Universität Regensburg, Institut für Theoretische Physik SS 2014 Gunnar Bali, Peter Bruns, Sonja Predin, Wolfgang Söldner Übungen zur Theoretischen Physik II (Quantenmechanik I) Blatt 1 (vorzurechnen am 14., 16. oder 25.04.) 1. Größenordnungen Die Planck-Einstein-Beziehung E = ~ω und die De Broglie-Beziehung p = ~k beinhalten das Wirkungsquantum ~ ≈ 10−34 Nms. Diese Konstante hat die Dimension einer Wirkung (Masse · (Länge)2 · (Zeit)−1 ). Aus der Periode T einer Schwingung ergibt sich die Frequenz ω = 2π/T und aus der Wellenlänge λ die Wellenzahl k = |k| = 2π/λ. a) Ein GSM Handy (Mobiltelefon) sende auf einer Frequenz ω ≈ 1.1 × 1010 s−1 mit einer Leistung von P ≈ 1 W . Schätzen Sie die charakteristische Wirkung einer Schwingungsperiode ab, und berechnen Sie die Anzahl der Photonen, die während dieser Periode emittiert werden. b) Berechnen Sie die De Broglie-Wellenlänge der Erde (Masse ME ≈ 6 · 1024 kg) in ihrer Bewegung um die Sonne (v ≈ 4 · 104 ms−1 ). c) Überprüfen Sie, dass 197 nm eV ≈ ~c, wobei 1 eV ≈ 1.602·10−19 J. c ≈ 3·108 ms−1 ist die Lichtgeschwindigkeit und 1 nm = 10−9 m. Elektromagnetische Wellen der Wellenlänge 400 nm < λ < 750 nm werden als sichtbares Licht bezeichnet. Welche Energie (in eV) haben die entsprechenden Photonen? d) In einem Streuexperiment möchten wir Strukturen der Größe 10−10 m auflösen. Hierzu sind Wellenlängen λ . 10−10 m notwendig. Welche kinetische Energie müssen ein Elektron (me ≈ 0.9 · 10−30 kg ≈ 511 keV/c2 ), ein Neutron (mN ≈ 1.7·10−27 kg ≈ 940 MeV/c2 ) und ein Photon (mγ = 0) haben, um diese Auflösung zu erreichen? Das Photon muss relativistisch behandelt werden. Überprüfen Sie, ob eine nicht-relativistische Behandlung im Falle von Elektron oder Neutron gerechtfertigt ist. 1 2. Bohr-Atommodell I Die potenzielle Energie eines Systems zweier elektrischer Punktladungen q1 = Z1 e und q2 = Z2 e in einer Entfernung r ist gegeben durch α~c e2 , wobei α = r 4π~c die sogenannte Feinstrukturkonstante ist. Der Wert α ≈ 1/137 ist sowohl im HeavisideLorentz- (HL) als auch im SI- (mks) und im Gauß- (cgs) Einheitensystem gültig. Wir benutzen hier das HL-System, in welchem 0 = 1 gilt. Im SI-System gilt: α = e2 /(4π~c0 ) und im Gauß-System α = e2 /(~c). Dies bedeutet, dass die elektrische Ladung im HL-System nicht in Coulomb gemessen wird. Die Identität 1 eV = 1 V · e ≈ 1.602 · 10−19 J gilt aber trotzdem. V (r) = Z1 Z2 Wir nehmen an, dass ein Elektron der Masse me und Ladung q1 = −e (Z1 = −1) sich auf einer klassischen Kreisbahn um ein Proton der Masse mp ≈ 1840 me der Ladung q2 = e (Z2 = 1) bewegt. In sehr guter Näherung ist die reduzierte Masse gegeben durch m ≈ me . a) Wie lautet das effektive Potenzial für die Bewegung bei gegebenem konstanten Drehimpuls L? b) Was sagt der Virialsatz über zeitliche Mittelwerte der potenziellen und kinetischen Energien des Elektrons aus? c) Im Bohr-Atommodell kann der Absolutwert des Drehimpulses nur diskrete Werte annehmen: L = |L| = n~, n ∈ N. Berechnen Sie die möglichen Bindungsenergien En . Wie groß ist die Ionisierungsenergie des Wasserstoffatoms (in eV)? Hinweis: Benutzen Sie die Relation 197 nm eV ≈ ~c und α ≈ 1/137. d) Bestimmen Sie die Bahnradien rn und Geschwindigkeiten vn . Entspricht die Aufteilung von kinetischer und potenzieller Energie dem Virialsatz? 3. Bohr-Atommodell II, Korrespondenzprinzip In der klassischen Elektrodynamik strahlt eine beschleunigte Ladung elektromagnetische Wellen ab. Die Leistung dieser Synchrotonstrahlung auf einer Kreisbahn mit Radius r und Kreisfrequenz ω lautet im nichtrelativistischen Grenzfall ωr c: 2 r2 ω 4 P = α~ 2 . 