AK TIVES LEBEN Schweizer Ärzte helfen in Laos Sinnvoller Einsatz von Zeit und fachlichem Wissen und Können Das Swiss Laos Hospital Project ist eine Initiative, die sich seit dem Jahr 2000 für die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Müttern und Kindern in Laos einsetzt. Dazu gehört nicht nur die spendenfinanzierte Ausstattung von Krankenhäusern mit medizinisch notwendiger Technik und Geräten, sondern vor allem die Ausbildung des Personals vor Ort. Denn ohne das nötige Know-how nützt die beste Ausrüstung nichts. Die Mitglieder, meist Ärzte, Hebammen und Pflegefachpersonen, setzten regelmässig ihre Ferien ein, um sich in Laos ehrenamtlich als Ausbilder und medizinische Fachpersonen zu engagieren. So auch Dr. Robert Lüchinger, Gynäkologe aus Affoltern am Albis. BILD: LÜCHINGER Der Zürcher Arzt Urs Lauper hat in Laos ein medizinisches Hilfsprogramm, das Swiss Laos Hospital Project, auf die Beine gestellt, das vielen Müttern und Kindern das Überleben unter schwierigen Bedingungen erleichtert. Nach der Verbesserung der Versorgung im «Mother and Child Hospital» in der Hauptstadt Vientiane arbeiten nun auch Schweizer Ärztinnen und Ärzte in zwei kleineren Spitälern im Nordwesten des Landes. Unterstützung für Mütter und Kinder Es ist totenstill im Gebärsaal im «Mother and Child Hospital» in Vientiane. Bett an Bett, nur leicht abgeschirmt durch einen Vorhang, gebären Frauen geduldig und ergeben vor sich hin. Kein Schreien, kein Stöhnen, nur ab und zu das Palaver einer Hebamme am Handy oder das Weinen eines Neugeborenen. Sind die Babys gebadet und ist der Nabel gut desinfiziert, werden sie wie kleine BabuschkaPuppen warm eingewickelt in eine Ecke des Raumes gelegt. Hier lässt man sie einige Stunden allein liegen. «Uns mutet dies sehr fremd an», erklärt Gynäkologe Robert Lüchinger, der einen Monat lang in Laos arbeitete, «bei Ein Neugeborenes wird warm eingewickelt in eine Ecke gelegt – es soll in Ruhe nach der langen Reise erst einmal ankommen können. uns lassen wir die Kinder möglichst bei der Mutter. Die Laoten aber glauben, dass die Kleinen, die eine lange, anstrengende Reise hinter sich haben, vorerst ganz ankommen und sich mit den überall präsenten Geistern gut stellen müssen.» Lüchinger ist tief beeindruckt von seinen Erlebnissen mit den Menschen in Laos. Auch heute, gut einen Monat nach dem Einsatz, tauchen immer wieder Bilder von freundlich lächelnden Menschen vor ihm auf. Er bewundert die einerseits fröhliche und gelassene, anderseits fast fatalistische Art dieser Menschen: «Im Osten von Laos fielen im Vietnamkrieg mehr Bomben als während des ganzen 2. Weltkrieges in Deutschland. Doch niemand zeigt Hass oder Wut den Amerikanern gegenüber, die damals viele Zivilisten getötet haben.» Land und Leute Spitalgebäude im Nordwesten von Laos. 8 März 2009 Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt – die Folgen tragen vor allem die Schwächsten: Mütter und ihre Kinder. Laotinnen gebären durchschnittlich sechs bis sieben Kinder. Jedes zwölfte Kind stirbt noch vor dem fünften Lebensjahr. Gründe sind hauptsächlich die mangelnde Hygiene und die fehlende medizinische Versorgung. Auf 5000 Einwohner kommt ein einziger, meist schlecht ausgebildeter Arzt. Medizintechnische Apparate sind rar oder fehlen ganz, ebenso Möglichkeiten von differenzierten Laboruntersuchungen. Momentan hält Ultraschall triumphierend Einzug. Ein kleines Häuschen mit zwei Räumen, einem mit Wartenden überquellen- AK TIVES LEBEN Einblick in den Alltag Robert Lüchinger verabschiedet eine Frau, die eben geboren hat und sich nun auf den langen Heimweg macht. den Vorraum und einem Behandlungsraum, ist mit «4D Sonography» beschriftet, was 4D allerdings bedeutet, weiss niemand genau. Die Operationsräume