Biogas im (Klima-) Wandel

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Biogas im (Klima-) Wandel
Betrachtung der Potenziale und Perspektiven von Biogas
an der deutschen Ostseeküste unter dem Einfluss des
Klimawandels
Cindy Dengler
RADOST-Berichtsreihe
Bericht Nr. 35
ISSN: 2192-3140
Kooperationspartner
REPORT
GEOTHERMIE IM (KLIMA-) WANDEL
BETRACHTUNG DER POTENZIALE UND PERSPEKTIVEN
GEOTHERMISCHER ENERGIENUTZUNG AN DER
DEUTSCHEN OSTSEEKÜSTE UNTER DEM EINFLUSS DES
KLIMAWANDELS
Cindy Dengler
GICON – Großmann Ingenieur Consult GmbH
RADOST-Berichtsreihe
Bericht Nr. 10
ISSN: 2192-3140
Rostock, März 2012
REPORT
BIOGAS IM (KLIMA-) WANDEL
BETRACHTUNG DER POTENZIALE UND PERSPEKTIVEN
VON BIOGAS AN DER DEUTSCHEN OSTSEEKÜSTE UNTER
DEM EINFLUSS DES KLIMAWANDELS
Cindy Dengler
GICON – Großmann Ingenieur Consult GmbH
RADOST-Berichtsreihe
Bericht Nr.
ISSN: 2192-3140
Rostock, Juli 2014
Biogas im (Klima-) Wandel
Inhalt
Vorwort................................................................................................................................. 9
1
Einleitung ...................................................................................................................12
2
Biogas ........................................................................................................................14
2.1
Das natürliche Potenzial von Biogas .......................................................................14
2.2
Das technische Potenzial von Biogas .....................................................................15
2.2.1
Technik.................................................................................................................................15
2.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen .......................................................................................16
2.3
3
Klima und Klimawandel ............................................................................................19
3.1
4
Klima und Klimawandel an der deutschen Ostseeküste ..........................................20
3.1.1
Bisherige Klimaveränderungen ..........................................................................................20
3.1.2
Mögliche Klimaänderungen bis 2100.................................................................................21
Entwicklung der Potenziale von Biogas unter dem Einfluss des Klimawandels ..24
4.1
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des natürlichen Potenzials ...............25
4.2
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des technischen Potenzials .............27
4.2.1
Technik.................................................................................................................................27
4.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen .......................................................................................27
4.3
5
Das wirtschaftliche Potenzial von Biogas ................................................................17
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des wirtschaftlichen Potenzials ........28
Zusammenfassung....................................................................................................29
Literaturverzeichnis ...........................................................................................................31
5
Biogas im (Klima-) Wandel
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Potenzialdefinitionen für erneuerbare Energien [vgl. WM M-V 2011] .............10
Abbildung 2: Einfluss- bzw. Restriktionsbereiche bei der Nutzung erneuerbarer Energien .11
Abbildung 3: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in
Deutschland ..................................................................................................12
Abbildung 4: Struktur der Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien in Deutschland
im Jahr 2013 (gesamt: 152,6 TWh) ................................................................13
6
Biogas im (Klima-) Wandel
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Klimaänderungen an der deutschen Ostseeküste bis heute (2009) im
Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990) ..................................................21
Tabelle 2:
Mögliche Änderungen der Temperatur an der deutschen Ostseeküste bis
Ende des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode
(1961-1990) ...................................................................................................22
Tabelle 3:
Mögliche Änderungen des Niederschlags an der deutschen Ostseeküste bis
Ende des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode
(1961-1990) ...................................................................................................22
Tabelle 4:
Mögliche Änderungen der Luftfeuchte an der deutschen Ostseeküste bis Ende
des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (19611990) .............................................................................................................22
Tabelle 5:
Mögliche Änderungen der Windverhältnisse an der deutschen Ostseeküste bis
Ende des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode
(1961-1990) ...................................................................................................23
Tabelle 6:
Mögliche Änderungen der Bewölkung an der deutschen Ostseeküste bis Ende
des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (19611990) .............................................................................................................23
Tabelle 7:
Parameter mit Einfluss auf die Potenziale von Biogas ...................................24
7
Biogas im (Klima-) Wandel
8
Biogas im (Klima-) Wandel
Vorwort
Die Vorkommen der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas verringern sich
kontinuierlich. In absehbarer Zeit werden diese Energieträger verbraucht sein. Um die
verbleibenden Ressourcen so effizient wie möglich zu nutzen, werden Anpassungsstrategien
wie gesteigerte Energieeffizienz, Energieeinsparungen und der Umstieg auf andere
Energiequellen entwickelt. Aufgrund der Endlichkeit der fossilen Energieträger, aber auch
aus Sicht des Klima- und Umweltschutzes wird langfristig eine 100%ige Energieversorgung
aus erneuerbaren Energiequellen angestrebt. In diesem Sinn wird im Bereich der
erneuerbaren Energien viel in die Forschung nach effizienten und innovativen Techniken
sowie in die Anpassung rechtlicher Regelungen und technischer Richtlinien investiert.
Die erneuerbaren Energien stellen nach menschlichen Maßstäben unerschöpfliche
Energiequellen dar. Dennoch können von ihrem natürlichen Dargebot bisher nur wenige
Promille (Solarstrahlung, Wind) bis Prozente (Biomasse, Erdwärme) tatsächlich in Form von
Strom oder Wärme genutzt werden. Die Potenziale der erneuerbaren Energien werden
beeinflusst durch technischen Fortschritt und sich verändernden Rahmenbedingungen in
Politik und Wirtschaft. Im Bereich der erneuerbaren Energien spricht man daher unter
anderem von natürlichen, technischen und wirtschaftlichen Potenzialen der Energien.
Als natürliches Potenzial erneuerbarer Energien wird das innerhalb einer Region und einem
bestimmten Zeitraum theoretisch nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten nutzbare
Energieangebot eines Energieträgers (Erdwärme, Wind, Sonneneinstrahlung oder
Biomasse) bezeichnet. Synonym sind auch die Bezeichnungen theoretisches oder
physikalisches Potenzial im Gebrauch. Mittels physikalischer Gesetze oder auch
Naturgesetze werden Zustände und deren Änderungen eines physikalischen Systems (z.B.
Klimasystem) mittels messbarer, eindeutig definierter physikalischer Größen bzw. Parameter
oder Variablen beschrieben. Im Bezug auf den Klimawandel sind als Parameter z.B.
Lufttemperatur, Niederschlag oder Windgeschwindigkeit zu nennen.
Das technische Potenzial umfasst den Anteil am natürlichen Potenzial, der hinsichtlich der
aktuell besten am Markt verfügbaren Technik sowie unter Berücksichtigung struktureller und
ökologischer Restriktionen sowie gesetzlicher Vorlagen nutzbar ist. Die wirtschaftliche
Machbarkeit bleibt dabei unberücksichtigt. Technische Restriktionen ergeben sich aus den
Grenzen für Wirkungsgrade, Anlagengrößen und dem technischen Entwicklungspotenzial
der jeweiligen Nutzungstechnologien. Strukturell ergeben sich Nutzungseinschränkungen
beispielsweise durch Ortsgebundenheit (Erdwärme) oder einem begrenztem Transportradius
(Biomasse) der Energiequelle. Trotz ihrer Vorteile stellen Anlagen zur Nutzung der
erneuerbaren Energien auch Eingriffe in die Natur und Landschaft dar, aus denen sich
Beeinträchtigungen für diese ergeben können. Zum Schutz der Natur und Landschaft wird
die Nutzung der Erneuerbaren durch ökologische Restriktionen eingeschränkt. Dies erfolgt
hauptsächlich durch die Gesetzgebung (z.B. Raumplanung oder Schutzgesetze).
Das wirtschaftliche Potenzial umfasst den Anteil des technischen Potenzials, der
wirtschaftlich konkurrenzfähig genutzt werden kann. Es ist abhängig von konkurrierenden
Systemen sowie vom vorherrschenden Energiepreisgefüge und stellt im Idealfall die KostenNutzen-Situation ohne Berücksichtigung von Fördermaßnahmen dar. Im Bereich der
erneuerbaren Energien sind zum Ausgleich der vergleichsweise hohen Gesamtkosten
(Investition, Betrieb und Entsorgung) noch Fördermaßnahmen (z.B. EEG-Einspeise-
9
Biogas im (Klima-) Wandel
vergütung) notwendig. In den meisten Fällen ergibt sich daher das wirtschaftliche Potenzial
aus der Konkurrenzfähigkeit der gewinnbaren Energie inklusive der aus energiepolitischen
Gründen vollzogenen Fördermaßnahmen.
Nach Abzug aller bisher genannten Restriktionen verbleibt das ausschöpfbare Potenzial der
erneuerbaren Energien. Dieses wird jedoch selten vollständig realisiert, da zunächst noch
subjektive Hemmnisse und Zeitverzögerungen die Ausnutzung vermindern. Subjektive
Hemmnisse bzw. soziale Akzeptanzprobleme treten besonders deutlich bei der Diskussion
um Windkraftanlagen und Landschaftsbild hervor. So wurden bereits Projekte aus
landschaftsästhetischen Gründen nicht realisiert. Zeitverzögerungen entstehen u.a. durch die
Prioritätensetzung von Investoren, die sich meist zuerst auf die Projekte mit maximalem
Gewinn fokussieren. Abzüglich dieser Komponenten verbleibt das erschließbare Potenzial
als der tatsächlich zu erwartende Beitrag zur Energieversorgung.
Abbildung 1:
Potenzialdefinitionen für erneuerbare Energien [vgl. WM M-V 2011]
Anhand dieser Potenzialdefinitionen ist zu erkennen, dass die Möglichkeiten zur Nutzung der
erneuerbaren Energien von vielen Parametern beeinflusst bzw. begrenzt werden. Diese
Parameter lassen sich in die Bereiche Natur, Technik, Recht und Wirtschaft einordnen. Die
technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Parameter sind das Ergebnis gesellschaftlicher
