ENDOKRINOLOGIE TOPTHEMA rning.de cme.medlea MkteE CPun sammeln „Dunkle Materie“ als neue Hoffnung gegen Fettsucht und Diabetes Unbefriedigende Erfolge im Kampf gegen Adipositas und Diabetes, die Epidemien des 21. Jahrhunderts, verlangen neue Behandlungsstrategien und Wirkstoffe. Nicht-kodierende RNAs, die kaum erforschte „dunkle Materie der Biologie“, liefert dazu eine Schatztruhe neuer Möglichkeiten. Adipositas und Diabetes, die Epidemien des 21. Jahrhunderts Hunger bedrohte die Menschheit seit jeher. Kein Wunder also, dass der menschliche Körper sich daran angepasst hat, jeden Überschuss an Nahrung im Fettgewebe zu speichern. Seit wenigen Jahrzehnten herrscht jedoch in den Industrienationen ein Überfluss an Nahrung, und viele Menschen nehmen weitaus mehr Energie auf, als sie verbrauchen. Sie schaden damit ihrer Gesundheit, denn Übergewicht und Fettsucht (Adipositas) können zu Diabetes, Atherosklerose und Krebs führen. 90 % aller Diabetiker haben Typ-2-Diabetes, und dieser Typ ist wiederum zu 90 % eine Folge von Übergewicht und Adipositas. Mit weltweit über 1,5 Mrd. Übergewichtigen, 500 Mio. Fettleibigen und 350 Mio. Diabetikern bei weiter steigenden Zah- 22 DZKF 11/12-2012 TOPTHEMA: ENDOKRINOLOGIE len hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Fettsucht und Diabetes zu den Epidemien des 21. Jahrhunderts erklärt. Mit der Nahrung aufgenommene Fettsäuren und Zucker sind, wenn sie in hoher Konzentration im Blut zirkulieren, für den Menschen toxisch. Daher ist das Fettgewebe darauf spezialisiert, beide aus der Blutbahn einzufangen und als Fett einzulagern. Wird jedoch die Speicherkapazität des Fettgewebes überschritten, treten chronische Entzündungsreaktionen im Fettgewebe auf, und die freien Fettsäuren müssen von anderen Organen aufgenommen werden. Es kommt zu Organdefekten, nachlassender Empfindlichkeit der Zellen für Insulin und in weiterer Folge auch zu Typ-2-Diabetes. Damit wird der ehemals lebensrettende Mechanismus der Energiespeicherung zum Problem und die Fettsucht zur Gefahr. Die weiter steigende TOPTHEMA ENDOKRINOLOGIE rning.de cme.medlea MkteE CPun sammeln Abbildung 1 MicroRNAs zur Steuerung der humanen Fettzellenentwicklung Zahl von Betroffenen macht die Suche nach neuen Wirkstoffen und Angriffspunkten umso dringlicher, und das Fettgewebe rückt immer mehr in den Fokus der DiabetesForschung. Eine ordnungsgemäße Steuerung der metabolischen Homöostase ist für dieAufrechterhaltung der menschlichen Physiologie und Gesundheit unerlässlich. Dementsprechend gibt es komplexe und ineinander verwobene regulatorische Netzwerke, die Umweltbedingungen und physiologische Zustände überprüfen und darauf reagieren. Die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte weisen darauf hin, dass die Orchestrierung zellulärer und physiologischer Reaktionen auf ernährungsspezifische und metabolische Zustände sehr häufig bis auf die Ebene der Genregulierung im Zellkern stattfindet. So antworten wichtige Transkriptionsfaktoren direkt oder indirekt auf Nährstoffe und metabolische Signale wie Cholesterol, Lipide, Glukose und Insulin, indem sie sehr schnell Genexpressionsprogramme ändern, welche die metabolische Homöostase steuern. Ganz allgemein sind die meisten auf dem Markt verfügbaren Wirkstoffe kleine Moleküle, die gezielt Proteine wie Enzyme oder Rezeptoren adressieren. Diese Zielstrukturen repräsentieren aber nur einen Teil aller möglichen zellulären Angriffspunkte. Die mRNAs kodieren alle zellulären Proteine und erweitern damit das Spektrum um neue attraktive Zielstrukturen. Wirkstoffe gegen spezifische mRNAs könnten in Zukunft effektiv Krankheiten bekämpfen, die mit heutigen Arzneimitteln nicht behandelbar sind. menschlichen Erbgutes führte diesbezüglich jedoch zu einigen Überraschungen: 1. Im Gegensatz zu früheren Vorhersagen von 50.000140.000 humanen, Protein-kodierenden Genen wurden „nur“ 20.500 identifiziert. Es gibt sogar einzellige Lebewesen, die eine größere Anzahl dieserErbfaktoren als der Mensch besitzen. Mit der Anzahl an Protein-kodierenden Abschnitten lässt sich also die Komplexität unseres Organismus nicht erklären. 