1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 22 TITELGESCHICHTE VON ERICH BRENNER, SUSANNE KOWATSCH UND Foto: LuminaStock/Thinkstock.com, Bildbearbeitung: GEWINN FRIEDRICH RUHM 22 GEWINN 6/14 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 23 TITELGESCHICHTE Schöne und gesunde Zähne sind kostbar, aber kosten Geld! Von der Zahnspange über die Kieferorthopädie bis hin zum Implantat muss man den Wert eines Kleinwagens rechnen. GEWINN zeigt, wie es günstiger UND gut geht! ● Die neuesten Methoden bei Implantaten, Fehlstellungen und Zahnregulierungen – wie viel sie kosten, was sie können ● Warum man auf die Gratis-Zahnspange nicht warten soll (SEITE 23) ● Wie man sich die Behandlungskosten vom Finanzamt zurückholt (SEITE 25) ● Welche e-card die richtige ist und wie Sie die Krankenkasse zur Kasse bitten (SEITEN 28, 29) ● Wie der Zahntourismus funktioniert (SEITE 30) GEWINN 6/14 Foto: Implantatakademie H erbert S. gehört zu jener Primarius Rudolf Fürhauser: „Therapieverfahren sollten minimalinvasiv sein.“ Generation der 40+, die Jahrzehnte nichts für die Gesundheit der eigenen Zahnspange. Mit den neuen TechZähne getan hat. Eine Generation, die nologien entwickelt sich die beieinst als Kind durch ein Geräusch ge- nahe unsichtbare, abnehmbare prägt wurde: das des schrecklich quiet- Zahnspange immer mehr zum schenden Bohrers, der einem schon vollwertigen Ersatz für festsitzende über die Wände des Warteraums durch Spangen und ist vor allem für BeMark und Bein ging und nackte Angst rufstätige die Methode der Wahl“, hervorrief. Die grässliche Zahnspange befindet Birgit Praschniker, selbstäntat ihr Übriges dazu, dass der Zahn- dige Kieferorthopädin in der Ordination DDR. Reistenhofer (www.reistenarztstuhl endgültig gemieden wurde. Herbert S. kann wie diese gesamte hofer.at). Eine steigende Zahl von ErwachGeneration aufatmen und wieder ohne Angst zum Zahnarzt gehen. Solch alt- senen nimmt eine kieferorthopädische vaterische Arztpraxen sind im Ausster- Therapie in Anspruch. Praschniker: ben, die neuen und guten Zahnarzt- „Vor fünf Jahren hatten wir 60 Prozent praxen, ja, sogar die Zahnambulatorien Erwachsene und 40 Prozent Kinder als und Unikliniken ähneln in Charakter Patienten, das hat sich anteilsmäßig auf und Atmosphäre immer stärker Well- ca. 70 Prozent Erwachsene und 30 Pronesseinrichtungen. Dank neuer Mate- zent Kinder verschoben.“ Verständlich, wer voll im Berufsrialien und Methoden zur Zahnerhaltung, -regulierung, zum Zahnersatz bis leben steht, schätzt es, dass die unsichthin zu optischen Verschönerungen wer- bare Zahnspange beim Sprechen, in den bei guten Zahnärzten Behandlun- Meetings und bei Präsentationen keine Beeinträchtigung darstellt. Es ist nicht gen „minimalinvasiv“ durchgeführt. mehr peinlich, sich mit 40+ mit einer Paradigmenwechsel Zahnregulierung auf die Straße zu trauGesunde, schöne, weiße Zähne sind en. Die unsichtbaren Schienen sind so„Voraussetzung“ geworden. Vor allem gar mit den vollen Terminkalendern für die jüngere Generation, eben den von Kindern und Jugendlichen – SchuKindern von Herbert S., die den Zahn- le, Sport, Nachhilfe, musikalische Akarztbesuch viel stressfreier erleben als tivitäten, Flirten und Küssen – proer und gesunde und gut aussehende Zäh- blemlos vereinbar. ne als Selbstverständlichkeit ansehen. Alles zu Zahnspangen und SchieDr. Google tat das Seinige dazu, das Wis- nen siehe Seite 26. Auch die Sichtweise der Zahnärzte sen der Patienten zu heben. Sie fragen nach, fordern Methoden ein, bevor sie hat sich verändert. „Die Hauptstrategie besteht sicherlich in der Vermeidung den Mund zur Behandlung öffnen. Etwa im Bereich der Zahnregulie- von Karies und Parodontitis bereits im rung. „Gerade Zähne sind heute fast Ansatz“, bringt es Rudolf Fürhauser ein ,Muss‘ – es ist nie zu spät für eine auf den Punkt. Fürhauser ist seit 2004 Mitbegründer und Primarius der Akademie für orale Implantologie in Wien (www.implantatakademie.at) sowie Zahnarzt, Spezialist für Implantatprothetik und Biomechanik der Teilprothetik. Er ist Verfechter des „minimalinvasiven Therapieverfahrens im Sinne von möglichst wenig invasiven und zahnzerstörenden Füllungsverfahren“. Ein No-go ist der Beschliff von gesunden Zähnen zur Brückenversorgung, das Augenmerk wird unter anderem auch auf eine „frühzeitige Therapie von Zahnfehlstellungen zur Vermeidung von Zahntraumen bzw. vermehrter Kariesanfälligkeit durch Engstellungen der Zähne“ gelegt. Gratis-Zahnspangen: Details bitte warten! Was die Korrektur von Fehlstellungen in den Gebissen von Jugendlichen betrifft, regiert seit Kurzem allerdings die Unsicherheit:„Es gibt zwar regionale Unterschiede, aber im Schnitt kommen österreichweit wohl doch rund ein Drittel derjenigen nicht, die normalerweise zu uns kommen“, schildert Martin Brock, Präsident des Verbands Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK). Der Grund für die Zögerlichkeit, ihre Kinder in die Ordination zu bringen, liegt absurderweise gerade an der kürz23 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 24 TITELGESCHICHTE Teure Zähne lich im Gesetz zementierten „Gratiszahnspange“. Ab Juli 2015, so heißt es nun in § 153a ASVG, sollen Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre eine Kieferregulierung als Sachleistung von ihrer zuständigen Krankenkasse erhalten. Bloß weiß noch niemand, für wen die Regelung genau gelten soll: Nur für jene, die ab Juli ihre Behandlung beginnen? Oder vielleicht sogar auch für jene, deren Behandlung bereits läuft? „Wie mit Fällen umzugehen ist, die eine Behandlung noch nicht abgeschlossen haben, ist im Verhandlungswege mit der Zahnärztekammer zu klären“, schildert Bernhard Wurzer, stellvertretender Generaldirektor im Hauptverband. Jedenfalls kann er versprechen, dass, wenn gezahlt wird, dies „ohne Kostenbeteiligung der Versicherten“ erfolgen soll. Foto: VÖK - Verband Österreichischer Kieferorthopäden Kieferorthopäde Martin Brock über die Folgen der Ankündigung der GratisZahnspange: „Rund ein Drittel der Eltern wartet mit der Regulierung ab.