Ergänzende Hinweise zu „Probleme mit verstehen

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Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Erläuterung zu
«2.3 Probleme mit verstehen, wahrnehmen,
kommunizieren, sich orientieren»
Dieses Dokument enthält weiterführende Hinweise für «2.3 Probleme mit verstehen, wahrnehmen, kommunizieren, sich orientieren» aus der Bedarfseinschätzung. Zum einen finden
Sie im Abschnitt 2 weitere Beispiele und im Abschnitt 4 eine fachliche Fundierung der
abgefragten Probleme. Abschnitt 3 gibt Ihnen Erläuterungen zu den Intensitätsstufen.
1.
Übersicht über die Probleme
Probleme mit ...
1
Wahrnehmung und Aufmerksamkeit und / oder Gedächtnis
2
Lernen, Begreifen und Schlussfolgern
3
Ordnung und Ziele der Gedanken
4
Auffassung der Realität
5
Energie und / oder Ermüdbarkeit und / oder Konzentration
6
Innere Spannung und / oder Impulskontrolle und / oder Frustration und kränkende
Situationen
7
Ängste und / oder Zwänge und / oder Mut- und Lustlosigkeit
8
Süchtiges Verhalten
9
(auto-)aggressiven Verhaltensweisen und / oder stereotype Verhaltensweisen
10
Verhalten im sozialen Rahmen
11
Kommunikation
12
Orientierung
13
Gegenstände bewegen, tragen und handhaben
14
Gehen und sich fortbewegen
1
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
2.
Erläuterung zu 2.3
Problembereiche
Zusätzliche Beispiele und weiterführende Hinweise, welche im Abklärungsinstrument und in
der Selbsteinschätzung nicht aufgeführt werden, sind kursiv markiert und in grauer
Schriftfarbe.
1
Probleme mit ...
Zum Beispiel:
Wahrnehmung und  von Eindrücken überflutet werden
Aufmerksamkeit und  Berührungen als sehr unangenehm
erleben
/ oder Gedächtnis








2
Lernen, Begreifen,
Schlussfolgern








Nicht gemeint:
 leicht ablenkbar sein
 leichte
Konzentrationsprobleme
sich nicht für längere Zeit auf etwas  sich nicht mehr an
fokussieren können (ablenkende
vergangene Details
Geräusche ausblenden)
erinnern können
nicht zuschauen oder zuhören
 einem Geschehen nicht
können
aufmerksam folgen können
Mühe haben, sich Informationen zu  Verwirrungszustände (evtl.
merken
Frage im Problembereich 3
nutzen)
Mühe haben, die Aufmerksamkeit
auf etwas Bestimmtes zu lenken
oder zwischen zwei Gegenständen
hin- und herspringen
Mühe haben, sich mit jemandem
zusammen auf etwas zu fokussieren
sich krampfhaft und pedantisch auf
kleinste Einzelheiten und Details
konzentrieren und dabei das Ganze
nicht wahrnehmen
Mühe haben, Informationen und
Mitteilungen gedanklich
aufzunehmen und abzurufen
Mühe haben, sich an Informationen
und Mitteilungen zu erinnern
Mühe haben, Neues zu lernen
 Unvermögen,
nachzudenken wegen
Mühe haben, über etwas
Verwirrung oder
nachzudenken
Denkblockaden (evtl. Frage
Mühe haben, Begriffe und
im Problembereich 3
Zusammenhänge zu verstehen
nutzen).
Mühe haben, mit einer Handlung zu
 Fehlurteile auf Grund von
beginnen
fixen Ideen, Wahn (evtl.
Mühe haben, aus verschiedenen
Frage im Problembereich 4
Gegebenheiten praktische Schlüsse
nutzen)
zu ziehen
Nicht planen können
Auswirkungen nicht abschätzen
können
Unvermögen, Themen zu
reflektieren und zu analysieren
2
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
3
Probleme mit ...
Ordnung und Ziele
der Gedanken
4
Auffassung der
Realität
5
Energie und / oder
Ermüdbarkeit und /
oder Konzentration
Zum Beispiel:
Erläuterung zu 2.3
Nicht gemeint:
 Verwirrung, Durcheinander im Kopf  leichtere
Konzentrationsprobleme
 totale Denkblockaden
(evtl. Fragen im
 Gedanken drehen sich
Problembereich 5 nutzen)
unaufhaltsam im Kreis
 leichte vorübergehende
 keinen klaren Gedanken fassen
Denkhemmung bei Stress
können, Ziele und Absichten
und Angst
entfliegen
 auf bestimmte Angst- und
 Gedanken reissen ab
Stresssituationen
beschränkte
Denkblockaden (evtl. Frage
im Problembereich 7
nutzen)
 fremdartiges hören (z.B. Stimmen),  Mühe haben, schwierige
sehen, fühlen
Situationen richtig
aufzufassen bzw. andere
 sich selbst und die Welt verändert
Menschen richtig
wahrnehmen
einzuschätzen (evtl. Fragen
 in der Welt viel Feindliches
in den Problembereichen 2,
vermuten und daher misstrauisch
6 und 8 nutzen)
sein müssen

