Betreuer - Eltern sein mit Borderline

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Wenn psychisch kranke Frauen
Mütter werden
Dr. med. Christiane Deneke, Hamburg
Tagung Hannover 10. 11. 2014
Inhalt
Kinderwunsch und Bedeutung der
Schwangerschaft bei psychisch kranken
Frauen
Unterschiedliche Krankheitsbilder und
Schwangerschaft
Medikamente in der Schwangerschaft, unter
der Geburt und in der Stillzeit
Notwendigkeit umfassender Betreuung
Möglichkeiten der Frühen Hilfen
Die Situation
Psychische Erkrankungen bei Schwangeren sind verbreitet , aber nicht wesentlich häufiger als
sonst im Leben (Depressionen ca 10%, Angststörungen ca 11%, oft beides kombiniert, Bipolare
Störungen ca1%, Schizophrenien ca 0,5%, Persönlichkeitsstörungen ca 3%). Sie bleiben häufig
unerkannt und unbehandelt
Allgemeine psychosoziale Risiken erhöhen die Häufigkeit
Ersterkrankungen eher selten. Einfluss der Schwangerschaft auf bestehende Erkrankungen
unterschiedlich
Die Mehrzahl der psychisch kranken Frauen - zunehmend auch der psychotischen - bekommt
Kinder
Aber sie gehen selten in Behandlung: Nur 25% der peripartal Depressiven sucht eine Behandlung
auf, in Risikogruppen weniger. Bei Schizophrenen dürfte dieser Anteil deutlich niedriger liegen.
Nach der Geburt besteht ein hohes Risiko, krank zu werden
Wiederaufflammen vorbestehender Erkrankungen in 30-50%
Erhöhte Zahl an Neuerkrankungen
Dem entsprechend besteht großer Bedarf an gut informierter und sensitiver Betreuung
Viele Mitarbeiterinnen des Gesundheitswesens fühlen sich überfordert, nicht nur die Kranke,
sondern auch die (werdende) Mutter im Blick zu haben, während Mitarbeiterinnen der Jugendhilfe
sich oft durch die psychische Krankheit geängstigt und überfordert fühlen
Das heißt, die Betreuerinnen verschiedener Berufsgruppen müssen aus dem jeweils
anderen Bereich dazulernen
Die Dienste müssen eng kooperieren
Supervision mit psychiatrischer Erfahrung ist notwendig
Der Kinderwunsch psychisch kranker
Frauen
Idealisierend/ unrealistisch/ kompensatorisch
V.a. bei Frauen mit Schizophrenie und Borderline-Störungen
Beweis von Gesundheit und Normalität „Das kann ich auch“
Heiler „ Das Kind macht mich gesund“
Ersatz „Mein Baby wird mich immer lieb haben und mich nie verlassen“
Angstvoll negativierend
Typisch für Frauen mit Depression, Angststörungen
Vorwegnahme von Versagen „Ich werde eine schlechte Mutter“, „Das kann ich
nie schaffen“
Projektion eigener (vermeintlicher) negativer Wesenszüge „Mein Kind wird so
unglücklich/ krank wie ich“
Hochgradig ambivalent
V. a. bei Frauen mit Depressionen, Borderline- und Angststörungen
Reflektiert/ realistisch
Eher selten
Hilfreich und notwendig sind Gespräche, die überzogene
Erwartungen/ Befürchtungen relativieren
Wie erleben Eltern ihre psychische Erkrankung im
Hinblick auf die Elternschaft?