“ Zudem werden nur jene eine Zahnklammer auf Staatskosten spendiert bekommen, bei denen laut Gesetz „eine Behandlungsnotwendigkeit“ vorliegt. Nur welche Fälle sind damit gemeint? Im Gesetz steht nichts Näheres, in den erläuternden Bemerkungen zur Novelle ist eine erhebliche Zahn- oder Kieferfehlstellung der Stufen 4 oder 5 nach dem IOTN (Index of Orthodontic Treatment Need) erwähnt. Die Details sind noch in Verhandlung: „Wir gehen derzeit davon aus, dass dies eine Orientierung ist. Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit ist aber vielschichtiger“, schildert Wurzer. Checkliste – darauf sollten Patienten achten ● ● ● ● ● ● ● ● 24 Welche Therapiemöglichkeiten werden angeboten? Ist man prophylaxeorientiert? Welche Ausbildung hat Ihr Zahnarzt/Kieferorthopäde? Wo ist der Tätigkeitsschwerpunkt? Wie viele Fälle z. B. mit abnehmbaren Schienen zur Zahnregulierung hat er schon behandelt (wird z. B. bei InvisalignÄrzten im Web angezeigt)? Bietet mein Kieferorthopäde alle modernen Methoden an? Welche regelmäßigen Fortbildungen hat er besucht, hat er klinische Erfahrung? Ist die Ordination mit den neuesten Geräten ausgestattet (Stichwort Digitaltechnik)? Werden Unterlagen geschaffen für eine fundierte Planung der Therapie? Kann man einen prognostizierten Verlauf auf Computer in der Simulation zeigen? ● ● ● Gibt es minimalinvasive Varianten? Geht er auf Fragen ein? Betreibt man „shared decision making“ (die Therapieentscheidung wird von beiden Seiten verantwortlich gewählt)? Hat er selbst oder im Team implantologische Möglichkeiten? Passt die Atmosphäre? Werden vielleicht Zusatzservices von der Ordination aus einer Hand angeboten (App zur Terminerinnerung, Mundhygiene, sonstige zahnärztliche Leistungen)? Was Sie sich selbst fragen sollten: ● ● ● Wie oft soll ich Prophylaxe betreiben? Welchen Aufwand muss ich treiben, um meine Zähne zu erhalten? Was ist mein Beitrag zum Gelingen einer Restauration? Wie kann mich der Zahnarzt dabei begleiten? Die IOTN sehen als Stufe 4 und 5 „Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten, multiple Nichtanlagen von bleibenden Zähnen oder so schwerwiegende Fehlbisse, bei denen Kau- und Sprechschwierigkeiten auftreten“, an. Klingt gravierend, auch wenn die „Kau- und Sprechschwierigkeiten“ wohl einigen Interpretationsspielraum eröffnen. Brock, selbst Kieferorthopäde in Innsbruck, kann sich sogar gut vorstellen, dass die Schätzung des Gesundheitsministeriums, dass rund ein Drittel eines Jahrgangs unter Jugendlichen davon betroffen wäre, in etwa passt. Weniger klar erscheint ihm die Finanzierung, die die Regierung mit 80 Millionen Euro jährlich gesichert sieht: „Dividiere ich diese 80 Millionen durch die 85.000 Kinder, die das Ministerium schätzt, bin ich bei etwas über 900 Euro pro Kind. Mal drei Jahre sind das 2.700 Euro, aber selbst die Ambulatorien der Krankenkassen verlangen derzeit rund 4.800 Euro.“ Darin sehe er ein ganz gravierendes Problem bei den gerade angelaufenen Verhandlungen zwischen Hauptverband und der Österreichischen Zahnärztekammer. Das sich möglicherweise nur lösen lässt, wenn der Kreis der Begünstigten noch weiter eingeschränkt wird. Zeit haben die Verhandler laut Gesetz bis Ende dieses Jahres. „Die Ergebnisse werden schließlich in die Satzungen der Krankenkassen einfließen“, so Wurzer. Über den aktuellen Stand darf er nichts verraten, er gibt sich aber positiv: „Die Gespräche verlaufen sehr konstruktiv.“ Ob den jungen Patienten künftig nur bestimmte Zahnspangenmodelle (Stichwort: Krankenkassenbrillen) offenstehen werden oder jede erdenkliche (Kombi-)Methode, ob sie zum Kieferorthopäden ihres Vertrauens gehen dürfen oder nur in bestimmte Kassenambulatorien, ist ebenfalls noch in Verhandlung. Ein fraglicher Punkt ist schließlich auch noch, ob die Behandlung wirklich immer auf drei Jahre limitiert werden wird. Immerhin meint Wurzer im Namen des Hauptverbands: „Die Sozialversicherung hat jedenfalls den Auftrag erhalten, den Vertrag so zu gestalten, GEWINN 6/14 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 25 TITELGESCHICHTE Teure Zähne Bernhard Wurzer (SV-Hauptverband): „Kann versprechen, dass, wenn gezahlt wird, dies ohne Kostenbeteiligung der Versicherten erfolgen soll.“ Foto: Wilke dass auch ein Behandlungserfolg durch die Behandler gewährleistet ist.“ Was wohl heißt, dass komplizierte Fälle doch Hoffnung auf eine längere finanzielle Stütze bekommen sollen. Brock bedauert, dass durch die unsichere Lage der eine oder andere Jugendliche Zeit versäumt. „Es gibt Fälle, da ist es nicht so dringend, aber bei anderen wird die Behandlung schon deutlich aufwendiger, wenn man zu lange zuwartet.“ Sein Rat an alle Eltern wäre, „zumindest mal hingehen, sich beraten lassen, um einschätzen zu können, wie lange es mit der Behandlung Zeit hat“, so Brock. Besonders junge Mädchen hören häufig früher zu wachsen auf, „teils schon mit 13 oder 14“, so Brock, „danach hat man nicht mehr alle Möglichkeiten, teils wird die Behandlung nach Ende des Wachstums wesentlich schwieriger.