Wenn psychisch kranke Frauen Mütter werden Dr. med. Christiane Deneke, Hamburg Tagung Hannover 10. 11. 2014 Inhalt Kinderwunsch und Bedeutung der Schwangerschaft bei psychisch kranken Frauen Unterschiedliche Krankheitsbilder und Schwangerschaft Medikamente in der Schwangerschaft, unter der Geburt und in der Stillzeit Notwendigkeit umfassender Betreuung Möglichkeiten der Frühen Hilfen Die Situation Psychische Erkrankungen bei Schwangeren sind verbreitet , aber nicht wesentlich häufiger als sonst im Leben (Depressionen ca 10%, Angststörungen ca 11%, oft beides kombiniert, Bipolare Störungen ca1%, Schizophrenien ca 0,5%, Persönlichkeitsstörungen ca 3%). Sie bleiben häufig unerkannt und unbehandelt Allgemeine psychosoziale Risiken erhöhen die Häufigkeit Ersterkrankungen eher selten. Einfluss der Schwangerschaft auf bestehende Erkrankungen unterschiedlich Die Mehrzahl der psychisch kranken Frauen - zunehmend auch der psychotischen - bekommt Kinder Aber sie gehen selten in Behandlung: Nur 25% der peripartal Depressiven sucht eine Behandlung auf, in Risikogruppen weniger. Bei Schizophrenen dürfte dieser Anteil deutlich niedriger liegen. Nach der Geburt besteht ein hohes Risiko, krank zu werden Wiederaufflammen vorbestehender Erkrankungen in 30-50% Erhöhte Zahl an Neuerkrankungen Dem entsprechend besteht großer Bedarf an gut informierter und sensitiver Betreuung Viele Mitarbeiterinnen des Gesundheitswesens fühlen sich überfordert, nicht nur die Kranke, sondern auch die (werdende) Mutter im Blick zu haben, während Mitarbeiterinnen der Jugendhilfe sich oft durch die psychische Krankheit geängstigt und überfordert fühlen Das heißt, die Betreuerinnen verschiedener Berufsgruppen müssen aus dem jeweils anderen Bereich dazulernen Die Dienste müssen eng kooperieren Supervision mit psychiatrischer Erfahrung ist notwendig Der Kinderwunsch psychisch kranker Frauen Idealisierend/ unrealistisch/ kompensatorisch V.a. bei Frauen mit Schizophrenie und Borderline-Störungen Beweis von Gesundheit und Normalität „Das kann ich auch“ Heiler „ Das Kind macht mich gesund“ Ersatz „Mein Baby wird mich immer lieb haben und mich nie verlassen“ Angstvoll negativierend Typisch für Frauen mit Depression, Angststörungen Vorwegnahme von Versagen „Ich werde eine schlechte Mutter“, „Das kann ich nie schaffen“ Projektion eigener (vermeintlicher) negativer Wesenszüge „Mein Kind wird so unglücklich/ krank wie ich“ Hochgradig ambivalent V. a. bei Frauen mit Depressionen, Borderline- und Angststörungen Reflektiert/ realistisch Eher selten Hilfreich und notwendig sind Gespräche, die überzogene Erwartungen/ Befürchtungen relativieren Wie erleben Eltern ihre psychische Erkrankung im Hinblick auf die Elternschaft? Scham und Angst, als Eltern zu versagen Sorge um die Gesundheit und Entwicklung der Kinder Angst vor dem Jugendamt, dem Sorgerechtsentzug Existenzielle Verunsicherung Angst vor jeder neuen krisenhaften Entwicklung im Verlauf der eigenen Erkrankung Angst vor der Geburt und Wunsch nach Kaiserschnitt doppelt so häufig wie bei Frauen ohne psychische Erkrankung, auch häufiger Kaiserschnittentbindungen (12 vs. 6%) Schuldgefühle Scham über die eigene Bedürftigkeit, Unzulänglichkeit Isolation (vor allem bei schwer und chronisch Erkrankten) Eher passiv vermeidender Umgang mit den Problemen als aktive Auseinandersetzung und Suche nach Unterstützung Evtl. teilweise oder komplette Verleugnung dieser Probleme Allgemein: Stress in der Schwangerschaft Erhöhte Stresshormone der Mutter schädigen die schützende Schranke der Plazenta und werden so auch beim Feten wirksam („fetal programming“) Unmittelbare Folgen: Mehr Frühgeburten, mehr untergewichtige Neugeborene Neugeborene sind häufiger dysreguliert und bedeuten damit für die Mutter eine erhöhte Belastung, was wiederum Verschärfung oder Neubeginn psychischer Krankheit nach der Geburt bedingt Längerfristige Auswirkungen: Höhere Stressreaktivität und selbst berichtete Ängstlichkeit, vermehrt emotionale und Verhaltensstörungen bei den Kindern, nachweisbar bislang bis in die Adoleszenz Soziale Zuwendung reduziert Stress. Nachgewiesen ist positive Auswirkung auf das Gewicht des werdenden Kindes Depression und Schwangerschaft 70% der Schwangeren berichten zeitweise Symptome einer Depression (körperliche Erkrankungen ausschließen) 10% haben bei genauer Diagnostik eine länger anhaltende, behandlungsbedürftige depressive Störung, in Risikogruppen bis 50% Risikofaktoren: frühere Depression, familiäre Belastung, negative Lebensereignisse (v. a. Erfahrungen von Misshandlung/ Missbrauch), Partnerprobleme (v. a. Gewalt), Schwangerschaftskonflikt, Ablehnung der Schwangerschaft, allgemeine psychosoziale Belastung (Armut, Arbeitslosigkeit, geringe Bildung, soziale Isolation usw) Depression während der Schwangerschaft begünstigt postpartale Depression (30-50%): Peripartale Depression Vermehrt Frühgeburten (20% vs. 6% bei anhaltender präpartaler Depression), untergewichtige, dysregulierte Neugeborene Über die Wirkung medikamentöser Behandlung auf peripartale Komplikationen beim Kind widersprüchliche Ergebnisse. Bei guter Beobachtung und Betreuung des Neugeborenen keine schwerwiegenden Folgen. Postpartal: Erhöhtes Risiko für vermehrten Stress im Umgang mit dem Kind, Bonding-Probleme und verminderte Responsivität (auch ohne Depression) Schizophrenie und Schwangerschaft Einige Betroffene sind (wohl durch die erhöhten Östrogene) geschützt, sie fühlen sich relativ stabil in der Schwangerschaft Die Mehrheit ist schon während der Schwangerschaft überlastet, überfordert und deshalb rückfallgefährdet Schizophrene Frauen leben häufiger ohne Partner bzw. in problematischen Parnerschaften Schwangerschaften schizophrener Frauen sind besonders oft ungeplant oder sogar unbemerkt, Vorsorge, körperliche Pflege und Ernährung schlechter, Versuche vorzeitiger Selbstentbindung, Misshandlung des Feten und Neonatizid häufiger als im Durchschnitt Bis 90% betreiben Alkohol-, Nikotin- oder Substanzmissbrauch, viele setzen dies während der Schwangerschaft fort Die Folge: Mehr Frühgeburten, perinatale Komplikationen 10fach erhöht, untergewichtige Neugeborene, was wiederum die Belastung der Mutter verstärkt Rückfälle nach der Geburt: 35% Das heißt: Schizophrene Schwangere brauchen besonders gute Betreuung, aber gerade sie entziehen sich besonders häufig jeder Art von Betreuung Bipolare Störung und Schwangerschaft Probleme der Medikation nehmen hier einen großen Raum ein Wegen der erhöhten Gefahr einer postpartalen Psychose (50 - 75%, wenn Medikamente abgesetzt wurden) bei bestehender bipolarer Störung sollte die Medikation mit Stimmungsstabilisatoren beibehalten werden Da diese Medikamente aber das Risiko fetaler Fehlbildungen (in geringem Maße) erhöhen, setzen viele Betroffene diese Medikamente ab Dies erhöht die Gefahr eines Rückfalls schon während der Schwangerschaft (3050%), der