WERKSTOFFE Brücke zwischen Forschung und Markt Von Elsbeth Heinzelmann* Armin Fischer, Empa Was vor 100 Jahren im Keller des Zürcher Polytechnikums als «Prüfstätte» begann, ist heute eine Ideenwerkstätte angewandter Forschung und Entwicklung mit internationalen Kontakten. Mit innovativen Entwicklungen schlägt die Empa eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und Markt, wie ein Blick in neuste Werkstofftechniken zeigt. Atmungsaktive Kleidung, die Wind und Regen trotzt, ist für Outdoor-Sportler heute eine Selbstverständlichkeit. Doch in Textilien steckt mehr: So bietet spezielles Mikrogewebe aus Supplexfasern Lichtschutz, indem es nur 3% der UV-Strahlen auf die Haut durchlässt. Silberionen sagen Schweissgerüchen im Sport den Kampf an: In Fasern eingebettet oder aufgetragen wirken sie antibakteriell und sind hautverträglich. Socken aus Polyamid-Teflon-Gemisch beseitigen nicht nur unangenehme Gerüche, sie verhindern auch Blasenbildung. Hightech-Fasern mit Niederdruckplasma Um derart raffinierte Textilien zu erzielen, heisst es, den Fasern den nötigen «Pfiff» zu verleihen. Ein vielseitiges und Ressourcen schonendes Verfahren dafür ist die Plasmatechnologie. Damit lassen sich neue Funktionalitäten wie Wasserabstossung oder erhöhte Wasseraufnahme, Flammschutz, erhöhte elektrische Leitfähigkeit, verbesserte Anfärbbarkeit, Sensorelemente, faserverstärkte Materialien und Biokompatibilität mit Komfort verbinden, da eine Modifizierung der Textilien und Fasern auf Nanometerebene möglich ist. Plasmatechnologie erlaubt es, die Oberflächeneigenschaften selektiv zu modifizieren und funktionelle Gradienten durch Beschichtung zu realisieren, ohne die textilen Materialeigenschaften zu beeinträchtigen. Die Empa-Forscher haben in den letzten Jahren einen Kompetenzschwerpunkt auf diesem Gebiet aufgebaut, der in der Schweiz einzigartig ist. Basis dafür sind NiederdruckPlasmaverfahren, denn insbesondere ein 74 An der Empa entwickelte Plasmareaktoren: Links die Bandbeschichtung zur kontinuierlichen Beschichtung von Textilien, rechts die Faserbeschichtungsanlage. Niederdruck zwischen 0,01 und 10 mbar gestattet das Eindringen von Plasma aktivierten Teilchen in Textilien und Fasern auch in eher schwer zugänglichen Regionen des Substrats. Eine solche Behandlung mit Hochfrequenzoder Mikrowellenplasma zielt beispielsweise darauf ab, herstellungsbedingte Verunreinigungen auf der Oberfläche von Fasern und Textilien zu beseitigen. Gleichzeitig wird die Oberfläche aktiviert. Nachfolgend kann optional eine Beschichtung erfolgen. Für eine allseitig homogene Beschichtung von synthetischen Fasern leitet man diese durch eine ringförmige Beschichtungseinheit, den so genannten invertierten zylindrischen Magnetron. Vom kleinen Batchreaktor bis zur Bandbeschichtungsanlage stehen der Empa und ihren Industriepartnern insgesamt fünf Reaktoren zur Verfügung, die in Anlehnung an die Problemstellung eines Projekts je nach Bedarf zum Einsatz kommen. Textilien mit neuem Innenleben Die Plasmafunktionalisierung kann Fasern gänzlich neue Eigenschaften verleihen. So wiesen die Forscher nach, dass im Prozess abgeschiedene metallische, nanometerdünne Schichten die Leitfähigkeit um etliche Grössenordnungen erhöhen. Mit Kupfer, Titan oder Silber beschichtet sind Fasern als elektrische Leiter im Bereich der Antistatika einsetzbar. Darüber hinaus wirken mit Plasmatechnologie abgeschiedene