Low-Cost-Astronomie - Astronomie Roland Baehr

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Low-Cost-Astronomie mit Webcam
Der Einsatz von Webcams ermöglicht bereits mit einer bescheidenen Ausrüstung
den Einstieg in die praktische Amateurastronomie und die Ausweitung
astronomischer Beobachtungen in den in den Infrarotbereich.
Ein Erfahrungsbericht von Roland Bähr.
Vor etwa einem Jahr, nach Jahrzehnten der Abstinenz, begann ich mich wieder etwas ausgiebiger mit der Astronomie zu beschäftigten. Damals hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich als Folge davon eiskalte Winternächte unter freiem Himmel im Garten verbringen werde – und das auch noch freiwillig und mit wachsender Begeisterung.
Zwar hatte ich schon als Jugendlicher in den 70er Jahren klare Nächte genutzt, um mit
meinem 60mm-Kaufhausrefraktor astronomische Objekte am Himmel zu erkunden, aber nach
einer gewissen Zeit hatte ich so ziemlich alles beobachtet was mir damals bekannt war und
wichtig erschien. Ab und zu habe ich auch mal einen Fotoapparat hinter das Okular gehalten,
jedoch mit sehr unbefriedigenden Ergebnissen. Um die Amateurastronomie weiter zu betreiben, hätte ich wohl konsequent mit Fotografieren anfangen und/oder mir ein besseres
Teleskop zulegen müssen. Beides erschien mir damals zu aufwendig und war auch zu teuer,
so dass mein Refraktor allmählich in der Abstellkammer verschwand und nur noch sehr selten
frische Luft schnuppern konnte.
Eben dieses änderte sich vor einem Jahr schlagartig, nachdem ich im Internet und in diversen
astronomischen Zeitschriften gelesen hatte, dass mit Hilfe einer Webcam auf einfache Weise
brauchbare Fotos von Himmelsobjekten durch ein Teleskop möglich sind. - Das musste ich
ausprobieren - bot sich damit doch die Möglichkeit ohne großen finanziellen Aufwand und
ohne langes Warten auf endlich vollgeknipste Filme, genau an der Stelle weiterzumachen, an
dem ich Jahrzehnte vorher aufgehört hatte.
Ich legte mir also eine geeignete Webcam zu, lud geeignete Auswertsoftware aus dem
Internet (ein Computer war ja vorhanden) und klemmte die Webcam mit Klebestreifen und
Gummiringe hinter das Refraktorokular. Da ich nach meinen bisherigen Photoerfahrungen
keine allzu großen Erwartungen hinsichtlich der Bildqualität hatte, war ich von meinen ersten
Bildern von Mond, Jupiter und anderen Testmotiven völlig begeistert. Die Bilder zeigten
Einzelheiten mindestens so gut, wie der Blick durchs Teleskop. Diese ersten (noch sehr bescheidenen) Ergebnisse haben mich dazu animiert, meine Ausrüstung technisch zu verbessern. Allerdings immer noch unter strengen low-cost Aspekten, da ich zunächst ausloten
wollte was mit so einer einfachen Ausrüstung überhaupt machbar ist.
Meine bisherigen Erfahrungen damit sind im folgenden zusammengestellt. Dabei haben sich
drei Hauptanwendungsbereiche für die Webcam ergeben:
•
Aufnahmen von Mond und Planeten
•
Aufnahmen von Deep-Sky Objekten als auch
•
Aufnahmen im nahen Infrarotlicht – woraus sich möglicherweise neue Untersuchungsgebiet für Amateurastronomen ergeben könnten.
Zu diesen drei Bereichen stelle ich im Folgenden die verwendete Ausrüstung vor - mit entsprechenden Ergebnisbeispielen - und stelle danach eine Möglichkeit vor, Webcams für astronomische Infrarotaufnahmen einzusetzen.