Scham und Angst, als Eltern zu versagen
Sorge um die Gesundheit und Entwicklung der Kinder
Angst vor dem Jugendamt, dem Sorgerechtsentzug
Existenzielle Verunsicherung
Angst vor jeder neuen krisenhaften Entwicklung im Verlauf der
eigenen Erkrankung
Angst vor der Geburt und Wunsch nach Kaiserschnitt doppelt so
häufig wie bei Frauen ohne psychische Erkrankung, auch häufiger
Kaiserschnittentbindungen (12 vs. 6%)
Schuldgefühle
Scham über die eigene Bedürftigkeit, Unzulänglichkeit
Isolation (vor allem bei schwer und chronisch Erkrankten)
Eher passiv vermeidender Umgang mit den Problemen als aktive
Auseinandersetzung und Suche nach Unterstützung
Evtl. teilweise oder komplette Verleugnung dieser Probleme
Allgemein: Stress in der
Schwangerschaft
Erhöhte Stresshormone der Mutter schädigen die schützende
Schranke der Plazenta und werden so auch beim Feten
wirksam („fetal programming“)
Unmittelbare Folgen:
Mehr Frühgeburten, mehr untergewichtige Neugeborene
Neugeborene sind häufiger dysreguliert und bedeuten damit für die
Mutter eine erhöhte Belastung, was wiederum Verschärfung oder
Neubeginn psychischer Krankheit nach der Geburt bedingt
Längerfristige Auswirkungen: Höhere Stressreaktivität und
selbst berichtete Ängstlichkeit, vermehrt emotionale und
Verhaltensstörungen bei den Kindern, nachweisbar bislang
bis in die Adoleszenz
Soziale Zuwendung reduziert Stress. Nachgewiesen ist
positive Auswirkung auf das Gewicht des werdenden
Kindes
Depression und Schwangerschaft
70% der Schwangeren berichten zeitweise Symptome einer Depression
(körperliche Erkrankungen ausschließen)
10% haben bei genauer Diagnostik eine länger anhaltende,
behandlungsbedürftige depressive Störung, in Risikogruppen bis 50%
Risikofaktoren: frühere Depression, familiäre Belastung, negative
Lebensereignisse (v. a. Erfahrungen von Misshandlung/ Missbrauch),
Partnerprobleme (v. a. Gewalt), Schwangerschaftskonflikt, Ablehnung der
Schwangerschaft, allgemeine psychosoziale Belastung (Armut, Arbeitslosigkeit,
geringe Bildung, soziale Isolation usw)
Depression während der Schwangerschaft begünstigt postpartale Depression
(30-50%): Peripartale Depression
Vermehrt Frühgeburten (20% vs. 6% bei anhaltender präpartaler Depression),
untergewichtige, dysregulierte Neugeborene
Über die Wirkung medikamentöser Behandlung auf peripartale Komplikationen
beim Kind widersprüchliche Ergebnisse. Bei guter Beobachtung und Betreuung
des Neugeborenen keine schwerwiegenden Folgen.
Postpartal: Erhöhtes Risiko für vermehrten Stress im Umgang mit dem Kind,
Bonding-Probleme und verminderte Responsivität (auch ohne Depression)
Schizophrenie und Schwangerschaft
Einige Betroffene sind (wohl durch die erhöhten Östrogene) geschützt,
sie fühlen sich relativ stabil in der Schwangerschaft
Die Mehrheit ist schon während der Schwangerschaft überlastet,
überfordert und deshalb rückfallgefährdet
Schizophrene Frauen leben häufiger ohne Partner bzw. in
problematischen Parnerschaften
Schwangerschaften schizophrener Frauen sind besonders oft
ungeplant oder sogar unbemerkt, Vorsorge, körperliche Pflege und
Ernährung schlechter, Versuche vorzeitiger Selbstentbindung,
Misshandlung des Feten und Neonatizid häufiger als im Durchschnitt
Bis 90% betreiben Alkohol-, Nikotin- oder Substanzmissbrauch, viele
setzen dies während der Schwangerschaft fort
Die Folge: Mehr Frühgeburten, perinatale Komplikationen 10fach
erhöht, untergewichtige Neugeborene, was wiederum die Belastung der
Mutter verstärkt
Rückfälle nach der Geburt: 35%
Das heißt: Schizophrene Schwangere brauchen besonders gute
Betreuung, aber gerade sie entziehen sich besonders häufig jeder
Art von Betreuung
Bipolare Störung und Schwangerschaft
Probleme der Medikation nehmen hier einen großen Raum ein
Wegen der erhöhten Gefahr einer postpartalen Psychose (50 - 75%, wenn
Medikamente abgesetzt wurden) bei bestehender bipolarer Störung sollte die
Medikation mit Stimmungsstabilisatoren beibehalten werden
Da diese Medikamente aber das Risiko fetaler Fehlbildungen (in geringem Maße)
erhöhen, setzen viele Betroffene diese Medikamente ab
Dies erhöht die Gefahr eines Rückfalls schon während der Schwangerschaft (3050%), der wiederum eine stärkere Medikation erfordert
Wenn die Schwangerschaft festgestellt wird, ist sie schon einige Wochen alt und
die wesentlichen embryonalen Organentwicklungen schon geschehen
Empfohlen wird: möglichst niedrige Dosierung und gute Überwachung der fetalen
Entwicklung per Ultraschall
Wenn möglich, sollte die Schwangerschaft gut geplant werden und in einer
günstigen, stabilen Zeit stattfinden
Die Unterstützung durch den Partner ist hier ein besonders wichtiger Faktor
für Stabilität auch nach der Geburt
Angststörung und Schwangerschaft
In der Frühschwangerschaft bis 15%, mittleres Trimenon
weniger, im 3. Trimenon wieder ansteigend, direkt nach
Geburt rascher Abfall (ähnlicher Verlauf bei Depression, d.
