MBB3-NW2 SS2012 Das Leerscript Physik Prof. Dr. U. Hoeppe, FB MND, Technische Hochschule Mittelhessen INHALT 1. Leerscript - Physik Elektrizität 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.6 1.6.1* 1.6.2* 1.6.3* 1.6.4* 1.6.5* Elektrische Ladung Coulombgesetz Elektrisches Feld Definition, Feldlinien Elektrisches Potential Feld als Gradient des Potentials Gaußscher Satz des elektrischen Feldes Kapazität Elektrischer Dipol Elektrischer Strom Definition Ohmsches Gesetz Spezifischer Widerstand Materie im elektrischen Feld Orientierungspolarisation Ionische Polarisierbarkeit αIon: p = αIon ε0 E Elektronische Polarisierbarkeit α∞: p = α∞ ε0 E Dispersion Ferroelektrizität 2 Magnetismus 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4* 2.1.5 2.2 2.2.1* 2.2.2* 2.2.3* 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4* Magnetfelder stationärer Ströme: Amperesches Gesetz Magnetische Induktion Lorentzkraft Hall Effekt Magnetische Dipole Materie im magnetischen Feld Paramagnetismus: χm > 1 Diamagnetismus: χm < 1 Ferromagnetismus: χm >> 1 Elektromagnetische Induktion Magnetischer Fluß Induktionsgesetz von Faraday Wechselstromgenerator Selbstinduktion und Induktivität 3 Maxwellgleichungen 4 Wechselstrom 4.1 4.2 4.3 4.4* 4.4 Addition von U, I und R Kapazitäten Induktivitäten Verluste elektromagnetischer Wellen in Materie Elektrischer Schwingkreis Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 2 5* Materie, Teilchen und Wellen 5.1 5.2 Quantennatur des Lichts Teilchen-Welle Dualismus; Materiewellen 6* Aufbau der Materie 6.1 6.1.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 Atomphysik Atommodelle Kernphysik Aufbau von Atomkernen Radioaktiver Zerfall Kernenergie und Massendefekt Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 3 1. Elektrizität 1.1 Elektrische Ladung Beobachtung: - e = 1,602181 ·10-19 C Wirkungen: - 1.2 Coulombgesetz Charles A. de Coulomb (1736-1806) → Kraft Fc zwischen zwei Punktladungen q1 und q2: vektoriell: Betrag: Elektrische Feldkonstante Physik MBB3-SS2012, Hoeppe ε0 = 8,8542 ·10-12 C2·N-1·m-2 4 1.3 Elektrisches Feld 1.3.1 Definition, Feldlinien Feld E wird definiert über die Kraftwirkung des Feldes auf eine (bel.) positive Einheitsladung q: Für eine Punktladung ergibt sich mit dem Coulombgesetz: • Die Kraftwirkung des E-Feldes auf eine pos. Probeladung verläuft tangential entlang der Feldlinien. • Die Dichte der Feldlinien beschreibt die rel. Stärke des (lokalen) E-Feldes Superpositionsprinzip: Aus dem Superpositionsprinzip und der Symmetrie ergibt sich folgende (homogene) Feldverteilung in einem Plattenkondensator: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 5 1.3.2 Elektrisches Potential Das elektrisches Potential ϕ entspricht der potentiellen Energie einer positiven Einheitsladung im elektrischen Feld: Als Elektrische Spannung U bezeichnet man die Differenz zweier Potentiale: [U]= U·q entspricht also Energie: 1V · e = 1 eV = 1,602 ·10-19 C·V = 1,602 ·10-19 J Der Zusammenhang von E-Feld bzw. Kraft und dem zugehörigen Potential ergibt sich aus ‚Arbeit = Kraft x Weg’ : Integration liefert: (wobei üblicherweise ϕ (∞) = 0 gesetzt wird) Bsp.: Bewege Elektron durch das gesamte homogene Feld eines Plattenkondensators auf die negative Seite: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 6 Aus dW = Fds folgt mit dEpot = -dW nach Integration für die Änderung der potentiellen Energie des Elektrons: Alternativ ergibt sich die Energieänderung aus der Potentialdifferenz zu: → Wird entsprechend Konvention U für positiven Pol positiv gewählt, ergibt sich für das E-Feld im Plattenkondensator: 1.3.3 Feld als Gradient des Potentials Die skalare Größe des Potentials, die Spannung, ist leicht zu messen, einzustellen oder vorzugeben. Oft ist das Potential für ein Problem auch einfacher zu berechnen. Das entsprechende E-Feld erhält man einfach durch Differentiation: bisher: jetzt: Gradient: Nabla-Operator: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 7 1.3.4 Gaußscher Satz des elektrischen Feldes Aus der ‚Zahl von Feldlinien’ die durch eine geschlossene Oberfläche dringen, lässt sich auf die Ladung innerhalb des entsprechenden Volumens schließen: Der elektrische Fluss durch eine beliebig geformte geschlossene Oberfläche entspricht der darin enthaltenen Ladung. → Gaußscher Satz: Unter Ausnutzung vorliegender Symmetrien lassen sich mit Hilfe des Gaußschen Satzes Feldverteilungen berechnen: Bsp.: Kugeloberfläche mit Punktladung im Zentrum: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 8 Der Gaußsche Satz gilt für bel. Ladungsverteilungen, mit Raumladungsdichte: oder der Flächenladungsdichte: gilt Ladungen auf elektrischen Leitern: - Ladungen sammeln sich aufgrund der Coulombkräfte an der Oberfläche - Bei (perfekten) Leitern sind alle Teile innerhalb des Leiters auf gleichem Potential. → mit U = ∆ϕ = 0 folgt auch E = 0 innerhalb des Leiters. → Aus dem gleichen Grund bildet die Oberfläche eine Äquipotentialfläche, die Tangentialkomponente verschwindet, d.h. E steht senkrecht auf der Oberfläche. Aus