Harz und Nadeln

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Harz und Nadeln
Von Toni Peterhans /
Illustrationen H.
P.
Kein anderes Gewächs beeinflußt das
Gesicht unserer Landschaft in dem Maß wie
die Nadelbaume. Vor allem jetzt, in der
vegetationsarmen Zeit, da Eis und Schnee
regieren, die Kräuter verdorrt und fast alle
Laubbäume kahl sind, treten die einzelnen
Koniferen und die Walder, die sie bilden,
in den Vordergrund. Schwärzlich grün heben
sie sich vom Winterhimmel ab, vom sonnenglänzenden blauen oder vom schneewolkig
grauen. Manch dunkles Geheimnis wohnt
unter ihren Schirmen, und selbst das Leben
aller
in ihnen ist noch geheimnisvoll
Forschung und Erkenntnis zum Trotz.
Die Nadelhölzer sind unter den nacktBlutenpflanzen die wichtigste
Gruppe. Nacktsamige Gewächse oder Gymnospermen werden sie darum genannt, weil
die Samenanlagen nicht von einem Gehäuse
umschlossen sind, sondern frei auf dem
Fruchtblatt liegen. Der Wind trägt die befruchtenden Pollen von den Staubblüten
auf die Samenblüten; die weibliche Blüte
wächst sich nach der Befruchtung meistens
zu einem immer deutlicheren Zapfen aus,
der die Fruchtblätter trägt, an deren Grund
die noch zarten Samen liegen. Später verholzt sich der Zapfen, die Schuppen spreizen auseinander, und die reife Frucht wird
dem Wind und einem neuen, eigenen
Schicksal überlassen. Sie mag auf gutes Erdreich fallen und zur gegebenen Zeit keimen
oder in den Magen irgend eines kleinen
Waldtieres geraten. Bei den Koniferen oder
Nadelbäumen ist immer der Stamm der am
stärksten entwickelte Teil der Pflanze; er
ist immer holzig und ziemlich regelmäßig
verzweigt. Die Blätter sind mehr oder weniger nadeiförmig und
mit Ausnahme einer
samigen
einzigen
Art
Wintergrün.
Die Rottanne
Manches hat das Geschlecht der Koniferen gemein, in vielen Dingen aber unterscheidet es sich in seinen rund 370 Arten.
Die wichtigste und bekannteste Art ist
sicher die Fichte, die bei uns Rottanne
heißt, weil die Rinde eine rötliche Färbung
hat. Der Botaniker nennt sie Picea excelsa:
der lateinische Name deutet auf den Gehalt
an Pech und auf den hohen Wuchs hin.
Der Baum wird bis zu sechzig Meter hoch,
der meist kerzengerade Stamm bis zu zwei
Meter dick. Die Fichte hat keine tief in den
Boden dringende Pfahlwurzel und vermag,
wenn sie auf lockerem Boden steht, den
Angriffen der Stürme nur schwer zu widerMöglichkeit
stehen. Sie meidet darum nach
hügelige und gedie Ebene und sucht das
Webet
birgige Gelände auf, wo sie ausgedehnte
Wälder bildet Mit ihren langen, dicht liegenden Wurzeln umklammert sie Steine
und Felsen und erhält selbst in dünner Erdschicht einen sicheren Halt. Da sie zudem
äußerst genügsam ist, kennt sie kaum
Nahrungssorgen.
Die Krone bildet, wenn sie von allen
Seiten belichtet wird, eine regelmäßige,
spitze Pyramide. Das Licht ist wichtig, und
dies läßt sich daraus ersehen, daß bei freistehenden Bäumen die Pyramide fast bis
auf den Erdboden herabreicht, dieweil jene,
die in dichten Beständen stehen, die unteren Zweige, oft bis hoch an dem Stamm
hinauf, abwerfen. Die Fichtenkrone hat
einen architektonisch strengen* Aufbau. Ihre
Acste, die horizontal vom Stamm ausgehen,
ment der Waldvegetation. Sie steigt in den
Alpen als hochstämmiger Baum bis zur
Baumgrenze empor. In vielen Gegenden
Europas, zum Beispiel im schweizerischen
Mittelland und im norddeutschen Flachland, dürfte sie, streng genommen, nicht
vorkommen. Sie tut es aber trotzdem, nicht
aus freien Stücken allerdings, sondern weil
der auf Gewinn bedachte Mensch sie anpflanzt. Sie ist ein nützlicher Baum mit vielseitig verwendbarem Holz.
