Wohl-fundierte Semantik

Werbung
Wohl-fundierte Semantik
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Motivation
Probleme:
• Nicht alle vervollständigten Programme
sind konsistent
• SLDNF nur vollständig, falls die
Widerlegung nicht ins Schwimmen gerät
• Stratifizierung limitiert Rekursionen
Technischer Ausweg: Dreiwertige Logik!
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Neudefinition von „Interpretation“
Definition:
Gegeben ein Normal Program P, eine partielle
Interpretation I ist eine konsistente Menge von
Literalen, deren Atome aus BP sind.
Eine vollständige Interpretation I ist eine partielle
Interpretation, die jedes Atom aus BP oder seine
Negation enthält.
Eine Konjunktion von grundinstantiierten
Literalen ist wahr in I, wenn alle seine Literale in
I sind. Sie ist falsch, wenn eines ihrer Literale
falsch ist in I.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Erfüllt / Falsifiziert / Schwach falsifiziert
Definition:
Eine instantiierte Klausel ist erfüllt in einer
(partiellen oder vollständige) Interpretation I,
wenn der Kopf wahr ist in I oder eines seiner
Rumpfliterale falsch ist in I.
Die Klausel wird falsifiziert, wenn der Kopf
falsch ist und die Rumpfliterale alle wahr sind.
Wenn der Kopf falsch ist in I, aber keines von
mehreren Rumpfliteralen falsch ist in I, dann
ist die Klausel schwach falsifiziert in I.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Partielles / vollständiges Modell
Definition:
Ein vollständiges Model eines
Programms P ist eine vollständige
Interpretation, die jede instantiierte
Klausel von P erfüllt.
Ein partielles Modell von P ist eine
partielle Interpretation, die zu einem
vollständigen Modell erweitert werden
kann.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Lemma:
Sei P ein Normal Program und I eine partielle
Interpretation. Wenn I keine Klausel aus P
schwach falsifiziert, dann ist I ein partielles
Model von P.
Beweis:
Normal Programs besitzen BP als Modell. Für
jedes Atom aus BP, erweitere I um dieses Atom,
falls seine Negation nicht bereits in I.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Unfundierte Mengen
Definition
Geg. Normal Program P und partielle Interpretation I.
A ⊆ BP ist eine unfundierte Menge (von P) hinsichtlich I,
wenn jedes Atom p ∈ A die folgende Bedingung erfüllt:
Für jede instantiierte Klausel R aus P, deren Kopf p ist,
gilt (mindestens) eine der folgenden Bedingungen:
(1) Ein (positives oder negatives) Unterziel q vom Rumpf
ist in I unwahr.
(2) Ein positives Unterziel vom Rumpf kommt in A vor.
Ein Literal, das (1) oder (2) erfüllt, wird als Zeuge der
Unbrauchbarkeit (witness of unusability) für die
Klausel R (hinsichtlich I) bezeichnet.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel
Für das instanziierte Normal Program P:
p(a) ← p(c), ¬ p(b).
p(b) ← ¬ p(a).
p(e) ← ¬ p(d).
p(c).
p(d) ← q(a), ¬ q(b).
p(d) ← q(b), ¬ q(c).
q(a) ← p(d).
Bedingung 2:
Keiner der Köpfe kann
zuerst abgeleitet werden
q(b) ← q(a).
Bilden die Atome {p(d), q(a), q(b), q(c)} hinsichtlich I=Ø eine
unfundierte Menge.
Für q(c) gibt es keine Definition. Dies erfüllt Bedingung 1.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel
Für das instantiierte Normal Program P:
p(a) ← p(c), ¬ p(b).
p(b) ← ¬ p(a).
p(e) ← ¬ p(d).
Weder Bedingung 1
noch Bedingung 2
erfüllt.
p(c).
p(d) ← q(a), ¬ q(b).
p(d) ← q(b), ¬ q(c).
q(a) ← p(d).
q(b) ← q(a).
bilden die Atome {p(a), p(b)} hinsichtlich I=Ø keine unfundierte
Menge!
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Notation:
Sei S eine Menge von Literalen, dann
bezeichnet ¬⋅S = {¬p : p∈S}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Unfundierte Mengen und
Vereinigung
Definition
Die größte unfundierte Menge (von P) hinsichtlich I, als
UP(I) bezeichnet, ist die Vereinigung aller Mengen, die
hinsichtlich I unfundiert sind.
