Warum haben Ostdeutsche mehr ethnische Vorurteile? Eine empirische Analyse. Bachelorarbeit im Studiengang B.Sc. Psychologie an der FernUniversität in Hagen Fakultät Kultur- und Sozialwissenschaften Institut für Psychologie Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation Erstgutachter: PD Dr. Oliver Christ Name: Anne Lorenz Matrikelnr.: Telefon: email: Abgabedatum: 10.06.2016 2 ! Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 3 Tabellenverzeichnis 3 Abkürzungsverzeichnis 3 Zusammenfassung 4 1.Einleitung 6 2.Theoretische Hintergründe 9 2.1. Grundbegriffe und Abriss der Vorurteilsforschung 9 2.2. Analyse der Situation in Ostdeutschland 12 2.2.1. Situationsbeschreibung 12 2.2.2. Autoritarismus 15 2.2.3. Kontakthypothese 18 2.2.4. Relative Deprivation 20 2.3. Hypothesen 22 3.Methode 24 3.1. GMF-Survey 24 3.2. Stichprobenbeschreibung 24 3.3. Vorgehen und Material 26 4.Ergebnisse 28 4.1. Deskriptive Statistik 28 4.1.1. Fremdenfeindlichkeit im Ost-West-Vergleich 28 4.1.2. Drittvariablen 31 4.1.3. Interkorrelationen 33 4.2. Inferenzstatistik 34 4.2.1. Vorgehen 34 4.2.1. Fremdenfeindlichkeit im Ost-West-Vergleich 36 4.2.2. Mediationsanalysen 36 5.Diskussion 41 5.1. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse 41 5.2. Methodische Reflexion - Grenzen der Untersuchung 45 5.3. Implikationen für Theorie und Praxis 48 5.4. Abschließende Gedanken 50 6.Literatur 50 Pressemitteilung 59 Anhang 61 3 ! Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Stichprobenzusammensetzung: Frauen und Männer in Ost- und Westdeutschland. 25 Abbildung 2. Zustimmende Aussagen in Prozent der Befragten aller Variablen im Ost-West-Vergleich. 32 Abbildung 3. Mediationsmodell: Zusammenhang von Ost-West-Zugehörigkeit und dem Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit mit den vier untersuchten Mediatoren. 37 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Angaben zu den Items der Skala Fremdenfeindlichkeit in Prozent der Befragten im West-Ost-Vergleich Tabelle 2 29 Zustimmung zu den Items der Skala Fremdenfeindlichkeit in Prozent der Befragten bezogen auf die demographischen Merkmale Tabelle 3 Zusammenhangsmaße: Skala Fremdenfeindlichkeit und demographische Variablen Tabelle 4 31 Angaben zu den Items der Skalen Autoritarismus und Kontakt in Prozent der Befragten im West-Ost-Vergleich Tabelle 5 30 61 Angaben zu den Items fraternale und individuelle relative Deprivation in Prozent der Befragten im West-Ost-Ver- Tabelle 6 gleich 62 Interkorrelationen der Untersuchungsvariablen 34 Abkürzungsverzeichnis DDR Deutsche Demokratische Republik GMF Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit PEGIDA Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes 4 ! Zusammenfassung In Untersuchungen der Vorurteilsforschung wird immer wieder festgestellt, dass es in Ostdeutschland höhere Werte von Fremdenfeindlichkeit gibt als in Westdeutschland. In dieser Arbeit wird nach Antworten gesucht, wie dieser Unterschied erklärt werden kann. Die Sekundäranalyse basiert auf Daten einer repräsentativen Befragung im Rahmen des GMF Projektes des Jahres 2011 (N = 1,738). Autoritarismus, Kontakt zu AusländerInnen und fraternale wie individuelle relative Deprivation wurden aus der Forschungsliteratur als maßgebliche Mediatoren herauskristallisiert und in einem parallelen Mediationsmodell auf ihren Einfluss hin untersucht. Die Ergebnisse für Kontakt zu AusländerInnen und Autoritarismus stützen die bisherigen Forschungsergebnisse, sie vermitteln deutlich zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit. Die Ergebnisse für beide Formen relativer Deprivation sind weniger eindeutig. Unerwartet zeigt fraternale relative Deprivation einen geringeren mediierenden Einfluss als individuelle relative Deprivation. Es bleibt ein geringer direkter Effekt zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit, der weiterführend untersucht werden sollte. Theoretische und praktische Implikationen werden diskutiert. Abstract Studies show that East Germans consistently show higher levels of ethnic prejudice then West Germans. This secondary analysis asks for an explanation of this difference and used representative survey data from the GMF project of 2011 (N = 1,738). Research suggested authoritarianism, interethnic contact, fraternal and individual relative deprivation should largely explain the difference. The variables were tested in a parallel mediation model and supported by the findings. For contact and authoritarianism, the results are clear and in accordance with prior research. Unlike expectations, fraternal relative deprivation shows less effect than individual relative deprivation. Still, a small, direct effect remains between East and West Germans and ethnic prejudice. This should be focused on in further research. Theoretical and practical implications are discussed. 5 ! Auszug aus der Rede Herbert Grönemeyers zur Veranstaltung „Offen und bunt - Dresden für alle“ im Januar 2015: Es ist erschreckend, was sich im Moment auf den Straßen und in den Köpfen abspielt. Es ist eine klamme, sehr hysterische Atmosphäre. Dass Menschen sich in Deutschland übergangen und politisch nicht mehr wahrgenommen fühlen, kann ich gut nachvollziehen. (…) Dass sie sich Gehör verschaffen und in ihren berechtigten Ängsten und Forderungen ernstgenommen werden wollen, ist demokratisch, für eine öffentliche Debatte in der Gesellschaft fruchtbar und hilfreich. Dass eine Auseinandersetzung dadurch angeregt wird über einen stark von der Bevölkerung abgehobenen Politik- und Politikerstil ebenso. Wenn aber wieder einmal eine religiöse Gruppe für vielschichtigste, teilweise diffuse Befürchtungen als Sündenbock, Projektion und Zielscheibe ausgemacht wird, ist das eine Katastrophe. Es ist absurd, gemein, zutiefst undemokratisch und Unrecht und geht gar nicht! Es kann nicht gewollt sein, damit dem dumpfen Stammtischgeist und Zorn mitverantwortlich Tür und Tor zu öffnen. Wir müssen fein-nervigst aufpassen. Auf der reaktionären Seite verbietet sich jedes Zündeln. Dort waren wir schon mal und dort wollen wir nicht mehr hin. Wir müssen uns als Gemeinschaft gegenseitig vor uns selber warnen, Schranken einbauen und vor uns schützen und als sehr junges Land gehört das zum Erwachsenwerden und zur demokratischen Pflicht dazu. 6 ! 1.Einleitung Die Frage „Warum?“ ist eine zutiefst menschliche; die Suche nach der Erkenntnis, nach den Ursachen der Dinge ist auch die Triebkraft von Wissenschaft. Sie suggeriert immer die Suche nach Ursache-WirkungsZusammenhängen; einerseits um die Entstehungsprozesse eines Phänomens zu verstehen, dann wiederum um Parallelen zu ähnlichen Dingen herzustellen, aber auch um Interventionen und Handlungsmöglichkeiten abzuleiten, um Situationen zu verändern und zu bessern. So verhält es sich auch mit der Vorurteilsforschung. Die aktuelle gesellschaftliche Situation lässt das Thema ethnische Vorurteile (in dieser Arbeit synonym mit Fremdenfeindlichkeit verwendet) hoch aktuell sein. Seit November 2014 demonstrieren Tausende Menschen in Dresden, Leipzig und anderen Städten – vor allem im Osten des Landes – gegen die sogenannte „Islamisierung des Abendlandes“. Sie verkünden offensichtlich und versteckt Parolen von Unsicherheit, Ängsten aber auch Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Faschismus (Assheuer, 2015; Hähnig, 2014). Schwarz (2014) sieht in seiner kritischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik in der Wochenzeitung DIE ZEIT diese Bewegung aber keineswegs nur als Problem des Ostens. Auch hier wird schnell mit Vorurteilen aus West gegenüber Ost agiert. Diffuse Wut wegen unerfüllter Erwartungen und tatsächlicher Kränkungen sind ebenso Grund für die PEGIDA Bewegung wie ein unbewältigtes Stück deutsch-deutscher Geschichte. Kein Tag vergeht, ohne dass es Meldungen zu fremdenfeindlichen Reden oder Aktivitäten gibt, massiv Stimmung angeheizt wird, durch eine große Zuwanderungswelle von Flüchtlingen (Blickle et al., 2015). Im Osten der Bundesrepublik, dem ehemaligen Gebiet der DDR, zeigen empirische Studien immer wieder höhere Werte von Fremdenfeindlichkeit als im Westen. Hier gab es in den 1990igern massive Ausschreitungen gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte vor allem aus den Reihen rechtsextremer Gruppen (Abdi-Herrle, 2015; Brandt, 1992). Heute wiederholt sich dieses Szenario erneut, nur dass sich inzwischen noch mehr Stimmen aus der sogenannten „demokratischen Mitte“ dem negativen Bild über Fremde anschließen. Die Zustimmung der breiten Bevölkerung zu fremdenfeindlichen Aussagen ist in den vergangenen Jahren gestiegen (Decker, Kiess, & Brähler, 2014; Heitmeyer, 2007). Wie sind diese Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zu verstehen, warum gibt es sie? Die Vermutung liegt nahe, dass mit den Ostdeutschen etwas nicht stimmt, etwas anders sein muss, etwas, das in der DDR-Vergangenheit liegen muss, wenn es solche konstanten Trends und Unterschiede gib. Einige AutorInnen verfolgen diesbezüglich eine Sozialisationshypothese. Verkürzt gesprochen heißt sie: In einem autoritären Staat 7 ! geboren und erzogen worden zu sein, führt zu Konformität und autoritären Charakteren, was wiederum hoch mit Fremdenfeindlichkeit korreliert (Bulmahn, 2000; Lederer, 1995, 2000; Maaz, 1990). Andere AutorInnen hinterfragen die ausschließliche Suche in der sozialisatorischen Vergangenheit Ostdeutschlands kritisch (Klein, Küpper, & Zick, 2009; Wagner, van Dick, & Zick, 2001). Quent (2016) weist darauf hin, vorsichtig mit einfachen Erklärungen bezüglich ostdeutscher Vergangenheit zu sein. Er leitet anhand einer Analyse des ost- und westdeutschen Rechtsextremismus her, dass es in beiden Teilen Deutschlands ähnliche Bewegungen gab, die nach dem Fall der Mauer (auch: Wende) – Anfang der 1990er Jahre – im kurzzeitig „rechtsfreien Raum“ des Ostens fusionieren und aufleben konnten. Er weist daraufhin, dass monokausale Lösungen für solche Art komplexer Probleme immer zu kurz greifen. Fragt man nach anderen Erklärungsansätzen, die über die DDRVergangenheit hinaus gehen, kommt man zu Phänomenen, die an allgemeingültigere menschliche und/oder gesellschaftliche Prozessen anknüpfen. Es gibt viele verschiedene Ansätze, Vorurteile zu verstehen. Im theoretischen Teil dieser Arbeit wird es dazu einen kurzen Abriss geben. Dazu wird vor allem auf psychologische Erklärungsansätze zurückgegriffen, die versuchen den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland bezogen auf ethnische Vorurteile zu erklären. Es geht z. B. um Autoritarismus, Kontakt zu AusländerInnen, aber auch um gruppenspezifische Identifikationsprozesse. „Menschen [werden] ohne tiefere Kenntnis nach ihrer Gruppenzugehörigkeit beurteilt (…). Vorurteile sind Bestandteil des Prozesses der Identitätsbildung.“ (Pelinka, 2012, p. XII). Die positive Stereotypisierung der Eigengruppe schließt die negative Stereotypisierung der Fremdgruppe ein. „Wir wissen, wer wir sind, weil wir wissen, wer wir nicht sind - oder besser: Wir glauben es zu wissen. Wir sind ‚wir‘ weil wir nicht die ‚anderen‘ sind.“ (Pelinka, 2012, p. XII). Menschen fühlen sich diversen sozialen Gruppe zugehörig, um ihre soziale Identität zu bilden und richten ihren Selbstwert daran aus. Soziale Vergleiche sind die Triebkraft dieser Identifikationsprozesse. Kontext sowie auch Integration in eine Gruppe spielen eine große Rolle, wie Menschen ihr Verhalten anderen gegenüber gestalten. Einstellungen und daraus folgendes Verhalten hängen eng miteinander zusammen, so auch bei ethnischen Vorurteilen und diskriminierendem Verhalten (Wagner, Christ, & Pettigrew, 2008). Das bedeutet, möchte man an den Handlungen von Menschen etwas ändern, muss man zuerst verstehen, welche Einstellungen sie dazu veranlassen und warum sie solche Einstellungen entwickelt haben könnten. Diese Arbeit soll zum Verständnis von Fremdenfeindlichkeit im deutsch-deutschen Vergleich beitragen. 8 ! Mithilfe einer Sekundäranalyse wird der Frage nachgegangen, ob die ausgewählten theoretischen Faktoren wesentlich zur Erklärung der höheren Fremdenfeindlichkeitswerte der Ostdeutschen beitragen. Da dies an sich schon ein komplexes Gebiet ist, wird diese Arbeit Rassismus im engen Sinne, – die Hybris einer natürlichen Dominanz weißhäutiger Menschen – ausschließen. Ebenso spielen politischer Extremismus oder Rechtsradikalismus eine untergeordnete Rolle. Dies sind verwandte Themen, allerdings spezifischere, extremere Einstellungsphänomene, die sich mehr auf den Rand der Gesellschaft beziehen. Fremdenfeindlichkeit, um die es hier gehen soll, ist ein übergeordnetes Phänomen. Es betrifft die gesamte Breite der Gesellschaft, kennzeichnet den Alltag aller. Es ist die alltägliche Fremdenfeindlichkeit, die ein bisschen „um die Ecke kommt“, vielleicht hinter vorgehaltener Hand geäußert wird, da sie als nicht gesellschaftsfähig gilt oder auch immer öfter ohne Tabu im öffentlichen Raum steht. In der sozialwissenschaftlichen Literatur wird dabei häufig von traditionellem (offenem) versus modernem (verstecktem) Rassismus gesprochen bzw. von balanten versus subtilen Vorurteilen (Zick & Küpper, 2008). Die Grenzen zwischen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus oder Rechtsextremismus können fließend sein; wer rassistisch und/oder rechtsextrem ist, wird immer auch fremdenfeindlich sein, jedoch nicht zwangsläufig umgekehrt. „Rechtsextreme Einstellungen schließen antidemokratische und oft auch gewaltbereite Haltungen ein“ (Landua, Harych, & Schutter, 2002, p. 44). Der „Anteil der Deutschen, die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben, [liegt] mit Schwankungen seit 2002 immer etwas unter der 10-Prozent-Marke, während etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung als ausländerfeindlich oder rassismusanfällig gelten kann.“ (Ottomeyer, 2012, p. 172). Ein ebenso eng verwandtes Thema, welches in dieser Arbeit auch keinen Schwerpunkt bilden wird, ist Diskriminierung – sie vertieft den Blick auf die Handlungsebene, als Folge fremdenfeindlicher Einstellungen (Wagner et al., 2008). Eine Demokratie kann sich dadurch beschreiben lassen, wie sie mit ihren schwächeren Gruppen umgeht. Sie bedeutet gleichwertige Teilhabe, gegenseitige Unterstützung. Heitmeyer (2002) und sein Forschungsteam verorten daran das Konzept der Gruppenbezogenenen Menschenfeindlichkeit (GMF). Sie betrachten diese Art Vorurteile als Syndrom; kein Vorurteil kommt für sich allein, sei es gegen Fremde, Homosexuelle, Behinderte, Langzeitarbeitslose oder Obdachlose. Dieses Syndrom bezeichnen sie als Einstellungsmuster, eine allgemeine Feindseligkeit gegen Fremdgruppen, das im Kern eine „Ideologie der Ungleichheit“ (Heitmeyer, 2002, p. 21) eint. Im Folgenden wird es eine Einführung in die theoretischen Grundlagen der Vorurteilsforschung, bezogen auf Ost- und Westdeutschland sowie die Ablei- 9 ! tung der daraus untersuchten Hypothesen, geben. Anschließend werden das methodische Herangehen und die in der empirischen Analyse gewonnenen Ergebnisse dargestellt. Zum Abschluss der Arbeit folgt eine Diskussion der Ergebnisse, eingebettet in die theoretischen Überlegungen und Ableitungen für die Forschung und Praxis. 2.Theoretische Hintergründe In diesem Kapitel werden die theoretischen Annahmen, die dieser Arbeit zugrunde liegen, dargestellt. Ausgangspunkt bilden die Vorurteilsforschung sowie Spezifika der deutsch-deutschen Situation. Es wird ein kurzer Abriss dieser Bereiche mit Schwerpunkt auf Fremdenfeindlichkeit und dem damit in Verbindung stehenden Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen, integriert in den aktuellen Forschungsstand, dargelegt. 2.1. Grundbegriffe und Abriss der Vorurteilsforschung Unter Vorurteil versteht die Vorurteilsforschung Einstellungen gegenüber Gruppen oder Personen aufgrund zugeschriebener Merkmale, die mit der Gruppe, der sie angehören, assoziiert werden. Vorurteile können positiver wie negativer Natur sein, wobei die Forschung mehr negative Vorurteile in den Fokus stellt, da diese im engen Zusammenhang mit Diskriminierung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit stehen. Gängige Vorurteile betreffen Rassismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (Stürmer & Siem, 2013; Zick, Küpper, & Hövermann, 2011). Eng mit Vorurteilen verknüpft sind Stereotype, sozial geteilte Überzeugungen bezüglich der Merkmale, die Mitglieder einer Gruppe teilen. Stereotype dienen der Strukturierung von Wahrnehmung und Informationsverarbeitung, als Vereinfachung kognitiver Prozesse (Schneider, 2005; Stürmer & Siem, 2013). Vorurteile entstehen dann, wenn folgende kognitive Prozesse nacheinander ablaufen: als erstes die Kategorisierung, danach die Stereotypisierung, gefolgt von einer affektiven Bewertung (Zick et al., 2011). Da Vorurteile einen sozialen und individuellen Nutzen für Menschen erfüllen, lassen sich folgende sozialpsychologische Funktionen beschreiben: Sie schaffen ein Gemeinschaftsgefühl und sorgen für Bindung und Zusammengehörigkeit. Sie dienen der Selbstwerterhaltung, bzw. steigern diese durch Aufwertung der Eigengruppe und somit Abwertung der Fremdgruppe. Vorurteile haben eine Kontrollfunktion und legitimieren Gruppenhierarchien. „Als überlieferte Mythen sind sie weit verbreitet und sozial geteilt.