wiederum eine stärkere Medikation erfordert Wenn die Schwangerschaft festgestellt wird, ist sie schon einige Wochen alt und die wesentlichen embryonalen Organentwicklungen schon geschehen Empfohlen wird: möglichst niedrige Dosierung und gute Überwachung der fetalen Entwicklung per Ultraschall Wenn möglich, sollte die Schwangerschaft gut geplant werden und in einer günstigen, stabilen Zeit stattfinden Die Unterstützung durch den Partner ist hier ein besonders wichtiger Faktor für Stabilität auch nach der Geburt Angststörung und Schwangerschaft In der Frühschwangerschaft bis 15%, mittleres Trimenon weniger, im 3. Trimenon wieder ansteigend, direkt nach Geburt rascher Abfall (ähnlicher Verlauf bei Depression, d. h. das mittlere Drittel ist das stabilste) Risiko: Alter unter 25J, Migration u.a. psychosoziale Belastungen, psychiatrische Erkrankungen in der Vorgeschichte, v. a. aber frühere Angsterkrankung Viele körperliche Symptome, z. B. vermehrtes Erbrechen, Präeklampsie Angst vor der Geburt und Wunsch nach Kaiserschnitt Risiko für das Kind s. Stress in der Schwangerschaft Postpartal: Vermehrt Depressionen und Störung des „Bonding“, d. h. der unmittelbaren, spontanen Liebesbeziehung zum Kind Schwangerschaft nach sexuellem Missbrauch Sexuelle Missbrauchserfahrungen erhöhen die Risiken für Mutter und Kind Frühe/ ungewollte Schwangerschaften häufiger Mehr Stress, Angst, allgemeines psychosoziales Risiko, mehr eigenes Risikoverhalten (Rauchen usw) Symptome Flashbacks (ganzes oder teilweises Wiedererleben der traumatisierenden Situation), da das Körpergedächtnis durch Schwangerschaft und Geburt besonders stimuliert wird. Auslöser = Triggerreize: Untersuchungen, Lagerung, Kindsbewegungen usw Dissoziation (Unterbrechung der eigenen Bewusstheit, des Gedächtnisses, Identitätserlebens und Wahrnehmens der Umgebung) Angstzustände, Depressionen, Suizidgedanken Die Geburt kann retraumatisieren, deshalb soll die Betroffene sie unbedingt mitgestalten können Betreuer/ Therapeuten müssen nach Missbrauchserfahrungen fragen, die Betroffenen sprechen sie selten von selber an! Betroffene wirken oft misstrauisch, abweisend, brechen eher die Behandlung/ Betreuung ab: Vertrauensbeziehung aufbauen Borderline-Persönlichkeitsstörung und Schwangerschaft Eine Borderline-Störung erhöht die Gefahr, früh und unter instabilen Lebensbedingungen schwanger zu werden Unrealistisch - idealisierende Vorstellungen vom Leben mit dem Baby: Parentifizierung schon im Mutterleib Vorsorge, Selbstfürsorge oft ungenügend Kaum soziale Unterstützung, instabile Partnerschaften Missbrauchs-, Misshandlungserfahrungen und Gefahr der Retraumatisierung beachten Sprunghaftigkeit und unterschiedliche Funktionsniveaus erschweren die Einschätzung, daher von einem mittleren Funktionsniveau ausgehen und Notfallpläne machen Die Schwangerschaft bietet die Gelegenheit, eine Vertrauensbeziehung aufzubauen und zu festigen, die vor allem nach der Geburt dringend gebraucht wird Schwangerschaft nach vorhergehender postpartaler psychischer Erkrankung Postpartale Depression Rückfallhäufigkeit 30-50% Schützend wirken Gute Verarbeitung der früheren Depression (Schuldgefühle, Trauer um nicht gemachte positive Erfahrungen) Wenig psychosoziale Belastung Guter Umgang mit Stress Vorausschauende Planung für den Fall einer Wiederholung Postpartale Psychose Rückfallhäufigkeit bis 60% Schützend wirken Gute Verarbeitung der früheren Psychose (schwer