„Raucherlunge“ Immer mehr Raucher leiden an COPD Griffen früher meist nur Männer zur Zigaretten, rauchen heute genauso viele Frauen bzw. auch Mädchen. Als Folge erkranken immer mehr an der „chronisch obstruktiven Lungenerkrankung“ oder kurz COPD (Englisch: „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“). Klassische Symptome für die umgangssprachlich auch als „Raucherlunge“ bekannte Krankheit sind Husten, Auswurf und Atemnot. Dr. Andrea Keckeis ist Fachärztin für Lungenkrankheiten und eröffnete Ende März ihre eigene Ordination in Bludenz. Zuvor war sie im Landeskrankenhaus Hohenems in der Pulmologie bzw. Fachabteilung für Lungenheilkunde tätig. Ein Interview rund um das Thema COPD. Immer mehr Raucher leiden an der „chronisch obstruktiven Lungenerkrankung“ (COPD). Frau Dr. Keckeis, haben Sie als Lungenärztin viele Patienten mit COPD? Ja und die Krankheit nimmt auch Statistiken zufolge dramatisch zu. Derzeit leiden weltweit rund 600 Millionen Menschen daran, circa drei Millionen Menschen sterben jährlich an COPD – Tendenz wie gesagt steigend. In den USA stieg die Sterberate beispielsweise von 1965 bis 1998 um 163 Prozent an. Im Gegensatz dazu sank die Sterberate beispielsweise bei koronaren Herzerkrankungen im gleichen Zeitraum um 59 Prozent. 2007 wurde in Salzburg eine Studie veröffentlicht, die ergab, dass in Österreich ein Viertel der Raucher über 40 Jahren an COPD leidet. Das klingt wirklich erschreckend. Woran liegt diese drastische Zunahme? Nun, zum einen, weil heutzutage immer mehr Frauen bzw. auch schon Mädchen rauchen. Früher waren es immer nur die Männer, die zur Zigarette gegriffen haben. Heutzutage rauchen in gleich viele Frauen wie Männer. Zum anderen liegt der Grund für die hohe Sterberate aber auch darin, dass die Krankheit schleichend beginnt und die ersten Anzeichen oft jahrelang nicht erkannt werden. Was genau ist denn nun COPD? Wie schon aus dem Namen „chronisch obstruktive Lungenerkrankung“ hervorgeht, handelt es sich dabei um eine chronische, also lang andauernde Erkrankung. Der Begriff „obstruktiv“ bzw. „Obstruktion“ bedeutet, dass eine Behinderung des Atemstromes vorliegt. Und das ist für die Patienten das Hauptproblem: Sie klagen über Atemnot, anfangs nur bei körperlicher Belastung. Das ist für Raucher aber meist „ganz normal“, wobei dies ein erstes Anzeichen für COPD sein könnte. Bei einer weit fortgeschrittenen COPD-Erkrankung klagen die Patienten schon bei geringsten körperlichen Betätigungen, beispielsweise wenn sie vom Stuhl aufstehen wollen, über Atemnot. Und der Begriff „Lungenerkrankung“ bedeutet... ...dass sowohl das verzweigte luftleitende Röhrensystem der Bronchien als auch das Lungengewebe betroffen sein kann. Ich betone das auch deshalb, weil mich Patienten immer wieder ganz erstaunt anschauen, wenn ich ihnen sage, dass die Bronchien in der Lunge sind bzw. dass es sich dabei um die Luftwege in der Lunge handelt. Um aber auf die COPD-Erkrankung zurückzukommen: Sind die Bronchien bzw. der Bronchialraum betroffen, spricht man von chronischer Bronchitis bzw. von einer chronischen Entzündung in den Bronchien. Im Bereich des Lungengewebes befällt die Erkrankung die Lungenbläschen, die an den Enden der Bronchien liegen. Dort findet der Gasaustausch statt. Das heißt, die Lunge gibt dort den Sauerstoff ab, der dann über die Arteriolen – das sind kleine Arterien – durch das Blut an jedes Organ, an jedes kleinste Körpergefäß, jeden Nerv – kurz: an alle Körperteile weitergegeben wird. Das Kohlendioxid, das quasi als Abfallprodukt aus dem Gasaustausch hervorgeht, wird hingegen wieder abgeatmet. Dies ist bei COPD-Patienten erschwert. Bei COPD-Patienten bleibt das Kohlendioxid also im Körper? Zumindest zu einem Teil, denn die chronische Bronchitis führt dazu, dass mehr Schleim erzeugt wird und dass es zu einer so genannten bronchialen Verdickung kommt. Besagte Lungenbläschen am Ende der Bronchien werden größer, die Elastizität der Lunge lässt nach, es entsteht eine Überblähung. Das nennt man dann Lungenemphysem. Chronische Bronchitis und Lungenemphysem sind bei jedem Patienten in individuell unterschiedlichem Ausmaß vorhanden. Beiden ist allerdings gemeinsam, dass sie den Luftaustausch erschweren bzw. behindern und dass dadurch die Leistungsfähigkeit des gesamten Systems gemindert wird. Und so entsteht dann die Atemnot? Sagen wir so: COPD-Patienten empfinden