0.0.1 Polarisiertes Helium-3 und Anwendungen Polarisation Abbildung 0.1: Aufgrund der unterschiedlichen g-Faktoren (gIP = 5, 5 u. gI3He = −4, 25) der Kerne kommt es zu unterschiedlichen Ausrichtungen des Spins in den jeweiligen Unterzuständen Aus der Quantenmechanik wissen wir, dass durch Anlegen eines Magnetfeldes die Energieniveaus in die magnetischen Unterzustände mI = ± 21 mit den Energieeigenwerten ED = −gI · µN · mI · B0 aufspalten. Da die Polarisation eines Zwei-Niveau-Systems als P = Untere Besetzungszahl - obere Besetzungszahl Summe der beiden Besetzungszahlen definiert ist, folgt für die Polarisationformel des 3-Heliums: P = N↓ − N↑ N↓ + N↑ Im thermischen Gleichgewicht wird das Verhältnis der Besetzungszahlen ∆E N↑ = e− kT N↓ durch die Boltzmann-Statistik beschrieben. Setzen wir nun das Verhältnis in unsere Polarisationformel so folgt für µB0 << kB T : − ∆E N↓ − N↑ 1 − e kB T µB0 P = = ∆E ≈ − N↓ + N↑ kB T 1 + e kB T 1 Gehen wir von Raumtemperatur T=300K und einem für Kernspinresonanz-Tomographie typischen Magnetfelds von T = 1,5 Tesla aus, so erhalten wir eine Polarisation im thermischen Gleichgewicht von P ≈ 4 · 10−6 . In der konventionellen MRI liegt im Gewebe Protonendichte im Bereich von 1023 . Dies bedeutet, dass im thermischen Gleichgewicht 1018 Kerne polarisiert sind. Der Spin dieser Kerne trägt zur makroskopischen Magnetisierung und damit zum Signal bei. Aufgrund der hohen Protonendichten ist das Signal groß genug, um es nachzuweisen. Generell können wir die Polarisation im thermischen Gleichgewicht durch Verstärkung des Magnetfelds B oder durch Verkleinern der Temperatur T erreichen. Das Erste ist nicht möglich, da Magnetfelder von B ≈ 100000 Tesla benötigt werden, was technisch nicht machbar ist. Die Erhöhung der Polarisation durch Temperatursenkung kommt nicht in Frage, da die Temperatur auf T = 1 mK reduziert werden müsste und man in der Anwendung mit Menschen arbeitet. optisches Pumpen am Beispiel von Rb Abbildung 0.2: Die Abbildung zeigt das Prinzip des optischen Pumpens von Rb auf der D1-Linie (795 nm). Zu sehen ist die Zeeman-Struktur der D1-Linie mit den dazugehörenden Unterzuständen. Eine weitere Möglichkeit die Polarisation zu erhöhen, ist das optische Pumpen. Durch Einstrahlen von resonantem, zirkularpolarisiertem σ + -Licht (Auswahlregel: ∆mJ = +1) wird das Valenzelektron in den 52 P 1 - Zusatnd angehoben. Durch spontane Emission 2 geht das Elektron mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 in den mJ = − 12 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/2 in den mJ = + 12 - Grundzustand über. Für das hier gezeigte System gilt für die Polarisation: n 2 P =1− 3 Wie man sieht, führt ein Wiederholen des Vorgangs zum schnellen Anwachsen der Besetzungszahlen im mJ = + 21 Grundzustand und damit zu einer nahezu 100% Polarisation des Elektronenspins nach wenigen Pumpzyklen. Was passier nun, wenn wir das Licht ausschalten? 2 Nichtgleichgewichtszustand ist nicht stabil und strebt mit einer charakteristischen Zeit T1 ins thermische Gleichgwicht. T1 heißt longitudinale Relaxation. Es stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht während des optischen Pumpens ein. Das Gleichgewicht resultiert aus der polarisierenden und der relaxierenden Wirkung. Dieses Gleichgewicht wird durch die folgende Ratengleichung beschrieben: N· 2 · η(P ) · dP = dt h̄ | {z dL dt Gewinnterm } − P ·N T1 | {z } Verlustterm Dabei ist η(P ) die Effizienz mit der der Drehimpuls auf N-Atome übertragen wird und dL/dt der vom Licht reingebrachte Drehimpuls pro Zeiteinheit. Durch das Ausschalten des Lichtes wird der Gewinnterm in der Ratengleichung Null und wir bekommen eine homogene DGL mit der Lösung: − Tt P =e 1 Im Falle des