“ (Zick et al., 2011, p. 38) Vorurteile stecken einen Rahmen, wie die Welt zu sehen ist, dienen als Wissens- und Orientierungsbasis für die Mitglieder der Gruppe. Ebenso geben sie einen Bezugsrahmen welche Menschen zur Eigengruppe dazu gehören, wer als vertrauenswürdig gilt und wer nicht (Zick et al., 2011). 1 ! 0 Die ersten systematischen Forschungsansätze zu Stereotypen und Vorurteilen entstanden in den 1930er und 40er Jahren mit der Bürgerrechtsbewegung Amerikas und dem deutschen Faschismus im Hintergrund. In diesem Zusammenhang und mit dem Verständnis psychoanalytischer Annahmen, entstanden Theorien zur autoritären Persönlichkeit, besonders bekannt geworden durch die Forschergruppe um Adorno und Horkheimer. Damals wurde Autoritarismus als pathologische Persönlichkeitsstruktur verstanden, die durch autoritäre Erziehung hervorgerufen und sich zu einer politischen Ideologie entwickeln konnte (Pettigrew, 2016; Six, 2013; Zick, 1997). Die Vorurteilsforschung erlebte großen Aufschwung in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Vor allem Allports (1979) Buch The Nature of Prejudice veränderte den Blick weg von individuellen Personenmerkmalen hin zur Betrachtung von Individuen in Gruppen. Darin definiert er ethnische Vorurteile wie folgt: Ethnic prejudice is an antipathy based upon a faulty and inflexible generalization. It may be felt or expressed. It may be directed toward a group as a whole, or toward an individual because he is a member of that group. (p. 9) Ebenso stellte er Kategorisierung als wesentliche Grundlage für Vorurteile gegenüber Fremdgruppen heraus. In dieser Zeit entstanden auch Erklärungsansätze wie die Theorie der relativen Deprivation, erstmals durch Stouffer posthoc zu seinen Studien The American Soldier vorgeschlagen und später durch Runciman spezifiziert. Vorurteile wurden in dieser als Folge von Mangelgefühlen identifiziert. Ebenso wurde die Theorie des realen Gruppenkonfliktes entwickelt, die für die Vorurteilsforschung besonders interessant wurde, da sie erstmals „Vorurteile als Phänomene intergruppaler Konflikte erklärt“ (Zick, 1997, p. 105). In diesem Zusammenhang entstand weitreichende Forschung zu Ressourcenkonflikten und mit ihr Überlegungen, wie daraus entstandene Vorurteile und Rassismus abgebaut werden können. Aus diesem Zusammenhang heraus entwickelte sich die Kontakthypothese. In ihr wird postuliert, dass Kontakte zwischen Gruppen zur Reduzierung gegenseitiger Vorurteile und Stereotypen führt. Schon Allport hatte auf die wesentliche Bedeutung von Kontakt zwischen Gruppen aufmerksam gemacht und optimale Bedingungen für den Erfolg formuliert (Pettigrew, 2016; Stürmer & Siem, 2013; Turner & Hewstone, 2012; Zick, 1997). Folgende Meilensteine der modernen Theorieentwicklung waren die Soziale Identitätstheorie sowie darauf aufbauend die Selbstkategorisierungstheorie durch Tajfel und Turner. Dieser zufolge werden Gruppen gebildet um gemeinsame Interessen besser verfolgen zu können, es wird ein Streben nach Gleichwertigkeit postuliert, das um so mehr erfolgt, je wichtiger die Zugehörigkeit zur Gruppe für ihre Mitglieder ist. Mithilfe dieser theoretischen 1 ! 1 Entwicklungen wurde deutlich, dass Vorurteile psychologische Komponenten besitzen, die auch jenseits von wirtschaftlichen, politischen und historischen Faktoren wirksam sind. Die Rolle des Selbstwertgefühls als motivationaler Faktor für Vorurteile, für soziale Vergleichs- und Aufwertungsprozesse wurde damit deutlich hervorgehoben (Stangor, 2009; Turner & Hewstone, 2012; Zick, 1997). Ein Versuch der modernen Vorurteilsforschung, die Komplexität der Entstehung von Fremdenfeindlichkeit zusammenzufassen und in einer übergeordneten Theorie darzustellen, ist das Mehrebenen-Konzept der Theorie der Desintegration von Anhut und Heitmeyer (2000; Anhut, 2002; Imbusch & Heitmeyer, 2012). Anhut (2007) beschreibt sie als „soziologisch inspirierte, gleichwohl transdisziplinär angelegte“ (p. 55) Theorie. Dabei wird dargestellt, wie aus individueller, sozialer und gesellschaftlicher Desintegration antisoziale Einstellungsmuster und Verhaltensweisen resultieren. Soziale Vergleichsprozesse wie auch individuelle und soziale Kompetenzen werden als vermittelnde Faktoren zwischen Desintegration und abwertender Einstellung bzw. abweichendem Verhalten verstanden. Im alltäglichen Verständnis wird Rassismus und Fremdenfeindlichkeit meist synonym verwendet. In der Forschung gibt es verschiedene Traditionen diese Begriffe zu handhaben. Im Verlauf dieser Arbeit wird die in der deutschen Forschung übliche Unterscheidung genutzt. Rassismus wertet Menschen fremder Herkunft aufgrund biologischer Unterschiede bzw. pseudo-natürlicher Kategorien ab und definiert sie als minderwertig. Fremdenfeindlichkeit bezieht sich dagegen auf die Abwertung von Personen aufgrund ihrer kulturellen Gruppenzugehörigkeit. Diese kann real oder auch nur vermutet sein (Heitmeyer, 2002; Zick et al., 2011). Zusammenfassend geht aus den vielfältigen Untersuchungen der Vorurteilsforschung hervor, dass Ansätze der Persönlichkeitstheorien nicht ausreichend erklären können wieso sich Gleichförmigkeit von Stereotypen sowie Vorurteile so massiv in bestimmten Populationen verbreiten können, wie es immer wieder beobachtet wird. „Die sozialpsychologische Forschung geht daher davon aus, dass die Entstehung und Verwendung von Stereotypen und Vorurteilen aus einem Zusammenspiel von individuellen Dispositionen, allgemeinen kognitiven Prozessen und sozialen Einflussprozessen resultiert.“ (Stürmer & Siem, 2013, p. 53) Die Vorurteils- und Konfliktforschung hat seit dem Fall der innerdeutschen Mauer und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Veränderungsprozessen umfangreiche Forschungsprojekte und Studien hervorgebracht. Konsistent zeigen sich dabei tendenziell höhere Werte in Fremdenfeindlichkeit für Ost- verglichen mit Westdeutschland. Dieses Phänomen soll im Folgenden beleuchtet werden. 1 ! 2 2.2. Analyse der Situation in Ostdeutschland Viele Analysen Deutschlands wurden durch die Einmaligkeit der Wendesituation und Betrachtung der Anpassungsprozesse beider deutscher Staaten an die neue Situation angeregt. Beschreibungen und Erklärungen kommen aus allen denkbaren Fachbereichen, die Bandbreite der Themen und Perspektiven ist unüberschaubar. Daher beschränkt sich der Fokus dieser Arbeit auf den Zusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und deutsch-deutschem Vergleich. Es gibt viele Texte und Analysen, die sich vor allem mit Konstrukten wie Autoritarismus (z. B. Lederer, 1995, 2000; Oesterreich, 1993, 2000; Zick & Henry, 2009), Benachteiligungsempfindungen (z. B. Heitmeyer & Grau, 2013; Klein et al., 2009; Schmitt & Maes, 2002), Kontakt mit AusländerInnen (z. B. Christ et al., 2014; Wagner, von Dick, Pettigrew, & Christ, 2003), Identifikation mit Deutschland (z. B. Becker, Christ, Wagner, & Schmidt, 2009) oder Desintegrationsprozessen (z. B. Heitmeyer & Imbusch, 2012; Mansel & Kaletta, 2009) beschäftigen und sich in verschiedener Intensität den Unterschieden des Ost-West-Vergleichs widmen. Eine Reihe von Analysen, die auf diesen Unterschied Bezug nehmen, entstand im Rahmen des GMF Projekts, in dessen Zentrum neben Fremdenfeindlichkeit weitere durch Vorurteile betroffene Gruppen standen. Es stellt sich eingangs die Frage, ob es eine korrekte oder vorurteilsbesetzte Betrachtungsweise ist, die Bundesländer in Ost und West als Vergleichskategorien zusammen zu fassen, wenn es um erhöhte Fremdenfeindlichkeitswerte geht. In ihrem Artikel gehen Babka von Gostomski, Küpper und Heitmeyer (2007) dieser Frage nach und kommen zu dem Schluss, dass diese Zusammenfassungen gerechtfertigt sind, da sie nach Betrachtung aller Bundesländer feststellten, dass sich in den neuen Ländern die Werte in Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit kaum unterscheiden. Die Suche nach Gründen setzt immer eine Analyse der vorhandenen Situationen voraus, wie sie im Folgenden dargelegt wird. Dabei werden vor allem Arbeiten aus der psychologischen Forschung fokussiert, die den Schwerpunkt auf den Ost-West-Unterschied im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit untersuchten. Aufgrund der Komplexität des Themas lassen sich Überschneidungen mit anderen Bereichen nicht immer auszuschließen. 2.2.1. Situationsbeschreibung Dieses Jahr jährt sich der Fall der Mauer und der damit verbundene Wechsel des Gesellschaftssystems für die DDR-Bürger zum 27. Mal. Die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern scheinen nicht nachzulassen. Es gibt real sichtbare Unterschiede, vor allem wirtschaftlicher Art. Die hohen Arbeitslosenquoten im Osten nehmen über die Zeit kaum ab 1 ! 3 (Schwankungen seit 1991 zwischen ca. 15.0 % und knapp 20.0 % für Ost und ca. 7.0 % - 10.0 % für West). Seit den letzen Jahren sind diese Zahlen rückläufig, bleiben aber im Osten nach wie vor ca. doppelt so hoch wie im Westen – 2014 gab es 9.8 % Arbeitslose in Ost und 5.9 % in West (Bundesagentur für Arbeit, 2014). In der DDR gab es nahezu keine Erfahrung mit Arbeitslosigkeit. Sicherheit von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen gehörten zum Staatsprogramm, was den Anpassungsprozess Ostdeutscher an diese Situation nach der Wende besonders erschwerte (Sommer, 2010). Die Abwanderung von Ost- nach Westdeutschland hat in vielen Ostregionen prekäre Situationen hervorgerufen. In den Jahren 1991 bis 2014 haben die fünf neuen Bundesländer ca. zwei Millionen Einwohner durch Abwanderung verloren. Nach der Wende war das Abwanderungssaldo besonders hoch. Die Abwanderung aus dem Osten ließ in den letzten Jahren tendenziell nach (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015). Die Einkommen in Ostdeutschland sind nach wie vor geringer für gleiche Arbeit – die Lohnkosten liegen in Ostdeutschland rund 18.0 % niedriger als im Westen –, das Gleiche gilt für die Renten (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015). Nicht nur in den realen Zahlen, sondern auch in den Köpfen der Menschen sind die Unterschiede deutlich, wie Untersuchungen z. B. zu psychologischen Konstrukten zeigen. Erfahrene oder subjektiv erlebte Gefährdung des eigenen sozialen Status hat in den vergangenen Jahren nichts an Bedeutung verloren. Die soziale Ungleichheit scheint sich zwischen Ost und West sogar zu verschärfen. Ängste und Sorgen generell und spezifisch vor Arbeitslosigkeit sind im Osten häufiger. Insgesamt ist die Lebenszufriedenheit im Osten geringer. Laut Heitmeyer (2009) war diese im Zeitverlauf zwischen 1990 und 2004 immer schlechter als im Westen, ebenso war die negative Zukunftserwartung 2002 bis 2008 höher. Erklärt wird dies zum Beispiel mit unerfüllten Erwartungen und Versprechungen, die mit der Wende verbunden waren (Bulmahn, 2000; Heitmeyer, 2009; Mansel & Kaletta, 2009; Sommer, 2010; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015). Einen weiteren Erklärungsversuch gibt Hollenstein (2012) in seiner Analyse der Wiedervereinigung Deutschlands. Darin beschreibt er zwei Prozesse, die er Kultur der symbolischen Abwertung und Habitus der Bescheidenheit bezeichnet. Ersterer bedeutet, dass Entscheidungen vornehmlich von Westdeutscher Seite über die Wiedervereinigungsprozesse getroffen wurden, im Osten vor allem soziales sowie kulturelles Kapital (wie Schule und Beruf) abgewertet und der ostdeutschen Wirtschaft keine Perspektive eingeräumt und diese zu großen Teilen aufgelöst wurde. Der zweite Prozess stellt nach Hollenstein ein ostdeutsches Problemlösungsmuster dar (solidarisches Zusammenhalten und Bescheidenheit als Anpassungsreaktion aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation in der damaligen DDR). Dieses 1 ! 4 Muster lebte aufgrund des als ungerecht erlebten Wendeprozesses erneut auf. Eine Rückbesinnung auf ein idealisiertes Bild der DDR wurde etabliert: Wenn man schon nicht wirtschaftlich überlegen war, dann wenigstens moralisch. Die Moral der westlich kapitalistischen Nutzensmaximierung versus des Zusammenhalts und der Bescheidenheit im Osten. Diese Prozesse dienen zur Abgrenzung der eigenen Wertesysteme und Erhaltung der Identitäten, passen jedoch nicht in eine Gesellschaft, die zum Ziel hat zusammen zu wachsen. Bisher wurden kaum alternative Problemlösungsmuster gefunden. Beide Prozesse verstärken sich zirkulär. Es geht dabei um einen Kampf, welche Gruppe – Ost oder West – in der Lage ist, die eigene Leistung und Lebensform in Hinblick auf die allgemein geteilten Zielvorstellungen als besonders wertvoll auszulegen. Diese Prozesse erhalten nach Hollenstein die Wertehierarchien und damit auch die Mauern im Kopf. Bis Sommer 1990 gab es in der DDR 180,000 AusländerInnen, zum Großteil vietnamesischer Herkunft. Die meisten AusländerInnen waren Vertragsarbeiter. Der Anteil an AusländerInnen war in der DDR sehr gering (1.2 %), verglichen mit der damaligen Bundesrepublik (7.0 %; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015). Kontakte der DDR-Bürger zu den AusländerInnen gab es kaum, der Staat förderte keine Integration. AusländerInnen lebten meist in separaten Wohnheimen, Begegnungen fanden, wenn überhaupt, am Arbeitsplatz statt (Müller, 1994; Statistische Ämter des Bundes und der Länder). Heute leben in den neuen Bundesländern 2.7 % der AusländerInnen, nach wie vor ein sehr geringer Anteil, verglichen mit 10.3 % in Westdeutschland1 (Statistische Ämter des Bundes und der Länder). Die unterschiedliche deutsche Entwicklung über vier Jahrzehnte hinweg hinterlässt Spuren, ebenso „sozio-ökonomische Brüche“ (Babka von Gostomski et al., 2007, p. 121), die Unsicherheiten, Ungerechtigkeitserleben, Angst, Desintegration und Orientierungslosigkeit aufgrund eines tiefgreifenden Umbruchs des gesellschaftlichen Systems auslösten. Dies schafft einen Nährboden für Ungleichwertigkeit (Hollenstein, 2012; Mansel & Kaletta, 2009; Thumfart, 2001). Aus der Vorurteilsforschung ist bekannt, dass dies wiederum dazu beiträgt, Vorurteile gegen andere Gruppen zu etablieren. Bei deutsch-deutschen Analysen wurde immer wieder der gleiche Trend gefunden: höhere Werte bei Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland (z. B. Babka von Gostomski et al., 2007; Decker et al., 2014; Mansel & Kaletta, 2009; Wagner et al., 2003; Wagner et al., 2001). Wird nach Erklärungsmustern für diesen Ost-West-Unterschied gesucht, kommen Studien zu dem Ergebnis, dass am deutlichsten reale und gefühlte Benachteiligung, autoritäre Orientierung, gefühlte Machtlosigkeit sowie mangelnder Kontakt zu ethnischen Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung liegt in den neuen Bundesländern bei ca. 4.0 - 5.0 %, in den alten Bundesländern bei ca. 12.0 - 29.0 %. 1 1 ! 5 Minderheiten diesen Unterschied erklären (z. B. Babka von Gostomski et al., 2007; Wagner et al., 2003). Daraus lassen sich vor allem drei psychologische Theorien ableiten, die durch diese Erkenntnisse abgebildet werden. Sie sollen im Folgenden kurz erläutert und mit einem spezifischen Blick auf das Phänomen Ost-West dargestellt werden. 