Silberbeschichtungen antibakteriell und haben sich – auch dank guter Adhäsion am textilen Substrat – in neuartigen Medizinal-, Sport- und Heimtextilien ausgezeichnet bewährt. Mit magnetischen Metallen beschichtete Fasern könnten sich zudem zur Abschirmung gegenüber Magnetfeldern sehr nützlich erweisen. Selbst keramische Schichten lassen sich durch Sputtern auf Fasern aufbringen. Piezoelektrische Blei-Zirkonat-Titanat-Schichten SWISS ENGINEERING 5/06 WERKSTOFFE baren Funktionalisierungsmethoden kommt europaweit grosse Bedeutung zu. Daher steckte die Empa im Jahr 2004 zusätzlich personelle und finanzielle Ressourcen in eine Bikomponenten-Faserschmelzspinnanlage. Damit ist sie in der Lage, Fasern nicht nur mithilfe der Plasmatechnologie nachträglich zu modifizieren. Vielmehr kann sie die Fasern nun auch selbst herstellen. Die Textilund Bekleidungsindustrie ist auf solche Hightech-Materialien angewiesen, will sie der Konkurrenz aus Asien die Stirn bieten. An der Empa entwickelte Plasmareaktoren: die Faserbeschichtungsanlage. (PZT) könnten – eingearbeitet in das Textil – als Ausgangsmaterial für Sensoren und Aktoren dienen. Dazu bringen die Empa-Forscher im Rahmen einer Doktorarbeit die Schichten zunächst auf temperaturbeständige optische Fasern auf. Bislang sind diese Fasern aber zu spröde, was ihre Verarbeitbarkeit einschränkt. Deshalb arbeitet die Empa-Crew Eine weitere interessante Keramik ist zinndotiertes Indiumoxid (ITO), das bereits massenhaft in modernen Flachbildschirmen oder in Solarzellen eingesetzt wird. Auch hier sind die Empa-Forscher in der Lage, sowohl Gewebe als auch Fasern plasmatechnisch mit ITO zu beschichten, um die besonderen Eigenschaften des Materials – elektrische Leit- Innovativen, wirtschaftlich anwendbaren Funktionalisierungsmethoden kommt europaweit grosse Bedeutung zu. sie nun in eine polymere flexible Matrix ein. Anschliessend lassen sich diese Fasern ins Textil integrieren. Mögliche Anwendungen sind Sensoren und Aktoren in Autositzen oder in Textilien, die – auf der Haut getragen – typische Körperfunktionen wie Atmung oder Herzrhythmus messen (Wearable Computing). SWISS ENGINEERING 5/06 fähigkeit und gleichzeitig fast vollständige Lichttransmission im sichtbaren Spektrum – auf das Textil zu übertragen. Zurzeit werden grosse Anstrengungen unternommen, solche Schichten mit einer ausreichenden Waschbeständigkeit auszustatten. Die Nachfrage nach funktionalen Fasern boomt. Innovativen, wirtschaftlich anwend- Hohlräume für Zellwachstum Plasmatechnologie ist ebenso das Werkzeug der Wahl in der Medizintechnik, wenn es darum geht, Gelenkersatz zu beschichten. Da die Implantate hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, muss an der Grenzfläche zwischen Implantat und Knochen eine tadellose Verbindung gewährleistet sein. Dies geschieht dadurch, dass sich die Knochenzellen in der rauen, mit winzigen Poren übersäten Oberfläche verankern, wozu das Implantat mit einer tief offenporigen Beschichtung versehen wird. Im Plasma erhitzen die Forscher Titanpulver und spritzen es auf das Implantat. Die auf der Oberfläche auftreffenden Titantropfen verflachen und bilden eine lamellenartig aufgebaute, poröse Schicht. Durch Wiederholung der Prozedur erreicht man die gewünschte Dicke. In einem KTI-Projekt mit der Plus Orthopedics AG entwickelten die Empa-Spezialisten nun erstmals eine dicke, durchgängig offenporige