Mühe haben, soziale
 sich völlig abschotten und die
Anforderungen richtig
Aussenwelt kaum mehr
einzuschätzen (evtl. Fragen
wahrnehmen
in den Problembereichen 6
 von Einflüssen und bedeutsamen
und 8 nutzen)
Zusammenhängen überzeugt sein,
die niemand anders so auffasst
 Halluzinationen
 die eigenen Grenzen verlieren, den
eigenen Körper verändert spüren
 grosse Schlaffheit, Erschöpfung –
 gelegentliches Nachlassen
auch nach geringfügiger
von Spannung und
Anstrengung
Aufmerksamkeit
 Energie fehlt für alltägliche
 natürliche Ermüdung nach
Aufgaben
einer Anstrengung
 sich versandet, ausgebrannt fühlen  Aufmerksamkeitsprobleme
wegen Überflutung mit
 starke Flüchtigkeit beim Arbeiten
Reizen (evtl. Fragen im
 Schläfrigkeit
Problembereich 1 nutzen)
 nicht bei der Sache bleiben können
3
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
6
Probleme mit ...
Innere Spannung und
/ oder
Impulskontrolle und
/ oder Frustration
und kränkende
Situationen
7
Ängste und / oder
Zwänge und / oder
Mut- und
Lustlosigkeit
8
Süchtiges Verhalten
Erläuterung zu 2.3
Zum Beispiel:
Nicht gemeint:
 Gefühl von grossem innerem Druck
und starker Spannung
 Mühe beim Kontrollieren von Wut
und Ärger mit der Tendenz bei
vielen Anlässen zu explodieren
 sich rasch und in unerträglicher
Weise gekränkt, allein gelassen,
missachtet, zurückgesetzt fühlen
 vermeiden von stressenden
Situationen, weil man sonst die
Beherrschung verlieren würde
 Unvermögen, in angespannten
Situation nicht gelassen und
überlegt reagieren zu können
 anfallartige Angstzustände (Panik,
Phobie)
 einengende Ängstlichkeit im Alltag
 Zwangshandlungen ausführen
müssen (kontrollieren, säubern etc.)
 quälende Schuldgefühle
 Verlust an Freude, Verlangen,
Motivation – evtl. verbunden mit
Schuld- und Versagensgefühlen
 pessimistische, negative Gedanken
(bei „Gedankenkreisen“ evtl. Fragen
aus dem Problembereich 3 nutzen)
 pessimistische und negative
Gedanken
 regelmässig und in schädigender
Weise unter direktem Einfluss von
Suchtmitteln (Alkohol,
Medikamente, Drogen) stehen
 regelmässig und in schädigender
Weise bestimmte Dinge tun müssen
und den Drang dazu haben (bspw.
Spielsucht, Internetsucht) – oder
nur unter Aufsicht von der Sucht
fernbleiben
 sich vom Drang zur Einnahme von
Suchtmitteln bestimmen zu lassen
 einschränkenden Schutz und
Aufsicht benötigen, um von der
Sucht fern zu bleiben
 Spannungsgefühle in
ungewöhnlichen,
unsicheren Situationen
 Lebensenttäuschungen
ertragen müssen
4
 vorübergehende, leichte
Stimmungstiefs
 Angst in ungewohnten oder
exponierten Situationen
(bspw. Lampenfieber,
Examensängste)
 Trauer nach erlittenem
Verlust
 gelegentlicher Suchtmitteloder Spielkonsum ohne
erhöhtes Risiko
 dauernde Folgeschäden an
geistiger oder körperlicher
Gesundheit (evtl. Fragen im
Problembereich 3, 4, 5, 6, 7,
10 nutzen)
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
9
Probleme mit ...
(auto-)aggressiven
Verhaltensweisen
und / oder
stereotype
Verhaltensweisen
10 Verhalten im
sozialen Rahmen
11 Kommunikation
12 Orientierung
Erläuterung zu 2.3
Zum Beispiel:
Nicht gemeint:
 Gegen den Kopf schlagen, Augen
drücken
 Gegenstände werfen
 Körperwiegen, Laute / Geräusche
wiederholen
 Selbstverletzendes Verhalten wie
sich schneiden, brennen, ätzen etc.
Verhaltensprobleme ausserhalb der
gewohnten, engsten Umgebung
 grosse Mühe mit Vereinbarungen,
Terminen, Regeln, Konventionen,
Anordnungen
 Mühe, Erwartungen anderer richtig
einzuschätzen
 Mühe haben, Nähe und Distanz
richtig einzustellen respektive die