Lemma
Sei R eine Menge von Literalen und A eine unfundierte
Menge aus P hinsichtlich R. Für alle Untermengen S ⊆ A
gilt: A - S ist unfundiert hinsichtlich R ∪¬⋅S.
Lemma
Sei I eine partielle Interpretation, die aus positiven
Literalen Q und aus negativen Literalen ¬⋅S besteht.
Wenn I keine instanziierte Klausel aus dem Normal
Program P schwach falsifiziert, dann ist S hinsichtlich Q
eine unfundierte Menge.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wohl-fundierte
Partielle Modelle
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Transformationen
• Eine Transformation ist eine
Transformation zwischen Mengen von
Literalen, deren Atome Elemente der
Herbrand-Basis eines gegebenen
Programms P sind.
• Eine Transformation T wird als monoton
bezeichnet, wenn T(I) ⊆ T(J) genau dann
gilt, wenn I ⊆ J.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Transformationen
Definition
Sei P ein Normal Program. Die Transformationen TP, UP
und WP werden wie folgt definiert:
– p ∈ TP(I) gilt genau dann, wenn es irgendeine
instanziierte Klausel R aus P gibt, so dass R den Kopf
p hat und jedes Unterziel (Literal) in dem Rumpf von
R wahr in I ist.
– UP(I) ist die größte unfundierte Menge von P
hinsichtlich I.
– WP(I) = TP(I) ∪ ¬ ⋅ UP(I).
Lemma
TP, UP und WP sind monotone Transformationen.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Iα und I∞
Definition
Die Mengen Iα (α erstreckt sich über alle abzählbaren
Ordinalzahlen) und I∞, deren Elemente Literale in der
Herbrand-Basis eines Programms P sind, werden rekursiv
definiert durch:
(1)Für das Grenzordinal α,
Iα =
Iβ
U
β α
<
Anmerkung: 0 ist ein Grenzordinal und I0 = ∅.
(2)Für ein Nachfolgeordinal α = γ + 1, I
γ +1 =
(3)Und I ∞ =
Uα I α
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
W (I γ )
P
Stufe
Definition
Für jedes Literal p in I∞ ist die Stufe von p (stage)
die kleinste Ordinalzahl α für die gilt: p ∈ Iα.
Lemma
Iα ist eine monotone Folge von partiellen
Interpretationen.
Beweisidee
Induktion über α
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Hüllenordinalzahl
Definition
Die Hüllenordinalzahl für die Folge Iα ist die kleinste
Ordinalzahl α für die gilt: I∞ = Iα.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wohl-fundierte Semantik
Definition
Die wohl-fundierte Semantik eines Programms
P ist die „Bedeutung“, die durch den kleinsten
Fixpunkt von WP oder durch den Grenzwert I∞
repräsentiert wird.
Jedes positive Literal kennzeichnet, dass sein
Atom war ist;
jedes negative Literal kennzeichnet, dass sein
Atom unwahr ist,
und fehlende Atome haben keinen von der
Semantik zugewiesen Wahrheitswert.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel
p(a) ← p(c), ¬p(b).
p(b) ← ¬p(a).
p(e) ← ¬p(d).
p(c).
p(d) ← q(a), ¬q(b).
p(d) ← q(b), ¬q(c).
q(a) ← p(d).
q(b) ← q(a).
I0=Ø
TP(I0)={p(c)}
UP(I0)={p(d),q(a),q(b),q(c)}
WP(I0)={p(c),¬p(d),¬q(a),
¬q(b), ¬q(c)}
TP(I1)={p(e),p(c)}
UP(I1)={p(d),q(a),q(b),q(c)}
WP(I1)={p(e),p(c),¬p(d),
¬q(a),¬q(b),¬q(c)}
TP(I2)={p(e),p(c)}
…
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wohl-fundierte Semantik
Lemma
Sei Iα wie oben definiert, dann wird keine instanziierte
Regel R von P durch Iα schwach falsifiziert.
Beweisidee
Die Definition von WP macht nur den Regelkopf L von
R falsch, der in vorhergehenden Iterationen unfundiert
war. Dazu muss entweder der Rumpf von R bereits
falsch gewesen sein oder ein Atom von R in der
unfundierten Menge gewesen sein. Beidesmal ist der
Rumpf von R nun falsch.
