Effekte der Halbleiterphysik der zweidimensionalen Ladungsträgersysteme unter extremen Bedingungen (tiefe Temperaturen und hohe Magnetfeldstärken) ausgeübt. Die interessanten physikalischen Ergebnisse zum QHE stimulierten darüber hinaus eine Vielzahl von theoretischen Arbeiten, die weit über den engen Bereich der Halbleiterphysik hinauswirkten. Einige der theoretischen Konzepte, die im Zusammenhang mit dem ganzzahligen und dem fraktionalen QHE entwickelt wurden, sind inzwischen auch auf anderen Gebieten der Festkörperphysik, z.B. in der Physik der Hochtemperatur–Supraleiter, populär geworden. Literatur [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] VON K LITZING , K.; D ORDA , G.; P EPPER , M.: Phys. Rev. Lett. 45 (1980) 494. T SUI , D.C.; S T ÖRMER , H.L.; G OSSARD , A.C.: Phys. Rev. Lett. 48 (1982) 1559. S PANGENBERG , T.: Diplomarbeit, Humboldt–Universität Berlin, 1997. S T ÖRMER , H.L.: Phys. Bl. 40 (1984) 308. 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Für die Herstellung von Quantenpunkten bestehen grundsätzlich zwei Wege: künstliche Strukturierung aus einem Schichtsystem und selbstorganisierte Entstehung. Die künstliche Definition der Quantenpunktgeometrie beruht meist auf Lithographietechniken mit nachfolgender Strukturierung, z.B. durch Ätzen oder Definition von Elektroden. Mit verhältnismäßig großem Aufwand können Strukturen bis in den 10 nm– Bereich hergestellt werden. Die zweite Methode nutzt Selbstordnungseffekte der Materialien auf der Nanometerskala, die die Erzeugung einer riesigen Menge von Quantenpunkten in Sekundenschnelle erlauben. Die erste Anwendung von Quantenpunkten geschah in dotierten Gläsern, die als Farb–Kantenfilter oder nichtlineare Absorber verwendet werden [2]. Nanokristalline Halbleitereinschlüsse (z.B. CdSeS) bestimmen hier die Absorptionskante und damit die Farbe. Neuartige und verbesserte Halbleiter–Laserdioden beruhen auf der Nutzung von Quantenpunkten als aktives Medium. Geringere Schwellenströme, geringere Temperaturabhängigkeit und neue Wellenlängenbereiche gehören zu den realisierten Vorteilen [3]. Quantenpunkte eignen sich zur Speicherung einzelner Elektronen und können zu einer minaturisierten Mikroelektronik führen [4]. Bei einem auf dem C OULOMB–Blockade–Effekt beruhenden Einzelelektronentransistor (SET – Single Electron Transistor) bewirkt ein einzelnes Elektron den Schaltvorgang. Der Quantenpunkt wirkt als Kapazität; durch die hohe C OULOMB– Wechselwirkungsenergie mit einem weiteren Elektron ist die Beladung des Quantenpunkts bei einem bestimmten Potenzial auf eine ganzzahlige Elektronenzahl festgelegt. Dieser Effekt kann in einem Turnstile–Bauelement genutzt werden, bei dem die Rate durch einen Quantenpunkt tunnelnder Elektronen der angelegten Modulationsfrequenz der äußeren Potenziale entspricht. Hierdurch kann aus einem Frequenznormal ein Stromnormal erzeugt werden. In Quantenfäden sind die Ladungsträger entlang einer Raumrichtung frei beweglich. Quantisierung findet in zwei dazu senkrechten Raumrichtungen statt. Streuprozesse in der Nähe der Fermikante werden stark reduziert, da elastische Streuung nur von k nach −k möglich ist. Es bestehen Anwendungsmöglichkeiten bei Transistoren mit hoher Beweglichkeit. 