Dabei sehe ich mich keinesfalls als Experte zu den angeführten Punkten. Deshalb sind die
geschilderten Methoden sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Zu jedem der
angeführten Aspekte gibt es sicherlich umfangreiche fundiertere Informationen aus dem
Umfeld der Amateurastronomie. Mir geht es mit meinem Erfahrungsbericht vielmehr darum
•
zu zeigen, dass ernsthafte Amateurastronomie nicht zwangsläufig mit großen und
teuren Teleskopen etc. verbunden sein muss,
•
durch meine Schilderungen an Astronomie interessierte Personen zu eigenen Beobachtungen zu ermutigen, und
•
Amateurastronome zur Erweiterung ihres bisherigen Beobachtungsfeldes anzuregen
und das mögliche Einsatzspektrum von Webcams auszuloten.
Verwendete Ausrüstung
Je nach Untersuchungsobjekt klemme ich meine Webcam (TouCam Pro 740K von Philips)
hinter den alten 60/900-Refraktor oder hinter diverse Teleobjektive. Über die Methodik beim
Einsatz von Webcams für astronomische Aufnahmen will ich mich hier nicht weiter
auslassen, da es hierzu zahlreiche und sehr gute Anleitungen und Erfahrungsberichte im
Internet und in astronomischen Zeitschriften etc. gibt.
Zur Verbesserung der Bildqualität meiner Aufnahmen verwende ich häufig einen InfrarotSperrfilter -mehr dazu im Abschnitt zu den „IR-Fähigkeiten einer Webcam“.
Sicherlich ist für Webcam-Aufnahmen am Teleskop ein Notebook aufgrund seiner Mobilität
bequemer als ein PC – ich habe allerdings sämtliche meiner bisherigen Bilder mit einem PC
im Garten hinter unserem Haus aufgenommen.
Sonne, Mond und Planeten
Für Aufnahmen von hellen Objekten, die eine hohe Vergrößerung erfordern bzw. erlauben,
wie Planeten, Sonnenflecken oder Mondkrater (evtl. auch Doppelsterne) verwende ich den
Apollo-Refraktor (60mm/900mm) von Quelle - Baujahr ca. 1970 (kostete damals um die
300.-DM). Die zugehörige parallaktische Montierung erlaubt eine schnelle und einfache
Einstellung der Objekte. Die Webcam wird ohne ihr eigenes Objektiv mit einem
entsprechenden Adapter und dem IR-Sperrfilter in den Okularauszug des Refraktors gesteckt
(zukünftig will ich mir zur Hervorhebung von Oberflächdetails auf Planeten noch einige
Farbfilter zulegen) - und los gehts!
Abbildung 1:
Aufnahmen von Saturn, Jupiter und Mond (Mosaik aus 12 Einzelbildern) mit
Webcam und 60/900-Refraktor
Sternfelder/Deep-Sky-Aufnahmen
Für die meisten Deep-Sky-Aufnahmen mit der Webcam ist der 60/900-Refraktor aus
folgenden Gründen ungeeignet:
•
Bei 900mm Brennweite ist mit dem winzigen CCD-Chip der Webcam nur ein sehr
kleiner Himmelsauschnitt erfassbar (ca. 10 Bogenminuten mal 15 Bogenminuten) so
dass größere Objekte wie offene Sternhaufen oder Sternfelder nur in kleinen
Ausschnitten erfasst werden können.
•
Sterne werden auf dem CCD-Chip als kleine Scheibchen abgebildet. Bei der relativ
hohen Vergrößerung (entspricht ca. 150fach visuell) im Verhältnis zur kleinen
Öffnung des Teleskops werden diese Scheibchen so groß, dass sich das Licht eines
Sterns auf viele CCD-Pixel verteilt und deshalb schwächere Sterne auf den
bearbeiteten Bildern kaum sichtbar werden (im „Live“-Bild auf dem Computer ist die
Grenzgröße kaum besser als 7mag, auf den bearbeiteten Endbildern ca. 9-10mag).
