiten eingestellt werden. zeugt einen DTG-Peak, hier bei 130, 320, 460, 510, 650, 880 °C zu erkennen. Im oberen Teil des Diagrammes sind die Chemigramme von H2O, HCN, CO2 und Cyclohexan dargestellt. Der geringe Gewichtsverlust bei ca. 130 °C wird durch die Applikationsbeispiel: Thermische Verdampfung von Wasser hervorgerufen Stabilität von Dichtungsringen (0.06 %). Danach bewirken die NitrilDas thermische Zersetzungsverhalten von gruppen die Freisetzung von HCN (0.6 %). Dichtungsringen von zwei Produzenten soll Bei der grössten Zersetzungsstufe (53 % bei qualitativ und quantitativ untersucht wer- 460 °C) wird sowohl HCN als auch CO2 frei. den, um Informationen zur StartDen grössten Beitrag liefert jedoch temperatur der Zersetzung, auftretende Cyclohexan, das als Crackprodukt bei der Zersetzungsstufen und dabei abgegebene thermischen Zersetzung des Polymergasförmige Komponenten zu erhalten. gerüstes entsteht. Die Freisetzung von CO2 Die Proben wurden im Temperaturbereich bei 650 und 890 °C resultiert aus der von 30 °C bis 900 °C mit einer Heizrate Füllstoffkomponente (Dolomit). von 10 K/min und einem N2-Spülgasstrom In einer zur Abbildung 1 analogen Darstelvon 40 ml/min untersucht. Die Probenlung sind die entsprechenden Kurven der masse betrug 27.52 bzw. 37.41 mg. Gaszelle thermischen Zersetzung von Dichtungsring und Gastransferleitung wurden bei 200 °C 2 gezeigt (Abbildung 2). Bei dieser Probe thermostatiert. treten nur drei signifikante Zersetzungs- Abbildung 1: TGA/FTIR-Messung der Elastomerprobe 1 In Abbildung 1 sind die Messungen des Dichtungsrings 1 dargestellt. Die TG-Kurve hat sechs Stufen. Die erste Ableitung der Gewichtskurve, die DTG-Kurve dient der Erkennung der TG-Stufen. Jede TG-Stufe er- stufen bei 220, 330 und 470 °C auf. Danach ist eine kontinuierliche schwache Abnahme der Masse (1.2 %) zu beobachten. Bei den Chemigrammen wurde statt Wasser die Kurve von CS2 dargestellt. Der im TGAUSER COM 2/99 Signal sehr schwach detektierte Gewichts° Entstehung von Schwefelkohlenstoff, der sich durch die Zersetzung der bei der Vulkanisation entstandenen Schwefelkomponente bildet. Bei der 2. Zersetzungs°C) wird HCN und CO2 freigesetzt. Im weiteren Verlauf beginnt bei °C die Freisetzung von Cyclohexan °C). Ein Vergleich der Ergebnisse von Dichtungsring 1 und 2 zeigt Unterschiede in der Zusammensetzung bezüglich des Elastomers und der Füllstoffe. Die Zerstörung des °C ist jedoch bei beiden Proben nahezu identisch. Schwefelkohlenstoff trat beim Dichtungsring 1 nicht auf. Zusammenfassung Anhand der durchgeführten Messungen ist eine Klassifizierung hinsichtlich der thermochemischen Eigenschaften von Materialien qualitativ und quantitativ möglich. Die Kopplung von TGA und IR-Spektroskopie erleichtert den Vergleich von Materialien mit vorgegebenen Fehlergrenzen in der USER COM 2/99 Abbildung 2: TGA/FTIR-Messung der Elastomerprobe 2 Qualitätssicherung oder der Eingangskontrolle. Die Aussagefähigkeit der TGAKurven kann durch die Auftrennung der Gasphase in Einzelkomponenten wesentlich erhöht werden. Ausserdem wird eine Separation überlagerter Zersetzungsreaktionen ermöglicht, wodurch ein besse- rer Einblick in den Mechanismus und die Kinetik der Zersetzung erfolgen kann. Literatur [1] Rolf Schönherr: TGA-FTIR Atlas “Elastomere” [2] Nicolet Vapor Phase database 7