Internetportal www.waldundklima.net Seite 1 von 13 Druckversion des Beitrags: http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Klimawandel und dessen Folgen für den Wald Eine aktuelle Literaturstudie Autor (-en): Ingolf Profft, DEMO Project, CarboEurope-IP, TLWJF Gotha Kontakt: e-mail an » profft.ingolf(at)forst.thueringen.de Einstellung am: 27.04.2005 Aktualisierung am: 27.10.2005 Dokumenttyp: Projektbeitrag Zusammenfassung: Die Wälder nehmen in der Debatte um den Klimawandel und seine Folgen eine besondere Stellung ein. Zum einen stellen sie die wichtigste terrestrische Kohlenstoffsenke dar, d. h. sie binden durch ihr Wachstum Kohlendioxid aus der Luft und entlasten somit das Klima. Zum anderen besteht jedoch auch die Gefahr, dass sie infolge des Klimawandels zur Kohlendioxidquelle werden könnten, wodurch die Klimaerwärmung beschleunigt wird. Daher muss sich auch die Forstwirtschaft mit dem Klimawandel und seinen Folgen befassen. Sie muss Strategien entwickeln, wie die Gefahren minimiert und die Leistungsfähigkeit der Wälder erhalten werden kann. *** Einleitung "Wenn der Klimawandel zuschlägt, dann werden bestimmte Baumarten einfach weichen müssen und woandershin ausweichen, aber der Prozess dauert typischerweise 1.000 Jahre oder noch länger in der Natur, und jetzt drängen wir das alles in ein Jahrhundert, das heißt, die Wälder werden dauerhaft unangepasst sein. Für einen Forstwirt heißt das, ich weiß nicht, was ich momentan, wenn ich aufforsten würde, pflanzen sollte." Prof. Graßl am 01.04.2005 in Hamburg Der Klimawandel findet bereits statt und der Anteil des Menschen an ihm ist mittlerweile nicht mehr zu leugnen. Die Auswirkungen dieser klimatischen Veränderungen werden noch stärker als bisher zunehmen. Auch für die Tier- und Pflanzenwelt werden mit dem Klimawandel gravierende negative Folgen verbunden sein. Die Wälder nehmen im gesamten Klimaprozess und den damit verbundenen Auswirkungen eine besondere Stellung ein. Zum einen stellen sie die wichtigste terrestrische Kohlenstoffsenke dar, d. h. sie nehmen durch ihr Wachstum Kohlendioxid aus der Luft auf, binden es langfristig als Kohlenstoff in der Biomasse und im Boden und entlasten somit das Klima. Zum anderen besteht jedoch auch die Gefahr, dass sie infolge des Klimawandels zur Kohlendioxidquelle werden könnten. Durch die Verstärkung der Abbauprozesse im Wald und im Waldboden könnte mehr CO2 freigesetzt werden, als durch das Wachstum der Bäume aus der Atmosphäre aufgenommen werden kann, wie dies beispielsweise beim letzten El Nino-Ereignis der Fall war. Durch den fehlenden Niederschlag und die damit einhergehende geringere Biomassebildung bei gleichbleibender Aktivität der Bodenorganismen kam es im Nordwesten von Südamerika Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 2 von 13 zur Freisetzung von 1 Gt Kohlenstoff aus diesen Wäldern. Mit einer Temperaturerhöhung könnte ebenfalls das Risiko einer negativen Kohlenstoffbilanz verbunden sein. Angesichts des Anstiegs der Respirationsrate und durch die "Ankurbelung" bodenbiologischer Prozesse könnte auch dadurch der Wald zur Kohlenstoffquelle werden und somit die Klimaerwärmung beschleunigen. Neben den Niederschlagsveränderungen und den oft mit dem Klimawandel in Verbindung gebrachten Temperaturänderungen spielen aber auch Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Tageslänge, Sonnenscheindauer⁄Strahlungsangebot sowie die Amplitude der Variabilität aller Faktoren eine Rolle im Wirkungsgefüge Klima Biosphäre. Für die Wissenschaft besteht die dringende Aufgabe, die Klimaveränderungen in kleinräumigem Maßstab besser und genauer zu prognostizieren. Darauf aufbauend sind verstärkt Forschungen voranzutreiben, die die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldökosysteme untersuchen. Für die Forstwirtschaft ergibt sich die Aufgabe, langfristige Strategien zu entwickeln, um die Gefahren des Klimawandels für den Wald zu minimieren und somit die Leistungsfähigkeit der Wälder für Klima, Umwelt und Mensch langfristig zu sichern. Das Klima der Erde befand und befindet sich in einem permanenten Veränderungsprozess. Klimadaten der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende belegen, dass sich Warmund Kaltzeiten abwechseln. Aufgrund dieser sich ständig ändernden klimatischen Bedingungen auf der Erde unterliegen die Organismen einem permanenten Anpassungsprozess. Der Rückzug von Arten aus Gebieten, die ungünstige Lebensbedingungen für sie aufweisen, und das Besiedeln neuer Areale sind neben der genetischen Anpassung von Arten die wichtigsten Abläufe in diesem Anpassungsprozess. Ein entscheidendes Kriterium für das Anpassungsvermögen von Tier- und Pflanzenarten an sich verändernde Umweltbedingungen ist die Geschwindigkeit, mit der sich Lebensbedingungen ändern. Die Nacheiszeit, das sogenannte Holozän, wies ein erstaunlich stabiles Klima mit nur geringen Schwankungen auf. Betrachtet man die Klimaschwankungen der letzten 1.000 Jahre auf der Nordhalbkugel der Erde, so fällt auf, dass zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert die Temperaturen geringfügig angestiegen sind und zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert etwas ansanken. Die wärmere Periode wird auch als "Mittelalterliches Klimaoptimum" und die kältere Phase als "Kleine Eiszeit" bezeichnet. Die Temperaturdifferenz zwischen diesen beiden Phasen betrug im globalen Mittel rund 0,2°C. Die Ökosysteme der Erde und deren Organismen konnten sich unter diesen geringen Temperaturveränderungen optimal in ihren Arealen etablieren und an die vorherrschenden Bedingungen anpassen. Im Gegensatz zum Klimaprozess der letzten 10.000 Jahre ist die aktuelle Klimaentwicklung der letzten Dekaden durch einen entscheidenden Unterschied geprägt: die Geschwindigkeit, mit der sich die Änderungen vollziehen. Der nachgewiesene Temperaturanstieg zwischen 1861 (Beginn der verlässlichen instrumentellen Temperaturmessung) bis 2000 liegt bei 0,6°C±0,2°C. Bei Berücksichtigung der ersten Jahre des 21. Jahrhunderts gehen die Wissenschaftler mittlerweile von 0,7°C aus. Der Anteil des Menschen an dieser Erwärmung durch seine Tätigkeit liegt nach neuesten Untersuchungen bei mindestens 40%. Dabei zeichnet sich deutlich ab, dass der Temperaturanstieg in diesen 140 Jahren nicht gleichmäßig ablief, sondern in den letzten Jahrzehnten stärker war als zu Beginn des betrachteten Zeitraums. Die zehn wärmsten Jahre (globale Jahresdurchschnittstemperatur) seit 1861 Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 3 von 13 lagen im Zeitraum seit 1990, die 20 wärmsten Jahre im Zeitraum seit 1980. Seit Ende der 1970er Jahre hat sich die Rate des Temperaturanstiegs auf 0,15 bis 0,2°C je Dekade erhöht; im Vergleich dazu betrug die Anstiegsrate zu Beginn des 20. Jahrhunderts etwa 0,06°C je Dekade. Dabei steigen die Minimaltemperaturen doppelt so stark an, wie die Maximaltemperaturen. Dieser Trend der Temperaturerhöhung wird sich in diesem Jahrhundert global fortsetzen und nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft mit noch schnellerem Tempo als bisher. Der letzte IPCC-Bericht (2001) geht von einer globalen Erwärmung von mindestens 1,4°C bis zum Jahr 2100 aus. Die ersten Berechnungen für den vierten IPCC-Bericht, der 2007 erscheinen soll, ergaben einen Temperaturanstieg vom 2,5°C - im günstigsten Fall - bis 2100. Abb. 1: Simulation der Temperaturveränderungen für Europa (Bezugszeitpunkt 1860) (Grafik: Deutsches Klimarechenzentrum) Mit der Änderung der Temperatur sind Veränderungen im Wasserhaushalt und Wasserkreislauf sowie im Prozess der Luftmassenbewegungen verbunden. Ansteigende Temperaturen führen zu einem höheren Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre mit der Folge stärkerer und längerer Niederschläge. Die Niederschlagsentwicklung ist jedoch von einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängig, z. B. Relief und Kontinentalität. Angesichts der Vielzahl an Einflussfaktoren sowie deren Variabilität auf der einen Seite und der noch mit Fehlern bzw. Datenlücken in der räumlichen Repräsentanz und Güte behafteten Niederschlagsmessungen in der Vergangenheit auf der anderen Seite ist die Modellierung der Niederschlagsveränderungen für die Zukunft weitaus schwieriger und entsprechende Ergebnisse und Aussagen mit regionalem Bezug noch mit vielen Fragezeichen behaftet. Trotz dieser Schwierigkeiten können bereits heute auf der Basis von realen Klimadaten und realistischer Klimaszenarien auch Prognosen und Trends für die Niederschlagsentwicklung für Regionen berechnet werden. Sie ist trotz der großen Variabilität geprägt von einem Nord-Süd-Gefälle mit höheren Niederschlägen im Norden und geringeren Niederschlägen im Süden. Allgemein werden in Deutschland nach Berechnungen des Potsdam Institutes für Klimafolgenforschung die Hitze- und Trockenperioden im Sommer zunehmen und die Niederschläge abnehmen. Trotz der Abnahme der mittleren Niederschläge im Sommer muss von einer Zunahme der Niederschlagsereignissen mit hoher Intensität (Starkregen und Gewitter) ausgegangen werden. Die Winter werden dagegen milder, aber niederschlagsreicher. Dabei ist auch mit einer Zunahme der Häufigkeit mäßig starker und starker Niederschlagsereignisse zu rechnen. Neben der prognostizierten Temperaturerhöhung und der damit im Zusammenhang stehenden Änderung der Niederschlagsverhältnisse wird es durch die ansteigenden Luftmassenprozesse zu einem Anstieg der Extremereignissen und deren Intensität kommen. Darunter fallen neben schweren Stürmen und Überschwemmungen aufgrund von Starkregenereignissen auch beispielsweise lang andauernde Dürreperioden und nach dem bisherigen Verständnis für entsprechende Jahreszeiten ungewöhnliche Wetter- und Witterungsereignisse. Insbesondere aus der Wirtschafts- und Versicherungsbranche Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 4 von 13 werden in zunehmendem Maße Daten präsentiert, die bereits den Anstieg der Schäden durch Unwetterkatastrophen sowohl in der Häufigkeit als auch im Schadensausmaß als Zeichen von Witterungsextremen belegen. Kapitel 1: Welche Auswirkungen haben Klimaänderungen für die Ökosysteme, insbesondere den heimischen Wald ? "Die bevorstehenden globalen Klimaänderungen, verursacht durch den