Implantatbeschichtung, die mittels Plasmatechnologie hergestellt wurde. Mit dem neuen Verfahren werden die Titantropfen beim Aufprall auf der Oberfläche nicht mehr flach gedrückt. Dadurch behalten sie ihre Form und verbinden sich dauerhaft miteinander. «Dies verhindert, dass sich beim Aufspritzen weiterer Schichten die Poren der unteren Lagen verstopfen», erläutert der Physiker Dr. Stephan Siegmann. «Die neuen Schichten sind bis 1,2 mm dick. Ihre Poren von rund 200 µm Durchmesser machen fast die Hälfte des Volumens aus, was das Einwachsen der Knochenzellen begünstigt.» Po75 WERKSTOFFE Stephan Siegmann, Empa Im Plasma erhitztes Titanpulver wird auf ein Implantat aufgespritzt. In einem KTI-Projekt erweiterte die Empa ihre Vakuum-Plasmaspritztechnik auf offene poröse Schichten für orthopädische Implantate und erschloss damit neue Möglichkeiten für die zementlose Fixierung in kritischen Fällen, speziell von Kniekomponenten. sitive Auswirkungen sind eine festere Verbindung zwischen Knochen und Implantat sowie die Tatsache, dass der Patient die Gelenke nach kurzer Rehabilitation wieder belasten kann. Die erarbeiteten Resultate werden nun vom Industriepartner umgesetzt: «Wir werden die Erkenntnisse aus dem KTI-Projekt übernehmen und in Zusammenarbeit mit der Empa dieses Plasmaverfahren auf die einzelnen Implantattypen übertragen», so Dr. Hans Schmotzer, Leiter Forschung der Firma Plus Orthopedics AG. Nanoröhrchen für kalte Elektronenquellen Ein Empa-Schwerpunkt ist die Nanotechnologie. So hatten Forscher der Université de Fribourg ihr Wissen um die Aufzucht von Carbon Nanotubes (CNT) im Technologie Orientierten Programm TOP NANO 21 eingesetzt, um deren industrielle Nutzung als effiziente Elektronenquellen zu untersuchen. Dieses «Nano-Wissen» wurde inzwischen an der Empa in Thun angesiedelt, wo es die Forscher auch im 5. EU-Rahmenprogramm einbrachten. Im Projekt CANVAD (Carbon nanotubes for microwave vacuum devices) ging es darum, kalte Kathoden hoher Leistung, basierend auf dem kontrollierten Wachstum von Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu realisie- INTERVIEW «Empa geprüft» – noch aktuell? Gespräch mit Professor Dr. Louis Schlapbach, Direktor Empa Herr Schlapbach, das Label «Empa geprüft» steht für Qualität und weckt Vertrauen. Doch ein Blick in den Jahresbericht und die zahlreichen Veröffentlichungen ihrer Mitarbeitenden in internationalen Magazinen zeigen auf, dass wissenschaftliche Performance für die Empa immer wichtiger wird. Wohin steuert das Empa-Schiff? Als Materialforschungs- und Technologieinstitution wollen wir neustes Wissen über Werkstoffe und ihre Phänomene aufnehmen oder selbst generieren und dieses in innovative Produkte und Verfahren stecken. Dabei verstehen wir uns als Drehscheibe zwischen der akademischen Forschung an den Hochschulen im In- und Ausland, mit denen wir permanent kooperieren, und unseren Partnern der Privatwirtschaft. Thematisch richten wir uns auf fünf strategische Forschungs- und Entwicklungsprogramme aus: Nanotechnologie, adaptive Materialien und Systeme, 76 Technosphäre – Atmosphäre, Materialien zur Stützung der Gesundheit und Werkstoffe für Energietechnologien. Im Mittelpunkt stehen stets die Bedürfnisse der Gesellschaft nach höherer Lebensqualität. Anliegen sind uns deshalb die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit der entwickelten Materialien und Produkte. Untreu geworden