“ Auch bei einem Kreuzbiss rate man zu recht früher Behandlung. Am Ende werden ohnehin viele enttäuscht sein. Denn beim Großteil der Patienten werden die Eltern weiterhin in die Tasche greifen müssen. Moderne Hilfsmittel Eine gute Nachricht für alle Altersgenossen von Herbert S. – das Reinbeißen Zähne, die außergewöhnliche Belastung J a, Ausgaben für Kronen, Brücken, Implantate oder Zahnspangen sind grundsätzlich absetzbar. Allerdings muss es sich um krankheitsbedingte Zahnbehandlungskosten handeln, und nicht um rein ästhetische oder aber prophylaktische Maßnahmen. Die Mundhygienesitzung oder Bleaching zur Erlangung eines Hollywood-Gebisses sind also davon ausgeschlossen. Die Ausgaben müssen laut Fiskus „außergewöhnlich, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen“. Deshalb ist auch ein Selbstbehalt je nach Einkommenshöhe und Familienstand vorgesehen – siehe Tabelle. Alles in einem Jahr Wer also beispielsweise 30.000 Euro Jahreseinkommen hat, bei dem wirken sich erst jene Beträge steuerlich aus, die 3.000 Euro im Kalenderjahr (zehn Prozent Selbstbehalt) übersteigen. In die Steuererklärung einzutragen sind aber stets die gesamten Kosten, die Kürzung um den Selbstbehalt erfolgt durch das Finanzamt. Daher tut man gut daran, möglichst viele seiner nicht oder nur teilweise von GEWINN 6/14 Sozial- oder Privatversicherung bezahlten Gesundheitsausgaben in ein Kalenderjahr zu legen. Wichtig: Es gilt immer das Jahr der Zahlung. Es gab einen Fall, der vor dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) landete, in dem eine Anzahlung im Dezember geleistet wurde, die echte Behandlung erfolgte erst im darauffolgenden Jahr, ebenso die Zahlung des Rests. Hier wurde festgestellt, dass die Anzahlung nicht zum nächsten Jahr dazugerechnet werden darf. Sehr zum Ärger des Steuerpflichtigen, der so womöglich zweimal unter der Selbstbehaltsgrenze blieb. Als außergewöhnliche Belastung gelten Kosten für die eigene Zahnbe- Selbstbehalt für die außergewöhnliche Belastung Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von Selbstbehalt maximal 7.300,– 6% 7.301,– bis 14.600,– 8% 14.601,– bis 36.400,– 10% mehr als 36.400,– 12% Der Prozentsatz verringert sich um 1%, wenn Alleinverdiener-/-erzieherabsetzbetrag zusteht und um 1% für jedes Kind, für das der Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird. ins wenig gschmackige Silikon zwecks Modellierung des Gebissabdrucks ist nicht mehr State of the Art. Wodurch sich im Übrigen beim Ablösen kein wackeliger Zahn mehr verabschiedet und im Abdruck hängenbleibt. „Viele Patienten klagen über das unbehagliche Gefühl während des Silikon-Abdruckes, was ich auch sehr gut nachvollziehen kann“, so Praschniker. Sie scannt die Zähne lieber (siehe Fotos nächste Seite). Der iTero iOC-Scanner verwendet sichtbares Licht und emittiert keine radioaktiven Wellen. Er stellt eine präzise dreidimensionale digitale Abbildung handlung ebenso wie für die der Kinder – so man für sie Kinderbeihilfe bezieht bzw. eine Unterhaltsverpflichtung trägt. Zahlungen für den (Ehe-)Partner nur, wenn dieser über keines oder ein geringes Einkommen verfügt. Und zwar wenn durch die Krankheitskosten das steuerliche Existenzminimum von 11.000 Euro im Jahr unterschritten wird. Ungarn und sonst wo Ganz egal ist es dem Fiskus, wo man sich seine Zähne herrichten lässt. Eine in deutscher Sprache verfasste Rechnung, auf der Arzt und Patient aufscheinen, Datum und Betrag sind Voraussetzung, wichtig sind auch eine Bestätigung über eine Barzahlung bzw. Bankauszüge von einer Überweisung. Nicht nur Behandlungs- und Materialkosten, auch die Fahrten von und zur Behandlung in die Lohnsteuer- bzw. Einkommensteuererklärung können aufgenommen werden. Empfehlenswert ist, einzelne Behandlungstage separat aufführen zu lassen. 42 Cent pro gefahrenem Kilometer sind zu verrechnen, ein Fahrtenbuch (beschränkt auf diese Fahrten) ist zu führen. Während Fahrten in umliegende Länder durchgehen, ist zu vermuten, dass ein Flug nach Thailand und retour dem Fiskus zu viel ist. 25 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 26 TITELGESCHICHTE Teure Zähne Fotos: Pepo Schuster, www.reistenhofer.at Methodenvergleich Durch das Scannen der Zähne ist ein SilikonZahnabdruck nicht mehr nötig der Zähne (3D-Zahnmodell) im Patientenmund auf dem Bildschirm vergrößert dar – in einer bis zu 50-fachen Vergrößerung, noch während der Patient auf dem Behandlungsstuhl liegt oder sitzt. Ein riesiger Komfortgewinn für den Patienten, den nur wenige Ordinationen in Österreich anbieten. Die Aufnahmen werden direkt an das jeweilige Dentallabor gesendet. Bereits wenige Minuten nach Versendung des Scans kann der Kieferorthopäde online seine Verordnung an das Labor liefern. „So kann der Behandlungsablauf mit der Invisalign-Methode wesentlich schneller bearbeitet und geplant werden“, so Praschniker. Auch in der hochmodernen Implantatakademie wird mit Scanverfahren gearbeitet. Georg Mailath-Pokorny, Zahnarzt, Uniprofessor und ebenfalls Gründungsmitglied der Akademie, auf die Frage, was derzeit und in nächster 26 Foto: Pepo Schuster Kieferorthopädin Birgit Praschniker: „Es ist nie zu spät für eine Zahnregulierung.