h. das mittlere Drittel ist das stabilste)
Risiko: Alter unter 25J, Migration u.a. psychosoziale
Belastungen, psychiatrische Erkrankungen in der
Vorgeschichte, v. a. aber frühere Angsterkrankung
Viele körperliche Symptome, z. B. vermehrtes Erbrechen,
Präeklampsie
Angst vor der Geburt und Wunsch nach Kaiserschnitt
Risiko für das Kind s. Stress in der Schwangerschaft
Postpartal: Vermehrt Depressionen und Störung des
„Bonding“, d. h. der unmittelbaren, spontanen
Liebesbeziehung zum Kind
Schwangerschaft nach sexuellem
Missbrauch
Sexuelle Missbrauchserfahrungen erhöhen die Risiken für Mutter und
Kind
Frühe/ ungewollte Schwangerschaften häufiger
Mehr Stress, Angst, allgemeines psychosoziales Risiko, mehr eigenes
Risikoverhalten (Rauchen usw)
Symptome
Flashbacks (ganzes oder teilweises Wiedererleben der traumatisierenden
Situation), da das Körpergedächtnis durch Schwangerschaft und Geburt
besonders stimuliert wird. Auslöser = Triggerreize: Untersuchungen, Lagerung,
Kindsbewegungen usw
Dissoziation (Unterbrechung der eigenen Bewusstheit, des Gedächtnisses,
Identitätserlebens und Wahrnehmens der Umgebung)
Angstzustände, Depressionen, Suizidgedanken
Die Geburt kann retraumatisieren, deshalb soll die Betroffene sie
unbedingt mitgestalten können
Betreuer/ Therapeuten müssen nach Missbrauchserfahrungen
fragen, die Betroffenen sprechen sie selten von selber an!
Betroffene wirken oft misstrauisch, abweisend, brechen eher die
Behandlung/ Betreuung ab: Vertrauensbeziehung aufbauen
Borderline-Persönlichkeitsstörung und
Schwangerschaft
Eine Borderline-Störung erhöht die Gefahr, früh und unter
instabilen Lebensbedingungen schwanger zu werden
Unrealistisch - idealisierende Vorstellungen vom Leben mit
dem Baby: Parentifizierung schon im Mutterleib
Vorsorge, Selbstfürsorge oft ungenügend
Kaum soziale Unterstützung, instabile Partnerschaften
Missbrauchs-, Misshandlungserfahrungen und Gefahr der
Retraumatisierung beachten
Sprunghaftigkeit und unterschiedliche Funktionsniveaus
erschweren die Einschätzung, daher von einem mittleren
Funktionsniveau ausgehen und Notfallpläne machen
Die Schwangerschaft bietet die Gelegenheit, eine
Vertrauensbeziehung aufzubauen und zu festigen, die vor
allem nach der Geburt dringend gebraucht wird
Schwangerschaft nach vorhergehender
postpartaler psychischer Erkrankung
Postpartale Depression
Rückfallhäufigkeit 30-50%
Schützend wirken
Gute Verarbeitung der früheren Depression (Schuldgefühle, Trauer um nicht
gemachte positive Erfahrungen)
Wenig psychosoziale Belastung
Guter Umgang mit Stress
Vorausschauende Planung für den Fall einer Wiederholung
Postpartale Psychose
Rückfallhäufigkeit bis 60%
Schützend wirken
Gute Verarbeitung der früheren Psychose (schwer integrierbares Erleben, oft kaum
Erinnerung daran, wie ein verlorener Lebensabschnitt)
Unterstützung durch einen psychisch stabilen Partner (allgemeine psychosoziale
Belastung spielt hier keine Rolle)
Guter Umgang mit Stress
Vorausschauende Planung für den Fall einer Wiederholung
Essstörungen und Schwangerschaft
Manche Betroffene können die Schwangerschaft
unbeschwert erleben: für ihre Gewichtszunahme
und Veränderungen der Figur fühlen sie sich
nicht selbst verantwortlich
Die Mehrzahl hat Schwierigkeiten, sich und den
Feten gut zu ernähren
Die Gefahr untergewichtiger Babys und evtl
auch verfrühter Geburten ist erhöht, mehr
Kaiserschnitte
Postpartal
Mehr postpartale Depressionen
Mehr Fütterstörungen und Gedeihstörungen
Psychopharmaka und Schwangerschaft
Nie bei eingetretener Schwangerschaft „zum Wohl des Kindes“
Psychopharmaka spontan absetzen: kann sofortigen Rückfall provozieren.