Entscheidungen. So kann z.B. ein heute noch potenzieller aber verbotener Anlagenstandort
durch Gesetzesänderungen morgen schon für die Nutzung wieder freigegeben werden oder
andersrum. Wie viel vom erschließbaren Energiedargebot tatsächlich erschlossenen wird,
richtet sich vor allem nach der Höhe der Nachfrage.
Die Parameter, die das natürliche Potenzial der erneuerbaren Energien bestimmen,
unterliegen physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die vom Menschen nicht bzw. nur im
geringen Maße bewusst verändert werden können. Der Klimawandel und die dadurch
hervorgerufenen Veränderungen der Umweltbedingungen sind laut derzeitigem Wissenstand
10
Biogas im (Klima-) Wandel
zwar zum größten Teil die Folge menschlichen Handelns, sie entziehen sich jedoch
vollkommen der menschlichen Kontrolle. Die Veränderung von Umweltbedingungen bzw.
-parametern kann sich direkt auf das natürliche Potenzial der erneuerbaren Energien
auswirken. Aber auch indirekt kann der Klimawandel die Nutzung der Erneuerbaren
beeinflussen. Um sich an unvermeidbare Veränderungen anpassen zu können, ist es wichtig
zu wissen in wie weit der Klimawandel Auswirkungen auf die Potenzialparameter der
erneuerbaren Energien und damit auf ihre Nutzungsmöglichkeiten haben wird.
Abbildung 2:
Einfluss- bzw. Restriktionsbereiche bei der Nutzung erneuerbarer Energien
Zielstellung in der Bearbeitung des Fokusthemas Erneuerbare Energien ist es, die
Auswirkungen veränderter Umweltbedingungen (Klimawandel) auf die Potenziale einiger
erneuerbaren Energieformen (Geothermie, Photovoltaik, Windenergie, Biogas) und damit auf
die Möglichkeiten ihrer Nutzung zu prognostizieren und ggf. erforderlich werdende
strategische Anpassungsempfehlungen zu erarbeiten. Besonderes Augenmerk soll dabei auf
die Erzielung von Synergieeffekten bei möglichen Kombinationen der Nutzung Erneuerbarer
Energien mit technischen Anlagen aus thematisch völlig anderen Bereichen gelegt werden.
Durch das Aufzeigen der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels auf die
Erneuerbaren Energienutzungen wird es Planern und Entwicklern in der Region ermöglicht,
die Ergebnisse gerade bei langfristigen Planungsleistungen in ihre Planungen mit
einzubeziehen bzw. eigene Strategien daraus abzuleiten. Dies betrifft nicht nur den Bereich
der Erneuerbaren Energien. Ziel ist es, auch Planern und Projektentwicklern aus regional
sehr typischen Wirtschaftszweigen, wie z.B. dem Küstenschutz oder maritimen Tourismus
die Möglichkeit aufzuzeigen, wie durch eine innovative Herangehensweise die Nutzung der
Erneuerbaren Energien von vornherein mit in die Projektplanungen (wie z.B.
Küstenschutzanlagen bzw. touristischen Einrichtungen) einbezogen werden können. Hierfür
wird insbesondere das Anwendungsprojekt zur Nutzung von Geothermie bei der Planung
von Küstenschutzanlagen unter Einbeziehung von touristischen Einrichtungen initiiert und
dabei regionale Planer als Dritte mit einbezogen.
11
Biogas im (Klima-) Wandel
1
Einleitung
Mit der in 2011 beschlossenen Energiewende in Deutschland wurde auch der beschleunigte
Ausbau der erneuerbaren Energien vereinbart. Bis zum Jahr 2050 soll die Stromerzeugung
von rund 80% aus fossiler Energie und Kernenergie auf 80% aus erneuerbaren Energien
steigen. Im Jahr 2013 konnten mit 25,4% (152,6 TWh) erstmals mehr als ein Viertel des
gesamtdeutschen Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen regeneriert
werden.
Abbildung 3:
Deutschland
Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in
Die Windenergie nimmt mit 8,9% (53,4 TWh) den größten Anteil ein. Die Stromerzeugung
durch Photovoltaik ging auf 30 TWh im Jahr 2013 und damit auf 5% zurück. Auch die
Stromerzeugung aus Biomasse ging im Vergleich zum Vorjahr zurück. Ihr Anteil am
Bruttostromverbrauch betrug für 2013 nur noch 8% (48 TWh). Wasserkraft trug in 2013 mit
rund 21,2 TWh 3,5% zur Bruttostromerzeugung bei.
Abbildung 4 zeigt, dass Biogas mit 18,3% an dritter Stelle hinter Windenergie und
Photovoltaik steht und damit eine der größten erneuerbaren Energiequellen für die
Stromerzeugung darstellt.
12
Biogas im (Klima-) Wandel
Abbildung 4: Struktur der Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien in Deutschland im
Jahr 2013 (gesamt: 152,6 TWh)
Einheimische Biomasse wird in Deutschland zukünftig als zentrale Säule zur
Energieversorgung beitragen. Bis zu 23% des Bedarfs an Wärme, Strom und Kraftstoffen
kann sie 2050 decken [FNR 2013]. Holz, Energiepflanzen, Stroh sowie Rest- und Abfallstoffe
bieten das Potenzial für die nachhaltige Erzeugung eines erheblichen Teils der benötigten
Energie.
Hinsichtlich der Reduzierung der CO2-Emissionen ist die Bereitstellung von Energie aus
Biogas aktuell umstritten, da auch bei der Biogaserzeugung CO2-Emmissionen entstehen.
Die Klimagasemissionen pro kWh elektrischer Energie aus Biogas unterscheiden sich je
nach Anlagenkonzept erheblich. Grundsätzlich wird aber im Vergleich zu fossilen Energien
bei der Nutzung von Energie aus Biogas eine deutliche Vermeidung treibhauswirksamer
Emissionen erreicht. Eine Verringerung der Treibhausgasemissionen trägt wesentlich zur
Verringerung des Klimawandels bei. Die Nutzung von Biogas hat also Auswirkungen auf den
Klimawandel.
Andersherum könnte der Klimawandel aber auch die Biogaserzeugung beeinflussen. Wie
sich die Potenziale von Biogas unter dem Einfluss des Klimawandels entwickeln, soll hier
näher betrachtet werden. Der vorliegende Bericht befasst sich mit der Analyse und Prognose
der Potenziale von Biogas an der deutschen Ostseeküste. Dabei wurde folgende
Vorgehensweise gewählt.
1. Erläuterungen zu Biogas und den Potenzialparametern
2. Betrachtung des Klimas und des Klimawandels an der deutschen Ostseeküste
3. Ermittlung eventueller Veränderungen der Potenzialparameter durch den Klimawandel
und Schlussfolgerung der Entwicklungsperspektiven der Biogaserzeugung aufgrund
veränderter Potenzialparameter
13
Biogas im (Klima-) Wandel
2
Biogas
Biogas ist ein aus organischen Substraten (Biomasse) gewonnener Brennstoff, welcher in
ein Erdgasnetz eingespeist, in Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Erzeugung von Strom und
Wärme oder als Treibstoff in Kraftfahrzeugmotoren eingesetzt werden kann.
Das brennbare Gas wird in Biogasanlagen (BGA) durch den anaeroben mikrobiellen Abbau
(Vergärung) von Biomasse produziert. Es entsteht jedoch auch auf Abfalldeponien, in
Kläranlagen oder in Sümpfen und wird dementsprechend als Deponie-, Klär- oder Sumpfgas
bezeichnet. In einer BGA läuft der natürliche Vergärungsprozess unter optimalen
Bedingungen, kontrolliert und besonders effizient ab. Auf diesem Weg wird aus der
Biomasse bzw. den Biogas-Substraten ein maximaler Biogas- und Methanertrag erzielt.
Die für die Biogasgewinnung verwendbaren Substrate sind sehr vielfältig. In
landwirtschaftlichen Anlagen dienen überwiegend tierische Exkremente (z.B. Rinder- und
Schweingülle) und gezielt angebaute Energiepflanzen als Ausgangssubstrate. Daneben
können aber auch sonstige vergärbare, biomassehaltige Reststoffe wie Klärschlamm,
Bioabfall oder Speisereste zur Biogasproduktion genutzt werden.
Der Substrateinsatz in den bundesweit betriebenen Biogasanlagen verteilt sich aktuell
massenbezogen zu 2% auf kommunalen Bioabfall, zu 6% auf Reststoffe aus Industrie,
Gewerbe und Landwirtschaft, zu 44% auf Exkremente und zu 48% auf nachwachsende
Rohstoffe (NawaRo). [DBFZ 2014] Die zur Biogasproduktion verwendeten Substrate sind
also zu mindestens 92% landwirtschaftlicher Natur.
Die Höhe der Ausbeute einer Biogasanlage hängt unter anderem von der zur Verfügung
stehenden Masse und Qualität der Biomasse sowie den technischen Verfahren ab.
2.1
Das natürliche Potenzial von Biogas
Das natürliche Potenzial von Biogas liegt im Ausgangssubstrat, der Biomasse. Die Herkunft
der Biomasse ist wie oben beschrieben hauptsächlich die Landwirtschaft. Fast die Hälfte der
Ausgangssubstrate wird extra zur Biogasproduktion angebaut. Der Rest sind Abfälle bzw.
Nebenprodukte der Landwirtschaft.
Das Abfallaufkommen wird vorwiegend durch menschliches Handeln bestimmt. Der
erreichbare Ernteertrag von Energiepflanzen hängt jedoch stark von den vorherrschenden
Standortbedingungen Boden und Klima bzw. von der am jeweiligen Standort
vorherrschenden natürlichen Ertragsfunktion ab. Mit Bezug auf die Landwirtschaft kann hier
auch von einem landwirtschaftlichen Rohstoffpotenzial gesprochen werden.
Trotz des Anbaus von an den Standort angepassten Sorten sowie der Anwendung
idealisierter Produktionsverfahren können die Pflanzenerträge infolge unbeständiger Bodenund Klimaverhältnisse stark schwanken. [FAL 2007] Angebaut werden vorwiegend Mais,
Getreide, Gräser und Zuckerrüben.
Der Mais beispielsweise ist eine wärmeliebende und frostempfindliche Pflanze mit relativ
hohen klimatischen Ansprüchen. Er keimt erst ab 8°C Bodentemperatur und wächst zügig
bei mehr als 10°C. Eine rasche Bodenerwärmung im Frühjahr begünstigt ein zeitiges
Aussähen. Bei Temperaturen unter 6°C und über 30°C findet kein Wachstum statt. An den
14
Biogas im (Klima-) Wandel
Boden stellt der Mais dagegen sehr geringe Ansprüche, solange die Erderwärmung nicht
durch Staunässe oder schwere (Ton-) Böden behindert wird. Der Wasserbedarf von Mais ist
geringer als der von Getreide. Jedoch führt auch bei Mais ein Wassermangel vor allem im
Juli und August zu Ertragseinbußen.
Getreidesorten haben unterschiedliche Standortansprüche. Weizen etwa ist sehr
anspruchsvoll. Klimatisch geeignet sind wintermilde, sommerwarme und strahlungsintensive
Klimate mit einer günstigen Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode. So ist
der Wasserbedarf in der frühen Wachstumsphase sowie auch in der Reifephase relativ hoch.
Während der Massenentwicklung, kurz vor der Ernte führen starke Niederschläge jedoch zu
Ertragseinbußen. Entscheidend für hohe Kornerträge sind darüber hinaus fruchtbare Böden
mit ausgeglichenem Wasser- und Lufthaushalt und einer hohen nutzbaren Feldkapazität.
Roggen ist vergleichsweise anspruchslos. Er ist sehr kälteresistent und reagiert eher
empfindlich auf hohe Temperaturen. Zudem besitzt er dank der hohen Leistungsfähigkeit
seines Wurzelsystems eine hohe ökologische Anpassungsfähigkeit an verschiedenste
Bodenverhältnisse.
Dauergrünland ist in Norddeutschland vorwiegend grasreich. Für den Ertrag ist die Wasserund Nährstoffversorgung bedeutend. Höchsterträge werden vor allem in warmen Frühjahren
und feuchten Sommern erwirtschaftet. Umgekehrt führen kalte Frühlinge und trockene
Sommer zu Ertragseinbußen.
Parameter des natürlichen Potenzials von Biogas
Die natürliche Ertragsfunktion bzw. das landwirtschaftliche Rohstoffpotenzial ist der wichtigste,
klimaabhängige Parameter des natürlichen Potenzials von Biogas. Es wird im Wesentlichen
durch folgende Parameter beeinflusst:


2.2
Klimatische Verhältnisse
Bodenverhältnisse
Das technische Potenzial von Biogas
Das technische Potenzial von Biogas ist der Anteil des natürlichen Potenzials, der unter
Berücksichtigung der Grenzen der Nutzungstechnologien sowie infrastruktureller und
ökologischer Restriktionen tatsächlich nutzbar gemacht werden kann.
2.2.1
Technik
Bei der Biogasgewinnung kommen verschiedene Anlagenkonzepte zur Anwendung. Sie
unterscheiden sich nach Verfahrensmerkmalen wie Trockensubstanzgehalt, Art der
Beschickung, Anzahl der Prozessphasen oder der Prozesstemperatur. Hinsichtlich des
Trockensubstanzgehaltes kann zwischen Nass- und Trockenvergärung unterschieden
werden, wobei die Nassvergärung bisher bei den meisten BGA angewandt wird.
Der Biogaserzeugung in einer BGA liegt der natürliche, biologische Prozess des Verfaulens
zu Grunde. Die biochemische Umwandlung der organischen Substrate in Biogas verläuft in
15
Biogas im (Klima-) Wandel
den vier Phasen Hydrolyse, Versäuerung, Essigsäurebildung und Methanbildung. Diese
Phasen können zeitlich und räumlich nebeneinander in einem Prozessbehälter (Fermenter)
stattfinden. Das Biogas entsteht dabei als ein Stoffwechselprodukt von Bakterien, die unter
bestimmten Lebensbedingungen (z.B. sauerstofffreie (anaerobe) Umgebung, konstante
Prozesstemperaturen) die feuchte Biomasse zersetzen. Für eine möglichst große Ausbeute
an hochwertigem, das heißt methanhaltigem Biogas, müssen die Lebensbedingungen für die
am Prozess beteiligten Bakterien optimal gestaltet werden. Dies wird durch den Einsatz
verschiedener, auf das Ausgangssubstrat abgestimmter Anlagen- und Verfahrenstechniken
in einer BGA angestrebt.
Alle Komponenten, einer meist schlüsselfertig gebauten BGA, sind genau aufeinander
abgestimmt und überwiegend automatisiert. Das Kernstück jeder BGA ist ein luftdicht
abschließbarer Behälter aus Kunststoff, Stahl oder Beton (Fermenter). In ihm wird die
Biomasse vergoren und das Biogas gewonnen. Der Fermenter ist wärmeisoliert und wird
beheizt. Über eine Beschickungsanlage mit Wiegesystem wird er geregelt mit Substrat
befüllt. Ein Rührwerk durchmischt konstant die Biomasse, damit sie sich nicht entmischt und
das entstandene Biogas leichter aus dem Substrat entweichen kann. Über Gasleitungen wird
das gewonnene Biogas in Gasspeicher weitergeleitet. Anschließend kann es entweder zur
unmittelbaren Energieproduktion in einem BHKW genutzt oder nach der Biogasaufbereitung
(z.B. Entwässerung, Entschwefelung) in ein vorhandenes Erdgasnetz eingespeist oder als
Motorentreibstoff eingesetzt werden.
2.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Errichtung und der Betrieb einer BGA in Deutschland unterliegen einer Vielzahl
rechtlicher Anforderungen. Es bedarf wie bei jeder Errichtung oder Änderung einer baulichen
Anlage im Mindestfall einer baurechtlichen Genehmigung. Die baurechtliche Zulässigkeit
einer BGA ist von den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Regelungen des
Baugesetzbuches (BauGB) und den von den Ländern erlassenen Landesbauordnungen
(LBauO) abhängig. Die bauordnungsrechtlichen Regelungen der LBauO stellen
Anforderungen an die Gestaltung einer BGA z.B. bezüglich des Brandschutzes oder der
Arbeitssicherheit.
Neben den baurechtlichen Bestimmungen sind bei der Errichtung und dem Betrieb einer
BGA
auch
die
immissionsschutzrechtlichen
Anforderungen
nach
dem
Bundesimmissionsschutzgesetz
(BImSchG)
zu
beachten.
Gleichwohl
das
Genehmigungsverfahren für eine BGA unter bestimmten Umständen entweder nach dem
BauGB (Baugenehmigung) oder nach dem BImSchG (immissionsschutzrechtliches
Genehmigungsverfahren) abzulaufen hat.
Laut den Anforderungen des BImSchG ist eine BGA so zu errichten und zu betreiben, dass
von ihr keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen können. Als schädliche
Umweltauswirkung
gelten
Immissionen
(z.B.
Luftverunreinigungen,
Geräusche,
Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen u.ä.) die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet
sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit
oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Bei einer BGA handelt es sich in diesem Sinne
vorwiegend um Lärm- oder Geruchsimmissionen. Richt- und Grenzwerte zu Lärm- und
Geruchsimmissionen werden in den Technischen Anleitungen (TA) zu Lärm und Luft sowie
in der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) vorgegeben.
16
Biogas im (Klima-) Wandel
Neben der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer BGA an einem bestimmten Standort sind
bei der Standortwahl weitere Kriterien zu prüfen. So sind durch eine naturschutzrechtliche
Vorprüfung des Standortes mögliche Beeinträchtigungen von Schutzgebieten zu erfassen
und abzuwägen. Ausgeschlossen sind beispielsweise die Errichtung und der Betrieb einer
BGA in Natura 2000-Gebieten. Den wasserrechtlichen Anforderungen an den Standort
entsprechend, sind die Errichtung und der Betrieb einer BGA in Wasserschutz-,
Wassereinzugs- und Überschwemmungsgebieten i.d.R. nicht erlaubt. Weiterhin ist zu
ständig wasserführenden Gewässern ein Mindestabstand von 50 m einzuhalten. Die
Unterkante des tiefsten Bauteils soll mind. 1 m über dem höchsten zu erwartenden
Grundwasserspiegel liegen. Der Abstand zu bestehenden Brunnen, die der privaten
Trinkwasserversorgung dienen, muss mind. 50 m betragen.
Parameter des technischen Potenzials von Biogas
Das technisch nutzbare Potenzial von Biogas wird vor allem von folgenden Parametern
beeinflusst:





Verfügbarkeit von Ausgangssubstraten
Angewandtes Verfahren zur Biogasgewinnung
Anlagentechnik
Optimierter Anlagenbetrieb
rechtliche Standortplanung






2.3
Bundesbaugesetz (BauG), Landesbaugesetze (LBauG)
Raumordnungsgesetz (ROG)
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Landesnaturschutzgesetze (LNatSchG)
Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
…
Das wirtschaftliche Potenzial von Biogas
Wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit bzw. auf das wirtschaftliche Potenzial von
Biogasanlagen (BGA) haben die Kosten und Einnahmen, die durch Errichtung und Betrieb
der Anlage entstehen. Wenn die laufenden Kosten, die eine BGA verursacht, niedriger als
die durch sie erzielten Einnahmen sind, spricht man von einem rentablen Betrieb der Anlage.
Kosten entstehen einerseits durch die Investition und andererseits durch den Betrieb einer
BGA. Die Investitionskosten für eine BGA hängen stark von der Anlagengröße ab. Sie
verringern sich deutlich mit zunehmender Anlagengröße und damit einhergehender
Zunahme des Automatisierungsgrades. Für den Bau einer kleinen landwirtschaftlichen BGA
(< 150 kW el) ist mit spezifischen Investitionskosten von 5.000 bis 7.000 € pro kW installierter
elektrischer Leistung zu rechnen. Bei einer größeren Nassvergärungsanlage liegen die
Kosten bei rund 2.000 bis 3.000 € / kW el. [FNR 2012]
Die Betriebskosten setzen sich i.A. zusammen aus den Abschreibungen, Zinsen,
Versicherungsbeiträgen, Reparatur- und Wartungskosten sowie den Erzeugungs- und/oder
17
Biogas im (Klima-) Wandel
Beschaffungskosten für die notwendigen Betriebsstoffe bzw. Biogassubstrate. Die
Substratkosten nehmen einen großen Teil der Nebenkosten ein. Preisschwankungen und
besonders Preissteigerungen können die Wirtschaftlichkeit einer BGA stark beeinträchtigen.
Diese Kosten können mitunter gemindert werden, wenn bei der Standortauswahl darauf
geachtet wird, dass mögliche Substratlieferanten in unmittelbarer Nähe zum Anlagenstandort
angesiedelt sind. Dies gilt ebenfalls für die Abnehmer der Endprodukte Strom, Wärme und
Dünger. Eine möglichst vorhandene und gut ausgebaute Infrastruktur und kurze Wege
wirken sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage aus.
Für den wirtschaftlichen Erfolg einer BGA sind neben der Kostenkontrolle und –reduzierung
ebenso die technische Optimierung, die Effizienzsteigerung und Maximierung der Erlöse
wichtig. Zusätzliche Erlöse können durch eine umfassende Nutzung der beim BHKW-Betrieb
anfallenden Wärme, aber auch durch Direktvermarktung sowie gewinnbringende Nutzung
der Gärreste erzielt werden. Im Sinne einer wirtschaftlichen Betriebsweise sind die
Regelungen des EEG unerlässlich. Als effektives Förderinstrument der Bundesregierung im
Hinblick auf den weiteren Ausbau des Anteils der Erneuerbaren Energien an der
Stromproduktion bietet es den Anlagenbetreibern finanzielle Unterstützung in Form von
Einspeisevergütungen und Bonuszahlungen.
Der Hauptteil des Gewinns ist jedoch vom Biogasertrag der BGA abhängig. Die Steigerung
der Anlageneffizienz und vor allem die Optimierung des Anlagenbetriebes und des
biologischen Prozesses sind von grundlegender Bedeutung für einen wirtschaftlichen
Anlagenbetrieb. Ein störungsfreier Anlagenbetrieb sowie eine hohe Volllaststundenzahl des
BHKW tragen ebenso zur rentablen Bewirtschaftung bei.
Parameter des wirtschaftlichen Potenzials von Biogas
Das wirtschaftliche Potenzial von Biogas wird vor allem von folgenden Parametern beeinflusst:

Kosten



Investitionskosten
Nebenkosten (insb. Substratkosten)
Einnahmen hauptsächlich abhängig vom Biogasertrag, der variiert je nach




Anlagengröße
Anlagenkonzept
Anlagenbetrieb
Anlagenstandort
18
Biogas im (Klima-) Wandel
3
Klima und Klimawandel
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) definiert das Klima als die Zusammenfassung aller
Wettererscheinungen, die den durchschnittlichen Zustand der Atmosphäre an einem
bestimmten Ort bzw. in einer Region charakterisieren. Es wird repräsentiert durch die
statistischen Gesamteigenschaften (Mittelwerte, Extremwerte, Häufigkeiten, Andauerwerte
u.a.) von Wetterelementen über einen genügend langen Zeitraum (ca. 30 Jahre). Als Wetteroder auch Klimaelemente gelten u.a. die physikalischen Parameter Lufttemperatur,
-feuchtigkeit und Luftdruck, solare Strahlung, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und
Bewölkung. Die Mittelwerte der Klimaelemente aus dem Zeitraum 1961 – 1990 werden als
"Normalwerte" bezeichnet. Dieser Zeitraum wurde von der Weltorganisation für Meteorologie
(WMO) als international gültige Referenzperiode festgelegt. [DWD]
Der Begriff „Klimawandel“ ist ein von den Medien unserer Zeit geprägter Begriff. Unter ihm
wird die Änderung des Klimas verstanden, die direkt oder indirekt aus den Aktivitäten der
Menschen, die Zusammensetzung der Erdatmosphäre verändernd, resultiert. Zusätzlich
kommen die über vergleichbare Zeiträume beobachteten natürlichen Klimaschwankungen
hinzu. [IPPC 2007] Der Klimawandel zeigt sich bisher in ungewöhnlich stark veränderten
Durchschnittswerten und Variabilität von Klimaelementen. Am deutlichsten ist dies anhand
des Anstiegs der globalen Mitteltemperatur um 0,8°C seit dem Jahr 1990 zu erkennen. Aus
diesem Grund wird im Zusammenhang mit dem Klimawandel häufig auch von der globalen
Erwärmung gesprochen.
Um der anthropogen verstärkten globalen Erwärmung entgegenzuwirken und potenzielle
Folgen abzumildern oder zu verhindern, wurde bisher intensiv Klimaschutz (Mitigation)
betrieben. Eine sehr bekannte Klimaschutzmaßnahme ist z.B. die Minderung von
Treibhausgasemissionen durch die Nutzung von erneuerbaren Energien statt fossiler
Energieträger. Da nach dem derzeitigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse der
Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist, sind Maßnahmen zur Anpassung (Adaption)
notwendig um die Schäden für die natürlichen und anthropogenen Systeme so gering wie
möglich zu halten. Für die Entwicklung und Durchführung entsprechender
Anpassungsmaßnahmen müssen die zu erwartenden Klimafolgen und ihre Auswirkungen
auf wichtige Bereiche wie die Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Küsten- und
Hochwasserschutz, Biodiversität und Naturschutz, Gesundheit, Energie etc. bekannt sein.
Welche Klimaveränderungen und deren Folgen uns in Zukunft noch erwarten, versucht man
mittels einer Vielzahl an Bemessungen, Berechnungen und Klimamodellierungen (z.B.
REMO, WETTREG) herauszufinden. Jedoch sind nahezu alle bisherigen Prognosen über die
zukünftige Entwicklung des Klimas mit großen Unsicherheiten behaftet. Diese
Unsicherheiten resultieren zum einen aus der begrenzten Kenntnis über das Klimasystem
sowie der externen Einflussfaktoren auf das Klima. Zum anderen sind sie in den Defiziten
von Klimamodellen begründet.
Trotz dieser Unsicherheiten lassen sich auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen sowie der
gegenwärtigen Klimasituation jedoch u.a. folgende Tendenzen des Klimawandels erkennen
und ableiten:

ansteigende Temperaturen der erdnahen Atmosphäre sowie der Meere bzw.
Oberflächengewässer
19
Biogas im (Klima-) Wandel

veränderte
Niederschlagsverhältnisse
(langfristig
abnehmender
Sommerniederschlägen; zunehmende Winterniederschläge)

