Rotatorenmanschetten-Ruptur Sehnenrisse an der Schulter Rotatorenmanschette Als Rotatorenmanschette wird eine Gruppe von vier Muskeln bezeichnet. Diese vier Muskeln entspringen am Schulterblatt und vereinigen sich in einer Sehnenkappe, die am Oberarmkopf ansetzt. Die Aufgabe dieser Muskeln besteht darin, den Oberarmkopf in der sehr flachen Gelenkpfanne des Schulterblattes zentriert zu halten. Sie stabilisieren das Gelenk und bewegen den Oberarm. Rotatorenmanschetten-Ruptur Eine Ruptur ist ein Riss. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um eine Ablösung der ­Sehnen vom Knochen (Abb. 1). Dadurch kann die Muskulatur ihre Funktion nicht mehr korrekt ausüben. Entstehung und Folgen einer Rotatorenmanschetten-Ruptur Ein Riss kann durch ein Unfallereignis entstehen. Wir nennen dies traumatisch. Der ­traumatische Riss ist schmerzhaft und kann mit einer akuten Funktionseinschränkung oder einem Kraftverlust verbunden sein. Bei der degenerativen Ruptur hingegen handelt es sich um eine schleichende Abnützung durch ständiges Einklemmen der Sehne unter dem Schulterdach oder im Zusammen­­hang mit ­einer beeinträchtigten Durchblutung der Sehne. Beim degenerativen Riss entstehen die Symptome langsam und äussern sich beispielsweise in Form von Nachtschmerzen. Notwendige Untersuchungen In vielen Fällen kann bereits nach einer gezielten klinischen Untersuchung ein S­ ehnenriss ­vermutet werden. Zur Sicherung der Diagnose und als Grundlage für t­ herapeutische ­Empfehlungen werden Röntgenbilder, eine Ultraschalluntersuchung und eine Magnet­ reso­nanztomografie (MRI) durchgeführt (Abb. 2). Das MRI ist für die Planung einer ­Operation wichtig, um die Riss­konfiguration und den Zustand der Muskulatur zu beurteilen. 1 Behandlung Die Therapie folgt keinen allgemeingültigen Prinzipien. Die Entscheidung, welche T­ herapiemethode in welcher Situation die richtige ist, hängt stark von individuellen Faktoren ab. Neben den ­MRI-Befunden, der Risskonfiguration und der davon abhängigen klinischen Auswirkung spielen berufliche Anforderungen, das Alter sowie auch sportliche Aktivitäten eine entscheidende Rolle. Durch Medikamente und Injektionen in das Schultergelenk können Schmerzen g­ elindert werden. Gleichzeitig helfen physiotherapeutische Massnahmen, die Funktions­fähigkeit des Armes zu verbessern. Ein Sehnenriss kann jedoch nicht von selbst heilen, da die Sehne durch die M ­ uskulatur vom Knochen weggezogen wird. Es gibt aber R ­ isse, die über lange Zeit stabil bleiben und durch­­aus konservativ behandelt werden können. Wird der Riss grösser, führt dies oft zu einem Muskel­schwund, welcher auch durch eine Operation nicht mehr behoben werden kann. Bei akuten Rissbildungen mit erheblichem Funktionsverlust oder bei ungenügendem Ansprechen auf die konservative Therapie empfehlen wir in der Regel die operative Rekonstruktion. 1 Vom Knochen abgelöste Sehne 2 2 MRI-Aufnahme mit Sehnenriss Arthroskopie mit Débridement der Rotatorenmanschette Dieser Eingriff wird entweder bei sehr kleinen Rissen durchgeführt, welche mechanisch nicht relevant sind, oder aber bei sehr ausgedehnten Sehnenrissen, welche technisch nicht mehr r­ ekonstruiert werden können. Störende oder instabile ­Sehnenanteile werden dabei entfernt oder gelöst, entzündliche Veränderungen werden abgetragen. Das Ziel ­dieser Operation ist das Erreichen einer Schmerzreduktion. Nach dieser Operation ist keine Ruhigstellung notwendig. Die Rehabilitation ist