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Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
187
4. KAPITEL: EINSTELLUNGEN
I. EINSTELLUNGEN UND MEINUNGEN
1. EINSTELLUNGSMODELL:
Einstellung einer Person zu einem Objekt = subjektive Bewertung dieses
Objekts
•
Einstellungsobjekte können sein:
- Reize (z.B. Farben, Musik, Person, etc.)
- Verhalten (z.B. Rauchen, Autokauf, Referat halten)
- Begriffe (z.B. Popmusik, Ideologie, Religion)
ABER: keine scharfen Grenzen!
•
subjektiver Wert (W) eines Einstellungsobjekts (EO) kann sein:
- negativ (- a = feste Untergrenze)
- neutral
- positiv (+ a = feste Obergrenze)
•
Einstellungen lassen sich wie alle Kognitionen in semantischen
Netzwerken auffassen, und zwar:
- Einstellungen = Knoten
- Relationen = Kanten
•
Einstellung bzw. Bewertung eines konkreten Objekts hängt
ab von
- den mit ihm verbundenen EOs
- bzw. den subjektiven Relationen zwischen EO und den
EOs
BEISPIEL:
Person A wird von Person B für schön, gescheit,
usw. gehalten, nicht aber von Person C
MERKE: objektive Realität ist dabei vollkommen egal!
Einstellungsmodell nach ROSENBERG:
EO
Rel1
EO1
Rel2
EO2
Rel3
EO3
Rel4
EO4
Reln
EOn
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
•
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Relationen können sein:
-
positiv:
o
o
o
o
-
d.h. 2 Elemente A und B sind durch Relation verbunden
positive emotionale Beziehung
+ b = feste Obergrenze
BEISPIEL: A ist ähnlich B, A hat Eigenschaft von B, usw.
negativ:
o
o
o
o
d.h. 2 Elemente A und B sind durch Relation getrennt
negative emotionale Beziehung
- b = feste Untergrenze
BEISPIEL: A ist nicht ähnlich B, A hat nicht Eigenschaft von B,
usw.
daher: (- b) kleiner gleich Rel (EO, Eoi) kleiner gleich (+ b)
Spezialfall der EO–Eoi – Verbindungen = R–S – Verbindungen:
hier: EO
Rel und EO
Relation
= Verhalten
= Verhaltenskonsequenz (Reiz, S)
= subjektive Wahrscheinlichkeit p der Erwartung,
dass S auf R folgt.
Meinung = konkrete Relation zwischen 2 EOs
•
Erwartungen = eine Teilmenge der Meinungen, und zwar solche
Meinungen, bei denen
¾ EO ein Verhalten,
¾ EOi eine VH-Konsequenz und
¾ Rel eine subjektive Wahrscheinlichkeit ist.
•
Meinungen tragen zu positiver oder negativer Einstellung zum
EO bei
•
man unterscheidet 4 Meinungstypen (je nach Vorzeichen von Rel und
EOi):
1) pos. Rel zwischen EO und pos. EOi
pos. Aussage über EO
2) pos. Rel zwischen EO und neg. EOi
3) neg. Rel zwischen EO und pos. EOi
4) neg. Rel zwischen EO und neg. EOi
neg. Aussage über EO
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
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Modell von ROSENBERG (bzw. OSGOOD): = Durchschnittsmodell
•
Gesamtbewertung von EO = Mittelwert aller damit verbundenen
Meinungen
•
Formel:
•
Erklärung dazu:
W(EO) = 1/3n Σ Reli * W(EOi)
¾ Meinungskomponenten Rel und Wert von EOi sind multiplikativ
verbunden
¾ Einstellung zu EO entspricht dem Mittelwert der Produkte
aus Reli und EOi
¾ Dieser Mittelwert könnte zwischen – 9 und + 9 liegen (wegen der
oberen und unteren Grenzen, die willkürlich mit +3 bzw. – 3
festgesetzt wurden) -> damit der „Endwert“ aber wieder innerhalb
dieser Grenzen liegt, wird durch 3 dividiert.
Modell von Fishbein: = Summenmodell
•
Bei einem Summenmodell lassen sich keine festen Grenzen für
die Bewertung des EO festlegen; Grund: Ein mit 100 positiven
Meinungen [und keiner einzigen negativen Meinung] belegtes EO
würde 100x positiver bewertet werden als ein EO mit nur einer
positiven Meinung.