der Anwendung des Gaußschen Satzes auf ein Flächenelement folgt: → Bsp.1: Ladung auf Metallkugel mit Radius R → Bsp.2: Ladung auf bel. geformten Metallkörpern Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 9 1.3.5 Kapazität Die Kapazität C ist ein Maß für die Fähigkeit eines Körpers bzw. Bauteils Ladungen zu speichern: [C]= Bsp.: Plattenkondensator: C= → Bsp.: Kapazität eines Plattenkondensators mit d = 1 mm und A = 1 cm2 : → Bsp.: Kapazität einer Kugel → Bsp.: Kapazität eines Zylinderkondensators bzw. Koaxialkabels. Gespeicherte Energie: Betrachte Arbeit, die für Laden des Kondensators aufgebracht werden muss: dW = U·dQ , wobei sich U (und damit E) während des Ladens ändert → → W= Für die Energiedichte w = W/V des Elektrischen Feldes ergibt sich mit V = A·d w= Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 10 1.4 Elektrischer Dipol Dipolmomente entstehen durch zwei getrennte gleichgroße Ladungen (bzw. Ladungsverteilungen) mit entgegengesetztem Vorzeichen: Dipolmoment p : p= Feldverteilung des elektrischen Dipols: Beispiele HCl CHN H2O Berechnung Potential und Feldverteilung: Potential ϕ(r): r r r ϕ ( r ) = ϕ1 ( r ) + ϕ 2 ( r ) = q1 q 1 ⎛⎜ + r 2r r r 2 ⎜ 4πε 0 (r − r2 ) 2 ⎝ (r − r1 ) ⎞ ⎟ = ... ⎟ ⎠ Potential im Fernfeld, d.h. r >>r1, r2, d : r ϕ (r ) = r r r⋅p 4πε 0 r 3 1 Durch Differentiation ergibt sich das elektrische Feld: r r r E ( r ) = − grad ϕ ( r ) = r r r r 1 ⎛ r⋅p r p⎞ ⎜3 3 ⋅ − 3 ⎟ 4πε 0 ⎝ r r r ⎠ → Im Fernfeld ist für Dipol ϕ ~ 1/r2 und E ~ 1/r3 ϕ ~ 1/r und E ~ 1/r2 Im Vergleich dazu gilt für → Punktladung (Monopol) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 11 1.5 Elektrischer Strom 1.5.1 Definition Strom = bewegte Ladung: [I]= Ladungsträger: Elektrische Leiter: 1.5.2 Ohmsches Gesetz Ursache für einen el. Strom ist eine Kraft auf die Ladungsträger, welche proportional zur Potentialdifferenz, d.h. der Spannung ist: → Die Stärke des Stroms ist u.a. abhängig von Material und Leiterquerschnitt, zusammenfassend dem Leitwert G: → Daraus folgt das Ohmsche Gesetz: [G]= bzw. mit Definition eines elektrischen Widerstandes R = 1/G [R]= Ist G bzw. R konstant, insbesondere nicht von I bzw. U abhängig, spricht man von einem Ohmschen Widerstand. (→ Kennlinien) Werner von Siemens (1816-1892), Physik MBB3-SS2012, Hoeppe Georg Simon Ohm (1789-1854) 12 1.5.3 Spezifischer Widerstand Mit der Einführung eines spezifischen Widerstandes ρ bzw. einer spezifischen Leitfähigkeit κ erhält man um die Geometrie des Leiters bereinigte materialspezifische Größen: [ρ]= [κ]= Achtung: ρ bzw. κ sind i.A. keine Konstanten, sondern insbesondere temperaturabhängig! (→ NTC, PTC, Temperaturmessung ) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 13 1.6 Materie im elektrischen Feld Wechselwirkung von E-Feld mit elektrischen Dipolen bewirkt → Polarisation P ~ E = Ausrichtung (+ Erzeugung) elektrischer Dipole → ’Verstärkung’ oder besser ’Unterstützung’ des E-Feldes Elektrische Flussdichte = Verschiebungsdichte bzw. mit Einführung der relativen Dielektrizitätszahl εr Achtung: Die relative Dielektrizitätszahl εr ist materialspezifisch aber i.A. keine Konstante sondern insbesondere stark frequenzabhängig, d.h. εr = εr(ω). Betrachtet man die Ausbreitung von e.m. Wellen in solcher Materie, spricht man von “Dispersion“. Am bekanntesten ist das Phänomen in der Optik (Regenbogenfarben) und wird dort mit einer frequenz- bzw. wellenlängenabhängigen 1 für optische Materialien. Brechzahl n(ω) beschrieben. Dabei gilt n(ω ) = ε r (ω ) Polarisation P = Dipolmomente / Volumen Ist die Zahl der vorhandenen Dipole vom E-Feld abhängig (induzierte Dipole), wird statt der Dielektrizitätszahl oft die dielektrische Suszeptibilität χel verwendet. Diese beschreibt, wie stark ein E-Feld die jeweilige Materie polarisiert: r N r r r P = ⋅ p = n ⋅ p = χ el ⋅ ε 0 ⋅ E V → ε r = 1 + χ el da gilt r r r r r r r D = ε 0 E + P = ε 0 E + χ el ⋅ ε 0 E = (1 + χ el ) ⋅ ε 0 E = ε r ε 0 E Mikroskopisch betrachtet, verwendet man anstatt der Suszeptibilität die Größe der (lokalen, atomaren) Polarisierbarkeit α , def. über pi = α ⋅ Ei,lok Diese ist ähnlich χel , bezieht sich jedoch auf Erzeugung eines einzelnen lokalen Dipolmoments pi, da das entsprechende lokale E-Feld z.B. in einem Kristall stark ortsabhängig ist. (Stichwort: → Lorentzfeld, Entelektrisierungsfeld) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 14 1.6.1* Orientierungspolarisation → Ausrichtung permanenter Dipole im E-Feld Dipol im homogenen elektrischen Feld: r r ⎛d ⎞ r r r r r M = ∑ ri × Fi = 2 ⋅ ⎜⎜ ⋅ q ⎟⎟ × E = p × E ⎝2 ⎠ Drehmoment auf Dipol: r r r M = p× E Betrachte Arbeit, welche nötig ist, um Dipol um 180° zu drehen → (potentielle) Energie eines Dipols im E-Feld r r E pot = − p ⋅ E (mit Ep(90°) := 0) ( Stichworte: →Wasser, →LCD) 1.6.2* Ionische Polarisierbarkeit αIon: p = αIon ε0 E → Verschieben der Ladungsverteilung innerhalb eines Ionenkristalls → Verformung des Kristalls → i.A. anisotrop (Stichworte: →Piezoelektrischer Effekt: Sensoren, Lautsprecher; →Schwingquarze) 1.6.3* Elektronische Polarisierbarkeit α∞: p = α∞ ε0 E → Verschieben der „Elektronenwolken“ gegen den Atomkern → tritt bei jeder Materie auf → Noch wirksam bei sehr hohen Frequenzen Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 15 1.6.4* Dispersion Jeder der o.g. Effekte ist stark frequenzabhängig. Für die Dielektrizitätszahl εr(ω) ergibt sich schematisch folgender Verlauf: Maxima der Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätszahl sind verknüpft mit Maxima in der Absorption, d.h. mit einem Maximum an WW im Resonanzfall. 