Die stacheligen Nadeln haben der Fichte
zu einem gewissen Ruhm als ein jegliches
bilden Stockwerke, deren Abstand untereinander sich ziemlich gleich bleibt, auch
wenn sie sich nach oben zu verjüngen. Die
untersten Aeste sind also die längsten und
ältesten, die obersten die kürzesten und
jüngsten. Die obersten Aeste stehen schräg
aufwärts, die mittleren gehen horizontal
vom Stamm aus, die unteren neigen sich
mehr oder weniger tief erdwärts. Immer
richten sich die Zweigenden schräg nach
oben, und die vielen Seitenzweige der älte-
ren Aeste hangen oft troddelförmig herab.
Dies alles, diese klug erdachte Einrichtung,
bewirkt, daß sämtliche beblätterten Teile
der Krone des Sonnenlichtes teilhaftig werden. Selbst die einzelnen der nach Millionen
zählenden Nadeln machen mit. Sie sind, wie
sich besonders an senkrechten Trieben erkennen läßt, in eng gezogenen Spiralen angeordnet. An waagrechten oder sich senkenden Zweigen jedoch wenden sie sich von
der Schattenseite ab und sind sogar oft
bogenförmig gekrümmt, was diesen Zweigen
ein fast bürstenartiges Aussehen verleiht.
Die Fichtennadeln sind kurz, steif, stachelspitzig und seitlich zusammengedrückt. Sie
werden mehrere Jahre alt, ehe sie vom
f a l l e und durch neue ersetzt werden.
Baum n
Steht man mit aufmerksamen Ohren in
einem Fichtenwald, kann man die dürren
Nadeln leise fallen hören, und es ist wie das
Wispern von tausendmal tausend kleinen
Geistern. Die Fichtenzapfen hangen braun,
mitunter auch grün. Ehe sie, die weiblichen
Blüten, befruchtet waren, standen sie, leuchtend purpurrot, aufrecht
Die Rottanne ist im Berg- und Alpenland weit verbreitet, steht mit ihresgleichen
oder mit andern Bäumen in ausgedehnten
Beständen zusammen. In den Alpen und
Voralpen, stellenweise auch im Mittelgebirge, bildet sie das vorherrschende Ele-
mim
v
Lärche
Neue Zürcher Zeitung vom 24.12.1960
Unholde abwehrendes Mittel verholfen.
Durch eine Stalltüre, über der Fichtenzweige hangen, wird, so glaubte man früher,
keine Hexe eintreten, um das Vieh zu verderben. Man konnte auch mancherlei
Krankheiten auf diesen Baum, wie übrigens
auf viele andere, übertragen und sich von
dem Uebel befreien. Ein Gichtkranker zum
Beispiel mußte früh am Morgen in den
Wald gehen, sich vor eine Fichte hinstellen
und den Spruch sagen: «Guten Morgen,
Frau Fichte, da bring ich Euch meine
Gichte.» Heute liefert die Fichte eine
Badeessenz, die angenehm kraftig duftet
und die Nerven stärken soll.
Die Weißtanne
Oft wird die Rottanne oder Fichte mit
der Weißtanne verwechselt, obwohl das Gehaben der beiden durchaus verschieden ist.
Die Weißtanne, mitunter Edel* oder Silber«
tanne oder kurzweg Tanne genannt, wird
bis zu sechzig Meter hoch und hat dann die
Gestalt einer ziemlich stumpfen Pyramide;
das kommt daher, daß die obersten Seitentriebe den Haupttrieb fiberragen. Die Rinde
ist glatt und weißlich grau, aber die Tanne
verfugt noch über manches andere «Silberne», dem sie ihren Namen dankt. Ins«
besondere sind es die Nadeln, die an der
Oberseite dunkel-, an der Unterseite hellgrün sind. Die Unterseite tragt zudem zwei
mit weißem Wachs ausgefüllte Rinnen, in
denen sich die Spaltöffnungen befinden. Das
Wachs stößt das Wasser ab, und darum können die Spaltöffnungen von Tau oder Regen
nicht verschlossen werden: der Gasaustausch
wird nicht unterbrochen. Die Nadeln sind
lineal, manchmal ausgerandet, manchmal
stumpf, und sie stehen scheinbar kamm-
artig gescheitelt an den Zweigen. In Wirklichkeit sind sie spiralig angeordnet. Ein
anderer Unterschied zur Rottanne besteht
auch darin, daß die weiblichen Blüten an
den unteren, meist kraftigen Zweigen stehen
und auch nach der Bestaubung durch die
Pollen der gelben, kätzchenförmigen männlichen Blüten aufrecht stehen bleiben. Die
Schuppen, an deren Grund die Samenanlage liegt, losen sich einzeln von der «ie
tragenden Spindel. Die kahle Spindel kann,
ebenso aufrecht wie vordem der ganze
Zapfen, noch monate-, selbst jahrelang am
Zweig stehen, wenn nicht vor der Zeit ein
besonders kraftiger Sturmwind am Baum
rüttelt.