Sondern gut überlegen
Psychotherapeutische Begleitung der Schwangerschaft
Zusätzliche stressmindernde Methoden wie Yoga, Entspannung, Meditation
Bei gut eingestellten Patientinnen möglichst kein Wechsel des Medikaments wegen
Schwangerschaft
Abwägung Nutzen/ Risiko: unerwünschte Nebenwirkung von Medikamenten gegen
Risiko eines Rückfalls und erhöhten Stresspegels während der Schwangerschaft
Kein zur Zeit verwendetes Psychopharmakon hat sich als stark schädigend für das
werdende Kind erwiesen
Aber alle Psychopharmaka können Anpassungsstörungen beim Neugeborenen
verursachen (Zittrigkeit, Unruhe, Schläfrigkeit, Trinkschwäche, Atemprobleme)
Der Erfahrungsumfang ist entscheidend für den Medikamenteneinsatz, daher sind
ältere Medikamente oft den neueren vorzuziehen
Möglichst nur ein Medikament oder so wenig verschiedene wie möglich. Möglichst
niedrige Dosierung
Vor der Geburt möglichst herunterdosieren/ absetzen, um Absetzsymptomatik beim
Neugeborenen zu vermeiden (Antidepressiva: Tage bis Wochen, Antipsychotika:
Tage). Nach der Geburt wieder ansetzen, evtl. höher dosiert
Stillen ist mit den meisten Psychopharmaka möglich
Gute pädiatrische Überwachung des Neugeborenen
Antidepressiva
Antidepressive Medikation ist angebracht bei Suzidalität, häufigen Angstattacken,
schwerer depressiver Verstimmung mit Schlafstörungen, Appetit- und
Gewichtsverlust
Wegen des großen Erfahrungsumfangs sind ältere, trizyklische Antidepressiva
vorzuziehen: Amitryptilin, Nortryptilin, Imipramin
Aber auch Medikamente aus der Gruppe der SSRI haben sich bewährt: Sertralin,
Citalopram
Bei guter Einstellung mit anderen SSRI sollten diese beibehalten werden (Ausnahme:
Fluoxetin sollte wegen langer Halbwertszeit und damit schlechter Steuerbarkeit
gemieden werden)
Wegen der erhöhten Gefahr einer postpartalen Depression sollte die Medikation nach
der Geburt fort- bzw wieder angesetzt werden
Auch das Stillen mit beiden Substanzgruppen hat sich nicht als nachteilig erwiesen,
es besteht daher kein Grund, zum Abstillen zu raten. Aber ein Teil der depressiven
Mütter ist mit der großen Nähe und Abhängigkeit beim Stillen überfordert, für diese
kann das Argument, dem Kind keinesfalls schaden zu wollen, einen willkommenen
Ausweg darstellen. Deshalb das Für und Wider des Stillens gut besprechen!