2.2.2. Autoritarismus Persönlichkeit wie auch soziale Strukturen sind unabdingbar zum Verständnis von Vorurteilen zwischen Gruppen. Die Autoritarismusforschung hat dazu über die gesamte Zeit immer einen hohen Erklärungsanteil auf der Individualebene geleistet. Die Ergebnisse sind stabil und universell. Autoritarismus wurde durchgängig mit positiven Korrelationen zu Fremdenfeindlichkeit (Pettigrew, 2016) bei jeweils unterschiedlichem Zusammenhang für Ost- bzw. Westdeutschland berichtet (Wagner et al., 2001; Zick & Henry, 2009). Diverse Studien belegen den mediierenden Effekt von Bedrohung zwischen Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit (Cohrs & Ibler, 2009). Die traditionelle Autoritarismusforschung geht davon aus, „dass Entwicklung von Vorurteilen und Gehorsam Ursprung in autoritären Erziehungspraktiken der frühen Kindheit hat“ (Rippl, Kindervater, & Seipel, 2000, p. 15). Die daraus entstehenden Charakterstrukturen nannten sie autoritären Charakter. Sie steht in der Tradition der Psychoanalyse. Neuere Forschung sieht drei Aspekte als wesentliche Grundfaktoren zur Charakterisierung der autoritären Persönlichkeit an: „Konventionalismus, autoritäre Unterwürfigkeit und autoritäre Aggression“ (Rippl et al., 2000, p. 17). Die Theorie hat methodisch wie inhaltlich viel Kritik erhalten. So wurde z. B. kritisiert, dass in der Forschung meist autoritäre Persönlichkeit als Persönlichkeitsmerkmal verstanden, aber empirisch mit Einstellungen gearbeitet wird (Oesterreich, 2000). Eine weitere maßgebliche Kritik betrifft die starke Ideologisierung des Konzepts, politische Gegner wurden damit vor allem pathologisiert (Oesterreich, 2000; Pettigrew, 2016). So meint Oesterreich, dass es „…speziell in der deutschen Diskussion dazu gedient [hat] …, die Bürger der ehemaligen DDR als scheinbar autoritär zu entlarven“ (p. 72). Er resümiert, dass sich der klassische Erklärungsansatz nicht bewährt hat und die empirische Befundlage sehr unbefriedigend ist. Neue Entwicklungen nutzen hinsichtlich des Sozialisationshintergrundes lerntheoretische Ansätze, beziehen situationale Interaktionseffekte ein oder lösen sich komplett vom Sozialisationsbezug. Die Diskussion um die Genese von Autoritarismus bleibt dabei zentral. Trotz des vielen Für und Wider befürworten der Großteil der Autoritarismus-Forscher nach wie vor die Sozialisationshypothese, wobei die aus der analytischen Theorie stammenden Sozialbedingungen, die eine enge verzerrte Sicht des Familienhintergrundes geben, erweitert werden. Laut Rippl et al. (2000) sind Zusammenhänge zwi- 1 ! 6 schen rechtsextremer Einstellung und problematischer Verarbeitung verunsichernder Bindungserfahrung eher in qualitativen Studien zu finden. Allerdings weist auch Pettigrew (2016) auf neuere quantitative Forschungsergebnisse bezüglich Bindungsstilen und Fremdenfeindlichkeit hin. Rüssmann, Dierkes und Hill (2010) kommen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass “Bindungsstile als Prädispositionen für das Auftreten von sozialer Desintegration betrachtet werden können, die ihrerseits das Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit determiniert“ (p. 281). Damit verknüpfen sie in ihrem integrativen Konzept Merkmale der Situation mit der der Person als Erklärungsmodell für Fremdenfeindlichkeit. Oesterreich (2000) sowie Zick und Henry (2009) legen dar, dass es in der Autoritarismusforschung wichtig ist, zu wissen, welches Verständnis von Autoritarismus verwendet wird: Autoritarismus als Persönlichkeitsvariable oder als Einstellungssyndrom. Beide Perspektiven führen zu unterschiedlichen Ergebnissen und Interpretationen. Entweder werden die Vorurteile auf den Charakter zurückgeführt oder der Zusammenhang wird als Reaktion auf Krisen interpretiert. Diese Kontroverse spiegelt sich auch bei Betrachtung der Literatur zum deutsch-deutschen Vergleich wider. Es gibt sowohl AutorInnen, die signifikante Unterschiede in den Werten zwischen Ost- und Westdeutschen finden (Lederer, 2000) als auch AutorInnen, die keine Unterschiede aufzeigen (Oesterreich, 1993; Sommer, 2010; Heyder & Schmidt, 2000). Ebenso gehen die Interpretationen der Analysen auseinander. BefürworterInnen der Sozialisationshypothese (Überblick dazu in Bulmahn, 2000) interpretieren die gefundenen Unterschiede in Fremdenfeindlichkeit als „mentale Deformation“ (Bulmahn, p. 409) durch mangelnde demokratische DDR-Sozialisation im Osten. Dieser Interpretationsansatz wurde laut Quent (2016) empirisch mehrfach widerlegt. Vergleiche der ALLBUS-Ergebnisse aus den Jahren 1996 und 2006 legten nahe, dass das Autoritarismuspotential in Deutschland generell zugenommen hatte. Sommer (2010) stellte fest, dass das Niveau der Zustimmung zu den Autoritarismus-Items in West- und Ostdeutschland insgesamt relativ ähnlich waren. Heyder und Schmidt (2000) werteten ebenfalls ALLBUS Umfragen aus und kamen zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Werte autoritärer Einstellungen sich im Ost-West-Vergleich kaum voneinander unterschied. Im Westteil war mehr Antisemitismus, im Ostteil erhöhte AusländerInnenfeindlichkeit zu verzeichnen. Weiterhin stellten sie fest, dass mit höherem Bildungsniveau Autoritarismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie Eigengruppen-Idealisierung sanken und konnten mittels Strukturgleichungsmodell belegen, dass das Merkmal Ost-West keinen signifikanten Effekt mehr auf Autoritarismus in diesem Zusammenhang hatte. Oesterreich (1993) argumentierte, nach dem von ihm zur Diskussion 1 ! 7 gestellten Modell der autoritären Reaktion, dass höhere Autoritarismuswerte nicht für erlebte DDR-Sozialisation sprechen, sondern diese als Wendeerscheinung mit verbundenen Identitätsverlusten zu verstehen sind. Er begründet seine Auffassung damit, dass es in der DDR eine relative Sicherheit und kein Leben in Angst gab (in Hinblick auf soziale Sicherheit), was wiederum eine Voraussetzung für das Konstrukt autoritäre Persönlichkeit wäre. In seinen Untersuchungen von Ost- und Westberliner Jugendlichen fand er 1992 keine erheblichen Unterschiede in den Autoritarismuswerten. Die im vorangegangenen Abschnitt beschrieben Ergebnisse stehen damit im deutlichen Gegensatz zu den Ergebnissen und Interpretationen der VertreterInnen der Sozialisationshypothese. Zick und Henry (2009) fanden im Rahmen der GMF-Studie heraus, dass Menschen, die eher autoritären Einstellungen zustimmten, ein niedrigeres Bildungsniveau hatten, über geringeres Einkommen verfügten und Frauen waren. Unabhängig davon blieb der Ost-West-Einfluss signifikant. Dieser war in ihrer Studie als eigene Statusdimension zu verstehen. Autoritarismus wurde hier als Reaktion auf Statusverluste und Benachteiligung verstanden. Niedrigerer Status und damit verbundene soziale Ungleichheit sind mit eingeengtem Blick auf die Welt verbunden. Die Autoren sahen vor allem Gruppen betroffen, die benachteiligt sind bzw. sich subjektiv benachteiligt fühlen; ihre Analyse stützte diese Hypothese. Nähert man sich mehr dem Verständnis von Autoritarismus als Reaktion auf soziale und/oder ökonomische Bedrohung an, ist – aufgrund der weiter oben dargestellten Situation – leichter nachzuvollziehen, dass Ostdeutsche in allen GMF-Surveys häufiger signifikante Zustimmung zu den Autoritarismus-Items aufwiesen als Westdeutsche (z. B. Babka von Gostomski et al., 2007; Decker et al., 2014; Rippl, Baier, & Boehnke, 2012). Autoritarismus war laut Studie von Babka von Gostomski et al. (2007) ein ausgeprägter Faktor und stand hinter den Effekten der Bundesländer. Die Situation löste bei den Betroffenen autoritäre Reaktionen aus und wurde dann wiederum als verantwortlich für die Entstehung von Vorurteilen gesehen. Die autoritäre Reaktion kann somit als Puffer verstanden werden, der die Illusion einer Stärke gibt und damit Sicherheit vermittelt. In dieser Analyse wurde auch die enge Beziehung zwischen Autoritarismus und Benachteiligungswahrnehmung (relative Deprivation) deutlich (Pettigrew, 2016; Zick & Henry, 2009). Klein et al. (2009) konnten diese Interpretation stützen. In ihrer Untersuchung zum Rechtspopulismus wurde der Ost-West-Unterschied komplett über Benachteiligung nach der Wende erklärt. Damit stellten sie ebenfalls die Sozialisationshypothese in Frage. Hopf (2000) beschreibt in ihrem Artikel den wesentlichen Einfluss früher sozialer Erfahrungen in der Familie, die das 1 ! 8 Verhältnis zu Autoritäten, Schwächeren und Minderheiten langfristig beeinflussen. Es wird deutlich, dass Sozialisation ein wesentliches Kriterium zur Ausprägung von Autoritarismus ist, allerdings systembedingte Sozialisationseinflüsse nicht als ausreichend erklärender Grund für erhöhten Autoritarismus und damit mehr fremdenfeindlichere Einstellungen im Osten Deutschlands bezeichnet werden können. Diese Interpretation repräsentiert vielmehr den Versuch, Ursachen für Fremdenfeindlichkeit „unter dem Vorsatz der Aufarbeitung zu historisieren bzw. die Verantwortung dafür einem überlebten Gesellschaftssystem zuzuschreiben“ (Quent, 2016, p. 110). Eine differenzierte Betrachtung ist nötig. Die Forschungsliteratur weist mehrheitlich darauf hin, dass die sozio-ökonomische Lage, Ungerechtigkeit, Gefährdung des sozialen Status ebenso wie situative Effekte (gelernte Deutungsmuster, Verarbeitung von Desintegration) oder auch persönliche Variablen bedeutungsvoll für das Verständnis dieses Phänomens sind. Familiäre Einflüsse, Prägungen, Einstellungen, Werte und sozialpsychologische Variablen müssen gemeinsam herangezogen werden. Wird dies nicht getan, entsteht eine problematische Zuschreibung im Sündenbock-Stil: „Sonderfall Ost, Normalfall West“ (Quent, 2016, p. 99). Trotz der verschiedenen Interpretationen des Konstrukts Autoritarismus muss es als bedeutende Variable im Hinblick auf Unterschiede von Fremdenfeindlichkeit gewertet werden. Hohe Autoritarismuswerte korrelieren stark mit vorurteilsbehaftetem und diskriminierendem Verhalten. 2.2.3. Kontakthypothese Die Kontakthypothese hat eine lange Forschungstradition, wie schon eingangs dargestellt. Sie wurde insbesondere durch Allport (1979) bekannt. Seitdem stellen Wissenschaftler immer wieder Fragen nach den Wirkungen von Intergruppenkontakten. Die Kontakthypothese besagt, dass Interaktionen zwischen Individuen, die unterschiedlichen Gruppen angehören, Intergruppenspannungen reduzieren. Kontakt führt zur verstärkten Wahrnehmung von Ähnlichkeit der Einstellungen und zur Zunahme positiver Einstellungen gegenüber dem anderen (Rippl, 1995). Spezifisch helfen Kontakte, eigene kulturelle Standards und ethnozentrische Einstellungen zu relativieren (Wagner, van Dick, & Endrikat, 2002). Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Studien zum Thema Kontakt, die die Theorie stützen. Sie wird als universales Phänomen verstanden (Pettigrew & Tropp, 2008; Pettigrew, Tropp, Wagner, & Christ, 2011; Wagner & van Dick, 2009). Hauptsächlich werden die verminderten Vorurteile über reduzierte Angst bzw. Bedrohung und erhöhte Empathie mediiert. Diese Effekte generalisieren sich sogar bei indirektem Kontakt (z. B. 1 ! 9 durch ausländische FreundInnen eines Freundes), wenn auch nicht so hoch wie bei direktem (Pettigrew, 2016). Einige Studien wiesen konträre Ergebnisse zu den o.g. theoretischen Annahmen auf. So stellte Weins (2011) in ihrer Untersuchung fest, dass die Reduzierung von Fremdenfeindlichkeit durch Kontakt ab einem bestimmten Prozentsatz an AusländerInnen wieder abnimmt. Dies wurde mit der Bedrohungsthese begründet. Diese Ergebnisse konnten in der Studie von Wagner, Christ, Pettigrew, Stellmacher und Wolf (2006) durch die mediierende Wirkung von Kontakt zwischen dem prozentualen Anteil an AusländerInnen einer Region und ethnischen Vorurteilen mithilfe von Strukturgleichungsmodellen widerlegt werden. Ebenso konnten Pettigrew, Wagner und Christ (2010) diesbezüglich herausarbeiten, dass Bedrohung und Kontakt sehr verschiedene Prozesse darstellen, trotz allem aber eng verknüpft sind. Bedrohung ist eine Wahrnehmung über Fremdgruppen, die leicht manipuliert werden kann (z. B. Informationen über AusländerInnen durch Medien und Politiker). Kontakt dagegen ist eine essenzielle Erfahrung, die sich auf reale Gegebenheiten bezieht und sowohl individuelle als auch kollektive Bedrohung und ethnische Vorurteile reduziert. Mehrfach wurde im Hinblick auf die Ost-West-Unterschiede darauf hingewiesen, dass Ostdeutsche nicht nur erhöhte Werte in Fremdenfeindlichkeit haben, sondern auch immer geringere Werte an Kontakt aufweisen. In Kapitel 2.2.1. wurde auf den seit Jahren geringen AusländerInnenanteil im Osten Deutschlands verwiesen. Die Bedeutung der Dichte an AusländerInnen im Osten und somit die geringen Möglichkeiten zum Kontakt wurden in der Forschungsliteratur vielfach diskutiert (z. B. McLaren, 2003; Wagner et al., 2002). Wagner et al. (2003) identifizierten Kontakt als Mediator zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit. Damit trat die regionale Bedeutung für Fremdenfeindlichkeit in den Hintergrund und die Möglichkeit von Kontakt in den Vordergrund. Ebenso konnte in den Studien von Christ et al. (2014) mithilfe von Strukturgleichungsmodellen eindeutig nachgewiesen werden, dass bereits die Region im Hinblick auf Kontakt entscheidend ist, in der die Menschen leben. Nachgewiesen in sieben Studien, konsistent über alle Untersuchungen, zeigen die Ergebnisse, dass Menschen mehr positive Einstellungen zu Fremdgruppen zeigten, wenn sie in einem sozialen Kontext lebten, indem es durchschnittlich mehr positiven Intergruppenkontakt gab. Sie konnten die Wirkungsrichtung von Kontakt auf minimierte Vorurteile eindeutig zuzuordnen. Kontakt zu AusländerInnen kann damit als entscheidende Variable zur Erklärung des Ost-West-Unterschieds in Fremdenfeindlichkeit herangezogen werden. 2 ! 0 2.2.4. Relative Deprivation Relative Deprivation beruht auf sozialen Vergleichsprozessen, daher ist sie für die Vorurteilsforschung interessant. Das zentrale Element relativer Deprivation ist die wahrgenommene Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität (Kessler & Harth, 2008). Zufriedenheit ist relativ zu den Vergleichsmöglichkeiten, die man hat, zu sehen. Ethnische Minderheiten dienen oft dem Vergleich und werden für erlebte Benachteiligung verantwortlich gemacht (Zick, 1997). Relative Deprivation wirkt nur, wenn drei Prozesse zusammenkommen. Es braucht zuerst den kognitiven Vergleich, dann die Beurteilung, dass es Benachteiligung gibt und darauf muss die Bewertung folgen, dass diese Benachteiligung als ungerecht empfunden wird und Ärger erzeugt (Pettigrew, 2016; Zick et al., 2011). In der Forschung wird zischen zwei Formen unterschieden, der fraternalen relativen Deprivation und individuellen relativen Deprivation. Fraternale relative Deprivation beruht auf Gruppenvergleichen, z. B. gruppenbezogene Einstellungen und dazugehöriges Verhalten wie Protestbewegungen und Vorurteile gegenüber Fremdgruppen. Dagegen wird individuelle relative Deprivation auf individuelle Einstellungen und deren Verhalten zurückgeführt, z. B. soziale Isolation, persönlicher Stress, Armutskriminalität (Pettigrew, 2016). Zu diesen verschiedenen Wirkweisen besonders bei ethnischen Vorurteilen sind folgende Erklärungsansätze denkbar. Einerseits empfinden Menschen eine geringere Kontrollmöglichkeit im Hinblick auf Benachteiligungen ihrer Gruppe und haben somit verstärkt empfundene Machtlosigkeit gegenüber dieser Situation. Dadurch werten sie eher andere Gruppen ab, als dies bei empfundener individueller Benachteiligung, in der sie scheinbar mehr Kontrolle über die Situation empfinden, der Fall ist (Wolf, Schlüter, & Schmidt, 2006). Andererseits können Erkenntnisse der Einstellungsforschung herangezogen werden. Laut Ajzen und Fishbein (1977) zeigen sich stärkere Zusammenhänge, wenn sich Einstellung und Verhalten auf das gleiche Einstellungsobjekt beziehen. Ethnische Vorurteile wie auch Empfindungen gruppenspezifischer Benachteiligung beziehen sich somit z. B. auf die Gruppe der in Deutschland lebenden AusländerInnen. In einigen Studien gab es widersprüchliche Ergebnisse bezogen auf die Wirkungsweise relativer Deprivation und ethnischer Vorurteile. Dies war meist auf unzureichende Differenzierung des Konzepts Deprivation zurückzuführen. Objektive wie wahrgenommene Deprivation wurden in einem Konzept zusammengefasst, ebenso wurde nicht zwischen individueller und gruppenbezogener relativer Deprivation unterschieden (Rippl et al., 2012; Wagner et al., 2001). Zick (1997) weist auf uneinheitliche Operationalisierungen des Konzepts in der Forschungsliteratur hin, was zu divergierenden Ergebnissen 2 ! 