Die Rinde der Weißtanne ist ziemlich
reich an Harz, dieweil das Holz von keinerlei Harzgängen durchzogen ist. Das Holz
präsentiert sich weich und biegsam, läßt
sich aber nur mäßig leicht bearbeiten. Bei
standigem Einfluß von Nässe und Feuchtig-
keit gilt
es als ziemlich haltbar. Es wird für
Hoch- und Wasserbauten verwendet und
spielt auch in der Möbelindustrie eine gewisse Rolle. In alter Zeit hielt man manchenorts die Weißtanne für einen heiligen
Baum, weil man aus ihrem Holz das Kreuz
Christi gezimmert habe. Eine andere Erzählung sagt, daß der Herr, als er von seinen Feinden verfolgt wurde, sich unter eine
Weißtanne flüchtete; dies sei der Grund,
daß sie ihr Blätterkleid im Herbst nicht
verliere. Von einer beiligen Weißtanne wird
aus dem Wallis berichtet: Wenn in Reckingen die Aveglocke erklang, vernahm man
weit oben im Hochwald eine wundersame
Weise. Endlich wurde man gewahr, daß der
Gesang aus einer gewaltigen Tanne drang.
Eines Tages fällte ein Reckinger Holzschnitzer den Baum. Der liebliche Gesang
verstummte. Der Mann aus Reckingen aber
schnitzte aus dem besten Stück des Stammes
ein Bildnis der Jungfrau Maria, und es war
ein Bild, wie weit und breit kein zweites
gefunden wurde. Die Kirche von Reckingen
erhielt es zum Geschenk. Als die Statue in
das Heiligtum getragen wurde, bewegten
sich deren Lippen, und ihnen entströmte
ein Gesang, wie ihn ein Sterblicher noch
nie gehört hatte. Darob weinte alles Volk,
wie es in der Sage heißt, Jubeltränen aus
seliger Wonne und pries Gott und die himmlische Jungfrau.
Von ganz anderer Art war die Wunder-
kraft der Weißtanne im
Solo t Im mischen:
dort nämlich konnte die Hebamme von
einer gewissen mächtigen Tanne die kleinen
Kinder schütteln. An anderen Orten sah
man in der Tanne oder doch deren Nadelzweigen ein hexenabwehrendes Mittel. Man
steckte sie auf den Miststock, hängte sie über
Türen und Fenstern auf und war ihres
Segens gewiß. In der Toskana zum Beispiel
lehrte man, kein Zaubere
r
könne durch eine
mit Tannzweigen bewehrte Türe treten,
denn vorher müsse er die Nadeln genau
zählen, was ihm indessen nie gelinge. Im
Simmental gab man dem kranken Vieh drei
«Tannzwipfel» zu fressen und sprach dabei
die drei höchsten Namen aus. Andernorts
holte sich eine vergeblich verliebte Person
am Ncujahrsmorgcn ein Zweiglein mit drei
Sprossen aus dem Wald, trug es auf sich,
verbrannte es, sobald es trocken war, und
sagte die bedeutsamen Worte: «So, wie die*
ser Zweig verbrennt, soll die Liebe in deinem Herzen brennen.» Alle diese Praktiken
verraten in den seltensten Fällen, ob es sich
bei dem wundertätigen Baum tatsächlich
um eine Weißtanne oder Rottanne handelt,
denn diese beiden Nadelhölzer werden vom
Volk kaum so genau unterschieden wie in
der Naturwissenschaft.
Die Weißtanne, in der Botanik Abies
alba geheißen, kommt in Süd» und Mitteleuropa, vorzüglich in Bergregionen, vor.