Wichtig für diese Aussage ist die Monotonie von WP
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wohl-fundiertes (partielles)
Modell
Theorem
Für jede abzählbare Ordinalzahl α, ist Iα in
der in der Definition von Iα beschriebenen
Folge ein partielles Modell von P.
Beweis
Mit Hilfe des direkt vorhergehenden
Lemmas und des ersten Lemmas.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wohl-fundiertes (partielles)
Modell
Definition
Vorausgesetzt, dass für jedes p∈BP
I∞ entweder p oder ¬p enthält, d.h. I∞ ist eine
vollständige Interpretation,
dann, durch das obige Theorem, ist I∞ ein
vollständiges Modell und
wird als wohl-fundiertes Modell bezeichnet.
Falls I∞ nicht vollständig ist, dann wird
I∞ als wohl-fundiertes partielles Modell bezeichnet.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Minimales Modell
Theorem
Jedes Horn-Programm hat ein wohlfundiertes Modell I∞, das im Sinne von
Van Emden und Kowalski das minimale
Modell ist, d.h. die positiven Literale des
Modells sind in jedem Herbrand-Modell
enthalten.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Drei-wertige Modelle der
Programmvervollständigung
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Dreiwertige Interpretation
Jeder partiellen Interpretation I (in der
zweiwertigen Logik) entspricht der
offensichtlichen dreiwertigen Interpretation,
die Atome, die in I fehlen, den
Wahrheitswert ⊥ zuweist.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel: Probleme mit der
Vervollständigung bei Zweiwertigkeit
p ← ¬p, ¬q.
p ← ¬p, ¬q.
p ← p.
Vervollständigung:
p↔(¬p∧¬q)
¬q.
Vervollständigung:
p↔(¬p∧¬q)∨p.
¬q.
Programm besitzt kein
zweiwertiges Modell
Programm besitzt
zweiwertiges Modell
I={¬q,p}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Wahrheitstabelle Dreiwertige Logik
(nur die Erweiterungen!)
A
¬A
A
B
A∧B
A
B
A↔B
A
B
A←B
⊥
⊥
0
⊥
0
0
⊥
⊥
0
⊥
⊥
1
⊥
⊥
1
⊥
⊥
1
⊥
1
⊥
⊥
⊥
⊥
⊥
1
⊥
0
1
⊥
1
⊥
⊥
⊥
1
kommutativ
A
B
A∨B
0
⊥
⊥
1
⊥
1
⊥
⊥
⊥
Vorsicht:
es gilt nicht
mehr, dass
A←B ⇔ ¬B∨A
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel:
Vervollständigung & Dreiwertigkeit
p ← ¬p, ¬q.
p ← ¬p, ¬q.
p ← p.
Vervollständigung:
p↔(¬p∧¬q)
¬q.
Vervollständigung:
p↔(¬p∧¬q)∨p.
¬q.
Programm besitzt
Programm besitzt
dreiwertiges Modell
dreiwertiges Modell
mit p=⊥
mit p=⊥ I={¬q}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme &I={¬q,p}
Semantic Web
I={¬q}
Eindeutigkeit
p ← ¬p, ¬q.
q←r
q←s
r←r
s←s
Zweiwertige Modelle:
{¬p,q,r,¬s}
Nicht vergleichbar
{¬p,q,¬r,s}
{¬p,q,r,s}
Vervollständigung:
p↔(¬p∧¬q)
q↔r∨s
r↔r
s↔s
Dreiwertiges Modell:
{}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Undefiniert
Definition
Ein Literal q wird als undefiniert in I
bezeichnet (⊥), wenn weder q noch sein
Komplement in I vorkommen.
Eine Konjunktion von Literalen wird als
undefiniert in I ausgewertet, wenn kein
Literal der Konjunktion in I unwahr ist und
mindestens ein Literal in I undefiniert ist
(vgl. Wahrheitstabelle).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stratifizierte Programme
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stratifikation (Wdhg)
Definition (Wdhg)
Ein Normal Program P ist stratifiziert,
wenn alle seine Prädikatssymbole eine
Stufe habe so dass:
– kein Prädikatssymbol positiv von einer
Prädikatssymbol einer höheren Stufe
abhängig ist
– Kein Prädikatssymbol negativ von einem
Prädikatssymbol einer höheren oder gleich
hohen Stufe abhängig ist
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Lokale Stratifikation
Definition
Ein Normal Program P ist lokal stratifiziert,
wenn jedem Atom aus BP eine zählbar,
ordinale Stufe zugewiesen werden kann,
so dass kein Atom:
– positiv abhängt von einem Atom höherer
Stufe
– negativ abhängt von einem Atom gleicher
oder höherer Stufe
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel für lokale Stratifikation
gerade(s(X)) ← ¬gerade(X).
gerade(0).
