Druckversion im pdf-Format - Max-Planck

Werbung
Presseinformation
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
8. Juni 2010
Blick in den Nachthimmel mit über 250 Facettenaugen
Neues Beobachtungsgerät bereit für ersten Einsatz am Teleskop
Ende Mai 2010 wurde der VIRUS-W-Spektrograph vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik und der Universtäts-Sternwarte München fertiggestellt und ist nun
bereit für seinen Einsatz am McDonald-Observatorium in Texas. Mit seinem Sichtfeld, seiner
spektralen Abdeckung und Auflösung wird das Instrument insbesondere die Bewegung von
Sternen und Gas in benachbarten Spiralgalaxien untersuchen.
Bilder von astronomischen Objekten sind nicht nur schön und beeindruckend, sondern auch
eine wichtige Informationsquelle für die Astronomen. Neben Bildgebenden Kameras kommen
aber auch so genannte Spektrographen zum Einsatz, die das Licht in seine Regenbogenfarben
zerlegen. Aus den damit gewonnen Spektren kann man beispielsweise die chemische
Zusammensetzung von Sternen oder Gas ableiten oder Geschwindigkeiten bestimmen.
Der VIRUS-W-Spektrograph wurde nun speziell für die Beobachtung von lokalen
Spiralgalaxien entwickelt. Seine Besonderheit liegt in der Kombination eines vergleichsweise
großen Gesichtsfeldes mit einer relativ großen spektralen Auflösung. Mit seinem hoch
auflösenden Modus wird er es den Wissenschaftlern erlauben, in Spiralgalaxien die
Bewegung von Sternen mit relativ kleinen Geschwindigkeitsunterschieden von nur etwa 20
km/s (Geschwindigkeitsdispersion σ) zu untersuchen. Der zweite, etwas niedriger auflösende
Modus dient speziell der Studie der chemischen Zusammensetzung von Galaxien. Der
Spektrograph wird ein Gesichtsfeld von etwa 150x75 Bogensekunden haben, womit die
kinematisch besonders interessanten Zentralregionen von nahen Spiralgalaxien in nur ein bis
zwei Aufnahmen untersucht werden können. Je nach Helligkeit und scheinbarer Größe am
Himmel kann eine Galaxie so in wenigen Stunden beobachtet werden.
Der eigentliche Spektrograph befindet sich dabei auf einer optischen Bank – einem Tisch im
weiteren Sinne – und ist durch ein 25 Meter langes Glasfaserkabel mit dem Teleskop
verbunden. Von der Fokalebene des Teleskops wird das Licht durch 267 Glasfasern mit
einem Innendurchmesser von je 150 Mikrometern zu den optischen Bauteilen geführt, die das
Licht in die verschiedenen Wellenlängen auffächern. Das Herzstück des Spektrographen sind
zwei holographische Gitter, die – je nach Bedarf – automatisiert ausgetauscht werden können.
Holographische Gitter sind besonders effizient und produzieren außerdem sehr wenig
störendes Streulicht.
„Durch diese Tischmontierung ist das Instrument besonders stabil und die jeweilige Richtung,
in die das Teleskop für eine Beobachtung geneigt ist, beeinflusst nicht das Messergebnis“,
sagt Maximilian Fabricius, der VIRUS-W größtenteils entwickelt und gebaut hat. „Immerhin
sprechen wir hier von etwa 500 Kilogramm an Gewicht, die sonst bei jeder neuen
Ausrichtung des Teleskops bewegt werden müssten.“ Die Sicherung der mechanischen und
damit der optischen Stabilität ist ein großes Problem für Instrumente, die direkt am Teleskop
angebracht sind.
Außerdem kann der Spektrograph so leichter an einen Einsatz an anderen Teleskopen
angepasst werden. „Da VIRUS-W nur über die Glasfasern mit dem Teleskop verbunden ist,
muss nur das relativ kleine Ende des Faserbündels jeweils an das neue Teleskop angepasst
werden“, so Fabricius weiter. VIRUS-W ist also ein mobiles Instrument – so sind zum
Beispiel neben dem McDonald Observatorium in Texas auch das MDM Observatorium am
Kitt Peak in Arizona und das zukünftige 2,1-Meter Fraunhofer Teleskop auf dem Berg
Wendelstein in Bayern wahrscheinliche Einsatzorte für VIRUS-W.