Rubidiums haben wir Relaxationszeiten von T1 ≈ 20 ms. Dies liegt an der Abbildung 0.3: Polarisationsverhalten von Rb nach Ausschalten des Lichts nicht abgeschlossenen Elektronenschale des Rubidiums. Das heißt: Nach Ausschalten der Lichtquelle stellt sich nach einer kurzen Zeit die Bolzman-Polarisation ein. Da Helium-3 eine abgeschlossene Schale hat, gibt es kaum Hyperfeinkopplung des Kernspins (Edelgas) an externe Spinsysteme (Wände). Das heißt: Nach Ausschalten des Lichtes bleibt die Polarisation erhalten. Bei Helium-3 erreichen wir Relaxationszeiten von T1 ≈ 100 h. Wegen der hochliegenden angeregten Energieniveaus (etwa 20eV) lässt sich 3-Helium jedoch nicht direkt optisch pumpen. Dieses Problem lässt sich jedoch mit Hilfe von zwei Methoden, die hier vorgestellt werden, umgehen. 3 1.Methode: Spinaustausch-Pumpen (SE) In einer Zelle befinden sich 3He und kleine Mengen von Rb. Ein typischer 3He Druck in Zelle: p = 3...10 bar. Durch Erhitzen auf T = 200 ◦ C wird ein typischer Rb Dampfdruck von p = 0,1 mbar erzeugt. Durch optisches Pumpen mit resonantem, zirkularpolarisiertem Licht werden Valenzelektronen des Rubidiums fast vollständig polarisiert. In der Zelle kommt es zu Stößen zwischen Rb und 3He. Während des Stoßes koppelt der Elektronenspin des Rb durch Hyperfeinkopplung an Kernspin des 3He. Dadurch kommt es zu einem Spinflipp. D.h Elektronenspinpolarisation des Rb wird auf 3He-Kernspin übertragen. Das Problem bei dieser Methode ist der kleine Wirkungsquerschnitt von σ (SE) ≈ 10−24 cm2 für Stöße zwischen Rb und 3He. Dies führt zu einer Zeit für Spinflipp pro 3He-Atom von T3 He−Rb ≈ 10000 s d.h Lange Polarisationszeiten. 2.Methode: metastabiles optisches Pumpen (ME) Abbildung 0.4: Zum optischen Pumpen verwendete Übergang Zum optischen Pumpen wird der 23 S1 - 23 PJ Übergang verwendet (Abb.), der einer Wellenlänge von 1083 nm entspricht. Um das Elektron in den 23 S1 -Zustand anzuregen, wird eine schwache Gasentladung bei 1mbar gezündet, wobei etwa 1 ppm der 3He-Atome in den 23 S1 angeregt werden. Wie wir wissen besteht das Termsystem des He-Atoms aus einem Singulett- und Triplett - System. Die beiden Systeme sind durch das Interkombinationsverbot getrennt (Auswahlregel für elektrische Dipolübergänge: ∆S = 0) Aufgrund des Interkombinationsverbots ist der Zustand 23 S1 metastabil (bezeichnet als 3He*). Die Lebensdauer dieses Zustands wird durch Diffusionszeit der Atome zur Wand begrenzt und beträgt etwa 1 ms. 4 Aufgrund der Hyperfeinwechselwirkung spalten die Niveaus in weiter Unterzustände auf. Dabei gibt es 9 mögliche Übergänge zwischen den Hyperfeinstrukturlinien, wobei der C9 Übergang wegen höherer Effizienz zum optischen Pumpen verwendet wird. Auch hier läuft der Vorgang nach dem selben Prinzip, das am Beispiel des Rb ge- Abbildung 0.5: Prinzip des optischen Pumpens von metastabilem 3He* - C9 Übergang zeigt wurde, ab. Absorption von σ + -Licht (C9-Linie) => Valenzelektron wird in 23 P0 Zustand angeregt. Aufgrund von Stößen zwischen den angeregten 3He-Atomen kommt es zur Gleichbesetzung der 23 P0 -Zustände: collisional mixing. Deshalb kommt es zu einer isotropen Reemission in sämtliche Zeemann-Niveaus. Ein Wiederholen des Vorgangs hat ein Anwachsen der Besetzungszahlen in den Zuständen mF > 0 und aufgrund der Hyperfeinkopplung eine Kernspinpolarisation des metastabilen 3He* zur Folge . Durch metastabile Austauschstöße wird die Kerspinpolarisation des angeregten Zustands durch Stoß mit einem nicht angeregtem 3He-Atom in den Grundzustand überführt. Diese Stöße bezeichnet man als metastabile Austauschstöße und werden durch folgende Reaktionsgleichung beschrieben: 3 1 0 He(mF = − ) + 3 He∗ (mF ) ⇔ 2 3 1 0 He∗ (mF − 1) + 3 He(mF = ) 2 Sind die meisten metastabilen 3He*-Atome in den Zuständen mF > 0 , so läuft der Prozess von links nach rechts ab, was zu einer Kernspin-Polarisation des 3He im Grundzustand führt. Die Effizienz der metastabilen Austauschstöße ist ε ≈ 1, was zu einer Zeit für einen Spinflipp pro Helium-3 Atom von T3 He−3 He∗ ≈ 0, 3 s führt (bei einem Wirkungsquerschnitt von σ (M E) = 7, 6 · 10−16 cm2 ). 