BP:
{gerade(0)0, gerade(s(0))1, gerade(s(s(0)))2,
gerade(…)3, …}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Perfektes Modell
Definition
Gegeben ein Normal Program P und ein Model I. I ist ein
perfektes Modell für eine gegebene Einstufung von BP,
wenn
für jedes andere Modell J,
wenn ein positives Literal p das Atom mit niedrigster
Stufe im einem Modell ist aber nicht im anderen,
dann ist p in J.
D.h. Atome mit höherer Stufe werden für das perfekte Modell
bevorzugt.
Przymusinski: Alle lokal stratifizierten Programme haben ein
perfektes Modell, das unabhängig ist von der konkreten
Einstufung der Atome aus BP.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel für lokale Stratifikation
gerade(s(X)) ← ¬gerade(X).
gerade(0).
Gerade(0) ← q(X).
BP:
J={q(0)-1,gerade(0)0, gerade(s(s(0)))2, …}
I={gerade(0)0, gerade(s(s(0)))2, …}
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Theorem:
Wenn ein Programm P lokal stratifiziert ist,
hat es ein wohl-fundiertes Modell, das mit
dem perfekten Modell identisch ist.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
„Striktes“ Programm
ausgeblendet
Ein „striktes“ Programm hat folgende
Eigenschaft:
Ein Prädikat hängt von einem anderen
(oder sich selbst) entweder durch eine
gerade Anzahl oder durch eine ungerade
Anzahl von Negationen ab, aber nicht
durch beides.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Beispiel: Annahme, alle gültigen Züge von allen
Stellungen in andere Stellungen wären in der EDB
winning(X) ← move(X,Y), not winning(Y).
F
⊥
F
Spieler 1 zieht
T
T
Spieler 2 zieht
F
F
Spieler 1
verliert
⊥
Spieler 2 zieht
T
F
Spieler 1
verliert
T
Spieler 1 zieht
F
(a)
T
F
Spieler 2
verliert
F
F
(b)
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
(c)
Beispiel
Das Programm ist nicht lokal stratifiziert, weil die
Herbrand- Instanziierung eine Regel enthält, in der
winning negativ von sich selbst abhängt:
winning(a) ← move(a,a), not winning(a).
Dies zerstört auch das perfekte Modell, auch wenn
move(a,a) nicht in der EDB vorkommt.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Rechenkomplexität
• Die Herleitung von Mengen von Aussagen soll
mit vernünftigem Aufwand berechenbar sein.
• Hierfür muss gezeigt werden, dass die
Datenkomplexität der wohl-fundierten Semantik
polynominal ist.
• Die wohl-fundierte Semantik ist konkurrenzfähig
mit anderen Methoden, wie die stratifizierte
Semantik und das Fitting Modell.
• Für Logikprogramme ohne Funktionen ist das
Herbrand-Universum endlich und dessen
Konstruktion effektiv (Klasse Datalog).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Betrachtungen zur
Rechenkomplexität
• Die Betrachtung wird auf Logikprogramme
ohne Funktionen beschränkt.
• Das Herbrand Universum eines
Programms ist die Menge der Konstanten,
die im Programm vorkommen.
• Gegeben eine IDB PI die aus einer Menge
von Interferenzregeln besteht, die auf
verschiedene EDB oder Faktenmengen
angewendet werden können.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Betrachtungen zur
Rechenkomplexität
• Die Prädikate, die als Unterziele in PI, aber nicht
im Kopf einer Regel auftauchen, bilden die EDB
Prädikate.
• Die EDB PE ist eine Menge von positiven
Grundliteralen, die sich über die EDB Prädikate
erstrecken. (Die Konstanten in PE können (müssen
aber nicht) in PI auftauchen.)
• Gegeben sei eine EDB PE‘:
– P(PE) = PI∪ PE ist ein Logikprogramm und sein wohlfundiertes partielles Modell wird durch I∞(PE) bestimmt.