•
Formel:
W(EO) = Σ Reli * W(EO) ;
im Original:
•
Ao = Σ bi * ei
Erklärung dazu:
¾ Ao = Einstellung zu EO (a = attitude)
¾ einzelne Meinung über EOi ist bi * ei; diese setzt sich zusammen
aus:
- Bewertung der Eigenschaften des EO (e = evaluation) und
- Meinungsstärke (b = belief strength), d.i. subjektive
Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit, dass Objekt O das Merkmal
i hat
•
Unterschiede zum Rosenberg – Modell:
¾ Summenmodell
¾ berücksichtigt nicht ALLE Meinungen über EO, sondern eine
spezielle Art von Meinungen, nämlich die subjektiven
Wahrscheinlichkeiten des Vorhandenseins bestimmter
Merkmale oder des Eintretens bestimmter Konsequenzen.
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
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Sonstiges in diesem Buchkapitel:
@ „Rationalisierung“:
Eine mittels Hypothese vorgenommene Einstellungsänderung (d.h.
eine die der VP nicht bewusst ist) bewirkt entsprechende Änderung
der relevanten Meinungen (Rosenberg, 1960)
@ eindimensional vs. mehrdimensional:
•
•
Einstellungen = eindimensional, z.B. Fishbein, Thurstone)
Einstellungen = mehrdimensional (z.B. Allport)
ABER:
-
das sind eher Definitionsunterschiede als inhaltliche
Unterschiede, denn:
„Einstellung“ bei Allport
= Objektbewertung + alle Meinungen über das Objekt
„Einstellung“ bei Fishbein
= NUR die Objektbewertung, nicht alle Meinungen über
das Objekt
Ö Trennung in Bewertungsaspekte (= affektive Komponente)
und Meinungsaspekte (= kognitive Komponente) wie bei
Rosenberg erscheint zweckmäßig.
@ Kognitive Strukturen in Einstellungsforschung und
semantische Netzwerke:
•
Gemeinsamkeit:
selbe theoretische Grundbegriffe (Kognitionen und Relationen
dazwischen)
•
Unterschied:
divergente Orientierung und Interessen zwischen Sprachpsychologie
und Einstellungsforschung
¾ Sprachpsychologie:
-
primär kognitiv und deskriptiv ausgerichtet
-
wohlbegründete theoretische Annahmen über Arten von
Relationen
-
sehr logisch ausgerichtet, daher:
o negative Relationen werden vernachlässigt (im Alltag
aber ist es auch interessant, welche Eigenschaften ein
Objekt NICHT hat bzw. eventuell haben könnt)
o Relationsquantifizierungen werden vernachlässigt
(im Alltag geht es aber nicht einfach darum, ob ein Objekt
eine Eigenschaft hat oder nicht, sondern auch in welchem
Ausmaß)
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o subjektive Bewertungen werden in der semantischen
Struktur nicht berücksichtigt
ABER: Denkprozesse verlaufen nicht immer logisch,
sondern oft wunschhaft verzerrt!
¾ Einstellungsforschung:
-
-
primär an affektiven und wertbezogenen Prozessen
orientiert
nur allgemeine Unterscheidung zwischen positiven und
negativen Relationen, aber keine Unterscheidung von
Arten von Relationen
weniger streng logisch ausgerichtet
2) EINSTELLUNGSMESSUNG:
Zweck = um zu wissen, wie stark positiv oder negativ eine
Einstellung ist.
