viele neue anwendungsfelder

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ELEKTROTECHNIK/INDUSTRIEELEKTRONIK
Julia Horn und ihr Vater Ernst Gehrung
führen die Geschicke des Widerstandsherstellers Frizlen aus Murr. Das Unternehmen
wurde in diesem Jahr 100 Jahre alt.
Foto: Erik Schäfer
„VIELE NEUE
­ANWENDUNGSFELDER“
von Erik Schäfer: 100 Jahre, vier Generationen, Widerstand von Anbeginn – was macht
Frizlen aus Murr so stark? Wie kann sich ein Produkt über ein Jahrhundert im Markt
halten? K&E besuchte das Unternehmen zum Jubiläum und fragte nach.
Julia Horn, Geschäftsführende Gesellschafterin
Der Trend der stärkeren Individualisierung von
Antrieben, der zu einer Abnahme der Serien­
größen führt, ermöglicht uns, unsere Stärken
in der Kleinserienfertigung auszuspielen.«
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MACHER Märkte Technologien
Konstruktion & Entwicklung 06 | 2014
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s ist ein besonderer Tag für den geschäftsführenden Gesellschafter,
Ernst Gehrung (3. Generation) und seine Tochter, die geschäftsführende Gesellschafterin Julia Horn (4. Generation). 100 Jahre, ein Unternehmen
kurz nach Ausbruch des 1. Weltkrieges gegründet, das klingt nach einem
Haufen Schwierigkeiten und dem unbändigen Willen zum Erfolg. Heute
spielen elektrische Leistungswiderstände die tragende Rolle bei Frizlen.
Es zeigt sich auch hier: Qualität und ein Ohr für die Kunden zahlen sich
aus – auch in der Zukunft.
Frau Horn, seit 2011 führen Sie gemeinsam mit Ihrem Vater Ernst Gehrung die
Geschicke Ihres Unternehmens. Was macht Ihr Unternehmen aus, was macht
es stark?
JULIA HORN: Wir kennen unseren Markt sehr genau und unsere
Kunden. Wir sehen uns als Lösungsanbieter, der auf die Anwendungen seiner Kunden eingeht und ihnen bezüglich elektrischer und auch
mechanischer Spezifikationen genau das anbietet, was sie brauchen.
Etwa fünfzig Prozent unseres Geschäftes machen inzwischen diese
kundenspezifischen Lösungen aus. Wir zählen viele Marktführer zu unseren Kunden und die wissen, dass wir schnell auf ihre Anfragen durch
Angebote und Muster reagieren können. Oftmals sind unsere Widerstände eindesigned in die Serienprodukte unserer Kunden und laufen
dort über viele Jahre in der Serie. Was uns auch noch auszeichnet, sind
neben der großen Fertigungstiefe natürlich unsere Widerstandsexperten – die gut ausgebildeten, langjährigen Mitarbeiter.
Herr Gehrung, wenn man Ihr heutiges Produktportfolio ansieht, fällt auf, dass
Sie sich auf ein Thema spezialisiert haben: Elektrische Widerstände. Was hat
sich in Ihrer Zeit im Unternehmen technologisch besonders getan? Welche
Meilensteine wurden erreicht?