unkompliziert. Arthroskopische Sehnenrekonstruktion Obwohl die offene Operation immer noch gute Resultate liefert, wird heute in der M ­ ehrzahl der Fälle eine arthroskopische Rekonstruktion bevorzugt (Abb. 3). Sie ermöglicht eine wesentlich detailliertere Beurteilung der anatomischen Verhältnisse und der s­ truktu­rellen Veränderungen und erlaubt auf diese Weise eine sehr exakte Rekonstruktion unter ­Schonung der umgebenden Muskulatur. Ziel der Operation ist die Befestigung der g­ erissenen Sehnen am Knochen, sodass diese wieder an der richtigen Stelle anheilen können. 3Arthroskopie 4 Befestigung der gerissenen Sehne am Knochen 5 Fertig fixierte Sehne mittels Fadenankersystem 3 Die Sehnen werden dabei über Fadenankersysteme ­stabil ­fixiert (Abb. 4 – 5). Gleichzeitig wird meistens der Sehnendurchgang unter dem Schulter­dach erweitert (Akromioplastik). Die ­Schmerzreduktion, eine Optimierung der Kraft und der ­Funktion sind dabei ebenso wichtige Ziele wie die Wiederherstellung der dynamischen Gelenkzentrierung. 4 5 Nachbehandlung Nach der Sehnenrekonstruktion ist eine etwas aufwendigere, meist mehrmonatige Nach­behandlung mit vorübergehender Ruhigstellung zur Entlastung der genähten Sehne notwendig. Eine regelmässige physiotherapeutische Behandlung ist wichtig. Der Krafteinsatz ist bei normaler Heilung erst nach drei Monaten wieder erlaubt. Weitere operative Behandlungsmethoden In seltenen Fällen wird bei sehr dünnen Sehnen eine Verstärkung mit einem sogenannten Patch notwendig (Abb. 6 – 7). Diese Operation kann zur Anwendung kommen, wenn eine bereits rekonstruierte Sehne nochmals einreisst. Bei grossen Rissen mit schlechter Muskelqualität werden in speziellen Situationen sogenannte Sehnentransferopera­tionen durchgeführt. Dabei wird die defekte Sehne durch einen umgeleiteten Brust- oder Rückenmuskel ersetzt. Diese transferierten Muskeln können einen Teil der Funktion der RM übernehmen. Eine vollständige Wiedererlangung der Schulterfunktion ist auf diese Weise in der Regel nicht mehr möglich. 6Verstärkung der Sehne mit einem Patch 7Verstärkung der Sehne mit einem Patch (Detailansicht) 6 7 Erfolgsaussichten Welche Behandlungsmethode bei Ihnen die zuverlässigste und erfolgversprechendste ist, wird in Ihrem persönlichen Gespräch mit dem Operateur im Detail besprochen. Die RM-Rekon­ struktion führt nach abgeschlossener Rehabilitation in der M ­ ehrzahl der Fälle zu einer Schmerz­ befreiung oder zu einer deutlichen Schmerzreduktion. Auch die Schulterfunktion kann in der Regel gut wiederher­gestellt werden. Gelegentlich bleibt auch nach der Rekonstruktion ein leichtes Kraftdefizit bestehen. Bei Ihnen vorgesehen: Dynamische ­Abduktionsorthese Notizen Arzt: Ultrasling Ortho-Gilet Wichtig: Diese Informationen sind lediglich eine Ergänzung zum Gespräch mit dem Arzt und zum persönlichen Behandlungsplan. Beachten Sie auch weitere Hinweise zu Komplikationen und Nebenwirkungen auf dem Aufklärungsprotokoll. In dieser Drucksache wird der Einfachheit halber die männliche Form ver­wendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen. Autoren: Ärzteteam Orthopädie Obere Extremitäten; Bilder: Descience, Luzern; Schulthess Klinik und Schaffner & Conzelmann, Basel Schulthess Klinik Orthopädie Obere Extremitäten Lengghalde 2, 8008 Zürich, Schweiz Postadresse: Postfach, 8032 Zürich, Schweiz Telefon +41 44 385 74 59 Fax +41 44 385 75 96 E-Mail: [email protected] www.schulthess-klinik.ch © Schulthess Klinik 2013, 12002.0713.03000