Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg Prof. Dr. R. Lauterbach Dr. K. Rothe WiSe 2013/14 Differentialgleichungen I für Studierende der Ingenieurwissenschaften Lösungen zu Präsenzblatt 0 Aufgabe A: Ein Tank enthalte 2000 Liter Wasser, in dem 60 kg Salz gelöst sind. Beginnend mit der Zeit t0 = 0 sollen ständig pro Minute 15 Liter Salzlösung abfließen, aber auch 15 Liter Wasser mit einem Salzgehalt von 3 kg zufließen, mit anschließender sofortiger Durchmischung. a) Wie groß ist der Salzgehalt m(t) in kg im Tank zur Zeit t > 0 ? b) Auf welchem Niveau stabilisiert sich der Salzgehalt im Tank? Lösung: a) Anfangssalzmenge im Tank: m(0) = 60 kg Salzmenge zum Zeitpunkt t je Liter im Tank: m(t) kg 2000 abfließende Salzmenge in der Zeit ∆t: m(t) · 15∆t 2000 zufließende Salzmenge in der Zeit ∆t: 3∆t Salzmengenänderung in der Zeit ∆t: ∆m = − Differentialgleichung für den Salzgehalt: m0 (t) = − m(t) · 15∆t + 3∆t 2000 3 · m(t) + 3 400 Lösung der Differentialgleichung über Trennung der Veränderlichen: Z Z 3 m0 (t) 3 3 0 · m(t) + 3 = − (m(t) − 400) ⇒ dt = − dt m (t) = − 400 400 m(t) − 400 400 Z dm 3t 3t ⇒ =− + C̃ ⇒ ln |m − 400| = − + C̃ m − 400 400 400 ⇒ 3t |m(t) − 400| = Ce− 400 ⇒ 3t m(t) = 400 + Ke− 400 mit K ∈ IR Differentialgleichungen I, R.Lauterbach/K.Rothe, WiSe 2013/14, Präsenzblatt 0 Mit dem Anfangssalzgehalt wird K bestimmt: 60 = m(0) = 400 + K ⇒ K = −340 Damit ergibt sich der Salzgehalt in kg im Tank zur Zeit t ≥ 0 : m(t) = 400 − 340e−3t/400 . b) Es gilt lim m(t) = 400 = 2000 · t→∞ 3 , 15 d.h. der Salzgehalt im Tank pendelt sich auf den der zufließenden Salzlösung ein. 2 Differentialgleichungen I, R.Lauterbach/K.Rothe, WiSe 2013/14, Präsenzblatt 0 3 Aufgabe B: Gegeben sei die Differentialgleichung y y0 = − . x a) Man zeichne das Richtungsfeld, b) berechne Lösungen und c) die Lösung, für die y(2) = 1 gilt. Lösung: a) Eine Differentialgleichung der Form y 0 = f (x, y) wird gelöst durch eine Funktion y(x) , wenn y 0 (x) = f (x, y(x)) gilt. Ordnet man jedem Punkt (x, y) den Wert y 0 = f (x, y) zu, deutbar als Steigung möglicher Lösungen y , so erhält man das zur Differentialgleichung gehörige Richtungsfeld. Das Richtungsfeld wird veranschaulicht, indem man jedem Punkt (x, y) ein kleines Geradenstück in Tangentialrichtung, das sogenannte Linienelement, anheftet. Zur zeichnerische Umsetzung ordnen wir dazu jedem Punkt (x, y(x)) seinen auf kurze Länge c skalierten Tangentialvektor zu: ! c c 1 1 x . =p 7→ p 0 y 1 + f 2 (x, y) f (x, y) 1 + (y 0 )2 y Vektorwertige Funktionen der Form g : IRn ⊃ D → IRn werden als Vektorfelder bezeichnet. Wir zeichnen das obige Richtungsfeld also durch ein Vektorfeld ( n = 2 ) der Form x g1 (x, y) 7→ =: g (x, y) . y g2 (x, y) Die MATLAB-Befehle für das Richtungsfeld, dargestellt nur an einigen (Gitter-) Punkten (x, y) , lauten: [X,Y] = meshgrid(-2.5:.25:2.5,-2.5:.25:2.5) N=sqrt(1+Y.