sind wir der «Prüfstätte» deswegen nicht. Wo wir über das nötige Wissen und spezielle Ausrüstung verfügen, und andere das nicht können, bieten wir nach wie vor als unabhängige Institution unsere Kompetenzen an für Dienstleistungen und Expertisen, besonders auch öffentlichen Institutionen ohne eigenes Labor. Beispiele dafür sind die Prüfung der Feuerfestigkeit von Bauteilen wie Fenster oder Türen, Evaluationen betreffend Integrität von Werkstoffen und Komponenten oder die quantitative Ermittlung von umweltbelastenden Metallen in Wasser und Böden. Wo liegen die Stärken der heutigen Empa? Kohlenstoff ist ein Dauerthema, sei es als Diamant, wo er als durchsichtiger elektri- scher Isolator und extrem guter Wärmeleiter isotroper Strukturen wirkt, sei es als Grafit, also als elektrischer Leiter par excellence, oder in Form von Fasern und Nanostrukturen. Gerade in der Anwendung von GrafitStrukturen als Elektronenemitter – beispielsweise in Flachbildschirmen oder Röntgenröhren – hat die Empa wissenschaftlich und technisch weltweit die Nase vorn. Wissenschaftlich bedeutsam sind ebenso unsere Arbeiten an Verbundwerkstoffen mit Diamantpulver für einen effizienten Wärmetransport. Unser über zwanzig Jahre aufgebautes Knowhow im Bereich der Kohlefaser-Verstärkungen für Betonstrukturen führten zum Spinoff «Carbo-Link». Dieses Unternehmen setzt nun die von der Empa entwickelten Zugschlaufen aus thermoplastischen Bändern als innovatives Hightech-Produkt in der Bauund Maschinenwirtschaft ab. Angesichts der entstehenden Kosten sind unsere Aktivitäten auf dem Gebiet der Korrosion höchst relevant. Sie zielen auf ein wissenschaftliches Verständnis der Korrosionsvorgänge auf mikroskopischer Ebene ab. SWISS ENGINEERING 5/06 WERKSTOFFE ren. Heute nutzen die meisten Telekommunikationssysteme in Bodenstationen und in Satelliten Mikrowellenverbindungen sowie Hochleistungssender. In den nächsten Jahren werden die Satelliten mit 50 bis 100 Wanderfeldröhren (Travelling Wave Tubes, TWT) ausgerüstet, die zur Verstärkung von HF-Signalen dienen. Das Herzstück ist ein freier Elektronenstrahl, der mit einem HF-Signal moduliert wird. Die Signalverstärkung erfolgt durch Beschleunigung des Elektronenstrahls in einem elektrischen Feld. Zur Erzeugung dieses Strahls benutzen die TWT noch heisse, thermionische Kathoden. Ersetzt man diese Heizkathoden durch kalte Feldemissionskathoden, wird die Elektronenemission direkt HF-moduliert, was das Ge- wicht der TWT wesentlich reduziert und den Energieverbrauch senkt, da die Feldemissionskathode nicht erhitzt werden muss. «Kalte Kathoden auf der Basis von CNT bieten eine ideale Lösung», erklärt Dr. Oliver Groening, ehemaliger CNT-Spezialist der Universität Fribourg. Im Projekt CANVAD kooperiert er europaweit mit Forschungsinstitutionen, um die Machbarkeit von CNTbasierten kalten Kathoden zu belegen, die – anstelle der heutigen heissen, thermionischen Kathoden – eine neue Generation von kompakten und günstigen HF-VakuumMikrowellenverstärkern einläuten könnten. 