Titelthema Foto: iStock Wenn sich das Klima wandelt Auswirkungen auf Wasserhaushalt und Pflanzenwachstum Weltweite langjährige Messreihen zeigen bereits heute schon eine deutliche Zunahme der Lufttemperatur. Der Klimawandel kommt somit nicht erst in der Zukunft, sondern ist bereits jetzt messbar. Mit Klimamodellen wird versucht, Projektionen für die Zukunft zu erzeugen, um abschätzen zu können, wie stark sich das Klima verändern wird und welche Auswirkungen auf die Kulturpflanzen sich daraus ergeben könnten. Cathleen Frühauf, Braunschweig Z ur Abschätzung des Klimawandels sind verschiedene Annahmen notwendig: Wie entwickeln sich z. B. im 21. Jahrhundert die Weltbevölkerung, die 10 n mais 1/2013 (40. Jg.) n Industrie, die verwendeten Technologien und die daraus folgenden Emissionen der Treibhausgase? Klimaprojektionen Durch die Vielzahl der Annahmen wird deutlich, dass die Klimaprojekti- Titelthema Klimamodelle unterliegen Einschränkungen. Sie helfen uns jedoch, das Klimasystem und seine Veränderungen zu verstehen. Durch die Kombination von globalen und regionalen Klimamodellen können die Entwicklungen im kontinentalen bis regionalen Maßstab projiziert werden. Die Ungewissheiten hinsichtlich der Entwicklung neuer Technologien und der sich daraus ergebenden globalen Emissionen anthropogener Treibhausgase bleiben jedoch bestehen. Abb. 1: Trend der Lufttemperatur im Sommer (Juni bis August) als Deutschlandmittel (grau: Einzelwerte, berechnet aus Messwerten; dicke schwarze Kurve: tiefpassgefilterte Einzelwerte; farbige Kurven: tiefpassgefilterte Ergebnisse von 21 Regionalmodellen; rot gestrichelte horizontale Linie: Mittelwert 1961 bis 1990) Lufttemperatur Deutschlandmittel Sommer 24 23 grau: Messungen schwarz: gleitendes Mittel (Messungen) farbig: Klimamodelle 22 21 °C 20 19 18 17 16 15 00 90 21 80 20 70 20 60 20 50 20 40 20 30 20 20 20 10 20 00 20 90 20 80 19 70 19 60 19 50 19 40 19 30 19 20 19 10 19 00 19 90 19 80 18 18 Zukunft Vergangenheit 14 tersuchung nur eines Modells die Änderungstendenzen deutlich unterschätzen, aber auch überschätzen kann. Sicher ist der sich fortsetzende Trend der Zunahme der Temperatur im Sommer. ben den Faktoren Wind, Luftfeuchte und Strahlung besonders die Temperatur entscheidend. Abbildung 1 zeigt das Deutschlandmittel der Sommertemperatur für den Zeitraum 1881 bis 2100 (www.deutscherklimaatlas.de). Die als farbige Kurven dargestellten Ergebnisse der regionalen Klimamodelle variieren für die Zukunft sehr stark. Der wahrscheinlichste Wert liegt im Bereich, in dem sich die Ergebnisse der meisten Modelle befinden. Hierdurch zeigt sich die Notwendigkeit der Ensemble-Auswertung, da die Un- Beim Jahresniederschlag gibt es die Tendenz zu einer sehr leichten Zunahme. Für die Landwirtschaft entscheidender ist jedoch, dass sich die Verteilung der Niederschläge jahreszeitlich verändern wird. In den Wintermonaten nehmen die Niederschläge deutlich zu, sodass es zu einer höheren Grundwasserneubildung kommt. Da gleichzeitig die Winter mil- Abb.2: Trend der Niederschläge im Sommer (Juni bis August) als Deutschlandmittel (grau: Einzelwerte, berechnet aus Messwerten; dicke schwarze Kurve: tiefpassgefilterte Einzelwerte; farbige Kurven: tiefpassgefilterte Ergebnisse von 21 Regionalmodellen; rot gestrichelte horizontale Linie: Mittelwert 1961 bis 1990) Niederschlag Deutschlandmittel Sommer 400 350 300 250 mm onen mit Unsicherheiten behaftet sind. Aus diesem Grund verwendet man verschiedene Szenarien, die eine unterschiedliche Entwicklung der Welt als Grundlage haben. A1B ist eines dieser Szenarien, auf das im Folgenden Bezug genommen wird. Es zeigt eine mittlere Entwicklung und geht von einer weiter ansteigenden Weltbevölkerung und der Zunahme der jährlichen CO2-Emission bis zum Jahr 2050 aus. Durch die Entwicklung neuer Technologien und den Umstieg auf regenerative Energien soll der jährliche CO2-Emission ab der Mitte des Jahrhunderts langsam zurückgehen, sodass die Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration sich etwas verlangsamt und 2100 den Wert 700 ppm (aktuell: 395 ppm) erreicht. Mit mehreren globalen Klimamodellen wurden Berechnungen für das Szenario A1B durchgeführt. Da deren räumliche Auflösung gering ist (200 km x 200 km), werden für Europa verschiedene regionale Klimamodelle (Auflösung 20 km x 20 km) verwendet, die die Ergebnisse der Globalmodelle als Eingangsgrößen nutzen. Verwendet wird ein Ensemble von Modellrechnungen für das Szenario A1B. Die Modellergebnisse sind glaubwürdig, da • Klimamodelle auf den bekannten physikalischen Gesetzen und auf Beobachtungen basieren, • Klimamodelle in der Lage sind, wichtige Aspekte des vergangenen und gegenwärtigen Klimas zu reproduzieren, • von verschiedenen Forschergruppen weltweit entwickelte Klimamodelle mit ihren grundlegenden Ergebnissen im Wesentlichen übereinstimmen. 