Menschen, radieren den jetzigen Standort einer bestimmten Baumart aus." Prof. Graßl am 01.04.2005 in Hamburg Der gegenwärtige Klimawandel einschließlich der damit verbundenen Temperatur-, Niederschlags- und Extremereignisveränderungen wird gravierende Auswirkungen auf alle Lebensgemeinschaften und Arten haben. In und zwischen den Ökosystemen der Erde mit ihren komplexen Wirkungsketten hat sich im Laufe der Entwicklung ein fein aufeinander abgestimmtes Gefüge entsprechend der ökologischen Ansprüche der Arten und der Lebensbedingungen in einem Areal ausgeprägt. Dabei ist nicht nur die physiologische Amplitude, d. h. das absolute Potential von einzelnen Faktoren, wie z. B. Temperatur, Wasserhaushalt, von entscheidender Bedeutung, sondern auch die soziologisch-ökologische Amplitude, d. h. dem Potential einer Art zur Besiedlung eines bestimmten Areals unter dem Konkurrenzdruck anderer Arten, und die Anpassungsfähigkeit einer Art an neue Umweltbedingungen. Je höher die ökologischen Ansprüche einer Art sind und desto geringer ihre ökologische Amplitude sowie ihr Anpassungspotential ist, desto gefährdeter ist diese Art. Bereits eine geringe Änderung eines einzelnen Parameters bei diesen ökologischen Ansprüchen führt beispielsweise zu Veränderungen der inter- und intraspezifischen (zwischen den Individuen verschiedener Arten und zwischen den Individuen innerhalb einer Art) Konkurrenzverhältnisse sowie des Nahrungsangebotes und demzufolge dem Zurückweichen einzelner Arten zu Gunsten anderer Arten. Dabei sind langlebige, immobile Arten, das sind in erster Linie Bäume, am stärksten betroffen, da sie den sich relativ schnell ändernden Umweltbedingungen nicht ausweichen können. Ausgehend von ihren ökologischen Ansprüchen hat jede Baumarten aufgrund ihrer Konkurrenzkraft ein bestimmtes Areal besiedelt oder eine Nische gefunden. Die hohe Geschwindigkeit des gegenwärtigen und zukünftigen Klimawandels gemessen an ökologischen Prozessen - übersteigt das Anpassungspotential vieler Baumarten. Für unsere Wälder kann dies im günstigeren Fall Verschiebungen bei der Baumartenverteilung nach sich ziehen, im ungünstigsten Fall jedoch zu großflächigen Zusammenbrüchen führen. Sicher ist, dass die Klimaänderung die Struktur und Funktion ökologischer Systeme verändern wird und damit die Artenvielfalt und ihre Fähigkeit, andere Güter und Dienstleistungen zu liefern (z. B. Holzprodukte, Erholung und Tourismus, Luft- und Wasserqualität), sich reduzieren. Veränderungen im Wirkungsgefüge der Natur, in Tier- und Pflanzenpopulationen und in Ökosystemen werden seit einigen Jahrzehnten festgestellt und auch wissenschaftlich nachgewiesen. Schwierigkeiten bereitet jedoch der gesicherte Nachweis, dass diese Veränderungen direkte Folge eines Klimawandels sind. Aufgrund der langen Abläufe von Prozessen in der Natur und im Klima wird es auch zukünftig nur in Teilbereichen und für spezielle Vorgänge möglich sein, den Zusammenhang zwischen den Änderungen in der Natur und dem Klimawandel wissenschaftlich herzustellen. Ein Kriterium, für das dieser Zusammenhang als sicher nachgewiesen gelten kann, ist die Verlängerung der Vegetationsperiode auf der Nordhalbkugel in den letzten Dekaden. In Deutschland verlängerte sich die Vegetationsperiode in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 10 Tage. Daraus resultieren eine erhöhte Stoffwechselaktivität und demzufolge höhere Zuwachsleistungen. Gleichzeitig besteht auch die Gefahr von häufigeren Spätfrösten und den damit verbundenen Schäden für das Ökosystem. Die auch in der Forstwirtschaft Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 5 von 13 nachweisbaren Zuwachssteigerungen (z. B. im Vergleich zu den Ertragstafeln) haben viele Ursachen. An erster Stelle stehen hier aller Wahrscheinlichkeit nach die hohen Stickstoffeinträge. Aber auch der "CO2-Düngeeffekt", resultierend aus der höheren Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre, und eben diese Verlängerung der Vegetationsperiode haben einen wachstumsfördernden Effekt - und diese beiden Faktoren stehen in direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel. Diese gegenwärtigen Zuwachserhöhungen erscheinen für die Forstwirtschaft positiv. Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass daraus keine Zuwachssteigerungen für die Zukunft abgeleitet werden können. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die hohen Stickstoffeinträge langfristig zu Nährstoffungleichgewichten und Nitratüberschüssen im Boden und demzufolge zu Mangelerscheinungen, fortgesetzter Bodenversauerung und Zuwachsverlusten bei den Pflanzen führen. Zudem konnte in Laborversuchen nachgewiesen werden, dass die erhöhte Photosyntheseleistung und demzufolge das stärkere Pflanzenwachstum aufgrund des höheren CO2-Gehaltes in der Atmosphäre nur vorübergehender Natur sind. Auch kann eine hohe CO2-Konzentration zum einen zu negativen Veränderungen im Holz mit Auswirkungen auf die Holzqualität, z. B. Bruchfestigkeit, und zum anderen zu ungünstigen Veränderungen im Blattgewebe führen. Langfristig reichern sich die Chloroplasten übermäßig mit Stärke an mit der Folge negativer