2. Nur 1,5 % unseres Genoms sind Protein-kodierend (Exons), d. h. 98,5 % sind nicht(-Protein)-kodierende Introns und intergenische DNA-Abschnitte. Dieser nicht-kodierende Anteil ist kaum erforscht und wird daher auch die „dunkle Materie“ der Biologie genannt. Interessanterweise korreliert der prozentuale Anteil dieser „dunklen Materie" bestens mit der Komplexität eines Organismus, vom Einzeller bis zum Homo sapiens. 3. Neueste Studien haben zusätzlich gezeigt, dass im Durchschnitt 39 % unseres Erbguts ständig abgelesen und in RNA übersetzt werden, also ein Vielfaches mehr als die Protein-kodierenden DNA-Abschnitte. Damit existiert eine Vielzahl neuer Gene, die zwar Transkripte, aber niemals Proteine bilden. Es ist daher von größtem Interesse, die Mechanismen und Funktionen dieser „dunklen Materie“ der Biologie aufzuklären. MikroRNAs, eine neue Klasse von Regulatoren Die „dunkle Materie“ der Biologie Aufgrund der hohen Komplexität des menschlichen Organismus ging man davon aus, dass der Mensch die größte Anzahl von Genen besitzt. Die Sequenzierung des Die am besten erforschte Klasse nicht-kodierender Transkripte ist die der MikroRNAs. Über 2.000 humane MikroRNAs, die nur eine Länge von 18-25 Nukleotiden aufweisen, sind bis jetzt 98 identifiziert worden. Sie konTOPTHEMA: ENDOKRINOLOGIE DZKF 11/12-2012 23 ENDOKRINOLOGIE TOPTHEMA rning.de cme.medlea MkteE CPun sammeln trollieren voraussichtlich über 60 % aller Protein-kodierenden Gene, indem sie die mRNAs, die Bauanleitungen für Proteine, gezielt abfangen und damit die Proteinbildung hemmen. Im Jahr 1993 wurde im Fadenwurm C. elegans die erste MikroRNA, lin-4, entdeckt, welche für die korrekte Entwicklung der Larven unerläßlich ist. Doch erst die zweite MikroRNA, let-7, die im Jahr 2000 ebenfalls in C. elegans entdeckt wurde und ebenfalls die Larvenentwicklung steuert, erfuhr große Aufmerksamkeit, da sie von der Fliege bis zum Menschen hochkonserviert ist. In der Tat stellte sich heraus, dass let-7 auch für den Menschen von Bedeutung ist. Diese Entdeckungen begründen einen neuen, zellulären Regulationsmechanismus, der im Jahr 2008 mit dem Lasker-Preis, dem „amerikanischen Nobel-Preis“, geehrt wurde. Die Aufklärung des inhibitorischen Mechanismus von RNAMolekülen (RNA interference; RNAi) im Jahr 2000 wurde bereits im Jahr 2006 mit dem Nobel-Preis für Physiologie/Medizin geehrt. Während Transkriptionsfaktoren große Änderungen in der mRNA-Expression hervorrufen können, üben MikroRNAs normalerweise einen moderaten Effekt auf individuelle mRNAs aus. MikroRNAs werden daher in erster Linie als Widerstandsregler (Rheostat) gesehen, die die Proteinproduktion feinabstimmen. Andererseits können MikroRNAs multiple Zielsequenzen in der 3’-untranslatierten Region (UTR) von mRNAs haben, die die Effizienz der Hemmung steigern. Darüber hinaus sind einzelne mRNAs häufig das Ziel mehrerer MikroRNAs, so dass MikroRNAs die Genregulation in einer konzertierten Art und Weise steuern können. Auch haben MikroRNAs in der Regel nicht ein Zielgen, sondern eine Vielzahl von Zielgenen, die entweder linear in einem Stoffwechselweg oder ineinandergreifend an Knotenpunkten regulatorischer Netzwerke liegen und damit einen größeren kumulativen Effekt auslösen. MikroRNAs agieren auch häufig in regulatorischen Vorwärts- und Rückkopplungen, die den Signalausgang sowohl abschwächen als auch verstärken können. Wenn also MikroRNA-Funktionen auf mehreren Ebenen in Regelkreise integriert sind, die unter normalen