478 Quantenfäden, Quantenpunkte Sachverhalt Bei der Verringerung der Größe eines Stücks Materie, ändern sich seine physikalischen Eigenschaften gegenüber denen des Volumenmaterials merklich, wenn man in die Größenordnung von Nanometern kommt. Die Rolle der Oberfläche wird verglichen mit dem Volumen immer wichtiger, da ihr relativer Anteil steigt. Fundamentale Parameter wie z.B. der Schmelzpunkt bei Metallpartikeln verändern sich. Wird der Nanokristallit immer kleiner, dann gelangt man in das Regime von Clustern, deren Eigenschaften diskret von der genauen Zahl der konstituierenden Atome und deren Anordnung abhängen. Im Folgenden werden die Ausführungen im Wesentlichen auf Halbleiter–Nanokristallite beschränkt, die kohärent, d.h. defektfrei, in eine Halbleitermatrix eingebettet sind. Der Bandabstand des Quantenpunktes soll dabei kleiner als der der umgebenden Matrix sein, sodass sich ein attraktives Potenzial ergibt. In diesem werden Ladungsträger lokalisiert und ihre Bewegung quantisiert (Dimensionsquantisierungs–Effekt). Die Beladung mit einzelnen Elektronen führt zu merklichen Auswirkungen auf die Ladungsträgertransport– Eigenschaften (C OULOMB–Blockade–Effekt). Es gibt mannigfaltige Wege, Halbleiter–Quantenpunkte zu erzeugen. Zu den wichtigsten gehören: – Einbettung in Gläser durch diffusionskontrolliertes Wachstum in der Schmelze. – Einbettung in poröse Matrizen, z.B. Zeolite, poröse Gläser oder die so genannten MCMs (engl. Mobil Crystalline Material). – Herstellung in einem Plasma oder in einer Flamme (Aerosoltechnik). – Nutzung von organometallischer und Polymer– Chemie, z.B. kolloidale Lösungen. – Selbstorganisiertes Wachstum auf Halbleiteroberflächen. – Künstliche Strukturierung mittels Lithographie und Ätztechniken. – Elektrostatische Definition durch Elektroden auf einem zweidimensionalen Ladungsträgergas (2DEG, engl. Two–Dimensional Electron Gas). Für Quantenfäden wurden verschiedene Herstellungswege realisiert, von denen künstliche Strukturierung und das Wachstum auf strukturierten Substraten, insbesondere V–förmigen Gräben, die wichtigsten sind. Viele grundlegende Untersuchungen zum Transport von Ladungsträgern durch Quantenpunkte wurden an lateralen Tunnelkontakten durchgeführt. Diese können durch eine Elektrodenstruktur über einem 2DEG realisiert werden, das durch geeignet angelegte Spannungen verarmt wird. Eine weitere Möglichkeit, laterale Tunnelkontakte zu erzeugen, ist die lokale laterale Oxidation von Halbleitern oder Metallen mithilfe einer Rastertunnel– oder Rasterkraft–Mikroskopiespitze. Unter geeigneten Bedingungen ordnet sich die Materie von selbst zu Nanostrukturen. Für Quantenpunkte von besonderem Interesse sind Selbstordnungseffekte an Halbleiter–Oberflächen [1]. Beim Wachstum hinreichend verspannter Heterostrukturen (aus Materialien mit verschiedener Gitterkonstante) entstehen Inseln, da die dreidimensionale Geometrie gegenüber einer zweidimensionalen Schicht eine Relaxation der Verspannungsenergie erlaubt. Unter bestimmten Wachstumsbedingungen entstehen Ensembles von Inseln ähnlicher Größe und Form. In hinreichend dichten Ensembles findet auch eine Ordnung bezüglich der relativen lateralen Position statt. In Stapeln wachsen die Quantenpunkte durch Verspannungseffekte vertikal aufeinander. Die entstandenen