•
Ausgedehnte Objekte mit relativ geringen Flächenhelligkeiten (Galaxien, Gasnebel,
Planetarische Nebel) verschwinden trotz hoher Gesamthelligkeit völlig im
Hintergrundrauschen des Chips.
Aus diesen Gründen habe ich mir zwei Photoobjektive mit kürzeren Brennweiten und
größerem Öffnungsverhältnis zugelegt (50mm/f1,7 und 135mm/f2,8 – so was ist bei
Internetauktionen in Preislagen von 5 bis 15 Euro erhältlich). Als 1¼-Zoll-Adapter für die
Webcam habe ich die Anschlussdeckel der Objektive durchbohrt und geeigneten Rohrstücke
aus Kunststoff oder Holz angeschraubt.
Für Himmelsaufnahmen wurde das jeweilige Teleobjektiv plus Webcam am Refraktortubus
oder an der Montierung befestigt (am Anfang mit Klebestreifen, später mit Schellen aus
Holz). Da jedoch während den Aufnahmen keine Nachführung erfolgt und bei den kleinen
Brennweiten ein größerer Himmelsausschnitt abgebildet wird (im 50er-Objektiv ca.
3,4°x4,5°; im 135er-Objektiv ca. 1,2°x1,7°), der sich nur relativ langsam über das Bild be-
wegt, würde als Montierung auch eine einfache Holzkonstruktion oder ähnliches ausreichen
(die Grenzgrößen der gerade noch erkennbaren Sterne liegen bei diesen Aufnahmen – bei
entsprechender Erhöhung der Bildhelligkeit – zwischen 10-11mag).
Mit dieser Ausrüstung ist es bereits möglich helle Gasnebel (z.B. Orionnebel), helle Galaxien
(z.B. Andromedanebel), helle Kugelsternhaufen (z.B. M13) und Sternhaufen abzubilden (vgl.
Abbildung 2). Darüber hinaus können durch mehrere Aufnahmen desselben Objekts innerhalb
eines geeigneten Zeitraums Positionsänderungen von Asteroiden und Planetenmonde oder die
Helligkeitsschwankungen von veränderlichen Sternen beobachtet und ausgewertet werden.
Abbildung 2:
Aufnahmen von Orionnebel, Kugelsternhaufen M13 und Doppelsterhaufen
h+χ Perseus mit Webcam und 135/f2.8 Teleobjektiv
IR-Fähigkeiten der Webcam
Für erste Tests mit Webcam und Teleskop habe ich terrestrische Objekte wie Blumen oder
Bäume aufgenommen. Nach dem Fokussieren der Objekte war ich zunächst enttäuscht über
die blassen Farben und den geringen Kontrast der sich mir auf dem Bildschirm bot. Ich
staunte allerdings nicht schlecht, als ich am Okularauszug weiterdrehte und in einer anderen
Stellung ein weiteres scharfes und ebenso farben- und kontrastarmes Bild erhielt. - Wie
kommt denn sowas zustande? Bei visuellen Beobachtungen habe ich sowas nie beobachtet,
also muss es wohl mit der Webcam zusammenhängen. Des Rätsels Lösung liegt tatsächlich in
den technischen Eigenschaften der Webcam. Der CCD-Chip meiner Webcam ist nämlich
nicht nur im visuellen Bereich des Lichts hochempfindlich, sondern auch für einen Teil des
infraroten(IR) Lichts. Da das IR-Licht jedoch weniger stark von den Glaslinsen des Fernrohrs
oder der Teleobjektive gebrochen wird als das sichtbare Licht, liegt der IR-Fokus auch in
einem anderen Abstand hinter dem Objektiv als der sichtbare Fokus (das tritt bei einem
„reinen“ Spiegelteleskop - ohne Linsen - nicht auf, da ein Spiegel alle Spektralfarben auf den
gleichen Brennpunkt fokussiert). Dieser Effekt ist insbesondere bei Pflanzen gut sichtbar, da
das Chlorophyll der grünen Blätter IR-Licht gut reflektiert.