Rückkopplungen auf die Photosyntheserate. Darüber hinaus reagiert nicht jede Baumart gleich auf ein erhöhtes Düngerangebot an Kohlendioxid. Die Wirkung von erhöhtem Kohlendioxid- oder auch Stickstoffangebot auf Pflanzen kann, je nach Art, Genotyp und Bodenverhältnissen, sehr unterschiedlich sein. Dadurch kann sich langfristig die genetische Zusammensetzung von Pflanzenbeständen und damit die Funktion ganzer Ökosysteme verändern. Im Schweizer Modellversuch "ICAT-Birmensdorf" wurde innerhalb von vier Jahren die Entwicklung von jungen Fichten und Buchen unter erhöhtem Angebot an CO2 und Stickstoff beobachtet. Die Untersuchungen zeigten, dass Fichten im Gegensatz zu den Buchen sowohl auf kalkreichem wie auf saurem Boden mehr CO2 aufnehmen und schneller wachsen. Es wird deshalb angenommen, dass die Fichte gegenüber der Buche unter solchen Verhältnissen an Konkurrenzkraft gewinnen könnte. Gleichzeitig wurde jedoch auch hier festgestellt, dass das erhöhte CO2-Angebot nur anfangs positiv auf das Wachstum der Bäume wirkt. Es wird vermutet, dass danach eine Sättigung der Bäume mit CO2 eintrat. Letztendlich muss bei solchen Betrachtungen und Untersuchungen immer die Komplexität des Klimas bewirken berücksichtigt werden. Temperaturerhöhungen und CO2-Anstieg Folgeveränderungen, die erheblichen Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben. An erster Stelle sind hier die oben dargestellten Verschiebungen der Niederschläge und die zunehmenden Wetter-⁄Witterungsextreme zu nennen. Ausgehend von den physiologischen Ansprüchen der Arten an ihren Standort spielen die Temperaturen und Niederschläge während der Vegetationsperiode eine wesentliche Rolle. Hinsichtlich von Aussagen zu Temperaturverschiebungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und deren Auswirkungen auf die Baumarten bestehen aufgrund der Kenntnisdefizite noch erhebliche Unsicherheiten. Einerseits existieren oftmals nur relativ kurze Untersuchungsreihen, die keine Aussagen zu langfristigen Auswirkungen erlauben. Zum anderen werden Wachstumsdepressionen und Mortalitätserscheinungen teilweise erst mehrere Jahre nach Extremereignissen offensichtlich, so dass ein direkter Nachweis eines Zusammenhanges zwischen dem Ereignis und dessen Folgen auch hier stark erschwert wird. Änderungen der durchschnittlichen Temperatur zwischen 1 und 2°C haben hinsichtlich des Überlebens der meisten Baumarten in unseren Breiten wahrscheinlich keine gravierend negativen Folgen. Tendenziell, insbesondere in den tieferen Lagen, kann sogar von positiven Effekten einer Temperaturerhöhung auf das Pflanzenwachstum ausgegangen werden - jedoch nur unter der Voraussetzung einer ausreichenden Wasserversorgung als offensichtlich wichtigeres Kriterium. Steigen nämlich die Temperaturen, so erhöht sich auch die Evapotranspiration, d. h. die Verdunstung der Pflanzen − somit steigt auch der Wasserbedarf der Pflanzen. Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 6 von 13 Erst mit zunehmender Höhe gewinnt die Temperatur an Bedeutung. Die physiologische Spannweite der Baumarten hinsichtlich der Temperatur ist größer als die zu erwartende Temperaturerhöhung. Auch wenn der Optimalbereich für die Photosynthese zwischen 15 und 25°C liegt, ein Bereich der zukünftig im Hochsommer immer öfter überstiegen werden dürfte, so liegt doch nach verschiedenen Untersuchungen die Hitzegrenze für die CO2-Aufnahme in den gemäßigten Breiten bei Laubholz im Bereich zwischen 40 und 45°C und für Nadelholz zwischen 35 und 42°C. Weitaus entscheidender bezüglich der Temperaturänderungen ist wie bereits angesprochen nicht die physiologische Grenze der Baumarten, sondern die ökologische Amplitude, d. h. die Reaktion der Baumarten unter Konkurrenzbedingungen. Die Untersuchung solcher Zusammenhänge und die Erarbeitung von Trends ist aufgrund der vielen, zu berücksichtigenden Faktoren, wie beispielsweise Temperatur- und Niederschlagsentwicklung, Ansprüche der verschiedenen Baumarten sowie deren Reaktion auf Veränderungen besonders schwierig und Gegenstand der aktuellen Forschung. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden sich für die Buche in den höheren Lagen der Mittelgebirge temperaturbedingte Vorteile auf Kosten der Fichte ergeben. Bergmischwaldgesellschaften werden wahrscheinlich bis in die Hochlagen der Mittelgebirge vordringen, Fichtenwälder sich auf die Kammregionen konzentrieren. Zusätzlich kann das Flachwurzelsystem der Fichte die Wasserdefizite in Dürrephasen nicht ausgleichen mit der Folge von Vitalitätsminderungen. Durch die prognostizierten milden, aber niederschlagsreicheren Winter und das damit verbundene Auftreten von Nassschnee steigt in den Mittelgebirgslagen die Schneebruchgefahr bei der Fichte. Die mittleren Lagen können dann stärker von submontanen Eichen-Buchen-Gesellschaften dominiert werden In den tieferen Lagen werden dagegen Arten und Waldgesellschaften an Bedeutung gewinnen, die einerseits unempfindlich auf höhere Temperaturen reagieren und andererseits längere Dürreperioden ohne Schäden überstehen, wie z. B. Hainbuche, Winterlinde, aber auch Traubeneiche und Kiefer