5 Vergleich der beiden Methoden Die erste Methode (Rb-3He) hat den Vorteil, dass die für die Anwendung benötigten Drücke (p ≈ 3..10 mbar) schon vorhanden sind. Dies ist bei der zweiten Methode nicht der Fall, was bedeutet, dass das kernspin-polarisierte 3He für die Anwendung komprimiert werden muss. Ein weiterer Vorteil für die Spinaustauschstöße ist die relativ hohe optische Dichte des Rubidiums, was zu einer mittleren Absorptionslänge von einigen Millimetern führt und damit zu Pumpzellen im Millimeterbereich. Bei den metastabilen Austauschstößen ist die Dichte des metastabilen 3He* fünf Größenordnungen kleiner als die Dichte des Rubidiums und dementsprechend muss auch die Länge der Pumpzellen im Meterbereich liegen. Wie schon erwähnt ist die Effizienz der metastabilen Austauschstößen höher als die der ersten Methode. Aufgrund der höheren Effizienz der metastabilen Austuschstöße entschied man sich in Mainz für das optische Pumpen von metastabilem 3He*. Medizinische Anwendung (Kernspinresonanz -Tomographie) Wie wir wissen präzediert der Spin in einem Magnetfeld B0 um die Z-Achse mit der Larmorfrequenz von ω0 = γ · B0 Dabei ist γ das gyromagnetische Verhältnis. Wird das stabile Spin-System mit einer elektromagnetischen Welle (RF), deren Frequenz gleich der Larmorfrequenz ist (Resonanzbedingung), angeregt, so kommt es zu einem Kippen der Spins und damit zum Kippen der Längsmagnetisierung. Mit einem 90◦ -Impuls kann die gesamte Magnetisierung Mz in die XY-Ebene umklappen. Da das B0 -Feld senkrecht zur makroskopischen Magnetisierung steht, präzedieren die Spins um die Z-Achse. Die Bewegung der makroskopischen Magnetisierung induziert in einer Empfangsspule eine Wechselspannung: MR-Signal. Für das MR-Signal gilt: MR-Signal ∼ ρ · µ · P 6 Dabei ist ρ die Dichte der polarisierten Kerne und P die Polarisation. Die Kernspinresonanz-Tomographie ist ein tomographisches Verfahren (Schnittbilder werden durch Körper angefertigt). Um nun eine einzige Schicht anzuregen wird durch Zuschalten einer weiteren Magnetspule entlang des Körpers (Z-Achse) das Magnetfeld inhomogen gemacht. Da Larmorfrequenz proportional zum B-Feld ist, hat jetzt jede Schicht eine charakteristische Präzessionsfrequenz des Spins. Dadurch lässt sich mit einer bestimmten Frequenz die entsprechende Schicht anregen (Schichtwahl). Ein ähnliches Prinzip wird auch bzgl. X und Y-Komponenten angewandt (Ortscodierung). Wie schon erwähnt ist die Protonendichte im Gewebe ausreichend, um bei einer Polarisation von P ≈ 4 · 10−6 , ein Signal zu liefern. Die Lunge hat jedoch eine zu geringe Protonendichte und damit ist das MR-Signal unter der Nachweisschwelle d.h in der konventionellen Kernspin-Tomographie ist das Lungengewebe nicht zu sehen (Bild links). Lässt man den Patienten aber kerspin-polarisiertes 3He-Gas einatmen, so kann aufgrund der hohen Polarisation P ≈ 50% (siehe Formel: MR-Signal) ein MR-Signal nachgewiesen werden. (Bild rechts) 7 1 Quellen Werner Heil: Helium läßt die Lunge „leuchten“ (Medizinphysik) G.Eckert, W.Heil...; A dense polarized 3He target based on compression of optically pumped gas (Nuclear Instruments and Methods in Physics Research) Diplomarbeit von Natascha Krowas: Untersuchungen zur Steigerung des Polarisationsgrades von ooptisch gepumptem 3He-Gas Victor D.Köchli, Borut Marincek: Wie funktioniert MRI? 8