Die folgenden Bilder von einem Rosenstrauch und einem Waldstück zeigen dies. Die
Beispiele sind aufgenommen mit der Webcam plus Teleobjektiv 300mm/f8. Bei beiden
Motiven wurden zwei (mehr oder weniger) scharfe Bilder jeweils im sichtbaren Fokus und im
IR-Fokus eingestellt. Dabei ergibt sich jeweils eine Überlagerung von dem sichtbaren
Lichtanteil und dem IR-Anteil, was zum einen den Farbkontrast erheblich vermindert und
zum anderen eine Art „Weichzeichnereffekt“ verursacht. Filtert man den IR-Anteil mit einem
IR-Sperrfilter aus, resultiert ein erheblich kontrastreicheres und farbenfroheres visuelles Bild
(Abb. 3a).
Da sich beim Einbau des IR-Sperrfilters die Justierung des Teleobjektivs etwas verschoben
hat stimmt das Motiv mit Filter nicht exakt mit den Bildern ohne Filter überein. Die
Auswirkungen auf die Bildqualität sind jedoch bei allen beobachteten Motiven vergleichbar
und reproduzierbar.
Sichtbarer Fokus
IR-Fokus
mit IR-Sperrfilter
a)
b)
Abbildung 3:
Auswirkungen von IR-Sperrfilter bei terrestrischen Webcam-Aufnahmen
Bei der „Wald“-Serie wird der Effekt besonders deutlich (Abb. 3b):
•
Im sichtbaren Licht sind lediglich die sonnenbeschienenen
einigermaßen scharf. Die Umgebung ist dagegen unscharf.
•
Im Infraroten wird auch das Laub schärfer abgebildet. Dabei werden schwarze (von
der Sonne nicht beleuchtete) Baumstämme sichtbar, vermutlich aufgrund des reflektierten IR-Lichts aus dem Hintergrund.
•
Das Bild mit dem IR-Filter zeigt (relativ scharf und kräftig) das Grün des Waldes und
die sonnenbeschienen Baumstämme, die „schwarzen Stämme“ sind fast völlig
verschwunden.
Baumstämme
Von einem Hobbyphotographen erfuhr ich, dass belichtete (schwarze) Negativfilme das IRLicht durchlassen. Sofort habe ich mir aus geeigneten Filmresten und Plastik-Schraubverschlüsse einen passenden IR-Durchlassfilter gebaut und damit das folgende Baum-Motiv
aufgenommen (Objektiv: 135mm/f4). Links mit gekauftem IR-Sperrfilter, rechts mit
selbstgebasteltem IR-Durchlassfilter. Im IR-Licht erscheinen die dunkelroten Blätter sehr hell
und der helle, blaue Himmel nahezu schwarz.
Abbildung 4:
Auswirkungen von IR-Sperrfilter/IR-Durchlassfilter bei Webcam-Aufnahmen
Erste IR-Sternfeldaufnahmen
Nach diesen ersten Eindrücken mit terrestrischen Motiven war ich sehr gespannt, welche
Unterschiede im Visuellen und IR sich bei Aufnahmen von astronomischen Objekten zeigen.
Da ein glühendes Objekt wie ein Stern in allen Wellenlängebereichen Strahlung aussendet
und der Anteil des IR-Lichts bei kühlen Objekten größer ist als bei heißen, sollten Sterne mit
unterschiedlichen Spektraltypen in visuellen Aufnahmen andere Helligkeitsunterschiede
zeigen wie auf IR-Bildern.
Um das nachzuprüfen habe ich ein paar Himmelsausschnitte mit hohen Sterndichten
ausgesucht, davon jeweils ein visuelles und ein IR-Bild aufgenommen und die Helligkeiten
der Sterne auf beiden Bildern verglichen.