Anstieg des Meeresspiegels u.a. aufgrund schmelzender Gletscher und Eisschilde

häufigere und intensivere Extremwetterereignisse
Starkregenereignisse, Hitzewellen, Tornados etc.
3.1
Trend
(High-Impact-Weather)
bei
z.B.
Klima und Klimawandel an der deutschen Ostseeküste
Das Gesamtgebiet von Deutschland gehört zum warm-gemäßigten Regenklima der mittleren
Breiten. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 8,2°C und die durchschnittliche
Sonnenscheindauer 1.528 Stunden im Jahr. Die überwiegend westlichen Winde bringen
ganzjährig feuchte Luftmassen vom Atlantik heran und damit Niederschlagsmengen bis zu
789 l/m² im Jahr. Der ozeanische Einfluss sorgt in der Regel für milde Winter und nicht zu
heiße Sommer. Das Klima in Mecklenburg-Vorpommern ist sehr kontinental geprägt. Im
Landesinneren herrschen relativ große Temperaturunterschiede zwischen Winter und
Sommer. An der Küste ist der Jahresgang der Temperaturen hingegen gedämpft, wobei die
Temperaturminima und -maxima verzögert sind. Das Klima in Schleswig-Holstein ist auf
Grund der Lage zwischen Nord- und Ostsee stark ozeanisch geprägt mit relativ geringen
Temperaturjahresgängen. Die Temperaturminima und -maxima treten verhältnismäßig spät
auf. Die Niederschlagsmengen sind sehr hoch. Vor allem im Herbst sorgen die warmen
Meeresflächen für kräftigen Feuchtenachschub und entsprechende Regenfälle.
Hinsichtlich der vorherrschenden Temperaturen liegt die Ostseeküste im bundesweiten
Mittelfeld. Allerdings gehört die Ostseeküste zu den sonnenreichsten Gegenden
Deutschlands. Mit durchschnittlich 1.648 Sonnenstunden lag Mecklenburg-Vorpommern z.B.
im Jahr 2009 an erster Stelle. Im Jahr 2010 war mit insgesamt 1.827 Sonnenstunden die
Greifswalder Oie der sonnigste Ort in Deutschland. [DWD] Grund für die Wolkenarmut an der
Ostseeküste ist zum einen die Tatsache, dass Tiefdruckgebiete meist sehr schnell über die
Ostseeregion hinweg ziehen. Die in Küstengebieten durchschnittlich stärkeren Winde lassen
Wolkendecken auch schnell wieder aufreißen. Zudem haben sich Regenwolken schon häufig
im Westen abgeregnet. Im Winter wirkt sich die Nähe zu skandinavischen
Hochdruckgebieten so aus, dass sich Wolken weiträumig auflösen. Im Sommer verdunstet
aus dem kühlen Meer weniger Wasser. Deshalb bilden sich in der Ostseeregion weniger
Wolken als im Binnenland.
3.1.1
Bisherige Klimaveränderungen
Wie sehr sich das Klima in Deutschland und insbesondere in M-V und S-H verändert hat,
geht aus den langjährig dokumentierten Messdaten des Deutschen Wetterdienstes hervor.
So ist z.B. zu erkennen, dass in der deutschen Ostseeregion die Klimaerwärmung bisher
weniger stark ausgeprägt ist als in anderen Regionen Deutschlands. Mit 0,4°C ist der
Temperaturanstieg
in
Mecklenburg-Vorpommern
einer
der
geringsten.
Der
Temperaturanstieg in Schleswig-Holstein beträgt 0,8°C und liegt damit genau im Trend der
weltweiten mittleren Erwärmung. Infolge der Erwärmung stieg auch die Anzahl der
Sommertage sowie der tropischen Nächte. Die Anzahl der Frosttage nahm ab. Im Vergleich
20
Biogas im (Klima-) Wandel
zu den 1940er Jahren wurden in den letzten Jahren bis zu 10 Sommertage mehr und bis zu
20 Frosttage weniger gezählt.
Wie die Temperaturen so haben auch die durchschnittlichen Niederschlagsmengen in
Deutschland zugenommen. Deutschlandweit betrug die Zunahme bisher 8%. SchleswigHolstein liegt mit 10 bis 13% weit über dem bundesweiten Durchschnitt. In MecklenburgVorpommern ist dagegen mit 1,5% eine sehr geringe Zunahme zu verzeichnen. Insgesamt
nimmt der Niederschlag besonders in den Wintermonaten zu. In den Sommermonaten
bleiben die Niederschläge relativ konstant oder zeigen leicht abnehmende Tendenzen. In
Schleswig-Holstein ist dagegen auch im Sommer eine Zunahme an Niederschlägen zu
verzeichnen.
Tabelle 1: Klimaänderungen an der deutschen Ostseeküste bis heute (2009) im Vergleich zur
Referenzperiode (1961-1990)
Klimaelemente
BRD
M-V
S-H
durchschnittliche Temperatur
+0,8°C
+0,4°C
+0,8°C
absolute Niederschlagsmenge
+8%
+1,5%
+10-13%
keine Änderungen
keine Änderungen
keine Änderungen
zunehmend
zunehmend
zunehmend
Windverhältnisse
Sonnenscheindauer
Quelle: zusammengestellt aus Daten des DWD
Eine systematische Veränderung der Windverhältnisse in Deutschland bzw. an der
deutschen Ostseeküste konnte bisher nicht festgestellt werden. Die Sonnenscheindauer
erfährt dagegen deutschlandweit seit den 1990er Jahren einen relativ starken Aufwärtstrend.
Besonders auffällig ist die sehr geringe Anzahl von Jahren ab 1990 in denen die
durchschnittliche Sonnenscheindauer unter dem Referenzwert von 1960-1990 (ca. 1.520 h)
liegt. [DWD 2010]
3.1.2
Mögliche Klimaänderungen bis 2100
Deutschlands Küstenregionen von Nord- und Ostsee erwarten bis zum Ende des 21.
Jahrhunderts einen vergleichsweise geringen Temperaturanstieg von 2,1 bis 4,8°C. Ursache
dafür ist die Nähe zum Meer und das relativ ausgeglichene und gemäßigte Küstenklima.
Allerdings wird sich die Häufigkeit so genannter Temperaturkenntage (Eistage, Frosttage,
Sommertage, Tropennächte) zum Teil deutlich verändern. In den Sommermonaten kann es
aufgrund der Erwärmung zu einem Anstieg der Sommertage um bis zu 38 Tage kommen.
Ebenso steigt vermutlich die Anzahl der Tropennächte um bis zu 23 Nächte. In den
Wintermonaten führt die Erwärmung an der Ostseeküste zu einem Rückgang der Frosttage
um 18 bis mögliche 50 Tage.
21
Biogas im (Klima-) Wandel
Tabelle 2: Mögliche Änderungen der Temperatur an der deutschen Ostseeküste bis Ende des
21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990)
Temperatur
Jahr
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
Ø Temperatur
[°C]
+2,1
+3
+4,8
+1,5
+2,7
+4,6
+1,9
+3
+5,1
+2,3
+3,2
+4,7
+1,9
+3,4
+4,8
Sommertage
+7,4 +16,8 +38,3
0
+1,5
+3,5
+5,7 +12,2 +30,3 +0,9
+2,6
+5,5
0
0
0
heiße Tage
+2,1
+5,8 +14,7 +0,1
+0,3
+0,6
+1,6
+4,9 +12,7 +0,1
+0,5
+1,8
0
0
0
tropische
Nächte
+1,2
+8,9
0
+0,2
+0,8
+1,2
+7,8 +19,1 +0,1
+0,9
+3,1
0
0
0
Frosttage
-17,9 -34,5 -50,1
-3,5
-7,4
-11,8
0
0
0
-1,3
-3,8
-6,1
-12,3 -24,5 -33,2
Eistage
-8,1
-0,6
-1,7
-2,9
0
0
0
-0,1
-0,9
-1,8
-6,9
-15,6
+23
-24
-12,7
-21
Quelle: zusammengestellt aus Daten des Norddeutschen Klimabüros, Stand05/ 2011
Laut Klimaberechnungen werden die jährlichen Niederschlagsmengen an der Ostseeküste
um bis zu 14% zunehmen. Insbesondere in den Wintermonaten werden die Niederschläge
um 15 bis zu 64% intensiver. Eine starke Abnahme um bis zu 38% ist dagegen bei den
sommerlichen Niederschlägen zu erwarten. In deren Folge wird mit zunehmend
außergewöhnlichen Trockenheiten in den Frühjahrs- und Sommermonaten zu rechnen sein.
Tabelle 3: Mögliche Änderungen des Niederschlags an der deutschen Ostseeküste bis Ende
des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990)
Niederschlag
Jahr
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
Regen [%]
0
+7
+14
+1
+12
+27
-6
-17
-38
-2
+8
+19
+15
+30
+64
Regentage
-12,1
-3
+3,3
-1,6
+1,1
+5
-2,3
-7,9
-17,2
-4,3
-0,6
+1,5
+1,5
+4,5
+8,1
Schnee [%]
-61
-82
-92
-35
-72
-98
0
0
0
-9
-67
-96
-64
-83
-96
Schneetage
-0,2
-3,1
-4,8
-0,1
-0,5
-0,7
0
0
0
-0,2
-0,1
0
-0,1
-2,4
-3,9
Quelle: zusammengestellt aus Daten des Norddeutschen Klimabüros, Stand05/ 2011
Tabelle 4: Mögliche Änderungen der Luftfeuchte an der deutschen Ostseeküste bis Ende des
21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990)
Luftfeuchte
Jahr
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
relative
Luftfeuchte [%]
-1
0
+1
+1
+1
+2
-2
-1
+1
-1
0
0
-2
-1
+1
bodennaher
Wasserdampf
gehalt [%]
+17
+22
+26
+16
+20
+25
+14
+19
+22
+18
+23
+29
+19
+28
+30
Quelle: zusammengestellt aus Daten des Norddeutschen Klimabüros, Stand05/ 2011
Seit Aufzeichnung der Wetterdaten sind für die Windverhältnisse in Deutschlands
Küstenregionen keine systematischen Veränderungen zu erkennen. Trotzdem ist es laut
Klimaberechnungen möglich, dass vor allem im Winter die durchschnittlichen
22
Biogas im (Klima-) Wandel
Windgeschwindigkeiten um bis zu 15% und damit auch die Sturmstärken bis zu 14%
zunehmen können. Die Anzahl der Sturmtage bleibt dagegen relativ stabil.
Tabelle 5: Mögliche Änderungen der Windverhältnisse an der deutschen Ostseeküste bis Ende
des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990)
Wind
Jahr
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
mittlere
Windgeschwin
digkeit [%]
+1
+2
+4
+1
+2
+6
-10
-1
+2
-2
+2
+4
0
+5
+15
Sturmintensität
[%]
0
+2
+4
-2
+2
+5
-8
-1
+2
-3
+2
+5
0
+5
+14
Sturmtage
+2,2
+3
+4,6
-0,1
+0,2
+0,6
-0,3
0
+0,6
+0,7
+1,3
+2,1
+0,5
+1,5
+3
windstille Tage
-0,2
-0,6
-1,3
-0,2
-0,4
-0,7
-0,2
+0,1
+0,3
-0,3
-0,1
0
-0,5
-0,3
0
Quelle: zusammengestellt aus Daten des Norddeutschen Klimabüros, Stand05/ 2011
Die jährlich durchschnittliche Sonnenscheindauer wird im Vergleich zu heute (1961-1990) bis
Ende des 21. Jahrhunderts generell um 5 bis 7% abnehmen. Hauptsächlich infolge
zunehmender Bewölkung ist vorwiegend in den Wintermonaten mit bis zu 27% weniger
Sonnenstunden zu rechnen.
Tabelle 6: Mögliche Änderungen der Bewölkung an der deutschen Ostseeküste bis Ende des
21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zur Referenzperiode (1961-1990)
Bewölkung
Jahr
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
min
Ø
max
Sonnenschein
dauer [%]
-5
-6
-7
-8
-14
-16
-5
0
+6
-4
-3
0
-12
-20
-27
Bedeckungsgrad [%]
-6
0
+2
-5
+1
+4
-13
-5
+1
-5
-1
+1
-1
+1
+5
Quelle: zusammengestellt aus Daten des Norddeutschen Klimabüros, Stand05/ 2011
23
Biogas im (Klima-) Wandel
4
Entwicklung der Potenziale von Biogas unter dem
Einfluss des Klimawandels
Im Kapitel 2 wurden die Parameter mit Einfluss auf die Potenziale von Biogas kurz erläutert.
In der folgenden Tabelle 77 werden die Parameter noch einmal sowohl den
Potenzialdefinitionen als auch nach Themenbereichen zugeordnet. Wie sich diese
Parameter unter dem Einfluss des Klimawandels verhalten könnten, wird in diesem Kapitel
betrachtet. Ziel ist es mögliche Entwicklungsperspektiven der Potenziale der erneuerbaren
Energien unter dem Einfluss des Klimawandels aufzuzeigen. Dabei werden im Folgenden
Thesen aufgestellt, die auf der Interpretation vorhandener Daten und bekannter
Zusammenhänge basieren. Die Auflistung der Thesen erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Sie sollen vor allem als Anstöße zu Diskussionen und evtl. tiefergehenden
Forschungen dienen.
Tabelle 7: Parameter mit Einfluss auf die Potenziale von Biogas
natürliches
Potenzial
Kategorie