es als Atemnot. In Wahrheit können sie die Luft nicht mehr richtig abatmen. Was deutet, abgesehen von der Atemnot, auf COPD hin? Es gibt drei klassische Symptome: Husten, Auswurf und eben die Atemnot. Tritt eines dieser Symptome oder alle zusammen über mehrere Jahre auf, raucht derjenige aktuell oder hat er in der Vergangenheit geraucht, muss man immer an COPD denken. Wie stellen Sie dann die Diagnose? Einerseits aufgrund besagter Krankheitsgeschichte. Andererseits aber natürlich auch durch eine körperliche Untersuchung, beispielsweise wenn ich ein Pfeifen beim Abhören bemerke. Zudem deuten Uhrglasnägel, das sind merklich verdickte Fingerspitzen, oder ein Fassthorax – ein kurzer und breiter, fassförmiger Brustkorb – darauf hin. Mittels Röntgen kann man unter anderem überprüfen, ob es bereits zu einer Lungenüberblähung gekommen ist. Eine Blutgasanalyse misst die Gasverteilung, also von Sauerstoff und Kohlendioxid, im Körper. Und eine schonende Untersuchung ist die Überprüfung der Lungenfunktion mithilfe von Messgeräten. Und wie schaut im Anschluss an die Diagnose dann die Therapie aus? Bevor ich auf die Therapie selber zu sprechen komme, möchte ich eines vorwegnehmen: Und zwar dass das Ziel einer COPD-Therapie einzig und alleine darin bestehen kann, das Fortschreiten der Erkrankung zu mindern oder aufzuhalten. Eine Therapie kann zwar die Lebensqualität des Patienten verbessern, nicht aber die Schädigungen rückgängig machen. Es besteht also keine Chance auf Heilung? Im Anfangsstadium gibt es eine Chance auf Heilung. Im fortgeschrittenen Stadium jedoch nicht. Wenn man die schädigenden Einflüsse jedoch vermeidet, kann man den Zustand zumindest stabilisieren. Daher muss der Patient zu allererst das Rauchen aufgeben und auch das Passivrauchen sollte, so gut es eben geht, verhindert werden. Das ist im Grunde der erste Schritt der Therapie. Zudem spielt körperliche Bewegung bzw. insbesondere konsequentes Training eine zentrale Rolle bei der Behandlung. Es ist erstaunlich, welche körperlichen Leistungen COPD-Patienten erbringen können. Sie sehen also, dass die Therapie sehr stark vom Patienten selber abhängt. Meine Aufgabe besteht darin, ihm die passenden Medikamente zu verabreichen. Allerdings macht dies keinen Sinn, wenn gleichzeitig die Lungen weiterhin geschädigt werden. Es geht also wirklich um eine Änderung des Lebensstils, er muss die Sache ernst nehmen, er muss das Rauchen aufgeben wollen. Was ist, wenn jemand partout nicht mit dem Rauchen aufhören kann oder es nicht aufgeben will? Behandeln Sie diesen Patienten dann gar nicht? Selbstverständlich behandle ich auch solche Patienten, aber ich versuche zumindest sie doch noch davon zu überzeugen. Mir ist natürlich klar, wie schwierig es ist, so ein Laster aufzugeben. Ich aber auch, dass man es aufgeben kann, sofern man es wirklich will. Es gibt genügend Patienten, die es geschafft haben. Um auf die körperliche Betätigung zurückzukommen: Was genau verstehen Sie darunter? COPD-Patienten sollen keine Hochleistungssportler werden. Vielmehr geht es darum, dass sie sich beispielsweise beim Spazierengehen, Radfahren oder Schwimmen körperlich bewegen und zwar regelmäßig. Dadurch wird das Herz gestärkt und in der Folge kann es das sauerstoffreiche Blut besser durch den Körper pumpen. Weiters wird die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid in der Lunge wieder trainiert. Die Atemnot nimmt somit ab. Außerdem wird die Muskulatur gestärkt und dies bewirkt wiederum, dass die Muskeln bei alltäglichen Belastungen weniger Sauerstoff verbrauchen. COPD wird umgangssprachlich auch oft als „Raucherlunge“ bezeichnet. Und auch wir haben bisher eigentlich immer nur von den Rauchern gesprochen. Sind oder waren alle COPDPatienten Raucher? Im Großen und Ganzen erkranken vor allem Raucher an COPD. Natürlich bekommt nicht jeder Raucher COPD, denn die Widerstandsfähigkeit gegen die Schädigungen durch den Zigarettenkonsum ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Andererseits kommt es auch vor, dass COPDPatienten noch nie geraucht haben. Allerdings waren diese dann meist sehr starkem Passivrauch ausgesetzt, beispielsweise berufsbedingt, das heißt, Menschen, die im Gastgewerbe tätig sind. Oder auch, wenn im gemeinsamen Haushalt geraucht wird. Diese Nicht-Raucher-Fälle sind zwar eher die Ausnahme, aber die bestätigen bekanntlich die Regel.