200 150 n mais 1/2013 (40. Jg.) n 0 0 21 0 0 20 9 0 20 8 0 20 7 0 20 6 0 20 5 0 20 4 0 0 Zukunft 20 2 0 20 1 20 0 0 19 9 0 19 8 0 19 7 0 19 6 0 19 5 0 19 4 0 19 3 0 19 2 0 19 1 0 19 0 0 0 Vergangenheit 0 20 3 50 18 9 Der Wasserhaushalt eines Pflanzenbestandes wird im Wesentlichen von den Faktoren Niederschlag und Verdunstung bestimmt. Für die Verdunstung ist ne- grau: Messungen schwarz: gleitendes Mittel (Messungen) farbig: Klimamodelle 100 18 8 Einflussfaktoren auf den Wasserhaushalt 11 Titelthema im Monat April als Deutschlandmittel (grau: Einzelwerte, berechnet aus Messwerten; dicke schwarze Kurve: tiefpassgefilterte Einzelwerte; farbige Kurven: tiefpassgefilterte Ergebnisse von 16 Regionalmodellen; rot gestrichelte horizontale Linie: Mittelwert 1961 bis 1990) Bodenfeuchte unter Wintergetreide (leichter Boden) Deutschlandmittel April 100 95 90 85 80 grau: Messungen schwarz: gleitendes Mittel (Messungen) farbig: Klimamodelle 75 70 00 21 90 20 80 20 70 20 60 20 50 40 20 30 20 20 20 10 20 00 20 90 18 80 18 70 18 60 Zukunft Vergangenheit 65 20 Bodenfeuchte in % FK Die Klimaprojektionen für die zurückliegenden Jahre stimmen in der Regel gut mit den Beobachtungen überein. In den Abbildungen ist dies deutlich daran zu erkennen, dass die geglättete Kurve der Beobachtungen (dicke schwarze Linie) zwischen den Ergebnissen der Regionalmodelle (farbige Linien) liegt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. So wurde in der Praxis in den letzten Jahren mehrfach eine Frühjahrstrockenheit beobachtet. Die ab 1961 vorliegenden Berechnungen mit den Regionalmodellen zeigen dafür jedoch kein Signal. Am Beispiel der Bodenfeuchte unter Wintergetreide des Monats April zeigt sich die Unsicherheit der Klimaprojektionen. Wie deutlich in der Abbildung 3 zu sehen ist, liegt die geglättete Kurve der aus Beobachtungsdaten berechneten Bodenfeuchte (dicke schwarze Linie) außerhalb des Bereiches der Modellrechnungen (farbige Linien) und bestätigt die in der Praxis gemachten Beobachtungen. Abb.3: Trend der Bodenfeuchte unter Wintergetreide 18 der werden, fallen die Niederschläge eher als Regen und nicht als Schnee. In den für die Landwirtschaft wichtigen Sommermonaten sind die Änderungstendenzen bei den Niederschlägen für die meisten Modelle negativ, sodass mit einer leichten Abnahme gerechnet werden muss (Abb. 2). Die Möglichkeit, die Anbauflächen bei Bedarf zu beregnen, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Jahre CO2 Als Folge der CO2-Zunahme in der Atmosphäre reicht eine geringere Öffnungsweite der Blattstomata aus, um ausreichend CO2 für die Photosynthese aufzunehmen. Im Gegenzug wird weniger Wasser abgegeben, was die Temperatur der Bestände erhöht. Beim Auftreten von Wasserstress hat der Mais bei den zukünftig erwarteten höheren CO2-Kon- zentrationen eine bessere Wasserausnutzungseffizienz. Er ist in der Lage, Trockenzeiten besser zu tolerieren und zeigt geringere Ertragsdepressionen (Manderscheid et al. 2012). Zusammenfassung Durch die mit dem Klimawandel verbundenen steigenden Temperaturen verbessern sich die Anbaubedingungen für den Mais. Später abreifende und ertragsreichere Sorten werden für Deutschland interessant. Auch wenn die Niederschläge im Sommer nur leicht zurückgehen, hat dies doch Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Durch die gleichzeitige Zunahme der Temperatur steigt die Verdunstung der Bestände an. Literatur Manderscheid, R., M. Erbs und H.-J. Weigel (2012): Interactive effects of free-air CO2 enrichment and drought stress on maize growth. Eur. J. Agron., doi:10.1016/j.eja.2011.12.007.<< ■ Kontakt ■■■ Dr. Cathleen Frühauf Deutscher Wetterdienst Abteilung Agrarmeteorologie Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung Braunschweig Die in den letzten Jahren mehrfach beobachtete Frühjahrstrockenheit wird von den Regionalmodellen nicht widergespiegelt Foto: agrarfoto 12 n mais 1/2013 (40. Jg.) n Telefon: 0531 2520541 Telefax: 0531 2520545 [email protected]