1.6.5* Ferroelektrizität In Analogie zum (länger bekannten) Ferromagnetismus spricht man im Falle sehr großer Dielektrizitätszahlen in Folge von Selbstordnungsmechanismen von Ferroelektrizität. Beim Bariumtitanat (BaTiO3) z.B. werden durch die Coulomb-WW die Ti4+ Ionen alle in die gleiche (halbstabile) Lage innerhalb eines Gitterplatzes geschoben. Bei nicht zu großen Temperaturen kommt es dadurch zu einer spontanen Polarisation. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 16 2 Magnetismus 2.1.1 Magnetfelder stationärer Ströme: Amperesches Gesetz (Stationäre) Ströme erzeugen (statische) Magnetfelder H. Ein statisches Magnetfeld H impliziert daher einen Strom I, erzeugt aber keinen. Die magn. Feldlinien beschreiben wie die elektrischen qualitativ Richtung und Stärke des H-Feldes (, im Gegensatz zum E-Feld aber keine Kraftwirkung ! ). Strom und Feld sind verknüpft durch das Amperesche Gesetz (Ampere-Maxwellsches Gesetz, Durchflutungsgesetz): [H]= ∫ bezeichnet dabei ein beliebiges geschlossenes Wegintegral, welches den Strom I einschließt. Bsp.1: Ein gerader Leiter vom Strom durchflossen erzeugt (außerhalb des Leiters) ein kreisförmiges zylindersymmetrisches H-Feld ~ 1/r: wähle (entsprechend der Symmetrie) Integrationsweg s entlang einer Feldlinie im Abstand r um den Leiter: Hier steht H immer parallel zu ds ! ... → H(r) = Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 17 Bsp.2: Lange Spule mit N Windungen auf der Länge l → H= Anmerkung: Für bel. ‚Stromfäden’ berechnet sich das resultierende H-Feld oft am besten mit dem Biot-Savartschen Gesetz, welches als Spezialfall des Ampereschen Gesetzes für dünne Leiter gilt. 2.1.2 Magnetische Induktion Analog zur elektrischen Verschiebungsdichte wird für das Vakuum B= [B]= definiert, mit der magnetischen Feldkonstanten µ0 = 4π·10-7 Vs ·A-1·m-1 Die Bedeutung von B (und D) wird bei der Behandlung der e.m. Felder in Materie deutlich. 2.1.3 Lorentzkraft Eine bewegte Ladung erfährt in einem Magnetfeld H ( bzw. B) eine Kraft F L= FL steht senkrecht auf v (und B), daher wird nur die Richtung nicht der Betrag von v geändert. Es wird daher auch keine Arbeit geleistet. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 18 Bsp.: Elektron in homogenem Magnetfeld Das Elektron wird durch die Lorentzkraft auf einer Ebene senkrecht zu B auf eine Kreisbahn gezwungen. Durch Gleichsetzen von Fliehkraft und Lorentzkraft folgt: Bahnradius Umlauffrequenz = Zyklotronfrequenz Anwendungen: Ablenkmagnete in Elektronenröhren, magnetische Linsen, Zyklotron/Betatron, Massenspektrometer, Hallsonden, Drehspulmessinstrument 2.1.4* Hall Effekt Aufgrund der Lorentzkraft werden Elektronen auch innerhalb von Leitern abgelenkt, wodurch sich eine sog. Hallspannung aufbaut, bis das E-Feld dieser Spannung die Lorentzkraft kompensiert: →→ UH = KH ⋅ B⋅I = RH ⋅ I d Physik MBB3-SS2012, Hoeppe KH = 1/nq Hallkonstante (Materialeigenschaft) RH = Hallwiderstand (Bauteileigenschaft) 19 2.1.5 Magnetische Dipole Die Tatsache der Nichtexistenz magnetischer Monopole beschreibt der Gaußscher Satz für das Magnetfeld: Kleinste Einheit ist daher ein Dipol, für einen Kreisstrom gilt: Magnetisches Dipolmoment m (Entscheidend ist die von einem Strom eingeschlossene Fläche, vgl. Durchflutungsgesetz) Für die Feldverteilung gilt ähnlich dem elektrischen Dipol im Fernfeld (ohne Herleitung): r r r r r r µ ⎛ 3 r ⋅ (m ⋅ r ) m ⎞ B (r ) = 0 ⎜ − ⎟ ~ 4π ⎝ r5 r3 ⎠ 1 r3 Das B-Feld gleicht dem elektrischen Dipolfeld also nur im Fernfeld. Im Nahfeld macht sich deutlich bemerkbar, dass die magnetischen Feldlinien geschlossen sein müssen. (vgl. Durchflutungsgesetz) Magnetfelder sind immer abbildbar auf (kleine) Kreisströme, z.B.: a) permanente Kreisströme / magnetische Momente: (Para- und Ferromagnetismus) - Drehimpuls von Elektronen → Bahnmagnetismus - Eigendrehimpuls von Elektronen → Spinmagnetismus b) induzierte Kreisströme/ magnetische Momente: (Diamagnetismus) - Induzierte Kreisströme Elektronenhülle der Atome - Wirbelströme in metallischen Leitern Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 20 2.2 Materie im magnetischen Feld Wechselwirkung von H-Feld mit magnetischen Dipolen bewirkt → Magnetisierung M ~ H = Ausrichtung (+ Erzeugung) magnetischer Dipole → ’Verstärkung’ oder besser ’Unterstützung’ des H-Feldes Magnetische Induktion bzw. mit Einführung der relativen Permeabilitätszahl µr Magnetisierung = magn. Dipolmomente / Volumen Hier wird im Falle induzierte oder permanenter Dipole oft statt der Permeabilitätszahl µr oft die magnetische Suszeptibilität χm