richtige Distanz zu finden (zu
distanziert oder zu nah)
 Unvermögen im Umgang mit
Konflikten und
Meinungsverschiedenheiten
 aggressiv wirkendes Benehmen
 anstössiges Auftreten
Nicht nur Lautsprache, nicht nur
verbal
 Mühe haben, andere Menschen zu
verstehen
 Mühe haben, seine Bedürfnisse zu
äussern
 Mühe haben, Kontakt aufzunehmen
und zu pflegen
 Schwierigkeiten, anderen Menschen
etwas mitzuteilen
 Mühe haben, Gespräche zu starten,
zu führen und/oder richtig zu
beenden
 Probleme das zeitliche Geschehen
einzuordnen
 Mühe haben, sich räumlich zu
orientieren
 Kleinere Ticks wie nervöse
Fuss- oder Knie-zuckungen
5
 Probleme mit
unangepasstem Verhalten
in der Ehe, Partnerschaft,
Familie
 sich nicht verständigen
können wegen sprachlicher
Probleme
 Fehlverhalten wegen
manifesten Ängsten (evtl.
Fragen im Problembereich
7 nutzen)
 Unbeholfenheit im
täglichen kommunikativen
Ausdruck
 geringes
Einfühlungsvermögen
 während laufenden
Aktivitäten die Zeit zu
vergessen
 in neuen Situationen
Probleme haben, sich
räumlich zu orientieren
 trödeln oder bummeln
 Tagträumereien
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
Zum Beispiel:
 Schwierigkeiten haben, Hände,
13 Gegenstände
Arme zu bewegen, zu heben, zu
bewegen, tragen und
drehen
handhaben
Nicht gemeint:
14 Gehen und sich
fortbewegen
 selbstständige
Fortbewegung mit
Hilfsmitteln
 gebrochenes Bein
 andere nicht bleibende
Verletzungen des
Unterkörpers
 mangelndes Stehvermögen
wegen leicht geschwächter
Muskulatur
3.
 Schwierigkeiten haben,
Gegenstände zu heben, zu tragen
 Schwierigkeiten haben,
Gegenstände zu greifen, loszulassen
 Schwierigkeiten, Bewegung zu
dosieren
 Schwierigkeiten haben, den Körper
in einer aufrechten Stellung zu
halten
 Schwierigkeiten haben, sich
fortbewegen (gehen, rennen, etc.)
oder über längere Zeit zu stehen
 Mühe haben, Gegenstände mit den
Füssen oder Beinen zu bewegen
(treten, schieben)
 Schwierigkeiten, Bewegung zu
dosieren
 Gebrochene Knochen in
Armen oder Finger
 ausgekugelte Schulter
 andere nicht bleibende
Verletzungen des
Oberkörpers
Hinweise zur Abstufung
Diese Probleme
beeinträchtigen mich…
gar nicht
Diese Probleme treten gar nicht
oder
nur selten und kaum spürbar auf.
geringfügig
Diese Probleme treten gelegentlich mässig ausgeprägt
oder
öfters, aber nur schwach auf.
mittelgradig
Diese Probleme treten öfters deutlich ausgeprägt, aber grössere Zeiträume
bleiben ohne dieses Problem,
oder
häufig, aber nur mässig ausgeprägt auf.
stark
Diese Probleme treten häufig (sehr) stark ausgeprägt, aber gewisse
Zeiträume bleiben ohne oder mit nur schwach ausgeprägten Problemen
dieser Art,
oder
(fast) durchgehend, aber nur deutlich ausgeprägt auf.
äusserst stark
Diese Probleme treten (fast) durchgehend stark oder sehr stark ausgeprägt
auf.
6
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
4.
Erläuterung zu 2.3
Fachliche Fundierung
Diese Hinweise dienen dem Ziel, mit den «Problemen mit verstehen, wahrnehmen,
kommunizieren, sich orientieren» einen Brückenschlag zwischen medizinischen Befunden
und praktischer Erhebung des Hilfebedarfs zu konkretisieren. Sie sollen bei der weiteren
Arbeit und Entwicklung des Systems sowie als Hintergrundinformation für Fachpersonen
beachtet werden.
Je Problembereich sind zwei Ebenen beschrieben:
1. Allgemeine Beschreibung der Probleme und Hinweise zur Anwendung
2. Verweise auf bestehende Diagnosesysteme zur weiteren Orientierung. Die angegebenen
Diagnosen sind typisch, aber nicht abschliessend aufgezählt:

Psychopathologie nach AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der
Psychiatrie)

psychiatrische Diagnosen nach ICD-10, Kapitel F

Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)
(Hinweis: psychologische Funktionen werden – reichlich einseitig – als „physiologische
Funktionen von Körpersystemen“ aufgefasst)

Pflegediagnosen nach NANDA (North American Nursing Diagnosis Association)

Typen gemäss VIBEL-PSY Typologie.
Probleme mit ...
1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit und / oder Gedächtnis
Diese Frage zielt auf Funktionen ab, die zentral für die kognitiven Verarbeitungsprozesse sind. Es geht um Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit und um Gedächtnisfunktionen (registrieren, speichern und abrufen) als notwendige Voraussetzungen für
Lernen, Handlungsplanung und -regulation.
Im Gegensatz zum Problembereich 4 (Auffassung der Realität) geht es nicht um eine
«verbogene» oder «verzerrte» Wahrnehmung oder Auffassung, sondern um das
Erkennen von sensorischen Reizen, diese filtern (sensorische Überempfindlichkeit),
unterscheiden und erklären zu können und die sinnliche Wahrnehmung (bspw. Sehoder Hörsinn) absichtsvoll einsetzen zu können. Ausserdem geht es um eine gezielte
Lenkung der Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, zwischen mehreren Gegenständen
hin und her oder mit einer anderen Person zusammen auf einen gemeinsamen
Gegenstand.

Funktionsstörungen (AMDP): Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen

ICD-10: Organische psychische Störungen (F0), Amnestisches Syndrom nach chronischer Schädigung
durch Suchtmittel (Korsakow-Syndrom) (F1x.6), schwere und schwerste Intelligenzminderung (F72 u.
F73), weniger ausgeprägt bei schweren Störungen des schizophrenen Spektrums (F2), tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (F84)

ICF: Funktionen der Aufmerksamkeit (b140), Funktionen des Gedächtnisses (b144), Funktionen der
Wahrnehmung (b156)