a) Einstellungsskalen:
•
= Liste von Fragen / Aussagen in Bezug auf EIN EO; ein Teil
positive, ein Teil negative Haltung zum EO
- Person muss bei jeder Frage / Aussage angeben, ob ja / nein
- aus Anzahl und Art der akzeptierten / abgelehnten Fragen /
Aussagen Schluss auf Richtung und Stärke der Einstellung
•
bekannteste Methoden zur Konstruktion solcher Skalen von
- Guttman
- Likert
- Thurstone
•
Nachteil:
- Herstellung aufwendig
- Vorgabe zeitraubend
- vorher Feststellung ob Fragen / Aussagen statistische
Voraussetzungen erfüllen -> viele VPn notwendig; unbrauchbare
Items ausgeschieden, aus verbleibenden wirf Skala gebildet
- bei Einstellungsmessung müssen VPn ALLE Fragen beantworten
b) Semantisches Differential:
•
= Liste mit Adjektivpaaren mit Skala (meist –3 bis +3)
•
VP stuft EO auf einigen Dimensionen ein (ca. 3 – 10)
•
Einstellung der Person zum EO = Mittelwert ihrer Einstufungen
•
Vorteil:
- sehr ökonomisch
- immer anwendbar (für neues EO muss nicht erst eine neue
Einstellungsskala konstruiert werden)
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
-
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Einstellungsmessungen bezüglich verschiedener EOs sind
vergleichbar
c) Methode von FISHBEIN:
•
VP gibt an, welche Eigenschaften ein EO ihrer Meinung nach
hat bzw. welche Konsequenzen es herbeiführt. VPn nennen dabei
durchschnittlich 5 – 9 Eigenschaften (= salient beliefs;
wichtigste Eigenschaften des EO -> können am schnellsten im
Gedächtnis aktiviert werden)
•
VP bewertet jede dieser Eigenschaften (bipolare Skala von –3
bis +3)
•
VP gibt Meinungsstärke an (= subjektive Wahrscheinlichkeit; wie
sicher ist sie sich, dass EO diese Eigenschaft auch tatsächlich hat
(unipolare Skala von 0 – 3)
•
Bildung der ei mal bi, dann Summe dieser Werte (oder das Ganze
dividiert durch 3n -> Durchschnittsmodell)
•
Vorteil:
- sehr ökonomisch
- universell und ohne Voruntersuchung anwendbar
- gibt Aufschluss über inhaltliche und formale Struktur einer
Einstellung, und zwar:
¾ Anzahl der genannten Eigenschaften = Maß der Komplexität
einer Einstellung
¾ Mittelwert der bi = durchschnittliche Meinungssicherheit
¾ Maß für Homogenität der Einstellung kann abgeleitet
werden
3. ENTSTEHUNG UND ÄNDERUNG VON EINSTELLUNGEN:
3.1. Entstehung und Änderung:
Einstellung entsteht:
Ö Beziehung zwischen EO und einem oder mehreren anderen EOi wird
hergestellt.
Änderung von Einstellung auf 2 Arten:
•
Aufnahme neuer Meinungen
•
Änderung bereits vorhandener Meinungen, dabei 2 Möglichkeiten:
- Änderungen der Relation zwischen EO und EOi
- Änderung der Bewertung von EOi
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BEISPIEL:
193
Autowerbung
™ Hinweis auf große Sicherheit
Î Relation zwischen EO (Auto) und EOi (Sicherheit) wird
positiver
™ Hinweis auf Unfallschäden mit anderen Autos
-> Bewertung von EOi (Sicherheit) wird positiver.
Unterscheidung von Einstellungen (WILSON et al.):
* kognitiv fundierte: beruhen auf stabilem und differenziertem
kognitivem Meinungssystem (Relationen zwischen
EO und begrifflichem EOi
* affektiv fundierte: beruhen primär auf Gefühlen
* sowohl als auch
3.2. Theorie der Einstellungsfluktuation:
Einstellungstheorien nehmen an, dass Einstellung einer Person zu
einem EO:
•
konstant ist
•
nur durch massive Eingriffe von außen verändert werden können
(z.B. Kommunikation, klassische Konditionierung)
•
oder sich spontan ändert (d.h. OHNE äußere Einflüsse), wenn zu
anderer Einstellung in Widerspruch (vgl. Dissonanztheorie)
ABER: Das widerspricht
- der Alltagserfahrung
- lerntheoretischen Befunden
DAHER: Einstellung unterliegt kurzzeitigen, beträchtlichen
Schwankungen
Î
sind nicht zufällige Fluktuationen, sondern
lerntheoretisch begründete Phänomene.
Erklärung dazu:
•
Bewertung des EO hängt ab von Bewertungen seiner
Einzelkomponenten; diese unterliegen (wie Verstärker und
Strafreize) Sättigungs- und Deprivationseffekten.