bzw. Eichen-Kiefern-Waldgesellschaften. Besonders die Kiefer bietet aufgrund ihrer breiten ökologischen Amplitude ein gutes Potential für befriedigende Zuwachsleistungen trotz Sommertrockenheit, vor allem auf nährstoffarmen Standorten. Allgemein zeigen Buche und Fichte stärkere negative Reaktionen auf warme und trockene Jahre als Kiefer, Esche, Ahorn und Eiche. Insgesamt stellen Veränderungen bei der Niederschlagsverteilung im Gegensatz zu Temperaturänderungen gerade in den tieferen Lagen ein weitaus größeres Risikopotential dar. Entscheidend dabei ist die Dauer, die Wiederholung und das jahreszeitliche Auftreten der Trockenperioden. Lange Trockenphasen zu Beginn der Vegetationsperiode im Frühjahr können durch den Trockenstress für die Pflanzen die Vitalität nachhaltig beeinträchtigen. Für bereits heute trockene Gebiete Nordostdeutschlands besteht die Gefahr der Ausbreitung von waldsteppenähnlichen Vegetationsformen, für Teile Brandenburgs und Sachsens wird eine drastische Abnahme der Grundwasserneubildungsrate um über 40% befürchtet, was die Eignung der entsprechenden Standorte für Wald zukünftig erheblich einschränken kann. Mit der Zunahme von lang andauernden Trockenperioden in der Vegetationsperiode ist auch ein Anstieg der Waldbrandgefahr verbunden. In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Thüringen stiegen im Jahr 2003 die Waldbrände um das Vier- bis Fünffache im Vergleich zu den Vorjahren. Insgesamt lag die Waldbrandfläche in Deutschland mit 1.315ha um 25% höher im Vergleich zum Zeitraum 1001-2002. Im Rekordsommer 1992 stieg die Waldbrandfläche Deutschlands auf 4.908ha, die Schäden beliefen sich auf 12,8 Mio. € − dem Höchststand der letzten 15 Jahre. Auch wenn die Schadensursache nur in den wenigsten Fällen natürlichen Art ist, so wird das Ausmaß der Waldbrände in den trockneren Gebieten unabhängig von der Ursache stark zunehmen. In Brandenburg wird für die Zukunft aufgrund der abnehmenden Niederschläge mit einem Anstieg des Waldbrandrisikos um bis zu 30% gerechnet. Temperaturbedingte Baumartenwechsel werden sich aufgrund des langsamen Anstiegs der Temperaturen - gemessen an den Abläufen im Ökosystem Wald, nicht an den Klimaprozessen relativ unbemerkt vollziehen. Zuwachsminderung und Vitalitätseinbußen können jedoch bereits kurz- und mittelfristig Probleme für die Forstwirtschaft und das Potential der Wälder zur CO2-Bindung nach sich ziehen. Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 7 von 13 Waldwachstumssimulationen für Klimaveränderungen in Bayern mit einem Temperaturanstieg um 2°C und einer Abnahme der Niederschläge um 10% ergaben für die Fichte einen Rückgang der Wuchsleistung um bis zu 45%. Lang andauernder Wassermangel in der Vegetationsperiode, wie im Sommer 2003, kann zu Vitalitätseinbußen führen, die auch in den Folgejahren noch nachweisbar sind. Der Waldschadensbericht 2004 spiegelt einen sehr schlechten Gesundheitszustand unserer Wälder, hervorgerufen durch dieses Dürreereignis, wider. Dieser schlechte Gesundheitszustand wirkt sich auch direkt auf den Zuwachs der Bäume aus. Der Bayrischen Klimaforschungsverbunde BayFORKLIM konnte anhand von Klimadaten die langfristige Wuchsreaktion auf die sich jährlich ändernden, witterungsabhängigen Wachstumsbedingungen untersuchen. Die Ergebnisse zeigten, dass vor allem ein Wassermangel zu Zeiten der Reservestoffspeicherung im Hoch- und Spätsommer des Vorjahres zu Zuwachsminderungen führt, bei jahreszeitlich frühen Wassermangel treten aber bereits im Trockenjahr selbst Zuwachsdepressionen auf. Dagegen könnten Extremereignisse und die dabei verursachten Schadausmaße einen klimabedingten Bestockungswechsel in relativ kurzer Zeit - zumindest in kleinräumigem Maßstab - nach sich ziehen. Bereits kurz- bis mittelfristige Auswirkungen auf unsere Wälder − vor allem Wälder mit einem sehr geringen Artenspektrum − kann die zukünftige Entwicklung von biotischen Schadfaktoren haben. Pilze und Insekten können sich aufgrund ihrer relativ kurzen Entwicklungszyklen weitaus besser an Änderungen der Umweltbedingungen anpassen. Die verlängerte Vegetationsperiode mit zeitigem Frühjahr und milden Herbsttemperaturen kann beispielsweise bei Borkenkäfern zu einer für den Wald negativen Begünstigung der Generationszyklen, z. B. permanente Gefahr einer dritten Generation, führen. Auch für andere wärmeliebende Arten, wie Schwammspinner oder Nonne, besteht angesichts einer zunehmend trockeneren und wärmeren Witterung in den Sommermonaten die Gefahr einer Massenvermehrung, da beispielsweise Eiablage und Puppenentwicklung begünstigt werden. Die durch den Klimastress verursachte Schwächung der Widerstandskräfte der Bäume kann die Folgen von Insekten- und Pilzkalamitäten drastisch verschärfen. Eine zunehmende Gefahr für den Gesundheitszustand unserer Wälder geht auch von Insekten und Pilze aus, die in unseren Breiten bisher nicht vorkamen oder bisher nur als Schwächeparasiten auftraten. Bei Pilzen besteht ferner ein erhöhtes Gefahrenpotential aufgrund der Verbreitung der Sporen mit dem Wind. Aber auch eine andere Entwicklung ist denkbar. Mildere Wintertemperaturen und eine höhere