Typen: Typ 6 geringfügig, Typ 7 geringfügig bis mittelgradig, Typ 8 mittelgradig bis stark, Typ 9 stark
bis äusserst stark, Typ 10 äusserst stark, Typ 2 weniger ausgeprägt
7
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
2 Lernen, Begreifen und Schlussfolgern
Diese Frage zielt auf kognitive Funktionen ab: Es geht um die Fähigkeit, Neues zu
lernen, bereits Gelerntes auf neue Situationen zu übertragen, um das Abstraktionsvermögen, die Konzeptbildung und die Kategorisierung. Es geht um das Steuern der eignen
Handlung, um zielgerichtete Verhaltensweisen, darum Vermutungen anzustellen,
Urteile zu bilden, Entscheidungen zu treffen, Pläne oder Lösungsstrategien entwickeln
zu können sowie um kognitive Empathie.
Im Gegensatz zum Problembereich 3 (Ordnung und Ziele der Gedanken) geht es nicht
darum, Gedanken auf die Reihe bringen zu können, sondern um ein «eingeengtes»,
«starres» Denken, das mit zunehmender Komplexität an Grenzen stösst.
3
4

Funktionsstörungen (AMDP): Auffassungsstörung

ICD-10: Intelligenzminderungen (F7), tiefgreifende Entwicklungsstörung (Autismus-Spektrum) (F84),
in geringer und mässiger Ausprägung in schwereren Fällen von Depression (F33) und des
schizophrenen Spektrums (F2)

ICF: Funktion der Intelligenz (b117), Funktion des Denkens (b160), Höhere kognitive Funktionen
(b164)

Typen: Typ 6 geringfügig, Typ 7 geringfügig bis mittelgradig, Typ 8 mittelgradig bis stark, Typ 9 stark
bis äusserst stark, Typ 10 äusserst stark, Typ 1 und 2 weniger ausgeprägt
Ordnung und Ziele der Gedanken
Diese Frage zielt in den ausgeprägteren Stufen auf schwere psychotische Störungen,
welche die Denkfunktion zerrütten. Dann werden gewiss erhebliche Behinderungen
auch in anderen Fragebereichen auftreten.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Formales Denken

Funktionsstörungen (AMDP): ideenflüchtig, inkohärent, eingeengt, perseverierend

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Schizophrenes Spektrum (F2), schwere Depressionen (F33)

ICF: Funktionen des Denkens: Spezifische mentale Funktionen, die im Zusammenhang mit dem
formalen und inhaltlichen Ablauf des Denkens stehen (b160), Höhere kognitive Funktionen (b164)

Pflegediagnosen (NANDA): Gestörte Denkprozesse (6)

Typen: Typ 1, Typ 2 ausgeprägt, evtl. Typ 5 - schwächer ausgeprägt
Auffassung der Realität
Diese Frage zielt auf verbiegende Störungen der Sinnes- und Eigenwahrnehmung und
der Bildung von Urteilen, wie sie z.B. die paranoiden Psychosen charakterisieren. Bei
ausgeprägteren Stufen werden wahrscheinlich Behinderungen in anderen Fragebereichen vorkommen.
Im Gegensatz zum Problembereich 2 (Lernen, Begreifen, Schlussfolgern) geht es hier
um Verfremdungen und Abweichungen vom commonsense.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Wahrnehmung und Urteil

Funktionsstörungen (AMDP): Wahn, Illusionen, Halluzinationen, Derealisation, Fremdbeeinflussung

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Schizophrenes Spektrum (F2)

ICF: Funktionen der Wahrnehmung (b156), Inhalte des Denkens (b1602), Selbstwahrnehmung
(b1800), Körperschema (b1801)

Pflegediagnosen (NANDA): Wahrnehmungsstörung (19), gestörte persönliche Identität (7)

Typen: Typ 1 oft ausgeprägt, Typ 2 meist vorhanden - aber weniger fassbar, Typ 3 kürzere Episoden
möglich
8
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
5 Energie und / oder Ermüdbarkeit und / oder Konzentration
Diese Frage zielt auf häufige, recht unspezifische Folge-und Begleiterscheinungen
psychischer Störungen im Sinne von Energiemangel und Besetzungsentzug, welche eine
wesentliche Komponente der Behinderung bilden können und oft eine auffälligere
Symptomatik überdauert.
6
7

Psychopathologischer Funktionsbereich: Antrieb, Aufmerksamkeit

Funktionsstörungen (AMDP): Konzentration, antriebsarm, antriebsgehemmt

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Depressionen (F33), Minussymptomatik und Residuum bei
Schizophrenie (F20)