BEISPIEL:
-
-
Musikstück, das einem gefällt, wird negativer
bewertet, wenn man es immer wieder hört
(= Sättigung)
Musikstück, das man lange nicht mehr gehört
hat, wird positiver bewertet (= Deprivation)
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
•
194
kognitive Prozesse gehorchen denselben
Gesetzmäßigkeiten wie beobachtbares, operantes
Verhalten
Ö HOMMES:
bezeichnet kognitive Prozesse als
„coverants“ (= covert operant, d.h. nicht
beobachtbare Operanten)
Ö Auftrittshäufigkeit von Meinungen hängt ebenso wie
Operanten (= Verhalten) ab von
- Verstärkern / Strafreizen
- diskriminativen Reizen
Daher:
Person nimmt je nach Umgebung
VERSCHIEDENE Aspekte eines EO wahr
BEISPIEL: Cabriofahrer:
heißer Sommertag -> Cabrio = angenehm
Reparaturwerkstatt -> Cabrio = unangenehm, weil
teuer
daher: bei Hitze positivere Einstellung zu Cabrio
als in Reparaturwerkstatt
Fazit: 2 Erklärungsprinzipien für Einstellungsschwankungen
-
Sättigung / Deprivation
Ö beeinflusst Bewertung der Einzelkomponenten des EO
-
Wirkung diskriminativer Reize
Ö beeinflusst Relationen zwischen Eo und EOi
Stabilität von Einstellungen:
a) einfache vs. komplexe Einstellungen:
•
einfache Einstellungen = simpel, unüberlegt
•
komplexe Einstellungen = differenziert (multiplexe Einstellungen)
Grad der Komplexität = abhängig von Anzahl der mit dem EO
verbundenen Meinungen
Ö sind stabiler:
Bei Änderung EINER Eigenschaft des EO
durch Sättigung / Deprivation /
diskriminante Reize Einfluss auf
Gesamtbewertung gering
b) homogene vs. inhomogene Einstellungen:
•
homogene Einstellungen:
Bewertung der einzelnen Komponenten des EO = sehr ähnlich
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
•
195
inhomogene (= ambivalente, inkonsistente) Einstellungen:
EO hat positive und negative Eigenschaften; Bewertung der
Einzelkomponenten des EO = sehr unterschiedlich
Ö sind instabiler:
Situationsfaktoren bewirken leicht, dass man
positiven oder negativen Meinungen über EO
mehr Gewicht zuspricht -> Änderung!
3.3. Klassisches Konditionieren:
Ursprünglich neutraler (d.h. nicht reflexauslösender) Reiz, der
mehrmals unmittelbar vor oder gleichzeitig mit unbedingtem (=
reflexauslösendem) Reiz dargeboten wird, löst Reaktionen aus, die
ursprünglich nur der unbedingte Reiz ausgelöst hat -> neutraler Reiz ist
zum konditionierten Reiz geworden
Ö tritt ursprünglich neutral bewertetes EO wiederholt mit positiv
bewertetem EOi auf, so wird es positiv bewertet.
Experimente dazu:
Experiment von RAZAN:
EO = politische Slogans -> vor Experiment von VPn bewertet
[Baseline]
•
Slogans mit wohlschmeckenden Speisen dargeboten
=> positivere Einstellung der VPn dazu im Vergleich zur Baseline
•
Slogans mit unangenehmen Gerüchen dargeboten
=> negativere Einstellung der VPn dazu im Vergleich zur Baseline
Experiment von COHEN:
ähnliches Design wie Razan; dann Befragung, ob VP Versuch
durchschaut hat
Ergebnis: NUR VPn, die Versuch durchschaut hatten (!), zeigten
Einstellungsänderung
Fazit: Auch wenn man „Manipulation“ durchschaut hat, heißt das
nicht, dass man sich erfolgreich dagegen wehren kann!
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
3.4.
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Operantes Konditionieren:
Verstärkung / Bestrafung von Aussagen über ein EO (= Spezialfall des
verbalen Konditionierens)
Ö Verstärkung von verbalisierten positiven / negativen
Meinungen über EO bewirken Ansteigen der Häufigkeit positiver
/ negativer Äußerungen über dieses EO
Experimente dazu:
Experiment von SINGER:
VP bekam pro- und antidemokratische Aussagen vorgelesen, wurden zu
ihrer Meinung zu jeder befragt -> bei Zustimmung zu
prodemokratischer Aussage Verstärkung durch den VL. Ergebnis:
Ansteigen der Häufigkeit prodemokratischer Aussagen der VP
Experiment von Ekman:
negative Aussagen über Todesstrafe wurden verstärkt -> Häufigkeit
solcher Aussagen bei VPn stieg
Möglicher Einwand: Ansteigen der Häufigkeit von Aussagen
= Verhalten; Verhalten hat nix zu tun mit
Einstellungen!
