Fachmann vor Ort ren lassen, insbesondere beim Energieverbrauch, der bei den fast 230 Tonnen schweren Zügen einen recht hohen Anteil bei den Lebenszykluskosten ausmacht. Zurzeit läuft die Umsetzung eines Energiesparprojekt, das sich aus den drei Teil­pake­ ten «elektrisch bremsen», «Schlummerbetrieb» und «Frischluftzufuhr» zusammen­setzt (siehe Kasten). Gemäss Berechnungen lassen sich mit diesen drei Optimierungspaketen pro Jahr rund 10 GWh Strom sparen. Dies entspricht dem jährlichen Bedarf von 2500 Vierpersonen-Haushalten. Die finanziellen Einsparungen belaufen sich auf mehrere hundert­t ausend Franken pro Jahr. Die dazu notwendigen Aufwendungen und Software-Anpassungen lohnen sich, denn bereits nach etwas mehr als drei Jahren werden sich die Investitionen amortisiert haben. Die Umrüstung der Fahrzeuge wird während der Sommermonate dieses Jahres durchgeführt. Seit fast 10 Jahren dabei Es war einer der bedeutendsten Meilensteine in der Firmengeschichte von Siemens Schweiz, als die SBB vor gut zehn Jahren die neuen Doppelstocktriebzüge für die Zürcher S-Bahn bestellte. Das erste Fahrzeug kam 2006 auf die Schiene. Seit Sommer 2009 sind alle 61 Siemens-Züge im täglichen Einsatz. Die ältesten Fahrzeuge haben seither bereits mehr als eine Million Kilometer zurückgelegt. Bei solchen Dimensionen lohnt sich jede auch noch so kleine Optimierung im Fahrbetrieb. Auf der gesamten Flotte werden durch SBB und Siemens diverse Energieeffizienz-Massnahmen umgesetzt, die jährliche Einsparungen von mehreren hunderttausend Franken bringen. Die Strecke, welche die 61 Doppelstocktriebzüge (DTZ) seit ihrer Inbetriebnahme zurückgelegt haben, beträgt rund 60 Mio. Kilometer, was in etwa der 1500-fachen Erdumrundung entspricht. Jeder der 100 Meter langen Züge hat ein Fassungsvermögen von maximal 1000 Personen. Dank seiner hohen Transportkapazität verbraucht ein vierteiliger elektrisch angetriebener Doppelstöcker auf einer 100 km 10 langen Strecke – wenn man den Vergleich mit einem Auto zieht – lediglich 0,25 Liter Benzin pro Sitzplatz. Dieser theoretische Wert macht deutlich, dass der Beitrag des öffentlichen Verkehrs zur Schonung der Umwelt nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Doppelstockzüge von Siemens sind Hightech-Fahrzeuge, die sich während ihrer gesamten Lebensdauer laufend optimie- Text Benno Estermann | Fotos Hans Stuhrmann Günter Grübler kennt die Eigenheiten und das Potenzial des Doppelstockzuges bis ins Detail, denn er war bereits dabei, als im Jahr 2005 die Typenprüfungen des DTZ in der Tschechischen Republik stattfanden. Der 55-jährige Siemens-Fachmann arbeitet mittlerweile als Service-Spezialist bei Siemens Schweiz in Wallisellen und ist während zwei Tagen pro Woche in der SBB-Unterhaltsanlage Oberwinterthur tätig. Dieser Betrieb hat sich in den letzten 20 Jahren zum Kompetenzcenter für die Instandhaltung von S-Bahn-Zügen ent­ wickelt. In Oberwinterthur werden alle 61 Siemens-Doppelstöcker regelmässig gewartet. Diese Arbeiten sind sehr wichtig, denn im täglichen Fahrgastbetrieb werden die Züge hart gefordert. Das Fachwissen, dass sich Günter Grübler über die Jahre angeeignet hat, ist enorm wichtig: Es braucht einiges an Erfahrung und Detailwissen, um die Hightech-Züge in der geforderten Qualität auf Vordermann zu bringen. Günter Grübler kennt buchstäblich jeden Winkel und alle technischen Komponenten des Fahrzeugs, was natürlich für das ganze SBB-Service-Team sehr hilfreich ist. Vor allem bei kniffligen Problemen unterstützt er die SBB-Servicefachleute