integrierbares Erleben, oft kaum Erinnerung daran, wie ein verlorener Lebensabschnitt) Unterstützung durch einen psychisch stabilen Partner (allgemeine psychosoziale Belastung spielt hier keine Rolle) Guter Umgang mit Stress Vorausschauende Planung für den Fall einer Wiederholung Essstörungen und Schwangerschaft Manche Betroffene können die Schwangerschaft unbeschwert erleben: für ihre Gewichtszunahme und Veränderungen der Figur fühlen sie sich nicht selbst verantwortlich Die Mehrzahl hat Schwierigkeiten, sich und den Feten gut zu ernähren Die Gefahr untergewichtiger Babys und evtl auch verfrühter Geburten ist erhöht, mehr Kaiserschnitte Postpartal Mehr postpartale Depressionen Mehr Fütterstörungen und Gedeihstörungen Psychopharmaka und Schwangerschaft Nie bei eingetretener Schwangerschaft „zum Wohl des Kindes“ Psychopharmaka spontan absetzen: kann sofortigen Rückfall provozieren. Sondern gut überlegen Psychotherapeutische Begleitung der Schwangerschaft Zusätzliche stressmindernde Methoden wie Yoga, Entspannung, Meditation Bei gut eingestellten Patientinnen möglichst kein Wechsel des Medikaments wegen Schwangerschaft Abwägung Nutzen/ Risiko: unerwünschte Nebenwirkung von Medikamenten gegen Risiko eines Rückfalls und erhöhten Stresspegels während der Schwangerschaft Kein zur Zeit verwendetes Psychopharmakon hat sich als stark schädigend für das werdende Kind erwiesen Aber alle Psychopharmaka können Anpassungsstörungen beim Neugeborenen verursachen (Zittrigkeit, Unruhe, Schläfrigkeit, Trinkschwäche, Atemprobleme) Der Erfahrungsumfang ist entscheidend für den Medikamenteneinsatz, daher sind ältere Medikamente oft den neueren vorzuziehen Möglichst nur ein Medikament oder so wenig verschiedene wie möglich. Möglichst niedrige Dosierung Vor der Geburt möglichst herunterdosieren/ absetzen, um Absetzsymptomatik beim Neugeborenen zu vermeiden (Antidepressiva: Tage bis Wochen, Antipsychotika: Tage). Nach der Geburt wieder ansetzen, evtl. höher dosiert Stillen ist mit den meisten Psychopharmaka möglich Gute pädiatrische Überwachung des Neugeborenen Antidepressiva Antidepressive Medikation ist angebracht bei Suzidalität, häufigen Angstattacken, schwerer depressiver Verstimmung mit Schlafstörungen, Appetit- und Gewichtsverlust Wegen des großen Erfahrungsumfangs sind ältere, trizyklische Antidepressiva vorzuziehen: Amitryptilin, Nortryptilin, Imipramin Aber auch Medikamente aus der Gruppe der SSRI haben sich bewährt: Sertralin, Citalopram Bei guter Einstellung mit anderen SSRI sollten diese beibehalten werden (Ausnahme: Fluoxetin sollte wegen langer Halbwertszeit und damit schlechter Steuerbarkeit gemieden werden) Wegen der erhöhten Gefahr einer postpartalen Depression sollte die Medikation nach der Geburt fort- bzw wieder angesetzt werden Auch das Stillen mit beiden Substanzgruppen hat sich nicht als nachteilig erwiesen, es besteht daher kein Grund, zum Abstillen zu raten. Aber ein Teil der depressiven Mütter ist mit der großen Nähe und Abhängigkeit beim Stillen überfordert, für diese kann das Argument, dem Kind keinesfalls schaden zu wollen, einen willkommenen Ausweg darstellen. Deshalb das Für und Wider des Stillens gut besprechen! Neuroleptika (Antipsychotika) Behandlung mit Neuroleptika bei akuten Psychosen und Manien bzw. als Dauermedikation zur Verhinderung von erneuten Phasen dieser Erkrankungen Gut untersucht sind: Ältere Neuroleptika Flupentixol und Fluphenazin, Haloperidol