2005 geht das CANVAD-Projekt zu Ende; das Empa-Team kann auf eine erfolgreiche Entwicklungsarbeit zurückschauen. «Mit unseren Kollegen an der Universität Cambridge und bei Thales konnten wir den Prototypen einer 30 GHz modulierbaren Elektronenquelle mit CNT-Kaltemittern realisieren, was angesichts der technischen Herausforderungen beachtlich ist», bilanziert der Nanofachmann. Die Kathode besteht aus einem geordneten Array vertikal ausgerichteter CNT mit kontrolliertem Durchmesser und ebensolcher Länge. Erst das kontrollierte Wachstum in einer optimierten Anordnung und die Maximierung des Emissionsstroms der CNT ermöglichen die Herstellung von Kaltkathoden, die im gepulsten Betrieb Stromdichten bis zu 2,5 Acm2 erreichen. Diese neue Generation von Kathoden schafft die Grundlage für eine Integration von CNT- Kommt die Empa nicht den Fachhochschulen ins Gehege, deren Auftrag es ja nun ist, angewandte Forschung und Entwicklung zu bieten und Dienstleistungen für Dritte zu erbringen? Technik,Wirtschaft und Soziale Arbeit St. Gallen, das seit November 2004 im Empa-Haus im Lerchenfeld angesiedelt ist. Während sich die Empa auf die Entwicklung neuer Materialien spezialisiert, kümmert sich das RPD-Institut um die Realisierung von Verfahren und Prototypen. Dabei werden Infrastruktur und Werkstätten gemeinsam genutzt, Projekte zusammen realisiert. nostrukturierter Werkstoffe und Beschichtungen realisieren wir Nanopulver mit kontrollierter Feinstverteilung der Partikel. Mit dem Ziel, die natürliche Selbstorganisation von Supramolekülen zu nutzen, studieren wir bioorganische nanostrukturierte Oberflächen. Schliesslich stellen Abklärungen potenzieller Risiken der Nanotechnologie und das Erlernen des Umgangs mit diesen eine verantwortungsvolle Aufgabe dar. Wesentlich für unsere Zukunft sind neue Materialien für Energietechnologien. Mit den Zielen des Projekts «2000 Watt Gesellschaft», den Konsum von nicht erneuerbarer Energie um zwei Drittel zu senken, erforscht die Empa innovative Materialien, Prozesse und Systeme zur Umwandlung, Speicherung und für den Transport von Energie. Triebfeder unserer Aktivitäten sind stets ein möglichst früher Transfer der erarbeiteten Erkenntnisse in die Industrie und die Weitergabe von Wissen im Rahmen unserer Lehrtätigkeit. Generell wies der ETH-Rat all seine Institutionen an, Aufgaben, die in den Kompetenzbereich der Fachhochschulen fallen, diesen zu überlassen. Die Praxis zeigt jedoch, dass der Kompetenzaufbau an den Fachhochschulen sehr unterschiedlich gediehen ist. Es macht deshalb Sinn, in Gebieten konstruktiv zusammenzuarbeiten, wo Wissen an den Fachhochschulen noch ungenügend erarbeitet ist oder den Dozenten die Zeit für angewandte Forschung und Entwicklung fehlt. Ein Grund dafür liegt auch in der komplementären Arbeitsweise: Sind die Fachhochschulen generell rascher in der technischen Umsetzung, verfügen die Institutionen des ETH-Rats oft über geeignetere Infrastrukturen, um komplexe Vorgänge auf wissenschaftlicher Ebene zu analysieren. Ein Vorzeigebeispiel ist die Zusammenarbeit mit dem Institut RPD Rapid Product Development der Hochschule für SWISS ENGINEERING 5/06 Welche Schwerpunkte setzt die Empa für die nahe Zukunft? Ein Zukunftsthema ist die Nanotechnologie, die wir in mehreren Richtungen verfolgen. Zum einen befassen wir uns mit der Entwicklung modernster Rastersondenmikroskope, um Nanobausteine mit hoher Auflösung abzubilden und Phänomene auf Nanoebene besser zu verstehen. Zum andern untersuchen wir elektronische, optische und magnetische Materialien für Elektronik und Photonik im Nanometerbereich. Angepeilt sind Schaltkreise aus hoch spezialisierten Supramolekülen oder nicht löschbare magnetische Datenspeicher. Auf dem Gebiet na- 77 Armin Fischer, Empa Hitachi Global Storage