In den Alpen steigt sie bis zu einer Hohe
von etwa 1600 Metern, im Engadin bis zu
1900 Metern empor. Sie tritt oft mit Fichte
oder Buche zusammen auf; im Jura, in den
Vogesen und im Schwanwald bildet sie
einen zusammenhängenden Waldgürtel
gründe und Fels- und Schuttböden a
n sonnigen, trockenen Abhängen sagen ihr zu, denn
sie ist ein sehr genügsamer Baum. In den
Alpen steigt sie bis etwa 1800 Meter, in
Graubünden stellenweise bis zur Baumgrenze empor. An vielen Orten wird sie angepflanzt Das Hob hat Eigenschaften, die
es zu nützen gilt Es ist sehr hanreich, im
Splint gelblich, im Kern braunrot, ist weich,
grob, biegsam, gut zu bearbeiten, leicht
spaltbar und, wenn es von alten Bäumen
gewonnen wurde, sehr dauerhaft Es läßt
fünfzig Meter hoch. Sie ist von schlankem
Wuchs und trägt eine lichte, pyramiden*
shnlfohft Krone. Die Hauptäste liegen horizontal, die Nebenäste hangen wie schon gegliedertes Geschmeide. Die Nadeln sind
hellgrün und stehen an den Kurztrieben zu
zierlichen Büscheln gedrängt, an den Lang«
trieben ährenähnlich. Sie sind auch sehr
zart, und das ist der Grund, weshalb die
Lärche als einzige unserer Koniferen im
Herbst das Laub abwirft, nachdem es sich
bunt verfärbt und in manche unserer alpi-
sich für Wasser* und Brückenbauten, im
Schiff- und Waggonbau verwenden. Die
Fensterrahmenfabrikanten sind ihm zu
Dank verpflichtet und die Möbelschreiner,
denen es Furniere liefert, nicht weniger.
nen Hochtäler jenen goldenen Glanz gebracht hat den Maler, Hoteliers und Kur«
gaste in der ihnen eigenen Weise hochschätzen. Dieser weichen Nadeln muß sich der
Baum entledigen, weil er sonst durch Verdunstung allzuviel Wasser verlieren müßte.
DieFShre
Zur Reinigung und Stärkung der Longe
empfahl der noch immer berühmte Kräuter*
pfarrer aus Zizers, Johann Künzle: «Acht
bis zehn Zainen (Körbe) voll grünes Föhrenchries in das Zimmer des Kranken gebracht.
Da bleibt es drei bis vier Wochen lang, bis
es nicht mehr duftet, dann wird neues
Chries geholt Jeden Abend vor dem Zubettgehen wird das Chries tüchtig aufgerührt,
damit der Duft besser ausströmt. Das beste
Chries ist das der Steinföhren in den Alpen.»
Dem in den Nadeln der Föhre enthaltenen
ätherischen OeL wohl auch andern aktiven
Substanzen, wird noch immer eine gewisse
Heilkraft zugesagt
Der unter den Koniferen als Pinus silve*
stris eingereihte Baum nennt sich bei uns
Föhre oder Kiefer. Die Kiefer enthält unter
allen Nadelbäumen am meisten Harz, ihr
Holz wurde häufig zu Kienspänen gespalten,
die man sich der Beleuchtung dienlich
machte. Den Ausdruck «Kien» übertrug
man auf den Baum, von dem man diese
Späne gewann, versah ihn aber dann doch
mit verdeutlichenden Zusätzen. Als man
noch althochdeutsch sprach, sagte man nun
Beispiel «chienforha», die Kienföhre, aus
dem sich unsere Kiefer entwickelt hat Der
Name Föhre hat eine etwas kompliziertere
Geschichte; er soll mit dem lateinischen
Ausdruck quercus (Eiche) urverwandt sein,
und die Gelehrten haben allerlei Beweise
dafür. Auf jeden Fall hangen unsere gutschweizerischen Familiennamen Forrer und
Furrer mit der Föhre zusammen, und
unsere gutzürcherische Forch weist auf
einen Föhrenbestand hin.
Die Föhre ist ein bis achtundvierzig
Meter hoher Baum. Er hat in der Jugend
eine ausgesprochen kegelförmige Gestalt
Die Lärche
Noch im 18. Jahrhundert pflegten und
hegten sorgsame Gärtner in der Orangerie
zu Hannover zwei Lärchen, weil man sie für
kostbare Gewächse, nämlich Zedern vom
Libanon, hielt Die Lärche ist im deutschen
Tiefland noch stets unbekannt, auch wenn
sie im deutschen Mittelgebirge mit einigem
Erfolg angepflanzt wird. Das natürliche Verbreitungsgebiet des Baumes sind die Alpen
und ihr Vorland. Dort haben ihn auch die
Römer kennen gelernt. Nach Plinius haben
sie unter Tiberius in Rätien aus Lärchenstämmen Brücken geschlagen. Sie benannten
Die Rinde der Lärche ist anfangs glatt
und grau, im Alter oft rotbraun, mit tiefen
Furchen. Das Holz erscheint im Splint gelblichweiß und vom rotbraunen Kern scharf
abgegrenzt Es ist in den meisten Teilen
reich an Harz, ziemlich hart, zäh und elastisch, leicht spaltbar und läßt sich fein bearbeiten. Es schwindet wenig und gilt als
eines der dauerhaftesten aller europäischen
Nadelhölzer. Vielleicht liegt es an der rötlichen Farbe des Kerns, daß man früher
glaubte, kein Feuer könne ihm nahe treten.