ERNST GEHRUNG: Wir haben angefangen mit drahtgewickelten offenen Widerständen, die zunächst einmal die Schutzklasse IP00 hatten
und dann im Laufe der 1980er Jahre in ein Schutzgehäuse eingebaut
werden mussten (Anm. d. Red.: Berührungsschutz bei spannungsführenden Bauteilen). Damit begannen wir uns eine Kompetenz in
der Blechfertigung aufzubauen und haben uns damit bis heute einen
klaren Wettbewerbsvorteil erarbeitet. Die zweite Entwicklung war der
Übergang von den drahtgewickelten, zu den gestanzten Stahlgitterwiderständen. Einerseits, um den Leistungsbereich in den Bereich
von mehreren hundert Kilowatt heraufzutreiben und andererseits, um
auch preiswertere Widerstände am Markt anbieten zu können. Denn
die gestanzten Stahlgitterwiderstände erlauben eine höhere Automatisierung der Fertigung. Eine weitere Entwicklung sind die drahtgewickelten Widerstände in einem Schutzgehäuse, die auch außerhalb
des Schaltschrankes angebracht werden können und die wir heute von
Schutzart IP54 bis maximal IP67 anbieten. Diese Widerstände können
damit etwa auch an Maschinen für Lebensmittelanwendungen eingesetzt werden und auch die obligatorische Dampfstrahlreinigung am
Abend überstehen. Schutzart IP54 hat gleichzeitig Miniaturisierung
bedeutet. Damit konnten wir einem weiten Trend der Leistungselektronik folgen, immer größere Leistungen in immer kleineren Volumina
unterzubringen.
Im Maschinenbau sind Ihre Leistungswiderstände stark vertreten. Was sind
die Besonderheiten dieses Marktes im Bezug auf Ihre Produkte?
ERNST GEHRUNG: Im Maschinenbau ist das sehr häufig unsere Fähigkeit und der Wille, auf Kundenwünsche dezidiert einzugehen. Ein
Beispiel ist die Firma Liebherr, die inzwischen all ihre Kräne umgerüstet hat von Schleifringläuferantrieben auf Frequenzumrichterantriebe.
Liebherr hat früher Bremswiderstände mit den Frequenzumrichtern
bezogen aber dabei das Volumen, das in ihrem Schaltschrank zur
Verfügung stand, nicht optimal nutzen können. Wir haben für Liebherr
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Ernst Gehrung, Geschäftsführender Gesellschafter
Auch heute noch werden immer mehr Antriebe
vom ­ungeregelten Drehstromkurzschlussläufer
auf den ­geregelten Drehstromkurzschlussläufer
umgestellt.«
dann eine spezielle Lösung entwickelt. Inzwischen ist es so, dass wir
den Bauraum und die Leistung vorgegeben bekommen. Da kommen
dann ganz unterschiedliche Bauformen heraus, was die Gehäuse oder
die Anordnung der Widerstände betrifft. Ein Vorteil dabei für uns ist,
dass wir unsere Stahlgitter-Standardelemente verwenden können –
einerseits Serie, was das einzelne Bauelement betrifft, andererseits
kundenspezifisch, was die spezielle Anordnung betrifft. Für Demag
zum Beispiel haben wir die Widerstände für unterschiedliche Motoren
in nur ein Gehäuse gepackt.
Damit hat man nur noch ein Widerstandsmodul zu montieren und alle
Anschlüsse auf einer Klemmleiste. Zu diesen kundenspezifischen Lösungen kommen noch die unterschiedlichen Normungen, wie etwa die
US-amerikanische UL, die zu erfüllen sind für den Exportmarkt. Auch
hier können wir die strenge UL-Zulassung erfüllen.
Herr Gehrung, Sie erkannten in den 1980er Jahren das Potenzial der elektrischen Antriebstechnik im Maschinen- und Anlagenbau für Ihre Leistungswiderstände. Wie können Sie Ihre Kunden bei der Auslegung der passenden
Widerstände unterstützen?
ERNST GEHRUNG: Bei der Auslegung der Bremswiderstände können
wir zum Einen auf die Marktkenntnis zurückgreifen. Man kennt die
Auslegung, die Betriebsweise und weiß von daher, welche Anforderungen auf den Widerstand zukommen. Zum Anderen, bei Unklarheiten
was die Auslegung angeht, greifen wir auf unsere Simulationssoftware
zurück, die wir mit empirisch ermittelten Wärmeübergangskoeffizienten gefüttert haben. So können wir ein thermisches Modell aufbauen,
das der Wirklichkeit so nahe wie möglich kommt.