– PI definiert die Transformation von PE nach I∞(PE).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Definition von Datenkomplexität
Definition:
Die Datenkomplexität einer IDB wird definiert als
die Rechenkomplexität des Entscheidens einer
Antwort für eine Query aus Grundatomen als
eine Funktion der Größe der EDB.
Im Kontext der wohl-fundierten Semantik
bedeutet das: Entscheiden, ob das Grundatom
im wohl-fundierten partiellen Modell positiv ist.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Datenkomplexität
- Da die IDB geben ist, haben die Prädikate
im wohl-fundierten Modell eine feste
Anzahl und Stelligkeit.
- Die Herbrand-Basis hat eine Größe, die
polynomial zu der Größe der EDB ist.
- Die Größe der Herbrand ProgrammInstanziierung ist polynomial zu der Größe
der EDB.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Datenkomplexität
Theorem:
Die Datenkomplexität der wohl-fundierten
Semantik für Programme ohne Funktionen ist
von polynomialer Zeit.
Anmerkungen:
• Das Fitting Modell hat eine polynomiale
Datenkomplexität (für Programme ohne
Funktionen).
• Das Feststellen, ob P ein stabiles Modell hat, ist
NP-vollständig für allgemeingültige
aussagenlogische Programme.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Nachteile der wohl-fundierten
Semantikausgeblendet
Die wohl-fundierte Semantik hat folgenden
Nachteil:
Sie ist unfähig, Folgerungen zu
behandeln, die nur durch Methoden wie
„Factoring“ oder ähnliche Techniken (z.B.
„ancestor resolution“) erreichbar sind.
Beispiel: a ← not b,
b ← not a,
p ← a,
p ← b.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Vorteile der wohl-fundierten
Semantik
Die wohl-fundierte Semantik für normale
Logikprogramme erweitert frühere
Ansätze und hat gegenüber diesen
folgende Vorteile:
(1)Sie ist auf alle Programme anwendbar.
(2)Im Vergleichen zu anderen Methoden
tendiert ein größerer Teil der Herbrand-Basis
als wahr oder unwahr klassifiziert zu werden.
(3)Wahrheitswerte werden in einer
angemessen und voraussehbaren Weise
zugewiesen.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
ausgeblendet
Vergleiche mit Fittings Modell
und mit Stable Models
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Die Transformation NP(I)
Definition
NP(I) wird definiert als
die Transformation, die für eine dreiwertige
Interpretation I die Menge der Atome p liefert,
für die gilt, dass jede Klausel in der
Herbrand-Instanz von P mit p als Kopf
der Rumpf in I unwahr ist,
d.h. irgendein Unterziel jeder Klausel mit
Kopf p ist in I unwahr.
Anmerkung: NP ist der Teil von UP, der durch die
Bedingung (1) der Definition (von unfundierten
Mengen) produziert wird.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Fitting Modell
Theorem
Eine dreiwertige Interpretation I ist genau dann
ein dreiwertiges Modell des vollendeten
Programms, wenn I = TP(I) ∪ ¬ ⋅ NP(I).
Dies führt zu der Konstruktion eines Fixpunktes
für dreiwertige Modelle und dazu, dass das
Fitting Modell der kleinste Fixpunkt ist.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
I∞ und Fitting Modell
Theorem
Sei I∞ wie oben definiert, dann gilt:
I∞ = TP(I∞ ) ∪ ¬ ⋅ NP(I∞ ).
Folgerung
Das Fitting Model ist eine Untermenge von I∞.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabile Modelle
Stabile Modelle:
• Reproduzieren sich in der
Stabilitätstransformation, einer 3 Stufen
Transformation.
• Werden einzigartige stabile Modelle genannt,
wenn ein Programm nur ein stabiles Modell
besitzt.
• Benutzen die zweiwertige Logik.
• Werden in der totalen oder zweiwertigen
Interpretation als Menge von Grundatomen
repräsentiert.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Minimales Modelle
Ein „minimales“ Modell hat eine
minimale Menge von positiven
Literalen.
(das ist die Übersetzung der früheren
Verwendung von Interpretationen und
Modellen in die Darstellung hier)
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Monotone Transformation
Eine „monotone“ Transformation auf
totalen Interpretationen ist eine
Transformation, die monoton im
Bezug auf positive Literale ist.