Neuroleptika (Antipsychotika)
Behandlung mit Neuroleptika bei akuten Psychosen und Manien bzw.
als Dauermedikation zur Verhinderung von erneuten Phasen dieser
Erkrankungen
Gut untersucht sind:
Ältere Neuroleptika
Flupentixol und Fluphenazin, Haloperidol
Keine teratogenen (keimschädigenden) Effekte, Anpassungsstörungen beim
Neugeborenen möglich, leichte Anpassungsstörungen beim Stillen möglich, v. a. bei
Medikamentenkombination, deshalb möglichst Monotherapie, Spätfolgen bisher nicht
bekannt
Atypische Neuroleptika
Quetiapin (Seroquel)
Gute Datenlage, keine teratogenen bzw. fetotoxischen Wirkungen, weniger
Anpassungsstörungen, Stillen bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes
akzeptabel
Risperidon (Risperdal)
Wie oben
Olanzapin (Zyprexa)
Keine teratogenen Effekte. Etwas häufiger Anpassungsstörungen beim Neugeborenen
(lange Halbwertszeit), Verstärkt Neigung zu Schwangerschaftsdiabetes. Bei gut
eingestellten Patientinnen ist Schwangerschaft unter Olanzapin akzeptabel, Stillen bei
Monotherapie und Beobachtung des Kindes akzeptabel
Wegen der erhöhten Rückfallgefahr nach der Geburt die Medikation
fort- bzw. wieder ansetzen.
Phasenprophylaktika
(Stimmungsstabilisatoren)
Phasenprophylaktika sollen bei bipolaren Störungen über lange Zeit (Jahre) genommen werden,
um erneuten Phasen vorzubeugen
Lithiumsalze (Hypnorex, Quilonum)
Ältestes Phasenprophylaktikum
Leicht erhöhte Teratogenität: 1/1000 bis 1/100 der Neugeborenen mit Herzfehlern
Häufiger Frühgeburten, erhöhtes Geburtsgewicht, gelegentlich „floppy infant“-Syndrom (schlaffe Muskulatur,
Trinkschwäche, Schläfrigkeit, schneller Herzschlag), selten Krämpfe, Schilddrüsenunterfunktion beim
Neugeborenen
Wenn Neueinstellung: atypisches Neuroleptikum oder Antidepressivum vorziehen. Bei gut eingestellter
Patientin ist Weitergabe akzeptabel bei sorgfältigen Kontrollen und Dosisreduktion vor der Geburt
Gute Beobachtung und Untersuchung des Babys: Schilddrüse, Flüssigkeitshaushalt
Stillen unter Beobachtung akzeptabel, bei den meisten gestillten Säuglingen unter Lithium keine Symptome
Lamotrigin (Antiepileptikum mit guter Wirkung bei bipolarer Störung)
Evtl dosisabhängig leicht erhöhte Fehlbildungsrate
Leichte Anpassungsstörungen beim Neugeborenen möglich
Stillen unter Monotherapie bei guter Beobachtung akzeptabel
Als Antiepileptikum Mittel der Wahl, bei psychiatrischen Störungen und Neueinstellung herkömmliche
Neuroleptika vorziehen, sonst beibehalten
Valproinsäure ist zu meiden!
Fehlbildungsrate 2-3fach erhöht
Leichte Anpassungsstörungen, Stillen ohne Probleme
Schlaf- und Beruhigungsmittel
Diese Medikamente werden bei Angststörungen, Schlafstörungen und
zum Abmildern von Angst und Erregung mit anderen Mitteln zusammen
bei Psychosen, bipolaren Störungen und Depressionen verordnet
Benzodiazepine (Valium, Tavor)
Beruhigend, angstlösend
Hohes Suchtpotential, daher nur vorübergehend einnehmen
Keine teratogene Wirkung
Beim Neugeborenen schwere Symptome möglich: Atemdepression, Hypertonie,
Tremor, floppy-infant, daher Einsatz gegen Ende der Schwangerschaft vermeiden
Zopiclon (Ximovan, Zop, Optidorm, Somnosan)
Nicht teratogen
Anpassungsstörungen beim Neugeboren möglich, wenn spät in der
Schwangerschaft behandelt wird
Gut als punktuelle oder vorübergehende Einschlafhilfe. Wenn längere
Behandlung notwendig: schlafanstoßende Antidepressiva, nicht-medikamentöse
Methoden
Diphenhydramin (Halbmond, Vivinox u.v.a.)
In Frühschwangerschaft gut verträglich für den Embryo
Im 3. Trimenon meiden, weil evtl kontraktionsfördernd
Anpassungsprobleme beim Neugeborenen
Notwendigkeiten der Betreuung
Die Betreuung soll alle Bereiche umfassen (bio-psycho-sozial….)