1 und Interpretationen führt. Relative Deprivation ist ein Phänomen von Menschen, nicht von Gesellschaften. Es ist auf der Mikroebene zu beobachten und kann daher nicht zur Erklärung von objektiven Situationen genutzt werden. Vergleicht man beispielsweise das Verhältnis der AusländerInnendichte einer Region, mit der wahrgenommenen Menge an AusländerInnen und dem damit zusammenhängendem Bedrohungsempfinden, wurde eine erhebliche Diskrepanz deutlich. Von Pettigrew et al. (2010) konnte gezeigt werden, dass vor allem die gefühlte Menge an AusländerInnen, die nicht mit den objektiven Zahlen übereinstimmte, das Bedrohungsempfinden auslöste. Damit ist relative Deprivation eine Theorie, mit der einige Paradoxien besser verstanden werden können (Kessler & Harth, 2008; Pettigrew, 2016). In ihrer Metaanalyse zur Theorie der relativen Deprivation fanden Smith, Pettigrew, Pippin und Bialosiewicz (2012) signifikante Ergebnisse, welche die Theorie selbst über Kulturen hinweg bestätigten konnte. Daher bezeichnet sie Pettigrew (2016) als universale Theorie. Für die Interpretationen der Befunde ist es bedeutsam, zwischen individueller und fraternaler relativer Deprivation zu unterscheiden, da sie, wie oben dargestellt, verschiedene Wirkweisen beeinflussen. Es wurde vielfach in Studien bestätigt, dass vor allem fraternale relative Deprivation ethnische Vorurteile erklärt (Pettigrew et al., 2008; Rippl et al., 2012; Wagner et al., 2001; Wolf & Grau, 2013; Zick, 1997). Die Abwertung anderer (schwächerer Gruppen) als Sündenböcke hilft, den eigenen Status gegenüber diesen zu erhöhen. In Studien zum deutsch-deutschen Vergleich wurde mehrfach belegt, dass sich Ostdeutsche deutlich mehr benachteiligt fühlen als Westdeutsche (Schmitt & Maes, 2002; Wagner et al., 2001, 2003). Menschen mit geringem Sozialstatus, begrenztem Einkommen, die sich politisch machtlos fühlen, sind diejenigen, die am ehesten Benachteiligung empfinden (Pettigrew, 2016; Pettigrew et al., 2008). Aus der Literatur geht hervor, dass diese Kriterien häufiger auf Ostdeutsche passen. Schmitt und Maes (2002) beweisen in ihrer Langzeitstudie zum deutschen Vereinigungsprozess, dass ingroup bias – eine Wahrnehmungsverzerrung zugunsten der eigenen Gruppe – einen Bewältigungsmechanismus gegen fraternal empfundene Deprivation und damit verbundene negative soziale Identität darstellt. Auch sie belegen, dass Ostdeutsche davon häufiger betroffen sind als Westdeutsche. Wie schon bei der Kontakthypothese konnten Wagner et al. (2003) in ihre Studie die Mediatorwirkung relativer Deprivation in differenzierter Weise testen. Sie kamen zu dem Schluss, dass beide Typen relativer Deprivation zum einen signifikanten Bezug zu Fremdenfeindlichkeit haben und zum anderen die Ost-West-Differenz mediieren. Die Erklärungskraft fraternaler relativer Deprivation war dabei besonders hoch, was im Einklang zur Theorie und vielen weiteren Untersuchungen steht (z. B. Klein et al., 2009; Wagner et 2 ! 2 al., 2003; Wolf et al., 2006). Darüber hinaus konnte durch Pettigrew et al. (2008) differenziert belegt werden, dass Effekte zwischen individueller relativer Deprivation und Fremdenfeindlichkeit durch fraternale relative Deprivation mediiert werden. Ebenso vermittelt fraternale relative Deprivation demographische Variablen wie Bildung und Familieneinkommen. Auch wenn individuelle relative Deprivation und fraternale relative Deprivation verschiedene Wirkweisen haben, sind sie eng miteinander verknüpft. Individuelle Wahrnehmung von Deprivation begünstigt im Sinne eines Spillover-Effekts gruppenspezifische Wahrnehmung (Pettigrew et al., 2008; Rippl, 2012). Die weiter oben beschriebenen realen strukturellen Benachteiligungen und Statusdifferenzen der Ostdeutschen sind Bestandteil des Benachteiligungsgefühls, vor allem im differenzierten regionalen Vergleich (Wolf & Grau, 2013). Mit Zunahme der tatsächlichen Deprivation werden Menschen anfälliger für Ideologien und werden häufiger zwischen sozialen Gruppen differenzieren (Zick, 1997). Im GMF-Survey stellten Zick und Henry (2009) darüber hinaus fest, dass gegenseitige Benachteiligungsgefühle und nicht mehr die Ost-West-Zugehörigkeit den Autoritarismus der Ostdeutschen erklärten. Mithilfe des Konzepts der relativen Deprivation wird verständlich, warum Ostdeutsche sich als mehr benachteiligt empfinden verglichen mit Westdeutschen. Da der unterschiedliche Einfluss beider Formen relativer Deprivation immer wieder in Verbindung mit ethnischen Vorurteilen zur Geltung kommt, kann davon ausgegangen werden, dass sie einen für diese Untersuchung wesentlichen Beitrag zur Erklärung der Ost-West-Differenz liefern können. 2.3. Hypothesen Ausgehend vom Stand der Forschung erscheint es sehr sinnvoll, den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland bezüglich Fremdenfeindlichkeit nochmals umfassend zu beleuchten. Obwohl die Befunde bezüglich dieses direkten Zusammenhangs empirisch eindeutig sind, soll dies zum Zwecke der Replikation überprüft werden. Um den Zusammenhang genauer zu verstehen, werden die drei zentralen oben aufgeführten Theorien genutzt. Das Testen der Theorien gegeneinander steht dabei in der Forschungsliteratur noch aus, daher wird in den Hypothesen dieser Arbeit darauf Bezug genommen. Hypothese (H1): Menschen die in Ostdeutschland leben haben mehr ethnische Vorurteile (höhere Werte in Fremdenfeindlichkeit) als Menschen, die in Westdeutschland leben. 2 ! 3 In vielen Analysen wurde auf einen deutlichen Niveauunterschied zwischen Ost-und Westdeutschland im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit hingewiesen. An dieser Stelle soll überprüft werden, ob sich auch in dieser Stichprobe eine gleiche Tendenz ergibt. Mediationshypothesen Hypothese (H2): Kontakt zu AusländerInnen, relative Deprivation und Autoritarismus vermitteln den Unterschied im Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit von Menschen die in Ostdeutschland leben, im Vergleich zu denen, die in Westdeutschland leben. Es werden dabei folgende einzelne Zusammenhänge erwartet: Hypothese (H2a): Ostdeutsche haben im Vergleich zu Westdeutschen höhere Autoritarismuswerte. Autoritarismus mediiert den Ost-West-Unterschied, daher werden in der direkten Beziehung zwischen Ost-West und Fremdenfeindlichkeit geringere Werte erwartet. Der autoritären Orientierung wird in der Literatur im Zusammenhang mit ethnischen Vorurteilen eine große Bedeutung gegeben. Fremdenfeindlichkeit und Autoritarismus korrelieren immer hoch. Aufgrund der vielfach beschriebenen Tendenz von mehr Fremdenfeindlichkeit der Ostdeutschen sollte Autoritarismus eine Vermittlerfunktion zwischen Ost-West und Fremdenfeindlichkeit einnehmen. Hypothese (H2b): Kontakt mediiert maßgeblich den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit. Durch Einfluß von Kontakt verringern sich die Werte des direkten Zusammenhangs zwischen Ost-West-Befragten und Fremdenfeindlichkeit. Die verschiedensten Analysen weisen darauf hin, dass weniger vorhandene Kontaktmöglichkeiten in Ost- im Vergleich zu Westdeutschland eine Erklärung für höhere Fremdenfeindlichkeit sind. Ebenso geht aus der Literatur hervor, dass Menschen mit höheren Werten an autoritärer Orientierung ebenso von Kontakt profitieren. Ostdeutsche sollten geringere Kontaktwerte aufweisen, der Unterschied zwischen Ost und West an ethnischen Vorurteilen 2 ! 4 sollte sich aber, selbst bei vorhandenen höheren Autoritarismuswerten, verringern, wenn Kontakt als Mediator in die Gleichung eingeführt wird. Hypothese (H2c): Ostdeutsche empfinden sich individuell wie auch gruppenbezogen benachteiligter als Westdeutsche. Sie haben höhere Werte bei individueller wie auch fraternaler Deprivation. Fraternale Deprivation mediiert den Prozess zwischen Ost-West und Fremdenfeindlichkeit. Der Ost-West-Unterschied sollte dadurch geringer werden. Individuelle Deprivation sollte deutlich weniger Einfluss auf den Prozess haben als fraternale Deprivation. Aus der Literatur geht hervor, dass Ostdeutsche sich häufiger relativ depriviert fühlen, individuell wie auch fraternal. Daher wird davon ausgegangen, dass sich diese Tendenz auch in dieser Untersuchung bestätigt. Gefühlte fraternale Benachteiligung ist ein wesentlicher Prädiktor für die Vorhersage von ethnischen Vorurteilen, daher sollte der Ost-West-Unterschied zu Fremdenfeindlichkeit geringer werden. Individuelle Deprivation sollte auf diesen Prozess wenig Einfluss haben, da sie, wie o.g. Studien zeigen, durch fraternale relative Deprivation selbst vermittelt wird. Durch das gleichzeitige Testen der vier Mediatoren sollte sich der OstWest-Unterschied bezüglich Fremdenfeindlichkeit aufheben bzw. stark reduzieren. 3.Methode 3.1. GMF-Survey Die in dieser Arbeit angefertigten Analysen beruhen auf repräsentativen Querschnittsdaten des Forschungsprojektes GMF des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Seit 2002 wurden zehn Jahre lang Telefonbefragungen (unter gleichbleibenden Bedingungen) in Deutschland durchgeführt. Damit ist das Projekt “weltweit das größte Vorurteilsprojekt, sowohl durch die 10-Jährige Laufzeit als auch aufgrund der differenzierten Berücksichtigung verschiedener Vorurteile und ihrer Ursachen“ (Heitmeyer, 2011, p.1). Das Projekt kam durch verschiedene wissenschaftliche Kooperationen und Förderungen zustande. 3.2. Stichprobenbeschreibung Die Daten wurden durch computergestützte Telefoninterviews durch TNS Infratest Sozialforschung erhoben. Die Befragung basiert auf dem InfratestTelefon-Master-Sample. Die Auswahl der Befragten fand nach dem Random- 2 ! 5 Digital-Dialling Verfahren statt. Entsprechend des Methodenberichts ist die Basis der „Auswahlgesamtheit (…) die Rufnummernstammliste der Bundesnetzagentur (BNA) und das aktuelle Telefonverzeichnis“ (Heitmeyer et al., 2013, p. 5). Die Befragungen erfolgten anonym. Die Grundgesamtheit der Stichproben bilden deutschsprachige Personen ab 16 Jahren in Festnetz-Telefonhaushalten Deutschlands. Die Stichprobe ist repräsentativ, sie wurde an der Verteilung der Privathaushalte sowie soziodemographischer Strukturen der deutschen Bevölkerung ausgerichtet. Eine disproportionale Substichprobe der ostdeutschen Bundesländer wurde gewählt, um diese durch erhöhte Fallzahlen besser darstellen zu können. Mögliche Verzerrungen, die durch dieses Oversampling und andere Faktoren, wie z. B. Ausfälle von Interviews, entstehen konnten, wurden durch diverse Gewichtungen ausgeschlossen. Der Methodenbericht weist ausführlich auf Stichprobenausschöpfung und Gewichtungsverfahren hin. Damit ist von einem hohen Qualitätsstandard der Nettostichprobe auszugehen (Heitmeyer et al., 2013). Für diese Arbeit wurde der Datensatz des Jahres 2011, der im Mai/Juni erhoben wurde, genutzt. In den Berechnungen dieser Arbeit wurden die Personen mit Migrationshintergrund nicht berücksichtigt, woraufhin sich die gesamte Stichprobengröße von N = 2,000 auf N = 1,738 reduzierte. Die Stichprobe setzt sich aus 942 Frauen und 796 Männern zusammen. Differenziert nach Ost- und Westdeutschland ist die Zusammensetzung der Abbildung 1 zu entnehmen. Dabei wird Berlin aufgrund der in Westberlin immer schon Gesamtanzahl davon Frauen davon Männer 1200 Anzahl Befragte 1.105 900 600 579 633 526 300 0 363 Westdeutschland 270 Ostdeutschland Abbildung 1. Stichprobenzusammensetzung: Frauen und Männer in Ost- und Westdeutschland. 2 ! 6 deutlich größeren Einwohnerzahl als gesamtes Bundesland zu den westdeutschen Gebieten gezählt (Fehser, 2013)2 . Die Altersspanne reicht von 16 bis 94 Jahren. Das durchschnittliche Alter beträgt 52.4 Jahre (SD = 15.8). 47.2 % (n = 820) der Befragten leben in Großstädten (ab 100,000 Einwohner). Der größte Anteil (34.4 %, n = 598) gibt als höchsten Schulabschluss mittlere Reife, ein reichliches Viertel (28.5 %, n = 495) ein Studium, 18.9 % (n = 328) Abitur und 16.6 % (n = 289) Hauptschule an. 1.4 % (n = 12) hat keinen bzw. einen anderen Abschluss. Zirka die Hälfte der Teilnehmenden (47.2 %, n = 821) sind verheiratet und leben mit PartnerIn zusammen, ein Viertel der Befragten (24.3 %, n = 422) ist ledig. Das kategorisierte Äquivalenzeinkommen beschreibt die Stichprobe wie folgt: weniger als 649.5 Euro 4.8 % (n = 83), 650 bis 1,299 Euro 34.5 % (n = 600), 1,300 bis 2,598 Euro 38.6 % (n = 670), mehr als 2,598 Euro 13.9 % (n = 242). 57.3 % (n = 996) der Befragten waren zum Zeitpunkt der Umfrage erwerbstätig. 3.3. Vorgehen und Material Der Erhebung des Jahres 2011 liegt ein Fragebogen zugrunde, der 203 Variablen beinhaltet. Kernstück des Fragebogens sind die Items zur GMF (Einstellungsfragen u. a. zu Obdachlosen, Behinderten, Homosexualität, AusländerInnenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamphobie). Darüber hinaus wurden soziodemographische Daten erhoben und Fragen zu den hypothetisch dahinter liegend vermuteten Konstrukten gestellt (bspw. Autoritarismus, Kontakt, Anomia, Desintegration). Es gab ein Splitting von Fragen (Split A und B), deren Verteilung auf die Befragten zufällig ermittelt wurde. Die Dauer der Interviews wurde mit durchschnittlich ca. 30 Minuten angegeben. Die Interviewer wurden vor Beginn der Erhebung im Telefonstudio geschult (Heitmeyer, et al., 2013). Für das Thema dieser Arbeit waren die weiter unten ausführlich beschriebenen Variablen interessant. Wenn möglich wurden aus den Items Skalen gebildet. Wie gut die interne Konsistenz der Skalen ist, wird durch die Reliabilität (Cronbachs Alpha) sichtbar. Laut Konvention (Hossiep, 2013) sollte diese wenigstens den Wert 0.70 haben. In der Literatur wird allerdings darauf hingewiesen, dass es sinnvoll ist, jenseits der mathematischen Einschätzung auf die Bedeutung der Items im Kontext zu achten und die Skalen so zu bewerten (Field, 2013; Hossiep). Die Items wurden für die Skalen rekodiert, um die Fragerichtung in der Auswertung einheitlich zu gestalten. Damit be- 2 Es ist nicht aussagekräftig, ob Menschen 2011 im ehemaligen Ost- oder Westberlin lebten, der Zuzug aus dem gesamten Bundesgebiet nach Berlin war über die Jahre nach der Wende hoch, wie auch die Umzüge innerhalb Berlins (Amt für Statistik Berlin Brandenburg, 2008; Amt für Statistik Berlin Brandenburg, 2016). Es kann anhand der Fragen der GMF-Studie nicht nach ost- bzw. westdeutschen Meinungen (im Sinne der sozialisatorischen Herkunft) unterschieden werden (siehe auch Kapitel 5.2.). 2 ! 7 deuten niedrige Werte geringe Zustimmung und höhere Werte größere Zustimmung zum jeweiligen Merkmal. Um die Konstruktvalidität möglichst hoch zu gestalten, wurden die Items so ausgewählt, dass sie den Skalen gleichen, die häufig in ähnlichen Zusammenhängen verwendet wurden sowie die Angaben und Definitionen der AutorInnen des GMF-Projektes widerspiegeln. Eine faktorenanalytische Überprüfung der Struktur der Skalen fand nicht statt. Im Folgenden werden die Skalen mit den jeweiligen Items und dem Reliabilitätsmaß dargestellt. Für Fremdenfeindlichkeit als zentrale Kriteriumsvariable wurden drei Items ausgewählt, die allgemeine Aussagen zu AusländerInnen abfragen. Items zu spezifischen ethnischen Gruppen z. B. TürkInnen, Muslime, Roma und Sinti wurden hier nicht berücksichtigt. Diese Auswahl fand unter dem Gesichtspunkt statt, dass die innere Repräsentation von AusländerInnen und die damit verbundenen Emotionen bei den Befragten sehr verschieden sein können (Asbrock, Lemmer, Wagner, Becker, & Koller, 2009). Für diese Studie schien eine allgemeine Kategorie am zweckmäßigsten. Die Antwortoptionen waren einer 4-stufigen Likert Skala zugeordnet (rekodiert: 1 = stimme überhaupt nicht zu, 2 = stimme eher nicht zu, 3 = stimme eher zu, 4 = stimme voll und ganz zu). Die Reliabilität der Skala beträgt α = .83. Die Skala beinhaltet folgende Items: „Die in Deutschland lebenden Ausländer sind eine Belastung für das soziale Netz.“, „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland.“ und „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die in Deutschland lebenden Ausländer wieder in die Heimat zurückschicken.“. Ost-West-Zugehörigkeit als demographisches Merkmal und zentrale unabhängige Variable wurde Dummy codiert verwendet. Dabei wurde die Zugehörigkeit zu den alten Bundesländern (inklusive Berlin) mit 0 und zu den neuen Bundesländern mit 1 zugeordnet. Autoritarismus als Mediatorvariable wurde laut Heitmeyer (2002) in Anlehnung an Altenmeyer mit den zwei wesentlichen Aspekten autoritäre Unterwürfigkeit und autoritäre Aggression konzipiert. Die Skala setzt sich aus den Items der Subskala autoritäre Unterwürfigkeit – mit: „Zu den wichtigsten Eigenschaften, die jemand haben sollte, gehören Gehorsam und Respekt vor dem Vorgesetzten.“ und „Wir sollten dankbar sein für führende Köpfe, die uns sagen, was wir tun sollen.“ – sowie autoritäre Aggression – mit: „Um Recht und Ordnung zu bewahren, sollte man härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen.“ und „Verbrechen sollten härter bestrafen werden.“ – zusammen. Die Reliabilität dieser Skala hat mit α = .75 einen guten Wert. Er hätte durch Entfernen des zweiten Items um eine minimale Differenz gesteigert werden können. Darauf wurde verzichtet, da die Erhöhung unbedeutend gering gewesen, aber die Bedeutung der Skala möglicherweise 2 ! 