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TAGUNGSBEITRAG
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R. Schroedter, F. Beuer, K. J. Erdelt, J. Schweiger, W. Gernet1
Belastbarkeit glasfaserverstärkter Kompositbrücken in Abhängigkeit von Brückenspanne
und Verblendkomposit
Ziel dieser In-vitro-Studie war es zu überprüfen, ob auch viergliedrige mit dem Fasermaterial Vectris (Ivoclar-Vivadent) verstärkte
Brücken den hohen Kaukräften im Seitenzahnbereich standhalten, und ob das Verblendkomposit Sinfony (3M Espe) im Vergleich mit dem bereits vielfach untersuchten Material Targis (Ivoclar-Vivadent) gleichermaßen geeignet ist. Hierzu wurden insgesamt 40 drei- bzw. viergliedrige glasfaserverstärkte Seitenzahnbrücken hergestellt, thermowechselbelastet und im Kausimulator mechanisch gealtert. Anschließend erfolgte die Bruchbelastung mittels einer Universalprüfmaschine. Keine Brücke wurde
durch die thermischen und mechanischen Belastungen dezementiert oder beschädigt. Alle Frakturen traten im Bereich der
Verblendung auf, in keinem Fall kam es zum Bruch der Fasern.
Die Bruchfestigkeiten waren am höchsten für dreigliedrige Brücken mit der Kombination Targis/ Vectris (1300 N) und Sinfony/
Vectris (1209 N), gefolgt von viergliedrigen Brücken mit dem Verblendkomposit Targis (1152 N) und Sinfony (1136 N). Es ergaben
sich keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zwischen einem drei- bzw. viergliedrigen Brückendesign und keines der Verblendkomposite zeigte eine signifikant höhere Belastbarkeit.
Schlüsselwörter: Glasfaserverstärkung, Verblendkomposit, Brücken, Bruchfestigkeit, In-vitro-Untersuchung
Fracture resistance of fiber-reinforced composite bridges
depending on span length and veneering composite. The
aim of this in-vitro study was to evaluate if four-unit bridges reinforced with the fiber material Vectris (Ivoclar-Vivadent) would resist the heavy occlusal stress in the molar region and if the veneering composite Sinfony (3M Espe) works as well as the well
documented material Targis (Ivoclar-Vivadent). Therefore a total
of forty three- and four-unit fiber-reinforced fixed partial dentures were fabricated. After thermocycling and mechanical alteration they were loaded until failure in a universal testing machine. All bridges showed no sign of cementation loss or damage after thermal and mechanical loading. All fractures occurred
within the veneering composites. In no case the framework material fractured. The highest fracture strength was measured for
three-unit bridges with the combination Targis/ Vectris (1300 N)
and Sinfony/ Vectris (1209 N) followed by four-unit fiber-reinforced bridges with the veneering composite Targis (1152 N) and
Sinfony (1136 N). There were no significant differences in fracture resistance between the three- or four-unit fiber-reinforced
bridges and none of the two veneering composites showed a
significant higher fracture resistance.
Keywords: fiber-reinforcement, veneering composite, bridges,
fracture resistance, in-vitro evaluation
¹
Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Ludwig-Maximilians-Universität München
(Direktor: Prof. Dr. W. Gernet)
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 61 (2006) 3
1 Einleitung
Im Rahmen prothetischer Rehabilitationen wird der behandelnde Zahnarzt regelmäßig mit Zähnen konfrontiert, die zu
Behandlungsbeginn eine fragliche Prognose aufweisen. Vor
einer endgültigen Versorgung benötigen diese prothetischen
Pfeilerzähne alternativ oder in Kombination endodontische,
parodontale oder chirurgische Vorbehandlung. Die Reevaluation solcher präprothetischen Maßnahmen im Hinblick auf
die dauerhafte Belastbarkeit der Zähne mit endgültigem
Zahnersatz kann sich über mehrere Monate erstrecken. In
der Zwischenzeit sind für die temporäre Versorgung des Lückengebisses laborgefertigte glasfaserverstärkte Kompositbrücken das Mittel der Wahl [10]. Sie widerstehen hohen
Kaukräften und mindern im klinischen Einsatz das Frakturrisiko direkt, oder im Labor hergestellter temporärer Brücken ohne Faserverstärkung [19,23]. Faserverstärkte Kunststoffbrücken zeigen eine erhöhte Materialfestigkeit [3,19] bei
geringem Eigengewicht und können mit einfachen Mitteln
im Labor gefertigt werden. Sie stellen somit eine kostengünstige und ästhetische Alternative im Vergleich zu Langzeitprovisorien mit unterstützendem Metallgerüst dar [8,10].