sind sehr sauber, aber insbesondere das Fehlen von Instrumenten und Apparaturen machen das Operieren für den erfahrenen Chirurgen Lüchinger zu einem Abenteuer. Da darf kein Instrument zu Boden fallen – denn es gibt kein zweites und das Desinfizieren würde viel zu lange dauern. Notfalls wird Reisschnaps darüber geschüttet und angezündet. Spitalleben Frauen und Männer liegen gemeinsam und in ihren Alltagskleidern in den Krankenzimmern. Bei medizinischen Untersuchungen verlassen die Angehörigen, die sich neben den Patienten für längere Zeit auf einem Teppich häuslich niedergelassen haben, den Raum nicht. Die Frauen scheint dies selbst bei gynäkologischen Untersuchungen nicht zu stören. Die Angehörigen sorgen für ihre Kranken – sie bekommen beispielsweise vom Arzt eine Liste von benötigtem Material wie Medikamenten, Nadeln, Spritzen oder Verbandsmaterial. Dies kaufen sie dann ein. Laos ist ein kommunistisches Land, die ärztlichen Leistungen sind unentgeltlich, aber alles Material muss bezahlt werden – für viele übersteigt dies die finanziellen Möglichkeiten. Der Rapport verläuft äusserst strukturiert und Ärzte und Pflegepersonal präsentieren mittels Powerpoint. Jeweils freitags findet der Rapport in Englisch statt. Lüchinger erzählte von einer Frau, die mit dem neunten Kind schwanger mit alarmierenden Blutwerten im Spital erschien. Eine Bluttransfusion war zwingend, doch woher Blut bekommen? Schliesslich fanden sich zwei Blutkonserven. Nach der Geburt verliess die Frau das Spital, um sofort wieder auf dem Reisfeld zu arbeiten, dies mit gleich bleibend schlechten Blutwerten, mit denen bei uns niemand mehr daran denken würde, körperliche Arbeit zu verrichten. Krebserkrankungen werden oftmals nicht behandelt, denn für eine Bestrahlung müsste man nach Thailand reisen – was nicht im Budget liegt. Gefasst nehmen die Kranken und ihre Familien die Diagnose entgegen und akzeptieren, dass ein Leben zu Ende geht. Eine andere Frau musste wegen eines riesigen Tumors operiert werden. Aber sie hatte wie die meisten Patienten kein Geld. Der laotische Chefarzt fand heraus, dass die Frau zwei Schweine besitzt. Sofort wurde verhandelt. Lüchinger ertrug dieses Feilschen um die Lebensgrundlage dieser Frau nicht und übernahm die Kosten für die Operation selbst. Das persönliche Fazit von Lüchinger: «Ich kann viel lernen von diesen Menschen. Sie sind bescheiden, gelassen, fröhlich und immer freundlich. Ich möchte wieder hin!» Swiss Laos Hospital Project Regula Zellweger Im Rahmen des Swiss Laos Hospital Project wurden im «Mother and Child Hospital» in Vientiane beispielsweise zwei Ultraschallgeräte und ein Operationstisch angeschafft. Das Haus verfügt heute über eine weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte erste gut funktionierende Neugeborenen- und Kinderabteilung und eine Abteilung für Intensivmedizin. Zudem wurden Toiletten- und Duschanlagen gebaut – eine immense Erleichterung für die Patienten. Statt wie früher jährlich 2000 werden heute da rund 4000 Geburten betreut. 2004 expandierte das Schweizer Projekt in den schlecht zugänglichen Nordosten des Landes. Das Lernen durch Abschauen: Ärzte verfolgen eine «Mongolian Friendship Hospital» Operation, die mit vergleichsweise primitivem verfügt dank der Initiative von Urs Instrumentarium stattfinden muss Lauper heute über eine gut eingerichtete kleine Neugeborenenabteilung und Informationen: www.swisslaos.ch Intensivüberwachung. Im «Kham District Hospital» war insbeson- Spendenkonto: Credit Suisse, 8070 Zürich dere die Optimierung der medizinischen Be- 4835 860287-11, IBAN CH57 0483 5086 treuung eine Herausforderung: Es verfügt erst 0287 1100 0, PC 80-500-4, BIC/SWIFR seit Herbst 2008 über Elektrizität. CRESCHZZ80A März 2009 9