8 eingeschränkt worden wäre. Analog der Skala Fremdenfeindlichkeit wurde eine 4-stufige Likert Skala verwendet (rekodiert: 1 = stimme überhaupt nicht zu, 2 = stimme eher nicht zu, 3 = stimme eher zu, 4 = stimme voll und ganz zu). Kontakt als nächste Mediatorvariable wird in dieser Skala mit zwei Items abgebildet: „Wie oft haben Sie in Ihrer Nachbarschaft persönlichen Kontakt zu Ausländern?“ und „Wie viele Ihrer Freunde und guten Bekannten sind in Deutschland lebende Ausländer?“. Das Item „Wie oft haben Sie an Ihrem Arbeitsplatz persönlichen Kontakt zu Ausländern?“ wurde zugunsten einer höheren Reliabilität entfernt. Cronbachs Alpha beträgt .66 (zuvor mit drei Items α = .61). Dieser Wert gilt als akzeptabel (Hossiep, 2013), wenn auch die Aussagekraft der Skala durch nur zwei Items begrenzt ist. Es wurde wiederum eine 4-stufige Likert Skala verwendet, deren Bedeutung nach Rekodierung der Items folgende Abstufungen anzeigt: 1 = nie/gar keine, 2 = selten/eher wenige, 3 = manchmal/eher viele, 4 = häufig/sehr viele. Individuelle wie auch fraternale relative Deprivation werden jeweils durch ein Item dargestellt, da die wahrgenommene Benachteiligung direkt abgefragt wurde. Fraternale relative Deprivation wird durch das Item: „Wenn Sie die wirtschaftliche Lage der Deutschen mit der der in Deutschland lebenden Ausländer vergleichen, wie geht es den Deutschen im Vergleich zu den Ausländern?“ auf einer 3-stufigen Likert Skala (1 = besser, 2 = gleich, 3 = schlechter) repräsentiert. Individuelle relative Deprivation wird mit dem Item: „Im Vergleich dazu, wie andere hier in Deutschland leben: Wie viel glauben Sie, erhalten Sie persönlich?“ durch eine 3-stufige Likert Skala mit folgenden Abstufungen abgefragt: 1 = mehr als Ihren gerechter Anteil, 2 = Ihren gerechten Anteil, 3 = weniger als Ihren gerechter Anteil. 4.Ergebnisse Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse und das statistische Vorgehen der vorliegenden Untersuchung beschrieben. Zuerst soll die deskriptive Beschreibung der Daten einen Überblick über die Ergebnisse geben. Danach werden mit Hilfe der schließenden Statistik die im theoretischen Teil aufgestellten Hypothesen auf Gültigkeit geprüft. Sämtliche statistische Auswertungen erfolgten mithilfe des Programms IBM SPSS 23. 4.1. Deskriptive Statistik 4.1.1. Fremdenfeindlichkeit im Ost-West-Vergleich Zuerst soll der Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit betrachtet werden, wie er sich aus der beschreibenden Statistik darstellt. Tabelle 1 zeigt die Verteilung der Zustimmung zur Skala Fremdenfeindlichkeit, aufgeteilt nach den einzelnen Items 2 ! 9 und im Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland. Einige Items wurden in der Tabelle der Übersichtlichkeit halber verkürzt dargestellt. Tabelle 1 Angaben zu den Items der Skala Fremdenfeindlichkeit in Prozent der Befragten im West-Ost-Vergleich Stimme… Items West Ost überhaupt nicht zu eher nicht zu eher zu voll und ganz zu n Ausländer sind eine Belastung für das soziale Netz. 17.9 47.0 25.8 9.3 1,087 Es leben zu viele Ausländer in Deutschland. 22.8 42.1 23.0 12.1 1,097 Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man Ausländer in die Heimat schicken. 36.1 44.7 12.1 7.1 1,087 Ausländer sind eine Belastung für das soziale Netz. 7.3 30.4 36.1 26.2 618 Es leben zu viele Ausländer in Deutschland. 11.2 38.6 25.4 24.8 617 Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man Ausländer in die Heimat schicken. 20.3 46.9 16.3 16.5 620 Schon in dieser Darstellung wird augenscheinlich, dass es in Ostdeutschland einen höheren Anteil an Zustimmenden im Bereich stimme eher zu und stimme voll und ganz zu bei ausnahmslos allen Items gibt. Vor allem im Bereich der Zustimmung voll und ganz ist ein besonders großer Unterschied zu erkennen, diese Werte sind mindestens doppelt so hoch wie die der Befragten in Westdeutschland. Die Korrelationsberechnung nach Pearson zeigte, dass zwischen Zugehörigkeit zu Ost- oder Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit ein signifikanter Zusammenhang von r = .26 (p < .001) besteht. Gemäß den Konventionen (Cohen, 1992) kann hier von einem niedrigen bis mittleren Zusammenhang gesprochen werden. Damit bestätigt sich schon in der deskriptiven Betrachtung die Tendenz vieler anderer Studien, dass es in Ostdeutschland (M = 2.59, SD = 0.84) mehr Fremdenfeindlichkeit als im Westen der Republik (M = 2.13, SD = 0.78) gibt. Um einen Überblick zu erhalten, wie sich die Gruppe der Befragten, die zustimmende fremdenfeindliche Angaben machte, zusammensetzt, wurden demographische Angaben herangezogen. Dabei wird sich hier auf diejenigen 3 ! 0 Merkmale beschränkt, die in der Literatur als am maßgeblichsten für fremdenfeindliche Einstellungen hervorgehoben wurden. Die Studien belegen, dass Jüngere, Männer und besser Ausgebildete weniger anfällig für Vorurteile gegenüber Fremden sind. In Tabelle 2 ist die Zustimmungshäufigkeit bezogen auf Geschlecht, Alter und Bildung ersichtlich. In dieser Darstellung wurden aggregierte Werte verwendet, um den Ost-West-Vergleich deutlicher sichtbar zu machen. Es wurden nur die Skalenwerte über 2.5 verwendet, die für eine positive Zustimmung zu den Items (d.h. zu fremdenfeindlichen Aussagen) sprechen. Tabelle 2 Zustimmung zu den Items der Skala Fremdenfeindlichkeit in Prozent der Befragten bezogen auf die demographischen Merkmale Merkmale Gesamtdeutschland Westdeutschland Ostdeutschland Geschlecht n = 622 männlich 42,1 43.3 40.8 weiblich 57,9 56.7 59.2 Alter in Jahren n = 620 16 - 21 2,9 4.7 1.0 22 - 34 10,3 13.4 7.0 35 - 49 23,5 22.7 24.5 50 - 64 35,8 31.7 40.3 ab 65 27,4 27.6 27.2 Abitur 12,5 13.4 11.4 Studium 19,6 16.2 23.2 mittlere Reife 43,4 38.0 49.2 Hauptschule 23,9 32.1 15.2 0,6 0.3 1.0 Schulabschlu ss n = 618 kein Abschluss Anmerkung. Aggregation der zustimmenden Skalenwerte über 2.5. Frauen stimmen mit einem höheren Anteil den Items zu als Männer. Diese Tendenz ist auch im Ost-West-Vergleich deutlich und unterstützt die Ergebnisse anderer Studien. Fremdenfeindlichkeit nimmt mit zunehmendem Alter zu, allerdings sinkt sie wieder bei Menschen ab 65 Jahren. Die Altersgruppe der 50 bis 64-jährigen zeigen am häufigsten fremdenfeindliche Einstellungen. Ihr Anteil ist im Osten höher. Auch diese Werte bestätigen die in der Literatur häufig gefunden Tendenzen. Überraschenderweise sind die Werte der 22 bis 34-jährigen im Osten um die Hälfte geringer als im Westen. Das Ausmaß an Bildung wurde hier über den formalen Schulabschluss operationalisiert und in fünf Gruppen kategorisiert. Die höchsten Zustimmungswerte gaben Menschen mit einem Schulabschluss „mittlere Reife“, im Osten in erhöhter Weise als im 3 ! 1 Westen. Erstaunlich ist, dass Hauptschüler geringere Zustimmungstendenzen zeigten als die mit „mittlerer Reife“. Ebenso überrascht, dass in Ostdeutschland die studierten TeilnehmerInnen mehr Zustimmung zu den Items gaben als Hauptschüler und Abiturienten, und dass ostdeutsche Hauptschüler halb so oft zustimmende Antworten gaben wie die Westdeutschen. Dieser Befund zeigt nicht die Konsistenz, die andere Studien diesbezüglich haben und liegt teilweise entgegengesetzt zum bisherigen Trend, dass mit höherem Bildungsgrad weniger Fremdenfeindlichkeit einhergeht (z. B. Babka von Gostomski et al., 2007). Möglicherweise kann diese Beobachtung darauf zurück geführt werden, dass in Studien häufig, bei demographischen Merkmalen, Mittelwerte verwendet und seltener Kategorien mit der Unterteilung in Ost- und Westdeutschland direkt verglichen werden. Die Zusammenhänge der demographischen Merkmale mit der Skala für Fremdenfeindlichkeit wurden auf Signifikanz überprüft und ergaben mittlere signifikante Werte zwischen Schulabschluss und Fremdenfeindlichkeit sowie teilweise geringe signifikante Zusammenhänge für Alter und Geschlecht. In Tabelle 3 sind die Korrelationen detailliert dargestellt. Hier wird wiederum deutlich, dass Bildung die höchsten signifikanten Zusammenhänge mit Fremdenfeindlichkeit zeigt. Tabelle 3 Zusammenhangsmaße: Skala Fremdenfeindlichkeit und demographische Variablen Gesamtdeutschland Westdeutschland Ostdeutschland Alter Schulabschluss Geschlecht .10** .29** .08** .56 .32** .07* .12** .34** .64 Anmerkungen. ** p < .01, * p < .05. Aus der Zusammenschau der Ergebnisse wird ersichtlich, dass die Annahme, dass Ostdeutsche mehr Fremdenfeindlich zeigen bestätigt werden kann. Menschen mit geringerer Bildung, Frauen und Ältere weisen mehr fremdenfeindliche Haltungen als höher Gebildete, Männer und Jüngere auf. Vergleicht man differenzierter nach Ost- und Westdeutschland sowie deren Alters- und Bildungskategorien, zeigen sich Inkosistenzen zu dieser allgemeinen Aussage. 4.1.2. Drittvariablen Untersucht wurden die Drittvariablen Autoritarismus, Kontakterfahrung, fraternale sowie individuelle relative Deprivation. Es wird die Annahme verfolgt, dass diese Variablen Einfluss auf die Beziehung zwischen Ost-WestZuordnung und Fremdenfeindlichkeit besitzen. Auch hier werden die Daten 3 ! 2 zuerst beschreibend analysiert. Analog Fremdenfeindlichkeit werden zuerst die Antwortverteilungen zu den einzelnen Items dargestellt. Diese können den Tabellen 4 und 5 im Anhang entnommen werden. Die Items wurden auch in diesem Fall etwas verkürzt dargestellt, um die Tabellen übersichtlicher zu gestalten. Aus selbigem Grund wurden die Items mit den 4-stufigen und 3-stufigen Likert Skalen getrennt dargestellt. Abbildung 2 unterstützt einen Überblick der Variablen in vergleichender Weise zur Interpretation im OstWest-Vergleich. In dieser Abbildung wurden wiederum nur die zu den hohen Werten zustimmenden Angaben verwendet. Zur besseren Vergleichbarkeit ist ebenso die Zustimmung zur Skala Fremdenfeindlichkeit abgetragen. West Ost 30,3 Fremdenfeindlichkeit 50,2 65,1 Autoritarismus Kontakterfahrung 22,5 13,1 17,2 31,2 fraternale relative Deprivation individuelle relative Deprivation 0 22,5 45 83,3 63,4 54 67,5 90 zustimmende Angaben in Prozent der Befragten Abbildung 2. Zustimmende Aussagen in Prozent der Befragten aller Variablen im OstWest-Vergleich. Aggregation zustimmender Werte (Werte ab 2.5 bei 4-stufigen Likert Skalen, Wert 3 bei 3-stufigen Likert Skalen). Bei allen vier Autoritarismus Items ergeben sich bei Ostdeutschen höhere Werte als bei Westdeutschen. Besonders auffällig ist diese Tendenz bei den Law-and-order Aussagen der Subskala autoritäre Aggression sowie dem Item „Zu den wichtigsten Eigenschaften, die jemand haben sollte, gehören Gehorsam und Respekt vor dem Vorgesetzten.“ der Subskala autoritäre Unterwürfigkeit. In Westdeutschland fallen die Werte für die Subskala autoritäre Aggression ebenfalls hoch aus, wenn auch nicht ganz so eindeutig wie in Ostdeutschland. Die Mittelwerte der Skala liegen bei Westdeutschen bei 2.64 (SD = 0.71) sowie bei Ostdeutschen bei 2.93 (SD = 0.62). Insgesamt liegen damit die Werte aller Befragten deutlich im Bereich der Zustimmung zur Autoritarismus Skala. Die Kontakt Items wurden nur der Hälfte der Befragten vorgelegt (Split B der Stichprobe). Daher kommt es zur Reduktion der Stichprobe in diesem Abschnitt. Die Werte stellen sich erwartungskonform dar. Ostdeutsche haben 3 ! 3 deutlich weniger Kontakt zu AusländerInnen. Diese Ergebnisse bestätigen einmal mehr den vielfach beschriebenen Zusammenhang geringerer Kontaktmöglichkeiten durch geringere AusländerInnendichte im Osten Deutschlands. Die Mittelwerte der Skala können mit 2.50 (SD = 0.75) für die Westdeutschen und 1.75 (SD = 0.68) für die Ostdeutschen beziffert werden. Die Werte für relative Deprivation zeigen auch in dieser Untersuchung, dass Ostdeutsche sich mehr benachteiligt fühlen als Westdeutsche. Dieses trifft sowohl für die gruppenbezogene (Ostdeutsche: M = 1.75, SD = 0.73; Westdeutsche: M = 1.67, SD = 0.70) als auch für die individuelle Benachteiligungswahrnehmung (Ostdeutsche: M = 2.52, SD = 0.54; Westdeutsche: M = 2.28, SD = 0.51) zu. In der gesamten Stichprobe ist die individuelle Deprivationswahrnehmung weit verbreitet. Mehr als die Hälfte der Befragten in Ostdeutschland fühlt sich individuell benachteiligt, im Westen Deutschlands sind es knapp ein Drittel. Die Werte der fraternalen relativen Deprivation sind vergleichsweise gering. Etwa 17.0 % der Ostdeutschen fühlen sich als Gruppe der Deutschen gegenüber in Deutschland lebenden AusländerInnen benachteiligt. Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass Ostdeutsche bei Autoritarismus, fraternaler und individueller relativer Deprivation höhere Werte zeigen als Westdeutsche. Bei Kontakterfahrungen dreht sich das Verhältnis um, Ostdeutsche haben bedeutend weniger Kontakterfahrungen als Westdeutsche. Besonders deutlich unterscheiden sich die Ost-West-Werte bei Autoritarismus, Kontakterfahrung und individueller relativer Deprivation. Aus der deskriptiven Betrachtung lässt sich ableiten, dass bei fehlenden Kontakterfahrungen, hoher Zustimmung zu autoritären Einstellungen und empfundener Benachteiligung eine stärkere fremdenfeindliche Haltung zu erwarten ist. 4.1.3. Interkorrelationen Die Korrelationsberechnungen aller Variablen sind in Tabelle 6 dargestellt. Die Mediatoren korrelieren gering bzw. im mittleren Bereich miteinander (Cohen, 1992). Bemerkenswert hoch sind die Korrelationen zwischen Autoritarismus, Kontakt sowie fraternaler relativer Deprivation mit Fremdenfeindlichkeit. Diese Werte liegen alle über r = .30, sie bestätigen die wesentliche Beziehung, die diese Variablen mit Fremdenfeindlichkeit haben. Dies unterstützt die Argumentation um die Wichtigkeit dieser drei Theorien im Hinblick auf das Entstehen und Verstehen von Fremdenfeindlichkeit (Pettigrew, 2016). Kontakt und Ost-West-Zugehörigkeit korrelieren recht hoch negativ miteinander, was die Diskussion um Kontaktmöglichkeiten zu AusländerInnen in Ost- bzw. Westdeutschland unterstützt. In Ostdeutschland haben die Menschen maßgeblich weniger Kontakt aber auch weniger Kontaktmöglichkeiten als in Westdeutschland. Fraternale relative Deprivation 3 ! 4 korreliert höher als individuelle relative Deprivation mit Fremdenfeindlichkeit, was ebenfalls theoriekonform ist. Überraschend ist der relativ geringe Zusammenhang von Ost-West mit fraternaler im Vergleich zu individueller relativer Deprivation. Tabelle 6 Interkorrelationen der Untersuchungsvariablen 1. 1. West-Ost 2. .26** 1 3. Skala Autoritarismus .20** .56** 5. fraternale relative Deprivation 6. individuelle relative Deprivation 4. 5. 6. 1 2. Skala Fremdenfeindlichkeit 4. Skala Kontakt zu Ausländern 3. 1 -.44** -.35** -.19** 1 .05* .33** .24** -.05 1 .22** .24** .22** -.12** .22** 1 Anmerkungen. ** p < .01, * p < .05. Methodisch betrachtet, kann Interkorrelation immer zu Verzerrungen der Schätzungen von inferenzstatistischen Analysen führen. Bei großen Stichproben ist dieses Problem weniger relevant als bei kleineren. Dennoch sollte Interkorrelation Konsequenzen für die Wahl inferenzstatistischer Methoden haben. Nachfolgend werden die Mediatoren und ihr Verhältnis zum Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit über inferenzstatistische Methoden genauer betrachtet und auf Gültigkeit für die Gesamtpopulation Deutschland überprüft. Eingeleitet wird der Abschnitt mit einer kurzen Erläuterung zum Herangehen. 4.2. Inferenzstatistik 4.2.1. Vorgehen Die statistische Auswertung erfolgte durch T-Test und Mediationsanalysen. Die Analyse, hinsichtlich der Unterschiede zur Zugehörigkeit zu Ost- und Westdeutschland und ihrer Beziehung zu Fremdenfeindlichkeit, wurde durch einem T-Test für unabhängige Stichproben getestet. Die Mediationshypothesen wurden mittels Mediationsanalysen, die als Spezialfall der multiplen Regression betrachtet werden können (Hayes, 2013), berechnet. Auf die traditionelle Methode der stufenweisen Mediationsanalyse nach Baron und Kenny (1986) wurde verzichtet. Einerseits fehlt bei diesem Herangehen die 3 ! 