ICF: Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs (b130), Funktionen der Aufmerksamkeit
(b140)

Pflegediagnosen (NANDA)

Typen: alle Typen, besonders Typen 2 und 5
Innere Spannung und / oder Impulskontrolle und / oder Frustration und kränkende
Situationen
Diese Frage zielt auf die Affektregulation und -Kontrolle, wobei es vornehmlich um
aggressive Regungen geht, oft in Zusammenhang mit narzisstischer Problematik. Im
Vordergrund stehen Persönlichkeitsstörungen, die sich primär in dieser Kategorie
manifestieren. Die Affektkontrolle kann aber auch im Rahmen anderer Störungen
beeinträchtig sein.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Affekt

Funktionsstörungen (AMDP): gereizt, affektlabil, innerlich unruhig, Aggressivität, Selbstschädigung

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Persönlichkeitsstörungen (F60), bipolare St. (F31), Zyklothymie
(F34.0), dissoziative St. (F44)

ICF: Affektkontrolle (b1521); Funktionen von Temperament und Persönlichkeit (b 126) – besonders
Psychische Stabilität (b1264)

Pflegediagnosen (NANDA): situationsbedingte geringes Selbstwertgefühl (13)

Typen: Typ 3 ausgeprägt, Typ2
Ängste und / oder Zwänge und / oder Mut- und Lustlosigkeit
In dieser Frage sind heterogene Probleme zusammengefasst, die aber häufig
zusammen oder ineinander übergehend auftreten. Im Kern geht es um Depressionen,
Angststörungen sowie Zwangsstörungen. Ängste und depressive Verstimmungen
pfropfen sich häufig auch auf andere psychische Störungen auf.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Affekt

Funktionsstörungen (AMDP): ängstlich, Phobien, deprimiert, hoffnungslos, Zwänge

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Depressionen (F33, 34.1), Zwangsstörungen (F42),
Angststörungen u. Phobien (F40-41), Persönlichkeitsstörungen des ängstlichen und vermeidenden
Typs (F60.6, F60.7)

ICF: Emotionale Funktionen (b152), Motivation (b1301), Kontrolle des Denkens (b1603)

Pflegediagnosen (NANDA): Angst/Panik (1), chronisch geringes Selbstwertgefühl (3), Machtlosigkeit
(8)

Typen: Typ 5 ausgeprägt, Typ 1, Typ weniger ausgeprägt
9
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
8 Süchtiges Verhalten
Diese Frage zielt auf den gefährlichen, abhängigkeitsmachenden Konsum psychotroper
Substanzen. Versuchsweise sind auch Verhaltenssüchte impliziert.
9

Psychopathologischer Funktionsbereich: süchtige Verhaltensweisen

Funktionsstörungen (AMDP): eingeengtes Denken, Drang nach Suchtmittel

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): Störungen durch psychotrope Substanzen (F1), abnorme
Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle (F63)

ICF: Drang nach Suchtmitteln (b1303)

Pflegediagnosen (NANDA): Gefahr einer Gesundheitsschädigung (5), unwirksame Verleugnung (16)

Typen: Typ 4
(auto-)aggressive Verhaltensweisen und / oder stereotype Verhaltensweisen
Diese Frage zielt auf Aspekte von auffälligen Verhaltensweisen ab. Die häufigsten
Formen aggressiver Verhaltensweisen sind das Beissen, Kratzen, Kopfschlagen und das
Verletzen mit Hilfe von Messern, spitzen Gegenständen usw. Selbstverletzendes
respektive autoaggressives Verhalten hat Parallelen mit suizidalem Verhalten
(Selbsttötungs-Absichten), zielt aber nicht auf die Beendigung des eigenen Lebens ab.
Stereotype Aktivitäten und Interessen äussern sich oftmals in eingeschränkten, sich
wiederholenden Verhaltensweisen sowie dem Festhalten an Routinen und festen
Abläufen. Menschen mit stereotypen Verhaltensweisen bevorzugen feste Routinen und
verfügen über eine grosse Sensibilität für Veränderungen, um ihre oftmals als chaotisch
wahrgenommene Umwelt zu strukturieren. Formen der Selbststimulation wirken
entspannend und beruhigend.