Wenn möglich, sollten psychisch kranke Frauen ihre Schwangerschaft frühzeitig
planen und mit Vertrauenspersonen und Ärzten besprechen
Frühe Erfassung und Betreuung Schwangerer
Die psychisch erkrankt sind
Die bei früheren Geburten prä- oder postpartale psychische Erkrankungen hatten
Wer muss in die Planung der Betreuung einbezogen werden?
Die werdende Mutter
Unterstützenden Angehörige
Hebamme, Gynäkologin, Psychiater, Hausarzt, Psychotherapeutin
Psychosoziale Betreuungsdienste
Geburtsklinik, Psychiatrische Klinik
Günstig, wenn ein auf peripartale psychische Erkrankungen spezialisierter Dienst vorhanden
ist und dies koordinieren kann
Absprachen zwischen allen Beteiligten über
Unterstützungsmöglichkeiten vor und nach der Geburt
Behandlungsplan
Vorsorgliche Untersuchungen
Notfallpläne
Zuständigkeiten
Was brauchen psychisch kranke
Schwangere?
Mindestens eine Vertrauensperson, die sie begleitet
Psychotherapeutische Begleitung
Trainierte Betreuerinnen/ Hebammen/ Frauenärzte, die
Ihren mentalen Zustand erkennen
Psychische Erkrankungen/ Traumatisierungen in der Vorgeschichte erfassen
Psychiater
Die sich mit Psychopharmaka in Schwangerschaft/ Stillzeit auskennen und die Patientin
ausreichend darüber informieren
Schwangere nicht warten lassen und sie häufig genug einbestellen
Engmaschige Vorsorgeuntersuchungen
Bei Medikamenteneinnahme Spiegelkontrollen, Ultraschallkontrollen des Feten
Evtl vorbeugende Aufnahme in einer psychiatrischen Klinik
Entbindung in einer Klinik mit psychiatrischer konsiliarischer Betreuung und angeschlossener
Neugeborenenintensivstation (falls Komplikationen bzw Absetzreaktionen bei Medikamenten)
Individuelle Geburtsvorbereitung, wenn dies in der Gruppe nicht möglich ist
Information über und Anbahnung von Hilfen
Unterstützung bei der Beziehungsaufnahme mit dem Baby
Vorbereitung auf das Leben mit einem Baby
Immer wieder: Ermutigung!
Was können die Frühen Hilfen tun?
Möglichst früh in die Betreuung einsteigen
Anzeichen (verstärkter) psychischer Belastung erkennen (EPDS) und die
Betroffene von Notwendigkeit einer Behandlung überzeugen
Aufklärung und Beratung der Schwangeren und ihrer Bezugspersonen
Netzwerkarbeit mit den betreuenden Fachleuten, Kommunikation, Klärung von
Zuständigkeiten und Notfallpläne mit allen Beteiligten
Mögliche Unterstützer aus dem sozialen Netz aktivieren, wenn nicht vorhanden:
ein soziales Netz aufbauen
Selbstpflege, Vorsorge, gesunde Ernährung, Verzicht auf Nikotin und Alkohol
unterstützen
Alternativen zur medikamentösen Behandlung bzw. Methoden, die niedrigere
Dosierung möglich machen: Yoga, Entspannung, Meditation unterstützen
Die Geburt und die Zeit nach der Geburt besprechen und praktische
Vorbereitungen unterstützen
Die emotionale Beziehung zum werdenden Kind fördern
Vorstellungsbilder vom Kind
Vorstellungsbilder von der Mutter als Mutter
Ängste/ Idealisierungen relativieren, Realitätsbezug fördern
Positive Bezogenheit (zärtliche, warme, freudige Gefühle und Vorstellungen,
Sensitivität für die Signale des Ungeborenen) verstärken
Weitere Informationen
www.embryotox.de
www.marce-gesellschaft.de
www.schatten-und-licht.de
Die Kinderschutzzentren (2011) Kindheit mit psychisch
belasteten und süchtigen Eltern
Die Kinderschutzzentren (2013) Frühe Hilfen III
Rohde A, Riecher-Rössler A (2001) Psychische
Erkrankungen bei Frauen. Regensburg: Roderer
Rohde A (2004) Rund um die Geburt eines Kindes:
Depressionen, Ängste und andere psychische
Probleme. Stuttgart: Kohlhammer
Zugehörige Unterlagen
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