physiologischen Bedingungen eine korrekte Entwicklung und Homöostase sicherstellen, so kann eine Dysfunktion oder Fehlsteuerung einer MikroRNA aufgrund intrinsischer Faktoren (genetische oder epigenetische) oder extrinsischer Faktoren (Umweltstress) zu einem gestörten Genexpressionsmuster führen, das einer Erkrankung zugrunde liegt. Damit repräsentieren MikroRNAs eine weitere regulatorische Ebene in der Biologie, die auch mit Adipositas und Diabetes assoziiert ist. Resultate 1. GEN-AU-Projekt „Non-coding RNAs“ Das nationale Genomforschungsprogramm GEN-AU förderte das österreichweite Verbundprojekt „Non-coding RNAs“, das in Innsbruck von Prof. Hüttenhofer und Prof. Polacek koordiniert und von der Firma Cemit gemanagt wird. Im Rahmen dieses Verbundprojekts wurden an der 24 DZKF 11/12-2012 TOPTHEMA: ENDOKRINOLOGIE Technischen Universität Graz MikroRNAs identifiziert, die Einfluß auf die Entwicklung und Funktion menschlicher Fettzellen haben. 2. hMADS-Zellen: ein einzigartiges Studienmodell für die humane Fettzellentwicklung Für die Identifizierung von MikroRNAs in der Entwicklung und Funktion humaner Fettzellen wurden adulte humane mesenchymale Stammzellen (hMADS-Zellen) als Studienmodell verwendet, die aus Fettgewebe isoliert wurden. Die Kombination der Eigenschaften, (1) einen normalen Karyotyp zu besitzen, (2) bei über 200 Populationsverdopplungen nichts von ihrer Differenzierungskapazität einzubüßen, (3) sich in verschiedene Zelltypen wie Knochen-, Muskel- und Fettzellen entwickeln zu können, und (4) als erstes humanes Stammzellmodell nicht nur energiespeichernde weiße, sondern auch energieverbrennende braune Fettzellen bilden zu können, macht hMADS-Zellen zu einem einzigartigen Zellmodell für das Studium der humanen Fettzellentwicklung und Funktion. 3. MicroRNA-27b bremst die Fettzellbildung Um den Einfluss von MikroRNAs auf die Fettzellentwicklung zu untersuchen, wurden genomweite MikroRNA-Expressionsstudien an hMADS-Zellen durchgeführt. Dabei kam ein MikroRNA-Chip zum Einsatz, der seine hohe Spezifität durch die Verwendung LNA-basierter Sonden erreicht. Bei der Suche nach MikroRNAs, die während der humanen Fettzellentwicklung differenziell exprimiert werden, konnte MikroRNA-27b identifiziert werden. Die Expression von MikroRNA-27b nimmt während der Fettzellentwicklung ab. Die Überexpression dieser MikroRNA führt zu einer verringerten Fettzellentwicklung, was sich in einer reduzierten Einlagerung von neutralen Lipiden und einer reduzierten Expression von Markergenen in den Fettzellen manifestiert. MikroRNA27b übt folglich einen inhibitorischen Einfluß auf die humane Fettzellentwicklung aus. Für die Aufklärung des Mechanismus dieses inhibitorischen Effekts ist es essenziell, das Zielgen der MikroRNA zu identifizieren, das den Effekt der MikroRNA vermittelt. Zu diesem Zweck werden üblicherweise verschiedene bioinformatische in silico-Analysen durchgeführt, um potenzielle Zielgene zu identifizieren, die eine mögliche MikroRNA-Bindestelle besitzen. Für die Validierung dieser potenziellen Zielgene werden dann Luciferase-Reporter-Assays mit Vektorkonstrukten durchgeführt, in denen dem Luciferase-Gen die 3’-untranslatierte Region (3’-UTR) des vermuteten Zielgens angehängt wird, also der Sequenzabschnitt, der in der Regel die vermutete MikroRNA-Bindestelle trägt. Wird die MikroRNA mit dem Vektorkonstrukt in Zellen transfiziert, und es kommt gegenüber einer Transfektion mit einer nicht-bindenden Kontroll-MikroRNA (Negativkontrolle) zu einer Hemmung der Luciferase-Produktion und damit zu einer reduzierten Luciferase-Aktivität. Damit ist eine direkte Interaktion und ein inhibitorischer Effekt der MikroRNA auf dieses Zielgen nachgewiesen. Mit diesem Assay konnte erstmals nachgewiesen werden, dass MikroRNA-27b das Schlüsselgen der Fettzellent- TOPTHEMA