Wenn aber gefordert, dann bauen wir Muster und testen diese in unserer eigenen Versuchsanlage. Im Zusammenhang mit eigensicheren
Widerständen hat sich gezeigt, man kann viel rechnen. Aber es geht
nichts über die praktische Erfahrung, um wirklich sicher zu sein, dass
man das Ziel erreicht hat.
Für Neu- und Eigenentwicklungen braucht es Testapparaturen und Prüfmöglichkeiten. Wie sind Sie hier ausgestattet?
JULIA HORN: Wir haben in ein neues Prüflabor mit modernster Leistungselektronik investiert. Hier sind Spannungshöhe, Spannungsform
und Frequenzen in weitem Bereich veränderbar, insbesondere für
Kurzzeitbelastung im ED-Betrieb und einmalige Belastungen.
Bis in welche Bereiche können Sie hier prüfen?
ERNST GEHRUNG: Die ganz großen Belastungswiderstände können
wir mit dieser Einrichtung nicht prüfen. Wir haben eine extra Spannungsversorgung für unser Werk 2 mit eigenem Abgang, sodass wir da
große Belastungswiderstände mit einigen Hundert kW testen können.
Bei unserem modernen Prüflabor hier im Werk können wir bis 50 Kilowatt Dauerbelastung gehen.
JULIA HORN: Für einen großen Belastungstest haben wir uns auch
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Drahtdrehwiderstände erleben
derzeit eine
Renaissance im
Lehrmittelmarkt
und zählen neben
den Lamellenund Rohrwiderständen zu
den ältesten
Produktreihen bei
Frizlen.
Foto: Erik Schäfer
schon mal ein Dieselaggregat auf den Hof gestellt. Da hatten wir 500 kW zu testen.
Ob die Elektrifizierung von mobilen Maschinen,
Hybridantriebe oder Elektromobilität, hier spielt
die Leistungselektronik eine wichtige Rolle. Welche
technologischen Tendenzen sehen Sie gerade in
diesen Bereichen für Ihr Produktportfolio?
JULIA HORN: Der Trend der stärkeren Individualisierung von Antrieben, der zu einer
Abnahme der Seriengrößen führt, ermöglicht
uns, unsere Stärken in der Kleinserienfertigung
auszuspielen. Speziell im Bereich mobiler
Maschinen haben wir die Tendenz, dass die
Antriebe immer kompakter werden müssen
und damit auch die Bremswiderstände. Hier
haben wir mit unseren Flachwiderständen,
den kompakten Glimmer-Widerständen, die
passende Produktgruppe für kompakte und
variable Abmessungen.
ERNST GEHRUNG: Wenn in diesen kompakten
Antrieben eh eine Flüssigkeitskühlung vorhanden ist, bietet es sich an, die Bremswiderstände
auch mit Flüssigkeiten wie Wasser oder Öl zu
kühlen.
Noch ist die Rückspeisung von Energie ins Netz
aufwändig und teuer, Bremswiderstände müssen
die überschüssige Energie abbauen. Doch auch hier
geht die Entwicklung weiter – eine Gefahr für Ihr
Geschäft?
ERNST GEHRUNG: Es wird sicher Fälle geben,
wo wir heute noch Antriebe mit Bremswiderständen haben und die dann auf Rückspeisung
umgebaut werden. Aber das wird nicht für
jeden Antriebsfall möglich sein. Gründe dafür
sind: Es muss sich wirtschaftlich rechnen. Es
gibt zweitens Fälle, wo es energetisch gar nicht
sinnvoll ist auf Rückspeisung umzuschalten.
Das gilt auch für Antriebe, die vermeintlich
dafür prädestiniert wären, wie für Aufzüge.
Rückspeisung bedeutet, dass ich einen zusätzlichen Wechselrichter mit IGBTs verwenden
muss anstelle einer ungesteuerten Diodenbrücke. Schaltbare Halbleiter haben aus physikalischen Gründen eine höhere Durchlassspannung und dadurch eine höhere Verlustleistung
und das nicht nur beim Bremsen, sondern
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Ein Trend sind komplette
Widerstandsmodule
mit Widerständen
(Flachwiderstände im
blauen Aluminiumkühlgehäusen bis Schutzklasse IP67) und einem
Schaltgerät (Schütz +
Relais), an das z.B. Motoren via Stecker direkt
angeschlossen werden
können.