“ 1 Herausnehmbare Spange Abnehmbare kieferorthopädische Geräte werden vor allem bei Patienten im Wachstum eingesetzt. In manchen Fällen kann man bereits im Milchgebiss starten. Häufiger ist jedoch die Anwendung zu Beginn und während des Zahnwechsels, in den Hauptwachstumsperioden,und als Vorbehandlung bzw. Vorbereitung für eine weiterführende Therapie wie etwa einer festsitzenden Spange oder mit den Invisalign-Teen-Schienen. Als Nachteil sollte erwähnt werden, dass man sich vom Einsatz solcher abnehmbarer Apparate nicht unbedingt die endgültige Lösung eines kieferorthopädischen Problems erwarten darf. 2 Festsitzende Zahnspangen (Brackets) Festsitzende Zahnspangen bestehen aus den Brackets und Drahtbögen. Erstere sind kleine Plättchen aus Metall, Keramik oder Kunststoff. Sie kommen mit einem speziellen Kleber direkt auf die Zähne und bleiben dort bis zum Abschluss der Therapie. Durch die einzelnen Brackets führt ein Drahtbogen, der die Zähne nach und nach in die gewünschte Endposition bringt. Vorteil: Sie kann 24 Stunden am Tag wirken, da man sie nicht selbständig entfernen kann. Zudem werden die Brackets immer kleiner und nahezu unsichtbar. Durch die Einführung der Selbstligierenden Brackets hat sich auch die Zeit am Behandlungsstuhl wesentlich verringert. Der Vorteil ist die bessere Kraftübertragung auf die Zähne und die dadurch kürzere Gesamtbehandlungsdauer. Der Nachteil ist, dass es zu Reparaturen kommen kann (z. B. ein Bracket löst sich vom Zahn, der Drahtbogen sticht) und dass die Reinigung der Zähne erschwert möglich ist. Die innenliegende Zahnspange (Brackets) Ebenfalls festsitzend und aus Brackets und Drahtbögen wird sie an der Innenseite der Oberkieferzähne angebracht. Das hat den Vorteil, dass sie von außen nicht gesehen wird. Die Lautbildung wird durch die Anwesenheit der Spange anfangs gestört, man gewöhnt sich im Laufe der Therapie aber daran. Die Reinigung der Oberkieferzähne muss geübt werden. Seit Weiterentwicklung und fast grenzenlosem Einsatzgebiet der Schienentherapie wird sie kaum mehr angewandt, da Schienen wesentlich praktikabler und komfortabler sind. 3 Schienentherapie Invisalign gibt an, dass bis zu 90 Prozent aller Fehlstellungen mit der Schienentherapie behandelt werden können. Sehr wichtig ist die Auswahl des richtigen Behandlers mit entsprechenden Fallzahlen, denn der Kieferorthopäde macht die Behandlung, in dem er Invisalign vorgibt, wie die Bewegung auszusehen hat. Bei Behandlungsbeginn werden Scans (Abdrücke) des Kiefers gemacht, nach kurzer Zeit erhält der Patient die ersten durchsichtigen Schienen aus dünnem Kunststoff, die er selbst einsetzen und wieder herausnehmen kann. Die Zähne werden mithilfe dieser Schienen, die alle zwei Wochen gewechselt werden, allmählich in die gewünschte Endposition gebracht. Der Patient führt den Wechsel auf ein neues Schienenpaar alle zwei Wochen unkompliziert zu Hause durch (alte Schiene rausnehmen, neue reingeben) und kommt nur alle sechs bis acht Wochen in die Ordination zur Kontrolle. „Neu ist, dass die Bewegungen nun auch auf die Zahnwurzel abzielen und nicht nur auf die Zahnkrone wirken“, so Praschniker. Vorteil: Das Besondere an der Invisalign-Methode ist, dass sie im Alltag völlig unsichtbar ist. „So lässt sich auch der Name erklären, der sich aus den Worten „invisible“ (unsichtbar) und „align“ (ausrichten) ableitet “, so GEWINN 6/14 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 27 TITELGESCHICHTE Teure Zähne samt zu einer besseren Zahngesundheit führt. Die Schienen bringen allerdings nur den gewünschten Erfolg, wenn sie regelmäßig 2 2 getragen werden, auch jede Nacht – im Idealfall 22 Stunden pro Tag. 3 1 3 Was wenige beachten, ist, dass sich die Zähne nach Behandlungsende wieder retour bewegen können. Wie schnell dies passiert, hängt von der AusPraschniker, die auch von „Kontaktlinsen gangssituation vor Therapiebeginn ab. für die Zähne“ spricht. Zudem ist die Zähne haben grundsätzlich die Tendenz, Schiene abnehmbar. Dadurch gibt es keiwieder zurück in die Position zu wandern, ne Einschränkungen beim Sprechen, aus der sie gekommen sind. Zur Stabilibeim Sport, bei der Arbeit. Lediglich zum sierung des schönen Endergebnisses Essen und Zähneputzen sollten die empfiehlt Praschniker, soweit möglich Schienen herausgenommen werden. und sinnvoll, Patienten eine doppelte AbWährend der Behandlung können die Pasicherung: einen fix im Mund geklebten tienten wie gewohnt die Zähne putzen, Draht, der auf der Innenseite der OberZahnseide benutzen und die normale und Unterkiefer-Frontzähne (von EckMundhygiene durchführen, was insge- Foto: Pepo Schuster 3 2 3 zahn bis Eckzahn) befestigt wird. Dieser Draht ist nicht sichtbar und für die Zunge, nach einigen Tagen der Gewöhnung, gut zu akzeptieren. Zusätzlich erhalten die Patienten eine abnehmbare durchsichtige Schiene für den Ober- und Unterkiefer, die nach Therapieschluss jede Nacht für ein Jahr getragen und dann langsam ausschleichend reduziert werden. Und wenn man Implantate im Mund hat? Ist da eine Schienentherapie möglich? Laut Praschniker kommt es darauf an, welche Bewegungen gewünscht werden. Die natürlichen Zähne im Mund lassen sich auch weiterhin mit der Schiene bewegen. „Wichtig ist, dass man die Position des Implantates im Gesamtkonzept mit einplanen muss. Solche Situationen muss man individuell planen und mit dem Patienten gemeinsam entscheiden.“ Die Preise gibt Invisalign (www.invisa lign.at) mit zwischen 3.500 bis 7.000 Euro an, je nach Dauer und Ausprägung der Fehlstellung, also vergleichbar mit jenen für die normale Zahnspangen. Neue Impulse im Firmenkundengeschäft. Die Raiffeisenlandesbank OÖ hat das Firmenkundengeschäft mit Projektfinanzierungen optimal verzahnt. Dabei stehen die besondere Kundenorientierung kombiniert mit Nachhaltigkeit in der Kundenbeziehung sowie Beratungskontinuität an oberster Stelle. Unsere Kunden profitieren von einem zentralen Ansprechpartner, raschen Entscheidungswegen und maßgeschneiderten Produktlösungen aus einer Hand. Raiffeisen Landesbank Oberösterreich Dr. Heinrich Schaller Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 28 TITELGESCHICHTE Teure Zähne sind bei der Vorbereitung auf ein Implantat sehr gut investiertes Geld. Mailath-Pokorny über weitere Neuheiten bei Implantaten: „Durch das Setzen von kurzen, Fünf- bis SechsMillimeter-Implantaten kann man Zeit im Implantatbereich Routine Knochenaufbaumaßnahmen vermeiist bzw. sein wird: „Der digitale den, dies auch durch computergeplante Abdruck über Kameras, compuund schienengeführte Implantation, die ternavigierte Implantation und die auch reduziertes Knochenangebot ausSofortimplantation unmittelbar nützen.