Inseln können mit dem Halbleitermatrix–Material überwachsen werden und so in eine Bauelement–Struktur eingebettet werden. Kennwerte, Funktionen Dimensionsquantisierungs–Effekt Die elektronischen Eigenschaften eines Quantenpunkts hängen durch den Dimensionsquantisierungs–Effekt von seiner Größe ab, wenn diese in den Bereich der DE B ROGLIE – Materiewellenlänge kommt. Für den einfachen Fall eines kubischen Quantenpunkts (Kantenlänge a) mit unendlich hoher Barriere hat ein Elektron der effektiven Masse m die Energieniveaus Enx ny nz = π 2 2 n2x + n2y + n2z , 2m a2 nx , ny , nz = 1, 2, . . . (1) Eine entsprechende Formel gilt für die Quantisierungsenergien der Löcher. Die zusätzlichen Energien durch Quantisierung führen zu einer Erhöhung des fundamentalen Bandabstandes. Die Zustandsdichte wird diskret (Abb. 1 ), ähnlich der eines natürlichen Atoms. Daher werden Quantenpunkte auch als künstliche Atome“ be” zeichnet. In Quantenfäden findet Dimensionsquantisierung nur in zwei Raumrichtungen statt; es gilt eine (1) entsprechende Gleichung für nur zwei Quantenzahlen, nx und ny . In der dritten Richtung (z) sind Ladungsträger frei beweglich und haben eine kontinuierliche Dispersion 2 kz2 /2m. Für jeden quantisierten Zustand gibt es ein kontinuierliches Band von Zuständen, dessen Zustandsdichte ∼ 1/ E − Enx ny an der Bandkante singulär ist (Abb. 1 ). Entlang einer Raumrichtung sind die Ladungsträger noch frei beweglich. Streuprozesse in der Nähe der F ERMI–Kante werden stark reduziert, da elastische Streuung nur von k nach −k möglich ist. 479 Effekte der Halbleiterphysik Volumenmaterial D(E) Ec Quantenfilm D(E) Ec Quantenfaden E D(E) Ec Quantenpunkt E E D(E) ten führen. Für II–VI–Halbleiter sind die Exzitonen wesentlich kleiner, sodass hier Quantenpunktgrößen von wenigen nm für die Erzeugung von Quantisierungseffekten notwendig sind. Um nicht durch thermische Fluktuationen bedeutungslos zu werden, muss der Abstand quantisierter Niveaus, z.B. E211 –E111 , groß gegen kT (26 meV bei Raumtemperatur) sein. In einem Ensemble von Quantenpunkten muss zudem die Fluktuation der geometrischen Parameter, insbesondere der Größe, klein sein. Eine Größenfluktuation bedeutet eine Variation der Grundzustandsenergie, die die atomar scharfe Zustandsdichte inhomogen verbreitert. Um eine Trennung von Grund– und Anregungszustand zu erreichen, ist eine relative Größenfluktuation von σR /R < 10 % notwendig. Für optoelektronische Anwendungen wie Laser, Verstärker, Modulatoren oder Photodetektoren sind die optischen Eigenschaften von Quantenpunkten entscheiE Ec dend. Im Folgenden werden die wesentlichen Merkmale Abb. 1 Schematische Darstellung und elektronische Zustandsdich- des Spektrums und der Oszillatorstärke behandelt. te in Volumenmaterial, Quantenfilm1 , Quantenfaden und QuantenIn Abb. 2 ist das Photolumineszenzspektrum von punkt. InGaAs–Quantenpunkten in GaAs gezeigt. Mit zunehmender Anregungsdichte treten neben dem GrundzuDie Verläufe der Zustandsdichte für null– und ein- stand weitere Peaks aufgrund von angeregten Zuständen dimensionale Systeme stellen eine signifikante Modifi- auf, die die Schalenstruktur des Quantenpunktes widerkation gegenüber Volumenmaterial und dünnen zwei– spiegeln. Zusätzlich sind noch Lumineszenz aus dem