Methoden
Für die Aufnahme der Bilder habe ich zwei Methoden angewandt:
1. Analog den Bildern in Abbildung 3 erfolgten ohne irgendwelche Filter jeweils ein Bild
im visuellen Fokus und ein Bild im IR-Fokus (dabei erhalten Sterne mit hohem IRIntensität im visuellen Fokus einen Hof aus nicht fokussiertem IR-Licht und visuell
helle Sterne haben analog im IR-Fokus einen Hof vom sichtbaren Lichtanteil – vgl.
Abb. 5). Diese Methode hat den Vorteil, dass kein Filterwechsel zwischen den
Aufnahmen erforderlich ist.
2. Analog den Bildern auf Abbildung 4 wurden Bilder einmal mit IR-Sperr- und einmal
mit IR-Durchlassfilter aufgenommen. Dabei entsehen keine Höfe um die hellen Sterne
– aber die Durchführung ist (zumindest mit meiner Ausrüstung) etwas aufwendiger
(Okular und Filteraus- und -Einbau und evtl. Neueinstellung der Montierung).
Hinsichtlich der anschließend durchgeführten Helligkeitsvergleiche sind beide Methoden
verwendbar und liefern dieselben Ergebnisse.
Von dem betreffenden Sternfeld habe ich nun jeweils das visuelle Bild mit dem IR-Bild
verglichen und nach auffälligen Helligkeitsunterschiede gesucht. Solche Unterschiede wurden
mit den zugehörigen Spektraltypen verglichen wobei ich die Aufnahmen dem entsprechenden
Sternfeld einer Sternkarte (z.B. Guide8) gegenüberstellte. Besonders auffällige Objekte habe
ich versucht mittels der Sternkarte zu identifizieren (eine eindeutige Zuordnung war nicht
immer möglich) und weiter recherchiert.
Visueller Fokus
Abbildung 5:
IR-Fokus
Visuelle- und IR-Aufnahmen am Beispiel der Plejaden mit einem 50mm/f1.7Objektiv. Auf dem IR-Bild sind drei Objekte mit hohen IR-Intensitätsanteilen
durch Pfeile markiert.
Ergebnisse
Auf den IR-Bildern sind erheblich weniger Sterne zu erkennen wie auf den visuellen Bildern.
Einige wenige Sterne treten auf den IR-Bildern deutlicher hervor. Die meisten schwächeren
Sterne sind zwar im Visuellen sichtbar, nicht mehr jedoch im IR. Diese Beobachtungen sind
nicht überraschend, da bei den üblichen Oberflächentemperaturen der Sterne das Maximum
der Strahlung im sichtbaren Licht liegt und nur bei kühlen Sternen ein gegenüber dem
Visuellen vergleichbarer oder höherer IR-Anteil zu erwarten ist.
Anmerkung: Eine hellere Abbildung auf meinen IR-Bildern muss allerdings nicht
zwangsläufig heißen, dass die Strahlungsintensität im IR größer ist. Für die abgebildete
Helligkeit spielen nämlich auch Faktoren wie die Empfindlichkeit des Chips im IR und
Visuellen und die spektrale Durchlässigkeit der Filter eine Rolle sowie die unterschiedlichen
Aufnahmeparameter und Bearbeitungsschritte der Bilder. Diese Faktoren sind mir zum Teil
nicht bekannt bzw. waren nicht immer identisch.
Merkwürdig war allerdings, dass einige wenige Sterne, die auf den visuellen Bildern gar nicht
oder nur kaum sichtbar waren, im IR sehr deutlich hervortraten. Selbst unter Berücksichtigung der in der Anmerkung genannten Unsicherheiten müsste demnach die IR-Intensität dieser
Sterne um ein Vielfaches größer sein als die visuelle Intensität. Sollte dies aus einer niedrigen
Oberflächentemperatur der Sterne resultieren, so müsste diese unwahrscheinlich niedrig sein.