5 inferenzstatistische Absicherung, dass tatsächlich eine Mediation vorliegt, andererseits kann es problematisch für die eigenständigen Effekte der Mediatorvariablen sein, wenn diese untereinander korrelieren. Hier könnte es bei diesem Vorgehen zu Verzerrungen führen (Hayes, 2013; Field, 2013). Um methodische Fehler zu vermeiden, wurde entschieden, in dieser Untersuchung eine simultane Testung der Mediatoren durchzuführen. Daher wurden die Mediationshypothesen mit dem SPSS tool PROCESS (Modell 4) nach Hayes getestet. Die statistische Überprüfung der indirekten Effekte erfolgt bei Mediationsanalysen häufig über den Sobeltest. Dieser Test wird in der Literatur als nicht ausreichend zuverlässig beschrieben. Einerseits basiert er auf der Annahme, dass alle Stichprobenkennwerte normal verteilt sind. Selbst bei Normalverteilung der einzelnen Variablen ist bei der Produktbildung einzelner Effekte, die der Berechnung des Sobeltests zugrunde liegt, diese Verteilung nicht mehr zwangsläufig gegeben. Andererseits haben Untersuchungen gezeigt, dass der Test, verglichen mit anderen Methoden, schwache Testpower hat und weniger akkurate Konfidenzintervalle generiert. Eine zuverlässige Alternative ist die Bootstrap-Methode. Sie kommt ohne theoretische Annahmen aus, da bei ihr die Stichprobenkennwerte empirisch ermittelt werden (Hayes, 2013; Eid, Gollwitzer, & Schmitt, 2013). Diese Methode wurde in der vorliegenden Analyse verwendet, um die Signifikanz der indirekten Effekte zu überprüfen. Es wurden 5,000 Stichproben mit Zurücklegen aus dem vorhandenen Datensatz gezogen und Konfidenzintervalle generiert, die bei Signifikanz den Wert 0 ausschließen. Durch den Vergleich der indirekten Effekte ist es bei mehreren Mediatoren möglich, ihre relative Bedeutung in der Beziehung zwischen Prädiktor und Kriterium zu erklären (Hayes, 2013). Zur Überprüfung der Stichprobe hinsichtlich Ausreißer, wurden die Daten mit der Mahalanobis Distanz analysiert. Es wurden keine auffälligen Werte gefunden. Normalverteilung ist eine wesentliche Bedingung für den T-Test, allerdings nähert sich die t-Verteilung bei einer großen Stichprobe der Normalverteilung an, daher wurde auf einen spezifischen Test für Normalverteilung verzichtet. Für die vorliegende Stichprobe kann gesagt werden, dass aufgrund ihrer Größe von einer Normalverteilung ausgegangen wird, es sollte kein verzerrender Einfluss auf den Standardfehler zu erwarten sein. Korrelationen der Mediatorvariablen wurden bereits festgestellt (siehe Tabelle 6), daher erfolgte ein Test auf Multikollinearität mittels Variante Inflation Factor (VIF). Für die vorliegende Stichprobe lagen die VIF Werte zwischen 1.12 und 1.31. Dieser Wertebereich wird laut Eid et al. (2013) als unproblematisch betrachtet. Es liegt keine Multikollinearität in der vorliegenden Stichprobe vor. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Daten dieser Stichprobe für T-Test wie auch multiple Regressionsanalyse geeignet sind. 3 ! 6 4.2.1. Fremdenfeindlichkeit im Ost-West-Vergleich Zuerst wurde mit der ersten Hypothese geprüft, inwiefern die Zugehörigkeit zu Ost- oder Westdeutschland bedeutungsvoll für Fremdenfeindlichkeit ist. Die Analyse wurde mit dem T-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt, um zu prüfen, ob die Mittelwertsdifferenz zwischen Ost und West in Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit signifikant ist oder auf Zufall beruht. Ein Levine Test wurde der Berechnung vorangestellt, um die Varianzhomogenität der beiden Gruppen Ost und West zu vergleichen. Ist eine Varianz überzufällig größer als die andere, wie im Falle der vorliegenden Stichprobe, wird der Test signifikant. Daher war eine Freiheitsgradkorrektur erforderlich, welche im Programm SPSS automatisch ausgewiesen wird. Die Analyse durch den T-Test ergab, dass die Ost-West-Zugehörigkeit mit t(1,158) = 10.93, p < .001 einen signifikanten Unterschied in Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit darstellt. Damit wurde die erste Hypothese bestätigt. Der Unterschied in Fremdenfeindlichkeit zwischen Ost- und Westdeutschen beruht nicht auf Zufälligkeit, sondern auf einem systematischen Effekt. 4.2.2. Mediationsanalysen 4.2.2.1. Allgemeines Multiple Mediationsmodelle spezifizieren direkte und indirekte Effekte. Als indirekte Effekte werden die Wirkrichtungen von Prädiktor über Mediator zum Kriterium bezeichnet (aibi). Der direkte Effekt (c’) ist die direkte Beziehung zwischen dem Prädiktor und dem Kriterium, hier zwischen Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland (in Abbildung 3 kurz: Ost-West) und Fremdenfeindlichkeit, die trotz Wirkung von Drittvariablen übrig bleibt. Allerdings sollte der direkte Effekt durch die Wirkung der Mediatoren minimiert werden bzw. komplett verschwinden (vollständige Mediation). In Abbildung 3 werden die in dieser Arbeit untersuchten Beziehungen im statistischen Diagramm dargestellt. Die Abbildung gibt die unstandardisierten Schätzer sowie Standardfehler wieder. Die Darstellung in einem Pfadmodell kann durch die Angabe der Pfeile als Wirkrichtung leicht verleiten, Ergebnisse kausal zu deuten. Es handelt sich in dieser Untersuchung um korrelative Daten. Daher sind Kausalitätsinterpretationen nicht gerechtfertigt. In die Mediationsanalyse gingen nur ein Teil der Befragten (n = 706) aufgrund der Teilung der Stichprobe (bei der Befragung zu Kontakterfahrungen) ein. Es wurden nur die TeilnehmerInnen in der Analyse berücksichtigt, die zu allen Variablen befragt worden waren (paarweiser Ausschluss). 3 ! 7 = 8 .4 8 ) Kontakt 37 ) (.0 58 -.2 14 (.0 33 =2 .0 8( = .77 a ) b1 1 54 b2 a 2 .3 = 1 (.0 Autoritarismus ) Ost-West a3 a4 = .2 1 0 (.0 Fremdenfeindlichkeit c’ = .183 (.058) = 42 .11 4 (.0 56 ) Fraternale relative Deprivation b .22 = 3 ) b .0 6( = 4 5 .1 36 2 ) 4 (.0 8) Individuelle relative Deprivation ! Abbildung 3. Mediationsmodell: Zusammenhang von Ost-West-Zugehörigkeit und dem Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit mit den vier untersuchten Mediatoren. (p < .05). Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass nur geringe Varianz in Autoritarismus (R2 = .047), fraternaler relativer Deprivation (R2 = .006) und individueller relativer Deprivation (R2 = .035) durch die Ost-West-Zugehörigkeit aufgeklärt wird. Für Kontakt mit AusländerInnen ist dieser Wert mit R2 = .205 deutlich anders zu bewerten. Dieses Ergebnis beschreibt eine Varianzaufklä-rung, die die Ergebnisse bisheriger Studien unterstützt. Es ist bedeutungsvoll, ob und in welchem Maß Menschen in Ost- und Westdeutschland Zugang zu Kontaktmöglichkeiten mit AusländerInnen haben. Ebenso wird ein großer Teil der Varianz im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit durch alle Mediatoren gemeinsam aufgeklärt, R2 = .418. Alle vier Mediatoren beeinflussen damit stark fremdenfeindliche Haltungen. Besonders relevant sind die Informationen der indirekten Effekte sowie des direkten Effekts, die im Folgenden entlang der Hypothesen beschrieben werden. 4.2.2.2. Indirekter Effekt des Mediators Autoritarismus In der Hypothese 2a wurde der Einfluss des Mediators Autoritarismus auf die Beziehung von Zugehörigkeit zu Ost- oder Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass mit einem variierendem Ost-West-Wert um die Differenz von Eins Fremdenfeindlichkeit 3 ! 8 um .157 (SE = .027) durch Autoritarismus, bei Konstanthaltung der anderen Mediatoren variiert. Dieses Ergebnis resultiert aus zwei positiven einzelnen Effekten. Durch Kodierung von West = 0 und Ost = 1 bedeutet es für die Beziehung zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit, dass Ostdeutsche mehr Fremdenfeindlichkeit zeigen als Westdeutsche. Einerseits wird dieses erzeugt durch höhere Autoritarismuswerte der Ostdeutschen sowie andererseits durch eine positive Beziehung zwischen Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit. Beide Einzeleffekte sind relativ hoch, was für den starken Erklärungswert von Autoritarismus innerhalb der Beziehung Ost-West und Fremdenfeindlichkeit spricht. Dieser Zusammenhang ist mit 95 % BC CI [.106, .214] signifikant. Diese Ergebnisse sind erwartungskonform mit den Annahmen dieser Arbeit. 4.2.2.3. Indirekter Effekt des Mediators Kontakt zu AusländerInnen In der Hypothese 2b wurde der vermittelnde Einfluss von Kontakt zu AusländerInnen auf die Beziehung zwischen Ost- bzw. Westdeutschen und Fremdenfeindlichkeit untersucht. Mit variierendem Ost-West-Wert um die Differenz von Eins variiert auch Fremdenfeindlichkeit um .167 (SE = .031) durch Kontakt zu AusländerInnen, wenn jeweils alle anderen Variablen konstant gehalten werden. Auch hier steht das Ergebnis wieder für mehr Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland als in Westdeutschland, vermittelt durch den Mediator Kontakt zu AusländerInnen. Dieses Ergebnis resultiert hier aus zwei negativen einzelnen Effekten. Der Effekt a2 ist sehr hoch, er bedeutet, dass Ostdeutsche maßgeblich weniger Kontakt zu AusländerInnen haben als Westdeutsche. Dieser Befund steht im Konsens mit Ergebnissen vieler anderer vorangegangener Studien. Des Weiteren gibt es eine negative Beziehung zwischen Kontakterfahrung und Fremdenfeindlichkeit (b2), was bedeutet, dass weniger Kontakt zu mehr Fremdenfeindlichkeit führt. Die Signifikanz der Ergebnisse wurde durch 95 % BC CI [.110, .230] bestätigt. Diese Ergebnisse stimmen ebenfalls mit den Annahmen der Hypothese überein. Ebenso kann ergänzt werden, dass dieser günstige Einfluss durch Kontakt auf Fremdenfeindlichkeit entsteht, trotz höherer Autoritarismuswerte der Ostdeutschen, was ebenfalls für die besondere Wirkweise von Kontakt spricht. 4.2.2.4. Indirekte Effekte der Mediatoren fraternale und individuelle relative Deprivation Ein dritter indirekter Effekt für die Beziehung zwischen Zugehörigkeit zu Ost- oder Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit wurde durch fraternale relative Deprivation, der mit .026 (SE = .014) geschätzt wurde, modelliert. Allein durch diesen indirekten Effekt kann gesagt werden, dass die ostdeutschen Befragten der Studie höhere Werte um das o.g. Maß an 3 ! 9 Fremdenfeindlichkeit zeigen als Westdeutsche, vermittelt durch das Gefühl als Gruppe der Deutschen im Gegensatz zu in Deutschland lebenden AusländerInnen benachteiligt zu sein. Ostdeutsche empfinden sich stärker gruppenbezogen benachteiligt, was der positive Effekt a3 indiziert. Fraternale relative Deprivation wiederum beeinflusst deutlich Fremdenfeindlichkeit. Diese steigt durch gruppenbezogene Deprivationswahrnehmung an. Der Zusam-menhang ist mit 95 % BC CI [.002, .058] signifikant. Fraternale relative Deprivation zeigt demnach einen eigenständigen Effekt trotz Berücksichtigung der anderen Variablen. Mit variierendem Ost-West Wert um die Differenz Eins variiert auch Fremdenfeindlichkeit um .032 (SE = .013) durch individuelle relative Deprivation, bei Konstanthaltung der anderen Variablen. Ostdeutsche zeigen mehr Fremdenfeindlichkeit als Resultat persönlich wahrgenommener Benachteiligung als Westdeutsche. Dieser indirekte Effekt ist ebenfalls gering. Er setzt sich aus den zwei Einzeleffekten a4b4 zusammen. Die Ost-West-Differenz ist bedeut-sam für individuelle relative Deprivation. Ostdeutsche fühlen sich mehr individuell benachteiligt als Westdeutsche. Ebenso steigt Fremdenfeindlichkeit mit dem Empfinden, individuell benachteiligt zu sein an. Dieser Zusammenhang ist mit 95 % BC CI [.012, .063] signifikant. Individuelle relative Deprivation zeigt ebenfalls einen eigenständigen Effekt bei Konstanthaltung der anderen Variablen. Die Hypothese 2c konnte mit diesen Ergebnissen nur teilweise bestätigt werden. Ostdeutsche fühlen sich mehr individuell als fraternal gegenüber Westdeutschen benachteiligt. Fraternale relative Deprivation mediiert den Zusammenhang von Ost-West-Zugehörigkeit und ethnischen Vorurteilen in einem geringeren Maß als angenommen. Individuelle relative Deprivation vermittelt ebenso diese Beziehung und zeigt einen höheren signifikanten indirekten Effekt als fraternale relative Deprivation, was konträr zur Annahme von H2c liegt. Betrachtet man die einzelnen Effekte b3 und b4 separat, erhält man erwartungskonform einen höheren Einfluss durch fraternale relative Deprivation als durch individuelle relative Deprivation auf Fremdenfeindlichkeit. 4.2.2.5. Direkter Effekt zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit Der direkte Effekt, c’ = .183 quantifiziert die Beziehung zwischen Ost-WestZugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit. Da dieser Wert positiv ausfällt, ist zu schlussfolgern, dass Ostdeutsche um einen Koeffizienten von .183 mehr Fremdenfeindlichkeit zeigen als Westdeutsche, ungeachtet aller Einflüsse, die Autoritarismus, Kontakterfahrung und beide Formen relativer Deprivation auf diesen Zusammenhang ausüben. Es kann vermutet werden, dass weitere erklärende Drittvariablen in dieser Beziehung bedeutungsvoll sind. Da es signifikante indirekte Effekte gibt, muss der totale Effekt (Zusammenhang zwi- 4 ! 0 schen Ost-West-Zugehörigkeit und Vorurteilen ohne Berücksichtigung der Mediatoren) größer sein als der indirekte Effekt. Man kann auch anhand des Vergleichs des direkten und totalen Effekts (c = .564) erwartungskonform feststellen, dass der direkte Wert für den untersuchten Zusammenhang um .381 reduziert wurde, was auf tatsächlich vermittelnde Funktion der einzelnen Mediatoren zurückzuführen ist. Alle Mediatoren sind anhand der Testung durch die Bootstrap-Konfidenzintervalle signifikant. Damit wurde H2 als allgemeine Mediationshypothese bestätigt. 4.2.2.6. Fazit Ausgehend von den vorangegangenen Ergebnisdarstellungen wurde mit H1 der direkte Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland und ethnischen Vorurteilen repliziert. Ostdeutsche weisen signifikant mehr Fremdenfeindlichkeit auf als Westdeutsche. Im Folgeschritt wurde überprüft, inwiefern dieser Zusammenhang durch verschiedene Variablen vermittelt wird. H2 als allgemein formulierte Mediationshypothese konnte bestätigt werden. Autoritarismus, Kontakt zu AusländerInnen, fraternale wie auch individuelle relative Deprivation mediieren den Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland und fremdenfeindlicher Haltung. Dies wurde quantifiziert durch die Reduktion des direkten Zusammenhangs zwischen OstWest-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit. Alle indirekten Effekte wie auch der direkte Effekt wurden durch Bootstrap-Konfidenzintervalle auf einem Niveau von mindestens 5 % als signifikant bestätigt. Es bleibt ein direkter Effekt von .183 zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit, der auf weitere erklärende Variablen schließen lässt. Werden die einzelnen Mediatoren differenzierter betrachtet, können ebenso die Hypothesen H2a und H2b als vollständig bestätigt gelten. Autoritarismus ebenso wie Kontakterfahrungen wirken als bedeutende Vermittler im Hinblick auf höhere Werte in Fremdenfeindlichkeit bei Ostdeutschen und geringeren Werten bei Westdeutschen. Die Mediationshypothese H2c kann nur teilweise bestätigt werden. Beide Formen der relativen Deprivation mediieren den Zusammenhang zwischen Ost-West und Fremdenfeindlichkeit, allerdings in einem sehr geringen Maß, betrachtet man die indirekten Effekte. Bezugnehmend auf den Tenor in der Forschungsliteratur wäre hier sowohl generell mit einem deutlich höheren Wert bei fraternaler relativer Deprivation, als auch im Vergleich zu individueller relativer Deprivation zu rechnen gewesen. In den vorliegenden Ergebnissen zeigt sich ein umgekehrtes Bild. Bei detaillierterer Betrachtung reagieren individuelle relative Deprivation und fraternale relative Deprivation erwartungskonform in Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit. Die These, dass sich der Ost-West-Unterschied eher durch fraternale relative Deprivation als durch individuelle relative Deprivation erklären lässt, wird nicht 4 ! 1 bestätigt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchung in Zusammenhang mit der herangezogenen Forschungsliteratur diskutiert. 5.Diskussion Ziel der Arbeit war es, mit Hilfe einer Sekundäranalyse herauszufinden, weshalb Ostdeutsche mehr ethnische Vorurteile haben als Westdeutsche. Zunächst werden die Befunde aus dem vorangegangen Kapitel entlang der Hypothesen zusammengefasst dargestellt, interpretiert und diskutiert. Es folgt eine kritische Reflexion hinsichtlich des methodischen Herangehens und der Grenzen der Untersuchung. Abschließend werden Implikationen für Theorie und Praxis beleuchtet. 5.1. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse Zunächst ging es in der ersten Hypothese darum, den seit Jahren beständigen Trend, dass Ostdeutsche mehr ethnische Vorurteile zeigen als Westdeutsche, als Ausgangspunkt für die Frage nach den Gründen zu nutzen. Die Hypothese (H1) wurde auch in dieser Arbeit bestätigt und kann als Replikation der bisherigen Ergebnisse verstanden werden. Die Frage, ob die OstWest-Zugehörigkeit an sich ein bedeutender erklärender Faktor für diesen Unterschied in Fremdenfeindlichkeit ist, wurde bisher auf vielfältige Weise untersucht. Viele Studien, die sich diesem Thema auf verschiedene Weise widmeten, kamen zum Ergebnis, dass es diverse Einflussfaktoren gibt, die diesen Prozess vermitteln. Die immer wiederkehrenden Ergebnisse der psychologischen Forschungsliteratur bezogen sich auf Autoritarismus, Kontakt zu AusländerInnen und der wahrgenommenen Benachteiligung (siehe Kapitel 2.). Weitere Einflussfaktoren, die sich im Ost-West-Vergleich herausstellten, waren häufig interdisziplinär untersucht worden und bezogen sich auf Konstrukte wie Anomia (Hüpping & Reinecke, 2007) und Desintegration – welche neben psychologischen auch soziale und ökonomische Faktoren berücksichtigt, eingebettet in eine eigene Theorie zum Verständnis des Syndroms Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung (Mansel & Kaletta, 2009) – um nur einige beispielhaft zu nennen. Für diese Arbeit wurden die drei o.g. prominentesten psychologischen Theorien, die sich einzeln in der Erklärung zum Ost-West-Unterschied im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit bewährt haben, in einem Mediationsmodell parallel untersucht. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass alle vier Mediatoren – Autoritarismus, Kontakterfahrung und fraternale wie individuelle relative Deprivation – gleichzeitig den Zusammenhang zwischen Ost- und Westdeutschland und Fremdenfeindlichkeit vermitteln (H2). Diese Hypothese konnte bestätigt werden. Die mediierende Wirkung der vier Variablen wurde 4 ! 2 durch eine signifikante Reduktion des direkten Effekts von Ost-WestZugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit quantifiziert. Auch einzeln betrachtet, trägt jede der o.g. Mediatorvariablen zur Reduktion des direkten Effekts bei. Trotz dieser vermittelnden Einflüsse bleibt ein direkter Effekt von .183 zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit übrig. Dieser Effekt kann begründet sein im tatsächlichen Einfluss der regionalen Zugehörigkeit oder lässt auf weitere Faktoren schließen, die diesen Zusammenhang maßgeblich beeinflussen. Würde man von der These ausgehen, dass Ost-West-Zugehörigkeit selbst einen Einfluss hat, müsste man sich fragen, was das überhaupt bedeutet. Was könnte ein regionaler Einfluss sein? Man könnte auf die DDR-Geschichte und damit verbundene Sozialisation rekurrieren, die teilweise auch im Autoritarismuskonstrukt enthalten sein kann. Anhand der erhobenen Daten kann dies nicht zuverlässig zugeordnet werden, da im Interview nach dem aktuellen Wohnort gefragt wurde, der zur Einteilung in Ost oder West herangezogen wurde, nicht nach der Herkunft im sozialisatorischen Sinne (siehe auch Kapitel 5.2.). Des Weiteren könnte man regionale Differenzen der wirtschaftlichen Lage heranziehen, also objektiver Benachteiligung Bedeutung geben. Dann würde nicht die Region selbst, sondern die objektiven Benachteiligungen der östlichen Region als Mediatoren betrachtet werden. Es ist realistisch, dass in den ostdeutschen Bundesländern schlechtere wirtschaftliche Situationen zu verzeichnen sind als im Westteil des Landes (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015). Dies ist auch ein anhaltendes Merkmal der Nachwendezeit. Durch den Systemwechsel wurde die Wirtschaft der ehemaligen DDR komplett dem westlichen Modell angepasst, alles was darin keinen Platz hatte, wurde „abgewickelt“ und/oder abgewertet. Das westliche Modell setzte den Maßstab, ohne Interesse an Integration vorhandener Netzwerke, funktionierender Betriebe und Strukturen (Hollenstein, 2012). Das hatte zur Folge, dass Biografien entwertet und permanent notwendige Anpassungsleistungen (wirtschaftlich, gesellschaftlich und persönlich) nicht gewürdigt wurden. Dies wiederum führte mehr zu einer abgrenzenden als zu einer gemeinsamen Identitätsentwicklung (Heitmeyer, 2009; Hollenstein, 2012). Diese Prozesse sind in ihrer Komplexität schwer zu operationalisieren. In einzelnen Feldern wurde dies immer wieder erfolgreich versucht. Im Endeffekt kommen AutorInnen – aus den verschiedensten Perspektiven auf Vorurteilseinstellungen blickend – immer wieder zu den Ergebnissen, dass es neben einzelnen individualpsychologischen Merkmalen, vor allem die Situationen sind, in denen Menschen leben und sich bewähren müssen, die bedeutungsvoll sind. Diese führen zu Anpassungsleistungen, die sich, je nach individuellen Stärken und Schwächen sowie geprägt durch familiäre Einflüsse, in gruppenbezogenen Identitäts- und Anpassungsprozessen äußern. Dazu ge- 4 ! 3 hört auch die Abgrenzung zu und Ablehnung von fremd erscheinenden Gruppen (z. B. AusländerInnen). In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass es nicht die Ost-WestZugehörigkeit an sich ist, sondern weitere Faktoren, wie die o.g. tatsächliche Benachteiligung und damit verbundene Desintegration, Anomia und empfundene Bedrohung, die die Ost-West-Differenz im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit zusätzlich vermittelnd erklären. Alle genannten Faktoren stehen in Verbindung mit Vorurteilen. Dies leitet zu Hypothese H2a über, die den Einfluss von Autoritarismus als Mediator zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit untersuchte. Die Hypothese wurde bestätigt. Autoritarismus beeinflusst maßgeblich die vorhandene Ost-West-Differenz. Autoritarismus, ein umstrittenes Konstrukt, wurde in diesem Survey in seinen Facetten autoritäre Unterwürfigkeit und autoritäre Aggression gemessen. Oesterreich (2000) sowie Zick und Henry (2009) wiesen in ihren Artikeln darauf hin, dass es zur Interpretation dieses Konstruktes bedeutungsvoll ist, ob man es als Persönlichkeitseigenschaft (traditionelle Sichtweise) oder als autoritäre Reaktion im Sinne einer Anpassungsreaktion an schwierige Situationen versteht. Im Bereich der Autoritarismusforschung gibt es Uneinigkeit über die Interpretationsweisen. Am wenigsten tauglich als erklärende Variante für hohe fremdenfeindliche Einstellungen ist die Idee der DDR-Sozialisation, die aufgrund eines diktatorischen Staatssystems Menschen mit höheren Autoritarismuswerten erzeuge. In der Literatur gibt es viele widersprüchliche Ergebnisse dazu, wie schon in Kapitel 2.2.2. dargelegt wurde. Mit dem hier zugrunde gelegten Verständnis, Autoritarismus als eine autoritäre Anpassungsreaktion zu betrachten, wird in dieser Arbeit, im Konsens mit anderen AutorInnen (Oesterreich, 2000; Quent, 2016; Wagner et al., 2001), davon ausgegangen, dass diese These als empirisch widerlegt betrachtet werden kann. Nichts desto trotz weisen Ostdeutsche häufig, so auch in dieser Untersuchung, höhere Werte in Autoritarismus auf als Westdeutsche. Mit Oesterreichs Theorie der autoritären Reaktion kann dies als situations-spezifische Flucht in die vermeintliche Sicherheit von Autoritäten aufgrund von Verunsicherungen und Ängsten in einer krisenhaften unsicheren Zeit – als die die gesamte Nachwendezeit von vielen Ostdeutschen erlebt wurde – verstanden werden. Ebenso hat der Kontakt zu AusländerInnen einen maßgeblich vermittelnden Einfluss auf die Beziehung zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und ethnischen Vorurteilen (H2b). Dieser Teil der Untersuchung kann ebenfalls als Replikation gewertet werden, da die Kontaktkomponente im Zusammenhang mit ethnischen Vorurteilen schon mehrfach zuvor untersucht wurde. Wie bereits Allport (1979) beschrieb, minimiert Kontakt Vorurteile. In dieser Arbeit konnte diese Beziehung wiederholt bestätigt werden. Wenig Kontakte führen zu mehr 4 ! 4 ethnischen Vorurteilen und dies kann deutlich den Ost-West-Unterschied erklären. Im Osten gab es verglichen mit Westdeutschland sowohl vor als auch nach der Wende immer einen erheblich geringeren Anteil an AusländerInnen. In ihren Studien kommen Christ et al. (2014) zu dem Ergebnis, dass allein schon die Region bzgl. ihrer Dichte an AusländerInnen und Fremden bedeutungsvoll für die unterschiedliche Ausprägung in Fremdenfeindlichkeit ist. Geringere Möglichkeiten Kontakt zu AusländerInnen aufzunehmen (sei es auch nur indirekt) werden als eindeutige Interpretation der höheren Vorurteilswerte Ostdeutscher gewertet. Beide Aspekte der relativen Deprivation wurden als Mediatoren in das Modell aufgenommen (H2c). Beide zeigten signifikanten Einfluss als vermittelnde Kraft zwischen Ost-West-Zugehörigkeit und Fremdenfeindlichkeit, wenn auch in deutlich geringerem Maße als Autoritarismus und Kontakt. Diese Hypothese kann als nur teilweise bestätigt gelten, da der indirekte Effekt individueller relativer Deprivation größer war als der fraternaler relativer Deprivation. Dieses Ergebnis ist überraschend, da theoriekonform angenommen wurde, dass individuelle relative Deprivation nur einen geringen Einfluss auf diese Beziehung hat. In der Literatur wurde vor allem von fraternaler relativer Deprivation in Zusammenhang mit ethnischen Vorurteilen gesprochen und dies auch mehrfach empirisch belegt (siehe Kapitel 2.3.4.). Die konträren Befunde lassen annehmen, dass es weitere Prozesse oder Drittvariablen gibt, die Einfluss auf diese Beziehung nehmen. Die Interkorrelationen der Mediatoren könnten auch Hinweise darauf geben, dass die Beziehungen untereinander bedeutungsvoll sind. So fanden z. B. Pettigrew et al. (2008) in ihrer Studie zu relativer Deprivation und Fremdenfeindlichkeit, dass fraternale relative Deprivation den Prozess zwischen individueller relativer Deprivation und Fremdenfeindlichkeit mediiert. Demnach hängen individuell wahrgenommene Benachteiligung und gruppenbezogene Benachteiligungswahrnehmung im Hinblick auf Ausprägung ethnischer Vorurteile eng zusammen. Es sollte auch bedacht werden, dass die zur relativen Deprivation zugehörigen Emotionen eine bedeutende Rolle in der Vorhersage von Einstellungen und Verhalten spielen können. Dazu muss das Konzept differenzierter erfasst werden, als es in dieser Untersuchung möglich war. Bisher gibt es dazu noch wenig Forschung (Kessler & Harth, 2008; Turner & Hewstone, 2012). Welche genaue Bedeutung individuelle relative Deprivation im Modell der hier durchgeführten Untersuchung spielt, kann anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht eindeutig beantwortet werden. Es sollten weitere Alternativen untersucht werden. Zusammenfassend kann resümiert werden, dass das unterschiedliche Niveau an fremdenfeindlichen Einstellungen nicht auf dem Ost-West-Unterschied an sich beruht, sondern im engen Zusammenhang mit sozialen Pro- 4 ! 5 blemlagen wie auch situativen Faktoren steht, die in besonderem Maße im Osten Deutschlands zu finden sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchung beziehen sich auf eine deutsche Stichprobe. Generalisierungen können damit auf Deutschland bezogen werden. Auch wenn Metaanalysen z. B. der Konstrukte relative Deprivation (Smith et al., 2012) und Kontakt (Pettigrew, & Tropp, 2008) auf kulturübergreifende Generalisierungsmöglichkeiten hinweisen, ist Vorsicht bei derartigen Interpretationen geboten. Strukturelle Länderunterschiede wie im Hinblick auf das Verständnis von AusländerInnen (z. B. sind landesspezifische Regeln der Einbürgerung, wer als AusländerInnen bezeichnet wird, zu beachten) können sehr bedeutsam sein und verschiedene Antworten auf ähnliche Fragen liefern. 5.2. Methodische Reflexion - Grenzen der Untersuchung Forschungsarbeiten unterliegen Limitationen, so auch diese. Im Folgenden sollen methodische Mängel bzw. Grenzen ausführlich betrachtet werden. Ganz vordergründig ist zu nennen, dass die hier verwendeten Daten aus einem korrelativen Querschnittsdesign entnommen wurden. Dieses erlaubt nicht, die untersuchten Zusammenhänge auf Kausalität zu prüfen, da die Daten, die signifikant sind, zwar das theoretische Modell stützen, aber Alternativerklärungen nicht ausgeschlossen werden können (Eid et al., 2013). Durch ihre Signifikanz liefern die vorliegenden Ergebnisse Hinweise aber keine Beweise. Ob das theoretische Modell richtig konzipiert war, ließe sich nur über Strukturgleichungsmodelle prüfen. Es liegen in der Literatur schon vielfach gerade auf Kontakt bezogene Untersuchungen vor, die über Strukturgleichungsmodelle die Wirkungsrichtungen, die auch in dieser Untersuchung zentral waren, bestätigen (z. B. Christ et al., 2014; Pettigrew et al., 2010). Ebenso kann nur bei Verwendung von Strukturgleichungsmodellen von Messfehlerfreiheit ausgegangen werden (Eid et al., 2013). Da dem im vorliegenden Fall nicht so ist, muss diese Fehlerquelle berücksichtigt werden. Im Hinblick auf das methodische Vorgehen bei der Befragung lässt sich kritisch die Methode der hier verwendeten Telefoninterviews betrachten, da sie Menschen ohne Festnetzanschluss ausschließt. Da es üblich ist Mobiltelefone zu benutzen, ist davon aus zu gehen, dass ein größerer Teil der Bevölkerung keine Festnetzanschlüsse hat. Besonders dürfte das für junge Erwachsene zutreffen. Die Verwendung von Gewichtungsfaktoren zur Behebung solcher Schwierigkeiten scheint in der Literatur umstritten zu sein (Fehser, 2013). Dieses Verfahren könnte eine Verzerrung der Stichprobe verursachen. Ebenso kritisch, wenn auch wirtschaftlich nachvollziehbar, wird der Split der Stichprobe bewertet. Konstrukte, die in jeweils nur einem Split gefragt wurden, standen nicht zur gleichzeitigen Auswertung mit Konstrukten, die nur im anderen Split abgefragt wurden, zur Verfügung. Im vorliegenden Fall betraf 4 ! 6 dies Kontakt und Anomia. Aus diesem Grund konnte diese nicht in das parallele Mediationsmodell aufgenommen werden. Orientierungslosigkeit und Unsicherheit (gemessen als Anomia) zeigten in den Analysen zwischen OstWest und Fremdenfeindlichkeit von Hüpping (2006, 2007) signifikante Ergebnisse. Daher wäre es sinnvoll gewesen, auch dieses Konstrukt zur Erklärung des Ost-West-Unterschiedes einzubeziehen. Grundsätzlich kann man sich fragen, ob Fragebögen eine günstige Methode zur Erhebung von Vorurteilen darstellt. Die Daten spiegeln nur offen vertretene Vorurteile wider, implizite Vorurteile werden nicht erfasst. Ebenso ist zu überdenken, inwieweit eine ausschließlich quantitative Befragung mit inflexiblen Antwortformaten den erfragten Konstrukten gerecht wird. Besonders im Rahmen des Zusammenhangs von Autoritarismus und der Sozialisationshypothese wurde von Rippl et al. (2000) darauf hingewiesen, dass qualitative Methoden unvermeidbar sind, um genauere Hintergründe der Lebensgeschichte damit in Verbindung zu bringen. Bei Ergebnissen, die auf Selbstberichten basieren – z. B. durch Fragebogen, wie in diesem Fall erhoben – muss grundsätzlich mit Verzerrungen und daraus resultierender mangelnder Validität gerechnet werden (Eid et al., 2013). Es besteht die Gefahr des sozial erwünschten Antwortverhaltens, besonders bei Themen, die in den Medien Druck zur Anpassung an eine gängige Meinung haben und dadurch tabuisiert sind. Fragen zu Fremdenfeindlichkeit, Autoritarismus, relativer Deprivation gehören alle in diese Kategorie, in der sich Menschen möglicherweise nicht günstig dargestellt sehen könnten. Hilfreich dafür wären wenig offensichtlich auf das dahinter liegende Konstrukt hinweisende Formulierungen, um Antizipieren bei Fragen zu Vorurteilen geringer zu gestalten und somit sozial erwünschtem Antwortverhalten entgegenzuwirken. Ebenso wäre denkbar, eine Lügenskala einzusetzen. Fragen z. B. zur autoritären Einstellung wurden teilweise sehr offensichtlich und tendenziös (bejahende Fragen gingen mit erhöhten Vorurteilen einher) formuliert, was dem eben Gesagten widerspricht. Ebenfalls muss dabei mit Verzerrung aufgrund Akquieszenz gerechnet werden (Jonkisz, Moosbrugger, & Brandt, 2012). Die verwendeten Skalen haben zum Teil sehr wenige Items bzw. es wurden Einzelitems für die Konstrukte individuelle und fraternale relative Deprivation herangezogen. Rippl et al. (2012) weisen darauf hin, dass die Operationalisierung von Deprivation unbedingt in differenzierterer Weise stattfinden sollte, um noch besser zur Erklärung von Fremdenfeindlichkeit beizutragen. Bei der Skala Kontakt ist auf die vergleichsweise geringe Reliabilität zu verweisen. Es ist durchaus in Frage zu stellen, wie aussagekräftig die Konstrukte aufgrund dieser kritischen Punkte tatsächlich repräsentiert wurden. 4 ! 