Bodenfeuchte aufgrund verstärkter Winterniederschläge bieten bessere Lebensbedingungen für insektenpathogene Pilze. Angesichts der daraus resultierenden verstärkten Infektion von Insektenarten, die im Boden überwintern, reduziert sich die Gefahr der Massenvermehrung bei diesen Insektenarten. Außerdem könnten auch die tierischen Gegenspieler der Schadinsekten von den Klimaänderungen profitieren, so dass deren Vermehrung eingedämmt wird. Bereits in den letzten Dekaden ist die Forstwirtschaft in Europa mehrfach mit den Folgen von extremen Sturmereignissen konfrontiert worden. Als die wesentlichsten Schadereignisse mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen sind beispielsweise zu nennen: Vivian⁄Wiebke (1990) mit 60 Mio. fm Schadholz Lothar (1999) mit 175 Mio. fm Schadholz Erwin (2005, Südschweden) mit 75 Mio. fm Schadholz In die angeführten Schadholz- mengen sind noch nicht die Folgeschäden, wie z. B. durch Borkenkäfer und Folgewürfe, eingerechnet. Im Vergleich dazu bewegte sich die Schadholzmenge bis 1950 zwischen 10 und 17 Mio. fm. Unbestritten dürfen diese Zahlen nicht als Zeichen eines Klimawandels angesehen werden. Für solche Aussagen mangelt es noch an statistisch abgesicherten Ergebnissen. Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 8 von 13 Durch die wahrscheinliche Zunahme von Stürmen mit hohen Windgeschwindigkeiten und hohen Turbolenzen muss in Zukunft jedoch häufiger mit hohen forstwirtschaftlichen Schäden dieser Art gerechnet werden. In erster Linie betrifft dies die standortsfernen, strukturarmen Fichtenwälder. Eine solche Entwicklung mit verstärkter Wurfund Bruchgefahr insbesondere in unseren Fichtenwäldern zieht eine negative Entwicklung der Sekundärschädlinge, wie z. B. des Borkenkäfers, nach sich, da solchen Insektenarten ausreichend bruttaugliches Material zur Verfügung steht. Während für unsere Breiten - wie dargelegt die ökologische Amplitude der Bäume ausschlaggebend ist für die Auswirkungen des Klimawandel auf die Wälder, so ist die physiologische Amplitude der Bäume auf den Extremstandorten im Bereich der trockenheitsund kältebedingten Waldgrenze entscheidend für das Überleben. Aufgrund der Klimaerwärmung steigt die Baumgrenze in den Gebirgen an und die Vegetationsgrenze wandert polwärts. Wo das Waldwachstum bisher aufgrund der ungünstigen Klimabedingungen (Wärmemangel) begrenzt wurde, können sich zukünftig Wälder etablieren. Ausgehend von Modelluntersuchungen ergeben sich gravierende Verschiebungen der Vegetationszonen in Richtung der Pole. Boreale Wälder dringen in den Bereich der Tundra vor und sommergrüne Laubwälder in die boreale Nadelwaldzone. Berechnungen ergaben dabei eine polwärts gerichtete Wanderungsgeschwindigkeit der Vegetationsgrenze von 100 bis 150km und eine Verlagerung der Höhenstufe um ca. 170m bei einem Temperaturanstieg um 1°C. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird von einem Temperaturanstieg zwischen 1,7 und 4,9°C ausgegangen. Bei einer optimistischen Überschlagsrechnung bedeutet dies eine Wanderungsgeschwindigkeit von 1km pro Jahr. Pollenuntersuchungen ergaben für Bäume eine Wiederbesiedlungsgeschwindigkeit nach dem Ende der letzten Eiszeit von 100 bis 500m pro Jahr. Demzufolge verschieben sich die Arealgrenzen die der prognostizierten Klimaerwärmung doppelt so schnell, wie die Bäume folgen können. Für heute stabile Wälder kann dies neben dem Verlust an Areal auch zu einem Verlust an Stabilität führen, beispielsweise hervorgerufen durch sich ändernde Schädlingspopulationen. Kapitel 2: Schwerpunkte für das zukünftige forstwirtschaftliche Handeln in Deutschland "Die Forstwirte stehen international vor einer sehr schweren Aufgabe, denn niemand kann derzeit sagen, welche Baumart an welchem Standort in einem halben Jahrhundert angepasst sein wird." Prof. Graßl am 01.04.2005 in Hamburg Das forstwirtschaftliche Handeln unter Berücksichtigung der zukünftigen Klimaveränderungen ist aufgrund der Wissensdefizite und Unsicherheiten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Keiner kann die zukünftige Klimaentwicklung mit Sicherheit prognostizieren und keiner kann tatsächlich richtige Handlungsempfehlungen aussprechen. Diese Schwierigkeiten werden durch die Langfristigkeit von waldbaulichen Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 9 von 13 Entscheidungen zusätzlich verstärkt. Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass sich zukünftig kein neuer Gleichgewichtszustand für das Klimasystem einstellen wird. Stattdessen erscheint ein zukünftiges Klima, das durch eine ständige Dynamik geprägt ist, als wahrscheinlich. Unabhängig von den einzelnen Zielen eines jeden Waldbesitzers und deren Gewichtung steht die Sicherung des Ökosystems Wald an erster Stelle. Nur wenn dies erreicht wird, stehen dem Waldbesitzer langfristig die heute üblichen Optionen auch weiterhin offen. Daher muss die Forstwirtschaft konsequent auf den Aufbau stabiler Waldökosysteme und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ausgerichtet sein, ohne auf neue Klimaxgesellschaften oder neue fest definierte Bewirtschaftungsrichtlinien ausgerichtet zu sein. Nur reich strukturierte Mischwälder mit einem weiten Baumartenspektrum, auch unter Einbeziehung von Pionierbaumarten und fremdländischen Baumarten können sich als Ökosystem durch die damit verbundene Risikoverteilung besser an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen. Durch die Baumartenvielfalt wird die Gefahr eines Zusammenbruchs des Waldes minimiert, die Funktionsfähigkeit des Ökosystems bleibt langfristig erhalten. Für Fragestellungen im Zusammenhang mit Baumartenwahl und Bestandesverjüngung sollte sich zukünftig nicht mehr nur auf die bisher üblichen Weiser, wie potentielle natürliche Waldgesellschaft⁄Vegetation oder Standortkriterien, konzentriert werden. Insbesondere die PNV ist Ausdruck der bisherigen Gegebenheiten und Entwicklung an einem bestimmten Standort, durch die sich ändernden klimatischen Bedingungen wird es zu Verschiebungen bei den potentiell natürlichen Waldgesellschaften kommen. Zusätzlich sollten auch ökologische und klimatische Kriterien - zu nennen sind hier unter anderem Temperatursumme und Niederschlagsmenge in der Vegetationsperiode - in die forstwirtschaftliche Überlegungen einbezogen werden, ohne jedoch beispielsweise boden- und standortskundliche Gesichtspunkte sowie Konkurrenzfragen zwischen verschiedenen Baumarten zu vernachlässigen. In Sachsen wurden beispielsweise die Bestandeszieltypen überarbeitet, in dem bereits die zu erwartenden Umweltdynamiken in Teilen einbezogen wurden. Folgende Punkte sollten als Grundlage in das zukünftige waldbauliche Handeln einbezogen werden, um auf diese Weise eine Waldentwicklung zu ermöglichen, die auch den sich ändernden klimatischen Bedingungen Rechnung trägt und somit Gefahren für unsere Wälder weitestgehend reduziert: Beachtung der ökologischen Amplitude der Baumarten neben ihren standörtlichen Ansprüchen; d. h. Berücksichtigung von: Pionierbaumarten, z. B. in Risikogebieten mit prognostiziertem Niederschlagsrückgang bereits etablierten fremdländischen Baumarten, z. B. in Gebieten, wo sie aufgrund ihrer größeren ökologischen Amplitude im Vergleich zur aktuellen Bestockung eine bessere Eignung und Anpassungsfähigkeit aufweisen und Heimischen Baumarten, die gegenwärtig aufgrund der Konkurrenzbeziehungen nur suboptimale Wuchsbedingungen an einem Standort finden, jedoch im Falle eines Klimawandels an Konkurrenzkraft gewinnen Berücksichtigung von Selbstregulationsmechanismen der Natur bei der Waldbewirtschaftung Überarbeitung der Bestandeszieltypen und Verjüngungsziele unter Berücksichtigung bereits vorliegender Klimaprognosen Absicherung einer genetischen Vielfalt auch mit Herkünften, die nach bisherigem Verständnis ungeeignet erschienen Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 10 von 13 Bodenpflegliche Waldbewirtschaftung zur Erhaltung des C-Speichers sowie der erosionsverhindernden und wasserspeichernden Wirkung des Waldbodens bei Ausnutzung der Naturverjüngung zusätzliche Prüfung des Risikos im Zusammenhang mit dem Klimawandel am Standort neben der qualitativen und genetischen Prüfung die Pflege in jungen Beständen sollte im Sinne einer Mischungsregulierung, bei der auch Kriterien zur Anpassung an Klimaveränderungen beachtet werden Stabilisierung der N-Vorräte zur Vermeidung der Bodenversauerung und daraus resultierenden Vitalitätsminderung des Waldes sowie Absicherung von angepassten Wildbeständen als Grundvoraussetzung für einen struktur- und artenreichen Wald, aber auch Ressourcenschonender und energiesparender Einsatz von Material und fossilen Energieträgern Nutzung energieeffizienter Arbeitsverfahren, Maschinen und Geräte Einhaltung allgemein ökologischer Grundsätze im täglichen Geschehen in der Forstwirtschaft. Tab. 1: Einschätzung der Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen zur Minderung von Risiken bzw. Nutzung von Chancen des Klimawandels im Bereich Forstwirtschaft (Quelle: ZEBISCH et al. 2005). Anpassungsmaßnahmen längere Trockenperioden extremere Trockenperioden häufigere extreme Niederschläge mehr Niederschläge häufigere oder stärkere Stürme sinkender Grundwasserspiegel Anbau trockenUmbau zu beständiger Mischwäldern Arten X X X X Vorsorge gegen Waldbrände Wasserbewirtschaftungskonzepte X X X X X X X Sicherung genet. Variabilität X X X X X X verminderte Artenvielfalt X X X neue Schädlingsarten X X X X erhöhte Anfälligkeit ggü. Schadorganismen erhöhte Waldbrandgefahr Nutzungskonflikte mit anderen Landnutzern erhöhtes Ertragspotential größeres Spektrum an geeigneten Standorten X X X X X X X X Trotz der Wissensdefizite hinsichtlich der zukünftigen Klimaentwicklung und den sich daraus ergebenden Risiken für unsere Wälder ist es dringend erforderlich, die aufgezeigten Punkte möglichst schnell und konsequent in die waldbaulichen Behandlungskonzepte und forstwirtschaftlichen Arbeitsabläufe zu integrieren. Die Langfristigkeit der im Wald ablaufenden Prozesse und die wahrscheinliche permanente Dynamik im zukünftigen Klimasystem bedingen zusätzlich zu den oben aufgezeigten Punkten einer an den Klimawandel orientierten Waldbewirtschaftung auch Anpassungs- und Vorsorgekonzeptionen, um möglichst schnell