technisches Potenzial
Natürliche Ertragsfunktion, abhängig von


Natur
Technik
wirtschaftliches Potenzial
Parameter




Klimatischen Verhältnissen
Bodenverhältnissen
Verfügbarkeit von Ausgangssubstraten
Angewandtes Verfahren zur Biogasgewinnung
Anlagentechnik
Optimierter Anlagenbetrieb
 rechtliche Standortplanung
Recht




Bundesbaugesetz (BauG), Landesbaugesetze (LBauG)


Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG),
Landesnaturschutzgesetze (LNatSchG)
Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Kosten


Wirtschaft
Raumordnungsgesetz (ROG)
Investitionskosten
Nebenkosten (insb. Substratkosten)
Einnahmen hauptsächlich abhängig vom Biogasertrag, der variiert je
nach




Anlagengröße
Anlagenkonzept
Anlagenbetrieb
Anlagenstandort
24
Biogas im (Klima-) Wandel
4.1
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des natürlichen
Potenzials
Das natürliche Potenzial liegt wie in Kapitel 2.1 beschrieben in der Landwirtschaft als
Hauptproduzent von Substraten zur Biogaserzeugung. Der Ertrag von für die
Biogasproduktion verwendeten Energiepflanzen wie Mais, Getreide und Gras hängt stark
von Faktoren wie Bodenfruchtbarkeit, Wasserdargebot und klimatischen Bedingungen ab.
Die Landwirtschaft ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig vom Wetter und Klima
abhängig und damit unmittelbar vom Klimawandel betroffen.
Die Bodenfruchtbarkeit wird unter anderem durch stärkere Erosionsereignisse infolge von
zunehmenden Starkniederschlägen und höheren Windgeschwindigkeiten beeinträchtigt.
Durch die zunehmende Erwärmung kommt es bei ausreichender Bodenfeuchte zur
beschleunigten Mineralisierung und Zersetzung der organischen Bodensubstanz und
dadurch zum Abbau von Humus. Im Klimabericht Rheinland-Pfalz von 2007 wird bis 2100
[MKULNV 2007] mit einem Rückgang der Bodenfruchtbarkeit zwischen 20 bis 30%
gerechnet. Bedingt durch die höhere Mineralisation steigt der verfügbare Stickstoffgehalt im
Boden. Stickstoff findet in der Landwirtschaft als Dünger Einsatz um hohe Pflanzenerträge
zu erzielen. Jedoch birgt ein Überschuss an Stickstoff, wie es auf landwirtschaftlich
genutzten Flächen in Deutschland oft der Fall ist, Gefahren für die Umwelt. Unter anderem
kann es zur Bodenversauerung und damit verbunden zur Veränderungen der Bodenstruktur
und der Lebensbedingungen für Bodenmikroorganismen kommen. In der Folge hat dies
Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit und auf die Erträge und die Qualität der pflanzlichen
Produkte.
Für einen zusätzlichen Düngeeffekt sorgt der Klimawandel durch die erhöhte
atmosphärische CO2-Konzentration. Kohlendioxid (CO2) wirkt als Dünger, der bei
ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung die Photosynthese anregt und damit die
Biomassebildung steigert. Eine bessere Kohlendioxidversorgung bewirkt zudem eine
Verringerung des verdunstungsbedingten Wasserverlustes bzw. der Blatttranspiration was
bei heißem, trockenen Wetter oder Dürren das Pflanzenwachstum begünstigt. Der CO2Düngeeffekt würde vor allem den sogenannten C3-Pflanzen, also den traditionellen
landwirtschaftlichen Kulturen (Getreide, etc.) mit Ausnahme von Mais (C4-Pflanze) zu Gute
kommen. Das Ausmaß des CO2-Düngeeffektes konnte noch nicht ausreichend erforscht
werden und fällt eventuell geringer als bisher geschätzt aus. Zudem zeigen Versuche, dass
eine höhere CO2-Versorgung zu Veränderungen in den Gehalten an Makro- und
Mikroelementen sowie sonstiger Inhaltsstoffe (z. B. Zucker, Vitamine, sekundäre
Pflanzenstoffe) führen. Beispielsweise sinkt der Stickstoff(N)-Gehalt sowohl in vegetativen
Organen als auch in Früchten, Samen bzw. Körnern. Bei Wintergerste nahm beispielsweise
der Proteingehalt im Stroh und im Korn um mehr als 10 % ab. Dieses Ergebnis deutet also
auf einen negativen Einfluss der CO2-Erhöhung auf die Qualität hin. [FAL 2005]
Wasserversorgung sowie Temperatur haben enormen Einfluss auf den Pflanzenertrag.
Stress durch extreme Hitze, Kälte, Nässe führen zu Ertragsausfällen bei Pflanzen, die
gemäßigtere Standortbedingungen gewohnt sind. Der optimale Temperaturbereich variiert je
nach Pflanzensorte. Wird er jedoch über- bzw. unterschritten, erfolgt häufig ein abrupter
Rückgang in Wachstum und Ertrag. Hohe Temperaturen bei eingeschränkter
Wasserversorgung gerade in den ertragsbildenden Phasen der Kulturpflanzen führen zu
Ertragsrückgängen. Auf der anderen Seite begünstigen milde Winter bei gleichzeitig guter
Wasserversorgung die Entwicklung der Pflanzen vor Winter. Das Ertragspotential solcher
25
Biogas im (Klima-) Wandel
Pflanzen ist höher als das von Pflanzen die schwach entwickelt in die Vegetationsruhe
gehen. Ein moderater Temperaturanstieg bei ausreichender Wasserversorgung würde sich
also positiv auf das Ertragspotenzial vieler Pflanzensorten auswirken. Als Beispiel ist hier
Schleswig-Holstein zu nennen, wo sich im Gegensatz zu Brandenburg durch die hohen
Temperaturen im Jahr 2003 Ertragssteigerungen in Höhe von 8% ergeben haben [UBA]. In
den Küstenregionen der Nord- und Ostsee ist aufgrund der Nähe zum Meer und des relativ
ausgeglichenen und gemäßigten Küstenklimas ein vergleichsweise geringer bzw. ein
moderater Temperaturanstieg zu erwarten.
Mildere Winter und weniger Frosttage führen im Frühjahr zu einer Verlängerung der
Vegetationsperioden. Viele Pflanzen treiben früher aus und blühen früher, werfen ihre Blätter
aber erst später im Jahreszyklus ab. In Deutschland beginnen die Vegetationsphasen der
natürlichen Vegetation sowie der landwirtschaftlich angebauten Pflanzen (z.B. Winterroggen)
und Obstbäume (z.B. Apfel- und Kirschbäume) heute um etwa acht Tage früher als noch
Ende der 80er Jahre. Durch längere Vegetationsphasen wäre auch der Anbau von
Zweitkulturen nach der Ernte denkbar. Die jährliche Niederschlagssumme für die
Ostseeregion wird sich voraussichtlich nicht relevant verändern, sich aber saisonal
umverteilen. Generell gehen die Prognosen von mehr Niederschlag in den Winter- und
weniger in den Sommermonaten aus. Zusätzlich ist aber mit atypischen
Extremwetterereignissen zu rechnen. Zu geringe Niederschläge wirken sich im Allgemeinen
negativ sowohl auf die Erntemengen als auch auf die Qualität wie etwa die Energiegehalte
von Maissilagen aus. Andererseits können auch Starkniederschläge zu Ertragseinbußen
führen. Zum Beispiel reagiert Mais auch bei Staunässe mit Ertragseinbußen. Große
Niederschlagsmengen zur Erntezeit von Getreide führen ebenfalls zu Ernteausfällen bzw.
Einbußen bei der Qualität.
Zu indirekten Auswirkungen des Klimawandels auf den Pflanzenertrag kann es durch
klimawandelbedingte Veränderungen im qualitativen und quantitativen Auftreten von
Krankheiten und Schädlingen kommen. Mildere Temperaturen in den Herbst- und
Wintermonaten begünstigen die Etablierung bestimmter Viren. Blattläuse und andere
Überträger von Viren infizieren die Pflanzen bis in den Spätherbst. Blattläuse überwintern
zum Teil als lebende Tiere (normalerweise erfolgt die Überwinterung im Eistadium) und
können so im Frühjahr die Infektionen weiter tragen. Bestimmte Pilzkrankheiten wie Septoria