“ Fürhauser ergänzt: „Auch Kronach Zahnentfernung.“ Sofortimplantation bedeutet, nach in der Akademie zum Alltag gehören. nen und Brücken können auf Implander Zahnextraktion wird das Implantat Wie auch der Einsatz eines Volumen- taten aus Vollkeramik gesetzt,ein Eingesetzt und gleich ein rund viermona- tomographs (siehe Fotos). Im Gegen- zelzahnimplantat zum Träger einer kietiges „Provisorium“ (kaum bis keine satz zum bekannten zweidimensiona- ferumspannenden Brücke machen.“ Ergebnis aller genannten MethoUnterscheidung zum später eingesetz- len Panoramaröntgen wird hier ein ten künstlichen Zahn) eingeschraubt. komplettes 3D-Bild erzeugt. Damit den: Das Setzen eines oder mehrerer Fürhauser: „Der Patient geht nach kur- können Aufnahmen des Kieferkno- Implantate ist millimetergenau möglich, zer Zeit wieder mit einem Zahn nach chens, der Zähne und weiterer anato- das Ergebnis daher besser und es wird Hause.“ Das Implantat wächst in den mischer Strukturen dreidimensional schonender für den Patienten erzielt. Knochen ein, nach Kontrollterminen dargestellt, aus jedem Blick- und Nei- Da die Methode ohne Schnitt durchwird etwa bei einem Einzelimplantat gungswinkel betrachtet und in Form geführt wird, ist nicht einmal das Ziehen nach vier Monaten die Behandlung mit und Dicke vermessen werden. Sogar von Nähten mehr notwendig. Implantate haben gegenüber Prodem Einsetzen des angefertigten Zah- eine verkrümmte Nasenscheidewand nes beendet. kann dabei problemlos festgestellt wer- thesen zudem einen großen Vorteil: Alles Methoden, die in Ordinatio- den (für eine anschließende HNO-Be- Nach entsprechender Einheilzeit sind nen keine Selbstverständlichkeit sind, handlung). Die Kosten (rund 100 Euro) sie voll belastbar. Foto: Implantatakademie Professor Georg Mailath-Pokorny: „Digitaler Abdruck, computernavigierte Implantation und die Sofortimplantation unmittelbar nach Zahnentfernung.“ Zahnbehandlung: Was sie kostet, was ersetzt wird Honorarrichtlinie1 Prophylaxe (Mundhygiene, Zahnreinigung) 78,– Leistung Vollgusskrone, 3/4-Krone, Onlay 652,– Brückenglied, Vollguss Metallkeramikkrone (VMK) Standard Metallkeramikkrone (VMK) individuell Kunststoffmangelkrone Vollkeramikkrone (Jacketkrone) Teleskopkrone, Vollguss Teleskopkrone, verblendet einfache Implantation bei ausreichendem Knochenangebot ink. Verschlussschraube 478,– 592,– 798,– 573,– 907,– 905,– 999,– 1.058,– GKK kein Zuschuss für 3/4 Krone, Onlay im Seitzahnbereich 49,28 kein Zuschuss kein Zuschuss kein Zuschuss kein Zuschuss kein Zuschuss nur in Verbindung mit ZE 152,50 nur in Verbindung mit ZE 152,50 Sozialversicherung SVA 30,– Zuschuss BVA 35,– Zuschuss 305,– 100,–/200,–2 Zuschuss 100,– Zuschuss 512,– 512,– 100,– Zuschuss 100,– Zuschuss 331,39 Zuschuss 331,39 Zuschuss 100,–/200,–2 Zuschuss 100,–/200,–2 Zuschuss 100,–/200,–2 Zuschuss 100,–/200,–2 Zuschuss 100,–/200,–2 Zuschuss 244,– Zuschuss 244,– Zuschuss kein Zuschuss 305,23 Zuschuss ab 1. Juli: 350,–3 in Jahrespauschale inbegriffen in Jahrespauschale inbegriffen 166,80 Patientenanteil 166,80 Patientenanteil 166,80 Patientenanteil Kieferorthopädie abnehmbar: Diagnosepaket (Modellanalyse, Panoramaröntgen, Therapieplanung) 243,– in Jahrespauschale inbegriffen Diagnosepaket II 366,– in Jahrespauschale inbegriffen 1. Behandlungsjahr 2. Behandlungsjahr 3. Behandlungsjahr 1.595,– 1.280,– 1.067,– 417,– Patientenanteil 417,– Patientenanteil 417,– Patientenanteil in Jahrespauschale inbegriffen in Jahrespauschale inbegriffen 902,– 902,– 902,– 5.744,– 333,60 Zuschuss pro Jahr 610,45 Zuschuss/Jahr 1.000,– Zuschuss/Jahr 1.205,– 47,– 404,50 pro Kiefer Patientenanteil 6,50 Patientenanteil 809,– 14,– 161,80 Patientenanteil 2,60 Patientenanteil Kieferorthopädie festsitzend: Gesamtbehandlung Prothetik: totale Prothese Zahn pro Einheit ZE = Zahnersatz; 1) Autonome Honorarrichtlinie der Österreichischen Zahnärztekammer (Auszug); 2) BVA-Leistungen ab 1. Juli 2014; 3) wenn medizinischer Sonderfall, bei Unentbehrlichkeit: bisher 209,30 Euro Zuschuss, ab 1. Juli 700 Euro. Quelle: Österreichische Zahnärztekammer, WGKK, SVA, BVA 28 GEWINN 6/14 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 29 Implantate (künstliche Zahnwurzeln) sind in der Regel aus Titan, im Gegensatz zu Prothesen sind sie nach entsprechender Einheilzeit voll belastbar Verträgt jeder Implantate, die in der Regel aus Titan gefertigt sind? Was machen jene zwei Prozent der Bevölkerung, die eine Titanunverträglichkeit haben? Mailath-Pokorny: „Es gibt Erkrankungen, die einen Einfluss auf das Implantateinheilverhalten etc. haben, allerdings ist der Einfluss sehr gering. Es berechtigt nicht, solche Patienten, wenn sie die Grunderkrankung behandeln lassen, aus einer Implantation auszuschließen. Dies gilt insbesondere für Diabetes, Osteoporose etc. Einer der größten Risikofaktoren ist das Rauchen, und wie auch in letzter Zeit immer deutlicher wird, übermäßiger Alkoholkonsum.“ Fürhauser ergänzt: „Die Titanunverträglichkeit ist Gott sei Dank extrem selten. Die Tests, die diese Titanunverträglichkeit im Vorfeld abklären sollten, sind sehr unspezifisch und korrelieren retrospektiv nicht mit erhöhten Implantatverlustraten. Zirkonimplantate wären für die Patientengruppe zumindest auf den ersten Blick eine Alternative.“ Gut eingeheilte Implantate können ein Leben lang halten, müssen aber nicht. Qualitätsunterschiede gibt es etwa in der Fertigungsqualität und im Support. Mailath-Pokorny: „Ganz wichtig ist die Ausstellung eines Implantatpasses mit entsprechenden LOTNummern etc., um Hersteller und auch ein genaues Produkt auch noch nach Jahren identifizieren zu können.