ICD-10: Störungen des Sozialverhaltens (F91), Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84),
Zwangsstörung (F42), Spezifische Persönlichkeitsstörungen (F60), Kombinierte Störung des
Sozialverhaltens und der Emotionen (F92)

ICF: Funktionen der unwillkürlichen Bewegungen (b765)

Typen: Typ 8 möglich (geringfügig bis mittelgradig), Typ 9, Typ 10
10 Verhalten im sozialen Rahmen
Diese Frage zielt auf die Beeinträchtigung im Sozialverhalten, welche mit langdauernder
psychischer Erkrankung oft eng verknüpft ist – als Mitursache, Folge, Verstärker, im
Zirkel – besonders bei psychotischen Störungen und Persönlichkeitsstörungen, die in
Fragen 3, 4 und 6 laden. Personen mit Entwicklungsstörungen (Autismus, schwerere
Formen geistiger Behinderung) sind hier auch beeinträchtigt.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Soziale Anpassung, Affektivität, formales Denken

Funktionsstörungen (AMDP): sozialer Rückzug, inkohärentes Denken, Misstrauen, Aggressivität

Psychiatrische Diagnosen (ICD-10): sämtliche schwere psychische Störungen haben ihre
Auswirkungen auf die Anpassungsfähigkeit. Besonders betroffen: Schizophrenes Spektrum (F2),
Persönlichkeits- u. Verhaltensstörungen (F6), Manien (F30, 31); tiefgreifende Entwicklungsstörung
(Autismus-Spektrum) (F84), mittelgradige bis schwerste Intelligenzminderung (F71-F73)

ICF: Globale psychosoziale Funktionen (b 122), Umgänglichkeit (b1261), Extraversion (b1260)

Pflegediagnosen (NANDA): beeinträchtigte verbale Kommunikation (2), Soziale Isolation (14),
situationsbedingtes geringes Selbstwertgefühl, Angst/Panik (1)

Typen: Typen 1 - 3
10
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
11 Kommunikation (nicht nur Lautsprache; nicht nur verbal)
Diese Frage zielt zum einen auf das Erfassen und Verstehen von mündlicher,
schriftlicher oder gebärdensprachlicher Mitteilungen sowie nonverbaler, gestischer
oder bildlicher Inhalte. Zum anderen geht es um die Produktion von mündlicher,
schriftlicher oder gebärdensprachlicher Mitteilungen sowie den Einsatz von
nonverbaler Kommunikation, Gestik oder von Bildern und Symbolen. Des Weiteren
geht es darum, mit anderen Personen ein Gespräch zu beginnen, aufrecht zu erhalten
und zu beenden.

ICD-10: Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84), Mittelgradige bis schwerste
Intelligenzminderung (F71-73), Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der
Sprache (F80); (s)elektiver Mutismus (F94)

ICF: kognitiv-sprachliche Funktionen (b167), Stimm- und Sprechfunktionen (b320), Funktionen des
Redeflusses und Sprechrhythmus (b330), Funktionen des Hörens (b230), Funktionen des Sehens
(b210), Ortung der Schallquelle (b2302), Richtungshören (b2302)

Typen: Typ 6 möglich (geringfügig), Typ 7 möglich (geringfügig), Typ 8 mittelgradig bis stark, Typ 9
stark bis äusserst stark, Typ 10 äusserst stark
12 Orientierung
Die Frage zielt auf die Fähigkeit einer Person umschrieben, sich zeitlich, in ihrem
sozialen Umfeld und örtlich sachgerecht zu orientieren und zu verhalten.
Beeinträchtigungen in der Orientierung zeigen sich bspw. darin, dass sich diese
Menschen in Raum und Zeit nicht zurechtfinden, nicht Bescheid wissen über die
Situation respektive die örtlichen, zeitlichen und personellen Gegebenheiten nicht
kennen, erkennen, wiedererkennen und in Beziehung zueinander setzen können. Eine
inkonstante Orientierung wird auch als Orientierungsstörung bezeichnet, eine fehlende
Orientierung als Desorientiertheit. Sie betreffen zunächst vorrangig die zeitliche, dann
die situative und örtliche, schliesslich die autopsychische Orientierung.