Auswertung und Interpretation
Diese Auffälligkeiten haben mich veranlasst der Sache auf den Grund zu gehen. Nachdem ich
mit Hilfe der Sternkarte mögliche Kandidaten für die IR-Objekte gefunden hatte, suchte ich
im Internet nach weitern Informationen. Danach lassen sich sämtliche auffälligen „IRObjekte“ auf meinen bisherigen Sternfeldaufnahmen mit veränderlichen Sternen der Spektraltypen M0-M7 korrelieren (meist irreguläre oder langperiodische Typen - Beispiele: W Tau, V
1975 Cyg, SY Tau, BK Tau, S Per, BU Per). Auch wenn diese Sterne aufgrund ihres
Spektraltyps eine niedrige Oberflächentemperatur aufweisen (um 3000°K), erscheint deren
Infrarotintensität auf meinen Bildern immer noch unbegreiflich hoch.
Eine mögliche Erklärung hierfür erhielt ich schließlich durch Diskussionen mit Veränderlichen-Experten und aus der Literatur (z.B. in Voigt „Abriss der Astronomie“ oder
Hoffmeister „Veränderliche Sterne“). Demnach sind bei einigen Sternen hohe Intensitätsverhältnisse zwischen IR und Visuell nicht ungewöhnlich. Es wird angeführt, dass sich bei
einigen Veränderlichen mit niedrigen Oberflächentemperaturen möglicherweise zeitweise
wolkenartige Strukturen aus Kohlenstoff bilden, die das sichtbare Licht erheblich absorbieren,
ohne dass sich die gesamte Strahlungsleistung des Sterns im gleichen Ausmaß verringert. Das
könnte eine erhebliche Verschiebung der Strahlungsintensität ins IR bedeuten und meine
Beobachtungen erklären.
Ausblick
Mit der Darstellung meiner Erfahrungen beim Einstieg in die „Video“-Astronomie will ich
die Bereicherung für Hobbyastronomen aufzeigen, die sich m.E. durch den Einsatz neuer
elektronischer Hilfsmittel wie Webcam mit entsprechender Auswertsoftware und Rechercheöglichkeiten im Internet ergeben.
Meine Anregungen richten sich sowohl an Amateurastronomen, als auch an Einsteiger in die
Astronomie oder entsprechend Interessierte. Insbesondere diejenigen, die vor einer weiteren
praktischen Beschäftigung mit der Materie aufgrund der hohen Kosten für die Anschaffung
eines guten Amateurausrüstung zurückschrecken. Bereits für wenig mehr als 100 Euro für die
Anschaffung einer Webcam, IR-Sperrfilter, Photoobjektiv und Adapter (ich denke ein
geeigneter PC kann als vorhanden vorausgesetzt werden) sowie etwas Bastelgeschick, kann
mit der systematische Erforschung des Sternenhimmels begonnen werden. Mit der Investition
in der Größenordnung eines Kaufhausteleskops können darüber hinaus bereits erste Bilder
von Planten und Mond erzielt werden, wie sie noch vor der Webcam-Ära nur mit einem
erheblich größeren instrumentellen Aufwand möglich waren
Selbst mit den beschriebenen einfachen Mitteln können bereits Beobachtungen gemacht
werden, die weit in die Astronomie hineinführen. Neue astronomische Erkenntnisse werden
sich mit solchen Untersuchungen zwar kaum erzielen lassen, jedoch können sie eine intensiven Auseinandersetzung mit astronomischen und astrophysikalischen Fragestellungen
bewirken, was beispielsweise für mich eine wesentliche Motivation darstellt.
Darüber hinaus erscheint es auch möglich selbst mit den geschilderten einfachen Mitteln
echte Forschung zu betreiben. Die geschilderten IR-Beobachtungen können in diesem
Kontext als Basis für weiterführende Untersuchungen dienen. Beispielsweise kann durch
systematische Beobachtung und Aufzeichnung der Helligkeitsänderungen von veränderlichen
Sternen sowohl im Visuellen wie im Infraroten, wissenschaftlich verwertbare Beiträge zur
Erforschung veränderlicher Sterne geleistet werden.
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