“ Premiumanbieter (siehe Seite 48) bieten weltweiten Support, etwa mittels Hotline, über die man als Reisender erfährt, in welchem Land welche Zahnärzte mit dem verwendeten System im Mund umgehen und Hilfeleistungen geben können. „Implantat-Billiganbieter haben eine eingeschränkte Anzahl an Komponenten, was die Qualität der Restauration entscheidend reduzieren kann. Auch aus Nachhaftungsgründen ist es empfehlenswert, sich an Premiumhersteller zu halten, um noch nach vielen Jahren die Sicherheit einer Produkthaftung zu haben“, rät Fürhauser. GEWINN 6/14 Doppeltversicherte: Welche e-card ist die Richtige? Während Zahnsteinentfernung einheitlich eine Kassenleistung ist, heißt es für eine umfassende Mundhygienesitzung allerorts selbst in die Tasche greifen. Allerdings: wer SVA-Versicherter ist oder Beamter, erhält immerhin 30 Euro (SVA) oder 35 Euro (BVA) von seiner Kasse als Zuschuss. Doppelt Versicherte sollten die Tabelle auf der linken Seite genauer unter die Lupe nehmen. Die Faustregel könnte lauten: Als Auch-Beamter ist die Wahl klar, die BVA leistet durchgehend mehr. Ab Juli sogar noch mehr, denn bei einigen Leistungen wird nochmal aufgestockt. Etwa 200 statt 100 Euro Zuschuss für diverse Kronen, und immerhin 350 Euro für einfache Implantate (bisher wird nur bei medizinischen Sonderfällen unterstützt). Weniger bekannt ist aber, dass die SVA im Vergleich zu den Gebietskrankenkassen häufig mehr rund um die Zähne leistet. Ein Beispiel: für eine festsitzende Zahnklammer gibt’s bei der SVA 610,45 Euro Zuschuss pro Jahr, bei den GKKs lediglich 333,60 Euro jährlich. Ein Implantat inklusive Zahnersatz (Krone), kostet alles zusammen in der Regel zwischen 1.800 und 2.500 Euro. Die SVA leistet immerhin 305 Euro Zuschuss auf das Implantat, Angestellte erhalten hingegen gar nichts von ihrer Kasse. Für Metallkeramikkronen gibt’s beispielsweise von der SVA gar 512 Euro Unterstützung, die GKKs leisten nichts. Spartipp Ambulatorium Wem der Weg ins Ausland zu unsicher oder beschwerlich ist, aber dennoch günstige Preise schätzt und nicht unbedingt eine persönliche Ansprache braucht, sollte sich den Gang in eines der Kassenambulatorien überlegen. Die übrigens heutzutage weit einladender aussehen, als ihr Ruf ist. Ist etwa für eine Vollkeramikkrone ( Jacketkrone) laut Autonomen Hono- Im Gegensatz zum zweidimensionalen Röntgen wird beim Volumentomograph ein komplettes 3D-Bild erzeugt. Damit können Aufnahmen des Kieferknochens, der Zähne und weiterer anatomischer Strukturen dreidimensional dargestellt, aus jedem Blick- und Neigungswinkel betrachtet und in Form und Dicke vermessen werden Foto: Kodak Foto: Implantatakademie TITELGESCHICHTE Teure Zähne rarrichtlinien der Zahnärztekammer im Schnitt mit rund 907 Euro zu rechnen, ist man in einem der Ambulatorien der Wiener Gebietskrankenkasse mit 574 Euro dabei. Im Ambulatorium der VAEB (Eisenbahner und Bergbau) kostet sie sogar nur 564 Euro, und VAEB-Versicherte erhalten noch 100 Euro Zuschuss von ihrer Kasse dazu. Eine Mundhygienesitzung (Initialtherapie) kostet am WGKK-Ambulatorium nur 57 Euro (Folgetherapie 36,90 Euro), während man in der Durchschnittspraxis mit 78 Euro (Honorarrichtlinie) bis deutlich aufwärts rechnen muss. Die Beispiele ließen sich beliebig verlängern. Generalsanierung Herbert S. wollte sich zum runden Geburtstag selbst ein Geschenk machen und die Zähne generalsanieren lassen. Beim Kostenvoranschlag kamen ihm allerdings die Tränen. 25.700 Euro – dieser Preis trieb ihn schlussendlich ostwärts (siehe nächste Seite). 29 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 30 TITELGESCHICHTE Teure Zähne Im Mekka des Zahntourismus Foto: Pepo Schuster mal 86 Kilometer oder eine Stunden Autofahrt von Wien entfernt in Mosonmagyaróvár befindet. Mit rund 32.000 Einwohnern ist die ungarische Kleinstadt MosonmaDie ungarische Kleinstadt Mogyaróvár eine kleine Stadt, mit rund sonmagyaróvár 200 Zahnärzten in Relation zur Bevölist wahrscheinkerung aber wahrscheinlich die Weltlich die Welthauptstadt der hauptstadt der Zahnärzte. Ein Eindruck, Zahnärzte – der sich beim Besuch der Denis & Fo32.000 Einwohcus-Klinik bestätigt (siehe Foto). ner und rund 200 Zahnärzte Denis & Focus, 1999 von Zoltán Hermann, selbst kein Zahnarzt, gegründet, ist eine der größeren Kliniken in Mosonmagyaróvár. Und schon beim Betreten weiß man, hier ist man auf Patienten aus dem Ausland eingestellt: Ein Schweizer Ehepaar ist angekommen und hat noch vor dem Hotel beim e größer der Eingriff, umso größer Zahnarzt den Kostenvoranschlag über- Zahnarzt „eingecheckt“. die Ersparnis“, erklärt Adrienn Süle, reichte, wäre ihm fast das ganz Gebiss Auch im Wartebereich spricht man stellvertretende Direktorin und Sales herausgefallen: 25.700 Euro. Deutsch: Ein älterer Herr blättert in Managerin der ungarischen Zahnklinik Freunde und Verwandte rieten ihm: österreichischen Zeitungen, auf einem Denis & Focus. Eine Erkenntnis, die „Fahr doch nach Ungarn, da kriegst du Bildschirm läuft ServusTV „Der Doktor auch der Wiener Herbert S. für seine das um die Hälfte.