Psychopathologischer Funktionsbereich: Störungen der Orientierung

Funktionsstörungen (AMDP): zeitliche, örtliche und situative Orientierungsstörung

ICD-10: Organische psychische Störungen (F0), Amnestisches Syndrom nach chronischer Schädigung
durch Suchtmittel (Korsakow-Syndrom) (F1x.6), Dissoziative Störungen (F44), Sonstige Symptome,
die das Erkennungsvermögen und das Bewusstsein betreffen (R41), Tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (F84), Mittelgradige bis schwerste Intelligenzminderung (F71-73)

ICF: Funktionen der Orientierung (b114); Zeitwahrnehmung (b1802)

Typen: Typ 2 in schweren Fällen möglich, ebenso Typ 4.4.1. (jeweils geringfügig bis mittelgradig), Typ
7 möglich (geringfügig), Typ 8 geringfügig, Typ 9 mittelgradig bis stark, Typ 10 mittelgradig bis
äusserst stark
11
Individuelle Bedarfsabklärung für Menschen mit Behinderung
Erläuterung zu 2.3
Probleme mit ...
13 Gegenstände tragen, bewegen und handhaben
Diese Frage zielt auf eine beeinträchtigte Bewegungsfähigkeit von Rumpf, Arme und
Hände ab sowie auf die Kontrolle und Koordination von willkürlichen Bewegungen –
sowohl in Folge eines verminderten oder erhöhten Muskeltonus, einer verminderten
Muskelkraft, erschwerten Aufrechterhaltung der Muskelkontraktion, einer Lähmung
oder eines Muskelschwunds, als auch in Folge einer eingeschränkten Beweglichkeit von
Gelenken oder Knochen bzw. deren Versteifung.

ICD-10: Hemiparese und Hemiplegie (G81), Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und Tetraplegie
(G82), Sonstige Lähmungssyndrome (G83), Dissoziative Bewegungsstörungen (F44.4), Primäre
Myopathien (G71)

ICF: Funktionen der Muskelkraft (b730, ohne 7303), Funktionen des Muskeltonus (b735, ohne 7353),
Funktionen der Muskeldauer (b740), Funktionen der Kontrolle der Willkürbewegungen (b760),
Funktionen der Gelenkbeweglichkeit (b710), Funktionen der Beweglichkeit der Knochen (b720)

Typen: Typ 7 möglich (geringfügig), Typ 8 geringfügig bis mittelgradig, Typ 9 mittelgradig bis stark,
Typ 10 mittelgradig bis äusserst stark
14 Gehen und sich fortbewegen
Diese Frage zielt auf eine beeinträchtigte Bewegungsfähigkeit von Beinen und Füssen
ab sowie auf die Kontrolle und Koordination von willkürlichen Bewegungen – sowohl in
Folge eines verminderten oder erhöhten Muskeltonus, einer verminderten
Muskelkraft, erschwerten Aufrechterhaltung der Muskelkontraktion, einer Lähmung
oder eines Muskelschwunds, als auch in Folge einer eingeschränkten Beweglichkeit von
Gelenken oder Knochen bzw. deren Versteifung.

ICD-10: Hemiparese und Hemiplegie (G81), Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und Tetraplegie
(G82), Sonstige Lähmungssyndrome (G83), Dissoziative Bewegungsstörungen (F44.4), Primäre
Myopathien (G71)

ICF: Funktionen der Muskelkraft (b730, ohne 7305), Funktionen des Muskeltonus (b735, ohne 7355),
Funktionen der Muskeldauer (b740), Funktionen der Kontrolle der Willkürbewegungen (b760),
Funktionen der Bewegungsmuster vom Gehen (b770), Funktionen der Gelenkbeweglichkeit (b710),
Funktionen der Beweglichkeit der Knochen (b720)

Typen: Typ 7 möglich (geringfügig), Typ 8 mittelgradig bis stark, Typ 9 stark bis äusserst stark, Typ 10
äusserst stark
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