mit Rat und Tat. Dazu gehören insbesondere Arbeiten, bei welchen fundierte Diagnose- und Softwarekenntnisse des Zuges erforderlich sind, um die Störung lokalisieren zu können. Zusätzlich schult er die SBB Mitarbeitenden bei der Anwendung von Softwaretools und technischen Hilfsmitteln. Dazu gehören etwa die Feinjustierungen von Türsteuerungen und Schiebetritten, die je nach Einsatz­ gebiet und Verschleiss der Komponenten unterschiedlich beansprucht werden. Weniger Lärm bei reduziertem Energieverbrauch Neben den bereits erwähnten Optimierungspaketen werden an den DTZ zusätzliche Software-Änderungen vorgenommen. Diese sollen den Energieverbrauch bei der Aktivierung der Luftversorgungsanlagen und bei den Komponententests weiter senken und gleichzeitig die Lärm­ emissionen reduzieren. Vor allem für Anwohner im Abstellbereich eines Bahnhofs dürften diese Änderungen sehr willkommen sein. Durch die Massnahmen wird der Geräuschpegel der abgestellten Fahrzeuge in den Nachtstunden reduziert. Die Siemens-Doppelstocktriebzüge werden regelmässig in der SBB-Unterhaltsanlage Oberwinterthur gewartet und mit diversen Zusatzmassnahmen energieeffizienter gemacht. Siemens-Experte Günter Grübler kennt alle Eigenheiten und jeden Winkel des Fahrzeugs. Stromsparen hoch drei Beim vierteiligen Doppelstocktriebzug (DTZ) von Siemens sind die Elektroantriebe unter jedem Endwagen an den Drehgestellen aufgehängt. Insgesamt acht Triebradsätze sorgen dafür, dass der fast 230 Tonnen schwere Zug mit rund 4300 PS auf maximal 140 km/h beschleunigt wird. Neben den Antriebsaggregaten, Strom­umrichtern und Wandlern gehört v. a. die Klimatisierung zu den grössten Energieverbrauchern. Die Umsetzung des neuen Energiesparprojekts umfasst drei Massnahmenpakete, die den jährlichen Energieverbrauch bei den 61 Zügen um rund 10 GWh reduzieren. Elektrisch bremsen Wenn ein Doppelstocktriebzug das Tempo reduzieren oder anhalten muss, entscheidet das im Zug eingebaute Bremsmanagementsystem, welche Bremskraft (elektrisch oder pneumatisch) ein­g esetzt wird. Beim rein elektrischen Bremsen wird Energie ins Netz zurückgespeist (Reku­p eration). Neu wird bei einer Auslenkung des Fahr-/Bremshebels bis zur 50-Prozent-Bremsstellung rein elektrisch gebremst. Dadurch kann der Lokführer eigenständig die Energierückspeisung optimieren. Erst beim Überschreiten des Sollwerts von 50 Prozent entscheidet das Brems­ management, ob zusätzlich die pneumatische Bremse eingeschaltet wird. Schlummerbetrieb Aus Komfortgründen werden Fahrzeuge heute im sogenannten Schlummerbetrieb bei voller Leistung klimatisiert, auch wenn keine Passagiere an Bord sind und die Züge über einen längeren Zeitraum abgestellt werden. Bei der neuen Lösung wird der Zug im Schlummerbetrieb mit reduzierter Klimatisierung betrieben. Zu diesem Zweck werden in der Klima-Software die entsprechenden Kennlinien angepasst. Der Heizbetrieb setzt neu erst ein, wenn die Innentemperatur unter 10°C fällt, die Kühlung wird bei ca. 30°C aktiviert. Mit diesen Einstellungen ist sichergestellt, dass die optimale Temperatur für den Passagierbetrieb innerhalb von 15 Minuten erreicht werden kann. Beladungsabhängige Frischluftzufuhr Die Frischluftversorgung der Passagierräume wurde bisher durch die Raumtemperatur geregelt. Neu werden die Siemens-Fahrzeuge entsprechend dem aktuellen Besetzungsgrad mit Frischluft versorgt. So wird für jedes Passagiervolumen die optimale Frischluftmenge zugeführt und nur diese muss nun auf die für die Fahrgäste optimale Temperatur gebracht werden. 11