ABER:
viele Experimente beweisen das Gegenteil -> Verstärkung
von verbalisierten Meinungen KANN Einstellungsänderung bewirken!
Einstellungsmessungen NACH solchen Experimenten zeigen
das.
Ö Internalisierung von Einstellungen hängt genau wie
Internalisierung von Verhalten ab von Verstärkerplänen
Î
3.5.
Einstellungsänderung umso geringer und langsamer, je niedriger
der Verstärkerprozentsatz
Beobachtung und Kommunikation:
Alle Lernprozesse können „stellvertretend“ stattfinden, d.h. durch
Beobachtung (auch Lernen / Extinktion von Angst, etc.)
BANDURA: Beobachter kann durch Empathie und stellvertretendes
klassisches Konditionierung Einstellungen erwerben.
BEISPIEL:
Kind mit antisemitischem Vater:
Vater spricht über Juden und macht verächtliches
Gesicht dazu -> Kind nimmt negative Einstellung
an
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Auch verbales Konditionieren kann stellvertretend stattfinden
(Jemand beobachtet, wie ein anderer für bestimmte Aussage verstärkt
wird). Ist manchmal sogar effizienter (d.h. geht schneller, bewirkt
noch höhere Auftretenshäufigkeit).
Fazit:
3.6.
große Bedeutung der Sprache für Einstellungen!
Sprache wichtig bei:
- Bildung von Einstellungen
- Änderung von Einstellungen (neue Meinungen, Änderung
von Relation zwischen EO und EOi, Bewertung des EOi)
Generalisation:
Jedes gelernte Verhalten generalisiert.
Ö Einstellung zu bestimmtem EO wird auf andere, ähnliche EOs
übertragen (= semantische Generalisierung, d.h. Ähnlichkeit ist
begrifflicher Natur)
Forschungen von RAZAN:
bedingte Reaktionen (z.B. Angst) auf bestimmte Wörter treten vor allem
bei semantisch ähnlichen Wörtern auf (weniger bei klanglich ähnlichen)
Altersunterschiede:
* unter 10 Jahre: vor allem Generalisation auf klangähnliche Wörter
* ab 10 Jahre:
Generalisation auf Antonyme (= Gegensätze) und
Teile wird stärker
* ab 14 Jahre:
Generalisation auf Synonyme = stärker
Experiment:
•
3.7.
RAZAN:
VPn sehen Wörter, bei einigen unangenehmes Geräusch
Î Schreckreaktion. Ergebnis: bedeutungsähnliche
Wörter erzeugen ebenso Schreckreaktion
(Messung des Hautwiderstands)
Kognitive Prozesse:
A) Deduktion / Induktion
Einstellung nicht nur automatisch von einem EO auf ein anderes
EO übertragen (d.h. passiv durch Generalisation), sondern auch
durch Denkprozesse (= aktives Herstellen von Relationen, Schlüsse
ziehen, etc.)
Denkprozesse laufen NICHT zufällig ab, ABER sie entsprechen auch nicht
immer den Gesetzen der Logik, daher Bezeichnung „Psychologik“
(ABELSON & ROSENBERG)
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a) para- bzw. psycho-logische Gesetzmäßigkeiten:
1) Umkehrung und psycho-logische Symmetrie:
Syllogismen:
Syllogismus besteht aus 2 Prämissen und einer Konklusion.
In
1.
2.
3.
4.
Logik 4 Arten von Urteilen:
A - Urteile (alle F sind G)
E – Urteile (kein F ist G)
I – Urteile (einige F sind G)
O – Urteile (einige F sind keine G)
durch unterschiedliche Anordnung der F, G, H in den Prämissen
-> 4 syllogistische Figuren.
Fazit: 64 mögliche Kombinationen von Urteilen, aber nur 15
davon lassen eine eindeutige Schlussfolgerung zu!
Experimente von CHAPMAN & CHAPMAN, SELLS &
WOODWORTH:
verwendeten Syllogismen; Ergebnis: nur 20% der VPn gaben
durchschnittlich richtige Antworten
Ö Mehrheit der VPn leiten aus Prämissen, die KEINE Schlüsse
zulassen, dennoch Schlüsse ab.