dimensionalen Schichten (Quantenfilme oder Quan- Substrat (GaAs) und einer zweidimensionalen dünnen tentöpfe) dar (Abb. 1 ). Benetzungsschicht (WL, engl. Wetting Layer), die beim Berücksichtigt man die Endlichkeit der umgebenden selbstorganisierten Wachstum entsteht, zu beobachten. Barriere, gibt es gebundene Zustände im Quantenpunkt Das hier beobachtete Spektrum stammt von vielen Milnur, wenn das Potenzial tief genug ist. Für eine Kugel liarden Quantenpunkten gleichzeitig. Die Übergänge des Radius R ergibt sich eine minimale Potenzialtiefe sind spektral inhomogen durch Fluktuationen der Quantenpunktgröße verbreitert. Allerdings sind die FlukV0,min gemäß tuationen so gering, dass die Zustände klar getrennt π 2 2 bleiben. Sowohl der Abstand quantisierter Niveaus als . (2) V0,min < 8mR2 auch die Lokalisierungsenergie, der Abstand zur BarDa Elektronen und Löcher in den Quantenpunkten riere (WL oder GaAs), sind groß gegen kT . Die Welauf kleinem Raum zusammengepresst“ werden, nimmt lenlängen der Übergänge hängen neben den verwende” auch die gegenseitige C OULOMB–Wechselwirkung, die ten Materialien von der Größe der Quantenpunkte ab im Volumenmaterial z.B. zur Exzitonenbildung führt, und können darüber variiert werden. zu. Bei welcher Quantenpunktgröße merkliche Effekte auftreten, hängt von den Eigenschaften des betrachteten Materials ab, insbesondere von den Ladungsträgermassen, aber für die C OULOMB–Effekte auch von der Dielektrizitäts–Konstante. Für III–V–Halbleiter sind typische Exzitonen–B OHRradien > 10 nm, sodass Quantenpunkte entsprechender Größe zu merklichen Effek- Die Stärke der Absorption und des Gewinns im Falle der Ladungsträgerinversion ist pro Volumen des Quantenpunkts gerechnet extrem hoch. Der so definierte Materialgewinn beträgt typischerweise ∼ 105 cm−1 ; der Absorptionskoeffizient pro Quantenpunktvolumen hat einen entsprechenden Wert. In einem realen Bauelement muss aber berücksichtigt werden, dass nicht das gesamte Volumen, in dem die optische Welle läuft, restlos mit Quantenpunkten aufgefüllt ist. Der Füllfaktor beträgt ty1 Nach dem eindimensionalen Potenzialverlauf senkrecht zur pischerweise 10−3 − 10−4 , sodass der tatsächliche, so Schichtebene spricht man oft auch von Quantentopf“ (engl. quan” genannte modale Gewinn 10 − 100 cm−1 beträgt. tum well). 480 Quantenfäden, Quantenpunkte Kapazität im Bereich 10−19 − 10−18 F liegen und die Quantenpunkte dürfen nur wenige nm groß sein. Zudem muss zur Beobachtung von Einzelladungseffekten der Widerstand Rt der Tunnelbarrieren hinreichend I (W/cm2 ): hoch sein, damit man davon sprechen kann, dass das 103 500 Elektron in der Source– bzw. Drain–Elektrode oder im 50 Quantenpunkt lokalisiert ist. Die Bedingung hierfür ist 102 Rt >> h/e2 . Bezüglich des Leitfähigkeit–Quantums 5 s. Quanten–Hall–Effekt, S. 472. 101 Durch die Gate–Elektrode kann die elektrostatische 0,5 Energie des Quantenpunktes kontinuierlich geändert 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 werden. Die elektrostatische SelbstwechselwirkungsEnergie /eV energie eines Quantenpunktes der Kapazität C, der kaAbb. 