Bei Plinius liest man, es brenne nicht noch
verkohle es, und wie einem Stein könne ihm
Da die Föhre ein sehr lichthungriger Baum
ist verdorren die unteren Aeste und werden
abgeworfen. Was übrigbleibt ist eine Krone,
die sich wie ein Schirm wölbt Die Föhrenrinde ist, am stärksten im oberen Teil des
Stammes, von rötlicher Farbe, was bei den
Finnen die Legende entstehen ließ, der
Baum sei aus dem Blut des Erlösers gewachsen. Die Aeste sind auffallend knorrig,
so daß man sich vordem in der Bukowina
erzählte, die Kreuzesnägel Christi seien aus
Kiefernholz verfertigt worden. Die Nadeln
sitzen zu zweien an den Kurztrieben, sie sind
sehr spitzig, werden bis sechs Zentimeter
lang, sind außen grün und innen bläulichgrau, so daß die Krone aus der Feme von
einem bläulichen Schimmer überzogen
scheint. Die weiblichen Blüten sitzen an der
Spitze junger Triebe, die im nächsten Jahr
weiterwachsen. Der Zapfen wächst außerordentlich langsam; im zweiten Jahr nach
der Bestäubung vertauscht er seine grüne
Farbe gegen eine braune und ist im dritten
so weit verholzt daß die Fruchtschuppen
auseinander spreizen. Die ausgereiften
Samen verlassen ihre Behausung, und da
sie federleicht und mit einem flügelgleichen
Anhang ausgerüstet sind, kann der Wind
mit ihnen machen, was er will
wenn sie
nicht vorher von gewissen Vögeln des Himmels gefressen wurden.
Die Föhre, über den größten Teil von
Mittel- und Nordeuropa verbreitet, ist ein
geselliger Baum. Sie bevorzugt
deutlich den
Sandboden; im norddeutschen Tiefland findet man darum Kiefernwälder, die sich über
viele Kilometer hinziehen. Auch Moor-
WclCtann«
den Baum mit einem aus einer alpinen
Sprache entlehnten Wort, das bei ihnen als
Larix erschien. Larix europaea heißt er
noch immer bei den Botanikern. Zur Zeit
der althochdeutschen Sprache war die Bezeichnung leriacha geläufig; sie vereinfachte
sich im Mittelhochdeutschen zu larche und
lerche. Die heutige Schreibweise, nämlich
Lärche, kann lautgeschichtlich nicht begründet werden; sie dient einzig dazu, das Wort
vom Vogelnamen Lerche zu unterscheiden.
Die Larche ist ein typischer Alpenbaum
und zugleich ein wahrhaft schöner und stattlicher Baum, auch wenn er in hohen Lagen
zu Verkrüppelung neigt; welcher Baum, der
es im Gebirge mit Sturm, Wetterschlag und
noch schlimmeren Nachstellungen aufnehmen muß, bleibt vor solcher Erscheinung
verschont? In günstigen Lagen, am besten
an Südabhangen, wird die Lärche bis zu
Neue Zürcher Zeitung vom 24.12.1960
keinerlei Macht des Feuers etwas anhaben.
Von Plinius angeregt verkündete im 14. Jahr*
hundert Konrad von Megenberg, Kanonikus zu Regensberg: «Wer aus des paums
holz tavelen macht und haeht die an din
häuser, die widertreibent die flammen von
den häusern, ob ain feur auz koem nähent
pein.» Er leitete den Namen Larix, der bei
ihm als Laurex erscheint von den Lares,
den römischen Hausgöttern, ab und tat
kund: «Laurex mag ain hauspaum heizen,
wan lar haizt ain haus in ainer bedäutung,
dannen kümt das wort laurex.» Die Volksmedizin hatte eine ziemlich mühsam zu prak*
tizierende Methode zur Heilung des Kropfes
bereit: «Du mußt in einer Nacht, wenn es
Neumond ist, einer jungen Lärche ringsum
die Rinde abnagen; ist das Bäumchen ab*
gestorben, so ist auch
der Kropf- verschwun*
dem>
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