Erklärung durch 2 psycho-logische Prinzipien:
•
VPn neigen zur Umkehrung von Urteilen (Urteile der VPn
hängen fast ausschließlich von den Urteilstypen der Prämissen
ab, NICHT von der Figur des Syllogismus)
•
Prinzip der gemeinsamen Eigenschaften [= Prinzip der
psycho-logischen Symmetrie]:
- F und H in Prämisse durch positive Relation verbunden -> in
Konklusion durch positive Relation verbunden
- enthält mindestens eine Prämisse negative Relation -> in
Konklusion negative Relation
2) Implikationen:
sind Wenn – dann – Beziehungen zwischen 2 Aussagen. Als
solche NICHT symmetrisch, daher: Umkehrung logisch nicht
zulässig
Ö Tendenz zur Umkehrung von Implikationen nimmt ab,
wenn VP dadurch zu widersprüchlichen Aussagen gelangt.
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
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3) Ordnungsrelationen:
™ Lineare Ordnung zwischen Elementen einer Menge liegt vor,
wenn:
•
•
•
asymmetrische Relation zwischen den Elementen (z.B. F ist
besser als G)
transitive Relation (z.B. aus F ist besser als G und G ist
besser als H folgt: F ist besser als H)
Elemente vollständig geordnet (d.h. für ALLE Paare ist
feststellbar, welcher Teil besser ist)
™ Partielle Ordnung zwischen Elementen einer Menge liegt vor,
wenn:
•
•
•
asymmetrische Relation
transitive Relation
Elemente NICHT vollständig geordnet
BEISPIEL: Familienstammbaum
DE SOTO: Man neigt dazu, lineare Ordnungen auch dort zu
sehen, wo Realität nur partiell oder schwächer
geordnet ist. D.h. man projiziert eindimensionale
Ordnungen in die Realität.
b) Induktive Schlüsse:
Î
Î
Î
Î
sind Schlüsse, die über die gegebene Information
hinausgehen
sind in der Regel unbewusst
sind SEHR häufig
sind von großer Bedeutung für die Meinungsbildung
BEISPIEL:
Man kennt EINEN Ausländer und schließt von dessen
Verhalten auf alle Ausländer.
4 Typen von induktiven Schlüssen (ABELSON):
1. subjektspezifisch aufsteigend
2. objektspezifisch aufsteigend
3. subjektspezifisch absteigend
4. objektspezifisch absteigend
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BEISPIEL:
gegebene kognitive Relationen:
konservativ
Subjekt
verbunden mit Verb
reich
aggressiv
Objekt
kreativ liberal
intelligent
Direktoren
Künstler
Bankdir.
Schuldir.
Fabriksdir.
Maler
Musiker
Dichter
ad 1)
subjektspezifisch aufsteigend:
Bankdirektoren mögen Künstler; daher: Direktoren mögen
Künstler.
ad 2)
objektspezifisch aufsteigend:
Direktoren fördern Musiker, Direktoren fördern Maler;
daher: Direktoren fördern Künstler.
ad 3)
subjektspezifisch absteigend:
Reiche Menschen hassen Künstler, konservative Menschen
hassen Künstler; daher: Direktoren hassen Künstler.
ad 4)
objektspezifisch absteigend:
Direktoren fördern kreative Menschen; daher: Direktoren
fördern Künstler.
Ö Untersuchungen von aufsteigenden Induktionsschlüssen
ergaben (ABELSON):
•
Induktionsschlüsse werden häufig akzeptiert
•
objektspezifische Schlüsse werden häufiger akzeptiert als
subjektspezifische
•
Akzeptanz eines Induktionsschlusses hängt mehr ab von den
verwendeten Verben als von Subjekt und Objekt
•
Verallgemeinerungen von Einheitsrelationen werden öfter
akzeptiert als Verallgemeinerungen von Wertrelationen
2 Arten von kognitiven Relationen (HEIDER):
- Einheitsrelationen (drücken nur sachliche Beziehung zwischen
2 Elementen aus, z.B. haben, ähnlich sein)
- Wertrelationen (schließen Wert- und Gefühlskomponente ein;
z.B. lieben, hassen)
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
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Ö Untersuchungen von absteigenden Induktionsschlüssen
ergaben:
•
absteigende Induktionsschlüsse werden seltener akzeptiert als
aufsteigende
•
subjektspezifische Verallgemeinerungen werden öfter
akzeptiert als objektspezifische
•
Akzeptanz eines Induktionsschlusses hängt stärker von den
Verben ab als von Subjekt und Objekt
•
Verallgemeinerungen von Einheitsrelationen werden bei
absteigenden Induktionsschlüssen seltener akzeptiert als bei
aufsteigenden.