^2./X.^2) U=1./N V=-Y./X./N quiver(X,Y,U,V,0.5) Differentialgleichungen I, R.Lauterbach/K.Rothe, WiSe 2013/14, Präsenzblatt 0 4 2/x 2 2.5 2 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 0 0 −0.5 −0.5 −1 −1 −1.5 −1.5 −2 −2.5 −2.5 −2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5 Bild A Richtungsfeld mit c = 0.5 −2 −2 −1.5 −1 −0.5 0 x y(x) = 0.5 1 1.5 2 2 x b) Das Lösen der Differentialgleichung erfolgt durch Trennung der Veränderlichen (mit y 6= 0 ) und Integration unter Verwendung der Kettenregel: Z 0 Z Z y y 0 (x) 1 y (x) 1 1 0 y =− ⇒ =− ⇒ dx = dy = − dx x y(x) x y(x) y x 1 C ⇒ ln |y(x)| = − ln |x| + C̃ ⇒ |y(x)| = · eC̃ ⇒ y(x) = , C ∈ IR |x| x Für y = 0 ergibt sich die triviale Lösung y(x) = 0 für alle x 6= 0 . Diese berechneten Lösungen sind nach a) die Kurven, deren Tangentialrichtungen durch das Richtungsfeld dargestellt werden, die sich sozusagen in das Richtungsfeld einschmiegen. c) 1 = y(2) = 2 C ⇒ C = 2 ⇒ y(x) = 2 x Differentialgleichungen I, R.Lauterbach/K.Rothe, WiSe 2013/14, Präsenzblatt 0 5 Aufgabe C: Ein Fallschirmspringer hat im Moment des Öffnens seines Fallschirmes eine Geschwindigkeit von v0 = 55 (in ms−1 ). Die Gesamtmasse des Springers mit Fallschirm sei M (in v2 (in N ) mit g = 9.81 (in ms−2 ) als kg ) und die Bremskraft des Schirmes sei M g · 25 Erdbeschleunigung. Man berechne die Geschwindigkeit des Springers nach dem Öffnen des Schirmes als Funktion der Zeit und gegebenenfalls die Grenzgeschwindigkeit ( t → ∞ ). Hängt die Grenzgeschwindigkeit von der Öffnungsgeschwindigkeit ab? Lösung: Erdanziehungskraft: Mg Bremskraft zum Zeitpunkt t : Mg · v 2 (t) , mit 25 v(0) = v0 = 55 Kraftbilanz am Fallschirmspringer mit Verzögerung a(t) = v̇(t) , falls v0 > 5 : v 2 (t) 25 Die Fallgeschwindigkeit v(t) ergibt sich damit aus der Differentialgleichung: v 2 (t) g g v̇(t) = g 1 − = (25 − v 2 (t)) = − (v(t) − 5)(v(t) + 5) 25 25 25 Trennung der Veränderlichen, Integration mit Substitutionsregel und Partialbruchzerlegung ergibt: M a(t) = M v̇(t) = M g − M g · Zt − 0 g dτ = 25 Zt Zv(t) v̇(τ ) dτ = (v(τ ) − 5)(v(τ ) + 5) 0 1 1 dv = (v − 5)(v + 5) 10 Zv(t) 1 1 − dv v−5 v+5 v0 v(0) v(t) 10gt v − 5 v(t) = (ln(v − 5) − ln(v + 5))|v0 = ln ⇒ − 25 v + 5 v0 = ln v(t) − 5 v0 − 5 (v0 + 5)(v(t) − 5) − ln = ln v(t) + 5 v0 + 5 (v0 − 5)(v(t) + 5) (v0 + 5)(v(t) − 5) = lim e−10gt/25 = 0 t→∞ t→∞ (v0 − 5)(v(t) + 5) ⇒ lim ⇒ ⇒ (v0 + 5)(v(t) − 5) = e−10gt/25 (v0 − 5)(v(t) + 5) lim v(t) = 5 t→∞ Die Grenzgeschwindigkeit hängt also nicht von der Öffnungsgeschwindigkeit ab. Speziell für v0 = 55 ergibt sich: (v0 + 5)(v(t) − 5) 6(v(t) − 5) = = e−10gt/25 (v0 − 5)(v(t) + 5) 5(v(t) + 5) Bearbeitungstermin: 14.10. - 18.10.2013 ⇒ v(t) = 5 · 6 + 5e−10gt/25 6 − 5e−10gt/25