21652 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 Dr. Peter Röhlinger (A) drate. Eine weitere Priorisierung der Polarforschung ist deshalb aus unserer Sicht nicht angebracht; vielmehr geht es um eine Gesamtstrategie für die deutsche Meeresforschung. Abschließend weise ich darauf hin, dass die deutsche Polarforschung in die europäische und internationale Forschungslandschaft eingebettet ist. Deutschland ist Mitglied im 1995 gegründeten European Polar Board, EPB. Hier werden gemeinsam die strategischen Prioritäten für die Forschung in Arktis und Antarktis festgelegt. Diese internationale Zusammenarbeit halten wir für richtig und zukunftsweisend. Die Zusammenführung von nationalen Projekten, die Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern in internationalen Projekten und einen verstärkten Informationsaustausch über Projekte, Programme und Ergebnisse halten wir für wichtiger als das Auflegen neuer Polarforschungsprogramme sei es in Deutschland oder in der EU. Die SPD geht in ihrem Antrag nur im Ansatz auf die Synergieeffekte einer europäischen und internationalen Kooperation und Koordination ein. Darin liegt aber das Potenzial für eine intensivere und verbesserte Polarforschung. Hier müssen und wollen wir das Potenzial auch abrufen. Der Antrag wird diesem Anspruch nicht gerecht. Deshalb lehnen wir ihn ab. Angelika Brunkhorst (FDP): Die Arktis zählt zu den letzten nahezu unberührten Regionen der Erde, ein sensibles Ökosystem, das stark (B) vom Klimawandel bedroht wird. Die Eismassen des Nordpols schmelzen immer schneller. Unter dem gewaltigen Eispanzer der Arktis ruhen beträchtliche Ressourcen, die bei den Anrainerstaaten Begehrlichkeiten wecken: Edelmetalle, Seltene Erden, Erdöl- und Erdgasreserven, die weltweit knapp werden. Zudem eröffnen die schmelzenden Eisflächen neue Perspektiven für Schiffspassagen durch bisher unzugängliche Regionen. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Abkommen zum Schutz der Arktis unverzüglich auf den Weg bringen Internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Arktis hat eine gute Intention. Er zielt darauf ab, die Arktis zu schützen. So weit sind wir einer Meinung; denn wir müssen uns auf die zukünftige Nutzung der Arktis vorbereiten. Viele Forderungen sind gut gemeint, jedoch jenseits des Umsetzbaren. Vor dem Hintergrund immer knapper werdender Rohstoffe werden sich die USA, Kanada, Norwegen, Russland und Dänemark/Grönland von Deutschland keine vertraglichen Fesseln anlegen lassen. Wir Liberale setzen uns für einen Schutz der Arktis ein. Wir wollen keinen Raubbau am Ökosystem Arktis. Wir setzen uns dafür ein, dass die Nutzung der Ressourcen im Einklang mit der Natur stattfindet. Es liegt insbesondere in den Händen der Anrainerstaaten, eine umweltverträgliche Nutzung der Region zu regeln. Wir sollten über unsere wissenschaftliche Kompetenz diesen Prozess begleiten. Mit dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung bietet Deutschland ein international anerkanntes Zentrum der Polarforschung. (C) Wir wollen diese Expertise einfließen lassen und beratend beim Schutz der Arktis zur Seite stehen. Unrealistische Forderungen, wie sie im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen erhoben werden, können wir jedoch nicht mittragen. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Der Haushaltsausschuss hat in der vergangenen Woche die vier bedeutenden Nachfolgebauten für die jetzige Forschungsflotte der Bundesrepublik gebilligt, darunter auch den Neubau eines Forschungseisbrechers. Dieser soll ab 2017 die Polarstern ersetzen und wird nach den derzeitigen Planungen etwa 450 Millionen Euro kosten. Fast 1 Milliarde Euro wird überwiegend der Bund für die neue Flotte insgesamt ausgeben. Damit könnte man den hier vorliegenden Antrag der SPD fast für erledigt erklären, denn auch weitere Forderungen der Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung können als erfüllt angesehen werden. So wird es im 8. Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 eine Förderlinie zur Polarforschung geben, auch Preise für besondere Leistungen auf diesem Gebiet existieren. Was jedoch fehlt, sowohl bei der Bundesregierung als auch im Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, sind konkrete Forschungsfragen für den Schutz der bedrohten Regionen. Vor etwa zwei Wochen schreckten mehrere Studien die Wissenschaftsszene auf: Deutsche und britische Forscher hatten bestätigt, was auch früher nur gemutmaßt wurde: Auch der Eisdecke der Antarktis, die (D) man bisher eher unbeeindruckt von der Erderwärmung geglaubt hatte, droht eine umfangreiche Schmelze. Die Forscher vermuten, dass dieser Prozess von warmen Strömungen ausgelöst werden könnte, die das Schelfeis von unten angreifen. Die genaue Erforschung solcher Prozesse ist ohne eine entsprechende Infrastruktur, zu der auch die Forschungsschiffe gehören, nicht möglich. Sollten sich die Aussagen verifizieren lassen, dürfte das eine ganz neue Dynamik in die Debatte um den Klimawandel bringen. Denn für den schlimmsten Fall kann die beschleunigte Schmelze dieser Eismassen den Meerespegel bereits in den kommenden 100 Jahren um etwa 40 Zentimeter steigen lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Forderung berechtigt, zeitweise zwei eisbrechende Forschungsschiffe parallel zu betreiben, um in beiden Polarregionen arbeiten zu können. Denn auch der Arktis, bereits seit Jahrzehnten vom Klimawandel betroffen, drohen weitere zerstörerische Eingriffe durch den Menschen. Die Umweltorganisation Greenpeace blockierte vor wenigen Wochen das Auslaufen eines gemieteten Eisbrechers in Dänemark. Mieter war der Konzern Shell, der im Arktisraum neue Förderstätten für die am Meeresboden vermuteten riesigen Ölund Gasvorkommen erkunden will. Greenpeace verweist hingegen darauf, dass die Risiken einer dortigen Förderung von Öl und Gas unkalkulierbar seien. Niemand könne derzeit sagen, was im Falle einer Havarie an Schutzmechanismen funktioniere und wie groß das öko- Zu Protokoll gegebene Reden