verwendet. Diese beschreibt, wie stark ein H-Feld die jeweilige Materie magnetisiert: r N r r r M = ⋅ m = n ⋅ m = χm ⋅ H → µr = 1 + χm V r r r r r r r B = µ 0 H + µ 0 M = µ 0 H + µ 0 χ m H = (1 + χ m ) ⋅ µ 0 H = µ r µ 0 H da gilt In anisotropen Medien, z.B. in Materialien in einem äußeren statischen Magnetfeld, wird die Wechselwirkung zwischen H und M deutlich komplexer und χm muss als Tensor dargestellt werden. (Stichworte: → Magnetwerkstoffe, Ferrite, Permeabilitätstensor, Zirkulator) 2.2.1* Paramagnetismus: χm > 1 → Ausrichtung permanenter aber voneinander unabhängiger magn. Dipole → Atome, Moleküle mit ungepaarten Elektronen (→ Spinmagnetismus) 2.2.2* Diamagnetismus: χm < 1 → Induzierte magnetische Dipole = in „Elektronenwolken“ induzierte Kreisströme → Bei allen Atome und Moleküle vorhanden 2.2.3* Ferromagnetismus: χm >> 1 → Ausrichtung permanenter und miteinander gekoppelter magn. Dipole → Spontane Magnetisierung für T < TC (Curietemperatur), oberhalb paramagnetisch Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 21 2.3 Elektromagnetische Induktion 2.3.1 Magnetischer Fluss Der magnetische Fluss Φ entspricht der Zahl von magnetischen Feldlinien durch eine Fläche A: [Φ]= ( Da die magnetischen Feldlinien geschlossen sind, ist der Fluss durch eine geschlossenen Oberfläche immer null. vgl. → Gaußscher Satz für H-Feld ) 2.3.2 Induktionsgesetz von Faraday Die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses durch eine Leiterschleife induziert in dieser eine Spannung. Das Vorzeichen der Spannung ist derart, dass der resultierende Strom der erregenden Flussänderung entgegenwirkt (Lenzsche Regel). Dabei ist es vollkommen irrelevant, ob sich das Feld B oder die (gerichtete) Fläche A mit der Zeit ändern (→Produktregel). Verallgemeinerung: (Stichworte: → Induktionsschleife, Erdmagnetfeld, Energiesatz, Wirbelstrombremse) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 22 2.3.3 Wechselstromgenerator Drehe Spule mit N Windungen in konstantem magnetischen Feld hoher Flussdichte. Die hohen Flußdichten werden mit „magnetisch leitenden“ Materialien (Weicheisen mit µr >> 1) erreicht. Drehen der Spule bedeutet Änderung des von A und B eingeschlossenen Winkels . Drehung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit → α = ωt. → Sinus bzw. Cosinusförmige Änderung der zu B senkrecht stehenden Fläche. N Windungen → N-fache Spannung 2.3.4* Selbstinduktion und Induktivität → Wird der Strom durch eine Spule zeitlich verändert, so entsteht, entsprechend dem Induktionsgesetz, ein zeitlich verändertes H-Feld, welches wiederum eine dem Strom entgegengesetzte Spannung induziert (→Selbstinduktion). Dieser Effekt ist je nach Aufbau der Spule verschieden groß und und letztlich durch das Verhältnis magn. Fluss Φ zu Strom I bestimmt: L= Φ I heißt Induktivität des Bauteils/der Anordnung. & = L ⋅ I& = U : Bsp.: Für eine lange Spule ergibt sich z.B. aus Φ ind →→ L= µ0 A ⋅ N 2 Luftspule Physik MBB3-SS2012, Hoeppe l L= µ0µr A ⋅ N 2 l Spule mit Kern 23 3 3.1 Maxwellgleichungen Maxwellgleichungen • Durchflutungsgesetz (Ampere-Maxwellsches Gesetz) r r ∫ H ⋅ ds = I „Strom erzeugt Magnetfeld“ c r r r d r ∫ H ⋅ ds = I + dt ∫ D ⋅ dA c Ergänzung für zeitabhängige E bzw. D-Felder A • Induktionsgesetz r r d r r ∫c E ⋅ ds = − dt ∫A B ⋅ dA „Flußänderung induziert Spannung“ • Gaußscher Satz für E-Feld r r ∫ D ⋅ dA = ∫ ρ ⋅ dV = q A „Ladung ist Quelle von E-Feld“ V • Gaußscher Satz für H-Feld r r ∫ B ⋅ dA = 0 „Es ex. kein magnetischer Monopol“ A Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 24 3.2* Stetigkeitsbedingungen Aus den Maxwellgleichungen und geeignet gewählten Integrationswegen bzw. Integrationsflächen, lassen sich für die Grenzflächen zwischen zwei verschiedenen Medien allgemeingültige Stetigkeitsbedingungen für statische Felder herleiten. Für die Vektorkomponenten des elektrischen Feldes gilt r E|| = stetig r D⊥ = stetig )* * nur wenn keine Oberflächenladungen vorliegen und für das magnetische Feld: r H || = stetig )** r B⊥ = stetig ** nur wenn keine Oberflächenströme vorliegen (Stichwort: Induktion im →Luftspalt eines Magneten) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 25 4 4.1 Wechselströme Addition von U, I und R bei Phasenverschiebungen Beispiel: R-L-C- Serienschaltung: Relativ zur Spannung an einem ohmschen Verbraucher (dort sind Strom und Spannung in Phase) eilt bei einer Induktivität die Spannung dem Strom voraus , während sie bei der Kapazität ‚hinterherhinkt’. Die Scheitelwerte (Maximalwerte) von U, I und R lassen sich daher nicht einfach addieren, die Phasenverschiebungen müssen z.B. vektoriell im Zeigerdiagramm berücksichtigt werden: Die Zeiger im obigen Diagramm drehen mit der Frequenz ωt (Phase ϕ) der Wechselspannung, die Phasendifferenz der Scheitelwerte von ± π/2 bleibt aber jederzeit erhalten! Es bietet sich daher die vektorielle Addition der Scheitelwerte entsprechend untenstehender Grafik an. U 0 = U R + (U L − U C ) 2 2 Für die Widerstände gilt analog: Rges ⎛ 1 ⎞ ⎟⎟ = R + ( RL − RC ) = R + ⎜⎜ ω L − C ω ⎝ ⎠ 2 2 2 2 = Z ( RC und RL können sich kompensieren → „Scheinwiderstände“ ; Z = „Impedanz“) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 26 Die phasengerechte Addition der Scheitelwerte lässt sich bequem mit Hilfe der komplexen Zahlen ausführen: Wobei für die komplexe Zahl c gilt: c = a + b ⋅ i = ρ ⋅ e i⋅φ c = ρ ⋅ e i⋅φ = ρ ⋅ cos φ + i ⋅ ρ ⋅ sin φ c = ρ = a2 + b2 Setzt man für die Phase φ bei der Induktivität φ = π/2 und bei der Kapazität φ = - π/2 Ergibt sich als komplexer Widerstand die Impedanz Z: Z = R + i ⋅ω L + ⎛ 1 ⎞ ⎟⎟ = R + i ⋅ ⎜⎜ ω L − i ⋅ω C C ω ⎝ ⎠ 1 d.h. R ges = Z Mit den Rechenregeln der komplexen Zahlen ergibt sich z.B. der Gesamtwiderstand Rges automatisch als der Betrag der Impedanz. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 27 4.2 4.2.1 Kapazitäten Kapazitäten, verlustfrei Def.: C= Q U Bei angelegter Wechselspannung U (ω > 0) fließt Strom IC durch Kondensator: Sei U = U 0 ⋅ sin(ω ⋅ t ) → IC = ? → mit I 0 = ω ⋅ C ⋅ U 0 d.h. I 90° Phasenverschoben! → Kapazitiver Widerstand: D RC = U0 1 = I0 ω ⋅ C bzw.: RC = 1 i ⋅ω C → R klein für ω sehr groß und umgekehrt → Mögliche Anwendung: Hochpass und Tiefpass Bsp.: Plattenkondensator: C = ε0 ⋅εr ⋅ A = ε r ⋅ C0 d d.h. mit Dielektrikum εr wird C erhöht, Frequenzverlauf entsprechend verändert! Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 28 4.2.2 Kapazitäten, verlustbehaftet Das Einbringen eines Dielektrikums erhöht leider nicht nur die Kapazität, sondern verursacht durch eine Restleitfähigkeit auch Verluste. Im Ersatzschaltbild wird daher ein Widerstand parallel geschaltet: → Die Ströme addieren sich (vektoriell !), d.h. IR in Phase mit U aber IC phasenverschoben: ’Faires’ relatives Maß für die Verluste (abgebildet auf R): Verlustwinkel: tan δ e = IR IC = ... = G ωC Anstatt der Einführung eines Ersatzschaltbildes für das Bauteil werden die Verluste des Materials besser direkt über Einführung einer komplexen Dielektrizitätskonstante εr ≡ ε ' − i ⋅ε" dargestellt. Der Realteil ε’ beschreibt die Feld verstärkende Wirkung und der Imaginärteil ε’’ die Verluste des Materials. Auch hier ergibt sich mit den Rechenregeln für komplexe Zahlen automatisch eine Abbildung der Verluste auf einen (‚versteckt parallel geschalteten’) ohmschen Widerstand: C = ε0 ⋅εr ⋅ Physik MBB3-SS2012, Hoeppe A = C 0 ⋅ ε r = C 0 ⋅ (ε '−i ⋅ ε " ) d 29 Für den Strom durch den Kondensator ergibt sich damit: d.h. tan δ e = I R U 0 ⋅ ω C0 ⋅ ε " ε " = = IC U 0 ⋅ ω C0 ⋅ ε ' ε ' → tan δ ε = ε" ε' Sind andere Verluste vernachlässigbar, wird der Verlustwinkel daher zur reinen Materialeigenschaft des Dielektrikums! Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 30 4.3 4.3.1 Induktivitäten Induktivitäten, verlustfrei Def.: L=N⋅ Φ I → N ⋅Φ = L⋅I • • Zeitlich variierender Strom induziert Spannung in Spule: U ind = − N ⋅ Φ = − L ⋅ I Sei I = I 0 ⋅ sin(ω ⋅ t ) → U = -Uind = ? → mit U 0 = ω ⋅ L ⋅ I 0 Induktiver Widerstand: D d.h. U 90° Phasenverschoben! → RL = U0 =ωL I0 bzw.: RL = i ⋅ ω L → R steigt linear mit ω → Mögliche Anwendung: Tiefpass und Hochpass N2 = µ r ⋅ L0 Bsp.: Lange Spule: L = µ 0 ⋅ µ r ⋅ A l d.h. mit magn. Kern µr wird L erhöht, Frequenzverlauf entsprechend verändert! Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 31 4.3.2 Induktivität, verlustbehaftet Das Einbringen eines magnetischen Kerns in eine Spule erhöht leider nicht nur die Induktivität, sondern verursacht durch einen zusätzlichen Widerstand auch erhöhte Verluste. (Auch ohne Kern sind die Verluste durch den ohmschen Widerstand der Spule selbst meist nicht vernachlässigbar.) Im Ersatzschaltbild wird daher ein Widerstand in Serie geschaltet: → Für die Serienschaltung sind die Widerstände (vektoriell !), d.h. R in Phase mit U aber RL phasenverschoben zu addieren: Rges = Z = R + i ⋅ ωL = R 2 + (ωL) 2 Auch hier ist der Verlustwinkel ein ’faires’ relatives Maß für die Verluste: Verlustwinkel: tan δ m = R RL = R ωL Die Verluste sind meist wesentlich durch das magnetische Material gegeben, anstatt der Einführung eines Ersatzschaltbildes für das Bauteil werden die Verluste des Materials besser direkt über Einführung einer komplexen Permeabilitätszahl µr ≡ µ ' − i ⋅ µ" dargestellt. Der Realteil µ’ beschreibt auch hier wieder die Feld verstärkende Wirkung und der Imaginärteil µ’’ die Verluste des Materials. In komplexer Schreibweise ergibt sich damit für die Induktivität N2 = L0 ⋅ µ r = L0 ⋅ ( µ ' − i ⋅ µ " ) L = µ0 ⋅ µr ⋅ A l Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 32 und für den resultierenden Widerstand einer Spule mit Kern: RL ,µ = i ⋅ ω L = i ⋅ ω L0 ⋅ ( µ ' − i ⋅ µ " ) = i ⋅ ω L0 ⋅ µ ' + ω L0 ⋅ µ " ≡ RL + R d.h. tan δ m = R RL = ω L0 ⋅ µ " µ " = ω L0 ⋅ µ ' µ ' → tan δ µ = µ" µ' Sind, wie oben angenommen, die ohmschen Verluste gegenüber den magnetische Verlusten des Kerns vernachlässigbar klein, wird der Verlustwinkel daher zur reinen Materialeigenschaft ! 