Algebraische Funktionen

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Sommersemester 2011
H.-G. Quebbemann
Algebraische Funktionen
(Fachmaster, 6 KP)
Eine algebraische Funktion y in einer Variablen x ist eine Lösung einer algebraischen Gleichung wie zum Beispiel y 2 − y = x3 − x, allgemein F (x, y) = 0
mit einem irreduziblen Polynom F über einem Grundkörper K0 . Die algebraische Theorie untersucht den Körper K0 (x, y) oder die durch die Gleichung
definierte Kurve. Einen Schwerpunkt bildet in dieser Vorlesung der (für Anwendungen in der Kryptographie und Fehlerkorrektur-Codierung relevante)
Fall, dass K0 endlich ist.
Algebraische Funktionen über endlichen Körpern stehen in einer engen Analogie zu algebraischen Zahlen. Während aber für einen Zahlkörper sämtliche
Primzahlen als Restklassenkörper-Charakteristik auftreten, hat man es bei
einem Funktionenkörper nur mit der Charakteristik des Grundkörpers zu
tun und dadurch in vieler Hinsicht leichter. So gibt es in der Zahlentheorie die bis heute unbewiesene Riemannsche Vermutung – ihr Analogon für
algebraische Funktionen ist ein seit siebzig Jahren bewiesener Satz.
Andererseits enthält ein Funktionenkörper kein eindeutiges Gegenstück zum
Ring der ganzen Zahlen eines algebraischen Zahlkörpers. Zum Beispiel hat
der rationale Funktionenkörper K0 (x) die verschiedenen, mit K0 [x] gleich1
berechtigten Unterringe K0 [ x−a
], a ∈ K0 . Anstelle eines einzelnen Rings und
seiner Primideale bieten sich zum Aufbau der Theorie andere Instrumentarien
an, als einfachstes das der ”Bewertungstheorie”.
Ich setze nur Inhalte des Bachelor-Curriculums voraus. Auf dieser Basis ist es
mit bewertungstheoretischen Mitteln möglich, die grundlegenden Resultate
zügig herzuleiten. Geometrische Aspekte werden erst danach und nur so weit
behandelt, wie in diesem Modul nachvollziehbare Techniken es erlauben, d.h.
wir benutzen die zuvor entwickelte Theorie und etwas klassische algebraische
Geometrie.
Inhaltsübersicht
1. Bewertungstheoretische Hilfsmittel
Vorläufiges zu algebraischen Kurven, algebraische Funktionenkörper, diskrete
Bewertungen und Stellen, Fortsetzbarkeit von Stellen, schwacher Approximationssatz, Verzweigungs- und Restklassengrad in endlichen Erweiterungen
2. Der Satz von Riemann-Roch
Divisoren, L-Räume, Grade von Nullstellen- und Polstellendivisoren, Ungleichung von Riemann, Beispiele zur direkten Berechnung des Geschlechts,
Weil-Differentiale, Riemann-Roch, Geschlecht 0 und 1, Jacobische Gruppe,
Anwendung: Addition auf elliptischen Kurven
3. Algebraische Funktionen über endlichen Körpern
Zetafunktionen von Riemann bis Weil, Endlichkeit von Divisorenzahlen und
Klassenzahlen über Fq , Rationalität und Funktionalgleichung der Zetafunktion, Konstantenkörpererweiterung, Satz von Weil (Riemannsche Vermutung),
Weil-Serre-Schranke für die Anzahl der Stellen vom Grad 1, Anwendung:
geometrische Goppa-Codes
4. Projektive algebraische Kurven
Ebene Modelle: {Stellen von K0 (x, y), F (x, y) = 0} → {Punkte der durch F
definierten Kurve im P2 }, lokaler Ring in einem Punkt, nichtsinguläre Punkte
Nichtsinguläre Modelle in Dimension n ≥ 2, K0 algebraisch abgeschlossen:
algebraische Teilmengen des Pn , Nullstellensatz für graduierte Ideale, projektive Varietäten, Kurven, projektive Einbettung durch eine L-Raum-Basis,
Nichtsingularität der Bildkurve bei genügend hohem Divisorgrad
Literatur
D.M. Goldschmidt, Algebraic functions and projective curves, Springer 2003
H. Niederreiter and C. Xing, Algebraic geometry in coding theory and cryptography, Princeton University Press 2009
H. Stichtenoth, Algebraic function fields and codes (2nd ed.), Springer 2009
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