Ö Analyse der Verben in Induktionsschlüssen ergab:
•
positive Wertrelationen:
starke aufsteigende, schwache absteigende induktive Wirkung
•
negative Wertrelationen:
schwache aufsteigende, starke absteigende induktive Wirkung
•
positive Einheitsrelationen:
sehr starke aufsteigende, aber schwache absteigende Wirkung
•
negative Einheitsrelationen:
starke aufsteigende, aber mittlere absteigende Wirkung
Fazit:
„
ist sehr wichtig, weil hier Wechselwirkungen zwischen Sprache
und Denken aufgezeigt wurden
„
Ergebnisse erlauben genaue Vorhersage für Glaubwürdigkeit von
Sätzen und aus ihnen abgeleiteten Induktionsschlüssen
„
Verben spielen zentrale und steuernde Rolle (= Bestätigung für
psychologische Realität von Propositionenstrukturen und
Kasusgrammatik)
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
B) Urteilsheuristiken
202
(KAHNEMAN & TVERSKY)
•
sind einfache Regeln, die oft benutzt werden, um Urteile und
Meinungen zu bilden
•
Vorteil:
- leicht anwendbar
- führen schnell zu Entscheidungen bzw. Urteilen
•
Nachteil:
- führen oft zu Fehlurteilen (vor allem dann, wenn man sich NUR
auf Info über Einzelfall konzentriert und Basisrate außer Acht
lässt!)
a) Repräsentativheuristik:
Ein Objekt wird umso eher einer Kategorie zugeordnet, je mehr
es mit dieser in wichtigen Merkmalen übereinstimmt.
BEISPIEL:
Jemand, der mit weißem Mantel durchs AKH geht wird
für Arzt gehalten (könnte aber auch z.B. ein
Fleischhauer sein)
b) Verfügbarkeitsheuristik:
Je leichter man sich an eine Kategorie oder ein Ereignis erinnert, umso
häufiger scheint es einem aufzutreten.
BEISPIEL:
ABER:
Jemand hat viele Ausländer als Nachbarn -> überschätzt
daher den Ausländeranteil in der Gesamtbevölkerung
Bezeichnung = irreführend, denn es geht weniger um
Verfügbarkeit als um Zugänglichkeit einer Info im
Gedächtnis.
Grad der Zugänglichkeit einer Info im Gedächtnis hängt
ab von:
¾ Häufigkeit der Verwendung (je mehr verwendet, desto
stärkere Gedächtnisspur)
¾ Zeitpunkt der letzten Aktivierung (Aktivierung eines
Knotens endet nicht abrupt, sondern es bleibt
Restaktivierung -> diese ist umso größer, je kürzer letzte
Aktivierung zurückliegt
Experiment von NISBETT & KUNDA:
VPn sollten Häufigkeit von Freizeitaktivitäten bei anderen
Studenten schätzen -> bestimmte Aktivitäten wurde häufiger
geschätzt, als sie tatsächlich waren (aufgrund der eigenen
Freizeitaktivitäten der VPn)
Herkner / Kapitel 4 / Teil 1
203
C) Beziehungen zwischen Meinungen:
Ö Subjektive Wahrscheinlichkeiten folgen ähnlichen
Gesetzmäßigkeiten und zeigen ähnliche Zusammenhänge wie
objektive Wahrscheinlichkeiten. (WYLER)
Ö Existenz des sokratischen Effekts (McGUIRE):
Fragt man VP nach ihren Meinungen, so wird dadurch ihre
Aufmerksamkeit auf eventuelle Widersprüche zwischen ihnen
gelenkt
Î aufgrund des Bedürfnisses nach Konsistenz zwischen
Meinungen, kommt es zu Änderung, damit Meinungen wieder
zusammenpassen
Ö bei mehrmaliger Messung der subjektiven Wahrscheinlichkeit aufeinander
bezogener Meinungen nimmt die Konsistenz der Meinungen zu.
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