„Eine der Stärken heutiger 2m-Klasse Telekope liegt in der Realisierbarkeit von langen
Beobachtungskampagnen.“ sagt Niv Drory, der die Entstehung und Entwicklung von
Galaxien in mehreren Projekten untersucht. „Während man an 8m oder 10m Teleskopen
typischerweise nur wenige Beobachtungsnächte erhält, können Projekte an 2m-Klasse
Teleskopen mitunter einige Dutzend Nächte Beobachtungszeit pro Jahr bekommen. Kleine
Teleskope haben außerdem ein größeres Gesichtsfeld, was in diesem Fall für uns sehr positiv
ist.“ Mit seinem weiten Sichtfeld und seiner hohen Auflösung eröffnet VIRUS-W damit ein
neues Fenster zur Untersuchung der Kinematik von Gas und Sternen benachbarter Galaxien,
was Aufschluss über deren Entstehungsgeschichte geben wird.
VIRUS-W entstand in Anlehnung an ein ähnliches Instrument, das gegenwärtig in einer
internationalen Kollaboration für eine ehrgeizige Beobachtungskampagne am 9,2-Meter
Hobby-Eberly-Teleskop des McDonald-Observatoriums in Texas entwickelt wird. Das
VIRUS-Instrument, das aus etwa 150 einzelnen Spektrographen besteht, soll ab 2012
innerhalb von drei Jahren 420 Quadratgrad des Himmels (rund 1000 mal die Größe des
Mondes) beobachten. Ein Prototyp dieser Spektrographen, VIRUS-P, wird bereits seit 2007
am kleineren 2,7-Meter Harlan J. Smith-Teleskop des McDonald-Observatorium eingesetzt
und stellte unter anderem durch eine 30 Nächte dauernde Studie von lokalen Spiralgalaxien
die Möglichkeiten dieses Instruments eindrucksvoll unter Beweis. Aufgrund seiner relativ
niedrigen spektralen Auflösung ist VIRUS-P aber nicht für die Studie der Bewegungen von
Sternen in Spiralgalaxien – der so genannten stellaren Kinematik – geeignet.
Die ersten Beobachtungen mit VIRUS-W am Harlan J. Smith-Teleskop in West-Texas sind
für Ende Juni geplant. Neben den Untersuchungen von Spiralgalaxien durch die
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und der UniversitätsSternwarte wird das Instrument dann auch anderen Forschergruppen auf Antrag zur
Verfügung stehen.
Kontakt
Dr. Hannelore Hämmerle (Pressesprecherin)
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Tel.: +49 89 30000-3980
E-Mail: [email protected]
Maximilian Fabricius
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Tel.: +49 89 30000-3694
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Ralf Bender, Dr. Frank Grupp
Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik, Garching
Universitäts-Sternwarte München
E-Mail: [email protected], [email protected]
Dr. Niv Drory, Dr. Roberto Saglia
Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik, Garching
E-Mail: [email protected], [email protected]
Bilder:
Abb. 1: Der VIRUS-W-Spektrograph auf seiner optischen Bank aus zwei verschiedenen
Blickwinkeln. Das Licht aus den Glasfasern fällt zunächst auf den (gekrümmten)
Kollimatorspiegel und wird dann auf das hoch auflösende Gitter (im schwarzen, eckigen
Gehäuse) reflektiert. (Das niedrig auflösende Gitter ist noch nicht montiert.) Das
aufgefächerte Lichtspektrum wird dann mit der gekühlten CCD-Kamera (rundes Gehäuse)
aufgezeichnet.
Bild: M. Fabricius, Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik/Universitäts-Sternwarte
München
Abb. 2: Anordnung der Glasfasern von VIRUS-W in der Fokalebene des Teleskops.
Bild: M. Fabricius, Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik/Universitäts-Sternwarte
München
MPE Webseiten:
http://www.mpe.mpg.de/main-d.html
Herunterladen