(das ist die Übersetzung der früheren
Verwendung von Interpretationen und
Modellen in die Darstellung hier)
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Notation für Mengen von
positiven und negativen Atomen
Definition
Für jede partielle Interpretation I sei Pos(I)
die Menge von positiven Literalen in I und
Neg(I) die Menge von Atomen, die die
negativen Literalen in I repräsentiert. Also,
I = Pos(I) ∪ ¬ ⋅ Neg(I).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabilitätstransformation
Definition
Gegeben seien ein Normal Program P und
seine Herbrand-Instanziierung PH sowie eine
totale Interpretation I und die zugehörige
Stabilitätstransformation S(I) (eine
Transformation von totalen Interpretationen zu
totalen Interpretationen).
Die Stabilitätstransformation S(I) wird in den
folgenden 3 Schritten definiert:
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabilitätstransformation
Definition (Fortsetzung)
1. Definiere: P‘ = T1 (PH, I),
wobei T1 die folgende Transformation ist:
Jede Regel-Instanz, die ein negatives
Unterziel enthält, das mit I unkonsistent ist,
wird gelöscht. Der Output dieser
Transformation ist die Menge der RegelInstanzen, die nicht gelöscht wurden.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabilitätstransformation
Definition (Fortsetzung)
2. Definiere: P‘‘ = T2(P‘),
wobei T2 die Transformation ist, durch die
alle negativen Unterziele aus den Regeln aus
P‘ gelöscht werden (ein Hornprogramm
hinterlassend). Wir nennen P‘‘ die Reduktion
von P hinsichtlich I.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabilitätstransformation
Definition (Fortsetzung)
3. Da P‘‘ ein Hornprogramm ist, kann sein
minimales (zweiwertiges) Modell nach der
Standard Van Emden und Kowalski Semantik
gebildet werden. In diesem Kontext bedeutet
das Minimum, dass die Menge positiver
Literalen minimiert wird und daher die Menge
der negativen Literalen maximiert wird.
Wir definieren S(I) als dieses minimale
Modell von P‘‘.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
„Schrumpfende“ Transformation
Lemma:
Sei M ein totales Modell vom
allgemeingültigen Logikprogramm P, dann
ist Pos(S(M)) ⊆ Pos(M).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Eindeutiges stabiles Modell
(unique stable model)
Definition:
Ein totales Modell M vom
allgemeingültigen Logikprogramm P ist
stabil, wenn es ein Fixpunkt von S ist (M =
S(M)).
Wenn das Programm P exakt ein stabiles
Modell hat, wird dieses Modell als
eindeutiges stabiles Modell von P
bezeichnet.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Minimale stabile Modelle
Es ist unmittelbar, dass ein stabiles Modell
minimal ist (im Bezug auf die Menge der
positiven Literale); aber nicht jedes minimale
Modell ist stabil.
Beispiel:
Sei P1
a ← not b,
b ← not a.
{a, ¬b} und {b, ¬a} sind stabile Modelle. Also hat
P1 kein einzigartiges stabiles Modell.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabile Modelle und wohlfundierte Modelle
Stabile Modelle und wohl-fundierte
(partielle oder totale) Modelle stehen in
folgender Beziehung zueinander:
Behauptung:
Wohl-fundierte totale Modelle sind
einzigartige stabile Modelle.
Aus dieser Behauptung folgt, dass das
einzigartige stabile Modell direkt generiert
werden kann.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Verhältnis zwischen S und UP
sowie zwischen S und TP
Lemma:
Sei M ein totales Modell eines Programms
P, dann ist Neg(S(M)) = UP(M).
Lemma:
Sei M ein totales Modell eines Programms
P, dann ist Pos(S(M)) ⊆ TP(M).
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Stabiles Modell und Fixpunkt
von WP
Theorem:
Sei M ein totales Modell von P. M ist
genau dann stabil, wenn es ein Fixpunkt
von WP ist.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Folgerungen
- Sei I eine totale Interpretation von P. Dann ist I
ein Fixpunkt von S genau dann, wenn sie ein
Fixpunkt von WP ist.
- Wenn zu P ein wohl-fundiertes totales Modell
existiert, dann ist dieses Modell das einzigartige
stabile Modell. (Die Umkehrung dieser
Folgerung ist nicht notwendigerweise wahr)
- Das wohl-fundierte partielle Modell von P ist
eine Untermenge von jedem stabilen Modell von
P.
Steffen Staab
ISWeb – Informationssysteme & Semantic Web
Herunterladen