Ziel dieser In-vitro-Studie war es, den Einfluss unterschiedlich langer Brückenspannen sowie zwei verschiedener
Verblendkomposite auf die Belastbarkeit glasfaserverstärkter
Seitenzahnbrücken zu untersuchen. Überprüft werden sollte, ob auch viergliedrige mit dem Fasermaterial Vectris verstärkte Brücken den hohen Kaukräften im Seitenzahnbereich standhalten, und ob das Verblendkomposit Sinfony im
Vergleich mit dem bereits vielfach untersuchten Material
Targis gleichermaßen geeignet ist.
2 Material und Methode
2.1 Herstellung der Modelle
In einem Unterkiefer-Frasaco-Modell wurden die Zähne 44
und 46 für dreigliedrige Brücken, bzw. die Zähne 44 und 47
zur Aufnahme einer viergliedrigen Brücke mit einer 0,8 mm
breiten zirkulären Hohlkehle präpariert. Das Unterkiefermodell wurde mit einem Präzisionssilikon dubliert und im
Anschluss die präparierten Zähne entnommen und separat
dubliert. Die so entstandene Hohlform der Zähne wurde mit
einem harten Fräswachs ausgegossen, angestiftet und eingebettet. Im üblichen Verfahren wurden die Zähne mit einer
Co-Cr-Mo-Legierung (Remanium GM 800 Super-Cast) gegossen. Die so entstandenen Metallzähne wurden ausgearbeitet,
wobei der verlorene Kopf des Gusskanals apikal belassen
wurde. Im Bereich der Wurzeln wurden die Zähne mit einem Silikonschrumpfschlauch überzogen, um die Pfeilerresilienz zu simulieren. Die Zähne wurden in der Dublierform
© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
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R. Schroedter et al.: Glasfaserverstärkte Kompositbrücken
Abbildung 1 Dreigliedrige Brücke für den Belastungsversuch auf dem
Modell aus Co-Cr-Mo
Abbildung 2 Viergliedrige Brücke für den Belastungsversuch auf dem
Modell aus Co-Cr-Mo
2000,00
1800,00
Bruchwert (N)
1600,00
1400,00
1200,00
1000,00
Abbildung 4 Verlauf von Rissen auf der Okklusalfläche einer dreigliedrigen
Brücke
800,00
600,00
3-gliedrig
Targis
3-gliedrig
Sinfony
4-gliedrig
Targis
4-gliedrig
Sinfony
Abbildung 3 Bruchlast (N), Mittelwerte, Quartile und Streuung
des Unterkiefermodells reponiert und mit PMM-Kunststoff
gesockelt. Der Sockel wurde getrimmt und die beiden Pfeilerzähne hochglanzpoliert.
2.2 Herstellung und Befestigung der Brücken
Nach Abformung und Herstellung der Meistermodelle aus
Superhartgips wurden insgesamt vierzig Brücken nach
Herstellerangaben mit dem Fasermaterial Vectris hergestellt und mit zwei verschiedenen Kompositen verblendet.
Die dreigliedrigen Brücken hatten eine Brückenspanne
von 8 mm, bei den viergliedrigen Brücken betrug die Spanne 19 mm. Die Verbindungsstellen zum mesialen Pfeiler
hatten einen Querschnitt von 25 mm² und der Konnektorbereich zum distalen Pfeiler hatte einen Querschnitt von
30 mm². Für die Vectris-Glasfasergerüste wurden zwei Teile Vectris Pontic angepasst, von denen das erste den Raum
zwischen den Pfeilerzähnen ausfüllte und das zweite über
die gesamte Brückenlänge reichte. Die Glasfasergerüste
152
wurden im Gerüstformer Vectris VS1 lichtgehärtet. Darüber wurde die Fasermatte Vectris Frame gelegt und ebenfalls lichtgehärtet. Nach Abstrahlen und Silanisieren mit
dem Rocatec-Gerät wurde jeweils die Hälfte der drei- bzw.
viergliedrigen Brücken mit dem Verblendmaterial Targis
voll überzogen, die andere Hälfte mit dem Komposit Sinfony.