7 Eine spezielle Schwierigkeit stellt die Zuordnung Berlins dar, da hier gleichzeitig Zuordnungen zu Antworten aus West wie Ost gegeben wurden. In der vorliegenden Arbeit wurde die Variante gewählt, die im Methodenbericht der GMF-Studie wie auch bei Auswertungen dieses Projekts (z. B. Babka von Gostomski et al., 2007) verwendet wurde, nämlich Berlin zu den alten Bundesländern zu subsumieren (siehe Fußnote 2, Kapitel 3.2.). Viele Texte, die die Daten des GMF-Survey nutzten und auch Ost-West-Unterschiede in ihren Ergebnissen ausführen, beschrieben keine Zuordnungspraxis. Wagner et al. (2006) wiesen darauf hin, dass Berlin aus der Untersuchung ausgeschlossen werden sollte, um Ost-West-Vergleiche zu berechnen. Da die o.g. Variante gewählt wurde, besteht aus diesem Grund die Möglichkeit von Ergebnisverzerrungen. Wird die methodische Reflexion mehr auf inhaltliche Bezüge gerichtet, stellt sich die Frage z. B. ob die Operationalisierung von Fremdenfeindlichkeit, so wie sie hier erhoben und verwendet wurde, günstig gewählt ist. Die Items beziehen sich darauf, wie Deutsche AusländerInnen erleben. Es wird mit dem Begriff AusländerInnen operiert. Aber wer sind die AusländerInnen? Im Allgemeinen werden damit diejenigen bezeichnet, die keine deutsche StaatsbürgerInnenschaft haben. Fraglich ist dabei, ob die Befragten der Studie diese Einteilung so vornehmen und die Frage genauso verstehen (Zick et al., 2011). Einerseits ist es nicht unbedingt offensichtlich, wer die deutsche StaatsbürgerInnenschaft hat bzw. wer nicht, andererseits weisen Asbrock et al. (2009) in ihrer Analyse auf die Bedeutsamkeit von Emotionen gegenüber AusländerInnen in der Wahrnehmung ihnen gegenüber und deren Diskriminierung hin. Es wäre also wichtig, dass alle, die diese Fragen beantworten das Gleiche darunter verstehen. Schon innerdeutsch könnte es möglicherweise emotionale Unterschiede durch verschiedene Erfahrungen geben (z. B Erfahrungen mit türkischen Menschen versus mit polnischen). Im Allgemeinen wird es bei der Wahrnehmung von Fremdenfeindlichkeit um Wahrnehmung des Fremden gehen, was auf soziale Zuschreibungen und damit auf soziale Abgrenzung bestimmter Gruppen zurückzuführen ist. Es geht nicht nur um Nicht-Deutsche sondern auch um deutsche StaatsbürgerInnen, die anders aussehen, anders sprechen, sich anders kleiden etc. Dies ist nicht gleichbedeutend mit den Items des Fragebogens. Es sollte demnach um eine präzisere und umfassendere Operationalisierung des Begriffs Fremdenfeindlichkeit gehen, um genau die gewünschte mentale Repräsentation bei den Rezipienten abzufragen (Landua et al., 2002). Eine weitere inhaltliche Frage mit methodischer Relevanz betrifft die Erhebung von Ost-West bezogen auf den momentanen Wohnort. Will man in Erfahrung bringen, ob die historische Vergangenheit der Befragten eine Rolle für die untersuchten Konstrukte spielt, sollten Items nach der Herkunft (z. B. 4 ! 8 Wo wuchsen die StudienteilnehmerInnen auf, in Ost- oder Westdeutschland?) gestellt werden. In anderen Jahrgängen des GMF-Survey wurden solche Fragen gestellt, im verwendeten Datensatz waren sie gestrichen. Ebenso wäre es interessant, Familienvariablen im Survey zu erheben, da diese maßgeblichen Einfluss auf Entwicklung ethnischer Vorurteile im Rahmen der Sozialisation haben (Wagner et al., 2001). 5.3. Implikationen für Theorie und Praxis Aus den vielen Untersuchungen zu ethnischen Vorurteilen sollten wesentliche politische Implikationen gezogen werden. So müssen Politiker klare Positionen vertreten, wie ein demokratischer Umgang mit AusländerInnen gepflegt werden soll und wie Integration gelingen kann. Sie haben eine große Funktion in der Meinungsbildung, ebenso wie die Medien. Dabei spielt eine Rolle, welches Bild von AusländerInnen vermittelt wird (Pettigrew et al., 2010). Klare Positionen geben einen sicheren Verhaltens- und Handlungsrahmen, was in unserer Gesellschaft gewünscht ist und was nicht. Am wirkungsvollsten wird dieser Rahmen durch angemessene Gesetze und Verwaltungsrichtlinien unterlegt. Deutschland sollte sich baldmöglichst öffentlich wie juristisch als Einwanderungsland verstehen, was es de facto schon seit langem ist. Nehmen Politiker wie auch Medien ihre Funktionen dahingehend nicht ernst, ist das demokratische Miteinander gefährdet (z. B. Leicht, 1991). Dass Kontakt Vorurteile wie auch diskriminierendes Verhalten minimiert, ist schon seit den 1950er Jahren bekannt. Das umfangreiche Wissen bisheriger Forschungsarbeit sollte in Präventions- und Integrationsprogrammen (Wagner & Farhan, 2008) aber vor allem auch in politischen Entscheidungen mehr Bedeutsamkeit erlangen. Minoritäten sollten in Nachbarschaften, Schule, Arbeitsplätzen etc. integriert anstatt separiert werden, damit Kontakte unter Fremden und Einheimischen entstehen, die Bedrohungsgefühle und Unsicherheiten, ob des Fremden, reduzieren können sowie eine Erweiterung des eigenen Wertehorizonts ermöglichen. Gerade in der derzeitigen Situation, in der viele Flüchtlinge in unser Land kommen, sollte auf Kenntnisse wie diese zurück gegriffen werden. Regionale Benachteiligungen im eigenen Land müssen weiterhin abgebaut werden. Dies stellt eine herausfordernde politische Aufgabe dar. So sollten z. B. neue wirtschaftliche Standorte in benachteiligten Regionen erschlossen und aufgebaut, Arbeitslosigkeit in besonders betroffenen Gebieten abgebaut und Gehälter für gleiche Arbeit in Ost und West weiter angeglichen werden. Generell muss der Fokus auf Chancengleichheit für alle Menschen in diesem Land gerichtet sein. Selbst wenn laut Forschung wahrgenommene Benachteiligung in der Entwicklung von Vorurteilen schwerer wiegt als objektive 4 ! 9 Benachteiligung (Rippl et al., 2012) unterstützt diese ebenso Unsicherheit, Machtlosigkeitsempfinden und existenzielle Ängste, was wiederum zu weniger Lebenszufriedenheit und mehr Frustrationen anderen gegenüber führen kann. Vor allem ist bedenkenswert, dass diese Ängste und Frustrationen intergenerational in den Familien weiter gegeben werden. Ebenso „spielt es denjenigen politisch in die Taschen“ (meist aus dem rechten politischen Spektrum), die mit vermeintlich einfachen Lösungen Sicherheit und Anerkennung nach traditioneller Manier versprechen (Klein et al., 2009). Diese Situation wird derzeit z. B. durch PEGIDA wie auch AfD illustriert. Innere Sicherheit wird nicht nur durch äußere Faktoren bestimmt, auch durch sozialisatorische Prägungen. Dies spielt im Hinblick auf ethnische Vorurteile eine Rolle, wenn über den Einfluss von autoritären Einstellungen gesprochen wird. Um dem Leben freier und offener begegnen zu können, kommt es im wesentlichen darauf an, wie Kinder von ihren Eltern, aber auch anderen Sozialisationsinstanzen ins Leben geschickt werden. Frühe Hilfen für Familien, die es schwerer haben mit unsicheren Situationen klar zu kommen, können oft Abhilfe schaffen und Kindern einen besseren Start und sicheren Bezugsrahmen für eine offenere Entwicklung bieten. Ebenso kann besonders durch die Kita und Schule Wissen über demokratisches Miteinander sowie über Kontakterfahrungen mit ausländischen oder anders aussehenden Kindern erfahren werden. Auch hier sollten neben dem alltäglichen Erleben konkrete Integrationssprogramme im Unterricht etabliert werden (Wagner & Farhan, 2008). Generell kann eine solide Bildung als zuverlässiger Prädiktor für weniger Fremdenfeindlichkeit angesehen werden. Das heißt, dass auch an dieser Stelle mehr Chancengleichheit zu fördern ist, um Unwissenheit und Mythen abzubauen. Implikationen für weitere Forschung sollten neben Längsschnittstudien auch komplexe Modelle sein, die parallel vielfältige Erklärungsmöglichkeiten bei der Entstehung von Vorurteilen im deutsch-deutschen Vergleich einbeziehen, um einerseits Kausalitäten zu prüfen und andererseits verschiedene Prozesse innerhalb des Modells genauer beschreiben zu können. Im hier durchgeführten Mediationsmodell wurden die Zusammenhänge der Variablen untereinander nicht berücksichtigt. Es kann sinnvoll sein, ihren gegenseitigen Einfluss aufeinander einzubeziehen, um die Zusammenhänge noch genauer beschreiben zu können. Ebenso sollte die emotionale Komponente der relativen Deprivation genauer erforscht werden, um differenziertere Informationen über die Wirkweise von Benachteiligungsempfindungen und deren Reaktionen zu erhalten. Ebenso könnte es interessant sein, die Bindungsstile im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit genauer zu analysieren. Möglicherweise erhält man durch diese Betrachtung einen differenzierteren Blick auf deutsche Regionen und 5 ! 0 damit in Verbindung stehende familiäre Einflüsse, die weitere Lösungsmöglichkeiten zur Überwindung der Differenzen bieten. 5.4. Abschließende Gedanken Vorurteile haben historische, wirtschaftliche, politische, soziologische und psychologische Einflüsse. Sie stellen ein komplexes Problemgebilde dar, was komplexe Lösungsansätze braucht, will man sie umfänglich verstehen. Die Sozialpsychologie leistet einen wesentlicher Beitrag zur Erklärung von Ursachen zu Vorurteilen, aber multiperspektivische Ansätze sind dabei wichtig. Es braucht „ die gesellschaftliche Analyse von Macht und Ideologie als auch die psychologische Analyse von Kognition, Affekt und Motivation“ (Turner & Hewstone, 2012, p.355). Die unterschiedlichen Verhältnisse und Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland der letzten Jahrzehnte zeichnen ein noch unfertiges Bild eines geeinten Deutschlands. Das Maß an Fremdenfeindlichkeit hat in den letzten Jahren generell zugenommen. Wenn wir das innerdeutsche Problem des OstWest-Unterschieds nicht als ostdeutsches sondern gesamtdeutsches Problem verstehen und gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen, ist es möglicherweise leichter, weitere Rekategorisierungsprozesse in Angriff zu nehmen – z. B. sich als EuropäerInnen oder WeltbürgerInnen zu empfinden – und sich der Welt vorurteilsfreier zu öffnen. Eine demokratische und humane Gesellschaft muss sich immer wieder reflektieren, ihre Normen und deren Bewertung überdenken. Dies ist ihre ethische und moralische Pflicht. Dazu gehört auch der Umgang mit Fremden. 6.Literatur Abdi-Herrle, S. (2015, April 4). Tröglitz ist kein Einzelfall. Die Zeit. Retrieved from http://pdf.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/troeglitzanschlag-kein-einzelfall-uebersicht.pdf Ajzen, I., & Fishbein, M. (1977). Attitude-behavior relations: A theoretical analysis and review of empirical research. 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Was ist dort anders als im Westen?“ Für die erste Meinung empfehlen wir, den Artikel trotzdem zu lesen, es könnte interessant und überraschend sein. Denn dieser Artikel beschäftigt sich mit der zweiten Frage. Die Autorin wollte wissen, was hinter diesem, seit Jahren bestehenden Trend der höheren Werte ethnischer Vorurteile bei Ostdeutschen, steckt. Mithilfe von Daten einer repräsentativen Umfrage des Jahres 2011 wollte sie darauf Antworten finden. Vorurteile sind wie shortcuts. Sie helfen uns Dinge oder Menschen schneller zu verstehen, ordnen sie in bestimmte Kategorien, geben Orientierung. Aber wie das häufig mit Abkürzungen so ist, sie sind ungenau. Im Falle der Vorurteile sind sie meist negativ und werten dann andere Menschen (bzw. Menschengruppen) aufgrund bestimmter Merkmale oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe ab. Die Vorurteilsforschung beschäftigt sich schon seit vielen Jahrzehnten mit Hintergründen der Entstehung und der Möglichkeiten der Reduktion von Vorurteilen. In der Sozialpsychologie haben sich drei theoretische Ansätze herauskristallisiert, die maßgeblich den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen verstehen helfen. Es betrifft die Erklärungsmodelle: Kontakt zu AusländerInnen, Benachteiligungsgefühle und autoritäre Einstellungen. Diese drei Theorien wurden zusammen in einem statistischen Modell überprüft, vor allem mit der Idee, dass sie bedeutungsvoller im Hinblick auf erhöhte Fremdenfeindlichkeit sind, als die Zugehörigkeit zu West- oder Ostdeutschland. Es kann vorweg genommen werden, dass sich diese Idee bestätigt hat. Kontakt vermindert ethnische Vorurteile, das ist vielfach wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden. Ostdeutsche haben viel weniger Kontakt zu AusländerInnen. Sie haben aber auch viel weniger Möglichkeiten welche zu treffen. Es leben nur 2.7 % AusländerInnen im Osten verglichen mit 10.0 % im Westen Deutschlands. Dieser Hintergrund hat sich wieder bestätigt, er könnte wegweisend für zukünftige Veränderungen sein. Ein anderer wesentlicher Grund für mehr Vorurteile gegen Fremde im Osten, kann durch Gefühle der Benachteiligung verstanden werden. Sie sind vor allem dadurch erklärbar, dass Menschen sich mit bestimmten Gruppen identifizieren (z.B. mit den Ostdeutschen) und mit anderen vergleichen (z. B. mit den Westdeutschen). Fühlt man sich dann als Gruppe zu Unrecht benachteiligt, braucht es einen Sündenbock und/oder man sucht sich eine Vergleichsgruppe, der man sich überlegen fühlen kann. Dafür eignen sich schwächere Gruppen wie z.B. AusländerInnen. Ostdeutsche fühlen sich eher benachteiligt im Vergleich zu 6 ! 0 Westdeutschen. Das kann an tatsächlichen Missständen liegen (z. B. höherer Arbeitslosigkeit, schlechterer wirtschaftlicher Bedingungen der Region) oder auch an Erwartungen, die durch die Realität nicht erfüllt wurden. Viele Versprechungen wurden seit der Wende nicht eingelöst, Ideen blieben auf der Strecke, reale Benachteiligungen prägen den Alltag vieler im Osten der Republik. Die dritte erklärende Komponente hat mit autoritären Haltungen zu tun, die eng mit Fremdenfeindlichkeit verknüpft sind. Autoritäre Einstellungen kann man als starkes Bedürfnis nach klaren Normen und Regeln sowie sicheren Vorgaben verstehen. Dafür wird in der Fachsprache der Begriff Autoritarismus verwendet. Ostdeutsche haben höhere Werte an Autoritarismus als Westdeutsche. Erklärungen, die versuchen autoritäre Einstellungen durch die diktatorische Gesellschaftsordnung der DDR zu erklären, haben sich wissenschaftlich nicht bestätigt. Viel eher kann man die hohen Werte als Fluchtreaktion aus verunsichernden Situationen heraus in vermeintliche Sicherheiten verstehen, die sich durch autoritäre Merkmale wie z. B. der Wunsch nach mehr Ordnung und Sicherheit oder über Autoritäten, die einem die Verantwortung abnehmen, äußern. Alle drei Theorien zusammen erklären in einem großen Maß den Unterschied an Fremdenfeindlichkeit zwischen Ost- und Westdeutschland. Es bleibt allerdings noch ein Teil übrig, der durch andere Faktoren verursacht wird. Dies könnten etwa reale Benachteiligungen oder auch Ängste, Sorgen und Unsicherheiten sein, die damit verbunden sind. Genaueres dazu, ist durch die Forschung zukünftig noch heraus zu finden. 6 ! 1 Anhang Tabelle 4 Angaben zu den Items der Skalen Autoritarismus und Kontakt in Prozent der Befragten im West-Ost-Vergleich Autoritarismus Skala Stimme… Items West Ost überhaupt nicht zu eher nicht zu eher zu voll und ganz zu n 6.1 23.6 25.7 44.6 1085 Recht und Ordnung bewahren, härter gegen Außenseiter 11.3 32.9 29.2 26.5 1081 Wichtigste Eigenschaften sind Respekt und Gehorsam 13.7 35.3 32.5 18.5 1090 Dankbar sein für führende Köpfe 21.2 47.4 25.0 6.4 1093 Verbrechen härter bestrafen 3.5 8.1 25.2 63.1 626 Recht und Ordnung bewahren, härter gegen Außenseiter 4.7 20.6 29.6 45.1 621 Wichtigste Eigenschaften sind Respekt und Gehorsam 8.3 27.7 38.6 25.4 625 17.3 50.7 23.8 8.2 623 Verbrechen härter bestrafen Dankbar sein für führende Köpfe Kontakt Skala Items West Ost nie/ keine selten/ wenige manchmal/ viele häufig/ sehr viele n Wie oft Kontakt mit Ausländern in der Nachbarschaft? 11.7 24.6 27.2 36.5 548 Wieviele Ihrer Freunde sind in Deutschland lebende Ausländer? 15.5 60,4 20.8 3.3 548 Wie oft Kontakt mit Ausländern in der Nachbarschaft? 37.4 35.9 16.0 10.7 281 Wieviele Ihrer Freunde sind in Deutschland lebende Ausländer? 55.5 39.5 4.6 0.4 281 6 ! 2 Tabelle 5 Angaben zu den Items fraternale und individuelle relative Deprivation in Prozent der Befragten im West-Ost-Vergleich Fraternale Relative Deprivation besser Item West Ost Die wirtschaftliche Lage der Deutschen verglichen mit der von in Deutschland lebenden Ausländern: Wie geht es den Deutschen im Vergleich zu den Ausländern? ungefähr gleich schlechter n 46.4 40.5 13.1 1045 42.4 40.4 17.2 582 Individuelle Relative Deprivation Item West Ost Im Vergleich dazu, wie andere hier in Deutschland leben: Wieviel glauben Sie erhalten Sie persönlich? mehr als ihren gerechten Anteil ihren gerechten Anteil weniger als ihren gerechten Anteil n 3.1 65.7 31.2 1084 1.9 44.1 54.0 617 6 ! 3 Versicherung Name: Anne Lorenz Matrikel-Nr.: Fach: Psychologie Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Abschlussarbeit mit dem Thema Warum haben Ostdeutsche mehr ethnische Vorurteile? Eine empirische Analyse. ohne fremde Hilfe erstellt habe. Alle verwendeten Quellen wurden angegeben. Ich versichere, dass ich bisher keine Haus- oder Prüfungsarbeit mit gleichem oder ähnlichem Thema an der FernUniversität oder einer anderen Hochschule eingereicht habe.