2 Photolumineszenzspektren eines InGaAs/GaAs–Quanten- pazitiv an eine Gate–Elektrode mit dem Potenzial VG punkt–Ensembles bei Raumtemperatur und verschiedenen Anre- gekoppelt ist (Abb. 3 ), ist Photolumineszenz-Intensität 104 Wellenlänge /µm 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 Quantenpunkte 300 K WL GaAs gungsdichten. WL bezeichnet Lumineszenz der Benetzungsschicht, GaAs die des Substrats. C OULOMB–Blockade–Effekt In Abb. 3 ist ein Quantenpunkt schematisch dargestellt, der kapazitiv an eine Gate–Elektrode gekoppelt und mit Tunnelbarrieren an äußere Elektroden verbunden ist. Zwischen Source und Drain soll eine sehr kleine Spannung VSD angelegt sein, sodass prinzipiell ein Stromfluss durch den Quantenpunkt bewirkt werden kann. VSD Source VG Tunnelkontakte Gate Drain Quantenpunkt Abb. 3 Schematische Darstellung eines Quantenpunktes mit Tunnelkontakten und Gate–Elektrode. Wenn ein Tunnelprozess stattfindet, dann ändert sich die Ladung des Quantenpunktes diskontinuierlich um eine Elementarladung e. Diese bewirkt eine Veränderung der elektrostatischen Energie des Quantenpunkts um die Ladungsenergie EC = e2 /C, wobei C die Kapazität des Quantenpunktes ist. Ist diese Ladungsenergie nun groß im Vergleich zur thermischen Energie kT und der angelegten Spannung eVSD , wird der Stromfluss verhindert und man spricht vom C OULOMB–Blockade– Effekt. Die klassische Kapazität einer Kugel des Radius R ist 4πε0 εr R, die einer flachen Scheibe 8ε0 εr R. Für Nanostrukturen im Größenbereich 100 nm ist die Kapazität etwa 10−16 F, sodass Einzelelektroneneffekte nur bis zu etwa 4 K beobachtbar sind. Für Effekte, die nahe Raumtemperatur beobachtbar sein sollen, muss die E(Q) = Q2 − Qα VG . 2C (3) α ist ein dimensionsloser Faktor, der das Potenzial der Gate–Elektrode mit dem Potenzial des Quantenpunktes verknüpft. Die Ladung Q auf dem Quantenpunkt ist ein Vielfaches der Elementarladung Q = N e. Die Energieterme in (3) müssen bei kleinen Quantenpunkten um die Quantisierungsenergien (1) korrigiert werden. Ein Ladungstransport kann nur stattfinden, wenn die Energien E(N e) und E((N + 1)e) entartet sind. Dann kann die Ladung des Quantenpunktes (ohne Energie” kosten“) zwischen N und N + 1 Elektronen fluktuieren und ein Elektron kann in einem sequenziellen Prozess N → N + 1 → N von Source zu Drain wandern. Die Bedingung hierfür ist 1 e αVG = − N + . (4) 2 C Bei einer kontinuierlichen Erhöhung der Gate–Spannung sind also periodische Leitfähigkeitsmaxima im Abstand Δ(αVG ) = e/C zu erwarten, die C OULOMB– Oszillationen genannt werden. Diese Erscheinung wurde experimentell vielfach beobachtet (Abb. 4 a). Ein einfaches Modell erschließt sich über das elektrochemische Potenzial μQD (N ) des Quantenpunktes, d.h. die Energie, um das N te Elektron hinzuzufügen, 1 e2 μQD (N ) = N − − e α Vg . (5) 2 C Es ergibt sich eine Leiter mit Abstand e2 /C bei Beladung mit weiteren Elektronen, die durch die Gate– Spannung kontinuierlich verschiebbar ist (Leitermodell, Abb. 5 a), b), c)). Durch Variation der Source– Drain–Spannung kann nun das Regime der C OULOMB– Blockade (Abb. 5 d), des Einelektronentunnelns (Abb. 481 Effekte der Halbleiterphysik Leitfähigkeit /e2 h -1 1.0 Spannungsbereich, in dem konstanter Strom fließt, heißt C OULOMB–Lücke (engl. C OULOMB–Gap). Anwendungen 0.5 0 -0.6 a) -0.55 Gate-Spannung VG / V Laser Die Nutzung von Quantenpunkten als aktives Medium in Diodenlasern ist attraktiv, weil