Alle glasfaserverstärkten Brücken wurden konventionell
mit Glasionomerzement (Ketac-cem, 3M Espe) auf die Prüfkörper zementiert, thermowechselbelastet (10000 Zyklen,
30 Sekunden bei 5°C/55°C) und im Kausimulator mechanisch belastet (1,2 Mio x 50N, 1,66 Hz).
2.3 Bruchversuche
Alle vierzig Brücken wurden in einer elektronisch gesteuerten Universalprüfmaschine (Zwick, Typ 1445) mit einer
Vorschubgeschwindigkeit von 0,5 mm/min bis zum Versagen belastet. Die Krafteinleitung erfolgte mit einer Edelstahlkugel (∅ 6 mm) bei dreigliedrigen Brücken mittig und
axial auf das Zwischenglied 45 und bei viergliedrigen Brücken im Bereich der approximalen Randleisten von 45 und
46. Durch eine zwischengelegte Polycarbonatfolie von
1 mm Stärke wurden entstehende Spannungsspitzen gemildert. Ein Lastabfall von 10 % wurde als Versagen der
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R. Schroedter et al.: Glasfaserverstärkte Kompositbrücken
Abbildung 5 Verlauf von Rissen auf der Bukkalfläche einer viergliedrigen
Brücke
Abbildung 6 Verlauf von Rissen auf der Bukkalfläche einer dreigliedrigen
Brücke (Detail)
Brücken gewertet [12]. Alle Rissbildungen und Frakturen
wurden visuell untersucht und für die jeweiligen Gruppen
dokumentiert.
getesteten Materialien und wurden im Testmodell resilient
verankert, um eine physiologische Zahnbeweglichkeit zu simulieren [19]. Untersuchungen zur Bruchfestigkeit an starr
gelagerten Pfeilerzähnen zeigen deutlich höhere Bruchfestigkeitswerte als bei beweglichen Testmodellen [17,18]. Die gewählte Präparationsform mit einer 0,8 mm-Hohlkehle erfüllt
die Anforderungen an einen schonenden Zahnhartsubstanzabtrag ohne erhöhte Gefahr einer Pulpaschädigung, aber
mit ausreichend Platz für eine stabile Dimension der Kompositbrücken [9]. Die Gestaltung der Brücken erfolgte in realistischer Form und Größe. Besonderes Augenmerk wurde auf
eine parodontalhygienisch einwandfreie Gestaltung gelegt,
bei ausreichender Dimensionierung der Konnektoren und
Brückenglieder. Alle Brücken wurden vor dem Bruchversuch
thermisch und mechanisch belastet, um der klinischen Situation in der Mundhöhle Rechnung zu tragen [6].
3 Ergebnisse
Vor Einleitung der Bruchversuche wurden alle Proben optisch kontrolliert. Keine Brücke wurde durch die thermische
und mechanische Alterung dezementiert oder beschädigt.
Die statistische Auswertung erfolgte mit Testung auf signifikante Gruppenunterschiede mittels nicht-parametrischer
Mann-Whitney-Tests (p < 0,05). Die statistischen Ergebnisse
der Bruchlastuntersuchung sind deskriptiv in Abbildung 3
dargestellt.
Die Bruchfestigkeiten waren am höchsten für dreigliedrige glasfaserverstärkte Brücken mit der Kombination Targis/Vectris (1300 N) und Sinfony/Vectris (1209 N), gefolgt
von viergliedrigen faserverstärkten Brücken mit dem Verblendkomposit Targis (1152 N) und Sinfony (1136 N). Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede im Vergleich
zwischen einer drei- bzw. viergliedrigen Brücke und keines
der beiden Verblendkomposite zeigte eine signifikant höhere
Belastbarkeit. Alle Rissbildungen und Frakturen nach
Bruchbelastung der faserverstärkten Brücken verliefen ausgehend von der basalen Zugseite gegenüber der Auflagefläche der Stahlkugel in annährend vestibulär-lingualer Verlaufsrichtung nach schräg koronal über die linguale
und/oder die bukkale Fläche der Brückenglieder. Die Risse
auf der Okklusalfläche folgten in Ausdehnung und Richtung
keinem Muster. Teilweise wurden ganze Höckeranteile abgeschert. Alle Frakturen traten im Bereich der Verblendkomposite auf, in keinem Fall kam es zum Bruch des Glasfasergerüstes.
4 Diskussion
4.1 Diskussion der Methodik
Die glasfaserverstärkten Brücken, das Testmodell und die
Versuchsanordnung wurden so gestaltet, dass die klinische
Situation soweit wie möglich simuliert wurde. Es sind somit
Rückschlüsse auf den klinischen Einsatz drei- bzw. viergliedrigen faserverstärkten Kompositbrücken möglich.