3 c a) Überprüfen Sie, dass die nichtrelativistische Näherung für das Elektron im Wasserstoffatom (L ≥ ~) gerechtfertigt ist. b) Berechnen Sie den Energieverlust eines Elektrons im Grundzustand nach einem Umlauf um das Proton, relativ zur Anfangsenergie E1 . (Der Effekt der Änderung der Strahlungsleistung während des Umlaufes ist vernachlässigbar.) c) Emittierte (und absorbierte) elektromagnetische Strahlung ist mit den erlaubten Frequenzen ω(n1 , n2 ) = (En1 − En2 )/~ , n1 > n2 “gequantelt”. Weshalb? Vergleichen Sie ω(n + 1, n) für große n mit der klassischen Kreisfrequenz des Elektrons. 2 4. Lineare Algebra V sei ein Vektorraum über C mit der Basis {|ei i}. Die entsprechende Basis {hei |} des sogenannten Dualraumes V ∗ ist gegeben1 durch die Relation, hei |ej i = δij , welche eine Abbildung V → V ∗ definiert. Lineare Abbildngen Φ : V → V entsprechen einer Zuordnung, Φ(|vi) = OΦ |vi. Hierbei ist der Operator OΦ ein Element des Tensorraumes V ⊗ V ∗ mit der Basis {|ei ihej |}. |·ih·| ist ein sogenanntes äußeres Produkt oder Tensorprodukt. OΦ läßt sich bei gegebener Basis als Matrix P mit den Komponenten Oij = hei |O|ej i schreiben. Ein Vektor oder Zustand |vi = i vi |ei i ∈ P V läßt sich als Spaltenvektor mit den Komponenten vi schreiben, ein Vektor hw| = i wi hei | ∈ V ∗ des Dualraumes als Zeilenvektor mit den Komponenten wi . Das kanonische Skalarprodukt oder innere Produkt h·|·i ist ein Funktional V ∗ ×V → C, welches die folgenden Eigenschaften erfüllt: • Positive Definitheit:2 hv|vi ≥ 0 ∀ |vi ∈ V und hv|vi = 0 ⇔ |vi = |0i. • Hermitizität: hv|wi = hw|vi∗ . (* steht hier für die komplexe Konjugation.) • Sesquilinearität: hav + bw|ui = a∗ hv|ui + b∗ hw|ui für beliebige a, b ∈ C. (Aus der Hermitizität folgt dann auch: hu|av + bwi = ahu|vi + bhu|wi.) Vektoren |vi, |wi mit der Eigenschaft hv|wi = 0 sind zueinander orthogonal. Insbesondere ist der Nullvektor |0i orthogonal zu jedem Vektor aus V . Das hermitesch adjungierte O† eines linearen Operators O ∈ V ⊗V ∗ ist definiert durch: hei |O† |ej i = hej |O|ei i∗ † ∗ bzw. Oij = Oji . Operatoren mit der Eigenschaft O = O† heißen selbst-adjungiert. a) Zeigen Sie: Eigenwerte hermitescher Operatoren sind reell. b) Zeigen Sie: Zu verschiedenen Eigenwerten gehörende Eigenvektoren hermitescher Operatoren sind zueinander orthogonal. c) Zeigen Sie: |hv|wi|2 ≤ hv|vihw|wi. 5. Lineare Algebra II: “Unschärferelation” Der Erwartungswert eines Operators A ist gegeben durch die Projektion auf einen Zustand |ui: hAiu = hu|A|ui mit der Normierung hu|ui = 1. Der Einfachheit halber lassen wir im Folgenden den Index u weg. Die mittlere quadratische Abweichung oder Unsicherheit ∆A des Erwartungswertes hAi ist definiert als D E (∆A)2 = (A − hAi)† (A − hAi) . 1 Achtung: In unendlich-dimensionalen Vektorräumen ist nicht immer gewährleistet, dass die so konstruierten {hei |} eine vollständige Basis von V ∗ bilden. 2 Dies ist nicht notwendigerweise erfüllt für unendlich-dimensionale (komplexe) Vektorräume V . Weshalb nicht? Kennen Sie ein Gegenbeispiel? Wie läßt sich dies “reparieren”? 3 Zeigen Sie, dass für beliebige Zustände |ui und selbst-adjungierte Operatoren A, B gilt: 1 ∆A2 ∆B 2 ≥ |h[A, B]i|2 , wobei [A, B] := AB − BA . 4 Hinweis: Definieren Sie |vi = (A − hAi)|ui und |wi = (B − hBi)|ui. Benutzen Sie sodann die Ungleichung aus 4.c) und schätzen Sie das Ergebnis durch den Imaginärteil von hv|wi ab. 4