Keine teratogenen (keimschädigenden) Effekte, Anpassungsstörungen beim Neugeborenen möglich, leichte Anpassungsstörungen beim Stillen möglich, v. a. bei Medikamentenkombination, deshalb möglichst Monotherapie, Spätfolgen bisher nicht bekannt Atypische Neuroleptika Quetiapin (Seroquel) Gute Datenlage, keine teratogenen bzw. fetotoxischen Wirkungen, weniger Anpassungsstörungen, Stillen bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes akzeptabel Risperidon (Risperdal) Wie oben Olanzapin (Zyprexa) Keine teratogenen Effekte. Etwas häufiger Anpassungsstörungen beim Neugeborenen (lange Halbwertszeit), Verstärkt Neigung zu Schwangerschaftsdiabetes. Bei gut eingestellten Patientinnen ist Schwangerschaft unter Olanzapin akzeptabel, Stillen bei Monotherapie und Beobachtung des Kindes akzeptabel Wegen der erhöhten Rückfallgefahr nach der Geburt die Medikation fort- bzw. wieder ansetzen. Phasenprophylaktika (Stimmungsstabilisatoren) Phasenprophylaktika sollen bei bipolaren Störungen über lange Zeit (Jahre) genommen werden, um erneuten Phasen vorzubeugen Lithiumsalze (Hypnorex, Quilonum) Ältestes Phasenprophylaktikum Leicht erhöhte Teratogenität: 1/1000 bis 1/100 der Neugeborenen mit Herzfehlern Häufiger Frühgeburten, erhöhtes Geburtsgewicht, gelegentlich „floppy infant“-Syndrom (schlaffe Muskulatur, Trinkschwäche, Schläfrigkeit, schneller Herzschlag), selten Krämpfe, Schilddrüsenunterfunktion beim Neugeborenen Wenn Neueinstellung: atypisches Neuroleptikum oder Antidepressivum vorziehen. Bei gut eingestellter Patientin ist Weitergabe akzeptabel bei sorgfältigen Kontrollen und Dosisreduktion vor der Geburt Gute Beobachtung und Untersuchung des Babys: Schilddrüse, Flüssigkeitshaushalt Stillen unter Beobachtung akzeptabel, bei den meisten gestillten Säuglingen unter Lithium keine Symptome Lamotrigin (Antiepileptikum mit guter Wirkung bei bipolarer Störung) Evtl dosisabhängig leicht erhöhte Fehlbildungsrate Leichte Anpassungsstörungen beim Neugeborenen möglich Stillen unter Monotherapie bei guter Beobachtung akzeptabel Als Antiepileptikum Mittel der Wahl, bei psychiatrischen Störungen und Neueinstellung herkömmliche Neuroleptika vorziehen, sonst beibehalten Valproinsäure ist zu meiden! Fehlbildungsrate 2-3fach erhöht Leichte Anpassungsstörungen, Stillen ohne Probleme Schlaf- und Beruhigungsmittel Diese Medikamente werden bei Angststörungen, Schlafstörungen und zum Abmildern von Angst und Erregung mit anderen Mitteln zusammen bei Psychosen, bipolaren Störungen und Depressionen verordnet Benzodiazepine (Valium, Tavor) Beruhigend, angstlösend Hohes Suchtpotential, daher nur vorübergehend einnehmen Keine teratogene Wirkung Beim Neugeborenen schwere Symptome möglich: Atemdepression, Hypertonie, Tremor, floppy-infant, daher Einsatz gegen Ende der Schwangerschaft vermeiden Zopiclon (Ximovan, Zop, Optidorm, Somnosan) Nicht teratogen Anpassungsstörungen beim Neugeboren möglich, wenn spät in der Schwangerschaft behandelt wird Gut als punktuelle oder vorübergehende Einschlafhilfe. Wenn längere Behandlung notwendig: schlafanstoßende Antidepressiva, nicht-medikamentöse Methoden Diphenhydramin (Halbmond, Vivinox u.v.a.) In Frühschwangerschaft gut verträglich für den Embryo Im 3. Trimenon meiden, weil evtl kontraktionsfördernd Anpassungsprobleme beim Neugeborenen Notwendigkeiten der Betreuung Die Betreuung soll alle Bereiche umfassen (bio-psycho-sozial….) Wenn möglich, sollten psychisch