ENDOKRINOLOGIE rning.de cme.medlea MkteE CPun sammeln wicklung, den Nuklearrezeptor PPAR@, hemmt. PPAR@ hat die Funktion, die Fettzellentwicklung einzuleiten, mit der Folge, dass Fettzellen gebildet werden und damit mehr Fette im Fettgewebe eingelagert werden, so dass andere Organe von einer ektopischen Fetteinlagerung verschont bleiben. Damit bleiben oder werden diese Organe insulinsensitiv. Die Insulin-sensibilisierende Funktion von PPAR@ machen sich Diabetes-Medikamente zunutze, indem sie als PPAR@-Agonisten wirken. Denn eine erhöhte Kapazität des Fettgewebes, Fette aufzunehmen und einzulagern, führt zwar zu größeren Fettdepots, die Insulinsensitivität wird jedoch verbessert und damit Typ-2-Diabetes bekämpft. Jedoch sind die Diabetes-Medikamente, die als PPAR@-Agonisten wirken, mit Nebenwirkungen behaftet und helfen nicht allen Patientinnen und Patienten. Eine mögliche Erklärung für letzteres ist, dass nicht genügend PPAR@ gebildet wird, so dass auch eine Aktivierung von PPAR@ durch Agonisten keinen Erfolg haben kann. Interessanterweise wird MikroRNA-27b bei Typ-2-Diabetes vermehrt im Fettgewebe gebildet, d. h. die Bildung von PPAR@ wird gehemmt und damit die Kapazität des Fettgewebes eingeschränkt, was in weiterer Folge zu ektopischer Fetteinlagerung in anderen Organen und damit zu Lipotoxizität führen kann. Dies legt die Schlußfolgerung nahe, dass MikroRNA-27b auch eine Rolle bei Diabetes spielt und damit ein neues Wirkstoffziel zur Behandlung von Typ-2-Diabetes bietet. 4. MikroRNA-30c steigert die Fettzellbildung Die MikroRNA-30c zeigt während der humanen Fettzellentwicklung von hMADS-Zellen ebenfalls eine differenzielle Expression, die Abundanz dieser MikroRNA nimmt jedoch während der Fettzellentwicklung zu. Die Überexpression dieser MikroRNA führt zu einer beschleunigten Fettzellentwicklung und Einlagerung neutraler Lipide. Die Schnittmenge der Ergebnisse verschiedenerAnalyseprogramme zur Identifikation potenzieller Zielgene dieser MikroRNA förderte zwei Gene zu Tage, deren mRNA-Mengen auf die MikroRNA-Manipulation reagierten, und die letztendlich auch mit dem Luciferase-Reporter-Assay als direkte Zielgene von MikroRNA-30c bestätigt werden konnten: PAI-1 und ALK2. Beide Gene sitzen in völlig verschiedenen Stoffwechselwegen, die bisher nicht miteinander in Verbindung gebracht wurden. ALK2 ist ein völlig unbeschriebenes Blatt in der Fettzellentwicklung, während PAI-1 als Hormon dafür bekannt ist, (1) von Fettzellen sekretiert zu werden (Adipokin), (2) mit steigendem Body Mass Index (BMI) vermehrt im Blut aufzutauchen und (3) nachweislich Einfluss auf die Entstehung von Diabetes zu haben. In vivo-Studien an Mäusen konnten bestätigen, dass die Expression von MikroRNA-30c bei Diätund genetisch induzierter Adipositas im Fettgewebe absinkt, während die Mengen von PAI-1 interessanterweise ansteigen. Überraschenderweise ließ sich der Effekt der MikroRNA auf die Fettzellentwicklung und Lipideinlagerung nur dann reproduzieren, wenn nicht ein Zielgen der MikroRNA-30c, sondern beide validierten Zielgene inhibiert wurden. Diese Studie zeigt erstmals die Regulation eines Adipokins durch eine MikroRNA. Die Ergebnisse weisen zum einen darauf hin, dass MikroRNAs größere regulatorische Netzwerke verknüpfen und koordinieren, als bisher vermutet wurde. Zum anderen unterstreichen sie, dass PAI-1 auch in vivo und unter physiologischen Bedingungen unter der Kontrolle von MikroRNA-30c steht und damit die MikroRNA-Steuerung dieses Adipokins sowohl für Adipositas als auch für Diabetes therapeutisch hilfreich sein kann. Dazu wird im Verbundprojekt NANOFAT, das vom Land Steiermark gefördert wird, in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften und der Medizinischen Universität Graz an einem gezielten Wirkstofftransport in