tritici, parasitärer Halmbruch oder Fusariumarten infizieren ausgehend von der
Getreidestoppel die jungen Pflanzen im Herbst. Bei milder Herbst und Winterwitterung bildet
sich ein hohes Ausgangspotential für massive Infektionen im Frühjahr. Bei wärmeren
Temperaturen erschließen sich bestimmte Schädlinge neue Lebensräume. So wird z. B. die
Ausbreitung des Maiszünslers, einer der bedeutendsten Schädlinge im Maisanbau von den
warmen Regionen Deutschlands in die kühleren nördlichen Regionen beobachtet. Wobei
warme, frostfreie Winter entgegen der allgemeinen Meinung das Auftreten von
Schadinsekten hemmen, da deren unterschiedliche Überwinterungsformen von
verschiedene Krankheiten und Pilzen dezimiert werden. Bestimmte nicht heimische
Wildpflanzen (invasive Arten) breiten sich aus und konkurrieren als schwer bekämpfbare
Unkräuter mit den Kulturpflanzen. [Chmielewski 2007]
Ohne Anpassungsmaßnahmen wird der Klimawandel langfristig voraussichtlich zur
Verschlechterung der landwirtschaftlichen Produktionsleistung führen. In dessen Folge
kann es zu Beeinträchtigungen des natürlichen Potenzials der Biogaserzeugung
kommen.
26
Biogas im (Klima-) Wandel
4.2
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des technischen
Potenzials
Die Höhe der Biogasausbeute wird maßgebend von der Quantität und Qualität der
verfügbaren Biomasse, aber auch von der Leistungsfähigkeit bzw. dem Wirkungsgrad der
Biogasanlage bestimmt. Technische und rechtliche Faktoren, die den Bau und Betrieb einer
Biogasanlage betreffen, bestimmen das technische Potenzial der Biogasproduktion.
4.2.1
Technik
Der erreichbare Wirkungsgrad einer Biogasanlage hängt zum einen vom aktuellen Stand der
Technik ab. Zum anderen ist zur Erreichung des bestmöglichen Wirkungsgrades ein
optimierter und störungsfreier Betriebsablauf die Voraussetzung. Neben der Funktion aller
technischen Anlagenteile ist bei der Biogasproduktion der biochemische Prozess der
Vergärung der Substrate entscheidend. Dieser Prozess reagiert sehr empfindlich auf
Störungen der Milieubedingungen (Schwankungen von Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert,
etc.) und wird daher weitgehend von Umwelteinflüssen abgeschottet und technisch
überwacht. Eine Störung dieser Prozesse ist möglich durch die Störung des technischen
Betriebsablaufs oder durch das Einwirken extremer Temperaturen (Hitze, Kälte). Das
vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen stellt hier ein erhöhtes Risiko für Schäden
an der Biogasanlage sowie dem damit einhergehenden Biogasertragsverlust dar.
Zunehmende Extremwetterereignisse erhöhen nicht nur das Schadenspotenzial für die
technischen Anlagen. Sie können weiterhin zu Ertragsausfällen in der Landwirtschaft und
damit zu einer unzureichenden Versorgung der Biogasanlagen mit Biogassubstraten führen!
Betroffen sind hier die Produktionsverfahren in der Landwirtschaft, die ebenfalls zu den
Faktoren des technischen Potenzials gezählt werden können. Durch den Klimawandel kann
es zu Beeinträchtigungen zum Beispiel beim Einsatz von landwirtschaftlichen Geräten und
Fahrzeugen kommen. Durch die Zunahme winterlicher Niederschläge oder durch
zunehmende Starkregenereignisse wird besonders auf schweren Böden oder bei hoch
anstehendem Grundwasser die Bodenbewirtschaftung erschwert.
4.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen
Bei der Planung als auch beim Betrieb von Biogasanlagen sind vielfältige rechtliche
Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Baurechtliche sowie naturschutzrechtliche Aspekte
begrenzen die potenziellen Bauflächen für Biogasanlagen So ist die Errichtung einer
Biogasanlage innerhalb von Wasser- oder Naturschutzgebieten ausgeschlossen bzw. stark
reglementiert. Klimawandelbedingt könnten sich die Grenzen solcher Schutzgebiete
verändern und damit neue Baugebiete für BGA eröffnen oder aber auch potenzielle Flächen
wegfallen.
Dies gilt ebenfalls beim Anbau von für die Biogasproduktion bestimmten Energiepflanzen.
Hier besteht seit längerem eine starke Konkurrenz zwischen landwirtschaftlichen Flächen
zum Anbau von Energiepflanzen zur Erzeugung von Bioenergie und dem Anbau von
Nahrungs- und Futtermittelpflanzen. Der Klimawandel wird diesen Konflikt voraussichtlich
verschärfen, da sich klimawandelbedingt die Bodenfruchtbarkeit auf vielen Flächen
verringern wird.
27
Biogas im (Klima-) Wandel
Als Folge des Klimawandels ist mit zunehmenden Extremwetterereignissen zu rechnen,
in dessen Folge es zu Prozessstörungen in der Biogasanlage sowie auch zu Störungen in
der landwirtschaftlichen Produktion kommen kann. Der Konkurrenzkonflikt um die nur
begrenzt
zur
Verfügung
stehenden
Anbauflächen
sowie
um
potenzielle
Biogasanalgenstandorte wird durch den Klimawandel voraussichtlich verschärft.
Klimawandelbedingt wird es voraussichtlich zu Beeinträchtigungen des technischen
Potenzials der Biogaserzeugung kommen.
4.3
Einfluss des Klimawandels auf die Parameter des wirtschaftlichen
Potenzials
Das wirtschaftliche Potenzial umfasst den Anteil des technischen Potenzials, der
wirtschaftlich konkurrenzfähig (wettbewerbsfähig) genutzt werden kann. Es ist abhängig von
konkurrierenden Systemen sowie vom vorherrschenden Energiepreisgefüge und stellt im
Idealfall die Kosten-Nutzen-Situation ohne Berücksichtigung von Fördermaßnahmen dar.
Bei allen ökonomischen Berechnungen für Biogasanlagen stellen die Rohstoffkosten den
ertragsbestimmenden Faktor dar. Die wachsende Nachfrage nach Energiepflanzen, aber
auch nach Nahrungsmitteln lässt den Bedarf an Agrarflächen steigen. Eine Konkurrenz um
die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Anbauflächen besteht nicht nur zwischen der
Bioenergie und dem Nahrungsmittelsektor. Auch Aspekte des Naturschutzes müssen
weiterhin betrachtet werden. Die bereits jetzt angespannte Situation wird durch die Folgen
des Klimawandels voraussichtlich noch verschärft. Knapper werdende verfügbare
Anbauflächen sowie verminderte landwirtschaftliche Erträge infolge der Erderwärmung sowie
durch zunehmende Extremwetterereignisse werden die Preise für die NaWaRo stark in die
Höhe treiben und damit die Wirtschaftlichkeit der Biogasproduktion stark beinträchtigen.
Weiterhin birgt der Klimawandel durch Auslösung von Prozessstörungen Risiken für die
Biogaserzeugung in der Biogasanlage. Prozessstörungen liegen vor, wenn der anaerobe
Abbau in der Biogasanlage negativ beeinflusst ist und somit suboptimal abläuft. Die
eingesetzten Substrate können nur unzureichend abgebaut werden. Zunehmende
Extremwetterereignisse sind potenziell die häufigste Ursache für klimawandelbedingte
Störungen der Betriebs- und Prozessabläufe. Entweder durch mechanische Einwirkung in
Form von starken Hagelschauern, Stürmen, Überschwemmungen, etc. oder durch
Veränderung der Milieubedingungen (starke Hitze, Kälte) kann es zu Prozessstörungen
kommen. Unabhängig von deren Ausmaß, wirken sie sich immer negativ auf die
Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage aus.
Infolge des Klimawandels wird es voraussichtlich