durch die Besonderheiten der atomaren Zustandsdichte verglichen mit Quantenfilm–basierten Lasern der Schwellenstrom reduziert und die Temperaturabhängigkeit des Schwellenstroms verringert wird. Ersteres, weil nur für eine geringe Zahl von Zuständen Inversion erzeugt werden muss, letzteres, weil die thermische Besetzung angeregter Zustände weniger Strom kostet“, da die Anzahl an” geregter Zustände mangels eines Kontinuums geringer ist. Der Einbau der Quantenpunkte als aktives Medium geschieht zunächst in konventionelle Laserstrukturen (Abb. 6 ). -0.5 Strom / nA 1.0 0.5 0 -0.5 b) + -1 0 1 Source-Drain-Spannung VSD /mV Abb. 4 a) Leitfähigkeit (C OULOMB–Oszillationen) und b) Strom–Spannungs–Diagramm bei verschiedenen Gate– Spannungen (C OULOMB–Treppe) eines Tunnelkontaktes wie in Abb. 3 (nach [4]). mS N+1 N N-1 mS mS mD N+2 N+1 N mS mD N+1 N mQD mQD a) b) c) mS mD N+1 N N-1 mS mD mD N+1 N N-1 mQD mQD mQD d) e) f) mD Abb. 5 Lage der chemischen Potenziale von Source und Drain sowie eines dazwischen befindlichen Quantenpunktes. a), b) und c) stellen die Abfolge bei Variation der Gate–Spannung dar und zeigen das Entstehen von C OULOMB–Oszillationen wie in Abb. 4 a). d), e) und f) stellen die Variation der Source–Drain–Spannung dar und damit das Entstehen der C OULOMB–Treppe wie in Abb. 4 b. 5 e) oder des Mehrelektronentunnelns (Abb. 5 f) eingestellt werden. Der Strom nimmt mit zunehmender VSD stufenweise zu (Abb. 4 b), man spricht von der C OULOMB–Treppe (engl. C OULOMB–Staircase). Der 482 n-GaAs - N+2 mQD N+1 N N-1 p-GaAs p-AlGaAs p-GaAs n-GaAs n-AlGaAs Abb. 6 Schematischer Aufbau eines kantenemittierenden Lasers mit einem dreifachen Stapel von Quantenpunkten in der aktiven Zone. Mittels selbstorganisierter Quantenpunkte gelang es erstmals 1994 [5], Quantenpunkt–Diodenlaser zu realisieren. In Abb. 8 ist für einen kantenemittierenden Laser die Kennlinie bei 77 K und das Laserspektrum bei Raumtemperatur gezeigt. Man erkennt, dass die Laseremission bei der Grundzustandslumineszenz der Quantenpunkte liegt und somit der Laser tatsächlich mit der null–dimensionalen Zustandsdichte arbeitet. Mittlerweile halten Quantenpunkt–Laser den Rekord für die kleinste Schwellenstromdichte für Halbleiterlaser (Abb. 7 ). Für Anwendungen bei der Informationsübertragung ist die Möglichkeit, 1 300 nm und eventuell auch 1 550 nm Emitter auf GaAs–Substrat zu realisieren, und die erwartete Operation mit geringem Chirp (Änderung der Wellenlänge unter Strommodulation) interessant. Zurzeit wird auch die Möglichkeit untersucht, einen Laser mit einem einzelnen Quantenpunkt zu realisieren. Zusammen mit dem C OUMLOMB–Blockade–Effekt könnte man eine Photonen–Pistole“ bauen, die einzel” ne Photonen in regelmäßigem zeitlichen Abstand sen- QP Lichtintensität a) 77 K b) 300 K WL Lichtintensität Quantenfäden, Quantenpunkte PL EL 0 10 20 30 j /Acm-2 1,1 1,2 1,3 Energie /eV 1,4 Abb. 7 Charakteristik eines Quantenpunkt–Lasers. a) Kennlinie bei 77 K sowie b) Laser (EL) und Photolumineszenz (PL) Spektren bei Raumtemperatur. QP bezeichnet den Übergang in den Quantenpunkten, WL den in der Benetzungsschicht. Schwellenstromdichte in A/cm2 104 DH Quantenpunkte 103 102 SCH-QW versp. QW 101 1960 1970 1980 1990 2000 2010 Jahr Abb. 8 Historische Entwicklung