WAB - Ausgabe 4/2005 - Journal : Bei Anruf Sponsoring Vermittlungen auf dem Prüfstand Julius Löwe* Immer öfter werden Unternehmen von so genannten "Sponsorenvermittlern“ angerufen. Das sind Firmen, die im Auftrag von Sportvereinen - und neuerdings auch Schulen - Sponsoren suchen. Bis zu 80 Prozent der Spenden bleiben allerdings auf den Konten der Vermittler. Milliardenbeträge geben deutsche Industrie- und Handelsunternehmen jährlich aus, um allzeit für ihre Kunden erreichbar zu sein. Jeder Anruf, der auf ein Besetztzeichen stößt, jedes ungeschickt geführte Verkaufsgespräch kann das Aus für einen potenziellen Auftrag bedeuten. In den letzten Jahren klingeln die Telefone besonders häufig -, und immer öfter sind die Anrufer nicht mögliche Kunden, sondern Sponsorenvermittler, die im Auftrag von Sportvereinen und Schulen auf Sponsorensuche sind. Die Sponsorenvermittler betreiben dafür mittlerweile ganze Callcenter, um das Land flächendeckend nach Sponsoren abzugrasen. Geschätzte 500 Mitarbeiter verdienen damit derzeit in Deutschland ihr Geld, die meisten davon im Callcenter-Bereich. Pro Tag tätigen die Vermittler schätzungsweise bis zu 25.000 Anrufe und halten damit die Telefonzentralen der Betriebe auf Trab. In den angerufenen Unternehmen beschäftigen die Sponsorensucher mit ihrem Anliegen nicht nur die Telefonzentrale, sondern auch den Unternehmer selbst. Denn, so die Logik der Vermittler, bei einer so wichtigen Angelegenheit wie dem Sponsoring muss der Chef persönlich entscheiden. Das Wort "Sponsoring“ ist in diesem Fall allerdings recht hoch gegriffen: Die Vermittlungsfirmen fragen in der Regel nach Beträgen von 100 bis 200 Euro. Da kann man als Sponsor keine große Gegenleistung verlangen. Genau das ist auch das Kalkül der Sponsorenvermittler. Der Unternehmer, der ohnehin etwas anderes zu tun hat, möchte den lästigen Anrufer möglichst schnell wieder los werden. Da sagt man schon mal am Telefon zu, für den örtlichen Sportverein ein "Ballpaket“ oder "Ausrüstungspaket“ zu 150 Euro zu übernehmen. Schließlich ist es für einen guten Zweck - oder? Ein paar Tage später trudelt dann die Rechnung herein: eine Rechnung über ein "Sportausrüstungspaket“ oder ähnliches, zahlbar binnen 10 Tagen. Der Absender der Rechnung ist der Sponsorenvermittler, das genannte Empfängerkonto sein Firmenkonto. Das Geld geht also keineswegs direkt an den Verein, sondern zunächst an den Vermittler. Ob und wie das Geld weitergeleitet wird, kann der Sponsor nicht kontrollieren. Was kaum einer der Sponsoren weiß: Selbst bei seriösen Vermittlern landet nur ein Bruchteil des Sponsoringbetrags beim bedürftigen Verein. Den Löwenanteil (60-80 Prozent) steckt in der Regel der Sponsorenvermittler ein. "Wenn ich vorher gewusst hätte, dass mein örtlicher Verein von meinen 150 Euro nur 30 Euro bekommt, dann hätte ich das Geld direkt gespendet!“, schimpft ein verärgerter Unternehmer. Der Vermittler hatte ihm nichts davon gesagt. Auf diese Weise schädigen die Sponsorenvermittler die deutsche Wirtschaft doppelt: Erst blockieren sie mit ihren Rundruf-aktionen die Telefonzentralen der Unternehmen, dann nützen sie deren Hilfsbereitschaft aus. Dass sich das Geschäft für die Anwerber zu lohnen scheint, kann man auch an einem weiteren Sachverhalt ablesen: Die Sponsorenvermittler warten nicht, bis ein Verein oder eine Schule ihnen den Auftrag gibt, Sponsoren zu suchen. Vielmehr unterhalten die Vermittler dafür eigene Anwerbeabteilungen, die die Vereinsvorstände bzw. Schulleiter bearbeiten, um ihnen die Vorteile einer Vermittlungsaktion nahe zu bringen. Und wenn der Vermittlungsvertrag unter Dach und Fach ist, werden alle Firmen im näheren Umkreis des Vereins bzw. der Schule telefonisch ins Gebet genommen. Eine clevere Geschäftsidee, die den Chefs der Vermittlungsfirmen eine Menge Geld einbringt. Geld, das der hilfsbereite Unternehmer aus Industrie und Handel sich hätte sparen können. * Der Autor ist betriebswirtschaftlicher Berater und hat umfangreiche Recherchen zu diesem Thema 1 WAB - Ausgabe 4/2005 - Journal : Bei Anruf Sponsoring angestellt. 2