“ Und nicht nur einer und das liebe Vieh“ . . . Schätzungen folgend weichen zwiim Frühjahr erfolgte Generalsanie- hatte auch eine Empfehlung parat. rung – 16 neue Kronen, vier Implan- Schließlich entschied sich S. für die De- schen 130.000 und 160.000 Österreitate – gewann. Als ihm der Wiener nis & Focus-Klinik, die sich gerade ein- cher pro Jahr zum Zahnarzt nach Ungarn aus. Vor allem aus Wien, Niederrösterreich und dem Burgenland, aber auch so manche Westösterreicher nehPreise: Ungarn bleibt am günstigsten men für eine Kostenersparnis von bis zu 70 Prozent den längeren Weg auf ie groß das Preisargument Wer Preise vergleichen will, der sich, wie sich an den Autokennzeichen ungarischer Zahnärzte ist, kann sich über die Preise in Österam Parkplatz der Klinik ablesen lässt. wird bei Denis & Focus den Patien- reich in den „Autonomen HonorarFrau Süle bestätigt: „80 Prozent unserer ten mittels eines bunten Informarichtlinien 2013/2014“ der ÖsterPatienten kommen aus Österreich.“ tionsblattes aufgezeigt. Darauf reichischen Zahnärztekammer inSo wie eben Herbert S., der seine ausgewiesen sind die Preise für formieren (www.zahnaerztekam Entscheidung nicht bereut. Statt 25.700 Kronen in drei Varianten und für mer.at). Die meisten ungarischen in Wien kostet ihn die Behandlung in drei Länder: Deutschland, ÖsterZahnärzte weisen ihre Preise onUngarn 10.450 Euro. Und hätte er sich reich, Schweiz. Demnach kommt line aus, so auch die Denis & Focus für eine günstigere Variante entschieden, eine Gold-Keramik-Krone in Zürich Zahnklinik (denisdental.com), die wären es sogar nur 7.690 Euro gewesen. mit 1.250 Euro am teuersten, in sogar einen Kostenrechner bietet, Neben detaillierten KostenvoranDeutschland ist Stuttgart Spitzen- mit dem potenzielle Patienten zuschlägen für beide Varianten, natürlich mindest die Ersparnis gegenüber reiter mit 878 Euro, Berlin kommt auf Deutsch, hat er nicht nur umfangDeutschland ausrechnen können. auf 680 Euro. Wien liegt mit 797 reiches Informationsmaterial über den Andere Länder spielen zuminEuro in der Mitte, aber doch deutAblauf der Behandlung erhalten, auch dest im heimischen Zahntourislich über Ungarn mit 360 Euro. mit der Behandlung selbst war er äumus (bei Schönheitskliniken ist die Für Implantate liegen die Preise ßerst zufrieden: Der Arzt nimmt sich Situation anders) entweder auflaut Liste in Deutschland zwischen Zeit, das Personal ist extrem freundlich 1.500 und 3.000 Euro, in der Schweiz grund der Anreisekosten (etwa in und die Ausstattung der Kliniken ist die Türkei oder nach Spanien) oder sogar zwischen 2.000 und 4.500 topmodern – das hört man von vielen des geringeren und qualitativ nicht Euro und in Österreich zwischen Patienten, die zum Zahnarzt nach Unvergleichbaren Angebots kaum ei1.400 und 2.700 Euro. Preiskampfgarn fahren. Und die Nähte ließ sich S. ne Rolle. sieger ist Ungarn mit 620 Euro. im Zahnambulatorium in Wien ziehen. „J W 30 GEWINN 6/14 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 31 Foto: Pepo Schuster TITELGESCHICHTE Teure Zähne „Je größer der Eingriff, umso größer die Ersparnis“ ist das Motto von Adrienn Süle (li.) und Zoltán Hermann von der Zahnklinik Denis & Focus in Mosonmagyaróvár Arztwahl: Mundpropaganda und Bauchgefühl F lungen müssen von echten Patienten stammen . . . Diese Plattformen haben aktuell den größten Zulauf im Internet: ● die-zahnarztempfehlung.com ● topzahnarzt-ungarn.de ● ungarn-zahnarzt.com ● zahnarzt-planet.com ● zahnarzt-ungarn.at Fotos: Pepo Schuster ür die Vorselektion finden sich im Internet eine Unzahl von Einträgen einzelner Ärzte und Kliniken, aber eben auch von Plattformen, die eine Suche nach verschiedenen Kriterien ermöglichen und oft auch Patientenrezensionen veröffentlichen. Aber Vorsicht! Nicht alle Beurtei- es einige: niedrigere Lohnkosten, geringere Betriebskosten, aber auch die Konkurrenz und der Umstand, dass man aufgrund größerer Mengen teilweise deutlich günstiger einkauft, sind die wichtigsten. Das bestätigt Tamás Karakai, Direktor der Wabi Schönheitsund Zahnklinik bei Sopron: „Natürlich muss ich das Geld dafür vorstrecken, aber manche Materialien bekomme ich sogar 20 bis 30 Prozent günstiger, weil ich größere Mengen kaufe.“ Wie viel größer, zeigt sich etwa bei der Zahl der Implantate: mehr als 500 sollen es sein, die man jährlich braucht. Insgesamt zählt man pro Jahr alleine in der Zahnklinik zwischen 2.500 und 3.000 Patienten. Und es werden durchaus noch mehr. 2007 hatte man vier Behandlungsstühle (mit einem Anschaffungswert von rund 50.000 Euro), heute sind es schon sechs. Betreut werden diese von neun angestellten Fachzahnärzten, die in einem Schichtbetrieb arbeiten. Für besonders komplizierte Fälle reist einmal im Monat ein Universitätsprofessor für Kieferorthopädie aus Budapest an. Karakai: „Wir haben jeden Tag, auch am Wochenende, von neun bis 17 Uhr Ordination.“ Ungarische Dependance in Wien In das Wabi Beauty Center kommen Patienten nicht nur der Zähne wegen. 40.000 Gäste zählt Direktor Tamás Karakai pro Jahr in seiner Schönheits- und Zahnklinik in Sopron Killerargument bleibt der Preis Der Preis ist und bleibt aber die Einstiegsdroge. Denn, auch wenn die Preise in Ungarn in den letzten fünf Jahren im Schnitt um 15 bis 20 Prozent gestiegen sind, sei man im Vergleich zu Österreich noch immer um 30 bis 70 Prozent billiger, versichert Süle: „Wenn Sie sich in Österreich eine Krone machen lassen, GEWINN 6/14 wird – bis alles fertig ist – 800 Euro auf der Rechnung stehen. Bei uns: 200 Euro.“ Dabei sei die Behandlung wie auch das Material dasselbe. Süle: „Wir kaufen unsere Geräte und Materialien in der EU und haben für alles international gültige Zertifikate.“ Gründe dafür, warum Zahnärzte in Ungarn trotzdem billiger sind, gibt Auch bei der Wabi-Zahnklinik beziffert man den Anteil der Österreicher mit 80 Prozent. Karakai: „Aus 100 Kilometer Umkreis haben wir fast aus jeder Ortschaft Patienten.“ Mit der WabiKlinik stehen diesen in Sopron, das zwar weiter südlich als Mosonsmagyaróvár liegt, aber mit 60 Kilometern sogar noch ein Stück näher an Wien, bei 60.000 Einwohnern rund 300 Zahnärzte zur Verfügung. Eine Zahl, an der sich in den letzten Jahren wenig geändert habe, so Karakai. Zwar würden noch neue Zahnarztpraxen entstehen, einige hätten aber auch wieder zugesperrt. Karakai. „Der Markt ist stabil, aber wir wachsen zum Glück.