der Schwellenstromdichte von Halbleiter–Laserdioden. Kreise bezeichnen Doppelheterostruktur– (DH–) und Quantentopf–(QW–)Laser. Dreiecke bezeichnen Quantenpunkt–Laser. die auf C OULOMB–Blockade basierende Elektronik mit einzelnen Elektronen arbeiten. Die grundsätzlichen Effekte der C OULOMB– Blockade sind bei tiefen Temperaturen demonstriert; es gilt nun diese, bis Raumtemperatur zu retten“. Zurzeit ” scheint es möglich, C OULOMB–Blockade–Effekte bei 77 K zu realisieren, die zumindest für Spezialanwendungen Bedeutung haben werden. Grundlage verschiedener Anwendungen der Elektronik auf der Basis einzelner Elektronen ist der Einzelelektronentransistor (SET, engl. Single Electron Transistor). Der C OULOMB–Blockade–Effekt bewirkt, dass erst nach Anlegen einer kritischen Spannung VSD > VC der Tunnelkontakt leitfähig wird und der Transistor aufschaltet. Single Electron Memory Auf der Basis des SET kann ein Speicher für einzelne Elektronen gebaut werden, der letztendlich ein extrem empfindliches Elektrometer darstellt. So kann z.B. ein Speicher mit einem wenige nm großen Silicium–Quantenpunkt über einem Silicium– Leitfähigkeitskanal konstruiert werden. Ein einzelnes Elektron auf der Insel führt durch sein elektrisches Feld zu einer Verschiebung der Schwellenspannung. Die Anzahl der Elektronen auf der Insel ist durch den C OU LOMB –Blockade–Effekt genau festgelegt. Turnstile Device Mit einem turnstile device ( Dreh” kreuz“–Bauelement) kann ein neuartiges Stromnormal realisiert werden. Die Potenziale an den Kontakten zu einem Quantenpunkt mit C OULOMB–Blockade–Effekt werden derart moduliert, dass genau ein Elektron von Source zu Drain transferiert wird. Geschieht dies periodisch mit einem Frequenznormal der Frequenz f , wird hierdurch eine Stromstärke I = f e definiert, die nicht mehr wie bisher über die Kraft zwischen zwei Leitern definiert ist. det. Detektoren Quantenpunkte können auch in Photodetektoren als lichtabsorbierendes Medium eingesetzt werden. Der Wellenlängenbereich kann auch hier durch die Größenvariation eingestellt werden. Insbesondere Literatur für Detektoren, die auf so genannten Intersubniveau– [1] B IMBERG , D.; G RUNDMANN , M.; L EDENTSOV, N.N.: QuanÜbergängen zwischen quantisierten Elektronenniveaus tum Dot Heterostructures. – Chichester: Wiley 1998 arbeiten, im mittleren Infrarot ergeben sich potenziel- [2] ROCKSBY, H.P.: J. Soc. Glass Techn. 16 (1932) 171. le Vorteile. Hohe Detektivität und Operation bei Raum- [3] G RUNDMANN , M.: The present status of quantum dot lasers (review). Physica E 5 (2000) 167. temperatur werden angestrebt. [4] KOUWENHOVEN , L.P. et al.: Z. Phys. B 85 (1991) 367–373. Einzelelektronen–Transistor (SET) Quantenpunkte [5] K IRSTAEDTER , N.; L EDENTSOV, M.; G RUNDMANN , D. et al.:Electr. Lett. 30 (1994) 1416. werden hier als Inseln genutzt, auf denen einzelne Ladungen gespeichert werden können und dann den Stromtransport durch C OULOMB–Blockade modifizieren. Dies wird möglicherweise das Herzstück einer miniaturisierten Elektronik [4]. Wenn die jetzige Entwicklung der Miniaturisierung der Mikroelektronik ungebrochen weitergeht, wird etwa im Jahre 2015 eine Strukturgröße von etwa 10 nm erreicht. Während heutige Elektronik für ein Bit etwa 104 Elektronen speichert, wird 483