Devices, Almaden, USA Armin Fischer, Empa WERKSTOFFE (l.) Metallbeschichtetes Multifilament-Garn unter dem Rasterelektronenmikroskop. In der Faserbeschichtungsanlage wurden die 12 mm dicken Filamente mit einer 50 nm dicken Silberschicht versehen. (m.) Beschichtete Spitzen für Magnetokraftmikroskope: Abbildung einiger Spuren mit Bits auf einer Festplatte der neusten Generation. (r.) Rasterelektronische Querschnittsaufnahme eines ITO-beschichteten textilen Gewebes (Schichtdicke im Bereich 200 bis 1000 nm). Elektronenquellen in verschiedensten technischen Bereichen. Magnetische Untersuchungen auf der Nanometerskala Dass in Nanotechnologie ein beachtliches Marktpotenzial steckt, zeigen die magnetischen Nanostrukturen der Gruppe um Dr. Hans-Josef Hug, Professor an der Universität Basel und Abteilungsleiter «Nanoscale dung der SwissProbe AG (www.swissprobe. com) aufgenommen. An der Empa wird ein MKM eingesetzt, um nicht nur Oberflächenstrukturen zu messen, sondern auch magnetische Wechselwirkungen tief im Innern einer Probe zu erforschen. Mit diesen Arbeiten, die nicht löschbare, magnetische Datenspeicher anpeilen, nimmt die Empa wieder eine ihrer klassischen Aufgaben im Bereich der Sicherheit wahr. Die Empa-Fachleute schaffen zusehends eine kompetente Drehscheibe für Forschung und Entwicklung in Materialwissenschaften und -technologie, wohl wissend, dass unsere einzige Chance, im Weltmarkt zu bestehen, darin liegt, mit Innovationen anderen eine Nasenlänge voraus zu sein. Zweck beschichtete das Team die Spitze vor der Messung mit einem wenige Nanometer dünnen ferromagnetischen Film. Die in seiner früheren Forschungstätigkeit am Basler Physikinstitut entwickelten speziellen Messund Datenanalyseverfahren ermöglichten den Forschern um Hans-Josef Hug, die laterale Auflösung des als Magnetokraftmikroskop (MKM) bezeichneten Geräts wesentlich zu verbessern. Damit ist es nun möglich, Wesentlich für unsere Zukunft sind neue Materialien für Energietechnologien. 78 magnetische Strukturen von nur wenigen Nanometern Grösse detailreich abzubilden. Eine industrielle Nutzung und Vermarktung dieses Gerätetyps wurde im Jahr 2005 mit der Grün- *Elsbeth Heinzelmann, Journalistin Technik und Wissenschaft Empa Materials Science» an der Empa. In der Rastersondenmikroskopie führen Piezoelemente eine äusserst feine Tastspitze auf einem Federbalken über eine Struktur und bilden diese mit höchster Auflösung ab. Dabei erfühlt das Rasterkraftmikroskop kleinste Kräfte, welche die Atome der gescannten Oberfläche auf ihre «Kollegen» an der Tastspitze ausüben. Doch ein solches Nano-Auge kann noch mehr, beispielsweise magnetisch gespeicherte Daten «auslesen». Damit sich einzelne Bits in Festplatten oder anderen magnetischen Datenträgern abbilden lassen, müssen die Forscher die Tastspitze des Mikroskops zuerst für die aus der Probe austretenden magnetischen Streufelder sensitiv machen. Zu diesem Hoch auflösendes Magnetokraftmikroskop, hergestellt von der Swissprobe AG. Info: www.empa.ch Die Arbeiten zur Plasmafunktionalisierung von Textilien und Fasern sowie die Entwicklung von Plasmatechnologie für Implantate in der Medizintechnik wurden unterstützt durch die KTI, die Förderagentur für Innovation: www.kti-cti.ch Der Schweizerische Nationalfonds fördert die Aktivitäten der Gruppe von Hans-Josef Hug mit dem Kompetenznetzwerk NCCR Nanoscale: www.nccr-nano.org SWISS ENGINEERING 5/06