4.4* Verlustleistung in Materialien bei Ausbreitung elektromagnetischer Wellen Wie bei der Ausbreitung von Licht durch ein verlustbehaftetes Medium (-> Lambert Beer’sches Gesetz) ist auch bei der Ausbreitung von Wellen auf Wellenleitern (z.B. Kabeln) ein exponentieller Abfall von Strom, Spannung bzw. der Leistung zu erwarten. In der Leitungstheorie ordnet man einer Leitung einen Kapazitäts- und einen Induktivitätsbelag C’ = C/l und L’ = L/l zu: Sind diese von εr bzw. µr abhängig, werden die Verluste durch das Material längs der Leitung wieder richtig durch die Imaginärteile von εr und µr beschrieben. Für kleine Verluste (der relevante Anwendungsfall) gilt k = ω L' C ' . Für ein Koaxialkabel ergibt sich damit k = ω c bzw. c = f ⋅ λ . Es ist somit dispersionsfrei. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 33 Beispiel: Koaxialkabel mit Dielektrikum U = U 0 ⋅ cos(ω t − k x) bzw. U = U 0 ⋅ e (Strom und) Spannung als Welle: i (ω t − k x ) Für Koaxialkabel gilt daher wie für die Ausbreitung im freien Raum: c = f ⋅λ = 1 µ ⋅ε 1 = µ 0 µ r ⋅ ε 0ε r = c0 µr ⋅ ε r 1 c0 = mit µ0 ⋅ ε 0 Da f = const ändert sich in Materie daher die Wellenlänge bzw. die Wellenzahl: λ k0 c = = = c0 λ0 k 1 µr ⋅ ε r → k = k0 ⋅ µ r ⋅ ε r mit µr = 1 , εr = ε’ – iε’’ und kleine Verluste, d.h. ε’’ << ε (bzw. tan δ ε ≤ 10 −3 ) : U = U0 ⋅e d.h. i (ω t − k x ) = U0 ⋅e U = U0 ⋅e i ( ω t − k 0 ⋅ ε ' − iε '' ⋅ x ) i (ω t − k ' x ) ⋅e = ... = U 0 ⋅ e − 12 tan δ ε ⋅k ' x mit i (ω t − k ' x ) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe − tan δ ε ⋅k ' x 1 ε '' ⋅k ' x 2ε' k ' = k0 ⋅ ε ' Die Amplitude nimmt also längs der Leitung mit dem Faktor die Leistung P ~ U² mit dem Faktor e ⋅e − e − 12 tan δ ε ⋅k ' x ab, . 34 4.5 Elektrischer Schwingkreis Entsprechend den Definitionen der jeweiligen Bauteile/Größen gilt für: Induktivität L: Ohmscher Widerstand R: Kapazität C: Nach der sog. Maschenregel (→ Kirchhoffsche Gesetze) ist die Summe der Spannungsabfälle in obiger Schaltung = 0, d.h. es gilt Die Schwingung wird letztlich von den Ladungen Q im Stromkreis ausgeführt, mit der Definition des Stroms I = dQ/dt folgt also Für diese (jetzt bekannte) DGL erhält man als Lösung eine zeitlich sinusförmige Ladungsverschiebung und somit auch einen sinusförmigen Verlauf von Strom und Spannung mit der Eigenfrequenz . Für einen (in der Praxis immer) gedämpften und getriebenen Schwingkreis, erhält man Resonanzkurven wie im vorigen Kapitel dargestellt. Dieses Resonanzverhalten ist z.B. Grundlage für Radiosender und -empfänger. (→ Elektrischer LC-Schwingkreis, Filter, Radio, Marconi) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 35 Beispiele für Anwendung von R-C-L Kombinationen / Schwingkreise: a) Frequenzweiche: b) Serienschwingkreis → Filter: c) Parallelschwingkreis → Filter, Oszillator: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 36 5 5.1 Materie, Teilchen und Wellen Quantennatur des Lichts Newtons Teilchenhypothese des Lichts ist ungeeignet zur Beschreibung der Ausbreitung des Lichts. Zur Erklärung von z.B. Beugung und Interferenz muss das Wellenmodell verwendet werden. Es zeigt sich jedoch, dass zur Beschreibung von Wechselwirkungen des Lichts mit Materie (Absorption und Emission) wieder ein Teilchencharakter des Lichts angenommen werden muss (→ Lichtquanten, Photonen) Photoeffekt Fällt (monochromatisches) Licht auf eine (elektrisch leitende) Kathode in einer Vakuumröhre, so können durch das Licht Elektronen ausgelöst werden. Die über die Anode abfließenden Elektronen können als elektrischer Strom gemessen werden: Dieser Strom nimmt mit der Lichtintensität zu, kann aber unabhängig von der Lichtintensität I durch Anlegen einer Gegenspannung U0 zum versiegen gebracht werden! Man beobachtet, dass die jeweilig anzulegende Spannung U0 eine lineare Funktion der Frequenz f des eingestrahlten Lichts ist: U 0 = U 0 ( f ) = const ⋅ f − ∆U ∆U = const ⋅ f grenz Auch ohne Anlegen einer Gegenspannung, also für U0 = 0 , wird erst ab f ≥ fgrenz ein Photostrom beobachtet. ∆U ist weder von der Frequenz noch von der Intensität des Lichts abhängig sondern nur abhängig von den verwendeten Materialien im Versuchsaufbau. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 37 Erklärung (Einstein, 1905): Licht kann seine Energie nur in ‚Portionen’ abgeben, wobei eine ‚Energieportion’ E = h⋅f ein Lichtquant bzw. ein Photon definiert. h ist das sog. Planck’sche Wirkungsquantum: h = 6,626⋅ 10-34 J⋅s Interpretiert man ∆U⋅e als Austrittsarbeit ∆WA, welche geleistet werden muss, um die Elektronen aus der Kathode zu lösen, ergibt sich: U ⋅ e + ∆U ⋅ e = U ⋅ e + ∆W A = const ⋅ f ≡ h ⋅ f = E PHOTON Es fließt demnach nur ein Strom, wenn die Energie der eingestrahlten Photonen größer ist als ∆WA, und die ausgelösten Elektronen noch eine positive kinetische Energie Ekin = h⋅f - ∆WA erhalten. Anwendungen des Photoeffekts: - Lichtintensitätsmessung Photozelle wie oben abgebildet wird bei pos. angelegter Spannung U in Sättigung betrieben. Der Photostrom ist dann proportional zur Lichtintensität, d.h. zur Zahl einfallender Photonen (Bsp.: Geigerzähler) - Sekundärelektronenvervielfacher (→ Photomultiplier) Über die Erzeugung von Photonen durch einzelne schnelle Elektronen, werden wiederum in einer Hochspannungsanordnung mittels des Photoeffekts viele Elektronen ausgelöst und damit zu leicht messbaren Stromstößen. (s.a. REM) - Halbleiterbauteile wie z.B. Solarzelle ( innerer Photoeffekt ) Durch Absorption eines Photons wird ein Atom bzw. Molekül ionisiert. Das freie Elektron verlässt aber das Material nicht, sondern bleibt als Ladungsträger in dem Festkörper erhalten (Anhebung ins Leitungsband). So wird die Leitfähigkeit bzw. der elektr. Widerstand des Halbleiters abhängig von der Lichtintensität (→ Photosensoren). Werden bei geeigneter Kombination von Halbleitern die vom Licht erzeugten Ladungen getrennt, kann die Lichtenergie in elektrischen Strom umgewandelt werden. Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 38 5.2 Teilchen-Welle Dualismus; Materiewellen A) Elektronenstreuexperiment von G.P. Thomson (1892-1975) 1927 : Thomson beschoss eine Graphitfolie mit in einer Vakuumröhre beschleunigten Elektronen. Das beobachtete Interferenzbild am Schirm kann nur durch Welleneigenschaften der Elektronen erklärt werden. bereits zuvor: B) De Broglie (1892-1987) Wellenlänge von Teilchen 1924 : Teilchen haben entsprechend ihres Impulses p (d.h. ihrer Masse und kinetischen Energie) eine Wellenlänge h λ deBroglie = p und breiten sich wie Wellen aus. Für im E-Feld beschleunigte Elektronen gilt mit E kin = λe = − h = p 1 p2 =U ⋅e: me v 2 = 2 2 ⋅ me h 2 ⋅ me ⋅ U ⋅ e Streuexperimente wie das von Thomson lassen sich so erklären. Es zeigt sich letztlich, das ein Teilchen nicht durch eine Welle allein sondern durch ein Wellenpaket beschrieben werden muss. Die Teilchengeschwindigkeit entspricht der Gruppengeschwindigkeit dieses Wellenpaketes und nicht der (größeren) Phasengeschwindigkeit. In Folge der Dispersion laufen diese Wellenpakete „mit der Zeit auseinander“, wodurch der Ort eines Teilchens immer unbestimmter wird. Hier zeigen sich bereits die begrifflichen Schwierigkeiten der ‚Wellenmechanik’ bzw. der Quantentheorie (→Unschärferelation, Messprozess). Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 39 6 6.1 6.1.1 Aufbau der Materie Atomphysik Atommodelle A) Spektrallinien Licht wird von Materie / Atomen i.A. nicht als kontinuierliches Spektrum, sondern insbesondere von Gasen als Linienspektrum emittiert. Balmer (1825-1898) fand 1885 empirisch, dass das Linienspektrum des Wasserstoff darstellbar ist als: f = 1 ⎞ ⎛ 1 = Rf ⎜ 2 − 2 ⎟ λ n ⎠ ⎝m c Rf = 3,288·1015 Hz, Rydbergfrequenz Neben den chemischen Eigenschaften der Atome, musste ein gutes Modell für den Aufbau eines Atoms auch die Spektrallinien erklären können. B) Atommodell von J.J. Thomson (1856-1940) 1904: Spektrallinien ? Streuversuch von Rutherford? C) Streuversuch von Rutherford (1871-1937) 1911: Beschuss einer dünnen Goldfolie mit Teilchen (He2+-Kernen): Die meisten Teilchen werden kaum oder gar nicht abgelenkt Winkelverteilung der Streustrahlung war theoretisch nur erklärbar mit der Annahme von „harten“ schweren Kernen mit Durchmessern von ca. 10-15 m, also viel kleiner als Atom mit ca. 10-10 m! Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 40 D) Rutherford / Bohrsches (1885-1962) Atommodell 1916: Fe = 1 e 2 ! me v 2 = = Fz 4πε 0 r 2 r E pot = − 1 e2 4πε 0 r ; Ekin = 1 me v 2 2 → Gesamtenergie Eges = Ekin + E pot = − 1 e2 8πε 0 r Strahlung? Forderung Bohr: Stabile Bahn nur für ! Wirkung = ∫ pdq = n ⋅ h → rn = bzw. r l = n⋅h n 2ε 0 h 2 =: n 2 r0 π mee 2 En = − n = 1, 2, 3, .. 1 me e 4 1 =: − 2 E A 2 2 n 8ε 0 h n n: Energie / Hauptquantenzahl ( Energien bzgl. l entartet) Das Spektrum des H-Atoms: En = − 1 me e 4 1 1 = − 2 2,18010 ⋅ 10 −18 J = − 2 13,6 eV 2 2 n 8ε 0 h n n Emission / Absorption: hf i ,k = hω i ,k = ∆Ei ,k = Ei − E k = 13,6 eV ⋅ 1 1 − 2 2 i k i, k = 1, 2, 3 .. → f i ,k = ∆E i , k h = 13,6 eV 1 1 ⋅ 2 − 2 h i k Die Balmer Serie entspricht Übergängen von angeregten Zuständen mit n = 3, 4, 5, .. auf den Zustand n = 2. Später beobachtet: → n = 1: Lyman-Serie (UV) → n = 3: Paschen-Serie (IR) → n = 4: Bracket-Serie (IR) → n = 5: Pfund-Serie (IR) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 41 Definitionsgemäß ist die Energie eines freien Elektrons positiv, die eines gebundenen Elektrons negativ (→Bindungsenergie). Ein angeregter Zustand entspricht einer höheren Energie (n > 1) bzw. geringeren Bindungsenergie. Für die Ionisation aus dem Grundzustand, also dem Übergang n = 1 → n = ∞, wird folglich die Energie entsprechend n = 1 also 13,6 eV = 2,18·10-18 J für das H-Atom benötigt. Was für die Emission von Licht gilt, gilt auch für die Absorption: Dies erklärt u.a. das ‚reverse’ Absorptionsspektrum des Sonnenlichts hervorgerufen durch vergleichsweise kühlere Gase in den äußeren Schichten der Sonne(n). (→ Fraunhoferlinien) E) Ergänzungen des Bohrschen Modells durch Sommerfeld (1868-1951) - Berücksichtigung der Mitbewegung des Kerns (reduzierte Masse des e-) - Zulassen von Ellipsenbahnen (vgl. Planeten) + relativistische Masse des e→ Aufhebung der l – Entartung (d.h. Energien auch von l abhängig) → weitere Quantenzahl l = 0, 1, .. n-1 → Erklärung der Feinstruktur, z.B. gelbe „Natrium