Die Pfeilerzähne aus Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierung
besitzen eine höhere Biegefestigkeit als die im Bruchversuch
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 61 (2006) 3
4.2 Diskussion der Ergebnisse
Alle untersuchten Brücken widerstanden der Belastung im
Kausimulator und der thermischen Wechselbelastung. Keine Brücke wurde durch die künstliche Alterung dezementiert oder sichtbar beschädigt.
Die in der vorliegenden Studie ermittelte Bruchlast lag
für alle untersuchten Brückendesigns über dem geforderten
Mindestwert von 600 N für die statische Bruchlast, wenn
ausgehend von einer mittleren maximalen Kaukraft von 300
N ein 2- bis 2,5-facher Sicherheitsfaktor berücksichtigt wird
[11,19]. Der beobachtete Verstärkungseffekt durch die Fasereinlagerung gegenüber unverstärkten Kompositbrücken
wurde auch von anderen Autoren beschrieben, die drei- oder
viergliedrige Brücken mit Vectris-Verstärkung untersuchten
[12,14,15,16,19]. Die Verstärkung wird durch die die Pfeilerzähne überziehende Fasermatte Vectris Frame erreicht. Die
einwirkenden Kaukräfte werden über die Matrix von einem
Faserstück auf das nächstliegende übertragen [13]. Voraussetzung hierfür ist eine möglichst hohe Festigkeit der Matrix
und ein fester Verbund zwischen Faser und Matrix, welcher
nur bei guter Benetzung der gesamten Faseroberfläche entsteht [21].
Alle Frakturen traten im Bereich der Verblendkomposite
auf, in keinem Fall kam es zum Bruch der Fasern. Diese Beobachtung steht in Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen, in denen es niemals zu einer Fraktur des Fasergerüstes gekommen ist [2].
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R. Schroedter et al.: Glasfaserverstärkte Kompositbrücken
Die Belastbarkeit der Brücken ist somit abhängig von der
Verbundfestigkeit zwischen Faser und Verblendwerkstoff,
sowie von der Biegefestigkeit und dem E-Modul des Verblendkunststoffes [14,21].
In der vorliegenden Studie ergeben sich keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zwischen einer drei- bzw.
viergliedrigen Brücke und keines der beiden Verblendkomposite zeigte eine signifikant höhere Belastbarkeit. Somit erfüllen beide Verblendwerkstoffe die Anforderungen an entscheidende mechanische Eigenschaften. Beide besitzen eine
hohe Biegefestigkeit (Targis und Sinfony 105 N/mm2), um
hohen Belastungen standzuhalten, und einen kleinen E-Modul (Targis 4900 N/mm2 , Sinfony 3100 N/mm2 ), um bei verformenden Belastungen nicht abzuplatzen [1,19]. Die höchsten Werte wurden für drei- und viergliedrige Brücken mit
der Kombination Targis/Vectris gemessen. Diese guten Ergebnisse werden vermutlich durch die Abstimmung der physikalischen Eigenschaften von Faser und Komposit seitens
des Herstellers erreicht, und durch andere Studien bestätigt
[2,7,12,16,19]. Im klinischen Einsatz als Langzeitprovisorium hat das Verblendkomposit Targis in vorliegenden Studien jedoch Schwächen gezeigt [5,19]. Erhöhte Plaqueaffinität und damit verminderte lokale Biokompatibilität mit
einhergehender Gingivitis, sowie der Verlust von Oberflächenglanz und Verfärbungen konnten nach längerer Tragezeit beobachtet werden [4]. Voraussetzung sind also Patienten mit guter Mundhygiene, welche die Kunststoffoberflächen adäquat reinigen können [12,22].
Zusammenfassend kann man feststellen, das alle in dieser In-vitro-Studie getesteten drei- und viergliedrigen faserverstärkten Kompositbrücken für den klinischen Einsatz als
kostengünstige und ästhetische Langzeitprovisorien im Seitenzahnbereich empfohlen werden können. Um ihre klinische Bewährung über einen begrenzten Zeitraum hinaus zu
evaluieren, sind weiterführende In-vivo-Studien erforderlich.
Der klinische Einsatzbereich könnte erweitert werden, wenn
die Biokompatibilität der Verblendkomposite im Mundmilieu verbessert würde.
4.
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Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik
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