auf Extremereignisse und damit verbundene Schäden in unseren Wäldern reagieren zu können. Dazu können unter anderen folgende Aspekte beitragen: Erarbeitung von Einsatzplänen und Maßnahmenkatalogen für Sturmereignisse und Insektenkalamitäten Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 11 von 13 Einrichtung eines Katastrophenfonds zur Gewährleistung schneller Maßnahmen Aufbau eines Informations- und Kommunikationssystems unter Beteiligung von Rücke- und Abfuhrunternehmen, Holzabnehmern, Feuerwehr und Hubschrauberunternehmen Sicherstellung eines ausreichenden Maschinenpools unter Einbeziehung der regionalen Rücke- und Abfuhrunternehmen Einrichtung von Lagerungsmöglichkeiten für Schadholz sowie Sicherung einer ausreichenden Pflanzenversorgung mit einem möglichst weiten Artenspektrum und genetischer Vielfalt Auch wenn die Forstwirtschaft keinen direkten Einfluss auf die Stoffeinträge aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie hat, sollte sie - wo immer möglich - eine Minimierung von Emissionen (in erster Linie der Treibhausgase) und eine Reduzierung von Stoffausträgen (vor allem von Stickstoff) fordern. Fazit "Noch in diesem Jahrhundert werden die Wälder der mittleren und hohen Breiten - bedingt durch den globalen Klimawandel - an ihren traditionellen Standort in der bisherigen Zusammensetzung nicht weiter bestehen können." Prof. Graßl am 01.04.2005 in Hamburg Der Klimawandel tritt nicht mit singulären Veränderungen in Erscheinung, sondern wird in komplexer Weise unsere Erde und deren Ökosysteme verändern. Die gegenwärtig wichtigsten Aspekte, die damit verbundenen Auswirkungen und Folgen für Waldökosysteme sind: Temperaturveränderungen (Minima, Maxima, Temperatursumme in der Vegetationsperiode sowie Dynamik), Niederschlagsveränderungen (Verteilung, Intensität, Niederschlagssumme in der Vegetationsperiode), Anstieg der CO2-Konzentration und der daraus resultierende "Düngeeffekt" für die Pflanzen, Verlängerung der Vegetationsperiode, Veränderungen der Artenzusammensetzung (sowohl Baumarten als auch Schadorganismen und deren Gegenspieler) sowie Zunahme von Extremereignissen (Dürre, Starkregen, Sturm, Hagel, Nassschnee, Waldbrand, Früh- und Spätfrost). Noch immer besteht großer Forschungsbedarf − vor allem auf kleinräumigem Maßstab, welche Auswirkungen der Klimawandel für die Waldökosysteme hat. Dabei ist ein umfassender Forschungsansatz unbedingt erforderlich. Beispielsweise bringen Forschungen, die ausschließlich den zuwachssteigernden Effekt einer erhöhten CO2Konzentration untersuchen, ohne die Faktoren Wasserverfügbarkeit und Temperaturentwicklung zu berücksichtigen, keinen praxisrelevanten Kenntnisgewinn. Nur eine Berücksichtigung aller Klimafaktoren und die Integration wichtiger ökologischer, standörtlicher und waldbaulicher Parameter, wie z. B. Vitalitätszustand, Schadstoffeinträge, Standortgerechtigkeit der Baumarten, kann eine sichere Datengrundlage für Anpassungsstrategien der Forstwirtschaft bringen. Trotz oder gerade wegen der vielen offenen Fragen scheinen sich viele der Gefahren eines Klimawandels für Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 12 von 13 Mensch und Natur noch immer nicht bewusst zu sein. Aus den verschiedensten Wirtschafts- und Wissenschaftsbereichen wird immer stärker darauf hingewiesen, dass heute unterlassene Maßnahmen zur Minimierung der Folgen des Klimawandels und zur Anpassung an ein sich änderndes Klima ein Vielfaches an Kosten zur Schadensbeseitigung in Zukunft verursachen wird. Unüberlegter, überzogener Aktionismus ist genauso falsch wie der Glaube, das Problem Klimawandel aussitzen zu können. Erforderlich ist ein zielgerichtetes, versiertes Agieren - auch und wegen der Langfristigkeit gerade in der Forstwirtschaft. Die aufgezeigten Punkte für eine Berücksichtigung der Komponente Klimawandel innerhalb forstwirtschaftlicher Fragestellungen lassen sich problemlos in die aktuellen Grundsätze für Waldbewirtschaftung und Waldbau integrieren. Das Kriterium Klimawandel sollte als wichtiger Aspekt in bereits laufende Waldumbauprogramme aufgenommen werden. Insgesamt bedeutet die Berücksichtigung eines sich ändernden Klimas bei der Bewirtschaftung des Waldes weder einen grundlegenden strategischen Wechsel bei der Waldbewirtschaftung mit der Gefahr, neue Risiken zu implizieren, noch gefährdet man die Leistungsfähigkeit der existierenden Wälder. Sollte sich in einem Jahrhundert herausstellen, dass der Klimawandel weniger drastisch ablief oder die Wälder weitaus besser in der Lage waren, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen, hat man trotzdem und erst recht in jeder Hinsicht stabile Wälder mit einem hohen Grad an Elastizität in Bezug auf Störungen. Solche Wälder können langfristig die erwarteten Leistungen und Funktionen optimal erbringen. Druckversion des Beitrags http://www.waldundklima.net/klima/wald_klima_01t1.php Internetportal www.waldundklima.net Seite 13 von 13 Quellen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. Borchert, H., Kölling, C. (2003): Wachsen Palmen bald am Chiemsee ?. 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