D-Linie“ bei ~ 590 nm ↔ 589,59 nm + 589,00 nm Alle klassischen Atommodelle versagen bei größeren bzw. komplizierteren Atomen, neben den Spektrallinien können u.a. die magnetischen Eigenschaften nicht erklärt werden. F) Quantenmechanisches Atommodell Die Schrödingergleichung der Quantentheorie ‚liefert’ für gebundene Teilchen (z.B. e- im Atom) immer Lösungen/erlaubte Zustände mit diskreten Energien (→ Quantisierung). Alle beobachteten Spektrallinien, von Atomen (und auch Molekülen) können erklärt werden. Die Beschreibung von Materie als Wellen führt letztlich nur zu Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Raum (→ Orbitale) anstelle eines genau definierten Ortes der betrachteten Elektronen. Sehr stark vereinfacht: e- als stehende Welle im Potential des Atomkerns. Es sind nur Wellenlängen und damit Zustände erlaubt, für die sich „konstruktive Interferenz“ ergibt, d.h. der Umfang der Elektronenbahn muss ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge sein: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 42 Aus der relativistischen Theorie des Elektrons von Dirac (1902-1984) 1928 folgt neben n und l eine weitere Quantenzahl s, welche den Spin = Eigendrehimpuls des Elektrons beschreibt. Die Struktur des Periodensystems der Elemente spiegelt sich in den Quantenzahlen n, l und s sowie der Ausrichtung der Drehimpulse im Raum gekennzeichnet durch ml und ms wieder. 6.2 6.2.1 Kernphysik Aufbau von Atomkernen Atomhülle: Elektronen eAtomkern: Nukleonen: - Protonen p+ - Neutronen n me = 9,1095 ⋅10-31 kg re ≅ 2,8 fm mp = 1,6726 ⋅10-27 kg mn = 1,6748 ⋅10-27 kg rp ≅ 1,2 fm rn ≅ 1,2 fm Allgemeine Bezeichnung verschiedener Atomkerne, Nuklide: A Z XN Z N A Protonenzahl = Ordnungszahl (= Elektronenzahl) Neutronenzahl = Z + N Nukleonenzahl = Massenzahl Isotope = Nuklide eines chem. Elements Bsp.: H → 1H (Wasserstoff), 2H (Deuterium), 3H (Tritium) Angabe der Massenzahl A mit Zeichen für chem. Element eindeutig. Ausführlich: 1 1 H0 2 1 H1 3 1 H2 Massenzahl M (= Ar relative Atommasse) im Periodensystem der chem. Elemente ist gewichteter Mittelwert entsprechend der natürlichen Häufigkeit. Bsp: Kohlenstoff: M(C) = 98,90 % ⋅ M(12C) + 1,10% ⋅ M(13C) + 0,00% ⋅ M(14C) = 12,0107 [ u bzw. g/mol] 6.2.2 Radioaktiver Zerfall Beobachtung: Atomkerne sind i.A. instabil, d.h. sie zerfallen in andere Nuklide unter Abgabe von Strahlung → Natürliche Radioaktivität: α - Strahlung: He-Kerne 4He2+ β - Strahlung: Elektronen eγ - Strahlung: Photonen hoher Energie (MeV) → Künstliche Radioaktivität: Positronenstrahlung e+ , Protonenstrahlung p , Neutronenstrahlung n Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 43 A) Zerfallsgesetz Ein (instabiler) Kern zerfalle mit Wahrscheinlichkeit λ, d.h. er habe eine mittlere Lebensdauer τ = 1/λ. Messbar nur für große Zahl N von Kernen → Aktivität einer Stoffmenge/Probe: N (t ) = N 0 ⋅ e = N0 ⋅ e 20 − t N [ 10 −λ ⋅t ] dN = −λ ⋅ N ⋅ dt → A:= λ⋅N τ Becquerel : 1 Bq = 32 28 24 20 16 12 8 4 0 1 Ereignis s T½ = 20 0 20 40 60 80 100 Zeit Nach der Zeit t = T½ = τ⋅ln2 ist die Hälfte der Kerne zerfallen. B) Zerfallsarten α - Zerfall ( vorwiegend bei schweren Kernen ) A Z K α ⎯ ⎯→ A− 4 Z −2 K ∗ + 24He 2 + β - Zerfall ( Neutron → Proton + Elektron ) A Z K β ⎯⎯→ K ∗ + e− A Z +1 γ - Zerfall ( eigentlich Folgereaktion ) A Z K∗ γ ⎯ ⎯→ K +γ A Z Bsp.: Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 44 6.3 Kernenergie und Massendefekt Die freiwerdenden Energien beim Kernzerfall, Kernspaltung oder Kernfusion entspricht freiwerdender Bindungsenergie. Diese sind bei Atomkernen so groß, dass sie sich entsprechend E = mc² in einem messbaren Massendefekt äußern. Bsp.: Sauerstoff ist (letztlich aus Wasserstoff) durch Kernfusionsreaktionen im Inneren von Sternen entstanden. Die dabei freigewordene Energie ’fehlt’ dem Sauerstoffkern, weshalb er leichter ’als erwartet’ ist: 16 O besteht aus 8 Protonen 8 Neutronen 8 Elektronen Summe: 8 x mp = 8 x mn = 8 x me = 8 x 1,67262 ⋅10-27 kg 8 x 1,67482 ⋅10-27 kg 8 x 0,00091 ⋅10-27 kg 26,7868 ⋅10-27 kg Die Masse von 16O ist jedoch 16,1313 u = 26,6395 ⋅10-27 kg, d.h. kleiner! Entscheidend ist die Summe der Bindungsenergien bzw. Massendefekte aller beteiligten Nukleonen. Betrachtet man den Massendefekt pro Nukleon, lässt sich leicht ablesen durch welche Prozesse Energie frei werden kann: Massendefekt / Nukleon [ MeV ] 0 -1 -2 -3 Kernfusion -4 Energiegewinn durch Kernspaltung -5 -6 -7 -8 -9 -10 0 50 100 150 200 250 Nukleonenzahl = Massenzahl A In obiger (schematischer) Darstellung lässt sich auch zeigen: - Die leichten Elemente bis ~ 56Fe entstehen unter Energiegewinn durch Kernfusion in Sternen. ( Anwendung: Fusionsreaktor, Wasserstoffbombe ) - Die schwereren Elemente entstehen unter Energieverbrauch wahrscheinlich hauptsächlich während Supernova-Explosionen. (Eine Fusion von sehr vielen Nukleonen zu einem schweren Kern wäre denkbar, ist aber viel zu unwahrscheinlich.) Umgekehrt wird durch Kernspaltung (in mittelschwere Nuklide) Energie frei. ( Anwendung: Atomkraftwerke, Atombombe ) Physik MBB3-SS2012, Hoeppe 45