Fettzellen gearbeitet. Ausblick 1. Braune Fettzellen zur Steigerung des Energieverbrauchs Erst vor Kurzem wurde entdeckt, dass nicht nur Neugeborene, sondern auch Erwachsene braunes Fettgewebe besitzen, das mittels massiver Energieverbrennung Körperwärme bildet. Gelänge es, Teile des „normalen“ weißen Fettgewebes in braunes umzuwandeln und zu aktivieren, könnten überschüssige Fettablagerungen quasi verbrannt werden – ein völlig neuer therapeutischer Ansatz im Kampf gegen Fettleibigkeit und Diabetes. In Zusammenarbeit mit Forschern aus Nizza konnte kürzlich erstmals ein menschliches Zellmodell etabliert werden, an dem sich die Umwandlung von energiespeichernden weißen in energieverbrennende braune Fettzellen studieren lässt. Im soeben gestarteten europäischen Großprojekt „DIABAT“ wird die Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe für die Bekämpfung von Fettsucht und Diabetes tiefergehend erforscht. 2. Lange, nicht-kodierende Transkripte MikroRNAs sind derzeit die am besten erforschte Klasse nicht-kodierender Transkripte. Sie machen jedoch nur einen Teil der „dunklen Materie“ der Biologie aus. Ein weiterer Teil besteht aus längeren nicht-kodierenden Transkripten (long ncRNAs), deren Zahl die der MikroRNAs bereits übersteigt. Deren Funktionsweise ist jedoch noch weitgehend unbekannt, wenn man von einigen wenigen Beispielen absieht wie Xist und Tsix in der X-Chromosom-Inaktivierung bei weiblichen Säugetieren. Hier rollt also gerade eine zweite Welle regulatorischer, nicht-kodierender Transkripte auf uns zu. 3. RNA-Therapeutika: Hype oder Hoffnung RNAs und ihre Funktionsweise therapeutisch zu nutzen mag für viele noch nach Zukunftsmusik klingen, doch der Schritt dahin könnte kürzer sein, als viele glauben. Denn es wurden bereits zwei Therapeutika von der USamerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassen, die auf Nucleinsäure-Basis wirken: Fomivirsen, ein Antisense-Oligonukleotid und Virostatikum, und Pegaptanib, ein RNA-Aptamer für die Behandlung der altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD). Beide Arzneistoffe werden lokal verabreicht. TOPTHEMA: ENDOKRINOLOGIE DZKF 11/12-2012 25 ENDOKRINOLOGIE rning.de cme.medlea MkteE CPun sammeln Derzeit wird darüber diskutiert, ob Oligonukleotid-basierte Wirkstoffe auch systemisch appliziert wirksam sein können, denn als große polare Moleküle entsprechen sie nicht der 5er-Regel von Lipinski. Diese besagt für Wirkstoffe unter anderem, dass das Molekulargewicht 0,5 kDa nicht übersteigen und eine gute Löslichkeit in polaren und unpolaren Lösungsmitteln bestehen soll. Obwohl Oligonukleotide diese Kriterien nicht erfüllen, steht dieses Feld kurz vor dem Durchbruch, wie zahlreiche klinische Studien zu RNA-Therapeutika demonstrieren. CO-AUTOR Dipl. Ing. Dr. techn. Michael Karbiener Gruppe RNA-Biologie Institut für Genomik und Bioinformatik Technische Universität Graz Petersgasse 14, A-8010 Graz, Austria Tel.: +43-316-873-5346 E-Mail: [email protected] DIPL.-CHEM. DR. RER. NAT. MARCEL SCHEIDELER Gruppe RNA-Biologie Institut für Genomik und Bioinformatik Technische Universität Graz Petersgasse 14, A-8010 Graz, Austria Tel.: +43-316-873-5334 E-Mail: [email protected] LITERATUR [1] Scheideler M, Elabd C, Zaragosi L-E, Chiellini C, Hackl H, Sanchez-Cabo F, Yadav S, Duszka K, Friedl G, Papak C, Prokesch A, Windhager R, Ailhaud G, Dani C, Amri E-Z, Trajanoski Z. Comparative transcriptomics of human multipotent stem cells during adipogenesis and osteoblastogenesis. BMC Genomics 2008, 9: 340. [2] Karbiener M, Fischer C, Nowitsch S, Opriessnig P, Papak C, Ailhaud G, Dani C, Amri E-Z, Scheideler M. MicroRNA miR-27b impairs human adipocyte differentiation and targets PPARgamma. Biochem Biophys Res Commun 2009, 390: 247-251. 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