“ Was Karakai unter anderem darauf zurückführt, dass die Wabi-Zahnklinik seit 2010 auch in Wien vertreten ist. Karakai: „Wir haben in Wien zwei Zahnärzte, einen hauptberuflich und einen nebenberuflich. Beide sind von der 31 1406_022_Titel_GEWINN 28.05.14 15:00 Seite 32 TITELGESCHICHTE Teure Zähne Ärztekammer zugelassen und zahlen in Österreich Steuern.“ Pro Woche würden fünf bis zehn Patienten die Wiener Ordination aufsuchen, rund die Hälfte davon lasse sich auch gleich dort behandeln. Das aber nicht zu den Preisen, die man in Sopron bieten könne, wenn auch die Zahntechnik von dort zugeliefert wird. Karakai: „Die Preisersparnis ist rund 15 bis 20 Prozent.“ Wer sich nach einer Voruntersuchung in Wien für Sopron entscheidet, kann den Termin beim Zahnarzt mit einem Besuch beim Friseur, einer Pediküre, einem Tag im Spa oder auch einer Schönheitsoperation verbinden. Insgesamt zählt Wabi rund 40.000 Gäste pro Jahr, die von mittlerweile 200 Angestellten rundum betreut werden. Man kann sogar über Nacht bleiben, einziges Problem: vier der 14 Zimmer sind für Patienten der Schönheitsklinik reserviert, die restlichen Zimmer bis Jahresende fast ausgebucht. Aber die Karaikas, als Familie Eigentümer der Wabi-Klinik, wollen Abhilfe schaffen. Auf einem 20.000 QuadratmeterAreal soll ein Fünf-Sterne-Hotel mit 50 Zimmern entstehen. Karakai: „Dann können wir auch in der Zahnklinik komplexere Behandlungen anbieten, wo die Leute über Nacht bleiben.“ Alte Feinde, alte Argumente Zurück nach Mosonmagyaróvár. Auch dort kann man sich über nach wie vor steigende Nachfrage nicht beklagen und versteht nicht, warum es manchen Österreichern noch immer peinlich sei, nach Ungarn zum Zahnarzt zu fahren. Süle: „Nur weil wir billiger sind, sind wir nicht schlechter. Man kann sogar sagen, wir sind besser.“ Das argumentieren ungarische Zahnärzte aber nicht nur mit moderner ausgestatteten Ordinationsräumen, sondern auch mit der besseren Ausbildung in Ungarn, die europaweit anerkannt sei. Dass Probleme auftreten können räumt aber auch Süle ein: „Wer behauptet, er hatte noch nie ein Problem mit einem Patienten, der lügt.“ Dafür gäbe man aber drei Jahre Garantie auf die geleistete Arbeit. Das tun auch die meisten anderen Zahnkliniken in Ungarn, manche – wie etwa 32 auch die Wabi-Klinik – gewähren sogar fünf Jahre. Das alles den möglichen Patienten zu kommunizieren, tut man sich aber gerade in Österreich schwer. Süle: „In keinem anderen Land haben wir derartige Probleme mit Werbung. Nicht in Italien, nicht in Großbritannien, nicht in Deutschland. Nur in Österreich. Es gibt keine größere Klinik in Ungarn, die nicht schon Strafe gezahlt hat.“ Das bestätigt auch der Präsident des Zahnärztlichen Interessenverbands Österreichs (ZIV), Claudius Ratschew: „Es gibt eine Werberichtlinie, in der von der Zahnärztekammer festgelegt ist, welche Werbung zulässig ist. Und jeder der dagegen verstößt, wird geklagt. Das gilt für jeden, aber ausländische Ärzte tun es halt öfter.“ Sonst hat sich an der Verteidigungsstrategie des ZIV wenig geändert. Man argumentiert mit den vielen Problemen, die man sich über der Grenze angeblich einhandle – Ratschew: „Ich habe in meiner Praxis jede Woche ein paar Fälle“ –, glaubt nicht, dass wirklich selbe Qualität zum billigeren Preis angeboten werde, und gibt sich gelassen. Ratschew: „Wer in Österreich zum Zahnarzt geht, erwartet sich eine andere Betreuung und eine andere Behandlungsqualität als der, der ins benachbarte Ausland fährt. Ich bringe da gerne den Vergleich: Wie viele Leute sich einen Lada kaufen, das ist dem MercedesHändler völlig wurscht.“ Zumindest beim Preisunterschied scheint man sich also diesseits und jenseits der Grenze einig zu sein. Ihre Rechte als Patient in Ungarn E U-weit gilt eine zweijährige Gewährleistung auf alle zahntechnischen Produkte wie Brücken, Inlays, Kronen oder Prothesen für auftretende Mängel. So auch in Ungarn. Dazu empfiehlt die Europäische Verbraucherberatung (in Österreich vertreten durch den VKI), sich vom behandelnden Arzt bestätigen zu lassen, welche Materialien verwendet werden. Die Gewährleistung gilt ebenso für alle Leistungen des behandelnden Arztes. Das bedeutet aber nur, dass man Anspruch auf eine or- dentliche medizinische Behandlung nach dem neuesten Stand der Wissenschaft hat, nicht aber ein Recht auf Heilung. In Ungarn geben viele Zahnärzte ihren Patienten zusätzlich eine Garantie von bis zu fünf Jahren. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Arztes, deren Umfang er selbst bestimmen kann und die bisweilen an regelmäßige Kontrollen gebunden ist. Gegebenenfalls ist diese nur vor einem ungarischen Gericht und unter Beiziehung eines ungarischen Rechtsanwalts durchzusetzen. Kostenersatz von Behandlungen im Ausland W elche Leistungen in welcher Höhe von den heimischen Krankenversicherern erstattet werden, variiert. Als Faustregel gilt jedoch: Die österreichischen Krankenkassen ersetzen maximal 80 Prozent der Kosten für Leistungen, die auch Kassenleistungen sind (normale Wahlarzt-Regelung), jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten. Für Nicht-Kassen- leistungen gibt es nichts. Um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen, empfiehlt es sich daher, beim Zahnarzt zuerst einen detaillierten Kostenvoranschlag (auf Deutsch) einzuholen. Mit diesem wendet man sich an die eigene Krankenversicherung und erfragt, welche Kosten übernommen werden und wie die spätere Einreichung zu erfolgen hat. GEWINN 6/14