zur Verknappung von NawaRo-Produktionsflächen und damit zur Erhöhung von
Rohstoffkosten sowie

zu Ertragsverlusten durch Prozessstörungen in den Biogasanlagen infolge
zunehmender Extremwetterereignissen kommen.
Diese Klimawandelfolgen können zu Beeinträchtigungen des wirtschaftlichen Potenzials
der Biogaserzeugung führen.
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Biogas im (Klima-) Wandel
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Zusammenfassung
Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis des Arbeitspaketes 1.7.6 des Fokusthemas
Erneuerbare Energien im Forschungsprojekt Radost – Regionale Anpassungsstrategien für
die deutsche Ostseeküste. Ziel dieses Berichts war die Analyse und Prognose der
Potenziale von Biogas an der deutschen Ostseeküste unter dem Einfluss des Klimawandels.
Dabei wurde folgende Vorgehensweise gewählt.
1. Erläuterungen zu Biogas und seinen Potenzialparametern
2. Betrachtung des Klima und des Klimawandels an der deutschen Ostseeküste
3. Ermittlung eventueller Veränderungen der Potenzialparameter durch den Klimawandel
und Schlussfolgerung der Entwicklungsperspektiven der Biogaserzeugung aufgrund
veränderter Potenzialparameter
Grundlage für die Betrachtungen in diesem Bericht bildeten unter anderem die Ergebnisse
der Arbeitspakete 1.7.1 „Bericht über die Umweltparameter der erneuerbaren Energien“ und
1.7.2 „Matrix der Umweltparameter der erneuerbaren Energien“.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse und Prognose der Potenziale der
Biogaserzeugung unter dem Einfluss des Klimawandels lauten folgendermaßen:
Natürliches Potenzial
Wesentliche Grundlage für die Biogasproduktion ist die Landwirtschaft als ein Lieferant von
Ausgangssubstraten z.B. durch den Anbau von Energiepflanzen. (NawaRo). Für die
Produktion von Biogas wird hauptsächlich Mais als Substrat verwendet. Daneben kommen
auch Getreide- und Grassilagen sowie Gülle zum Einsatz. Die Landwirtschaft und auch
Forstwirtschaft ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig vom Wetter und Klima abhängig
und damit unmittelbar vom Klimawandel betroffen. Die Auswirkungen des Klimawandels in
diesem
Bereich
sind
vielfältig.
Temperaturerhöhung,
Veränderung
der
Niederschlagsverhältnisse und zunehmende extreme Wetterereignisse bergen die Gefahr
von zunehmenden Bodenerosionen, Überflutungen, Waldbränden, usw.
Temperaturerhöhungen führen zu Hitzestress und damit zu Ertragsausfällen bei Pflanzen,
die gemäßigtere Standortbedingungen gewohnt sind. In Verbindung mit abnehmenden
sommerlichen Niederschlägen besteht die erhöhte Gefahr von Dürren, welche ebenfalls
Ertragseinbußen zur Folge haben können. Nährstoffe sind bei geringer Bodenfeuchte
schlechter verfügbar und die Anfälligkeit gegenüber Winderosion nimmt zu. Im Winter
dagegen führen die zunehmenden Niederschläge zur Auswaschung von Nährstoffen und zu
einer erhöhten Erosion durch Wasser. Zudem beeinträchtigen zunehmend (stau-) nasse
Böden die Bearbeitung durch landwirtschaftliches Gerät. Obwohl in den Küstenregionen der
Nord- und Ostsee aufgrund der Nähe zum Meer und des relativ ausgeglichenen und
gemäßigten Küstenklimas ein vergleichsweise geringer Temperaturanstieg zu erwarten ist,
wird bei fehlender Anpassung auch hier mit verminderten Ernteerträgen zu rechnen sein.
Andererseits scheint der Klimawandel auch Chancen für die Landwirtschaft zu bieten.
Voraussichtlich mildere Winter und weniger Frosttage führen im Frühjahr zu einer
Verlängerung der Vegetationsperioden. Bei einem moderaten Temperaturanstieg und
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Biogas im (Klima-) Wandel
ausreichender Wasserversorgung würde dies sogar ein höheres Ertragspotenzial für viele
Pflanzensorten bedeuten. Eine erhöhte atmosphärische CO2-Konzentration kann einen
positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben, da CO2 als Dünger wirkt, der die
Photosynthese anregt und damit die Biomassebildung steigert.
Technisches Potenzial
Der erreichbare Wirkungsgrad einer Biogasanlage hängt zum einen vom Stand der Technik
ab. Zum anderen ist zur Erreichung des bestmöglichen Wirkungsgrades ein optimierter und
störungsfreier Betriebsablauf die Voraussetzung. Neben der Funktion aller technischen
Anlagenteile ist bei der Biogasproduktion der biochemische Prozess der Vergärung der
Substrate entscheidend. Dieser Prozess reagiert sehr empfindlich auf Störungen der
Milieubedingungen (Schwankungen von Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert, etc.) und wird
daher weitgehend von Umwelteinflüssen abgeschottet und technisch überwacht. Eine
Störung dieser Prozesse ist möglich durch die Störung des technischen Betriebsablaufs. Das
vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen stellt hier ein erhöhtes Risiko für Schäden
an der Biogasanlage sowie dem damit einhergehenden Biogasertragsverlust dar.
Zunehmende Extremwetterereignisse erhöhen das Schadenspotenzial für die technischen
Anlagen. Sie können weiterhin zu Ertragsausfällen in der Landwirtschaft und damit zu einer
unzureichenden Versorgung der Biogasanlagen mit Biogassubstraten führen!
Wirtschaftliches Potenzial
Ein zunehmendes Problem für Biogasanlagenbetreiber werden die steigenden Preise für die
nachwachsenden Rohstoffe. Die wachsende Nachfrage nach Energiepflanzen, aber auch
nach Nahrungsmitteln lässt den Bedarf an Agrarflächen steigen. Eine Konkurrenz um die nur
begrenzt zur Verfügung stehenden Anbauflächen besteht nicht nur zwischen der Bioenergie
und dem Nahrungsmittelsektor. Auch Aspekte des Naturschutzes müssen weiterhin
betrachtet werden. Die bereits jetzt angespannte Situation wird durch die Folgen des
Klimawandels voraussichtlich noch verschärft. Knapper werdende verfügbare Anbauflächen
sowie verminderte landwirtschaftliche Erträge infolge der Erderwärmung sowie durch
zunehmende Extremwetterereignisse werden die Preise für die NaWaRo stark in die Höhe
treiben und damit die Wirtschaftlichkeit der Biogasproduktion stark beinträchtigen. Durch den
Klimawandel entsteht zudem ein erhöhtes Schadensrisiko für Biogasanlagen durch
zunehmende Extremwetterereignisse. Zerstörung von Anlagenteilen sowie die Störung von
Prozessabläufen führen zu Ertragseinbußen. Der Klimawandel wird folglich zu
Beeinträchtigungen des wirtschaftlichen Potenzials der Biogaserzeugung führen.
Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie die oberflächennahe Geothermie, die
Photovoltaik oder der Windenergie, wird die Biogasproduktion am empfindlichsten auf die
Folgen des Klimawandels reagieren. Insbesondere durch die potenziellen Ertragsverluste in
der Landwirtschaft haben die Potenziale des Biogases zu leiden. Hier sind
Anpassungsmaßnahmen der Landwirte wie zum Beispiel den Anbau angepasster Pflanzen
dringend notwendig.
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Biogas im (Klima-) Wandel
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Bildrechte
Deckblatt: Fotos © Cindy Dengler
ISSN 2192-3140
Das Projekt “Regionale Anpassungsstrategien für die deutsche Ostseeküste“ (RADOST)
wird im Rahmen der Maßnahme „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“
(KLIMZUG) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert
Biogas im (Klima-) Wandel
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