kranke Frauen ihre Schwangerschaft frühzeitig planen und mit Vertrauenspersonen und Ärzten besprechen Frühe Erfassung und Betreuung Schwangerer Die psychisch erkrankt sind Die bei früheren Geburten prä- oder postpartale psychische Erkrankungen hatten Wer muss in die Planung der Betreuung einbezogen werden? Die werdende Mutter Unterstützenden Angehörige Hebamme, Gynäkologin, Psychiater, Hausarzt, Psychotherapeutin Psychosoziale Betreuungsdienste Geburtsklinik, Psychiatrische Klinik Günstig, wenn ein auf peripartale psychische Erkrankungen spezialisierter Dienst vorhanden ist und dies koordinieren kann Absprachen zwischen allen Beteiligten über Unterstützungsmöglichkeiten vor und nach der Geburt Behandlungsplan Vorsorgliche Untersuchungen Notfallpläne Zuständigkeiten Was brauchen psychisch kranke Schwangere? Mindestens eine Vertrauensperson, die sie begleitet Psychotherapeutische Begleitung Trainierte Betreuerinnen/ Hebammen/ Frauenärzte, die Ihren mentalen Zustand erkennen Psychische Erkrankungen/ Traumatisierungen in der Vorgeschichte erfassen Psychiater Die sich mit Psychopharmaka in Schwangerschaft/ Stillzeit auskennen und die Patientin ausreichend darüber informieren Schwangere nicht warten lassen und sie häufig genug einbestellen Engmaschige Vorsorgeuntersuchungen Bei Medikamenteneinnahme Spiegelkontrollen, Ultraschallkontrollen des Feten Evtl vorbeugende Aufnahme in einer psychiatrischen Klinik Entbindung in einer Klinik mit psychiatrischer konsiliarischer Betreuung und angeschlossener Neugeborenenintensivstation (falls Komplikationen bzw Absetzreaktionen bei Medikamenten) Individuelle Geburtsvorbereitung, wenn dies in der Gruppe nicht möglich ist Information über und Anbahnung von Hilfen Unterstützung bei der Beziehungsaufnahme mit dem Baby Vorbereitung auf das Leben mit einem Baby Immer wieder: Ermutigung! Was können die Frühen Hilfen tun? Möglichst früh in die Betreuung einsteigen Anzeichen (verstärkter) psychischer Belastung erkennen (EPDS) und die Betroffene von Notwendigkeit einer Behandlung überzeugen Aufklärung und Beratung der Schwangeren und ihrer Bezugspersonen Netzwerkarbeit mit den betreuenden Fachleuten, Kommunikation, Klärung von Zuständigkeiten und Notfallpläne mit allen Beteiligten Mögliche Unterstützer aus dem sozialen Netz aktivieren, wenn nicht vorhanden: ein soziales Netz aufbauen Selbstpflege, Vorsorge, gesunde Ernährung, Verzicht auf Nikotin und Alkohol unterstützen Alternativen zur medikamentösen Behandlung bzw. Methoden, die niedrigere Dosierung möglich machen: Yoga, Entspannung, Meditation unterstützen Die Geburt und die Zeit nach der Geburt besprechen und praktische Vorbereitungen unterstützen Die emotionale Beziehung zum werdenden Kind fördern Vorstellungsbilder vom Kind Vorstellungsbilder von der Mutter als Mutter Ängste/ Idealisierungen relativieren, Realitätsbezug fördern Positive Bezogenheit (zärtliche, warme, freudige Gefühle und Vorstellungen, Sensitivität für die Signale des Ungeborenen) verstärken Weitere Informationen www.embryotox.de www.marce-gesellschaft.de www.schatten-und-licht.de Die Kinderschutzzentren (2011) Kindheit mit psychisch belasteten und süchtigen Eltern Die Kinderschutzzentren (2013) Frühe Hilfen III Rohde A, Riecher-Rössler A (2001) Psychische Erkrankungen bei Frauen. Regensburg: Roderer Rohde A (2004) Rund um die Geburt eines Kindes: Depressionen, Ängste und andere psychische Probleme. Stuttgart: Kohlhammer