Foto: Erik Schäfer
auch beim Antreiben. Ich muss diese Verlustleistung beim Bremsen
ausgleichen und dann beginnt überhaupt erst die Wirtschaftlichkeitsrechnung. Durch die Gegengewichte in Aufzügen kommt es zu sehr
wenigen Bremsvorgängen. Nur wenn der Fahrkorb mehr belastet ist als
das Gegengewicht, muss überhaupt gebremst werden. Das heißt, der
Aufzug müsste schon sehr hoch frequentiert werden, damit eine solche
Rechnung überhaupt aufgehen könnte. Insbesondere bei kleineren
Antriebsleistungen, kleiner als fünf kW, geht die Rechnung nicht auf.
Frau Horn, Herr Gehrung, Bremswiderstände sind kein Hightechprodukt. Wie
sieht es da mit der südostasiatischen Konkurrenz aus?
ERNST GEHRUNG: Es gibt Importe aus Taiwan oder Korea von kleineren, gekapselten Widerständen. Bei hohen Stückzahlen ab eintausend
aufwärts machen diese uns Bauchschmerzen. Aber im Augenblick ist
diese Gefahr noch nicht wirklich spürbar, wahrscheinlich, weil man in
Asien in noch größeren Stückzahlen denkt, als sich am Antriebsmarkt
realisieren lassen. Wir haben mit vielen unserer Kunden Lieferverträge
zu just-in-time Lieferverfahren. Im kürzesten Fall liefern wir innerhalb
von zwei Tagen. Das bekommen Sie aus China natürlich auch nicht.
Noch einen kleinen Blick in die Zukunftsmärkte...
JULIA HORN: In der Energietechnik gibt es viele Anwendungsfelder,
zum Beispiel Kippschwingungsbedämpfung in Schaltanlagen oder
auch FRT-Widerstände (Anm. d. Red.: Fault-Ride-Through = bei kurzzeitigem Netzausfall oder Blitzeinschlag fährt die Anlage sozusagen
durch den Fehler durch, ohne abgeschaltet werden zu müssen) in der
Windkraft, die eher Wachstumsmärkte sind. Zudem werden Belastungswiderstände für die dezentrale Energieerzeugung mehr werden,
da die EVU die Erprobung von Notstromaggregaten mit Netzeinspeisung nicht mehr zulassen, um die Netzstabilität nicht zu gefährden.
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Zum Unternehmen
1914 gründet Carl Frizlen, damals Leiter der Ludwigsburger Oberleitungs­
bahnen, das Unternehmen Elektron. 1945 steigt sein Sohn Karl Frizlen ins
Unternehmen ein. 1972 zieht das Unternehmen aus der Stadt Ludwigsburg
ins nahegelegene Murr, um mehr Platz für die Produktion zu haben. Die
Planungen dafür oblagen dessen Sohn Ernst Gehrung, der zunächst bei BBC
arbeitete und dann 1980 die Unternehmensleitung übernahm. Seit 1982
firmiert das Unternehmen unter Frizlen GmbH & Co. KG. 2011 folgte Ernst
Gehrung seine Tochter Julia Horn in die Geschäftsführung. Beide führen das
Unternehmen als Team. Frizlen beschäftigt rund 100 Mitarbeiter und liefert
elektrische Widerstände an renommierte Kunden, wie ABB, Bosch Rexroth,
Siemens, SEW und viele mehr. Die Fähigkeit, kundenspezifische Lösungen,
auch ganze Module, entwickeln und herstellen zu können, die Flexibilität
sowie die Kompetenz in der Blechfertigung für Gehäuse sind Erfolgsgaran­
ten für das 100-jährige Unternehmen – auch international.
www.frizlen.com
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